Broken Heart von sadAngel666 ================================================================================ Kapitel 12: Why have you brought me here? ----------------------------------------- Lucienne hatte bei Roul auf seinem Anwesen ein Zimmer belegen dürfen, bis ihr Vater sie abholen würde. Wenn überhaupt, dachte sich die Kleine. Christine war bei dem kleinen Kind geblieben währenddessen Raoul wieder zur Oper aufbrach und nach Anette suchte. Eriks Augen glühten noch immer gefährlich. "Zum letzten Mal, Mädchen, nenne mir nur einen Grund dich heute Nacht noch zu verschonen! Du musst wissen, dass Geduld bei Meinerwenigkeit sehr zu wünschen übrig lässt, also sprich!!!" Der aggressive Klang seiner Stimme hallte noch immer durch den ganzen Unterbau. Gereizt war er ohnehin schon. Anette versuchte ihre momentane Furcht nicht anmerken zu lassen: "Monsieur, ich verstehe Euch ja... Ich lege mein Leben in Eure Hände, wenn Ihr mir nicht glauben wollt. Aber ich versichere Euch, dass das, was ich vernommen alles andere als die Unwahrheit gewesen ist!" "Dann erkläre mir erst die Definition von Wahrheit, Kind! Glaubst du etwa mich in einem Wortspiel schlagen zu können? Achtung, du bewegst dich gerade auf sehr dünnem Eis, meine Liebe." Obwohl Anette von seinem Griff befreit worden ist spürt sie noch deutlich seinen groben Würgegriff. Das Ballettmädchen erhob sich und blickte entschlossen in seine Augen, die sie noch immer bedrohlich fixierten. "Monsieur, wie soll ich es Ihnen beweisen, dass ich die Wahrheit spreche?" Wie ein Raubtier umkreiste er sie ohne sie aus seinen Augen zu lassen. Die Kreise werden langsam immer kleiner. "Monsieur?... Kennt Ihr zufällig einen Gang unter dem linken Bühnenflügel?" Seine Augen verengten sich: "Wovon sprichst du? Weh dir, wenn du mich belügen solltest. Menschen, die gerne von der Wahrheit abweichen, kann ich ebenos nicht sonderlich ausstehen." Anette ließ sich noch immer nicht von ihm beirren und festigte ihre Stimme. Sie war ihm ohnehin hilflos ausgeliefert. "Ich kann das bezeugen, Monsieur. Ein kleines Mädchen hielt sich dort versteckt, wartend auf ihren Vater. Wenn Sie an mir zweifeln, dann fragen Sie doch den Vicomte. Er ist mein Zeuge!" Erik blieb stehen. "Ach ja? Soll ich mich überzeugen lassen? Dann komm und führ mich zu dem Ort. Wage es nicht mich in die Irre zu führen. Glaub mir, dann sieht es sehr schlecht für dich aus, Mädchen!!!" Nocheinmal war Erik ihr gefährlich nahe gekommen. Erik hatte die Mühe sich zu beruhigen. Warum sollte ein Mädchen wie sie seine Katze vergiften wollen? Aber sie arbeitete doch für IHN, oder? Das allein war ein Grund sie nicht mehr gehen zu lassen. Doch bei der Aussage Meg sei noch am Leben und dann auch noch, dass sie das Versteck des Betrügers gefunden hatte, konnte er in ihren Augen Angst, aber dennoch die reine Wahrheit erkennen. Nur er zweifelte noch. Wollte es noch nicht wahrhaben was sie sagte. Dazu müsste er sich irgendwie überzeugen lassen müssen. Konnte es wirklich wahr sein und die kleine Meg war noch am Leben? Zwar nicht unbeschadet wie er es ihr angesehen hat, aber immerhin lebte sie noch... Aber wie konnte es dann sein, dass ein einfaches Ballettmädchen durch einen dummen Zufall an sein Versteck kommen konnte? Und was für eine Rolle spielte das kleine Kind, wenn überhaupt? War es wirklich nur zufällig dort oder steckte da mehr dahinter? Dieser Fall warf nur immer neue Fragen auf, als Fragen zu klären. Der Maskierte seufzte sichtlich mir den Nerven am Ende. Das Mädchen rieß sich seiner Launen wegen zusammen und das sah er ihr an. So ein zartes Gemüt wie sie war in diesem Moment wahrscheinlich ziemlich verängstigt. Bei der Behauptung die junge Giry sei noch am Leben war sogar sie so sicher gewesen. Warum sollte sie sich selber und ihn belügen wollen? Immerhin hegte dieses Mädchen Gefühle für den blonden Engel. Nun würde er sich selber ein Bild von der Sache machen müssen. Und damit ließ er sie wieder von sich und folgte ihr im Schatten versteckt. Kaum wieder in der Eingangshalle angekommen entdeckte der Comte sie auch schon: "Mademoiselle? Habt Ihr das gefunden, wonach Ihr gesucht habt?" Der hatte nun wirklich noch gefehlt. Sie musste unbedingt wieder in den großen Saal. "Monsieur, leider nicht. Aber ich muss noch einmal in den großen Saal rein um sicherzugehen, dass ich es dort nicht verloren habe, wie ich es vermute. Danach verschwinde ich auch wieder, keine Sorge!" Ihr Gegenüber zog nur zweifelnd eine Augenbraue nach oben: "Ach ja? Was genau habt Ihr verloren? Vielleicht kann ich Ihnen helfen.", bot er ihr seine Hilfe an. Was nun? "Nur ein Kleinod. Wenn ich es dort nicht finde gebe ich die Suche auf, geht das in Ordnung Monsieur?" Ein aufgesetzter Hundblick hat ihr oft schon sehr geholfen. Und so schaute sie in eben diesen Moment an. Ihr Gegenüber seufzte. "Nun gut, Mademoiselle... ich erwarte Sie aber wieder hier, verstanden?" Sie nickte: "Merci, Monsieur le Comte!" Mit diesen Worten eilte sie schon in den großen Saal. Sie rannte an den Sitzplätzen vorbei bis zum Graben vor der Bühne. Nachdem Raoul vorerst abgeschüttelt wurde erschien auch schon Erik neben ihr aus den Schatten. "Du weißt dir gut zu helfen, meine Liebe... In der Tat liebst du sie sehr..." Die Ballettratte schaute ihn überrascht an und wurde dabei rot im Gesicht wie eine Tomate. Wusste er etwa...? Seine Stimme hatte einen ruhigeren Ton angenommen, der schon beinahe melancholisch klang. War er ihr noch böse oder zornig? Nur kurz blickte er ihr in die Augen und dann wandte er den Blick dem Boden zu: "Das habe ich vorhin schon an deiner Art gemerkt... Ja. Meg hat sich mir anvertraut. Keine Sorge, ich erzähle es keinem weiter, Mademoiselle... das habe ich versprochen..." Die letzten Worte brachte er nur sehr leise, kaum mehr hörbar über die Lippen. Anette schien ziemlich überrascht und sehr verwundert. Eben noch war er kurz davor seine Kontrolle zu verlieren und nun schien er es zu... bereuen? "Monsieur?" Nur zögerlich erhob Erik wieder den Blick. Leichte Röte zierte seine freie Wange. "Das ist der Eingang?" Er deutete auf den schmalen Gang, der im dunklen verborgen lag. Anette nickte und fügte hinzu: "Oui, Monsieur. Allerdings befindet sich am Ende des Ganges etwas türartiges. Ich meine sie war noch verschlossen..." Der Operngeist nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte. "Mademoiselle Anette? Das war dein Name, oder irre ich mich? Gut. Du wartest bitte hier auf mich." Das dunkelblonde Mädchen gab ihm ihr Einverständnis. Sie hatte keine Wahl. Und kurz darauf entschwand ihr dunkler Begleiter im finstergelegenen Gang. Christine nahm sich der kleinen Lucienne an, zumindest solange bis ihr Vater sie abholen kommt und solange Raoul außer Haus war. Und damit befand sie sich wieder in seinem Anwesen. Naja, hier konnte ihr nichts geschehen, oder? Immerhin wäre sie dann auch niemanden im Weg, es herrscht vorübergehend sowieso Eintrittverbot bis der Schaden wieder hergerichtet worden ist. Christine seufzte. Unweigerlich dachte sie an Meg, wie sie unter dem schwergewichtigen Lüster begraben wurde. Ihre beste Freundin hat sie verloren... Nicht einmal richtig geredet haben sie miteinander seit diesem Probelm, dabei war Meg ihr immer wie eine Schwester gewesen... Tränen stiegen wieder in ihr auf. Megs Mutter war auch mehr als nur schockiert über den Verlust ihres einzigen Kindes, so verstört hatte Christine sie noch nie erlebt. So streng und gehalten wie sie immer tat, umso verzweifelter und gebrochener erschien sie ihr, als sie erfahren musste, dass ihr Kind noch vor dem Elternteil die Welt verliess. Die arme Frau, sie war immerhin auch ihr wie eine Mutter gewesen, die sie selber nie hatte... "Warum weinst du, Madame?" Lucienne stand am Türrahmen gelehnt. Christine hatte sich erschrocken. "Bitte, Liebes, schleiche dich nie so an. Es reicht schon zu genüge, wenn mein Mann das tut." Die Kleine grinste nur frech. Langsam trat aber auch sie in den Raum. Sie zeigte Christine voller Stolz ihre gemalten Bilder. "Guck mal! Das bist du und Onkel." Die junge Frau kicherte. Onkel,... natürlich. Raoul war hiermit gemeint. Freundlich nahm sie das Kinderbild in die Hand und betrachtete es begeistert. In der Tat gab es da Ähnlichkeiten zwischen realer Person und gezeichneter Form. "Du hast ja Talent, Kleines! Sehr schön hast du das gemalt." "Meinst du? Papa sagt, ich habe das Talent von ihm geerbt." Christine lächelte Lucienne zu: "Sag, Liebes wie lange hast du deinen Papa nicht gesehen?" Das Kind benutzte die Finger und rechnete. Bekommt die Kleine etwa Unterricht? Das verwundert die junge Frau ein wenig. "Mehr als ein halbes Jahr wird es glaube ich schon sein..." "Echt?" War das nicht der Zeitraum, wo jene Geschehnisse sich in der Oper ereignet haben? Vielleicht nur Zufall... oder? Den Gedanken schüttelte sie sich aus den Kopf. Die Kleine konnte es doch wohl kaum wissen. "Sag, Madame... Glaubst du an Geister?" Etwas verblüfft über den Themenwechsel starrte Chrsitine auf Lucienne herab. "Warum fragst du, Liebes?" "Papa behauptete immer, dass es an seinem Arbeitsplatz spuke... andere Mitarbeiter und Kollegen schienen derselben Meinung." Die Farbe aus Christines Gesicht erbleichte. "Ähm... vielleicht wollte dein Papa dir nur eine Gruselgeschichte erzählen..." Das Mädchen verschrenkte ihre Arme und schaute beleidigt ihrem Gegenüber ins Gesicht: "Papa muss es wissen. Er glaubte, das Phantom der Oper gesehen zu haben!" Ein Glück, dass er sich perfekt im dunklen zurechtfinden konnte. Einer der wenigen Vorteile als Kind der Nacht. Der Gang schien kein Ende zu nehmen, aber er schien keine Verästelungen zu haben. Wie närrisch, dachte sich das Phantom. Ganz ihn kopieren konnte der Betrüger nicht. Wie einfach und ohne Fallen konnte man ihn finden. Auf so einem einfachen Niveau würde sich Erik nie wagen herabzulassen. Eine ganze Weile verging. Der Gang schien außerhalb der Oper zu führen. Langsam aber sicher kroch er vorwärts. Ein Glück, dass er dünn gebaut war und eher schmächtiger Natur war. Sein Gegner schien auch noch so schlank zu sein um hier durchzupassen. Glücklicherweise endete der Gang bald und er traf tatsächlich auf einen verschlossenen Eingang, der zu einem Raum führte. Erik horschte ob sich jemand überhaupt in dem Raum aufhielt zu dem Zeitpunkt. Es schien Still. Nachdem er sicher war, dass der Betrüger anscheinend "außer Haus" war öffnete er gewaltsam die Tür und stieg hinein. Ein enger Raum hieß ihn herzlich willkommen. Kein Kerzenlicht brannte, aber auch so konnte er sehen wie beengend der Raum war. Chaos herrschte auf dem Boden. War er ein Chaot? Oder hatte hier ein Kampf stattgefunden? Der Tisch war umgestossen worden und die Schreibuntensilien waren überall auf dem Boden verteilt. Keine Fenster. Kaltes Gemäuer und stickige Luft. Eriks Augen wanderten durch den ganzen Raum. Das hier war also das Versteck der elenden Laus. Leider schien der Raum verlassen. Nocheinmal hörte er genau hin und hoffte, dass auf sein Gehörsinn noch Verlass war. "Hmm...MHH...!!!" Ein leises geknebeltes Wehren vernahmen seine Ohren. Meg! War hier doch noch jemand im Raum? Die Stimme allerdings kam aus der Richtung unter ihm. Dem Zimmer traute man vielleicht nicht vieles zu, doch Erik wusste, dass besonders kleine Räume etwas an sich hatten, die es besonders machten. Geheimtüren zum Beispiel. Und das flehende Mädchen schien unweigerlich in einer reingeraten zu sein, wenn nicht sogar dazu gezwungen. "Hmm...!" Er konnte Angst heraushören was er ihr nicht Übel nehmen konnte. Es war nicht unwahrscheinlich, dass sie denken muss, dass ER wiedergekommen war, vorrausgesetzt er war nicht bereits hier und hielt sich versteckt. Das Schlimmste wäre, wenn er in dem Moment bei ihr lag. Denn ihre Stimme klang so, als würde sie in dem Moment gepeinigt werden. Mit welchen Mitteln vermochte sich der Operngeist nicht auszumalen. Auf dem Boden des engen Raumes konnte er sogar Tropfen Blut erkennen. Der Maskierte musste bei den Gedanken mehrfach tief durchatmen. Zu was ER fähig war, war unabstreitbar. Ihm konnte er alles zutrauen. "Meg?", flüsterte er. Die Stimme verstummte. Er durchsuchte den Raum genau und ließ kein Detail aus. Irgendwo musste sich ein Mechanismus befinden, der den Eingang zu einem anderen Raum freilegen musste. Ersteinmal suchte er nach klassischen Eingänge und probierte aus, wenn es nicht funktionierte wie geplant. Doch nichts rührte sich. Die Wände schienen unauffällig und das waren sie nun auch. Der Boden zeigte auch nichts was auf eine Falltür deuten könnte. Aber jemand war hier in seiner Nähe, darin hatte er sich doch nicht getäuscht. Mit verengten Augen lief er weiter durch den Raum in Richtung des umgeschmiessenen Schreibtisches. Der Tisch wurde neben der Holztür geschleudert. Holztür? Also gab es her noch einen anderen Geheimgang? Irgendwie einleuchtend, dass auch sie abgeschlossen war. Zur ersten Tür war Erik auch nicht gerade zimperlich rangegangen, also warum sollte diese Tür eine Ausnahme werden? Schliesslich war hier ein Mensch gefangen... Normalerweise kümmerte er sich nicht um Andere. Aber zu ausgelesenen Menschen hatte er bereits so etwas wie eine besondere Bindung, hier in dem Fall die Girys und Nadir, der nach Frankreich zugezogen war. In diesem Haus waren sie seine einzigen Vertrauten. Nicht lange und auch diese Tür gab ihm nach und öffnete sich unter deutlicher Gewalteinwirkung aufgrund mangelnder Geduld und Zeit. Vorsichtig betrat Erik den dunklen Gang. Im Gegensatz zum ersten Gang schien dieser deutlich gefährlicher. Er musste eventuell mit Fallen rechnen. Also war dieser Narr doch nicht so dumm wie vermutet? Schritt für Schritt schritt er voran. Er lauschte, aber die Stimme war verstummt. "Meg? Antworte, Mädchen...", flüsterte er leise mit seiner melodischen Stimme. Vorsichtig wagte er sich immer weiter vor. War dies ein Teil der Oper? Es kam dem Operngeist nicht bekannt vor. Wo war er denn hier gelandet? Das würde er noch herausfinden. Unverschämt war allerdings der Fakt, dass der falsche Operngeist einen geheimen Gang in seiner geliebten Oper gebuddelt und sich somit dort auch eingenistet hatte. Aber jetzt musste er ersteinmal an die junge Giry denken. Wo wurde sie versteckt gehalten, wenn sie noch leben sollte? *KLACK* Der Boden unter seinen Füßen hatte sich geöffnet. Gerade noch rechtzeitig war er ausgewichen. Also doch, Fallen existierten hier auch! Eines musste er seinem Nachahmer lassen: er ist gut im Bemühen andere Menschen zu kopieren. Auch wenn er noch davon entfernt war es perfekt zu tun. Die hölzerne Brücke führte Erik noch eine Weile lang ohne noch auf weitere Fallen gestoßen zu sein. Wenn er welche vermutete umging er sie. Der Gang schien immer weiter nach unten zu führen? Er seufzte. Manchmal wünschte er sich in dieser Situation, dass sein "Konkurrent" ebenso hier war, damit er dem Spiel endlich ein Ende setzen konnte. Fehlanzeige. Keine Spur von ihm. Möglich, dass er in der Oper herumgeisterte, was Erik nicht sonderlich erfreute. "Erik?" Der Angesprochene erschrak zu seiner eigenen Überraschung: "Nadir? Was machst du denn hier?" Der Perser trat mit einer Lampe näher hervor. Der Operngeist beobachtete seine Schritte genau. Bevor Nadir zum Reden ansetzen konnte warnte ihn Erik mit erhobener Simme vor, zumindest versuchte er es: "Halt! Genau da liegt eine..." Zu spät. "...Falle..." Eriks Vertrauter hatte unweigerlich mit seinem Fuß einen am Boden liegenden Mechanismus ausgelöst. Etwas weiter hinten schien sich etwas an der Decke zu lösen. "Mein lieber Nadir. Ich frage mich wirklich wie du an den weniger auffälligen Fallen vorbeigekommen bist, nur ausgerechnet an der Auffälligsten hängen bleibst... Verrate mir, wie schaffst du das bloß?" Eriks Gesprächspartner schien es selbst unangenehm zu sein. Die Antwort würde jedoch ausfallen, denn etwas Felsenartiges drohte die beiden Herren zu überrollen. "Ich hoffe, mein Lieber, dass du eine gute Ausdauer hast, denn die wirst du nun brauchen müssen...!" Mit diesen Worten eilten die beiden immer weiter nach unten. Erik voran um weitere Fallen zu erkennen. Immer weiter hinab führte dieser Gang. Ohne Abbiegung. "Achtung!" Die nächste Falle wurde übersprungen. In der Hast weitere Fallen zu erkennen, dafür war Erik nicht gerade dankbar. Abändern konnte man dies leider nicht mehr. Das kugelartige Ding verfolgte sie mit erhöhtem Tempo. Wenn sie nicht bald eine Ausweichmöglichkeit fänden, lägen sie schon sehr bald plattgerollt auf dem Untergrund, was nicht unbedingt dazu beitrug, das "Zweit-Phantom-Problem" auf schnellstmöglicher Art zu lösen, wenn überhaupt. Unerwartet erschien ein schmaler Gang vor ihnen, was Erik sichtlich verdächtig vorkam, aber scheinbar die einzige Ausweichmöglichkeit in Sichtweite war. Erik bog ein und zerrte Nadir mit sich. Die Kugel rollte an ihnen vorbei. Das Vibrieren unter ihren Füßen hielt jedoch noch immer an. "Erik?" "Ich weiß. Komm!" Die Wände waren kurz davor die beiden Männer zu erdrücken. Wo waren sie hineingeraten? Das konnte unmöglich das Werk eines einfachen Mannes sein... Der schmale Gang wurde langsam enger. Wie gut, dass Erik so schlank, schon eher ziemlich dünn gewesen war, dass er locker hier durchschlüpfen konnte. "Mein Lieber, ich will dir nicht zu nahe treten... aber kann es sein, dass du in der letzten Zeit gut gegessen hast?" Nadir wusste worauf er hinaus wollte. Natürlich sprach Erik die Wahrheit, auch wenn es diesmal nicht gerade schmeichelhaft war. Er machte sich schlank und folgte seinem Führer. Und glücklicherweise standen beide noch als Ganzes in dem Gang wo sie um ein Haar überollt worden waren. "Nichts anfassen! Aber noch einmal, warum bist du mir gefolgt?" "Das Mädchen am Bühnenflügel hat mir gesagt du seist hier zu finden. Sie hat mir auch die Umstände erklärt. Lass mich dir helfen." "Eine tolle Hilfe bist du mir, mein Lieber." "Erik! Zu zweit finden wir sie schneller, oder?" Daraufhin erwiderte das ehemalige Phantom nichts weiter. Er nickte nur. So schnell wurde er seinen aufdringlichen Vertrauten nicht los. Eine Eigenschaft von ihm, die er schätzte und zugleich verabscheute. Vorischtiger machten sich die beiden Herren wieder auf den Weg. "Hmmm...MHH...!!!" Meg! Immer tiefer stiegen sie hinab. Wie tief konnte dieser Weg gehen? Wie weit unter der Erde waren sie bereits? Laut Megs Hilfeschrei vermutete Erik den richtigen Weg. Bald bogen sie in eine weitere Ecke ein und folgten stillschweigend den weiteren Weg. Zum Bedeauern landeten sie in eine Sackgasse- wegen der Kugel. Sie blieb stecken. Na toll, dachte Erik sich. Gab es hier vielleicht noch andere Wege, die zum gewünschten Ziel führten? Er betrachtete die Wand zu seiner Rechten genau. Nichts verdächtiges. Selbst der Boden schien bis auf die eine oder andere Falle harmlos. "Komm. Wir müssen einen anderen Weg finden..." Vorsichtig und höchstaufmerksam waren sie gezwungen den Rückweg anzutreten. Es musste doch einen Weg geben! "Meine Liebe... ich schlage ein einmaliges Angebot vor, also überlege es dir gut..." Er erntete einen finsteren Blick, doch sie sagte nichts. Kein Angebot der Welt würde sie annehmen, um ihre geliebten Menschen an einen kranken Perversen auszuliefern. Was in der Welt würde so verlockend klingen, sie von ihrer Meinung abzubringen? Na da war sie gespannt. "Meine liebe Meg. Ich schenke dir die Freiheit, allerdings musst du noch etwas herhalten und ein Spiel mit mir spielen. Nun, um genau zu sein geht es in diesem Spiel um du weißt schon wen." "Warum zum Teufel, machen sie das alles, Sie Mistkerl?" Er ging nicht auf diese Provokation ein. Mit gemäßigter Stimme fuhr er fort: "Rache ist süß, meinst du nicht auch? In diesem Fall eher bitter. Aber was bringt es dir, die Wahrheit zu wissen? Ich verrate es dir gerne, im Austausch für dein Leben... aber darauf kommt es hier nicht an meine Liebe. Ich versichere dir, ER wird noch am selbigen Tag kommen um dich zu befreien. Sei unbesorgt. Zur selben Zeit wird er von einer gewissen Person ... unterrichtet. Ob er es glaubt und dich dann rettet, oder nicht und meinen Handlanger umbringt, ist ganz offen. Es liegt in seiner Hand. Sein und vor allem DEIN Schicksal liegt nun in seiner Hand. Spannend nicht wahr? Nur ein falscher Schritt von ihm und aus ist es mit dir, meine Liebe. Dafür sorge ich. Du musst zugeben, dass das fair ist. Nun... wir wissen wie leicht ein gewisser Jemand gestrickt ist. Wird seine Vernunft oder seine fehlgeleiteten Emotionen siegen? Aufregend, nicht?" Der Blick der jungen Giry blieb weiterhin düster. Was sollte sie nun machen? Sie musste hier irgendwie entkommen. Sie stieß ihn mit aller Kraft von sich, sodass er gegen den Tisch fiel und ihn umwarf. Die Schreibmaterialien fielen zu Boden. "Du undankbares kleines Biest! Du willst es also auf die harte Tour? Nun gut. Anscheinend liebst du Gewalt!" Das Betrüger-Phantom stand wieder auf beiden Beinen. Erregt näherte er sich ihr mit gehobenen Fäusten. Das junge Mädchen wisch ihm erfolgreich aus. Und das nicht nur einmal. Wunderbar! Ihre Beinarbeit funktionierte diesmal einwandfrei. Trotzdem, bloß nicht unachtsam werden, redete sie sich ein. Sogar Gegenstände blieben nicht unverschont. Alles in greifbarer Nähe diente als Wurfwaffe. Einige davon sogar gefährlich. Notenpapier wurde beim Gehen einfach mitgeschliffen, sodass sie sich im ganzen Raum verteilten. Sie musste sich einen Weg verschaffen zu fliehen. Leider stand er vor dem kleinen Eingang. Und die Tür hinter ihr war verschlossen. Es würde eine Ewigkeit dauern, die sie allerdings nicht hatte, bis sie die Tür öffnen würde. Kann aber auch gut sein, dass der schmalle Eingang ebenso verschlossen war. Probieren musste sie es. "Nun, meine Liebe?" Er trat langsam näher auf sie zu. Meg wanderte an der Wand entlang. Was tun? Kaum fühlte sich das Möchtegern-Phantom nah genug an seine Beute schmiss er sich schon auf sie. Unglücklicherweise brachte nicht er sie zu Fall, sondern sie rutschte mithilfe des Papiers unter ihren Füßen aus. Sein ganzes Gewicht lag auf sie. Nur langsam und vorsichtig erhob er sich und setzte sich auf ihren schlanken Bauch. Er ballte seine rauen Hände zu Fäusten und prügelte anschließend ohne jede Rücksicht auf sie ein. Immer fester und grober schlug er zu. Vor allem ihr Gesicht sollte drunter leiden. Von ihrerseits kam kein aufschrein, was ihn etwas verblüffte, da er nun mit aller Kraft zuschlug. Die Lippen des blonden Engels platzten auf, ein blaues Auge erhielt sie, ihre Nase wurde gebrochen und blutete und auch sonst trug sie Verletzungen davon. Wenn sie sich versuchte zu wehren packte er sie grob an den Oberarmen. Mehrere blaue Flecke oder schlimmeres würde sie jedenfalls allein hiervon davontragen müssen. Allmählich schwanden ihre Kräfte und es drohte ihr schwarz vor Augen zu werden, sie konnte nicht mehr länger gegen die Ohnmacht ankämpfen. Ihre klare Sicht verschwamm immer mehr, das Bewusstsein drifetete davon und kurz darauf bekam sie nichts mehr mit. Anette wurde selber unruhig. Wie lange brauchte Erik denn bloß? Wahrscheinlich würde der Comte nach dem Ballettmädchen sehen wolllen. Immerhin war genug Zeit verstrichen. Aber Erik hatte ihr befohlen an diesem Ort auf sie zu warten. Also musste sie versuchen, ihm noch die nötige Zeit zu verschaffen. Sie tat so als würde sie nach ihrem "verlorenen Kleinod" suchen, für den Fall der Fälle, dass der Comte plötzlich nach ihr sehen wollte. "Kann ich Ihnen wirklich nicht behilflich sein, Mademoiselle?" Sie erschrak, hatte aber mit dieser Überraschung gerechnet. Dieser Idiot von einem Comte! Sicher, er wollte nur höflich sein und dafür sorgen, dass alle Unbeteiligten Personen außer Haus gebracht werden mussten, wegen den Bauarbeiten. Aber so einfach wollte sich das Mädchen nicht abschütteln lassen. "Aber Monsieur! Das brauchen Sie nun wirklich nicht. Jemand wie Sie hilft einem einfachen Mädchen? Bitte, das brauchen Sie wirklich nicht!" "Aber Ihr seid bereits über einer halben Stunde am Suchen. Und es kommt nun wirklich nicht auf meinen Rang an. Ich möchte nur eine Hilfe sein, ich meine es ja nur gut. Alleine zu suchen dauert bestimmt unnötig lange. Und ich nehme an, dass Mademoiselle besseres zu tun hat, als den ganzen lieben langen Tag nach etwas kleinlichem zu suchen... verzeiht. Ich meinte etwas kleinem und unscheinbarem. Also wonach sucht ihr?" Verdammt, war der hartnäckig! Wie sollte sie ihm nun antworten? "Es ist eine kleine Brosche, die einst meinem Vater gehörte. Leider habe ich diese in der Eile verloren, Monsieur." "Wie sieht sie aus? Da es dir scheinbar von großem Wert ist, kann man diese wohl nicht erstetzen, nicht wahr? Komm ich helfe dir." Ganz gelogen war dies nun auch nicht. Was für ein großer Zufall, dass das mit ihrer Notlüge übereinstimmen konnte. Sie beschrieb ihm das Teil. Es hatte die Form eines kleine Soldaten, was ihr Vater immer mit Kämpfernatur verband und somit eine Verbindung zu seinem einzigen Kind herstellte. In der Tat hatte er es ihr geschenkt. Seit dem Abend an dem Meg von der Bühne verschwand und Erik erstmals Jagd auf das zweite Phantom machte, hatte sie ihre wertvolle Brosche verloren. "Vielleicht liegt es noch in dem Zimmer der Mädchen!" "Ich weiß nicht, ob ich einfach in das Zimmer eindringen kann. Auch wenn es momentan leer steht. Es gehört sich einfach nicht." Und da sprach wieder sichtlich der Graf. Anette konnte stöhnen und am liebsten ihre Augen verdrehen. Zu was war der Typ den überhaupt zu gebrauchen? "Monsieur, Ihr handelt auf meinem Wunsch hin. Also dürfte es kein Problem sein. Ihr wolltet mir doch helfen, oder sehe ich das falsch?" Ihr Gesprächspartner seufzte: "Wie Mademoiselle es wünschen..." Und damit verschwand er wieder aus ihrer Sichtweite. "Dein Vater hat ein Phantom gesehen?" "Nicht irgendeine Madame! Das Phantom der Oper!", versicherte Lucienne zum wiederholten Male Christine. Wenn die Kleine so sehr darauf beharrte musste etwas dran sein. Hatte ihr Vater etwas mit alledem zu tun? "Sag, Liebes. Wie heißt du? Ich meine mit Nachnamen natürlich." Inzwischen saß das schwarzhaarige Mädchen auf Christines Schoß. Die Farbe war noch immer aus dem Gesicht der jungen Frau gewichen und so leicht kam sie nicht wieder, denn das was sie zu hören bekam versetzte sie in purem Erstaunen und Entsetzen: "Mein Name? Hmmm... Ich glaube Bouquet. Zumindest wurde mein Papa immer so angesprochen. An unserer Hausstür stand auch der Name. Ja, das muss er sein..." Die Kinnlade stand der Fragenden noch immer weit offen. Bouquet? In der Oper gab es einen, der so hieß. Er war für die Bühnenbilder zuständig und deren Austausch auf der Bühne! Ob er Verwandte hatte wusste Christine nicht. Konnte es sein...? Dieses Mädchen war...? "Der Name deines Vaters? Hieß er mit Vornamen vielleicht Joseph?" Das Mädchen grübelte angestrengt nach... Es konnte doch kein Zufall mehr sein, dass sie denselben Nachnamen trug wie Joseph Bouquet? Es würde zumindest mit all ihren Aussagen übereinstimmen. Und das war gar nicht gut. Aber vielleicht erfuhr sie so etwas über diesen seltsamen Fall. Große Güte! Wenn Raoul oder Erik etwas davon erfuhren! "Nein, ich glaube nicht... aber wenn ich mich nicht irre, ist das der Name seines Bruders. Oh...! Verzeiht! Ich glaube Papa wird böse auf mich sein, wenn er erfährt, dass zu viel verraten habe!" Also doch! Da gab es eine Verbindung! Panisch wollte das Mädchen aufstehen und wegrennen, doch Christine kam ihr noch zuvor: "Lucienne, Liebes. Beruhige dich. Dein Vater muss es ja nicht erfahren was du mir erzählt hast. Ich schweige, verspochen." Misstrauisch blickte sie sie an: "Wirklich? Warum bist du so blass, Madame?" "Nichts. Mir geht es gut, keine Sorge..." "Stimmt nicht!" Christine lächelte sanft: "Na komm, ich bring dich zu Bett. Möchtest du eine Geschichte hören?" Ganz aufgeregt rief das Mädchen begeistert: "Oh, ja! Liest du mir was vor? Oder erzählst du mir eine? Kannst du auch singen?" Mit diesen Worten führte die junge Frau das Mädchen zu Bett. 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