Fünf Jahre von Juju ((K)eine Freundschaft für immer) ================================================================================ Kapitel 3: Was damals geschah ----------------------------- „Alles fing vor fünf Jahren an. Das heißt, eigentlich fängt alles schon viel früher an“, begann Kari zu erzählen und starrte in ihren Kaffee. „Kennst du die Teenage Wolves?“ „Klar, wer kennt die nicht?“, antwortete Nana sofort. „Hat Takeru etwa was mit denen zu tun?“ „Nun, der Sänger, Matt, ist T.K.s Bruder. Er und mein Bruder waren beste Freunde und dadurch haben auch T.K. und ich uns kennen gelernt“, antwortete Kari und wandte den Blick nicht von ihrem Kaffee ab. Sie hatte die Hände um die Tasse gelegt und wärmte sie, obwohl es heute kein kalter Tag war. „Matt ist T.K.s Bruder? Der Sänger?“ Kari sah kurz auf und schaute in Nanas verblüfftes Gesicht. Sie nickte. „Genau der.“ „Und dein Bruder... über den weiß ich gar nichts. Er heißt doch Tai, oder?“, fragte sie weiter. „Ja, aber du kennst ihn nicht. Er ist drei Jahre älter als ich und war gerade fertig mit der Oberschule, als wir hier angefangen haben“, erklärte Kari. Sie war immer traurig darüber gewesen, dass sie nie mit Tai auf eine Schule gehen konnte. Nur in der Grundschule hatte es drei Jahre lang geklappt. „Und woher kennt Tai Matt? Aus der Schule?“, fragte Nana neugierig. Kari nickte erneut. „Die haben sich in der ersten Klasse kennen gelernt und wenn sie sich gegenseitig besucht haben, um miteinander zu spielen, haben sie uns immer mitgenommen, damit wir sie nicht nerven konnten.“ Kari musste lächeln bei dieser Erinnerung. „Dann kennt ihr euch ja schon Ewigkeiten“, stellte Nana verwirrt fest. „Wie kommt es, dass ihr dann jetzt nicht mehr miteinander redet?“ „Warte, es geht ja noch weiter“, sagte Kari und seufzte. „Unsere Mütter haben sich auch durch Tai und Matt kennen gelernt und sind immer noch miteinander befreundet. Als T.K. fünf Jahre alt war, haben sich seine und Matts Eltern getrennt und er zog mit Natsuko von Odaiba weg. Deswegen sind wir am Anfang nicht auf die selbe Grundschule gegangen.“ „Ist Natsuko T.K.s Mutter?“, fragte Nana. „Ja und...“ „Und dann hattet ihr erst mal keinen Kontakt mehr?“, unterbrach Nana Kari, die sie kurz unsicher ansah. „Doch. Unsere Mütter haben sich auch öfter mal besucht und da sie wussten, dass Tai und ich uns gut mit T.K. verstehen, waren wir auch oft bei den Treffen dabei. Manchmal waren auch nur T.K. und ich da und deswegen sind wir in der Zeit gute Freunde geworden und...“ Sie machte eine Pause und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Es fiel ihr schwer, den nächsten Satz auszusprechen. „Und was?“, hakte Nana nach, als ihr die Pause zu lang wurde. „Und ich glaube, ich habe mich irgendwann in der Zeit ein bisschen in ihn verliebt. Jedenfalls zogen Natsuko und T.K. wieder zurück nach Odaiba und wir kamen gemeinsam in die fünfte Klasse. Ich habe mich so sehr darüber gefreut“, erzählte Kari und spürte, dass ihre Wangen rot wurden. Nana machte ein verträumtes Gesicht und ihre Augen glitzerten. „Wie süß“, fand sie. „Eine unschuldige Kinderliebe.“ „Ich weiß doch gar nicht, ob er auch in mich verliebt war“, sagte Kari und schüttelte den Kopf, als wollte sie dadurch diesen Gedanken loswerden. „Jedenfalls gingen wir dann zwei Jahre in eine Klasse und haben so oft auch die Nachmittage miteinander verbracht. Und die Wochenenden. Er war einfach der beste Freund, den ich mir nur vorstellen konnte. Und ich war seine beste Freundin. Ich habe ihn immer aufgeheitert, wenn er wieder traurig war wegen der Scheidung seiner Eltern. Dann habe ich ihn zu uns nach Hause eingeladen und wir haben Tai geärgert.“ Wieder musste Kari lächeln. „Ist ja echt schön. Ich hatte nie einen männlichen besten Freund“, seufzte Nana. „Aber wie kam es denn nun, dass ihr nicht mehr miteinander redet?“ „Naja...“ Wieder machte Kari eine längere Pause und suchte nach den richtigen Worten. „Eines Tages, kurz nach Ende der sechsten Klasse, kam T.K. zu mir nach Hause und erzählte mir, dass er am nächsten Tag nach Frankreich fliegt. Ich war erst mal traurig, weil ich ihn eine Woche oder zwei oder drei nicht sehen würde. Er ist oft in Frankreich, weißt du? Seine Großeltern leben da. Und immer, wenn er dort war, habe ich mich schrecklich gelangweilt und ihn vermisst. Und ja...“ Kari holte kurz Luft. Ihr Inneres fühlte sich seltsam an, als wäre es zu groß für ihren Körper. „Ich meinte eben, dass wir uns dann halt später sehen und habe mich gewundert, warum er mir nicht schon eher gesagt hat, dass er in den Urlaub fährt. Normalerweise kündigte er das immer Wochen vorher an.“ Kari strich sich unruhig eine Haarsträhne hinter die Ohren. Nana hatte sie nicht mehr unterbrochen, sondern musterte sie nur gespannt. „Dann hat er mir eben gesagt, dass er diesmal für immer nach Frankreich fliegt.“ Kari blickte in ihren Kaffee, der mittlerweile nur noch lauwarm war. Sie trank einen Schluck und verzog das Gesicht. „Wie jetzt, er hat dir einen Tag vor seiner Abreise gesagt, dass er für immer weg geht?“, fragte Nana und starrte sie ungläubig an. „Mhm“, machte Kari und nickte. „Wie hast du reagiert?“, fragte Nana mit hochgezogenen Augenbrauen. „Ich habe es ihm erst gar nicht geglaubt und dachte, das war ein Scherz, um mich zu ärgern. Aber er ist so ernst geblieben und hat nur Tschüss gesagt und dass ich auf mich aufpassen soll. Und dass er mir schreiben will. Da habe ich gemerkt, dass er es ernst meint.“ „Wow, das ist echt... hart“, fand Nana und schüttelte gedankenverloren den Kopf. „Ich war natürlich total geschockt und traurig und habe ihn gefragt, warum er mir das einen Tag vorher sagt. Er meinte, er hätte einfach keine richtige Gelegenheit gefunden, mir das zu sagen, weil er wusste, dass ich traurig sein würde und dass er genauso traurig ist. Er wollte lieber die letzten Wochen mit mir ganz normal verbringen.“ „Oh, das ist aber... oh!“ Nana hatte die Augenbrauen kritisch zusammengezogen und schüttelte den Kopf, sodass ihr Haar hin und her schwang. „Irgendwie kann ich ihn ja verstehen, aber das war echt blöd.“ „Ja“, murmelte Kari. „Danach ist er einfach gegangen und ich habe den Rest des Tages in meinem Zimmer verbracht und nur die Wand angestarrt.“ „Kann ich verstehen“, meinte Nana mitleidig. „Hätte ich wohl auch gemacht. Aber ich glaube, ich hätte ihn auch angeschrien. Hattet ihr danach nie wieder Kontakt?“ „Doch“, antwortete Kari. „Er hat mir einen Brief geschrieben, nachdem er in Frankreich angekommen war. Darin stand, dass es ihm Leid tut, dass er mir nicht eher Bescheid gesagt hat. Er hat gefragt, wie es mir geht und was ich so mache und naja... Smalltalk eben.“ „Als ob nichts gewesen wäre?“, warf Nana ungläubig ein. „Ja, so ungefähr. Ich habe ihm nicht auf diesen Brief geantwortet und die Wochen danach ständig geheult. Ich habe mich einfach so hintergangen gefühlt. Ich glaube, unsere Freundschaft hat ihm einfach viel weniger bedeutet als mir. Für mich war er einfach eine der wichtigsten Personen in meinem Leben, während ich für ihn anscheinend nur eine nebensächliche Schulkameradin war.“ Kari sah auf und schaute in Nanas Gesicht, das so mitleidig aussah, dass sie es fast schon bereute, ihr die Geschichte mit T.K. erzählt zu haben. „Wie traurig“, sagte sie leise und sah nun ebenfalls in ihre mittlerweile leere Kaffeetasse. „Und dann hattet ihr keinen Kontakt mehr?“ „Nein“, antwortete Kari und schüttelte den Kopf. „Er hat mir immer zu meinem Geburtstag Briefe geschrieben, die ich nie aufgemacht habe.“ Sie dachte an die unterste Schublade ihres Schreibtisches zu Hause, in der sich die fünf Briefe säuberlich übereinander gestapelt befanden und noch immer darauf warteten, geöffnet zu werden. Sie hatte schon ewig nicht mehr in diese Schublade gesehen, das letzte Mal an ihrem Geburtstag, an dem sie den fünften Brief einfach dort hinein befördert hatte. An diesem Tag waren diese Briefe nichts Besonderes mehr gewesen, sondern einfach etwas, das jedes Jahr an Karis Geburtstag auftauchte und sofort missachtet in der Versenkung verschwand. Doch nun dachte sie an diese Briefe, wie sie in ihrem Schreibtisch lagen, ungelesen. Unwillkürlich fragte Kari sich, was wohl genau darin stand. „Vielleicht solltest du mal mit ihm über das Ganze reden“, schlug Nana vor, wie es auch Tai, Davis und Ken schon vorgeschlagen hatten. „Nein. Ich will nicht. Ich habe so lange gebraucht, darüber hinweg zu kommen und hatte ihn schon fast vergessen mittlerweile. Ich will nicht alles wieder aufwärmen“, widersprach Kari, genau wie sie immer widersprach. „Ich muss jetzt nur noch ein Schuljahr mit ihm überstehen, danach sehe ich ihn nie wieder.“ „Aber das ist doch traurig. Ihr wart so gut befreundet“, fand Nana. „Offensichtlich nicht so gut, wie ich dachte“, erwiderte Kari trocken. „Hast du die Briefe eigentlich noch? Die er dir an deinen Geburtstagen geschrieben hat, meine ich.“ „Mhm“, machte Kari. „Dann solltest du vielleicht zumindest die mal öffnen. Ich wäre viel zu neugierig, um sie nicht aufzumachen“, meinte Nana. Kari zuckte nur lustlos mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Was soll schon anderes drin stehen als 'Alles Gute zum Geburtstag'?“ „Das wirst du nie erfahren, wenn du sie nicht aufmachst“, antwortete Nana bestimmt. Kari warf ihr einen bedrückten Blick zu. „Ich sagte doch, ich habe mit der Sache schon abgeschlossen und will sie nicht wieder hoch holen.“ „Weshalb hast du die Briefe dann aufgehoben? Es muss dich ja doch interessieren, was drin steht, sonst hättest du sie weggeworfen. Ich glaube, du hast mit der Sache nicht so abgeschlossen, wie du behauptest.“ Nana verschränkte die Arme vor der Brust und durchbohrte Kari mit ihren Blicken, die in sich zusammensank. „Keine Ahnung“, murmelte sie nur. „Vielleicht mache ich sie irgendwann noch auf.“ Hosted by Animexx e.V. 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