Das Gesetz der Krieger von Akio21 ================================================================================ Kapitel 14: Hinapelz's Bestrafung --------------------------------- In der Nacht wurde Narupfote von Hinapelz geweckt. Sie wollte etwas, was eine Heilerkatze doch nach ihrer eigenen Aussage gar nicht durfte. Und doch – sie konnte anscheinend nicht aufhören. Immer wieder drängte sie sich an ihn, und Narupfote, der irgendwie nicht richtig wach wurde, konnte ihr nicht ausweichen. Ihm wurde klar, das sie ihm etwas gegeben hatte. Irgendein Kraut. Dazu noch ihr Geruch. Sie war zweifellos läufig. „A-Aber was ist mit Kakapelz, er – wird uns hören“, versuchte es Narupfote, aber wenn er ehrlich zu sich war, er wollte überhaupt nicht mehr ausweichen. „Selbst wenn, diese Nacht gehört uns, Narupfote. Nur – diese einzige Nacht, mehr will ich doch gar nicht“, miaute sie und rieb sich schnurrend an ihm. Narupfote gab auf. „Nur – diese – Nacht,“ wiederholte er leise. Ja, es würde nur diese eine Nacht sein, das wussten sie beide. Am nächsten Tag weckte Hinapelz Narupfote nicht, sie ließ ihn ausschlafen. Erst als er wach war setzte sie sich vor ihn. „Narupfote, es wäre möglich, dass es zum Kampf kommt.“ „Was? In Ordnung, ich bin bereit.“ „Nein das bist du nicht. Du bist noch kein Krieger. Du wirst mir helfen, unseren Kräutervorrat aufzustocken und – für den Fall eines Kampfes – an meiner Seite sein und den verletzten Katzen helfen.“ Narupfote wollte protestieren, er erinnerte sich an seinen Traum, aber dann nickte er nur. Er hatte so gut wie keine Erfahrung im Kampf. Dadurch das Kakapelz immer noch Schmerzen hatte und sich zuerst zurecht finden musste mit einem Auge, und auch den Tod seiner Schülerin verkraften musste, hatte Narupfote keinerlei Training bekommen. Hinapelz schien ihm anzusehen, was er dachte. „Gut, hör zu, wir werden wohl den ganzen Tag unterwegs sein. Wenn wir die Kräuter die wir suchen vor Sonnenuntergang finden, werde ich dich im Kampf trainieren.“ „Du kannst kämpfen?“ fragte Narupfote überrascht. Hinapelz schnurrte nur. „Na dann, worauf warten wir noch?“ Narupfote eilte voraus, blieb aber dann wieder abrupt stehen, „öhm, wohin wollen wir?“ „Zum Fluss,“ Hinapelz sprang geschmeidig aus der Höhle und Narupfote folgte ihr. Der schwarze Pelz, die silbernen Augen, ihre Bewegungen – Narupfote konnte den Blick nicht von ihr lassen. Es war für ihn das erste Mal gewesen. Für Hinapelz sicher auch. Warum er? Und warum – behandelte sie ihn nun so, als sei nichts passiert? Ja, es war so ausgemacht, aber – warum dann überhaupt? Unsicher tapste Narupfote hinter ihr her bis sie zum Fluss kamen. Hinapelz sah sich bereit nach den gesuchten Kräutern um, als plötzlich mit unglaublichem Getöse zwei Blitze in den Fluss schossen, bevor es kurz regnete und dann aufhörte. „Oh Mann, hab ich mich erschreckt,“ stöhnte Narupfote und rieb seinen Kopf gegen den Boden. „Was für ein Krach.“ Hinapelz saß ruhig dort, wo sie auch zuvor gesessen hatte. „Der zweite Verstoß gegen die Regel des Sternenclans,“ miaute sie leise. „Was meinst du?“ wollte Narupfote wissen, aber er bekam keine Antwort. „Hinapelz?“ Nanu? „Hinapelz redest du nicht mehr mit mir?“ Immer noch keine Antwort. Vorsichtig stupste Narupfote sie mit der Nase an. Hinapelz drehte langsam den Kopf zu ihm. In ihren Augen konnte er Trauer sehen und – aus ihren Ohren floss Blut. Der Schrecken, als er erkannte was passiert war, fuhr Narupfote in alle Glieder und sein Blut schien sich wie Eis durch seine Adern zu bewegen. Hinapelz war taub geworden. Schweigend zeigte sie ihm die Kräuter die sie brauchten, und erklärte ihm deren Bedeutung. Obwohl sie selbst nichts hörte. Es war so – deprimierend. Gab es nichts, was man tun konnte. Narupfote versuchte sich mit Zeichen verständlich zu machen, aber Hinapelz schüttelte den Kopf. „Das ist die Strafe des Sternenclans.“ „Das kann doch nicht sein, dann müsste ich doch auch bestraft werden.“ Wieder benutzte er Zeichensprache, bewegte seine Ohren, zeigte mit der Pfote zum Himmel und auf sich selbst. Hinapelz schüttelte wieder den Kopf. „Narupfote, sei so nett und fang mir eine Maus.“ Narupfote tat was Hinapelz sagte. Er selbst hatte noch keinen Hunger, und ein Vogel war einfacher, aber wenn es eine Maus sein sollte, das war auch kein Problem. Seine Ohren waren wieder in Ordnung, er kauerte sich auf den Boden und lauschte. Kurz darauf hörte er das Trippeln von kleinen Füßen. Er sah in die Richtung, und sah eine schöne fette Maus, die sich an einem Grashalm empor hangelte. Glück musste man haben. Hier musste er sich nicht lange an schleichen. Er spannte die Muskeln an, achtete auf die Entfernung und sprang. Mit einem schnellen Biss in den Nacken tötete er sie und brachte die Beute zu Hinapelz. Er legte sie vor ihre Füße. Hinapelz nahm eine Beere. Der Geruch kam Narupfote bekannt vor. Mit dem Maul riss Hinapelz der Maus den Bauch auf und steckte die Beere in die Maus, dann schob sie sie zu Narupfote. Gestern – da war es auch so gewesen. Hinapelz hatte ihm eine am Bauch aufgerissene Maus zugeschoben, er hatte sich noch gewundert, sich aber keine weiteren Gedanken gemacht. Und ja, sie hatte auch diesen seltsamen Geruch gehabt. Narupfote sah Hinapelz an. Die nahm die Maus in ihr Maul und ließ sie in den Fluss fallen, wo sie noch kurz an der Oberfläche schwamm und dann versank. Narupfote verstand. Also hatte Hinapelz ihm tatsächlich irgendeine Art von – tja von was – Liebesbeere? gegeben um ihn gefügig zu machen? Darum wurde sie bestraft, aber nicht er? Wollte sie das damit sagen? Warum hatte sie es überhaupt getan, sie war doch so – entsetzt gewesen über sich selbst, als sie sich an ihn geschmiegt hatte. „Warum?“ flüsterte Narupfote leise. Er wusste, sie konnte ihn nicht mehr hören, trotzdem musste er die Frage einfach stellen. Aber Hinapelz schüttelte so heftig den Kopf, das Blutstropfen rechts und links aus ihren Ohren geschleudert wurden. Narupfote wusste nicht, ob sie es nicht sagen konnte, wollte oder vielleicht selbst nicht wusste. Er fühlte sich dennoch schuldig und traurig. Hinapelz rieb tröstend ihren Kopf an seinem Gesicht und zeigte auf die Buchenblätter, die sie gesammelt hatten. Mit den Pfoten verteilte sie sie und Narupfote half ihr dabei. Dann legte sie die Bachminze und die Baldrianblätter auf zwei verschiedene Haufen. Narupfote half ihr dabei. Anschließend nahm sie ein wenig Bachminze und zwei Baldrianblätter in ihr Maul und kaute darauf herum, bis beide zu einem Brei vermischt waren. Diesen spuckte sie dann auf ein Buchenblatt, und rollte es zusammen. Mit einem Grashalm befestigte sie es so geschickt, das der Brei im Buchenblatt eingeschlossen blieb. Narupfote, der sie genau beobachtet hatte, kaute den Brei und spuckte ihn auf die Buchenblätter, während Hinapelz diese zuband. Als sie fertig waren, sah Narupfote sie fragend an. „Es hilft gegen Bauchschmerzen,“ miaute sie zaghaft und Narupfote merkte, das ihre Taubheit es ihr schwer machte zu reden, obwohl sie nicht stumm war. Ja, es verunsicherte sie mehr, als er anfangs gedacht hatte. Narupfote und Hinapelz trugen die verschnürten Buchenblätter zurück ins Lager und er nahm sich vor, mit Hinapelz möglichst wenig zu jaulen, und stattdessen mehr Körpersprache zu benutzen, um ihr die Peinlichkeit zu ersparen. Das hatte sie nicht verdient. Gut, sie hatte ihm was gegeben und es war sicher nicht richtig, aber so eine Strafe, das war sehr grausam vom Sternenclan. Als sie in den Bau zurückkamen wurden sie von Kakapelz freudig begrüßt, es schien ihm viel besser zu gehen und Narupfote sah, dass er nicht nur sein eigenes Bett neu gemacht hatte, sondern das von Hinapelz und Narupfote auch noch. Kakapelz wandte sich zuerst an Hinapelz. „Ich danke dir, Hinapelz, ohne dich wäre ich...“ „Kakapelz,“ unterbrach ihn Narupfote. „Hm?“ Narupfotes Miauen hatte ihn aufhorchen lassen. „Hinapelz ist taub.“ „Wie bitte? Wie ist das passiert?“ Kakapelz war sichtlich geschockt. „Wir waren am Fluss und haben Kräuter gesucht, als plötzlich ein Blitz mit Getöse im Wasser einschlug. Hinapelz stand zu nah.“ Mehr musste Kakapelz nicht wissen. „Das ist schlecht,“ miaute er leise. Seine ganze Energie von vorhin schien mit einem Schlag verschwunden zu sein. „Ich werde gehen und Gelbstern die Neuigkeit berichten,“ erklärte er niedergeschlagen. „Gut, wie du meinst, Kakapelz. Berichte ihm auch, das nur ihre Ohren betroffen sind, aber nicht ihr Verstand.“ Kakapelz sah Narupfote überrascht an. Dann lächelte er. „Verstehe. Und du passt bestimmt gut auf, Narupfote?“ Narupfote nickte, „darauf kannst du dich verlassen.“ „Gut zu wissen.“ „Ah danke Kakapelz, dass du das Moos auf meinem Lager gewechselt hast, ich hatte übrigens den Eindruck du wolltest mir was sagen?“ Kakapelz nickte. „Ich habe keinen weiteren Schüler mehr, außer dir.“ Narupfote senkte den Kopf. „Es tut mir wirklich leid, wegen Sakupfote, ich habe gesehen, wie sehr sie gelitten hat.“ „Du hast es gesehen,“ fragte Kakapelz überrascht. „Ja, als ich vom Sternenclan begrüßt wurde, auch Sakupfote war da.“ „Verstehe. Wie gesagt, außer dir habe ich zur Zeit keinen Schüler. Ich werde dir all mein Können beibringen, Narupfote.“ Narupfotes Schwanz stellte sich vor Freude auf. „Das ist wunderbar. Wann denn?“ „Nach der Versammlung, bist du einverstanden?“ „Und ob ich das bin.“ Kakapelz schnurrte und leckte Narupfote über das Ohr. Dann drehte er sich um und verließ den Bau. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)