K -illing Project von Xalis ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 4 -------------------- Fushimis POV Verschlafen öffnete ich die Augen. Das Zimmer war gespickt von dünnen Fäden morgendlichen Lichts, das durch die Vorhänge fiel. Schlaftrunken drehte ich mich herum und sah ein leeres Bett vor mir. Ich erlaubte mir ein leises, erleichtertes Aufatmen, rollte mich auf den Rücken und atmete entspannt durch. Diese Nacht war überstanden. Ohne große Eile setzte ich mich auf und stieg aus dem Bett. Ich fragte mich ob es noch irgendetwas gab, wofür ich diesen zweiten Moment, in dem ich dieses Zimmer für mich allein hatte, nutzen sollte. Nach kurzer Überlegung verwarf ich den Gedanken, grinste in mich hinein und dachte mir im Stillen, dass ich wohl noch öfter diese Gelegenheiten bekommen würde. Alles lief zu perfekt, als dass ich jede freie Minute nutzen musste. Und deshalb verließ ich auch das Schlafzimmer und suchte die Tür, die auf den Gang hinausführte, um zurück in mein eigenes Zimmer zu gelangen. Auf dem Gang kam mir zum Glück niemand entgegen. Entweder ich hatte verschlafen und alle waren schon vollauf beschäftigt – was ich mir nicht vorstellen konnte, da mich mein Chef sicher geweckt hätte, schließlich hatte ich in seinem Bett geschlafen- oder ich war früher wach, als all die anderen und sie waren noch irgendwo in ihren Traumwelten, was um einiges wahrscheinlicher war. Ich erreichte mein Zimmer recht schnell, zog mich aus und warf mein Zeug auf das Bett, ehe ich ins Bad ging und die Dusche aufdrehte. Ich wollte seinen Geruch aus meinen Poren waschen. Am liebsten seine ganze Existenz. Mit diesem unmöglichen Ziel vor Augen stellte ich mich unter den prasselnden Strahl und ließ mir die Sorgen aus dem Kopf spülen. Das warme Wasser beruhigte mich ungemein. Vermutlich war es erholsamer als so manche Nacht der letzten Tage es gewesen waren. Zumindest klärte sich mein Verstand und ich konnte nachdenken, ohne, dass Mordgelüste und Luftschlösser mein Denken beanspruchten. Ich konnte spüren, wie ich mich entspannte und ich kam mir ausgeruhter vor. Und das obwohl ich heute Nacht zweimal geweckt worden war. Wahrscheinlich hatte ich einfach nur länger geschlafen als sonst, denn ich konnte mir kaum vorstellen, dass es sonderlich erholsam war, neben meinem König zu schlafen. Erst recht nicht, wenn man bedachte, wie ich aktuell zu ihm stand. Aber ich musste zugeben, dass ich mit meiner Aufregung ziemlich übertrieben hatte. Klar, er war mir etwas zu nah gekommen, aber war ich es nicht gewesen, der sich in sein Bett gelegt hatte. Hatte ich nicht irgendwo damit gerechnet? Ich war schließlich wirklich nicht davon ausgegangen, dass er wegen mir auf dem Sofa schlafen würde oder so etwas. Und dafür, dass er mich umarmt hatte, konnte ich ihm auch schlecht die Schuld geben, schließlich hatte er zu dem Zeitpunkt geschlafen. Und wenn man es mal ganz nüchtern betrachtete, ohne zu berücksichtigen wer er und ich waren, war es doch eigentlich mal ganz schön gewesen, nicht allein zu sein. Ich lachte kurz über meine eigenen Gedanken. Gott, wie armselig war ich? Es wurde Zeit, dass ich meinen Plan umsetzte. Derjenige, der mir nachts Gesellschaft leisten sollte, war mit Sicherheit nicht Munakata, sondern Misaki. Selbst das warme Wasser konnte den kalten Schauder nicht unterdrücken, der mich überlief, als mir klar wurde, wie selbstverständlich und gewissenlos ich bereits über diese Dinge nachdachte. Ich hatte nie große Probleme gehabt, meine Fehltritte mit meinem Gewissen zu vereinbaren, egal, worum es ging, aber dass es mir bei Mord so leicht fallen würde, war doch in gewisser Hinsicht erschreckend. Ich drehte das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Der entspannende Effekt war sowieso zu Nichte. In ein blaues, von Scepter 4 gestelltes Handtuch gewickelt verließ ich das Bad und suchte mir frische Sachen zusammen, die ich dann zusammen mit mir selbst auf das Bett warf. Es scherte mich nicht, ob mein Bett nass wurde. Bis ich wiederkam würde es getrocknet sein, wenn das Wasser Schäden hinterlassen sollte, würde ich ein neues bekommen. Das war der Luxus der Wohnungen in Scepter 4. Und da ich schon vor einigen Wochen die doch recht gut versteckten Überwachungskameras ausgeschaltet hatte, brauchte ich mir auch keine Gedanken über mögliche Voyeure zu machen. Eigentlich nur über einen möglichen Voyeur. Ich hatte aufgehört mich zu fragen, warum der Captain uns auf diese Art überwachte. Die Gründe waren entweder zu unsinnig oder unangenehm, aber ich musste mir darum ja keine Gedanken mehr machen. Ich schloss einen Moment entspannt die Augen und bereitete mich mental auf einen weiteren eintönigen Arbeitstag vor. Nach ein paar Minuten warf ich einen Blick auf den Wecker auf meinem Nachttisch. Bald würde meine Schicht beginnen. Ich richtete mich auf und ging zum Schrank, um mich anzuziehen. Meine Haare waren noch nass und das tropfende Wasser hinterließ einen unangenehm an mir klebenden, halb durchsichtigen Fleck im Kragen meines Hemds. Auch egal. Das würde noch trocknen. Ich betrachtete mich in dem in den Schrank eingelassenen Spiegel. Wie lange war ich jetzt schon so blau? Zu lange. Viel zu lange. Ich entdeckte ein irres Glitzern in den Augen meiner Reflektion und grinste sie an. Sie grinste zurück. Gedankenverloren zog ich mein Hemd etwas zur Seite und betrachtete die unter Narben verstecken Überreste des HOMRA-Zeichens. Der rote Clan hatte seine Spuren auf mir hinterlassen. Ironischer Weise würde der blaue das nicht. Weder in meinem Blut, noch in meinen Knochen, wenn sich Scepter 4 wie Asche im Wind zerstreuen würde, nachdem ihr König gefallen war. Ich befühlte den weichen Stoff der Uniform und betrachtete mich im Spiegel. Der junge Mann mit dem Scepter 4 –Mantel und dem zerkratzen HOMRA-Tattoo wirkte fehl am Platz. Zu nichts von beidem schien er wirklich zu gehören. Es wirkte wie eine Verkleidung. Ein schlechter Scherz. Und viel mehr war es nicht. Eine Schnapsidee und ein verzweifelter Versuch, etwas zu erreichen. Es war mir nie ernst mit den Clans gewesen. Für mich kamen und gingen sie wie Modetrends. Würde mir der goldene, silberne, farblose oder grüne Clan mehr neue Möglichkeiten und interessante Nebeneffekte Misaki betreffend bieten, würde ich ohne mit der Wimper zu zucken erneut wechseln. Ein Verrat unter vielen. Wobei der Schlimmste noch bevorstand. Ich riss meinen Blick von meinem immer noch grinsenden Spiegelbild los und sah auf die Uhr. Es war spät genug, als das ich mich bereits auf den Weg zur Arbeit machen konnte, ohne noch stundenlang auf die anderen warten zu müssen. Langsam ohne jegliche Hektik begab ich mich ins Büro. Trotz allem war ich der erste. Das war wirklich ungewohnt. Normalerweise saßen fast alle bereits an ihren Tischen, wenn ich ankam. Awashima begrüßte mich meistens mit einem ungeduldigen Blick, als wäre ich mehrere Stunden zu spät, und einem Stapel Blätter, hinter dem man ein kleines Kind verstecken konnte. Jetzt war das Büro dunkel und leer. Lediglich die Lämpchen an dem ein oder anderen Bildschirm glommen wie kleine Augen in der Dunkelheit, die mich verblüfft anstarrten und sich fragten, was ich schon hier machte. Ohne mir die Mühe des Lichteinschaltens zu machen, ließ ich mich an meinen Platz fallen und fuhr meinen Computer hoch. Ich hatte nicht vor schon zu arbeiten. Aber irgendetwas musste ich ja machen, bis der Rest kommen würde. Dank der neumodischen Technik, die wir hier in Scepter 4 zur Verfügung hatten, musste ich keine 5 Minuten warten, ehe ich den langweiligen Hintergrund, der unser ebenso langweiliges Logo zeigte, sah. Ich öffnete meine eigenen Dateien und änderte ihn in ein Bild von meinem Misaki, nur, um das morgen zu wiederholen, da sich die persönlichen Einstellungen nach jedem Benutzen zurücksetzten. Wahrscheinlich wäre ich in der Lage, das auszuschalten, wenn ich mich damit auseinander setzen würde, aber jeden Tag ein neues Bild von Misaki als Hintergrund auszuwählen, war zu einer der wenigen Freuden geworden, die mir die Arbeit bereitete. Einen Moment lang betrachtete ich das Foto, das ich heimlich an seinem Geburtstag geschossen hatte, ehe ich mein Lieblingsprogramm öffnete. Mit diesem war es möglich öffentliche Überwachungskameras anzuzapfen und dank einer kleinen Ergänzung meinerseits auch das ein oder andere Smartphone. Ich tippte die lange Zahlenkombination ein, die die Kamera vor der Bar HOMRA beschrieb und beobachtete gespannt, wie sich das Fenster mit der Liveübertragung auf meinem Bildschirm aufbaute. Eine einzelne Zeitung wehte vor der Tür vorbei. Es war die einzige wahrzunehmende Bewegung. Es war einfach noch zu früh. Ich schloss das Fenster und das dazugehörige Programm und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Bald würde ich nicht mehr auf diese Heimlichtuerei angewiesen sein. Ich sah meinen Bildschirmhintergrund an. Bald würde ich bei dir sein, Misaki. Ich schloss die Augen und lächelte. KLACK. Mit einem Schlag wurde es hell im Raum und ich kniff die Augen noch fester zu, als das Licht begann sich durch meine Lider zu brennen. Nach einem Moment begann ich zu blinzeln und sah zur Tür. Die Umrisse, die ich durch meine immer noch etwas schmerzenden Augen sah, formten sich nur langsam zum Bild einer Person, die ich erkannte. Akiyama stand in der Tür, bewaffnet mit einer großen Tasse eines dampfenden Getränks, von dem ich um diese Uhrzeit ausging, dass es Kaffee war. Er starrte mich verblüfft an. „Was machst du denn um diese Uhrzeit schon hier?“ „Sitzen“, antwortete ich knapp. Ich konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen und eine glaubwürdige Lüge fiel mir auf die Schnelle auch nicht ein. Akiyama tat das mit einem resignierten Lächeln ab. „Wie immer nicht interessiert an Smalltalk, was?“ „Gut erkannt.“ In der Stille die daraufhin einkehrte, begab sich auch Akiyama an seinen Schreibtisch und trank von seinem Kaffee. Immer wieder sah er mit diesem verwirrten ‚Was tut er schon hier?‘ Blick zu mir herüber. Es war lustig das zu beobachten. Bald darauf kamen auch schon die nächsten. Viele wirkten verschlafen und die meisten hatten ebenfalls eine Tasse Kaffee dabei. Langsam füllte sich das Büro, als der Lieutenant kam und anfing die riesigen Stapel Arbeit auf den Tischen zu verteilen. Auch sie sah mich irritiert an, sagte allerdings nichts dazu. Mir fiel auf, dass mein Stapel heute kleiner war. Ungläubig starrte ich den kleinen Haufen Papier an. Das konnte nur eines bedeuten. Ich hatte irgendwas Spannenderes zu tun. Irgendwas draußen in der Stadt. Und schon hob sich meine Laune. Vielleicht würde ich Misaki auf dem Weg sehen, oder konnte einen kleinen Abstecher zur Bar machen. Mit dieser Aussicht im Hinterkopf stürzte ich mich auf die Arbeit, wie sonst nie. Pünktlich zur Mittagspause wurde ich fertig. Ich konnte mich nicht erinnern in den letzten Jahren so konzentriert und effektiv gearbeitet zu haben. Mit einem befreiten Gefühl streckte ich mich auf meinem Stuhl und lächelte, bei dem Gedanken endlich mal wieder nach draußen zu kommen. Selbst der dichte Schneefall, den ich durch ein Bürofenster beobachten konnte und die unangenehmen Temperaturen konnten mir die Laune nicht verderben. Ich fragte mich, ob es an der Vorstellung, Misaki wiederzusehen, lag. Es war schon immer ein Ansporn für meine Außeneinsätze gewesen, aber heute, war die Vorfreude noch größer als sonst. Wahrscheinlich, weil ich wusste, dass ich ihn vermutlich allein antreffen würde. Außerdem war es gut möglich, dass es nicht zum Kampf kommen würde. Der Kleine war noch zu verletzt, von einer Schlacht, die er nicht selbst geschlagen hatte. Mikotos Tod hatte ihn schwach gemacht. Vielleicht schwach und einsam genug, als das er mich vermisste. So, dass er mich jetzt sah und ihm schmerzlich bewusst wurde, was er verloren hatte. Ein Schmerz, den ich ihm -bei aller Liebe- von Herzen gönnte. Aber egal. Ich brauchte keinen Grund dazu. Ich wollte ihn einfach sehen. Ich stand auf, um mir ein Mittagessen zu besorgen, als ich von Awashima aufgehalten wurde. „Es wäre gut, wenn du sofort damit anfangen könntest. Der Captain, will den dazugehörigen, detaillierten Bericht bereits heute Abend auf seinem Schreibtisch sehen.“ Mit diesen Worten drückte sie mir eine recht dünne Akte in die Hand, ehe sie selbst durch die Tür verschwand, um ihre Mittagspause zu beginnen. Und ich sollte direkt mit der Arbeit beginnen? „Und was ist mit Essen?“, rief ich ihr genervt nach. „Du wirst bestimmt einen Imbiss oder ein Restaurant auf dem Weg sehen.“ Sie drehte sich nicht einmal um. Wie mich alle hier immer aufregten. Jetzt würde ich meine Mittagspause mit Arbeit verbringen. Und abends musste ich schon wieder zu Munakata. Das dämpfte meine Laune nun doch etwas. Ich setzte mich auf den nächstbesten Tisch während ich die Akte aufschlug und nachsah, um wen oder was es sich handelte. Es handelte sich um die Fall-Akte eines Akiharu Kuroda, unseres Mr. Hyde. Das war auch der Grund weswegen sie noch so dünn war. Auf dem obersten Blatt klebte eine kleine Notiz. Darauf stand ein Name und eine Adresse. Darunter die Anmerkung „Befragen. siehe Seite 4“. Jippie. Wie ich es liebte mit wildfremden Menschen zu interagieren. Befragungen waren nicht wirklich mein Lieblingsjob, und manchmal bevorzugte ich da schon fast die Papierarbeit. Allerdings hatte es ein Gutes. Die besagte Adresse befand sich tatsächlich ziemlich in der Nähe der Bar. Während meine Füße sich bereits auf den Weg aus dem Gebäude machten, blätterte ich zu Seite 4. Die Person, die ich befragen musste hieß Taishi Sendo, war ein Jahr jünger als ich und scheinbar ein guter Freund von Kuroda. Das und die Adresse war auch schon so ziemlich alles, was wir über den Jungen wussten. Für Akiharu galt ähnliches. Wir hatten kaum eine Ahnung von diesen Menschen und ihrem sozialen Umfeld und das musste sich natürlich ändern. Ich erreichte die Tür und trat ins Freie. Schon nach den ersten Sekunden hatte ich die ersten Schneeflocken auf der Brille. Die Luft war kalt und mein Atem formte Wolken in die Luft. Trotzdem empfand ich die Temperatur auf seltsame Weise angenehm. Wie gestern Morgen, als die kalte Nachtluft die schlechten Gedanken aus meinen Gedanken vertrieben hatte, fühlte ich mir freier. Unbelastet von Schmerz und Sünde, und realer, als eben noch im Hauptquartier von Scepter 4. Ich sah das als Zeichen, dass ich dort nicht hingehörte und freute mich schon auf meinen baldigen „Austritt“. Die Straßen waren gut gefüllt, trotz Uhrzeit und Wetterlage. Ich duckte mich hinter eine Reihe parkender Autos, um einem Schneeball zu entgehen, als ich in eine Straße voller Kinder einbog, die sich eine erbitterte Schlacht lieferten. Ihr helles Lachen und die Schreie hallten von den engstehenden Häusern wieder und zusammen mit der grellen Reflektion der Sonnenstrahlen auf dem glänzendweißen Schnee war es eine kopfschmerzerzeugende Kombination. Ich war froh als ich die Straße mit den spielenden Bälgern verließ und der Schnee von fahrenden Autos bereits grau und nicht mehr reflektierend war. Ich kam der Gegend immer näher. An einer Kreuzung entschied ich letztlich, die Bar erst nach der Arbeit aufzusuchen. Allerdings machte ich einen kleinen Umweg um mir wenigstens eine Kleinigkeit zu essen zu holen. Ich schluckte gerade den letzten Bissen herunter als das Haus in Sicht kam, in dem Taishi Sendo laut meinen Informationen wohnen musste. Es war ein Mehrfamilienhaus, doch die Wohnung herauszufinden schien nicht von Nöten zu sein. „Bist du der Typ, der mich befragen soll?“ Ich drehte mich um. In einer kleinen Seitengasse stand Sendo und beobachtete mich argwöhnisch. „Bist du Taishi Sendo?“, stellte ich eine Gegenfrage. Er sah mich an, antwortete aber in keinster Weise. „Dann bin ich hier, um dich zu befragen. Sollen wir rein gehen?“, versuchte ich die Sache etwas zu beschleunigen. Mein Gegenüber gab einen genervten Laut von sich und griff in die Jackentasche, aus der er eine Packung Zigaretten holte. Das hieß wohl „Nein“. Ich zuckte mit den Schultern. „Dann erzähl doch mal über deinen Freund Akiharu.“ Eine Stille trat ein, in der ich den Jungen ungeduldig ansah. Er schien das zu merken. „Falls du es noch nicht begriffen haben solltest, ich will nicht über ihn reden, okay?“, kam es von ihm, während er einen kräftigen Zug von seiner Zigarette nahm und hustete. „Noch nicht so lange Raucher, was?“, fragte ich. Er warf mir einen ziemlich unfreundlichen Blick zu, ehe er zur Seite sah. „Irgendwie muss man ja seine Nerven beruhigen.“ So schnell wurde ein pöbelnder Jugendlicher kleinlaut. Ich gab ein zustimmendes Murmeln von mir und war überrascht, als Sendo weiterredete. „Es ist alles so verdammt schräg. Ich meine, ich kenne – kannte- ihn jetzt seit, was weiß ich wie lange. Sieben Jahre? Ich dachte er wäre mein bester Freund. Er war es. Und jetzt finde ich heraus, dass er ein verfickter Mörder ist. Ich habe ihn verloren und ich weiß nicht mal wieso oder wie lange schon. Ich dachte ich kannte ihn.“ Er zog ein weiteres Mal an seiner Zigarette. „War denn nie etwas seltsam an ihm?“, hakte ich nach. „Was ist denn seltsam?“, bluffte Taishi zurück. „Er war ein wenig eigen. War eher unter sich oder mit mir unterwegs, hatte es nicht so mit Leuten, hin und wieder führte er mal Selbstgespräche oder philosophierte über seltsame Themen, aber wenn es Ärger gab konnte ich mich auf ihn verlassen, egal, was war.“ „Ärger?“ Das war immer ein Stichwort, bei dem es Nachzufragen galt. „Ja, wann immer es Stress gab eben. Mit irgendwelchen Möchtegerngangstern auf der Schule, oder mit echten Banden hier im Viertel. Akiharu hat nie Hemmungen gezeigt sich mit ihnen anzulegen. Sie mussten mich nur blöd angucken und er würde sagen ‚Geh weiter, ich regel das‘, selbst wenn er unbewaffnet in eine Messerstecherei von Typen, die 2 Köpfe größer als er waren, rennen würde.“ Ich wurde hellhörig. „Und was ist dann passiert?“ „Keine Ahnung. Als Freunde hört man ja auf einander oder? Er kam jedenfalls meistens nach einer knappen Viertelstunde zurück. Eigentlich immer ohne irgendwelche Verletzungen.“ „Das ist aber schon ein wenig seltsam oder?“ „Als ob ich in dem Moment darüber nachgedacht hätte. Es war verdammt cool. Er hat mir nie verraten, wie er das macht.“ Stille trat ein. „Er hat dir vieles nicht gesagt oder?“, fragte ich nach. „Eigentlich konnte ich mit ihm über alles reden, dachte ich. Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke hat er eigentlich nur selten von sich geredet oder sich über irgendwas beschwert. Wir haben immer gemacht was mir grade in den Sinn kam. Eigentlich…Ich glaube ich weiß fast gar nichts über ihn.“ Na super. Und den sollte ich befragen? Das würden ja tolle Informationen werden. „Und WAS weißt du über ihn?“ Danach bekam ich die langweiligsten Informationen über einen Menschen zu hören, die man jemandem erzählen konnte. Ich notierte mir das meiste, weil es eben nötig war und war froh, als der langweilige Teil des Gesprächs endlich vorbei war. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Mein bester Freund ist ein Mörder. Ich kann doch nicht mit jemandem befreundet sein, der einen Menschen auf dem Gewissen hat.“ Ich hielt mich zurück, um ihn nicht mit dem Gedanken zu verstören, dass es sogar vier waren. Als ich mich schließlich von ihm verabschiedete, hatte sich die Akte kaum um nennenswerte Fakten erweitert. Zumindest nichts, das uns in irgendeiner Form weiterhelfen würde. Wir wussten nicht in welcher Hinsicht seine Fähigkeiten als Strain wirken könnte. Bei dem bisschen, das wir wussten konnte es sich um beinahe alles handeln. Hoffentlich würde man mir nicht die Schuld für den Informationsmangel geben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)