Primeval: New World Season III von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 3: [Folge 01] Vergessene Welt ------------------------------------- Vancouver, Quebec Street – Hundesalon Sunset Bereits wenige Sekunden nachdem Jamil die Glocke über der Eingangstür gehört hatte, war er bereits aufgesprungen und zu seinem Gast geeilt. Eine etwas beleibtere Frau betrat den Laden und sah sich um. Sie trug einen faltigen Hut und ein rotes Sommerkleid. Mit beiden Händen hielt sie ein gepolstertes Körbchen, auf dem der eigentliche Klient Platz genommen hatte. Jamil war bei ihr angelangt und reichte ihr eine Hand. Die Frau stellte das Körbchen ab und erwiderte den Gruß. „Misses Infield, es ist mir ein Vergnügen Sie erneut in meinem bescheidenen Geschäft begrüßen zu dürfen.“, säuselte Jamil und wies auf einen freien Stuhl. Seine Angestellte war nun ebenfalls aufgetaucht und ihr Chef verwies auf das Körbchen. Diese kümmerte sich darum und trug es in Richtung Waschstation. Der noch halb schlafende Insasse beschwerte sich keineswegs. Der Pudel war etwa 30 Zentimeter lang und lag zusammengekauert auf dem seidigen Polster. Er wirkte sehr sauber und trug ein rosanes Kleidchen, das ihn… oder besser gesagt sie als Weibchen auszeichnete. „Elvira, mein Zuckerpüppchen braucht unbedingt eine Rundumerneuerung.“, sagte Misses Infield an Jamil gewand. Dieser nickte verstehend und bereitete sofort alle Instrumente vor, die er brauchte um den Wunsch der Frau zu erfüllen. Elvira wurde auf den Stuhl gehievt und ihr Frauchen nahm daneben Platz. Als erstes musste der Pudel sich vollends entkleiden und in das Waschbecken vor ihm legen. Jamil hatte damit begonnen verschiedene Seifen zu mischen und sie zusammen mit einem Trug Wasser in das Becken zu leeren. Das Bild des so genannten begossenen Pudels wurde immer deutlicher und Elvira begann sich zu schütteln. Immer mehr Tropfen spitzten zur Seite, weshalb Jamil ein Tuch aus der Schublade zog. Als nächstes folgte eine Schere, mit deren Hilfe er den bereits länger gewordenen Haaren des Hundes Einhalt gebieten wollte. Er hatte sie bereits hoch nach oben in die Luft erhoben, als sich das Instrument plötzlich aufrichtete und ihm aus der Hand fiel. Der Besitzer des Hundesalons sah sich um, konnte die Schere aber nirgends entdecken. Aber Moment! War sie ihm wirklich aus der Hand gefallen, oder doch nicht eher gesprungen? Wie ein Pfeil war sie durch die Luft geflogen und verschwunden. Elvira richtete sich auf, die Nase hoch nach oben gereckt. „Schätzchen, was ist denn los mit dir?“, fragte Misses Infield, der das Verhalten ihres Lieblings seltsam erschien. Jamil wollte nach dem Klienten greife, doch Elvira sprang aus dem Becken und direkt zu Boden. „Elvira, was machst du denn? Tut mir leid, ich weiß nicht was die Arme hat!“, entkam es ihrem Frauchen. Elvira begann nun zu bellen und rannte aus dem Raum. Durch einen Türspalt entfleuchte sie in die privaten Räumlichkeiten dahinter. „Wo will mein Spätzchen bloß hin?“, murmelte Misses Infield und erhob sich. „Dort befindet sich das Lager, aber wir bewahren nichts Essbares dort auf.“, meinte Jamil, der ebenfalls keine Erklärung für das plötzliche Verhalten des Tieres fand. Er legte seiner Kundin beruhigend eine Hand auf die Schulter und versprach sich um dieses Problem zu kümmern. Er schritt in Richtung Tür, hielt dann aber inne, als Elvira bereits wieder zurückkam. Wie ein Blitz schoss die Hündin an ihm vorbei und hechtete Richtung Ladentür. Doch diese war inzwischen wieder geschlossen und der Pudel stieß seine Pfoten gegen das Glas. Sein Flehen und Zittern war eindeutig. Er hatte große Angst bekommen, doch vor wem oder vor was? Misses Infield stürzte zu ihrem Schatz und versuchte Elvira dazu zu bewegen zurück in ihr Körbchen zu springen. Doch stattdessen versteckte sich der Pudel unter einem Stuhl und verkroch sich in der hintersten Ecke. Misses Infield wusste sich nicht mehr zu helfen und sah sich nach Jamil um. Dieser stand immer noch vor der Tür zum Lager, bis dieses aufgestoßen wurde und sich jemand den Weg in den Salon suchte. Nein, nicht jemand. Etwas. Jamil starrte das Tier verwirrt und ungläubig an. So einen Hund hatte er sein ganzes Leben noch nicht gesehen. War das überhaupt einer? Sein Unterkörper bestand aus brauner, schuppiger Haut, während auf seinem Rücken schwarzes Fell wuchs. Sein Kopf bestand aus einem Gewirr von beschen Haaren und sein Gesicht war eine rote Fratze mit spitzen Zähnen. Auch an Pfoten und Füßen sprossen dicke Krallen hervor. Nein, je länger Jamil das Tier anstarrte, umso mehr erinnerte es ihn an ein Reptil als einen Hund. Die Echse begann nun wie wild zu fauchen und Jamil presste sich flach an die Wand. Das Tier sprang in die Mitte des Salons und sah sich um. „D… die Tür! Öffnen Sie die Tür und lassen Sie es hinaus!“, rief er Misses Infield zu, doch diese war starr vor Schreck. Doch seine Angestellte reagierte darauf prompt und zog die Glastür einen Spalt breit auf. Doch die Echse unternahm keine Anstallten das Gebäude zu verlassen. Im Gegenteil, sie starrte zwischen den drei Personen hin und her und überlegte welcher sie sich nähern sollte. Plötzlich spürte die Angestellte wie sich eine Hand auf ihre legte und die Tür weiter nach innen aufgedrückt wurde. „Psst! Bleiben Sie leise.“, schärfte ihr eine Stimme ein. Ein junger Mann betrat nun vorsichtig das Innere und musterte die Situation. Die Angestellte fand, dass er sehr gut aussah und für einen Moment glaubte sie einen britischen Akzent vernommen zu haben. „Hey du Zotteltier!“, rief er der Echse nun zu und hob einen länglichen Gegenstand. Die Echse heulte auf und setzte sich in Bewegung. Der Mann mit dem Akzent schoss, doch das Tier war zu schnell. Der Schuss erfolgte leise und scheinbar ohne Kugel. Dafür zersplitterte das Glas eines Wandspiegels. Die Scherben krachten zu Boden und die Echse verschwand durch den Durchgang, zurück ins Lager. „Gesichert.“, sagte der Mann nun und begab sich ins Zentrum des Salons. Jamil wollte etwas sagen, da bemerkte er wie noch weitere Bewaffnete das Gebäude betraten. Eine Frau und ein junger Mann. Alle drei besaßen diese seltsamen Gewehre. Der Mann mit Akzent griff nun nach einem Funkgerät, das an seiner Uniform befestigt war. „Donovan, Sie postieren sich auf der Straße, für den Fall, dass es einen weiteren Ausgang aus dem Gebäude gibt.“, sprach er, wartete aber keine Reaktion ab. Misses Infield hob erschrocken die Arme. „Bitte nicht schießen!“, flehte sie panisch. Die bewaffnete Frau bemühte sich sofort ein Lächeln aufzusetzen. „Sie müssen keine Angst vor uns haben, wir sind…“, versuchte sie sich schnell eine Ausrede zurecht zu legen. „Ghost Busters.“, entfuhr es dem jungen Mann hinter ihr. Dessen Kollegin schenkte ihm einen skeptischen Blick. „Was Sie gesehen haben war eine Art Geist, welchen wir mit unseren Ektoplasma Gewehren wieder einfangen müssen.“, erklärte er den Anwesenden. Die Frau und der Brite verdrehten die Augen. „Was? Irgendwann glauben uns die Leute das mit dem Wildtierkontrollteam nicht mehr.“, flüsterte Luke Hingle seinen Kollegen zu. Der Teamleiter ignorierte seinen Anflug von Humor und wand sich an die Anwesenden. „Bitte begeben Sie sich aus dem Gebäude und warten auf der Straße.“, trug Mac Rendell Jamil und den beiden Damen auf. Diese musste er nicht zweimal sagen, denn wenig später war der Salon geräumt. Elvira hatte sich etwas gesträubt ihr sicheres Versteck zu verlassen, doch inzwischen war das Team allein. „Hast den Saurier erkannt?“, fragte Dylan an Luke gewand ohne ihre Waffe zu senken. Der Zoologe nickte zustimmend. „Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um einen Dryptosaurus gehandelt hat. Er war der erste Fleischfresser, dessen Knochen die Archäologen in Nordamerika sicherstellen konnten. Er war ein schneller Jäger und seine Krallen sollen ausgereicht haben um dem Panzer eines Ankylosaurus einen Knacks zu verpassen.“, erzählte er. „Mit anderen Worten wir gehen mit äußerster Vorsicht vor.“, trug Mac den beiden auf als sie sich immer weiter der Lagertür näherten. Der Captain machte den Anfang und stieß sie mit einem Bein auf. Er sprang dahinter und richtete das EMD nach vorne. Vor ihm tummelten sich einige Stapeln Kartons, von dem Saurier war nichts zu sehen. Die drei Mitglieder des CPTs wagen sich den dunklen Korridor entlang und waren bald darauf in einer Lagerhalle angekommen. Es dauerte nicht lange als sie das glitzernde Gebilde aus Licht erblickt hatten. Die Anomalie schwebte in der Mitte der Halle, während Staubpartikel in der Luft umherflogen. Von dem Dryptosaurus keine Spur. „Er scheint wohl wieder durch die Anomalie gegangen zu sein.“, spekulierte Dylan und trat vor. Erleichtert drehte sie sich um und senkte ihre Waffe. „Gut, alles was noch fehlt sind Donovan und Chambers, welche die Anomalie für uns verschließen.“, sprach sie, bis Luke Hingle plötzlich die Augen aufriss. „Achtung!“, stieß er hervor und eilte zu Dylan. Mit festem Griff packte er ihre Schultern und riss sie beiseite. Noch bevor diese verstand was eigentlich vor sich ging, war sie bereits zu Boden geschleudert worden. Erschrocken erkannte sie, dass der Dryptosaurus nicht zurück durch die Anomalie gegangen war. Er hatte sich lediglich hinter einigen Kisten versteckt und auf seine Angreifer gelauert. Um sie zu seiner Beute zu machen. Die Echse preschte nach vorne, doch Luke war nicht mehr im Stande seine Waffe einzusetzen. Er schwere, rote Schädel rammte Lukes Oberkörper und stieß ihn um. Mac Rendell erhob sein EMD und feuerte zwei gezielte Schüsse auf den Saurier ab. Unter einem lauten Protestschrei wurde das Tier getroffen und betäubt. Still und starr lag es auf dem Boden, genau wie Dylan und Luke. Mac griff an sein Funkgerät um Hilfe zu rufen. „Hier Captain Rendell, wir brauchen dringend medizinische Hilfe, sowie ein Verschließgerät.“, wies er seine Leute draußen an. Dann stürzte er zu Luke, der sich schmerzend die Brust hielt. „Mir… geht es gut.“, stöhnte dieser und auch Dylan hatte sich erneut aufgerichtet. „Was ist mit ihm?“, fragte sie an Mac gewand, der ihr jedoch nur einen strengen Blick zuwarf. Auch ohne Worte war daraus abzulesen, dass er ihre leichtsinnige Aktion verurteilte. Sie hatten nicht wissen können, ob der Dryptosaurus zurück durch die Anomalie gegangen war oder nicht. Lukes Keuchen wirkte schwer und setzte einige Male aus. „Mindestens eine Rippe dürfte gebrochen sein und seine Lunge muss untersucht werden.“, erwiderte Mac und sah dann zum Ausgang. Donovan und Chambers betraten die Lagerhalle. Während der Sanitäter zu dem Zoologen stürmte, baute der Ex-Major das Verließ Apparatur für die Anomalie auf. Zusammen mit Mac stemmte er dann den bewusstlosen Dryptosaurus in die Höhe und direkt zurück in seine Zeit. „Wieso müssen Saurier nur immer so verdammt schwer sein?“, fluchte der Captain und bediente das Gerät dann selbst. Ein paart Tasten reichten um einen elektrischen Impuls abzugeben, der die Anomalie destabilisierte und in ein einziges, kugelförmiges Fragment verwandelten. Jetzt mussten sie nur noch abwarten bis sich das Zeitportal von selbst geschlossen hatte, dann war ihre Aufgabe hier erledigt. Mac kehrte zu den anderen zurück, erkannte in Chambers Gesicht aber Erleichterung. „Seine Verletzung scheint nicht so schlimm zu sein. Dennoch könnten wir in erst bei Cross-Photonics genauer untersuchen.“, sagte er aus und der Captain nickte froh. Dylan Weir hockte vor dem verletzten Zoologen und blickte ihn besorgt an. Luke hingegen gab sich wie immer souverän und ließ sich nichts anmerken. Er selbst hatte Dylans Leichtsinn sicher schon längst vergeben, Mac hingegen wusste nicht, ob er dies so einfach konnte. Kreidezeit, 72 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Allein. Abgeschottet. Ohne seine Freunde und das in dieser urzeitlichen Umgebung. Er fluchte über sich selbst, denn es war allein seine Neugier gewesen, die ihn dazu verleitet hatte sich von den anderen zu entfernen. Journalistischer Eifer war eine Sache, Leichtsinn eine vollkommen andere. Immer noch steckte die Pistole, die ihm der Großwildjäger gegeben hatte in seinem Hosenbund. Doch würde dieses kleine Ding wirklich gegen einen dieser Giganten ausreichen. Er bezweifelte es. Seine Intention war es gewesen, einen Artikel zu schreiben mit dem er ohne jede Frage den Pulitzerpreis ergattert hätte. Sich ein großes Ziel zu setzen war nicht schlecht, doch wenn er nicht wieder aus diesem Dschungel herausfinden sollte, würden seine Bemühungen vergebens sein. Die Anstrengung nagte an ihm und der Wunsch nicht an dieser Expedition teilgenommen zu haben immer stärker. Hätte er in diesem großen Saal nur nicht seine Hand gehoben, alles wäre anders verlaufen. Doch wenn nicht er, dann hätte jemand anderes seinen Platz eingenommen. Vermutlich. Möglicherweise. Nein, eher nicht. Er war einer der wenigen gewesen, der den Erzählungen des Professors Gehör geschenkt und sich überzeugen ließ. Es war eine Chance gewesen, die der Journalist ergriffen hatte, es wäre eine Schmach seine Entscheidung jetzt noch zu verfluchen. Besonders jetzt, da es ihm gelungen war einen Beweis für seinen Artikel zu erbringen. Auf diesem Plateau lebten wahrhaft echte Dinosaurier, eine Entdeckung die der Menschheit nicht vorenthalten werden durfte. Sonnenschein! Endlich erstreckten sich nicht mehr endlich viele Bäume und Sträucher vor ihm, sondern ein Ausgang tat sich verlockend nahe auf. Der Journalist hastete nach vorne und ignorierte sogar den Krach denn er dadurch verursachte. Wenn er erst einmal auf der Licht angekommen war, wäre es ein Leichtes die verbleibenden Expeditionsmitglieder auf sich aufmerksam zu machen. Ein Lagerfeuer würde ausreichen um auf seine Position schließen zu lassen. Der Journalist ließ die letzten Bäume hinter sich und stürzte auf die Lichtung. Kurz darauf ein leichtes Beben, der Grund unter dem Mann ruckelte leicht. Es handelte sich jedoch um keinen Erdrutsch oder gar ein leichtes Erdbeben. Nein, die Quelle war jemand, der etwa in der Mitte der Lichtung gelegen hatte und sich nun erhob. Nein, das war bestimmt keiner von seinen Freunden, im Gegenteil. Der große Dinosaurier stemmte sich auf seine Beine und preschte in die Höhe. Das sicher 5 Meter große Ungetüm ließ keinen Zweifel offen, dass es sich bei ihm um einen Fleischfresser handelte. Der Journalist besaß nicht dieselben paläontologischen Fähigkeiten wie der Professor, aber genug Grips um an den Zähnen des Sauriers zu erkennen, dass er für ihn leichte Beute war. Ein ohrenbetäubendes Brüllen folgte und der Journalist bekam es mit der Angst zu tun. Schnell legte er den Rückwärtsgang ein und rannte um sein Leben. Er musste zurück in den Wald, den verschachtelten Bäumen, die ihm möglicherweise Schutz boten. Ohne sich noch einmal umzusehen lief er los und hatte bald die ersten Bäume erreicht. Er spürte das Beben unter seinen Füßen, wagte es aber nicht zu überprüfen, wie weit der Saurier schon gekommen war. Endlich war er wieder im Wald, doch den Saurier schien dies nicht abzuhalten. Die ersten dünnen Bäume, knickten wie Streichhölzer um und der Journalist war vor einer Felswand angekommen. Er saß in der Falle und würde vermutlich seinem Schöpfer entgegenblicken. Plötzlich gab er Boden unter ihm nach und etwas ergriff seinen Schenkel. Der Journalist sah an sich herab und erkannte… eine Hand? „Los! Beeilen Sie sich!“, befahl eine Stimme herrisch und zog den Mann weiter nach unten. Erst jetzt bemerkte dieser den Abgang im Stein, der lediglich von Ästen und Zweigen verdeckt gewesen war. Der Saurier war nur noch wenige Meter von ihm entfernt, jetzt zu zögern hätte sein Ende bedeutet. Er verlagerte sein Gewicht auf seine Beine und rutschte nach unten. Die Zweige knacksten und der Journalist landete auf einem steinigen Untergrund. Einige Person schob sich vor ihn und legte ihm eine Hand auf den Mund. „Leise!“, schärfte sie ihm ein und der Mann wagte es nicht zu widersprechen. Die beiden verharrten einige Minuten, bis es der Saurier aufgegeben hatte und sein kräftiges Stampfen sich immer mehr entfernte. „Gut, ich denke wir sind in Sicherheit.“, erlaubte es sich der Retter zu sagen. Als er die Hand vom Mund des Journalisten nahm, atmete dieser erleichtert aus. „Gott sei Dank! Ich wäre beinahe von diesem Tyrannosaurus gefressen worden.“, stieß er hervor. Sein Retter verengte seine Augen und schüttelte den Kopf. „Netter Ansatz, aber nein. Zwar befindet er sich in der Familie der Tyrannosauriden, aber der Name Ihres Verfolgers lautet Tarbosaurus. Er ist größer als ein T-Rex und besitzt um einiges mehr Zähne. Ich beobachte ihn bereits seit einigen Tagen, seit ich sein Territorium betreten habe.“, informierte ihn der Retter. Dieser trug einen Vollbart und zerrissene Kleidung. Noch dazu sonderte einen strengen Geruch ab, ein Badezimmer schien er bereits lange nicht mehr gesehen zu haben. Der Journalist sah sich um. In dem Tunnel in dem sie sich befanden und der scheinbar unterhalb des Felsens entlang lief, erkannte er nicht nur eine Schlafstelle, sondern auch einen Krug Wasser und die Reste eines toten Tieres, das einer Ratte glich. „Wohnen Sie hier?“, wagte er es kaum zu fragen. Sein Retter musste schmunzeln. „Für diese Woche ja. Ich plante ursprünglich ein nettes Hotelzimmer zu buchen, aber das hat nicht ganz geklappt. Dafür bin ich umso überraschter einen anderen Menschen hier anzutreffen. Wie lautet Ihr Name?“, hakte er nach. Der Journalist schluckte und überlegte ob der seinem Gegenüber vertrauen konnte. Andererseits, was sprach dagegen? Dieser hatte ihm das Leben gerettet, obwohl er dies nicht musste. „Mein lautet Edward, aber alle nennen mich eigentlich nur Ned.“, verriet er dann. Sein Retter reichte ihm die Hand und Ned nahm sie entgegen. „Und wem habe ich meine Rettung zu verdanken?“, nahm der Journalist diese gerne entgegen. „Cross. Evan Cross. Nennen Sie mich einfach Evan.“ Cross-Photonics Es hatte zwei Stunden gedauert, bis sich die Anomalie aus eigener Kraft wieder geschlossen hatte. Mac wusste nicht wie, aber irgendwie war es ihm gelungen Besitzern, sowie Kunden der umliegenden Geschäfte etwas von einem entlaufenen Komodowaran zu erzählen. Einige würden die Geschichte vermutlich glauben, doch dagegen konnte er nichts tun. Seit vor einem Jahr ein Carnotaurus sowie ein Ceratosaurus in Vancouver und Toronto Amok gelaufen waren, war das Internet ohnehin mit Verschwörungstheorien gefüllt. Die kanadische Regierung züchtete Dinosaurier um sie als Waffe gegen andere Länder einzusetzen. Das war natürlich Schwachsinn und genau deshalb war noch keine Panik unter der Bevölkerung ausgebrochen. Würde diese von den Portalen in andere Zeiten erfahren und das jederzeit blutrünstige Dinosaurier in ihrem Wohnzimmer, ihrer Küche oder sogar in ihrem Bett auftauchen konnten, würden Randale und Angst die Folge sein. Und das betraf nicht nur Kanada. Auch in anderen Ländern wurden Kreaturen gesichtet und konnten nur mühsam von den Regierungen eingefangen oder zurückgeschickt werden. So wie letztes Jahr, als das ARC-Team einen Albertosaurus von den Straßen Londons vertreiben musste. Mac selbst war zu dieser Zeit in Vancouver, anders als in der vorherigen Zeitlinie. In dieser hätte er von dem Ungetüm getötet werden sollen, was jedoch von Evan Cross verhindert wurde. Ja… Evan Cross. Jener Mann, dessen Job Mac nun innehatte. Es war eine schwere Übernahme gewesen, sowie eine schwere Aufgabe. Das Erbe, das Evan hinterlassen hatte war alles andere als einfach zu meistern. Genauso wie sein Team. Ein Ex-Soldat der aus dem Militär ausgetreten war, weil er die Kommando-Struktur satt gehabt hatte, ein Kryptozoologe, der jede Kreatur die durch eine Anomalie sprang als aufregend und bemerkenswert empfand und eine Draufgängerin, die sich zwar mit wilden Tieren auskannte, aber scheinbar glaubte nach Evans Tod dessen Philosophie übernehmen zu müssen. Im selben Moment erinnerte sich Mac an seinen alten Job. Einen jungen Forscher, der selten das Wort Risiko kannte und nur Witze reißen konnte, ein Mann aus einer alternativen, zukünftigen Welt, die von Monsterfledermäusen bevölkert war und einem militärischen Leiter, der eher wie Barbies Geliebter aussah als wie eine Respektsperson. Aufgrund seiner Position wäre es Mac ein leichtes gewesen eine oder mehrere Mitglieder des Teams auszutauschen. Warum hielt er sich zurück? Aus Respekt gegenüber Evan? Dieser hatte genau für dieses Team sein Leben gegeben. Er hatte an Dylan Weir, Luke Hingle und Leo Donovan geglaubt, egal wie bunt dieser Haufen auch war. Mac war bereits seit einem Jahr Teamleiter und kein Einsatz war ohne Schwierigkeiten verlaufen. Dennoch wollte er mit dieser Konstellation fortfahren, was sie ihm auch bringen mochte. Natürlich hatte einer der Betreiber die Polizei gerufen, doch Dank ihrer Verbindungen zum Militär konnte diese schnell abgewimmelt werden. Es war nicht wie zu Hause, als Mac und sein Team offiziell für die Regierung arbeiteten, aber Hauptsache irgendjemand ging gegen die Anomalien vor. Mac sah sich in dem Büro um, das noch vor einem Jahr Evan Cross gehört hatte. Er hatte kaum etwas verändert und wusste nicht, ob ihm das überhaupt zustand. Ein Klopfen unterbrach Macs Gedankendank rüde und er blickte in Richtung Tür. Eine blonde Frau trat herein und schenkte ihm ihr Lächeln. „Tut mir leid Sie zu stören, aber Mister Kanan fragt wann Sie denn Zeit für die Nachbesprechung hätten.“, informierte ihn Samantha Sedaris, die ihm zugeteilt wurde. Mac Rendell war nie ein großer Schreibtischhengst gewesen und war froh über die Unterstützung, die ihm gewehrt wurde. Lautstark räusperte er sich und rang nach einer Antwort. „Sagen Sie… sagen Sie ihm doch bitte, dass ich gleich noch einen wichtigen Termin habe und es heute nichts mehr wird.“, bat er charmant, doch Sam stutzte. Einen Moment kramte sie in ihrem Gedächtnis, ob sie diesen wichtigen Termin wohl vergessen hatte, kam aber zu gegenteiligem Schluss. Dann wurde ihr endlich klar, dass Mac sie gebeten hatte, Harold abzuwimmeln. Es war nicht etwa so, dass der Captain den Millionär nicht mochte, aber manchmal empfand er dessen bürokratisches Verhalten einfach nur als lästig. Wenn sie genau darüber nachdachte, hatte es Evan Cross damals nicht anders gehandhabt. Zumindest als er noch gelebt hatte. Sie versprach es Harold auszurichten und wollte das Büro bereits wieder verlassen, doch Mac hatte noch eine Frage. „Ist Dylan Weir eigentlich noch im Gebäude?“, hakte er nach. Sam überlegte kurz und nickte dann. „Ja, sie hat sich mit Toby unterhalten und ist dann in Richtung Tiefgarage gegangen.“, berichtete sie. Mac sprang nun auf und schenkte Sam ein dankbares Lächeln. „Manchmal wäre ich ohne Sie wirklich verloren.“, gestand er und Sam sah beschämt zur Seite. Dann eilte er an ihr vorbei, aus dem Büro und die Treppe hinunter. Er überlegte kurz ob er den Fahrstuhl oder die Treppe benutzen sollte, entschied sich für letzteres. Mac war durchaus sportlich und betrieb unter anderem Lauftraining. Und das nicht nur, wenn er wieder einmal von Sauriern gejagt wurde. Er hastete die Treppe nach oben und stieß die Tür zur Tiefgarage auf. Er kannte das Modell das Dylan fuhr, einen blauen Primus. Er sah sich nach allen Seiten um und erkannte das Mitglied seines Teams, wie es gerade fluchend versuchte mittels Wagenöffners die Türen zu entriegeln. „Dylan!“, machte Mac auf sich aufmerksam und hastete zu der jungen Frau. Diese blickte ihn überrascht an. „Hey, hast du etwas vergessen?“, erkundigte sich, erkannte aber kurz darauf etwas Zögerlich im Gesicht ihres Teamleiters. „Du… ich meine, wie geht es Luke?“, hakte er nach. Dylan rang sich ein Lächeln ab, scheinbar bestand keine Gefahr. „Doktor Fridkin hat ihn untersucht, aber bis auf eine gebrochene Rippe ist alles in Ordnung. Er ist nach Hause gefahren um sich etwas auszuruhen, aber er ist bald wieder auf dem Damm. Es hätte schlimmer ausgehen können.“, meinte sie. Macs Blick wurde ernst. „Ja, das hätte es. Du bist zu leichtsinnig vorgegangen. Selbst wenn der Dryptosaurus zurück durch die Anomalie gegangen wäre, das Protokoll sieht vor, dass wir auf Donovan und das Verschließgerät hätten warten müssen. Einer Anomalie den Rücken zuzuwenden wäre vielleicht einem Anfänger passiert, aber nicht jemandem der bereits seit Anfang an dabei ist! Evan Cross muss sich doch etwas dabei gedacht haben dich ins Team aufzunehmen.“, brachte er nun seine Meinung dar. Ein Funkeln in Dylans Augen und ein Anflug von Wut. „Sag mir nicht was Evan gewollt hätte! Evan ist tot und das nur, weil er uns retten wollte. Denkst du er hat lange nachgedacht, bevor er in den Tod gesprungen ist um diesen Wahnsinnigen aufzuhalten?“, blaffte sie ihrem Teamleiter an. Mac schlug sauer seine Hand gegen den Lack des Primus, egal ob dieser einen Schaden davontrug oder nicht. „Und jetzt willst du ihm nacheifern? Was soll uns das bringen wenn wir noch jemanden aus dem Team verlieren? Evan hat nicht Indianer Jones oder James Bond gespielt als er diese Entscheidung für sich getroffen hat. Hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, hätte er diese gewählt. Er liebte das Leben das er führte und hätte sich nicht unnötig geopfert.“ Dylan schluckte schwer. „Hör auf damit. Du kanntest Evan nicht. Der andere Mac kannte ihn, aber du nicht. Und du bist auch nicht wie er, denn unser Mac hätte sich in Gefahr begeben, auch wenn die Situation manchmal brenzlig erscheint.“ Dann zuckte sie kurz zusammen. War es in Ordnung Mac das direkt ins Gesicht zu sagen? Nicht nur, dass dieser ihr Vorgesetzter war, sie tat ihm vermutlich Unrecht. Der Mac Rendell den sie gekannt hatte, existierte nicht mehr. Vor ihr stand der neue Mac. Captain Mac Rendell, ein Offizier des Anomaly Research Centers. Die Stirn des Soldaten zog sich nun in Falten. „Ist es das? Kannst du mich nicht akzeptieren, weil der Mac den du kanntest und mochtest ausgelöscht wurde? Tja, tut mir Leid, aber das kann ich nun mal nicht ändern. Und eigentlich will ich es gar nicht, denn ich liebe es, Ich zu sein. Mein anderes Ich hat sich entschieden diesen Weg zu gehen, genauso wie Evan Cross. Oder… liegt deine Wut darin, dass ich es nicht war der gegangen ist? Dass es ausgerechnet Evan sein musste der sich für die Welt opfert und nicht eine Person, die du nicht einmal kennst?“, konfrontierte er die Frau. Dylan gelang es nicht dem Captain in die Augen zu sehen. „Du… bist schon einmal durch eine Anomalie gegangen und hast Evan gerettet.“, erinnerte sie. Mac besaß keinerlei Erinnerungen daran, aber die Erzählungen seines… oder besser gesagt seiner alternativen Ichs stimmten mit ihm überein. „Ich hätte es getan, glaub mir! Wenn ich nicht verletzt gewesen wäre, wäre ich gegangen und hätte es zu Ende gebracht. Aber das konnte ich nun mal nicht und Evan und ich haben unsere Plätze getauscht. Ich führe jetzt dieses Team an und du wirst das akzeptieren müssen. Und wenn nicht… solltest du darüber nachdenken es zu verlassen.“ Dylan konnte nicht glauben was sie soeben gehört hatte. Das Team verlassen? Das Team wofür Evan sein Leben geopfert hatte? Was genau erlaubte sich Mac überhaupt? Es waren immer sie, Evan, Toby und Luke gewesen. Doch Evan war fort, wie einst der ursprüngliche Mac. Alles war anders, alles hatte sich verändert. Sie wusste nicht wie Mac im ARC gearbeitet hatte, aber so ließ sie nicht mit sich umspringen. Dennoch unterdrückte sie die Wut und beherrschte sich. „Wie Sie wünschen, Sir.“, spielte sie auf Macs militärischen Rang an und öffnete die Wagentür dann händisch. Sie stieg ein und startete das Fahrzeug. Wenig später sah Mac zu wie sie die Tiefgarage verließ. Dennoch nagte es an ihm. Dylan hatte in einigen Punkten recht gehabt. Er war nicht der Mac Rendell den sie gekannt hatte. Aber wer… war er dann? Kreidezeit – 72 Millionen Jahre zuvor Die beiden Männer warteten ab bis nur noch der Wind zu hören war. Selbst das leise Rieseln von Kieselsteinen hätte die Anwesenheit eines Jägers verraten. Einige Minuten später atmete Evan erleichtert auf und kroch zu seinem Schlafplatz. „Haben Sie Hunger?“, fragte er Ned und hob eine Schale mit den Überresten der rattenartigen Kreatur. Dem Journalisten kam es beinahe hoch, doch er behielt seine Freundlichkeit bei. „Danke, nein. Wir haben einige Konservendosen dabei, die reichen mir.“, verriet er. Evan stand nun auf, auch wenn das in diesem niedrigen Tunnel schwierig war. „Wie viele sind Sie? Und wie genau kommen Sie hier her?“, stellte er nun die entscheidende Frage. Immerhin kam es nicht jeden Tag vor, dass man in der Kreidezeit andere Menschen antraf. Auch Ned erhob sich und blickte sich um. „Ich bin Teil einer Expetition, meine Aufgabe ist es über dieses Plateau hier zu schreiben. Zumindest… hatte ich das vor. Wenn Sie mir helfen könnten zu meinem Lager zurückzukommen, könnten wir alles detailliert besprechen.“, schlug er vor. Evan dachte kurz über die Option nach. „Einverstanden. Sich mit anderen Menschen zusammenzutun klingt nach keiner schlechten Idee. Wissen Sie wo Ihr Lager in etwa liegt?“, wollte er wissen. Ned rieb sich am Hinterkopf und versuchte sich zu erinnern. „Wir… wurden von Vögeln mit scharfen Mäulern belagert. Ich floh und ließ die anderen hinter mir. Ich glaube… ich bin Richtung Norden gelaufen, in dieses Waldstück. Ich wollte auf eine Lichtung um dort ein Feuer zu entfachen, doch dann lauerte dort dieser Tyrann… dieser Tarbosaurus.“, erzählte er. Evan schnalzte gekonnt mit der Zunge. „Selbst ohne Tarbosaurus, hätte ein Feuer nur Raubtiere angelockt und Ihr letztes Stündlein hätte geschlagen.“, musste er ihm sagen. Ned fluchte. „Ich bin wohl einfach nicht für das Leben unter Sauriern geschaffen. Ich bin zwar schon seit zwei Wochen hier, aber dieser Ort erscheint mir mit jedem Tag fremdartiger. Wie lange sind Sie schon hier?“, wollte er von seinem Retter erfahren. „1 Jahr.“, antwortete dieser kurz und knapp. Das verschlug Ned dann doch die Sprache. Aufgrund seiner Kleidung und seines Geruchs hatte er bereits spekuliert, dass Evans Aufenthalt hier länger angedauert haben musste, aber ein ganzes Jahr? Wie war es ihm gelungen solange zu überleben? „Kommen Sie. Nach Norden kommen wir, wenn wir diesem Tunnel folgen.“, informierte ihn sein Retter und Ned verstand. Evan hatte sich inzwischen eine Fackel angezündet und leuchtete in den dunklen Gang vor sich. „In etwa 200 Meter Entfernung kommen wir wieder an die Oberfläche. Erschrecken Sie sich nicht vor den großen Tausendfüsslern und bleiben Sie dicht hinter mir.“, trug er dem Journalisten auf. Ned ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte dem Experten auf Schritt und Tritt. Er wagte es nicht einmal sich an der Felswand abzustützen, aus Angst ein Insekt könnte ihn stechen. Er hatte bereits von tropischen Bakterien und Fieber gehört, wie würden dann wohl erst die Verhältnisse in der Urzeit sein? Obwohl sie sich unter der Erde befanden, war es weder kühl noch tropfte es von den Wänden. Es war regelrecht warm, wenn auch nicht so stark wie draußen. Nach 10 Minuten hatten sie einen Spalt erreicht und Evan löschte die Fackel. Er kletterte einen Meter nach oben und stieß seine Finger in das feuchte Moos. Er rappelte sich auf und ging in die Knie, um Ned so eine Hand zu reichen und ihn ebenfalls nach oben zu ziehen. Keuchend stützte sich der Journalist ab und kroch hinauf um sich wenig später vom Tageslicht berieseln zu lassen. Auch Evan rieb sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich um. Hätte er es lieber nicht getan. Kaum blickte er nach vorne, schon erklang das Geräusch von entsicherten Waffen. Zwei Männer mit Gewehren sprangen zwischen den Bäumen hervor und näherten sich ihm und Ned. Ein etwas älterer und ein etwas jüngerer, beide trugen Hüte und graue Kleidung. Im ersten Moment erinnerten sie Evan an Indianer Jones oder andere Schatzsucher aus zahlreichen Geschichten. Der ältere Mann postierte sich nun direkt vor ihm und hielt ihm das Gewehr vors Gesicht. Er trug einen Bart und wirkte nicht, als ob er große Späße verstehen würde. Schnell eilte Ned hervor und stellte sich schützend vor Evan. „Nein! Es ist alles in Ordnung, er stellt keine Gefahr dar! Er hat mir sogar das Leben gerettet als mich eines dieser Monster verfolgt hat.“, versicherte er. Die beiden Männer, scheinbar Mitglieder seiner Expedition musterten Evan zögernd und senkten dann ihre Waffen. „Sie haben uns einen Schrecken eingejagt, Ned.“, erlaubte es sich der Jüngere der beiden zu sagen, schien aber froh darüber zu sein, dass sein Freund heil auf war. Der Journalist wollte etwas erwidern, doch seine Kameraden sicherten erst die Umgebung ab um sicher zu sein, keinen unerwünschten Besuch zu empfangen. „Mein Name lautet Evan Cross und ich bin wirklich froh andere Menschen zu treffen. Beinahe hätte ich mir schon einen Volleyball gebastelt, ein Gesicht darauf gemalt und angefangen Gespräche mit ihm zu führen.“ Doch scheinbar hatte keiner der drei Männer den Scherz verstanden. „Wie dem auch sei, ich danke Ihnen, dass Sie unserem fleißigen Schreiber von der Daily-Garzette das Leben gerettet haben.“, reichte ihm der scheinbare Anführer nun die Hand. Evan nahm sie entgegen und bemerkte bei ihm, wie bereits schon bei Ned einen britischen Akzent. Daily-Garzette? Diese Zeitung kannte er nicht, aber es passte zu Neds Aussage, dass dieser über diesen Ort hier schreiben wollte. „Gibt es noch andere Menschen hier?“, hakte Evan nach, doch sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Leider nein. Unser Expeditionsteam bestand nur aus vier Leuten. Seit wir es auf dieses Plateau geschafft haben, haben wir bereits ein Mitglied verloren. Meinen werten und geschätzten Kollegen, Professor Summerlee.“, begann er zu erzählen. Evans Stirn zog sich in Falten und verdutzt blickte er von einem der Männer zum anderen. Der Mann mit dem Bart wies zuerst auf Ned. „Zum Glück haben wir nicht noch jemanden verloren. Mister Melone haben Sie ja bereits kennen gelernt. Er schreibt für die Daily-Garzette über diesen mythischen Ort hier.“, stellte er den Journalisten ordnungsgemäß vor und verwies dann auf den jüngeren Mann, welcher augenblicklich demonstrativ an seinem Hut zog. „Und der tapfere Mann dort drüben ist der Finanzier unserer Expedition. Er hat bereits Erfahrung mit dem Dschungel Südamerikas, aber das hier ist selbst für ihn neu. Darf ich Ihnen Lord John Roxton vorstellen?“ Evan überlegte einen Moment. Wollten ihn diese Männer auf den Arm nehmen? Auf ihn wirkte es zumindest so. „Ja, sehr witzig. Wer sind Sie wirklich?“, fragte er fordernd, denn für Scherze war er trotz langer Isolation nicht aufgelegt. Der bärtige Mann betrachtete ihn perplex. Scheinbar wusste er nicht, was Evan meinte. „Ach kommen Sie! Als nächstes wollen Sie mir noch glaubhaft machen, dass Sie Professor George Challenger sind, was?“, fragte er provokativ. Damit schien er das Expeditionsteam aber wieder in eine vorsichtige Haltung bugsiert zu haben. „Woher kennen Sie meinen Namen, junger Mann?“, fragte der Bärtige, dessen Namen scheinbar wirklich Challenger war nach. „Für einen Rettungstrupp wäre es zu früh. Seiner Kleidung nach zu schließen, befindet er sich schon wirklich länger hier.“, trug Roxton seinen Teil dazu bei. Er war schon wieder dabei sein Gewehr zu heben, da spielte Evan die Situation herab. Anhand der Kleidung und der Ausdrucksweise waren diese drei Männer wirklich dem Beginn des 20ten Jahrhunderts zuzuweisen. Aber wie war das möglich? Die Verlorene Welt war lediglich ein Roman gewesen, oder? „Warten Sie! Ich… ich habe von Ihnen gelesen. Von Ihren Abenteuern auf diesem Plateau.“, sagte er schnell. Die Männer tauschten untereinander Blicke aus, Skepsis war ihnen anzusehen. „Wovon reden Sie da, junger Mann? Niemand hat uns in London geglaubt und es war uns noch nicht einmal möglich eine Nachricht nach draußen zu senden.“, entgegnete Challenger. Evan dachte nun angestrengt nach und versuchte ruhig zu bleiben. „Wie genau kamen Sie hier her?“, fragte er als nächstes. Challenger wollte etwas erwidern, doch Ned Melone übernahm für ihn. „Der Professor ging Sichtungen im Dschungel Südamerikas nach. Dinosaurier-artige Wesen sollen gesehen worden sein, weshalb er diese Expetition ins Leben rief. Wir verfolgten tatsächlich eine dieser Kreaturen in eine weite Höhle und kamen hier an.“, berichtete er. Evan nickte, so hatte es sich auch im Roman zugetragen. „Haben Sie… zufällig ein weißes Licht durchquert? Fliegende Fragmente die wie Bruchstücke eines Spiegels aussahen?“, stellte er die nächste Frage. Diesmal war es Roxton, der antwortete. „Sie haben Recht, so ein Licht gab es tatsächlich. Was hat es damit auf sich?“ Evan senkte sein Kinn und setzte zur Erklärung an. „Sie denken vermutlich das hier ist ein abgegrenztes Plateau, doch dem ist nicht so. Dieses Licht das Sie gesehen haben, war eine Art Tor. Ein Portal in die Vergangenheit. Sie haben es durchschritten und sind hier gelandet.“ Er ließ seine Worte auf die Gruppe einwirken, denn er wusste, wie unglaubwürdig diese Geschichte klang. Challenger räusperte sich. „Ich bin Paläontologe und kein Physiker. Aber dennoch wäre es eine Erklärung für die Ereignisse die wir hier vorgefunden haben. Näher betrachtet ist es sogar unmöglich, dass diese Lebewesen solange überlebt haben. Wir… befinden uns wirklich in der Vergangenheit?“, schien der Professor diesen Gedanken überwältigend zu finden. „Woher wissen Sir von unserer Expetition?“, hakte Lord Roxton nach. Evan überlegte kurz, er konnte den Herren kaum glaubhaft machen, dass es sich bei ihnen lediglich um Romanfiguren handelte. Schließlich war dem offenbar ja nicht so. „Ich… ich heiße Evan Cross und stamme aus dem 21ten Jahrhundert. Ich bin durch ein anderes Portal gegangen und ebenfalls hier gelandet. Nun stecke ich bereits seit einem Jahr hier fest.“, erzählte er. „Zeitreisen… das ist wirklich unglaublich.“, kam es von Melone. „Wenn Sie von uns gelesen haben, dann war unsere Expedition also ein voller Erfolg?“, fragte der Professor interessiert. Evan nickte schwach, was sollte er sonst darauf erwidern? „Aber hören Sie! Dieses Portal schließ sich irgendwann von alleine, deshalb müssen wir zurück bevor wir hier für immer festsitzen!“, versuchte er den Männern klar zu machen. Zwar führte die Anomalie nicht nach Hause, aber im Jahr 1912 festzustecken war immer noch ein angenehmerer Gedanke als seine Tage in der Kreidezeit zu fristen. „Ich kenne den Weg zurück. Wenn Sie recht haben müssen wir uns in der Tat beeilen.“, kam es von Roxton, der Evan zum Glück bedingungslos glaubte. Der Gestrandete nickte und schlug vor, sich Abmarschbereich zu machen. Doch Ned Melone mischte sich nun ein. „Ihre Erzählung stimmt nicht ganz. Als wir die Höhle betraten war da tatsächlich ein Licht, aber als wir auf der anderen Seite herauskamen…“, begann er und Evan sah ihn interessiert an. „Ja? Was war da?“, hakte er nach. Melone dachte kurz nach, scheinbar wusste er nicht, wie er das Gesehene beschreiben sollte. „Da war nicht nur ein Licht! Da waren… ein Dutzend dieser durch die Zeit führenden Portale!“ Vancouver – Kurton-Street Luke musste zugeben, dass seine Brust immer noch schmerzte, egal wie taff er reagiert hatte. Im Beisein von Doktor Fridkin hatte er sich sogar demonstrativ darauf geklopft und es augenblicklich bereut. Die Ärztin hatte ihn daraufhin zur Sicherheit zwei Tage krankgeschrieben, was im Grunde ironisch war, schließlich übte Luke keinen normalen Job aus. Wenn man sich mit Dinosauriern anlegte sollte man durchaus darauf vorbereitet sein, dass schon mal die ein oder andere Rippe einen Knacks bekam. Er hatte sich furchtbar erschrocken, als der Dryptosaurus plötzlich wie aus dem Nichts erschienen war und auf die ahnungslose Dylan zugestürmt war. Er hatte sofort reagiert und sie zur Seite gestoßen, nur um wenig später selbst die Wut des Tieres abzubekommen. Er wusste, dass es auch anders hätte laufen können. Der Drytposaurus hätte genauso gut seine Zähne in den Studenten rammen können, dann wäre er vermutlich wesentlich schwerer verletzt worden. Nein, er durfte sich nichts vormachen. Er wäre jetzt tot. Dennoch hätte er trotzdem genau so gehandelt, wenn es darum ging, Dylan zu beschützen. Evans Tod hatte sie lange mitgenommen. Sie hatte den smarten Anführer wesentlich länger gekannt und stand ihm näher als Luke. Dieser hatte zwar zu diesem aufgesehen, seinen Tod aber irgendwie verwunden. Und Dylan? Bei ihr schien es anders zu sein, denn sie hatte sich in der Zwischenzeit verändert. Obwohl Mac Rendell den Posten des Teamleiters übernommen hatte, verhielt sich Dylan wie ihr Freund. Sie schlug jegliche Vorsicht in den Wind und begegnete jeder Mission mit Enthusiasmus. Erst hatte er diese Seite an ihr aufregend gefunden, doch dann häuften sich die Situationen wie heute. Luke erschreckte der Gedanke, Dylan könnte etwas zugestoßen oder gar so enden wie Evan. Nein, ihren Verlust würde der Zoologe wesentlich schwieriger verkraften, wenn überhaupt. Er hatte sich gerade Kaffee zubereitet als es an der Tür klopfte. Er seufzte in Anbetracht, dass er seine Verletzung doch nicht problemlos auskurieren konnte. Er stellte die Tasse hin und schlenderte zur Tür. Nach einem kurzen Blick durch den Türspion, fuhr er sich schnell durch die Haare um lässiger zu erscheinen. Dann zog er sie mit einem Ruck auf und schenkte Dylan sein sanftestes Lächeln. „Hey, ich wollte dich nicht stören. Besonders jetzt, wo du eigentlich Ruhe brauchst.“, meinte sie, doch Luke tat eine abfällige Handbewegung. „Ach Unsinn, so schlimm ist es wirklich nicht. Ich bin hart im nehmen.“, versicherte er und bat die junge Frau in seine Wohnung. Als Dylan eintrat wirkte sie etwas aufgewühlt. „Warte, ich habe gerade Kaffee zubereitet!“, fiel es Luke wieder ein und er wollte in Richtung Küche laufen. Doch Dylan ergriff nun seinen rechten Arm und zog ihn zurück. Schwermut war in ihrem Gesicht zu erkennen. „Das heute… war meine Schuld. Ich habe mich sogar mit Mac deswegen gestritten und er hatte völlig recht. Ich war zu leichtsinnig und habe zugelassen, dass wir die Kontrolle verloren haben. Und genau sowas darf uns bei unserer Arbeit nicht passieren. Das war mir schon bei meinem letzten Job klar, aber dort habe ich keine Freunde verloren, verstehst du?“, murmelte sie schuldbewusst. Luke betrachtete sie einen Augenblick lang. Er hasste es, es zuzugeben, aber die Traurigkeit in Dylans Augen schmälerte ihre Schönheit keineswegs. „Und wenn mir… heute etwas passiert wäre?“, wagte er es zu fragen. Dylans Hände legten sich nun auf Lukes Bauch und sie drückte ihn sanft gegen die Wand zur Küche. „Ich verspreche, dass ich in Zukunft besser aufpassen werde. Gibt es… eine Möglichkeit, wie ich das heute wieder gut machen könnte?“, fuhren ihre Handflächen äußerst zart zu seiner lädierten Brust hinauf. „Naja, du…“, begann Luke, doch er konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Dylans Gesicht war nun nah bei seinem und bevor der Student seine Lippen wieder schließen konnte, hatte Dylan ihre bereits auf die Seinen gepresst. Beide schlossen ihre Augen ganz automatisch und begannen ihr Lippenspiel fortzuführen. Luke spürte, wie Dylans Zunge über die seine strich und das Gefühl war einfach überwältigend. Immer fordernder wurden ihre Küsse und Luke hatte seine schmerzende Brust schon längst vergessen. Er ergriff Dylans Hüften und zog sie zu sich. Doch es war sie, die mit der Zeit immer heftiger küsste und ihre Hände über seinen Hals strich. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete Luke wieder seine Augen und merkte, dass Dylan es ihm gleich getan hatte. Ihre Lippen lösten sich voneinander und Lukes Atem wurde flacher. „Weißt du… dass du genauso wild bist wie beim Saurier jagen, wenn wir uns küssen?“, hakte er nach. Dylan verdrehte die Augen. „Ach komm. Daran müsstest du dich doch inzwischen gewöhnt haben.“, raunte sie ihm zu. Luke hob eine Augenbraue. „An das Saurier jagen oder das küssen?“, schien er sich nicht sicher zu sein, worauf seine Freundin hinauswollte. „Vielleicht beides? Also wie sieht es aus? Verzeihst du mir wegen heute?“, fragte sie betend und Luke schluckte. „Meinst du das ernst? Ich würde dir sogar vergeben, wenn all meine Rippen gebrochen wären.“, scherzte er, doch Dylan schien das als Aufforderung zu verstehen. Langsam strich sie mit ihrer Fingerspitze Lukes Hals entlang. „Aber diese eine dumme Rippe… hindert dich doch hoffentlich nicht daran, dass wir etwas Stress nach der Arbeit abbauen, oder?“, fragte sie gespielt. Lukes Augen weiteten sich und leicht schüttelte er den Kopf. „Wie gesagt, ich bin hart im nehmen. Meine Rippen sind zwar nicht so stabil wie die von Dinosauriern, aber ich komme zurecht. Auf der anderen Seite waren die Rippen für manche Saurierarten sogar eher hinderlich, weil sie zu sehr gebogen waren und bei einem Kampf leicht nach innen gedrückt werden konnten. Das führte dazu, dass…“ „Luke?“, unterbrach ihn Dylan unsanft. „Ja?“ „Halt die Klappe.“ „OK.“ Dylan presste ihre Lippen erneut auf Lukes und zog ihn diesmal von der Wand weg. Beide verließen den Flur und Lukes Rücken stieß gegen die Schlafzimmertür, welche nach innen schwenkte. Ohne ihre Lippen voneinander zu treten, tasteten Dylans Hände unter Lukes T-Shirt und strichen über die Haut darunter. Luke ergriff es und zog es sich schnell über den Kopf. Er wollte Dylan helfen, doch diese verzichtete darauf. Ihre Jacke konnte sie leicht zu Boden werfen, ihr Hemd brauchte einige Sekunden. Luke wollte sie berühren, doch Dylan kam ihm zu vor. Sie stieß ihn zurück und der Student fiel auf sein Bett. Luke kam Dylan beinahe wie ein Raptor vor, sie stürmisch sprang sie auf ihn zu und landete über ihn. Ihre Lippen trafen sich erneut. „Vielleicht hätte ich dich doch einen Eins gegen Eins Kampf mit dem Dryptosaurier austragen lassen sollen.“, scherzte Luke, doch Dylan rächte sich für die Bemerkung indem sie begann an seinem Gürtel herumzuspielen. Schnell landete dessen Hose bei den anderen Kleidungsstücken und auch Dylans leistete ihnen kurz darauf Gesellschaft. Halbnackt lagen sie aufeinander – Dylan auf Luke – und Dylan begann die lädierte Stelle auf Lukes Oberkörper zu küssen. „Ja… du bist wirklich wild wie immer.“, konnte er es sich nicht verkneifen zu sagen. Dylan grinste ihn verschwörerisch an. „Dann… weißt du ja auch was als nächstes folgt.“ Kreidezeit – 72 Millionen Jahre zuvor Evan war froh, dass John Roxton genauso gute Reflexe besaß wie er selbst. Während er selbst den Journalisten Melone zu Boden gedrückt hatte, hatte der Lord dasselbe mit dem Professor getan. „Was sind das für Dinger?“, fragte der Journalist stockend. Evan erinnerte sich an seine Aussage, dass er vor Vögeln mit spitzen Zähnen geflüchtet war. Die Gruppe aus vier Männern hatte bereits eine ziemliche Strecke zurückgelegt, war nun aber in das Gebiet dieser vogelartigen Saurier geraten. Obwohl die Bäume sehr hoch waren, würde die Gruppe bestimmt bemerkt werden, wenn sie sich zu auffällig verhielt. „Archaeopteryx. Sie wurden das erste Mal 1861 wissenschaftlich erfasst. Es handelt sich um Omnivoren, das heißt sie fressen auch Pflanzen, doch wenn wir uns zu auffällig verhalten, könnten wir ihre Neugier erregen.“, flüsterte der Professor und brillierte mit seinem Fachwissen. Doch Evan kam etwas seltsam vor. „Professor, ich kann mich irren, aber existieren Archaeopteryx nicht eigentlich im Jura?“, schien er diese Tatsache äußerst seltsam zu finden. Challenger ging in sich und musste dem Überlebenskünstler zustimmen. „Ich muss Ihnen rechtgeben, das ist sehr seltsam. Die Wissenschaftler müssen sich geirrt haben.“, überlegte er laut. Evan schüttelte den Kopf, denn er hatte eine andere Theorie. „Nein, ich denke diese Archaeopteryx sind durch eine der Anomalien gekommen, richtig? Sie sagten aus, dass es mindestens ein Dutzend davon gegeben hat.“ Melone bestätigte es ein zweites Mal und auch Challenger und Roxton beschworen es. Evan hatte diese Tatsache mit äußerstem Interesse angenommen. Er war schon einmal einer Anomalien Kreuzung begegnet, jedoch mit fatalen Folgen. Nach der Verfolgungsjagd eines Brontoskorpios waren er und Dylan in der Kreidezeit gelandet und sahen sich einer Vielzahl von Zeitportalen gegenüber. Eine davon führte ins Silur, wiederum eine andere ins London des 21ten Jahrhunderts. Eine wieder eine andere… in Evans eigene Vergangenheit. Doch er verdrängte die schmerzhaften Erinnerungen für den Moment, anders hätte er die Reise nicht fortfahren können. Und vor allem hätte er nicht solange überlebt. Die Hoffnung aufzugeben hätte in dieser Welt bedeutet auch sein Leben aufzugeben. Es war bereits ein Weltwunder gewesen, das er die Annexions-Anomalie hatte stoppen können. Auch das Wiedersehen mit dem Saurophaganax war alles andere als erfreulich verlaufen. Ohne Donovans Clock wäre er gefressen worden. Zum Glück waren nicht noch mehr dieser Bestien in der Nähe gewesen, doch die massive Kraft des Fleischfressers hatte ausgereicht um den Opener zu zerstören. Evan war es somit unmöglich gewesen eine Anomalie zurück nach Hause zu schaffen. Seine einzige Chance war es, eine selbstständige zu finden und zu hoffen, dass sie zumindest in von Menschen besiedeltes Gebiet führte. Er hatte sogar versucht sich ein Ortungsgerät zu bauen, dass auf die Frequenzen reagierte, doch er hatte kein verwertbares Material gefunden. Wenn er wieder zu Hause war, müsste er sich von Harold Kanan bestimmt anhören, dass es dieser mit Leichtigkeit geschafft hätte. Falls er nach Hause kam. Die Gruppe war froh, die Raubvögel endlich hinter sich gelassen zu haben. „Die Höhle war hier ganz in der Nähe.“, glaubte sich Challenger richtig zu erinnern. Das würde auch die Anwesenheit der Archaeopteryx erklären. Bei einer Anomalien Kreuzung mit etwa einem Dutzend Stück davon, waren die Chancen recht hoch, dass es Evan zurück in seine Zeit schaffen konnten. Würden seine Freunde auf ihn warten? Oder hatten sie ihn am Ende bereits für tot erklärt? Wenn ja, konnte er es ihnen nicht verdenken. Die vier Männer hatten gerade eine große Lichtung erreicht als Challenger einen Kompass hervorholte. Ein triumphierendes Grinsen huschte über sein Gesicht und er zeigte Richtung Norden. „Da ist die Richtung“, verkündete er. Sie setzten ihren Weg fort, bis Malone freudig aufschrie und zu laufen begann. „Ich kenne den restlichen Weg!“, verriet er, doch Evan warnte ihn, sich nicht von der Gruppe zu entfernen. Doch Melone war zu schnell und kurz darauf hinter einer Baumreihe verschwunden. Evan, Roxton und der Professor beeilten sich ihm zu folgen und stießen gegen seinen Rücken als sie ebenfalls abbogen. „Heiliger Gott.“, entfuhr es dem Journalisten der Daily-Gazette und er hielt sich eine Hand vor den Mund. Die anderen mussten sich erst einen Überblick verschaffen um zu verstehen worauf Ned hinauswollte. Es dauerte nicht lange, bis Evan die Höhle erblickt hatte, durch die das Expeditionsteam in die Kreidezeit gekommen war. „Das ist doch nicht zu fassen!“, stieß Challenger hervor, doch auch er musste der Realität bald ins Auge blicken. Der Berg der sich vor ihnen erstreckte war riesig und genauso der Eingang zur Höhle. Das Problem war lediglich derjenige, der den Eingang blockierte. Nämlich der Tarbosaurus. Er lag auf dem Boden, gerade einmal die Pranken ragten ins Freie. Darunter hatte er teilweise seinen Kopf vergraben und eine schlafende Haltung angenommen. Keiner in der Gruppe konnte Zweifels frei sagen, ob er seine Augen geschlossen hatte, doch das hätte keinen großen Unterschied dargestellt. Selbst die kleinste Bewegung hätte den Giganten aufgescheucht und auf sie aufmerksam gemacht. Evan zog Melone zurück, der immer noch fassungslos auf den Saurier starrte. „Da treibt aber jemand einen sehr schlechten Witz mit uns.“, knurrte Challenger und entsicherte sein Gewehr. Melone sah ihn perplex an. „Was genau haben Sie vor?“, wollte er wissen, wurde aber nicht nur streng von dem Professor, sondern auch Evan und Roxton angesehen. Es war der Experte dieser so genannten Zeitportale der ihm die Sachlage erklärte. „Bei dieser Höhle scheint es sich um den Schlafplatz dieses Sauriers zu handeln. Wir könnten warten bis er aufwacht und sich davon entfernt, doch es gibt ein Problem. Anomalien bleiben nicht für immer offen. Vielleicht haben wir Glück und sie sind immer noch da wenn wir bis zum Abend warten, aber es gibt keine Garantie.“ Der Journalist verstand nun worauf sein Retter hinaus wollte. Gingen sie das Risiko ein, würden sie für immer in der Kreidezeit festsitzen. „Und… was unternehmen wir dann?“, wollte er wissen, bis Lord Roxton ihm auf die Schulter klopfte. „Wir brauchen doch noch einen Beweis für diese Welt wenn wir nach Hause zurückkehren, meinen Sie nicht, mein Freund?“ Melone lachte gekünstelt. „Dabei dachte ich eher an ein paar Vogelfedern oder Sauriereier, aber nicht von einem 5 Meter großen Exemplar.“, sprach er aus, was er von dieser Idee hielt. Doch Evan konnte ihn beruhigen. „Ein direkter Kampf wäre in der Tat zu gefährlich. Diese Kreatur ist ungeheuer schnell und wir würden den Kürzeren ziehen. Nein, wir müssen den Tarbosaurus aus der Höhle locken und dann selbst einen Weg hinein suchen.“, konkretisierte er. Melone verstand, jedoch nicht wie sie das überhaupt anstellen sollten. John Roxton trat nun vor und wagte einen Blick zwischen die Bäume hindurch. „Überlassen Sie das mir. Von uns vieren dürfte ich derjenige sein, der sich am besten mit Raubtieren und ihrem Verhalten auskennt.“, profilierte er sich. Melone bereute dies keine Sekunde, zumal sich Roxtons Erfahrung nur auf die Raubtiere des 20ten Jahrhunderts befassten. Selbst Evan, der seine Zeit schon über ein Jahr in der Kreidezeit fristete dürfte sich mehr mit den Eigenarten dieser Bestien auskennen. Doch John Roxton war ein Jäger, es spielte keine Rolle was seine Beute war, solange er im richtigen Augenblick abdrückte. „Wie lautet Ihr Plan, Lord Roxton?“, erkundigte sich der Professor und der Großwildjäger befeuchtete sich seine Lippen. „Es ist etwas gewagt, aber wir nutzen die Raubvögel die wir gerade hinter uns gelassen haben.“ Der Jäger deutete auf einen Spalt im Felsen, kaum weit von dem schlafenden Tarbosaurus entfernt. „Es ist riskant, keine Frage, aber vielleicht unsere einzige Chance. Ich werde die Raubvögel auf uns aufmerksam machen und dann in die Mitte der Lichtung locken. Währenddessen muss einer von Ihnen mit einem gezielten Schuss den Fleischfresser dort drüben in Rage bringen. Er wacht auf und greift sofort die umherfliegenden Vögel an.“, sprach Roxton seinen Plan aus. Mit einem hatte er allerdings Recht. Es war riskant. Und vermutlich ihre einzige Chance die Anomalien Kreuzung zu erreichen. Die vier nickten einander zu und trennten sich dann. Während Evan zusammen mit dem Professor und dem Journalisten in Richtung des Felsspaltes rannte, legte Roxton den Rückwärtsgang ein und eilte in den Wald zurück. „Daumen drücken.“, schlug Challenger vor und schlich im Schutz der Bäume in das sichere Versteck. Kaum hatten sie darin Platz gefunden, ertönte bereits ein Schuss im Wald. Roxton war es eindeutig gelungen die Archaeopteryx aufzuschrecken, das wurde ihnen spätestens klar, als ein Schwarm von ihnen sich empört in die Lüfte schwang. Ein Blick zum Tarbosaurus reichte um festzustellen, dass dies nicht gereicht hatte. Evan biss sich auf die Lippen und bat Challenger um seine Waffe. „Es ist wirklich klug auf ihn zu schießen? Ein verwundetes Raubtier ist noch weitaus gefährlicher als ein gesundes.“, warnte der Professor vor dem Folgen. Doch es war nicht so, als ob ihnen eine Wahl blieb. Evan zielte auf eine nicht vitale Stelle des Saurierkörpers und gab einen Schuss ab. Sein Vorhaben glückte als der Tarbosaurier gepeinigt aus dem Schlaf gerissen wurde und zu bluten begann. Sofort preschte er erbost aus seinem Schlafplatz und versuchte den Angreifer zu entdecken. Doch wo war Roxton? Melone trat einen Schritt aus dem Felsspalt und versuchte seinen Kameraden aufzuspüren. Dort! Nur wenige Meter, etwa im Zentrum der Lichtung kam der britische Lord angerannt, doch viel zu langsam wie der Journalist fand. Über dem Licht schwirrten teils verwirrte, teils wütende Archaeopteryx. Einer davon hatte den Störenfried nun erkannt und setzte zum Sturzflug an. Roxton schrie auf, als die spitzen Zähne in seine Schulter tragen. Er ließ sich zu Boden fallen und positionierte gleichzeitig sein Gewehr. Ein Schuss reichte um das Federvieh zu rupfen. Doch der Lord war verletzt und schien Schwierigkeiten zu haben aufzustehen. Evan blickte in die andere Richtung. Die Archaeopteryx schwirrten nun über dem Tarbosaurus, welcher immer wieder nach oben sprang und nach ihnen schnappte. „Roxton braucht Hilfe, wir missen zu ihm!“, rief Ned und Evan nickte Zähne knirschend. „Gut, ich kümmere mich darum.“, sagte er entschieden, doch Challenger war anderer Meinung. „Nein. Ich bin der Leiter dieser Expedition, ich hole ihn. Sie geben uns im Notfall Feuerschutz, der Saurier sollte nun weit genug von der Höhle entfernt sein.“, entschied er und rannte los. Nicht einmal sein Gewehr nahm er mit, dieses hätte ihn nur aufgehalten, wenn Roxton gestützt hätte. Evan erkannte die Besorgnis in Neds Augen, der Plan lief nicht so ab wie besprochen. Er wollte Challengers Rat folgen und in Richtung Höhle schreiten, doch der Journalist neben ihm zierte sich. Etwas das Evan selbst nur zu gut verstehen könnte. Natürlich hätte auch er selbst nie einen Freund zurückgelassen. George Challenger war nun bei Roxton angekommen und half diesem unter Mühen auf. „Vorsichtig!“, rief dieser als über ihnen die Schar Archaeopteryx vorbeiflog. Unter Entsetzen mussten sie feststellen, dass sie vor dem Tarbosaurus die Flucht ergriffen hatten. Dieser gab jedoch nicht nach und nahm die Verfolgung auf, was direkt dazu führte… dass er in Challengers und Roxtons Richtung trabte. „Gehen Sie!“, blaffte der Lord den Professor an, doch Challenger starrte ihn nur ungläubig an. Als er nicht folgte stieß Roxton seinen Kameraden zur Seite und ergriff sein Gewehr. Wie ein wilder rannte er dem Tarbosaurus entgegen und feuerte eine Ladung Schrot auf ihn ab. Ohne große Wirkung, denn der Tarbosaurus blieb unbeeindruckt. Stattdessen ging er in die Hocke und ließ sein Maul herabsausen. Mit einem Bissen verschlang er den Großwildjäger und machte ihn zu seiner Mahlzeit. Challenger starrte dem Treiben ängstlich zu, bis jemand ihn bat aufzustehen. Evan und Melone waren zurückkommen. „Wir können nichts mehr für Ihren Freund tun, aber wir müssen in die Höhle, solange der Saurier abgelenkt ist.“, redete Evan auf ihn ein. Der Professor war außer Atem und voller Trauer um seinen Kameraden, aber dessen Opfer durfte nicht umsonst gewesen sein. So schnell sie ihre Beine trugen rannten sie erst zurück zum Felsspalt und nachdem sie feststellten, dass es sicher war, direkt zum Höhleneingang. Der Tarbosaurus war noch damit beschäftigt seine Beute zu verzerren und schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Die Höhle war recht hoch, der Saurier könnte sie also jeder Zeit verfolgen, das wussten sie. Nach einigen Metern wurde sie jedoch niedriger, spaltete sich dafür aber in verschiedene Tunnel auf. „Wo müssen wir lang?“, fragte Evan an die beiden Forscher gewandt. Challenger legte sich nachdenklich eine Hand aufs Kinn und auch Melone schien sich nicht sicher zu sein. Der Professor wand sich nun um und mimte die Position nach, aus der er vor zwei Wochen aus einem der Tunnel gekommen war. Dann ballte er die Hände zur Faust und schrie erfreut auf. „Es ist der Linke!“, sagte er entschieden und eilte weiter. Evan und Ned folgten ihn auf Schritt und Tritt und bald erreichten sie einen schmalen Weg, neben dem ein unterirdischer Fluss mündete. „Der Weg hier ist brüchig, stützen Sie sich an den Wänden ab.“, gab ihm Challenger den Tipp und die nächsten Minuten verbrachten sie damit im halbdunkeln nach vorne zu tasten. Schließlich wurde es heller und Evan erkannte auch den Grund dafür. Es waren mehrere Lichter die sich vor ihnen erstreckten. Er zählte genau vier Anomalien, die in einigem Abstand zueinander in gewohnt weißem Licht pulsierten. Aber sollten es der Aussage der Forscher nach nicht mindestens ein Dutzend gewesen sein? „Es sind weniger als vor zwei Wochen.“, entfuhr es Challenger automatisch und Besorgnis stieg in sein Gesicht. „Ist… ich meine, ist unsere noch hier?“, wollte Melone wissen. Der Professor wagte sich an eine der Anomalien heran und musterte sie interessiert. Der Forscherdrang ging mit ihm durch und er streckte seinen Arm hindurch. „Nicht! Wir wissen nicht, wohin jede einzelne von ihnen führt.“, warnte ihn Evan, doch da war es bereits zu spät. Er und Ned konnten nur noch mitansehen wie sich etwas in Challengers Magen schob und seinen Rücken durchbohrte. Eine scharfe Klinge, die sofort das Blut des Professors zu Boden spritzen ließ. Aus der Anomalie senkte sich ein Kopf. Er war grünlich, besaß große Augen und Fühler. Es dauerte nicht lange, bis Evan das Monsterinsekt erkannte, dass er selbst vor einiger Zeit bei einer Rettungsmission kennen gelernt hatte. Die Zukunfts-Gottesanbeterin zog den Professor mit sich durch die Anomalie. Melone eilte sofort zu ihm, doch Evan riss ihn zurück. „Nicht! Es ist zu spät, Ihr Freund ist tot! Sie ist gerade in diesem Moment dabei ihn zu verspeisen.“, führte er ihm vor Augen. Ned schlug fassungslos die Hände über den Kopf zusammen und war der Verzweiflung nahe. „Wir haben es soweit geschafft und jetzt… jetzt werden wir hier doch zu Grunde gehen.“, fluchte er. Doch Evan war nicht gewillt aufzugeben. Nicht eine Sekunde lang hatte er daran gedacht, seit er in dieser urzeitlichen Welt gefangen war. Er hob das Gewehr, das er von Challenger hatte und richtete es sicherheitshalber auf die Anomalie. Die Gottesanbeterin zeigte sich nicht mehr, doch falls sie es sich anders überlegen sollte, war Evan bereit. „Ist Ihre Anomalie noch offen?“, wollte er von Ned wissen und dieser versuchte sich zu beruhigen. Er orientierte sich neu und betrachtete jedes einzelne der Portale genauer. Er kniete sich hin und robbte zu einer Anomalie, die in den Fels führte. Evan beobachtete wie der Journalist mehrere Glasstücke aufhob. „Die hier gehören zu Professor Summerlees Brille. Sie ging zu Bruch nachdem wir das Portal durchtreten haben.“, erklärte er und Evan verstand. Diese Anomalie führte somit in den südamerikanischen Dschungel des frühen 20ten Jahrhunderts. „Dann werden wir uns hier also voneinander verabschieden.“, entfuhr es Evan und Ned starrte ihn verdutzt an. „Kommen… Sie denn nicht mir?“, wollte er in Erfahrung bringen. Sein neuer Freund schüttelte stoisch den Kopf. „Ihre Zeit ist leider nicht meine. Im Gegenteil, ich könnte sogar Dinge verändern, wenn ich in ihr leben würde. Ich suche weiterhin nach einer Anomalie in meine Zeit, auch wenn dies beschwerlich werden wird.“, teilte er ihm seine Entscheidung mit. Ned Melone nickte langsam und akzeptierte Evans Entscheidung. „Aber es ist unglaublich was wir hier erlebt haben. Diese unbekannte Welt… nein diese verlorene Welt, diese Portale in andere Zeiten. Meine Leser werden mir nicht glauben, selbst wenn ich einen Beweis erbringen sollte.“ Evans Miene wurde ernster und er trat zu dem Journalisten. „Hören Sie, Ned! Ich verstehe Ihren Wunsch, aber Sie dürfen niemandem von diesen Ereignissen hier erzählen!“ Melone starrte Evan an, als hätte dieser gerade einen Witz gerissen. Die größte Entdeckung der Weltgeschichte einfach für sich behalten? „Aber sagten Sie nicht, man hätte über unsere Abenteuer geschrieben? Was ist mit den Professoren Summerlee und Challenger? Und Lord John Roxton, der sich heldenhaft für uns geopfert hat? Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie sich völlig umsonst geopfert haben.“, sagte er bedrückt. Evan überlegte einen Moment, dann fuhr er fort. „Kennen Sie… zufällig einen Mann namens Arthur Conan Doyle?“ Ned hob seine Augenbrauen und starrte seinen Freund skeptisch an. „Ja, einer meiner Bekannten trägt tatsächlich diesen Namen. Darf ich erfragen, woher Sie das wissen?“ Evan hoffte, dass Ned ihm nach dieser Bemerkung nicht zu sehr misstraute, aber was sollte er tun? Stattdessen reichte er dem Journalisten einfach die Hand. „Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber Sie können mir vertrauen. Erzählen Sie Ihrem Bekannten von den Geschehnissen. Die Menschheit wird von den Anomalien erfahren, doch für Ihre Zeit ist es einfach noch zu früh. Die Menschen sind noch nicht bereit, lassen sie Zeitreisen für sie bitte Fiktion bleiben.“, drückte er seinen Wunsch aus. Ned überlegte kurz und schüttelte Evan dann die Hand. „Vermutlich haben Sie recht. Ich… wünsche Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Weg. Kommen Sie gut nach Hause.“ Die beiden Männer nickten einander noch zu, dann holte Melone tief Luft und trat durch die Anomalie. Damit war Evan wieder alleine. Tat er wirklich das Richtige? Hätte er Melone folgen sollen, egal wenn er 100 Jahre zu früh dran gewesen wäre? Nein, Angelika, Dylan und die anderen warteten an einem anderen Ort auf ihm. Selbst wenn Evan gewartet hätte, nicht einmal als altem Mann wäre es ihm vergönnt gewesen sie wiederzusehen. Er wand sich um und starrte auf die drei verbliebenen Anomalien. Eine führte zwar in die Zukunft, allerdings wohl mehrere Millionen Jahre. Er hasste Insekten schon wenn sie klein waren, aber auf riesige Gottesanbeterinnen konnte er verzichten. Also schritt er zur nächsten Anomalie und hielt den Lauf seines Gewehrs durch. Er zog es zurück und stellte zufrieden fest, dass sie in keine Wand oder unter Wasser führte. Er holte tief Luft und schritt hindurch. Auf der anderen Seite war es warm und Evan spürte Sand unter sich. Er war eindeutig in der Wüste gelandet. Doch in der Wüste welcher Zeitperiode? Er wagte es einen Stein aufzuheben und ihn nach vorne zu werfen. Sofort gab der Sand nach und ein Loch entstand. „Oh bitte nicht.“, fluchte der Zeitreisende und im nächsten Moment preschte ein Brontoskorpio aus dem Boden. Evan hob sein Gewehr und gab zwei gezielte Schüsse ab. Er Urzeitskorpion wurde getroffen, wenn auch nicht tödlich. Er zog sich in sein Sandversteck zurück und Evan sich selbst durch die Anomalie. Damit verlieb nur noch eine mögliche Anomalie. Würde diese ebenfalls in eine noch prekäre Epoche führen, als der Kreidezeit, hatte er wohl wirklich keine andere Wahl als Ned Melone zu folgen. Langsam und mit angehaltenem Atem schritt er zu seiner letzten Chance und testete ob sie nicht in eine Sackgasse führte. Negativ, er konnte sie passieren. Aber auch gefahrlos? Fakt war, dass sie vielleicht Evans letzte Chance darstellte. Würde er wieder nach Hause finden? Oder sollte es so sein, dass er in der Vergangenheit sein Leben aushauchte? Fest entschlossen schritt er durch die Anomalie, was immer ihn dahinter auch erwarten mochte. Vancouver – Kurton-Street Es fühlte sich gut an, dass es zur Abwechslung einmal Sonnenstrahlen waren und nicht der Weckruf, der eine neue Anomalie ankündigte. Luke strich sich verschlafen übers Gesicht und versuchte sich zu erinnern welcher Tag heute war. Schmunzelnd erinnerte er sich an seinen Traum. Er entsann sich an jede einzelne Berührung zwischen ihm und Dylan. Am liebsten würde er wieder einschlafen und dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Nach ein paar Sekunden wurde er jedoch wacher und wand seinen Kopf zur Seite. Nein, wäre es ein Traum gewesen, hätte es sich nicht so unglaublich angefühlt. Dylan hatte die Augen geschlossen und döste leise vor sich hin. Sie wirkte wie ein schlafender Engel und Luke hätte sie am liebsten wachgeküsst. Stattdessen strich er ihr zärtlich über die Haare, was seine Freundin dazu verleitete die Augen aufzuschlagen. „Guten Morgen.“, flötete er und Dylan schien etwas zu brauchen um sich zu entsinnen wo sie sich gerade befand. Nach einem Blick auf Lukes Wecker rieb sie sich die Augen und machte An stallten aufzustehen. „Hey, du musst noch nicht raus. Das weiß ich, weil wir zufällig denselben Job haben. Also wieso genießen wir den Morgen nicht noch etwas?“, fragte er und griff nach Dylans Schultern um sie zu sich zu ziehen und mit ihr zu kuscheln. Doch dieser ergriff seine Hand und zog sie weg. Ohne Luke direkt anzusehen, zog sie sich die Decke weg und sprang aus dem Bett. „Tut mir leid. Ich… habe noch Sachen zu erledigen.“, enttäuschte sie ihn und suchte sich ihre Klamotten zusammen. „Sachen? Welche denn?“, hakte Luke nach. „Sachen eben, wir sehen uns bei Cross-Photonics.“, meinte sie und hatte sich bald darauf komplett angezogen. „Ok… vielleicht kann ich dir dabei ja helfen?“, wollte Luke es vermeiden den Tag ohne Dylan verbringen zu müssen. Diese schüttelte nur eiligst den Kopf und schritt Richtung Tür. Sie sah noch einmal zu Luke und schenkte ihm ein Lächeln. „Das müssen wir demnächst mal wiederholen.“, lächelte sie ihm zu und verschwand dann. Keine 5 Sekunden später vernahm der Student das Öffnen und Zuschlagen seiner Haustür. Seufzend lehnte sich Luke zurück und schlug seine Hände über seiner Stirn zusammen. Natürlich hatte er nichts dagegen diese Art von Aktivitäten zu wiederholen, aber ehrlich gesagt hatte er sich das Ganze etwas anders vorgestellt. Jedes Mal wenn er etwas mit Dylan unternehmen wollte, stellte diese plötzlich den Rückwärtsgang ein. Natürlich, er genoss es ihr so nahe zu sein, sie zu berühren und zu spüren. Es war immer wie ein Traum für ihn gewesen. Jemand wie Dylan interessierte sich für einen Nerd wie ihn? Lächerlich! Niemals hätte Dylan… ja, eigentlich stimmte das. Die Dylan die er kennen gelernt hatte, hätte sich niemals auf ihn eingelassen. Mac Rendell vertrat die Ansicht, dass sich seine Freundin seit diesem schicksalhaften Tag anders benahm. Hatte er damit recht oder übertrieb er? War es dann etwa diese ‚neue’ Dylan, mit der er diese Erfahrungen austauschte? Und was genau… war Luke dann für sie? London, Diogenes-Club – 1902 Ned Melone merkte, dass er nicht in diese feine Gesellschaft passte, als sich der Diener vor ihm verbeugte um seinen Hut und Mantel in Empfang zu nehmen. Vermutlich wurde er für einen britischen Lord oder Geschäftsmann gehalten. Ohne die Einladung seines Bekannten, hätte er den Männerclub sicher nie betreten dürfen. Der Journalist war aus Südamerika zurückgekehrt und ließ vermelden, dass die anderen Mitglieder seiner Expedition von Eingeborenen getötet worden waren. Melone schrieb einen Nachruf in der Daily-Garzette. Gerade einmal Gespräche über den Tod von Lord John Roxton blieben mehrere Tage im Umlauf. Aber auch diese flachten ab, ein Großwildjäger dem seine Leidenschaft das Leben kostete war dann doch nicht interessant genug. Und zwei Professoren, die wilde Theorien oder noch lebende Saurier vertraten, nahm ohnehin kein Leser sonderlich ernst. Am liebsten hätte Melone die Wahrheit geschrieben, dass Zeitreisen wirklich möglich waren und diese tapferen Männer bei der Erforschung einer altertümlichen Zeit gestorben waren. Doch er beherzigte den Rat des Mannes aus der Zukunft. Es war zu früh, die Menschen mochten noch nicht an solche übernatürlichen Dinge glauben. Melone wurde in einen großen Saal geführt in dem des qualmte, als stünde er unter Feuer. Der Journalist hatte noch nie so viele verschiedene Gerüche von so vielen verschiedenen Zigarren gerochen wie nun. Es waren mehrere Tische aufgebaut und auf den meisten standen Gläser mit Whisky oder Scotchs. Ned näherte sich einem Tisch an der Ecke, an dem zwei Herrschaften saßen. Einer davon war schon etwas älter und seine Miene wirkte sehr ernst. Er trug einen weiten Mantel und trank aus seinem Glas. Sein Gegenüber pustete den Rauch seiner Zigarre in die Luft. „Also gut, mein lieber Inspektor Abberline. Sie haben sich bestimmt nicht ohne Grund zu mir gesetzt.“, fragte der Raucher interessiert. Der Mann, offenbar von Scotland Yard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Arthur, gibt es denn inzwischen einen anderen Grund, dass ich mich zu Ihnen geselle, als einen Fall der vielleicht Ihre grauen Zellen erregen könnte? Immerhin hat mich doch die Rolle Ihrer Muse ereilt, oder?“ Der Raucher musste lachen. „In diesem Punkt muss ich Ihnen rechtgeben. Die Fälle von denen Sie mir erzählen, sind stets eine Inspiration für mich.“, gestand er. Abberline trank sein Glas leer und fuhr fort. „Was halten Sie von dieser Geschichte? Henry Merchant, ein erfolgreicher Geschäftsmann und Adeliger wird tot im Treppenhaus eines Gebäudes aufgefunden. An seinem Hals lassen sich die Bissspuren eines Tieres feststellen, doch innerhalb des abgeschlossenen Gebäudes, gelang es dem Yard keines zu finden. Noch dazu trugen sein Kutscher, sowie sein Diener ebenfalls besagte Wunden an ihrem Körper. Und als ob das noch nicht reicht, verschwand auch seine Frau spurlos. Was meinen Sie? Würde dieser unaufgeklärte Fall Sie nicht im höchsten Maße inspirieren, mein guter Arthur?“, erzählte Abberline drauflos. Damit hatte er in der Tat das Interesse des Schriftstellers geweckt. „Davon müssen Sie mir das nächste Mal unbedingt mehr erzählen. Doch jetzt habe ich eine Besprechung mit einem jungen Mann.“, deutete er auf Melone, der nun etwas ungeduldig wirkte. Der Inspektor entschuldigte sich und erhob sich von seinem knarrenden Stuhl. Er nickte dem jungen Journalisten zu und empfahl sich dann. Der Schriftsteller nickte Melone zu und bat ihn mit einer Handbewegung sich zu setzen. „Danke, dass Sie Zeit für mich haben.“, sagte Ned sofort. Doyle nickte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Also junger Mann, was haben Sie für mich?“, fragte er interessiert. Ned schluckte und begann dann zu erzählen. „Eine Geschichte, Mister Doyle. Eine Geschichte.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)