Fünf Jahre von Juju ((K)eine Freundschaft für immer) ================================================================================ Kapitel 33: Warum Mädchen zu zweit aufs Klo gehen ------------------------------------------------- Niedergeschlagen hockte Kari neben Nana vor dem Theatergebäude auf der Treppe und wartete, dass die Show vorbei war. Nana versuchte die ganze Zeit, sie aufzubauen, doch es brachte nichts. Kari sah ihre Zukunft den Bach runtergehen. Sie wartete nur noch auf ihre Eltern und hoffte, dass sie weder Tai noch Mimi und schon gar nicht T.K. noch einmal begegnen musste. Sie wollte jetzt niemanden sehen und einfach nur nach Hause, um in ihrem Zimmer in Selbstmitleid zu versinken. „Ich glaube, die Show ist vorbei“, sagte Nana plötzlich und deutete auf das Gebäude hinter ihnen. Kari drehte sich um und sah, dass einige Leute herauskamen. Sie stand auf und hielt nach ihren Eltern Ausschau. Hoffentlich warteten die nicht noch auf Tai und Mimi. Sie wollte nicht aufgemuntert oder bemitleidet werden, weil sie einen Fehler gemacht hatte, der dafür zuständig war, dass sie nun keine Chance mehr auf der Juilliard hatte. Dummerweise erschienen T.K. und Ken vor Karis Eltern und kamen auf die Mädchen zu. „Ihr wart großartig“, sagte Ken lächelnd, schloss Nana in die Arme und küsste sie auf die Stirn. „Das war toll. Weißt du schon, ob sie dich nehmen oder nicht, Kari?“ „Mann, Kenni, das erfährt sie doch erst im Dezember. Dann schicken sie die Zusagen und Absagen raus“, klärte Nana ihn auf. „Ich hab' zwar keine Ahnung vom Tanzen, aber sie nehmen dich bestimmt“, meinte T.K. zuversichtlich und lächelte Kari an. Diese machte nur ein finsteres Gesicht. „Was ist denn los?“ „Sie hat einen Fehler gemacht und jetzt denkt sie, die Welt geht unter“, antwortete Nana an Karis Stelle und machte eine wegwerfende Handbewegung in ihre Richtung. „Du hast einen Fehler gemacht?“, fragte Ken verdutzt. „Ich habe auch keinen gesehen“, sagte T.K. und legte den Kopf schief. „Siehst du?“, sagte Nana an Kari gewandt und stemmte bestätigend die Hände in die Hüften. „Und jetzt hörst du bitte endlich auf, dich fertig zu machen!“ Kari erwiderte nichts, sondern verschränkte nur die Arme vor der Brust und kickte einen kleinen Stein mit dem Fuß weg. Nana plauderte unbekümmert mit Ken, doch Kari hörte nicht mehr zu. Sie starrte den Boden an und versuchte, sich vorzustellen, wie sie die Absage wohl formulieren würden. Und ob sie vielleicht nächstes Jahr noch mal eine Chance hatte. Aber was sollte sie in der Zwischenzeit machen? Aus den Augenwinkeln sah sie, wie T.K. sich zu ihr herab beugte. „Vielleicht hätte ich dir vor dem zweiten Auftritt auch noch einen Glücksbringer geben sollen.“ Sie sah ihn an und blickte direkt in sein schiefes Lächeln. Ihre Wangen fühlten sich heiß an. „Wer weiß. Vielleicht hätte es was geholfen“, murmelte sie verlegen. „Übrigens, was ich dich noch fragen wollte...“ „Takeru!“ Sie drehten sich um und erkannten Aya, die gerade angelaufen kam. Sie strahlte ihn an und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. „Wie fandest du unseren Auftritt?“, fragte sie mit glockenheller Stimme. „Bis auf Hikaris Patzer am Ende ist alles super gelaufen.“ „Ja, der Patzer ist mir gar nicht aufgefallen“, antwortete T.K. schulterzuckend. „Naja, einem Profi fällt er schon auf. Tut mir echt Leid für dich, Hikari. Ich glaube nicht, dass die Juilliard das entschuldigen kann.“ Sie sah Kari so übertrieben mitleidig an, dass selbst ein Blinder erkannt hätte, dass das nur gespielt war. „Ach, ich will eh lieber in Japan bleiben“, erwiderte Kari in einem möglichst gleichgültigen Ton, obwohl ihr eher nach heulen zumute war. Es fühlte sich an, als hätte sie einen Kloß im Hals. Aya hob eine Augenbraue. „So? Und warum hast du dich dann da beworben?“ Kari setzte einen vielsagenden Blick auf, wusste jedoch nicht, was sie antworten sollte. „Tja weil... ich... es eben einfach mal probieren wollte. Man weiß ja nie.“ Sie zuckte betont gleichgültig mit den Schultern und meinte, in Ayas Augen Spott zu erkennen. „Man soll ja nichts unversucht lassen, nicht wahr?“, entgegnete diese. „Ach und Takeru? Möchtest du vielleicht kurz mitkommen? Meine Eltern wollten dich mal kennen lernen.“ T.K. hob überrascht die Augenbrauen und Kari fiel die Kinnlade herunter. Ihre Eltern wollten ihn kennen lernen? Hatte sie sich das gerade ausgedacht? Was hatte sie ihnen über ihn erzählt? Als was würde sie ihn vorstellen? Ihren Schulkameraden? Ihren Freund? Den Vater ihrer zukünftigen Kinder? „Ähm, okay?“, erwiderte T.K. und wirkte ratlos. Aya zog ihn schon mit sich mit, als Kari noch etwas einfiel. „Was wolltest du mich eigentlich fragen?“ Sie blieben stehen und Aya musterte ihn neugierig. Er zögerte einige Sekunden. „Ein andermal.“ Dann verschwand er mit Aya in der Menschenmenge, die aus dem Theater strömte und ließ Kari stehen wie einen begossenen Pudel. „Was war denn jetzt? Was wollte die?“, fragte Nana, die die ganze Zeit mit Ken beschäftigt gewesen war. „Was schon?“, grummelte Kari. „Mir auf die Nerven gehen und T.K. mitnehmen. Warum lässt der sich von ihr nur so einlullen?“ Nana zuckte ratlos mit den Schultern und auch Ken wusste keine Antwort. Doch Kari hatte keine Zeit, weiter über T.K.s Verhalten nachzudenken, denn ihre Eltern, Tai und Mimi erschienen. „Kari, das war super!“, rief Mimi und umarmte sie. „Und mach dir keine Sorgen. Der kleine Fehler ist nebensächlich, da bin ich mir sicher.“ Mimi war er also aufgefallen, aber das wunderte Kari wenig. „Und wenn sie dich nicht nehmen, fahr ich da eben hin und mach' sie fertig“, meinte Tai abwinkend und kassierte von Mimi einen Ellbogenstoß in die Rippen und von seiner Mutter einen finsteren Blick. „Wie oft noch? Du sollst vor ihm nicht so reden“, zischte Mimi und rieb sich mit einer Hand den Bauch. „Ich will nicht, dass er... oh!“ Sie hielt inne und machte große Augen. „Was? Was ist los?“ Tai wirkte sofort alarmiert und Kari dachte, er würde gleich nach seinem Handy greifen und einen Krankenwagen rufen. Auch Karis Eltern und Nana und Ken starrten Mimi ein wenig erschrocken an, während sie auf ihrem Bauch herum tastete. „Ich glaube, er hat mich gerade getreten. Ah, schon wieder!“ Mimi hielt sich die flache Hand ein wenig seitlich auf den Bauch. „Zeig mal“, forderte Tai sofort und Mimi griff nach seiner Hand und legte sie auf die richtige Stelle. „Ja, ich kann es spüren.“ Seine Augen leuchteten und er sah Mimi aufgeregt an. Yuuko lächelte liebevoll. „Das wirst du bis zur Geburt noch sehr oft spüren können.“ „Ich habe es auch schon oft gemerkt, aber konnte es nicht zuordnen“, erklärte Mimi, während Tai sich noch immer mit den Tritten des Kindes beschäftigte. „Manchmal habe ich ein komisches Flattern gemerkt oder einen leichten Stupser, aber ich habe gar nicht daran gedacht, dass das das Baby sein könnte. Gerade eben war es aber stärker als sonst.“ „Wird bestimmt mal ein Fußballer“, meinte Tai stolz. „Das ist dein erstes Kind. Da ist es ganz normal, dass du die ersten Bewegungen nicht so wahrnimmst“, antwortete Yuuko. „Ich glaube, wir sollten ihn Christiano nennen“, murmelte Tai. „Oder David. Oder Lionel.“ „Ich will auch mal“, mischte Kari sich ein. Mimi schob Tais Hand unsanft weg und legte dafür Karis an die richtige Stelle. Es dauerte einige Sekunden, doch dann konnte auch Kari es fühlen. Da war eindeutig ein leichter Stupser gegen ihre Hand. „Oh“, seufzte sie und fühlte sich auf einmal voller Liebe. „Hallo, Kleiner. Ich bin's, Kari. Tu deiner Mama nicht weh, hörst du?“ Auch Nana stieß nun einen verträumten Seufzer aus und lehnte den Kopf an Kens Schulter. Dessen Blick war hingegen vollkommen verwirrt und entgeistert. „Ich wusste gar nicht, dass Mimi schwanger ist“, nuschelte er kaum verständlich. „Es tut nicht weh“, sagte Mimi fröhlich. „Es fühlt sich nur ein bisschen komisch an.“ „Es ist so toll und süß“, schwärmte Kari. Sie hätte den ganzen Tag dort stehen und die Tritte des Kleinen fühlen können. Es war unbeschreiblich. „Ist ja auch ein kleiner Christiano“, sagte Tai und schob Kari beiseite, um selbst wieder die Hand auf Mimis Bauch zu legen. „Vergiss es“, erwiderte Mimi und drehte sich von ihm weg. „Nicht Christiano.“ Tai zuckte mit den Schultern. „Dann eben David.“ Bevor die beiden wieder einen Streit anfangen konnten, mischte sich Susumu ein. „So, wir fahren jetzt nach Hause. Kommst du mit, Kari?“ „Jetzt hör schon auf, Trübsal zu blasen.“ Kari reagierte nicht auf die Worte ihrer Mutter. Seit einer Stunde lag sie schon teilnahmslos auf ihrem Bett und spielte mit der Kette, die sie von T.K. zum siebzehnten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Sie drehte die kleine Tänzerin zwischen ihren Fingern hin und her, während sie wieder und wieder an ihren Auftritt dachte. Je öfter sie sich ihn ins Gedächtnis rief, umso schlimmer wurde der kleine Fehler und manipulierte nach und nach ihre Erinnerung an das wirkliche Geschehen. „Wir gehen jetzt essen“, verkündete Yuuko und stemmte die Hände in die Hüften. „Viel Spaß“, murrte Kari, ohne von der Kette aufzublicken. „Du kommst mit“, befahl ihre Mutter und ihr Tonfall verdeutlichte, dass Widerrede nicht erwünscht war. „Hab' keinen Hunger“, entgegnete Kari kurz angebunden. „Hikari Yagami, wirst du dich wohl endlich zusammenreißen!“, rief Yuuko ungeduldig. „Papa und ich sind wahnsinnig stolz auf dich, egal, ob du genommen wirst oder nicht. Du hast deine Sache sehr gut gemacht und die meisten haben nicht mal gemerkt, dass du einen Fehler gemacht hast. Also hör auf, so zu tun, als hinge dein Leben davon ab!“ „Mein Leben hängt davon ab“, murrte Kari. Yuuko schnaubte, packte Karis Handgelenke und zog sie in eine sitzende Position. „Spinn nicht rum und steh endlich auf! Wir wollen los.“ „Ich bleibe hier!“, beschloss Kari trotzig und machte sich von ihrer Mutter los. Diese musterte sie einen Augenblick von oben herab, als versuchte sie, sie mit ihren Blicken umzustimmen. „Na schön. Wie du willst.“ Sie verließ Karis Zimmer und Kari dachte schon, sie hätte endlich aufgegeben, doch dann kam sie mit dem Telefon in der Hand wieder zurück. Skeptisch hob Kari eine Augenbraue, als sie auf den Tasten herumdrückte und sich den Hörer ans Ohr hielt. Sie wartete einige Sekunden, dann schien er oder sie abzunehmen, wen auch immer sie angerufen hatte. „Hallo T.K., hier ist Yuuko Yagami. Ich hoffe, ich störe nicht. Weißt du, Kari liegt hier auf ihrem Bett und...“ „Sag mal, spinnst du?!“ Beim ersten Satz hatte Kari erschrocken die Augen aufgerissen, beim zweiten war sie aufgesprungen und beim dritten hatte sie ihrer Mutter den Hörer aus der Hand gerissen. Wütend funkelte sie ihre Mutter an und hielt sich nun selbst den Hörer ans Ohr. „T.K.?“ Sie lauschte einige Sekunden, konnte aber nichts hören. Yuuko hatte nur so getan als ob. Kari stieß einen lauten Fluch aus und pfefferte das Telefon auf ihr Bett, während ihre Mutter sie triumphierend angrinste. „Reingelegt.“ Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, stampfte Kari ins Bad, um sich für das Essen fertig zu machen. Ihre Eltern plauderten unbekümmert miteinander, während Kari angesäuert hinter ihnen her lief. Sie war wütend auf ihre Mutter, dass sie sie so reingelegt hatte. Und noch wütender war sie auf sich selbst, dass sie auf diesen billigen Trick auch noch hereingefallen war und wie eine Irre reagiert hatte. Was Yuuko jetzt wohl dachte? Ihre Eltern hatten sich für ein mexikanisches Restaurant ganz in der Nähe ihrer Wohnung entschieden. Hier hatten sie schon öfter gegessen und es hatte immer gut geschmeckt. Kari liebte die Enchiladas hier. Als sie das Restaurant betraten, schlug ihnen sofort ein würziger Duft entgegen und nun verspürte Kari doch ein wenig Hunger. Es waren gerade viele Leute da und sie fragte sich, ob es überhaupt noch einen freien Tisch für ihre Familie gab, doch da wurden sie von einem der Kellner begrüßt. Er trug einen Poncho und lächelte breit. „Wir haben bestellt“, sagte Yuuko. „Yagami.“ Sie hatten bestellt? Davon hätten sie Kari auch ruhig etwas erzählen können. Der Kellner nickte und ging ihnen voraus in einen kleineren Nachbarraum zu einem großen runden Tisch, an dem schon Leute saßen. Kari wollte sich schon nach einem anderen Tisch umsehen, als sie die Leute erkannte. Dort saßen Tai, Mimi, Davis, T.K., Ken und Nana und grinsten sie breit an. „Hä?“ Verdattert blickte Kari in die Runde. „Was macht ihr denn alle hier?“ „Überraschung!“, rief Nana und breitete die Arme aus, wobei sie Ken fast im Gesicht erwischte. „Mama hat alle angerufen und eingeladen“, erklärte Tai. Immer noch perplex wandte Kari sich an ihre Mutter und sah sie fragend an. „Du hast in letzter Zeit so viel trainiert und so wenig gelacht. Da dachte ich, du freust dich vielleicht über das hier. Eigentlich wollten wir mit dir feiern, dass du es geschafft hast, aber da du ja so tust, als würde die Welt untergehen, dient es jetzt eher der Aufheiterung“, erklärte Yuuko und zuckte mit den Schultern. „Du bist doof, Mama“, murmelte Kari ein wenig verlegen, bevor sie sich auf den freien Platz neben Nana setzte. Das Essen verlief sehr locker und entspannt und Kari aß so viel wie schon lange nicht mehr. Alle unterhielten sich gut und lachten viel und die Atmosphäre war wirklich angenehm, sodass Kari sich schon wünschte, der Abend würde noch ewig dauern. Doch irgendwann verabschiedeten sich Karis Eltern mit den Worten, die Jugend bräuchte auch mal ein bisschen Zeit ohne die Alten. Darüber konnte Kari nur die Stirn runzeln. Kurz darauf machten sich auch Tai und Mimi auf den Weg nach Hause, sodass nur noch Kari, Davis, Ken, T.K. und Nana übrig blieben. Die Stimmung wurde auf einmal etwas gedrückt. Mit vier Leuten mehr am Tisch war es nicht aufgefallen, dass es zwischen Davis und Ken offensichtlich ein Problem gab, doch nun war es schwierig, ausgelassen zu plaudern. Kari versuchte die ganze Zeit, irgendwelche Themen anzuschneiden, bei denen beide mitreden konnten und die möglichst unverfänglich waren, geriet dadurch allerdings ein wenig unter Druck. Irgendwann gegen halb elf stand Nana auf. „Kari, kommst du noch mal mit aufs Klo? Ich möchte nicht allein gehen.“ Kari nickte und stand ebenfalls auf. Sie musste ohnehin auf die Toilette. „Dass ihr Frauen aber auch immer zusammen aufs Klo rennen müsst“, kommentierte Davis spöttisch. „Hey T.K., kommst du auch mit aufs Klo, wenn ich das nächste Mal muss?“ T.K. hob die Augenbrauen. „Wieso? Brauchst du Hilfe beim Halten?“ Sie lachten und Kari und Nana entfernten sich vom Tisch und gingen zur Toilette. Sie nahmen benachbarte Kabinen. „Sag mal, Kari“, hörte Kari Nana auf einmal anfangen und fragte sich schon, was jetzt wohl kam. „Kannst du nicht einfach erzählen, was los ist?“ „Was los ist?“, wiederholte Kari verwirrt. „Naja zwischen Ken und Davis. Du weißt es, hab' ich Recht?“ Kari biss sich auf die Unterlippe und überlegte, was sie antworten sollte, doch Nana schien ihr Zögern Antwort genug zu sein. „Ich hab' Recht.“ „Ja“, gab Kari zu. „Bitte erzähl' es mir. Es kann doch nicht so bleiben, wie es jetzt ist“, bat Nana und seufzte. „Ich kann nicht. Ich habe Davis versprochen, es niemandem zu erzählen“, erwiderte Kari bedauernd. „Aber ist dir denn egal, dass die beiden kein Wort mehr miteinander reden? Ken ist total fertig deswegen.“ „Natürlich ist mir das nicht egal!“, entgegnete Kari entrüstet. „Aber was soll ich denn dagegen machen? Es geht mich doch eigentlich gar nichts an und ich sollte mich da nicht einmischen.“ „Aber wollen die beiden sich jetzt bis an ihr Lebensende anschweigen?“, fragte Nana. „Ken zerbricht sich den Kopf darüber, was er falsch gemacht hat. Er redet von nichts anderem mehr. Das kann doch nicht ewig so bleiben.“ Das konnte Kari sich bei Ken lebhaft gut vorstellen, denn zu ihr war er ja auch gekommen, um zu erfahren, was mit Davis los war. Und so langsam bekam Kari das Gefühl, dass Davis nicht vorhatte, an der Situation etwas zu ändern, sondern einfach zu warten, bis das Schuljahr vorbei war und sich dann zu verziehen, um dem Problem einfach aus dem Weg zu gehen, anstatt darüber zu reden. „Na schön.“ Beide gleichzeitig verließen sie die Kabinen und gingen zu den Waschbecken. „Ich erzähle es dir, aber du darfst es auf keinen Fall irgendjemandem erzählen.“ Mit großen Augen sah Nana sie an. „Okay.“ „Versprichst du es?“ „Jaja“, sagte sie ungeduldig. Kari hob eine Augenbraue. „Schwörst du?“ „Ich schwöre.“ Kari holte tief Luft. „Davis ist in Ken verliebt.“ Nana klappte der Mund auf, als wollte sie etwas sagen, dann prustete sie los. Verwirrt runzelte Kari die Stirn. Was war daran so komisch? „Oh, du meinst das ernst?“, fragte Nana und machte große Augen. „Natürlich meine ich das ernst“, entgegnete Kari unwirsch. Einen Augenblick lang starrte Nana sie an, die Hände noch immer unter laufendes Wasser haltend. „Das... ist... damit hätte ich nie gerechnet.“ „Ich auch nicht“, gab Kari zu. „Aber es ist so. Deswegen ist Davis so drauf. Ich dachte erst, er wäre in dich verliebt und eifersüchtig auf Ken, aber es ist genau andersherum.“ Mit geistesabwesendem Blick stellte Nana den Wasserhahn ab und lehnte sich gegen das Waschbecken. Kari würde gern wissen, was sie gerade dachte. „Er muss es ihm sagen“, verkündete sie nach einer Weile. „Er muss es ihm wirklich sagen.“ „Der Meinung bin ich auch, aber ich konnte ihn noch nicht überreden. Ich glaube irgendwie nicht, dass er es tun wird“, antwortete Kari. „Das kriegen wir hin.“ Nana machte ein so entschlossenes Gesicht, sodass Kari sich schon um ihren Plan sorgte, obwohl sie ihn noch nicht einmal ausgesprochen hatte. Vielleicht existierte auch noch gar kein Plan und trotzdem wusste Kari, dass er mit vielen Risiken verbunden sein würde. „Ich weiß nicht, wir sollten uns da nicht so einmischen“, murmelte Kari unsicher, blickte ihr Spiegelbild an und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Und ob wir das sollten. Männer kann man nichts allein machen lassen, da müssen wir schon eingreifen. Sonst wird das nichts“, erklärte Nana und schlug sich mit der Faust gegen die flache Hand. „Vielleicht sollten wir es einfach Ken erzählen.“ „Nein!“, rief Kari und starrte sie entgeistert an. „Du hast versprochen...“ „Jaja, schon gut“, unterbrach Nana sie abwinkend. „Aber irgendwas müssen wir unternehmen.“ „Ja, nämlich T.K. retten“, murmelte Kari. „Der Arme sitzt da ganz allein mit zwei Jungs, die kein Wort mehr miteinander reden.“ „Vielleicht hat er sie ja auch schon versöhnt“, scherzte Nana und sie gingen gemeinsam zurück an ihren Tisch. „Mein Gott, was habt ihr denn die ganze Zeit gemacht?“, fragte Davis spöttisch, als sie sich auf ihre Plätze setzten. „Wir haben unsere Tage und mussten unsere Tampons wechseln“, antwortete Nana trocken. Angewidert verzog Davis das Gesicht, während Ken sie verdattert ansah und T.K. so zu tun schien, als hätte er es nicht gehört. Kari kicherte nur etwas verlegen. „Tja, blöde Frage, blöde Antwort“, meinte Nana schulterzuckend. „Es wird Zeit für mich zu gehen“, murmelte Davis. „Bevor ich noch mehr Dinge erfahre, die ich nie wissen wollte.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)