Touchdown von Alaiya (Steves Geschichte) ================================================================================ Kapitel 4: Regen ---------------- „Ich hasse Regen!“ Dieser Schrei weckte Steve aus seinem Schlaf. Er blinzelte. Dämmriges Licht drang in das Zelt, das vom Geräusch des prasselnden Regens erfüllt war. Ich wusste doch, dass das Zelt wasserfest ist, war der erste Gedanke, der durch Steves Kopf ging, während er im Halbschlaf da lag und auf die olivfarbene Zeltplane über sich sah. Müde blinzelnd sah er auf seine Armbanduhr: Es war gerade einmal kurz nach sechs. „Bäh“, erklang von draußen ein Jammern, das ihm klar machte, dass er sich die Stimme nicht eingebildet hatte. Nun wo er wach war, fragte er sich, wie Mike und J bei dem recht lauten Geräusch des Regens und des ab und an aufheulenden Windes schlafen konnten, doch er wollte sie nicht wecken - allein weil er nicht schon wieder einen Streit riskieren wollte. So krabbelte er vorsichtig zum Ausgang des Zeltes, wo ihre Rucksäcke lagen. Er nahm sich seine Regenjacke, ein T-Shirt und ein Handtuch heraus, zog sich die Regenjacke über und verließ das Zelt. Zumindest würde er zu dieser Uhrzeit das Badehäuschen für sich haben. „Bäh“, hörte er die Stimme wieder, während er eigentlich auf dem Weg zu dem kleinen Häuschen war, in dem sich vier Duschkabinen und mehrere Toiletten befanden, und sah sich daraufhin um. Am Rande des Strandes waren einige vollhölzernen Tische, an denen man essen konnte und die überdacht waren, so dass das Holz nicht zu schnell vermodern würde und sich außerdem Wanderer und Camper hier unterstellen konnten. Unter dieser Überdachung stand Leormon mit aufgestellten Nackenhaaren und fauchte den hinabprasselnden Regen an. „Der Regen wird deswegen nicht aufhören zu fallen“, kommentierte Steve dieses Verhalten amüsiert. „Aber Regen ist blöd!“, entgegnete das Digimon beleidigt. „Er ist nass.“ „Gut erkannt, Sherlock.“ Nun musste Steve lachen. Er lief ebenfalls zur Überdachung hinüber und stellte sich neben das Digimon. Dieses hörte auf zu fauchen und sah ihn an. „Was?“ „Es überrascht mich, dass du noch hier bist“, erwiderte der junge Mann. Der Blick des Digimons wurde verwirrt. „Wo sollte ich denn sonst sein?“ „Ich weiß nicht.“ Er zuckte mit den Schultern. „Irgendwo anders halt.“ „Wieso?“ Steve dachte nach. Er war irgendwie davon ausgegangen, dass das Digimon weiterziehen würde. Doch auf der anderen Seite wusste er erstaunlich wenig über das Verhalten von realen Digimon. „Ich dachte nur...“, murmelte er schließlich. „Wieso bist du noch hier?“ „Wieso nicht?“, entgegnete Leormon und streckte sich sehr katzenhaft, ehe es einen Buckel machte. „Warum bist du schon wach und die anderen komischen Menschen nicht?“ „Du hast mich geweckt.“ Er grinste das Digimon an, das daraufhin den Kopf schief legte. „Tut mir leid“, sagte es, wobei seine Stimme nicht wirklich danach klang, dass es ihm leid täte. Für einen Moment schwiegen beide, während sie auf den See hinaussahen, der hinter dem dichten Regenschleier kaum noch zu erkennen war. Schließlich gähnte Steve und streckte sich. „Ich sag dir was“, meinte er. „Ich dusche mich, ziehe mich an und dann besorge ich uns etwas zum Frühstück.“ Wieder schien Leormon verwirrt. „Frühstück?“ Nicht minder verwirrt, sah der junge Mann das Digimon an, ehe er verstand, wie die Frage gemeint war. „Etwas zu essen“, erklärte er. Begeistert nickte das katzenartige Wesen. „Klingt gut.“ So kam es, dass sie etwas später Brote und übergebliebene Hamburger vom Vorabend verzerrten, während sie beide auf einer Bank unter der Überdachung saßen. Noch immer regnete es ein Strömen und noch immer schienen Mike und J tief zu schlafen, was Steve immer mehr überraschte. Doch auf der anderen Seite erinnerte er sich, dass J in der Nacht zuvor wenig geschlafen hatte und Mike sowieso meist lang und tief schlief. „Wie bist du eigentlich hierher gekommen?“, fragte Steve und sah zu Leormon, das ihm gegenüber hockte und erneut von einem Teller fraß, der auf dem Tisch stand. Dabei wunderte es ihn fast, dass es nicht versuchte, seine Vorderpfoten wie Hände zu verwenden, doch diese nutzte es nur, um den Hamburger in der richtigen Position zu halten. Nun sah es auf, schluckte das Stück Hamburger, das es gerade gegessen hatte, herunter und überlegte kurz. „Na ja“, meinte es dann, „eigentlich bin ich nicht freiwillig her gekommen.“ Für einen Moment schwieg es. „Ich bin mehr oder weniger hierher gefallen... Ich mein, ich war schon neugierig, wie diese Welt so ist, aber...“ Es führte den Satz nicht fort. „Und?“, meinte Steve. „Wie ist diese Welt so?“ Dabei biss er von dem Brötchen, dass er sich mit Marmelade beschmiert hatte, ab. „Unpraktisch“, antwortete das Digimon ohne großartig zu überlegen. „Hier muss man essen, schlafen und alles mögliche machen, um am Leben zu bleiben. Außerdem ist es... Recht eintönig.“ Überrascht sah Steve es an. „Wie meinst du das?“ „Na ja“, begann Leormon erneut. „In der digitalen Welt gibt es viele verschiedene Ebenen und mag kann mit Data Streams herumreisen und alles mögliche sehen... Wenn man mutig genug ist“, fügte es dann hinzu und streckte sein Brustfell stolz hervor. „Also bist du ein kleiner Abenteurer“, scherzte der junge Mann und grinste das Digimon nun breit an. Dieses sah ihn misstrauisch an. „Machst du dich über mich lustig?“ „Nein.“ Steve schüttelte den Kopf. Nun schwieg er für einige Augenblicke. „Weißt du, ich würde gerne einmal die digitale Welt sehen. Leider ist es nicht so einfach dorthin zu kommen... Außerdem ist es wahrscheinlich gefährlich.“ „Für so einen Menschen wahrscheinlich schon“, erwiderte Leormon und wandte sich dann wieder dem Rest seines Hamburgers zu. Auch Steve aß weiter sein Brötchen und sah gedankenversunken in den Regen hinaus. Er hatte sich tatsächlich schon oft gefragt, wie es in der digitalen Welt war. Immerhin hatte er Digimon schon als Kind geliebt und war vollkommen aufgeregt gewesen, als er damals erfuhr, dass sie real existierten. Als es diesen Vorfall in Tokyo gegeben hatte, war er gerade einmal neun Jahre alt gewesen. Er hatte damals davon gehört, dass auch Kinder involviert gewesen waren. Kinder, die einen Partner hatten. Kinder, die Tamer waren - echte Digimon Tamers. Damals hatte er gehofft auch einen Digimonpartner zu treffen, auch ein Digimon Tamer zu werden, doch nichts war passiert. Er hatte keine realen Digimon gesehen. Nicht 2001, nicht 2002 und auch nicht in den folgenden Jahren, bis der Sommer 2008 kam. Damals hatten die Demon Lords die reale Welt angegriffen und es gab wohl niemanden, der im Verlauf dieses Angriffs kein Digimon gesehen hatte, da sie in großen Mengen in die reale Welt gekommen waren. Und dann im folgenden Herbst hatte die amerikanische Regierung versucht, die digitale Welt auszulöschen und dieses D-Reaper Programm, das zuvor Tokyo fast zerstört hätte, auf jene andere Welt losgelassen. Doch dadurch war die Grenze zwischen den Welten zerstört worden. Steve erinnerte sich noch genau. Damals war der Himmel wortwörtlich zerbrochen und an seiner Stelle war ein Abbild der digitalen Welt erschienen. Seither waren immer mehr Digimon in die reale Welt gekommen und immer mehr Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, waren Tamer geworden. Doch er selbst hatte selten auch nur ein Digimon von Nahem gesehen. Er sah zu Leormon. Ob es wohl sein Partner werden wollte? Konnte er es einfach fragen? Das Digimon bemerkte seinen Blick und runzelte seine fellige Stirn. Es setzte an, wahrscheinlich um zu fragen, warum er es so seltsam ansah, doch dann schien ihm etwas anderes einzufallen. „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“ „Steve“, antwortete der Mensch. „Steve Larson.“ „Also kann ich dich Steve nennen?“, fragte Leormon. „Natürlich.“ Das Digimon lächelte und formte sein Maul zu etwas, das wohl die tierische Version eines Lächelns war. „Freut mich dich offiziell kennen zu lernen. Ich bin Leormon.“ „Das weiß ich“, erwiderte Steve und musste lachen. „Woher?“ Misstrauisch sah Leormon ihn an. „Und woher wusstest du, dass ich ein Child-Digimon bin?“, fragte es dann, wobei es sich wohl auf den vergangenen Abend bezog. Steve griff in die Tasche seiner Regenjacke, in die er als er das Frühstück geholt hatte, seine Kartentasche gepackt hatte. Diese holte er nun heraus zu suchte die richtige Karte heraus - die Leormon-Karte. „Hierher“, antwortete er und hielt dem Digimon die Karte hin. „Wow“, erwiderte das Digimon und sah die Karte überrascht an. „Da steht ja alles über mich drauf.“ Dies bestätigte Steve mit einem Nicken, wobei er noch immer grinste. „Was ist das?“, fragte Leormon dann misstrauisch. „Eine Digimon Karte“, antwortete der junge Mann. „Vom Digimon Kartenspiel.“ Daraufhin nickte das Digimon bedächtig. „Ich habe davon gehört, dass Menschen so etwas haben. Aber es klang ganz schön verrückt. Bisher habe ich so etwas nicht gesehen. Ihr Menschen seit seltsam.“ „Menschen sagen über Digimon dasselbe“, lachte Steve leise. „Na ja, und dass ihr gefährlich seit.“ Für einen Moment zögerte er. „Weißt du, Digimon Tamer benutzen diese Karten, um ihre Partner stärker zu machen.“ Das Digimon schwieg eine Weile. „Tamer...“ „Das sind Menschen, die...“, wollte Steve schon anfangen, ihm zu erklären, da Leormon tatsächlich sehr unwissend zu sein schien. „Ich weiß, was Tamer sind“, erwiderte es nur in beleidigtem Tonfall. „Die halbe digitale Welt redet davon. Ich...“ Doch diesen Satz brachte es nicht zuende. In diesem Moment wehte eine kräftige Sturmböe über den Platz hinweg und riss ihre Teller mit sich. Doch Leormon schenkte diesem keine Aufmerksamkeit. Diese war gänzlich dorthin gerichtet, woher der Wind kam: Jenseits des Sees. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und auf einmal begann es zu knurren. „Ein anderes Digimon“, zischte es. „Und?“, fragte Steve verunsichert, da er nicht verstand, was daran so schlimm war. Immerhin gab es mittlerweile eben viele Digimon in dieser Welt. Doch Leormon knurrte nur lauter. „Und es will kämpfen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)