Eine Chance auf Glück? von StarCat (~ Severus Snapes zweites Leben ~) ================================================================================ Kapitel 4: Sweet Sixteen ------------------------ Am Ende eines langen Ganges in Hogwarts stand ein schlaksiger Junge mit einer Hakennase und schwarzen Haaren, die an seiner schweißnassen Stirn klebten. Er wirkte unsicher, trat von einem Fuß auf den anderen. Noch nie zuvor ist er in diesem Teil des Schlosses gewesen. Ungeduldig wartete er darauf, dass sie herauskam. Er musste mit ihr reden, musste sich dafür entschuldigen, dass ihm dieses schreckliche Wort über die Lippen gekommen ist. Nie würde er es sich verzeihen, wenn er dadurch ihre Freundschaft, die ihm so viel bedeutete, verlieren würde. Dabei wusste er, dass es dafür keine Entschuldigung gab. Er hat aus verletztem Männerstolz gehandelt, wollte nicht, dass sie seine Tränen sah. Der verletzte Blick in ihren grünen Augen, als er ihr dieses Wort entgegenschrie, hatte ihn viel schmerzlicher getroffen, als es Potter, Black und ihre dummen Freunde jemals geschafft hätten. Erst vor wenigen Minuten war Mary, eine ihrer Freundinnen, draußen und hatte ihn aufgefordert zu verschwinden. Er bestand jedoch darauf persönlich mit Lily zu reden, andererseits würde er die ganze Nacht hier im Gang bleiben und ihr am nächsten Morgen auflauern. Mary hatte ihn böse angefunkelt, meinte jedoch schließlich, dass sie Lily holen geht. Seitdem ist ihm jeder Herzschlag wie eine Ewigkeit vorgekommen. Er murmelte zusammenhanglose Sätze vor sich hin, überlegte, was er ihr sagen würde. Was, wenn sie ihm nicht zuhört? Dieser Gedanke schnürte ihm die Kehle zu … Von einem Moment auf den anderen änderte sich die Haltung des Jungen. Er straffte die Schultern, sein Gesicht bekam einen undurchdringlichen Ausdruck. Leicht benommen schaute Severus sich um. Wie um alles in der Welt ist er vor dem Portrait der fetten Dame gelandet? Eben war er doch noch in der heulenden Hütte, zusammen mit dem Potter-Jungen und dieser seltsamen Frau. Zumindest waren seine Schmerzen nun weg. Er zuckte überrascht zusammen, als das Portrait zur Seite schwang und eine Schülerin herauskam. Sie trug einen Gryffindor-Morgenmantel und hatte ihr langes, rotes Haar hochgesteckt. Als sie ihn schließlich ansah, setzte sein Herz einen Schlag aus und begann dann so wild zu hämmern als wolle es aus seiner Brust herausbrechen. Dieses Mädchen sah genauso aus wie … Nein, das konnte nicht sein. Sie stand vor ihm, hatte die Arme verschränkt und ihre grünen Augen funkelten vor Zorn. „Was willst du hier, Severus?“, fragte sie schließlich. Ihre Stimme klang eisig, und dennoch wurde ihm bei diesem Klang ganz warm. Es bestand kein Zweifel. Es war wirklich sie … Lily, seine geliebte Lily. Er war nicht fähig irgendetwas zu erwidern und schaute sie nur stumm an „Also wenn ich nur raus kommen sollte, damit du mich anschweigen kannst, kann ich auch wieder reingehen.“, sagte sie und wollte sich bereits wieder umdrehen. „Wa..Warte!“, brachte Severus mühsam hervor. Seine Stimme zitterte. „Worauf? Damit du mich erneut beleidigen kannst?“, fauchte sie ihm entgegen. „Nein … es tut mir leid.“ Er traute sich nicht, ihr in die Augen zu sehen und sah zu Boden. „Spar dir deine Worte.“ „Glaube mir doch! Ich wollte dich wirklich nicht Schlammblut nennen.“ Die gesamte Situation kam ihm wie ein nicht enden wollendes Déjà-vu vor. „Aber du nennst jeden, der meine Herkunft hat Schlammblut. Wieso sollte es bei mir anders sein?“ Severus zögerte und biss sich auf die Lippe. Die Worte der seltsamen Frau klangen in seinen Ohren. „Mach nicht erneut die gleichen Fehler!“ War es das, was sie gemeint hatte? Er holte tief Luft, machte seinen Mund auf und zu, ohne einen Laut hervorzubringen. Er sah, dass sie sich inzwischen umgedreht hatte und einen Schritt in Richtung des Portraits gegangen war. In nur wenigen Augenblicken wäre seine Chance verstrichen. Jetzt oder nie. „Es ist etwas anderes weil … weil ich dich liebe ...“ , nuschelte er schließlich. Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Endlich hatte er es geschafft. Diese drei kleinen Worte, die ihm schon so lange auf der Seele lasteten, waren endlich draußen. Er sah, dass sie zögerte und sein Herz machte ein paar Luftsprünge, gleich würde sie sich sicher umdrehen und … Doch sie nannte der Fetten Dame mit fester Stimme das heutige Passwort (Crura Rana) und verschwand, ohne sich auch nur einmal zurückzublicken, durch das Portraitloch. Er fühlte sich, als hätte man ihm in den Magen geboxt. Jegliche Luft entwich aus seinen Lungen, ihm wurde etwas schwindelig. Ein paar Minuten lang stand er einfach nur da, versuchte vergeblich das Geschehene zu verarbeiten. Dann, mit taumelnden Schritten, drehte er sich um und begab sich auf den Weg nach unten. Potter, Black und Lupin kamen ihm entgegen. Scheinbar war heute wieder Vollmond. Die konnte er jetzt am wenigsten gebrauchen. „Ach da ist ja der Schniieeefelus“, rief Sirius. Es erklang höhnisches Gelächter. „Was hast du denn in unserem Teil des Schlosses zu suchen?“ Severus ließ den Kopf hängen und trottete an ihnen vorbei. Er hatte jetzt nicht die Energie, sich mit diesen Idioten anzulegen. Sogar als er schon unten war, konnte er ihr Lachen immer noch hören. Eine Weile irrte er ziellos durch Hogwarts. Irgendwann befand er sich vor der Tür zu seinen Gemächern im Schlosskerker. Offenbar hatte er, ohne nachzudenken, diese Richtung eingeschlagen. Als er die Hand nach der Türklinke ausstreckte, erklang von der anderen Seite ein lautes Schnarchen. Sicher … wenn Lily, Potter und Black hier Schüler waren, dann schlief gerade Slughorn hinter dieser Tür. Ihm blieb keine andere Wahl, als sich dieser Situation zu fügen und sich zu den Slytherin Schlafräumen zu begeben. Vielleicht würde dieser Unsinn ja bald ein Ende haben. In seinem Schlafsaal waren Avery und Mulciber bereits im tiefen Schlaf. Mit schlürfenden Schritten ging er zu dem Bett zwischen den beiden und ließ sich, ohne sich seiner Schuluniform zu entledigen, darauf fallen. Er vergrub sein Gesicht in seinem Kissen. Es musste alles ein Traum sein. Ein einziger, verrückter Traum. Diese Worte murmelte er wie ein Mantra vor sich hin. Tief in seinem Inneren wusste Severus jedoch, dass es nicht stimmen konnte. Schon seit gut einem Jahrzehnt hatte er sich angewöhnt, vor dem Bett den Schlaftrunk für traumlosen Schlaf, den er sich selbst braute, zu nehmen. Es war für ihn die einzige Möglichkeit dem Alptraum, der sich sein Leben nannte, zumindest für ein paar Stunden zu fliehen. Ihm war durchaus bewusst, dass diese Lebensweise keineswegs gesund war. Bei einer so häufigen Einnahme sorgte der Trank unter Anderem für fahle Haut, schnell fettende Haare und ein alles umfassendes Taubheitsgefühl, das sich bis in den Wachzustand erstreckte. Dennoch nahm er die Nebenwirkungen des Trankes lieber auf sich, als sich die ganze Nacht von Alpträumen quälen zu lassen, wenn er denn überhaupt einschlafen konnte. In dieser Nacht lag er noch lange wach und ließ seine Gedanken schweifen. Einerseits war er überglücklich, sie wieder gesehen zu haben. Andererseits brach ihm ihre Reaktion auf sein Geständnis beinahe das Herz. Im Grunde hatte er aber auch nichts anderes erwartet. Scheinbar war es egal was er tat, sie würde sich so oder so für James entscheiden. Er zog sich die Decke über dem Kopf als könne er so seine Gedanken abschirmen. Doch sie ließen ihm keine Ruhe, quälten ihn bis in die frühen Morgenstunden. Erst dann fiel er in einen leichten Schlaf, aus dem er immer wieder hochschreckte. Jedes mal, wenn er wieder wach war konnte er hören, wie Avery im Schlaf vor sich hin murmelte und sich unruhig hin und her wälzte. Scheinbar war Severus nicht der einzige mit einem unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen wurden beide von Mulciber geweckt, der bereits vollständig angezogen war und sie zum Frühstück rief. „Man, lass mich doch in Ruhe, es ist Samstag. Denkst du eigentlich immer nur ans Essen?“, murrte Avery verschlafen. „Was ist eigentlich mit dir los, Sev? Seit wann pennst du in Schulklamotten?“, fragte Mulciber belustigt. Das Lächeln wich jedoch aus seinem Gesicht, als er Severus' Miene bemerkte. „Ach du meine Güte, was ist denn mit dir passiert? Du schaust ja furchtbar aus. Es ist doch nicht etwa wegen diesem Schlammblut?“ „Wage es nicht, sie so zu nennen!“ Schlagartig war Snape hellwach und zeigte drohend mit dem Zauberstab auf seinen alten Schulfreund. Mulciber hob abwehrend die Hände. „Ist ja gut, reg dich nicht gleich so auf. Ich verstehe nur nicht, was du an ihr findest.“ Er rümpfte die Nase. „Wie sie immer herumstolziert, mit der Nase oben als wäre sie die Tollste auf der Welt. Aber na ja, ist ja deine Sache ...“ Während er sprach, zerrte er dem wieder eingeschlafenen Avery die Bettdecke weg. „Nun steht schon auf ihr Schlafmützen, ich sterbe vor Hunger.“ „Ich glaube du wärst von uns dreien der Letzte, der dem Hungertod erliegen würde.“, murrte Avery während er sich aufrappelte. Es stimmte. Mulciber war der einzige von ihnen, der ein paar Pfunde zu viel hatte. Avery war dagegen genauso mager wie Sev. Auch Severus setzte sich in seinem Bett auf und betrachtete nachdenklich die beiden Jungs. Jahrelang waren sie, neben Lily, seine einzigen Freunde. Später hatten sie sich zu dritt Voldemort angeschlossen. Hatten zusammen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, all die schrecklichen Morde begangen. Nachdem die Schreckensherrschaft des Dunklen Lords sein Ende fand, wurden seine beiden Freunde zu lebenslanger Haft in Askaban verurteilt, während Severus von Dumbledore unter die Fittiche genommen wurde. Erst jetzt fiel ihm auf, wie sehr sie ihm gefehlt hatten. Sicher, sie hatten durchaus ihre Fehler, doch für ihn hatten die beiden viel bedeutet. Bis auf Dumbledore waren die beiden Jungs die einzigen, denen Severus jemals seine Gefühle für Lily anvertraut hatte. Obwohl sie seine Zuneigung gegenüber einer Muggelstämmigen keineswegs guthießen, hatten sie zu ihm gehalten und ihn nie verraten. Belustigt sahen Sev und Mulciber, Avery dabei zu, wie dieser auf der Suche nach seinen Socken unters Bett kroch. Der schmächtige Junge mit der blonden Haarmähne war wahrlich die Zerstreutheit in Person, zumindest was seine Sachen anging. Er war recht klein, und reichte Severus damals schon gerade mal bis zur Schulter. Dieser kleiner Makel hatte ihn nie dabei gestört, Slytherin-Mädchen anzubaggern. Seine Anmachsprüche waren jedoch nur selten von Erfolg gekrönt. Mulciber dagegen schien nicht sonderlich viel vom anderen Geschlecht zu halten. Er verdrehte jedes Mal genervt die Augen, wenn Avery wieder einmal einem Mädchen nachstellte. Als sie einige Zeit später in der Großen Halle beim Essen saßen, bekam Severus keinen Bissen hinunter. Ohne Unterlass blickte er hinüber zum Gryffindor-Tisch, konnte Lily jedoch nicht entdecken. Er konnte sich an keinen Tag entsinnen, an dem sie eine der Hogwarts-Mahlzeiten verpasst hätte. Allmählich machte er sich Sorgen. Lag es vielleicht an seinen Worten gestern? Avery stieß ihn von der Seite mit dem Ellenbogen an und riss ihn aus seinen Gedanken. „Schau mal, Professor Dumbledore benimmt sich heute seltsamer als sonst. So langsam glaube ich wirklich, dass er senil wird.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)