Gallant Kisses von ArisuYuki ================================================================================ Kapitel 10: Scum, Prey or Enemies --------------------------------- Tsukumo stolperte hinter Kagiri und Kiharu her. Sie kannte diese Beiden Varuga. Zumindest wurde sie bereits einmal von ihnen übefallen und zur Rauchvilla verschleppt. In der Hinsicht war die Blonde nicht wählerisch, und verbuchte dies unter „kennen“. Allerdings hätte sie niemals vermutet, dass sie die Explosion in eben dieser Villa überlebt hatten. Nun gut, Varuga hatten schon immer andere Befindlichkeiten und Fertigkeiten, als Menschen sie hatten, besessen. Die Beiden Monster, die sie geknebelt hatten und vor ihr her liefen, schienen aufgeregt. Zumindest der Blauhaarige von ihnen. Er hoppste in der Gegend herum und drehte fortwährend Pirouetten. Wobei die Pirouetten weniger elegant aussahen, und ihn wie ein aufgedrehtes Äffchen wirken ließen. Der Andere der beiden, Kagiri, wie Tsukumo vermutete, tippte auf seinem Gameboy herum und schien in sein Spiel versunken. Das Spielgerät gab schnelle und und sich wiederholende Piep-Geräusche von sich, während der Rothaarige ruhig einen Fuß vor den Anderen setzte. Tsukumo hatte trotzdem das untrügliche Gefühl, dass er derjenige war, der sie im Auge behielt und nicht zögern würde, sie zu Fall zu bringen, sollte sie sich widersetzen. Und im Moment hatte sie keine Chance. Sie war nicht schwer verletzt, aber in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Würde sie jetzt hinfallen, bräuchte einer der Beiden nur noch einen Fuß leicht auf ihr absetzen und sie konnte sich nicht mehr wehren. Ihre Hände waren geknebelt und ihre Kräfte funktionierten im Moment nicht. Noch dazu war es finsterste Nacht und stockduster. Mal abgesehen davon, würden diese Varuga vermutlich schlimmeres tun, als sie festzuhalten, sollte sie etwas Falsches tun. Kiharu hielt für einen Moment in seinen wilden Sprüngen inne und tanzte um seinen Partner umher. »Ich hab keinen Zweifel mehr! Die Mädchen von Circus müssen alle so niedlich sein!« Er gab ein Lachen von sich, dass mehr nach einem Gemisch aus Röcheln und Kreischen klang. Kagiri zuckte nicht mal mit den Schultern, gab auch sonst keine Antwort. Das Gepiepse hielt an. Tsukumo vermutete, dass er so eine Situation schon oft genug erlebt hatte, und an das Verhalten seines Freundes – mehr oder weniger – gewöhnt war. »Du da hinten, beweg dich! Unser Boss macht uns kalt, wenn wir zu spät kommen.« Tsukumo wägte ab, wie viel Sinn es machen würde nach dem Ort, an dem sie ankommen wollten, oder nach ihrem Boss zu fragen. Sie entschied sich dagegen. Normalerweise war sie mehr als qualifiziert dazu, sich aus diesen Fesseln zu befreien. Aber diese beiden waren nicht ungefährlich. Sie hatten dieses Gerät. Außerdem war es keine Stunde her, seit sie Yogi bewusstlos geschlagen hatten. Was Tsukumo zusätzlich in Sorge versetzte. Der Andere schien... nicht ganz bei sich.  Außerdem war ihr aufgefallen, dass sein Pflaster gefehlt hatte. Und das bedeutete Gefahr. Zumindest wenn sie mit ihrer Vermutung richtig lag. »Bist du schwerhörig? Ich sagte, schneller.« meinte der Rothaarige Varuga und machte eine kurze Handbewegung. Ein Wunder, dass er eine Hand von seinem Gameboy entfernen konnte. Mit einem Ruck, wurde die Blonde nach vorn gezwungen. Sie nahm es schweigsam hin. Sie hatte zur Zeit keine Andere Wahl. Außerdem würde sie einfach auf den richtigen Moment warten. So wie in der Rauchvilla. Diese Varuga waren nicht besonders lernfähig und wenn dieser Trick schon einmal geklappt hatte, würde es wieder gut laufen. Karoku war nicht dort.  Zumindest glaubte Tsukumo das. Keiner dieser zwei würde auf die Idee kommen, sie mit einer versteckten Nadel ins Koma zu versetzen. »Vielleicht etwas still.« kicherte Kiharu und rannte voraus. »Wohin bringt ihr mich?« Es war das erste Mal, dass Tsukumo die Stimme erhoben hatte. Es schien Kagiri zu verwundern. Mit einem scheinbar gelangweilten Blick drehte er sich zu ihr um. Seine Brille, machte es der Blonden jedoch unmöglich, seinen Gesichtsausdruck richtig zu deuten. »Wirst du gleich sehen, schätze ich.« Der Blauhaarige der Beiden stürmte weiter vorwärts, mitten durch das dichte Gebüsch vor ihnen. Tsukumo war aufgefallen, dass sie wohl in einen Wald hinein gelaufen sein mussten. Je weiter sie gekommen waren, desto dichter wurde das Grün, dass sich mit der Zeit aber auch nicht mehr besonders von der Nachtschwärze abhob, die um sie herum herrschte. Deswegen war es ja so schwer gewesen, nicht zu stolpern. Es gab keine Lichtquellen, bis auf den Gameboy des einen Varuga. Der Rothaarige ließ die Spielerei zum ersten Mal, seit sie losgelaufen waren in einer seiner Taschen verschwinden. Entweder der Akku war endlich leer, oder sie hatten ihr Ziel erreicht. Tsukumo tippte auf letzteres. Kagiri griff nach vorn und zog die Ranken grob und unachtsam zur Seite. Die großen, blauen Augen der Blonden, weiteten sich geringfügig. Trotzdem konnte man den überraschten Ausdruck auf ihrem Gesicht, deutlich genug erkennen. Ein Palast? Die Varuga befinden sich wirklich auf diesem Land und haben sich in einer Art verlassenem Palast einquartiert? *** Garekis Atem wurde ein wenig hastiger, als er sich bemühte, so leise wie möglich, den Berg hinunter zu rennen, einen versteckten Weg in die rauchende Zone zu finden, und gleichzeitig darauf aufzupassen, dass Nai nicht verloren ging. Er hätte diesem Tier am liebsten befohlen dort oben auf ihn zu warten. Aber so wie er den Weißhaarigen kannte, würde dieser sich vollkommen quer stellen und darauf bestehen ihn zu begleiten. Um diese Zeitverschwendung zu umgehen, hatte Gareki den Kleineren also gleich mitgenommen. Die Nacht hing tiefschwarz über der Erde. Und sonderbarerweise, konnte der Schwarzhaarige seinen eigenen Atem sehen, ohne dass es kalt war. In Gegenteil. Das riesige Feuer, dass diesen unangenehm stechenden, pechschwarzen Rauch verursachten musste, sorgte für eine unglaublich unangenehme Wärme. Zu allem Überfluss, hatten die beiden natürlich keinerlei Ahnung, wo sie sich befanden und wie sie zurück zum Schiff kamen. Kiichi vom ersten Schiff, hatte zwar, während ihrem Aufenthalt dort, deutlich gemacht, was sie vom zweiten Schiff hielt, aber Gareki hätte niemals erwartet, dass dieses Gottverdammte Vierauge tatsächlich so inkompetent sein konnte. Er atmete einmal tief durch und ging hinter einem morschen Stück Holz in Deckung, dem er keine genaue Bedeutung zuordnen konnte. Der Rauch hatte sich verdichtet, je weiter er nach unten vorgedrungen war und nahm ihm nun fast vollständig die Sicht. Hin und wieder flackerten Lichtstrahlen durch den schwarzen Nebel hindurch und Gareki konnte jemanden in einer fremden Sprache fluchen hören. Zumindest hörte es sich sehr nach einem Schimpfen an. Gut, okay. Vielleicht trägt die Brillenschlange nicht die ganze Schuld. Hätte wohl niemand von uns geahnt, dass hier... so etwas abläuft. Gareki spürte Nai hinter sich, der leise in seiner Nähe hockte und sich schwach an seinem Ärmel festzuklammern schien. »Gareki.... Diese Menschen gefallen mir nicht. Sie sind böse.« Und damit hatte der Weißhaarige es ziemlich auf den Punkt gebracht. Gareki hätte es zwar nicht so kindlich formuliert wie der Andere, aber im Großen und Ganzen, hatte er es auf den Punkt gebracht. Die Blicke die er ab und zu auf die Fremden erhaschen konnte, reichten aus, um festzustellen, dass diese Schränke wohl kaum auf eine Tee-Party aus waren. Ihr Verhalten sprach auch nicht gerade dafür. Es schien so, als würden sie irgendwas ausräumen... Waren das tatsächlich Häuser oder Hütten, die hier standen? Hockte er grade hinter der Veranda einer Hütte, von der sonst nichts übrig geblieben war? »Ti si govno*!« ertönte es wie aus dem Nichts, und in einem ziemlich aggressiven Tonfall hinter ihnen. Gareki fuhr herum und erkannte einen riesigen, stämmigen, bärtigen Mann mit braunen Haaren, der mit einem wütenden Blick auf sie herab schaute. Er trug zerrissene und nass geschwitzte Kleidung. In seiner rechten Hand, eine Art selbst gebautes Beil. Gareki stockte der Atem, bevor er versuchte den Weißhaarigen zu packen. »Nai, lauf!« brüllte er. Doch der Schrank auf zwei Beinen war schneller. Er platzierte eine von seinen Pranken, grob auf Nais Schulter, riss den Jungen herum und stieß ihn mit einer barbarischen Bewegung nach hinten, bevor er Gareki einen Stoß in die Andere Richtung versetzte. Der Schwarzhaarige stolperte und fiel rückwärts auf den Hosenboden. Er schnaufte. Warum hatte die verdammte Brillenschlange ihm auch seine Pistolen nicht zurück gegeben? So wie er das sah, waren sie ziemlich verloren und konnten sich obendrein auch nicht wehren! Ehe er den Mund aufmachen konnte, wurde Nai gepackt (der verzweifelt nach ihm schrie), und in die Schwärze gezogen. Gareki sprang auf, unschlüssig was er nun tun sollte. Es war denkbar unklug, auf diesen grobschlächtigen Prügelknaben zu zu rennen, aber er konnte Nai eben so wenig mit diesen Riesen allein lassen. Der Kleine war noch hilfsbedürftiger als er, in dieser Situation. Ein lauter Schuss durchschnitt dass Gebrüll und Gemurmel in der unbekannten Sprache und der Schwarzhaarige erstarrte. Also hatten die Schläger auch noch richtige Waffengewalt parat?! Das würde nicht gut ausgehen, wenn er sich falsch entschied. Und der Schläger von eben kam auf ihn zu. Fast wirkte es, als bewirkten seine Schritte ein leichtes Erdbeben... »Šta misli lik tko je?!*« Und der Schwarzhaarige rannte los. Er hatte Glück. Der Nebel gab ihm Deckung genug, um dem Schläger zu entkommen und sich unauffällig zwischen den morschen Häuserruinen hindurch zu quälen. Er unterdrückte laute Atemzüge und sprang zwischen zwei Bretter die im Boden verankert waren. Vermutlich hatten diese Dinger mal Wände darstellen sollen. Gareki rang nach Luft. Das war nicht gut. Gar nicht gut. Er musste unbedingt zu Nai, bevor der auseinander genommen wurde, so unfreundlich und grob (und ungewaschen), wie die meisten von ihnen aussahen. Normalerweise hatte er eine sehr gute Orientierung, aber da ihm die Sicht fehlte, und er sich kaum daran erinnern konnte, wo er lang gerannt war, konnte der Schwarzhaarige das getrost vergessen... Der Strahl einer Taschenlampe drang durch den Schwarzen Nebel. Augenblicklich hielt Gareki die Luft an und duckte sich, hinter dem Holz. Er sah einen weitaus dünneren, aber vermutlich nicht weniger starken, ebenfalls behaarten, schwarzhaarigen Mann, mit einem misstrauischen und wachsamen Blick... genau an ihm vorbei gehen. Der Schwarzhaarige atmete ein bisschen erleichterter aus, als vorher und versuchte sich so gut es ging zu entspannen. Nai. Wie kam er zu Nai? Langsam richtete er sich auf, indem er sich an der Wand abstüzte, die sich irgendwie weich und nass anfühlte... Ein Klacken, dass verdächtig nach dem Geräusch klang, dass ertönte, wenn man seine Waffe entsicherte, in seinem Rücken. »Izlazi odatle!*« Gareki musste sich noch nicht mal umdrehen, um zu wissen, dass der Lauf der Pistole direkt auf ihn gerichtet war. Adrenalin pochte durch seinen gesamten Körper. Er nahm den stechenden Geruch in der Umgebung stärker wahr... Warum war er eigentlich nicht vorher auf die Idee gekommen, dass hier irgendwelche chemischen Experimente betrieben wurden? Vermutlich weil es draußen, in der Natur, relativ ungewöhnlich war... Der Schwarzhaarige hob langsam die Hände, drehte sich um und trat aus seinem Versteck. Er bemühte sich, sein Pokerface zu wahren. Der Serbe – der Sprache nach zu urteilen – sah ihn abschätzig an. Der Blick, der an ihm hoch und runter fuhr, gefiel Gareki absolut nicht. Es erinnerte ihn daran, dass solche Typen möglicherweise schon länger keine Frau mehr gesehen hatten... Schließlich hob der Fremde die Hand, und verpasste Gareki mit seiner Pistole eine schallende Ohrfeige, die ausreichte, um den Jungen erneut zu Fall zu bringen. Gareki unterdrückte das Schmerzvolle Stöhnen und spuckte das bisschen Blut, dass sich in seinem Mund angesammelt hatte, verächtlich auf den Boden. Das schien dem Serben nicht zu gefallen. Er stürzte sich auf Gareki und verpasste ihm einen gekonnten Fausthieb ins Gesicht, bevor er sich anscheinend wieder an seine Pistole erinnerte und sie auf den Schwarzhaarigen richtete. Dieser reagierte blitzschnell. Er verpasste ihm einen schnellen, kraftvollen Tritt in sein Mitte und packte den Lauf der Pistole, während er sich sicherheitshalber ein wenig zur Seite duckte. Das Adrenalin, dass noch immer in seinen Ohren rauschte und seinen ganzen Körper unter Kontrolle hatte, ermöglichte es ihm, all seine noch verfügbare Kraft auf die Waffe zu richten und sie langsam aber sicher, kopfüber in Richtung des Serben zu drehen. Er drückte ab. Ein Schuss fiel. Der leblose Körper machte Anstalten, auf ihn zu fallen, doch Gareki hielt ihn mithilfe seines Ellenbogens auf und drückte die Leiche in die entgegengesetzte Richtung. Gareki rappelte sich auf. Die Luft verließ seine Lungen und auch die Anspannung verflüchtigte sich allmählich. Starr blickte er auf den Körper hinab. Die Kugel hatte den Serben ein wenig oberhalb der Nase und fast zwischen seinen Augen erwischt. Gareki beschloss, zwei weitere Kugeln zu verwenden, und dem Mann auf gewaltsame Weise, die Augen zu schließen. Diesmal war das Getöse seiner Umgebung zu laut, um die Schüsse wahrzunehmen. Sie verhallten in der Nacht. Der Schwarzhaarige überprüfte das verbliebene Magazin. Genug Munition, um ihn optimistisch denken zu lassen. Er ließ die Pistole in seiner Jackentasche verschwinden. Er blickte in den schwarzen, dichten Rauch, der so in der Nase stach. Vermutlich nicht gerade gesund. Der Schwarzhaarige fasste einen Entschluss. Er hatte selbst nicht gemerkt, wie sehr er von Circus verweichlicht wurde, aber anscheinend war es eine Tatsache. Er musste dieses nutzlose Viech finden, und ihn befreien, wenn nötig – wahrscheinlich war es nötig – mit Gewalt. Und dann mussten sie einen Weg zurück zu diesem Idioten mit der Brille finden. Er würde das schaffen. Er musste einfach wieder umdenken. Wie damals, als er weder Nai, noch Circus gekannt hatte. Opfer, Gegner oder Abschaum. Los geht’s... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)