Die Legende von Blut und Asche von FalonDin (Castiel x Lysander [Sweet Amoris]) ================================================================================ Prolog: Aschenvogel ------------------- Es war ein heißer Sommertag gewesen. Die weißen Wolken zogen am azurblauen Himmel vorbei. Hier und da zirpten ein paar Zikaden. Wie meistens hatte ich mich zur Mittagspause auf dem Dach der Schule bequem gemacht. Schützend streckte ich die Hand zur Sonne aus, damit meine Augen im Schatten dieser waren. Das Lederarmband mit dem kleinen silbergrauen Anhänger in Form einer Note hatte sich ein wenig in meinem Identifikationsreif verheddert. Nur leicht war der schwarze Barcode darauf zu erkennen. So klein, ja fast nichtig und doch hatte dieser Barcode in unserem Leben eine ganz besondere Bedeutung. Denn dieser war unsere Identifikationsnummer. Jedes Neugeborene erhält einen Barcode, indem sämtliche Daten dieser Person gespeichert sind. Namen, Geburtsdatum, Ort, Augen- und Haarfarbe, Blutgruppe...... sollte jemals jemand diesen Barcode scannen (es sind spezielle Barcodes und können nur mit bestimmten Scannern gescannt werden) würde dieser alles über diese Person erfahren. Das ganze Leben ist darauf gespeichert. Im Alter von 14 Jahren, wenn wir vom Kind ins Jugendalter wechseln, bekommen wir unseren Barcode auch in den Nacken tätowiert. Der Reif an sich ist aus Mythrill angefertigt und kann eigentlich nicht geöffnet werden. Außerdem wäre es fatal, diesen zu verlieren. Nur mit diesem Reif können wir bestimmte Sicherheitsschleusen durchqueren. Zum Beispiel bestimmte Stadtteile. Auch die Verkehrsmittel in der Stadt sind nur mit diesem Armreif zugänglich. Ein Armreif bedeutet, dass Du ein normaler Mensch, ohne jegliche Abnormalitäten, bist. Abnormale Menschen – Menschen die aus dem Raster der Gesellschaft fallen – wie zum Beispiel Behinderte, Menschen die mit tödlichen Krankheiten, oder deformierten Körperteilen oder anderen abnormalen Sachen, die Mutter Natur hervorbringt, geboren werden erhalten diesen Reif nicht. Diese Menschen leben meistens außerhalb der Städte, denn sie haben kein Recht in der Stadt zu leben. Die Gesellschaft nennt es „natürliche Auslese“. Sie haben auch kein Recht auf ärztliche Hilfe, wenn sie mal krank werden sollten. Sie sind ganz unten im Rang der Gesellschaftspyramide. Die Menschen ohne Rechte. Die ewigen Verlierer. Man sagte aber, dass es in den Weiten außerhalb der Stadt ein Volk gab, das nur als 'weiße Vögel' bekannt war. Ob diese Sache aber stimmte, konnte ich nicht sagen. Wahrscheinlich war dies nur eine Legende. Ein Überbleibsel aus der Zeit, als alles noch nicht digitalisiert war. Ein piepsen ließ mich zusammenfahren. Neben mir stand Nathaniel. Er tippte kurz etwas auf seinen PDA ein und verstaute diesen wieder am Gürtel. Dann verschränkte er die Arme und sah mich vielsagend an. „Du hast die letzte Stunde schon wieder geschwänzt, Castiel.“ „Ja und?“ Demonstrativ nahm ich ein Kaugummi aus der Hosentasche, machte ihn auf und schob ihn mir genüsslich in den Mund. Dann legte ich mich wieder hin und blickte erneut hinauf zum azurblauen Himmel ohne den Blondhaarigen Beachtung zu schenken. Er kniete sich neben mir hin und beugte den Kopf leicht über mir. „Das kostet dir einen weiteren Eintrag.. die Direktorin wird nicht erfreut sein, dass zu hören.“ Wieder hatte er sein Tablet vorgezogen und tippte etwas auf der Tastatur ein. Ich musste mich daran erinnern, dass unser Lehrer und mal erzählt hatte, dass man vor vielen, vielen Jahren noch mit Stift und Papier selber geschrieben hatte. Papier ist jedoch ein sehr teurer und rar gewordener Rohstoff. Deswegen gab es dieses fast schon gar nicht mehr. Nur bestimmte Behörden benutzen dieses. Es würde uns eh nichts bringen. Wir konnten selber nicht schreiben. Nur tippen und lesen. Unsere Motorik war fürs Schreiben einfach gar nicht mehr ausgelegt gewesen. Auch andere Sachen waren für uns gar nicht mehr denkbar. Singen zum Beispiel oder ein Instrument spielen. Heute wurde Musik nur noch mit dem Computer gemacht. Auch der Gesang – falls es denn noch Gesang gab – wurde per Computer hergestellt. Kein Mensch würde heute mehr singen ...leider. Zeichnen ist ebenfalls etwas, was sehr selten gemacht wurde und falls doch auch nur am Tablet. Noch immer blickten die bernsteinfarbenen Augen zu mir. Er schien ein wenig irritiert zu sein, da ich kein Konter auf seine Bemerkung gab, was bei mir eigentlich normal wäre. Stattdessen erhob ich mich wieder und ging zu der Tür, welche sich öffnete. „Au revoir, Nathan .. wir sehen uns Morgen in Französisch“ Die Tür schloss sich und ich konnte das Gemecker unseres blonden Schönlings vernehmen, der nun alleine auf dem Schuldach stand. Ich wollte noch einmal bei „Widgets Musicstore“ vorbei schauen. Nur dort konnte man noch alte Sachen ergattern, natürlich nur, wenn man sich mit dem Zitat: „ Wer das Geheimnis der Töne kennt, kennt das Mysterium des ganzen Weltalls.“ als wahren Kenner zu erkennen gibt. Ja, ich gebe es zu: Ich liebe Musik. Nicht dieser Elektronik-Schrott, der in der heutigen Zeit Mode ist. Nein, ich mochte Rock. Laut, gespielt mit echten Gefühlen auf echten Instrumenten. Immer wieder hörte ich im Musicstore diverse CDs von Rockbands jeglicher Art. Rockbands, an die sich heute keiner mehr erinnern kann. Genauso wenig wie an der Technik, die Instrumente zu beherrschen. Da es gerade Mittag war, war es recht voll auf den Straßen gewesen. Die meisten Leute hatten nun Pause und saßen mit Kollegen und Freunden in Restaurants und Cafés, redeten, aßen und ließen sich von der Sonne bescheinen. Gerade als ich in einer Seitengasse zum Musicstore einbiegen wollte, rummste es plötzlich und jemand rannte mit voller Wucht in mir hinein. Mit einem leichten Schreck ging ich zu Boden und blickte zu der Person vor mir. Sie war ziemlich seltsam gekleidet. Sie trug seltsame, dunkle Kleidung und hatte ein beigefarbenes Cape um und die Kapuze über den Kopf gezogen. Nur das linke Auge – es war grün – blitze mich erschrocken an. Hastig erhob er sich und sammelte das Zeug zusammen. In der Ferne hörte ich, wie jemand rief, dass man diesen Jungen aufhalten sollte. Ich wusste nicht, warum, aber irgendetwas in mir scheute sich dagegen. Er hatte kurz den Blick zurückgeworfen und wollte gerade weiter, als ich ihn packte und mit ihm in der Seitengasse verschwand. Ein wenig perplex sah er mich an, sagte jedoch nichts und ließ es einfach geschehen. Da ich mich in der Stadt gut auskannte, rannten wir im Zick-Zack durch ein paar Seitengassen. Ich versuchte so gut wie möglich, die Polizei von uns abzulenken, ohne eine Sicherheitsschleuse zu passieren. Sollte der Junge nämlich gesucht werden, würden diese nämlich sofort registrieren, dass er das Gebiet verlassen hatte. Wir bogen in ein altes Industriegelände ab und liefen in ein verlassenes Bürogebäude. Ein paar Stockwerke später blieben wir stehen. Schwer atmend ließ ich die Hand des Jungen los. Wir atmeten tief durch und das grüne Auge blitzte mich argwöhnisch an. Er vertraute mir nicht, dass war mir durchaus bewusst gewesen und vielleicht hätte ich nicht so etwas Dummes tun sollen. Denn nun war ich allein mit diesem gewesen und wer weiß, was diesem Jungen zur Last gelegt wurde. Er schloss die Augen und atmete dann tief durch. „Dankeschön ...“, vernahm ich leise. Die Stimme war für einen Jugendlichen recht tief gewesen. Es lag etwas Seltsames, Mysteriöses in dieser. Ich konnte es einfach nicht deuten oder beschreiben. „Warum suchen sie dich?“, ergriff ich dann das Wort. „Es ist besser, wenn du es nicht weißt.“ Er wand sich um und ging zu einem Fenster um hinauszusehen. Sein Blick ging von rechts nach links und wieder zurück. „Du hast aber viel vertrauen zu mir, wenn du mir ohne Weiteres den Rücken zuwendest.“ „Du würdest dich damit selbst in Gefahr bringen. Dein Identifikationsreif zeichnet alles auf. Von Ort und Datum ganz zu schweigen.“ Er war gut, dass musste ich durchaus zugeben. Ein Luftzug trat durch die alten Ruinen und ich schlang die Arme um meinen Körper. Eine sanfte Gänsehaut hatte sich darauf gelegt. Noch einmal sah ich zu dem Jungen am kaputten Fenster. Die Kapuze wurde durch den Windstoß von seinem Kopf gerissen. Erschreckend musste ich feststellen, dass er silbergraues Haar hatte. Die Haarspitzen waren an der linken Seite und vorne schwarz. Sein rechtes Auge war von einer Augenklappe bedeckt. Auf den ersten Blick wirkte er sehr zerbrechlich. Er wirkte wie eine Elfe. Vorsichtig griff er mit der Hand durch sein Haar. Ich erkannte, dass er keinen Barcode im Nacken hatte. Er wirkte aber nicht wie jemand, der unter 14 Jahre ist. Schnell fiel der Groschen bei mir. „Oh Gott ... du bist ...“ Er sah mich fragend an und legte dann ein Finger auf die Lippen. Wieder musterte ich ihn, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches – abgesehen von der Haarfarbe – feststellen. Mein Blick ging zu der Augenklappe. Ein leichtes Lächeln umspielte die Züge des Jungen vor mir. Er schloss die Augen und löste das Band der Augenklappe, welche lautlos zu Boden fiel. Als er die Augen öffnete, kam ein gelbes Auge zum Vorschein. Scharf sog ich die Luft ein. „Eine Abnormalität“, flüsterte ich nur. Der Unbekannte rollte genervt mit den Augen. „Abnormalität, tzz... Heterochrome Augen ist sind eine Laune Mutter Natur... eine Laune die einen durch das Raster der Gesellschaft jagt. Wenn du bei der Geburt mit irgendetwas „bestraft“ bist, was nicht in das Schema dieser Gesellschaft passt, wirst du verleumdet. Du wirst an den Abgrund der Gesellschaft gehangen und wirst vergessen. Ausgestoßen von den eigenen Eltern, weil die Laune der Natur es einfach nicht gut mit dir meint und die Eltern Angst vor einer Abstufung des Ranges haben. Ja, ja und so was nennt sich hoch entwickelte Gesellschaft. Willkommen im Mittelalter.“ Ich hörte den Hass in seiner Stimme und schluckte. Meinen Blick konnte ich ihm nicht mehr zuwenden. Ich schämte mich. Immerhin hatte er recht mit seinen Worten. Wir sahen auf Menschen, die anders waren, herab wie auf dumme Tiere. Dabei waren sie genauso Menschen, wie wir es waren. Nur das diese halt speziell waren. „Sag, wie heißt du?“, wollte ich nun doch wissen. Er grinste kurz. „Ich werde dir meinen wahren Namen nicht verraten. Ich würde mich und dich damit nur in Gefahr bringen. Da du mir aber geholfen hast, werde ich dir meinen 'anderen' Namen nennen.“ Anderen Namen? Ein Lächeln umspielte seine Züge. Wusste, dass er gerade der Überlegene von uns war. Langsam schritt er auf mir zu. Erst jetzt fiel mir auf, dass er an der linken Seite ein silbernes Glöckchen mit einer rubinroten Feder im Haar eingeflochten hatte, welches bei jeder Bewegung leicht erklang. Als er vor mir stand, beugte er sich leicht zu mir und flüsterte mir dann das Wort 'Aschenvogel' ins Ohr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)