Just Another Day at the Tower von Morwen (Steve/Tony) ================================================================================ Kapitel 3: Three ---------------- „Ein... was?“ „Ein Standardabwehrreaktionstest.“ Tony drehte seinen Stuhl halb zu Steve herum und lächelte schief. „Stell es dir als das Avengers-Äquivalent zur Feuerschutzübung vor.“ „Das heißt, wir stehen gar nicht unter Beschuss?“ Steve starrte ihn fassungslos an. „Außerhalb des Towers ist die Welt völlig in Ordnung?“ „Tja.“ Tony zuckte mit den Schultern und schielte dann zum Bildschirm hinüber. „Muss seltsam von draußen ausgesehen haben, als der Turm plötzlich sämtliche Schilde hochgefahren hat...“ „Tony! Warum um alles in der Welt programmierst du so etwas? Und vor allem – wieso hast du uns nie gesagt, dass so etwas mal passieren könnte?“ „Weil ich es schlichtweg vergessen habe“, erklärte Tony mit ruhiger Stimme. Er spürte, dass Steve kurz davor war, ihn am Kragen zu packen und zu schütteln. „Zwischen dem Wiederaufbau des Towers nach dem Angriff der Chitauri und dem heutigen Tag sind sehr viele Dinge passiert, wie du weißt. Ich bin ein Genie, aber auch ich kann nicht ständig an alles denken.“ „Sir, wenn ich etwas sagen dürfte...“ „Nicht jetzt, JARVIS“, unterbrach ihn Tony genervt. „Du hast einen Job zu erledigen: scanne den Tower und finde diese verdammte Spinne! Ich habe dir eben Zugriff auf das gesamte Gebäude verschafft.“ „Sir, ich bin durchaus in der Lage, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Ich wollte Sie bezüglich des Standardabwehrreaktionstests nur darauf aufmerksam machen, dass-“ „Ja, verdammt, ich bin an allem schuld und habe es vermasselt! – Ist es das, was du hören willst?“ „Es ist nicht so, dass ich Ihren seltenen Moment der Einsicht nicht bewundern würde, aber-“ Tony verdrehte die Augen. „JARVIS, Stummschaltung!“, rief er und abrupt verstummte der Computer. Tony schüttelte nur den Kopf. „Meine Güte...“ Dann sah er wieder zu Steve auf, der ihn immer noch mit finsterer Miene anstarrte, und er seufzte. „Hör zu... es tut mir leid, okay?“ Tony zwang sich, dem anderen ins Gesicht zu sehen und nicht sofort wieder den Blick abzuwenden. „Als wir den Tower nach dem Wiederaufbau in Betrieb genommen haben, habe ich die Software des Hauses so programmiert, dass sie hin und wieder von selbst eines der Notfallprotokolle aktiviert – um den Avengers eine Gelegenheit zu geben, für den Ernstfall zu trainieren. Wann diese Tests stattfinden, weiß ich selbst nicht, das legt der Computer automatisch fest. Mich trifft es also genauso unvorbereitet, wie euch.“ Er rieb sich die Wange und warf dann erneut einen Blick auf den Bildschirm. „Damals konnte ich ja nicht ahnen, wie häufig wir später im Einsatz sein würden, und dass sich so ein Test eher als hinderlich, denn als lehrreich für das Team erweisen würde. Im Moment läuft das  Programm automatisch einmal komplett durch, aber sobald die Schilde wieder unten sind, werde ich sofort die Software umprogrammieren, damit so etwas nicht noch mal passiert, versprochen.“ Steve sagte noch immer kein Wort, was dem anderen Mann etwas Sorgen machte, aber nach einer Weile verschwand der finstere Ausdruck von seinem Gesicht und wich Resignation. „Du hast diesen Test programmiert, damit wir wachsam bleiben“, meinte er schließlich. „Ich erkenne die gute Absicht dahinter, auch wenn ich etwas enttäuscht bin, dass du mir nie Bescheid gesagt hast.“ Tony seufzte innerlich vor Erleichterung auf. Steve würde ihm also offenbar doch nicht den Kopf abreißen. Das gab ihm Hoffnung. „Aber ich werde die anderen auch nicht davon abhalten, dich zu massakrieren, sobald sie herausgefunden haben, warum wir uns in dieser Lage befinden“, fuhr Steve ungerührt fort und Tonys Mut sank wieder etwas. „Ihrem Zorn musst du dich allein stellen.“ Dann beugte er sich über Tonys Schulter und sah auf den Bildschirm. „Wie lange dauert es noch, bis Notfallprotokoll 1 wieder deaktiviert wird und der Tower in den Standardmodus zurückkehrt?“, fragte er. „Der Test dauert insgesamt zwei Stunden“, erklärte Tony, der froh darüber war, dass sich für Steve die Sache damit erledigt hatte. Ein nachtragender Liebhaber war das Schlimmste überhaupt. „Also noch etwa eine Stunde und fünfzehn Minuten, bis die Schilde sich wieder zurückziehen.“ „Gut.“ Steve nickte. „Und wie lange, bis JARVIS den Tower komplett gescannt hat und wir endlich wissen, wo sich diese Spinne befindet?“ „Ungefähr zwanzig Minuten. Ich habe die Parameter so eingestellt, dass wir nach beendetem Scan die genaue Position von jedem einzelnen Staubkorn im Gebäude kennen. Das Mistvieh wird uns nicht entgehen.“ „Zwanzig Minuten.“ Steve strich sich über das Kinn. „So lange werden wir hier also erst mal festsitzen.“ „Es müssen keine langweiligen zwanzig Minuten sein“, meinte Tony und grinste. „Mir fallen eine Menge Dinge ein, die man in zwanzig Minuten machen kann...“ Steve warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Mir auch“, entgegnete er. „Vor allem eines... und es beinhaltet den Gebrauch unserer Zungen.“ „Ohh, kinky!“ Tony rutschte ungeduldig in seinem Sitz hin und her. „Was ist es? Und bitte, lass kein schmutziges Detail aus!“ Schlagartig wurde Steve wieder ernst. „Reden, Tony“, sagte er. „Ich meine Reden.“ Er wandte sich ab und sah zu der Rüstung am anderen Ende des Raumes hinüber. „Und zwar müssen wir dringend über deine neue Rüstung reden“, fuhr er fort. „Und darüber, wie sehr dich Iron Man mittlerweile auffrisst. Was du dir selbst für ihn antust... es macht mir Sorgen.“ Tony runzelte die Stirn und erhob sich von seinem Drehstuhl. „Modell 42 ist eine logische Weiterentwicklung meiner bisherigen Rüstungen“, verteidigte er sich. „Ich sehe das Problem nicht, das du damit hast.“ „Das Problem?“ Steve drehte sich zu ihm herum. „Ich zeige dir, was für ein Problem ich damit habe!“ Er packte Tony unsanft am Unterarm und schob den Ärmel seines Morgenmantels hoch. Mehrere Implantate schimmerten wie kleine, dunkle Knöpfe auf Tonys Arm dicht unter der Haut. „Die Rüstung wird langsam zu einem Teil von dir, und das macht mir Angst.“ Steves Stimme war leise, aber eindringlich, und sein Blick ruhte auf Tonys Gesicht. „Der ARC-Reaktor ist eine Sache – du brauchst ihn, um zu überleben. Aber die ganze Rüstung zu einem Teil deines Körpers zu machen... das kann ich nicht gutheißen.“ Tony erwiderte ruhig seinen Blick. „Ich weiß, was ich tue, Steve“, erwiderte er. „Ich kann sie kontrollieren.“ „Kannst du das?“ Steve strich sacht mit dem Daumen über eines der Implantate in Tonys Arm und der andere bekam eine Gänsehaut. „Du hast Iron Man direkt an dein zentrales Nervensystem gekoppelt. Wenn dir Gefahr droht, tut die Rüstung automatisch alles, was sie für richtig hält, um dich zu beschützen. Egal, ob andere dabei Schaden nehmen.“ „Oh, bitte.“ Tony hob eine Augenbraue. „Die Rüstung würde dir nie etwas antun, dazu wäre sie gar nicht fähig. Dafür steckt viel zu viel von mir in ihr.“ „Ich rede nicht nur von mir“, entgegnete Steve. „Ich rede auch von den anderen Bewohnern dieses Turms. Janet hat sich letztens fast zu Tode erschreckt bei dem Vorfall in der Küche...“ „Ich habe von einer Bar in der Karibik geträumt, woher sollte ich denn ahnen, dass die Rüstung plötzlich mitten in der Nacht unseren Kühlschrank plündern würde, um sich einen Drink zu machen?“ „Genau das meine ich!“ Steve schüttelte frustriert den Kopf. „Du hast langsam keine Kontrolle mehr über das, was sie tut, Tony, begreif es doch mal!“ „Und was soll ich tun, deiner Meinung nach? Ich bin nun mal Iron Man, verdammt!“ Tony entzog sich Steves Griff und schlug wütend seine Hand beiseite. „Die Rüstung wird immer ein Teil von mir sein, ob es dir passt oder nicht!“ „Aber nicht in diesem Ausmaß!“, erwiderte Steve nicht minder heftig. „Nicht so, dass du dich völlig von ihr abhängig machst! Dass ich manchmal am Morgen aufwache und du in voller Montur neben mir liegst, weil du einen Alptraum hattest und die Rüstung dachte, sie muss dich beschützen, weil sie Traum nicht von Realität unterscheiden kann!“ Er hielt inne und zwang sich, mehrmals tief durchzuatmen, bevor er mit etwas ruhigerer Stimme weitersprach. „Bisher musste ich mich nie fragen, wo die Rüstung aufhört und der Mann, den ich liebe, beginnt. Aber langsam erkenne ich keine klare Grenze mehr zwischen beiden und das macht mir Angst, Tony. Große Angst sogar...“ ~*~ „Kino: check“, sagte Clint und stemmte die Hände in die Hüften. „Langsam weiß ich nicht mehr, wo wir überhaupt noch suchen sollen.“ Er sah zu Thor hinüber, der sich auf den Boden gekniet hatte, um unter einer der Sitzreihen nachzusehen. Das Weinrot der samtbespannten Sitze biss sich mit dem Neongelb seines T-Shirts auf eine Weise, die fast körperlich wehtat, wenn man zu lange hinsah. „Entweder ist die Bestie eine Meisterin der Tarnung“, meinte der Donnergott, „oder sie weilt schon längst nicht mehr hier.“ „Den Verdacht habe ich auch langsam“, entgegnete Clint leise. Dann hörte er hinter sich ein Scharren, das ihn instinktiv herumfahren und in der gleichen fließenden Bewegung einen Pfeil aus seinem Köcher ziehen und abschießen ließ. Er verfehlte Janes Gesicht nur um wenige Zentimeter. Mit weit aufgerissenen Augen ließ Clint seinen Bogen wieder sinken. „Herrgott noch mal, Jane!“ rief er. „Du kannst dich doch nicht einfach so von hinten heranschleichen! Ich hätte dich fast umgebracht, verdammt!“ Sie war nicht weniger schockiert, als er, und erst, nachdem Thor Clint beiseitegeschoben und sie in seine Arme gezogen hatte, entspannte sie sich langsam wieder. „Beeindruckende Reflexe“, meinte Carol, die neben Jane in den kleinen Kinosaal getreten war. Sie legte kurz eine Hand auf Clints Oberarm, als sie an ihm vorbeiging. „Keine Sorge“, fügte sie dann hinzu. „Ich hätte den Pfeil abgefangen, bevor er sie getroffen hätte. Aber du hast seine Flugbahn ja rechtzeitig korrigiert.“ „Gut zu wissen“, murmelte Clint, der sich nicht sicher war, ob Carol ihn anlog, um sein Gewissen zu beruhigen, oder ob sie ihm tatsächlich die Wahrheit erzählte. „Schon irgendwelche Neuigkeiten von Cap und Stark?“, fragte Carol dann und lehnte sich gegen die Sitzreihe, die ihr am nächsten war. „Negativ.“ Clint schüttelte den Kopf. „Entweder lassen sie sich Zeit, oder es ist ernster, als wir dachten.“ „Ja, das war auch meine Vermutung.“ Besorgt sah Carol zu Jane und Thor hinüber, die sich leise unterhielten. „Was zur Hölle geht hier bloß vor sich? Es nicht zu wissen macht mich noch wahnsinnig! – Und dann diese Sache mit der Spinne, von der noch immer jede Spur fehlt...!“ Clint hockte sich neben sie. Er vermisste Natasha. Sie hätte in diesem Moment vermutlich auch nicht weitergewusst, aber wenigstens hätte ihre Nähe ihn beruhigt. „Komm schon, Stark“, sagte er leise. „Du bist doch so ein verfluchtes Genie, also hol uns hier raus...!“ ~*~ „Du...“ Tony konnte immer noch nicht glauben, was er da gerade gehört hatte, und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. „Mein Gott, Steve“, sagte er schließlich und nahm das Gesicht des anderen in seine Hände. „Wieso hast du mir das nicht schon viel früher gesagt...!“ „Weil du Iron Man bist“, entgegnete Steve mit leiser Stimme. „Du hast Recht: die Rüstung wird immer ein Teil von dir sein. Und ich respektiere das auch. Deshalb wollte ich dir nicht das Gefühl geben, nur weil ich jetzt dein Boss bin und wir...“ Er räusperte sich kurz und Tony spürte, wie Steves Wangen warm wurden. „... wir miteinander liiert sind, dass ich dir in deine Entscheidungen reinreden oder dir gar vorschreiben will, wie du dein Leben zu leben hast.“ Er senkte kurz den Blick. „Ich wollte dich nicht einengen... und darum habe ich erst zu spät gemerkt, wie sehr dich die neue Rüstung unter Kontrolle hat. Und dass sie dir auf Dauer schaden wird, wenn du so weiter machst. Bitte, Tony...“ Er sah ihn an und Tony versank in dem Blau seiner Augen. „Ich will nur das Beste für dich. Und das ist diese Rüstung nun mal nicht.“ Tony nickte schwach. Wie immer, wenn der andere so mit ihm sprach, war er sich nicht sicher, ob er sich je an Steve Rogers‘ ehrliche Sorge und die unendliche Liebe gewöhnen würde, die der andere Mann ihm entgegenbrachte. Er würde wohl niemals verstehen, womit er sie verdient hatte. „Okay“, entgegnete er, als er seine Stimme endlich wiedergefunden hatte. „Ich werde beim nächsten Modell wieder Abstand von den Implantaten nehmen. Die Technologie ist in vierzig Prozent aller Fälle sowieso völlig unzuverlässig.“ Er grinste. „Außerdem sind die Implantate unter der Haut ganz schön unsexy, ein Wunder, dass du überhaupt noch mit mir-“ Weiter kam er nicht, denn Steve küsste ihn plötzlich stürmisch und wow, ja, das war nett, doch, das konnte er ruhig länger machen, entschied Tony, und er vergaß, was er eigentlich hatte sagen wollen. Dafür fiel ihm plötzlich wieder ein, dass er nur seinen Morgenmantel trug – eine Tatsache, die auch Steve in diesem Moment zu bemerken schien. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Steves Lippen, das Tony beängstigend und gleichzeitig wahnsinnig erregend fand, weil ihm für gewöhnlich sehr interessante Minuten folgten. „Wie lange noch, bis JARVIS den Tower fertig gescannt hat?“, raunte Steve an seinem Ohr und ein wohliger Schauer lief über Tonys Rücken. Mühsam warf er einen Blick über die Schulter hinüber zum Bildschirm. „Zw-zwölf Minuten“, entgegnete er atemlos, während Steves Lippen seinen Hals hinabwanderten. „Weißt du“, sagte Steve, und seine Stimme war tief und samtig und gefährlich. „Mir fallen eine Menge Dinge ein, die man in zwölf Minuten machen kann...“ ~*~ Die Lautsprecher im Kinosaal knackten kurz und simultan hoben die Anwesenden ihre Köpfe. „Check! Check!“, ertönte eine Stimme. „Hey! Könnt ihr mich hören?“ „Stark!“ Clint grinste. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal freuen würde, deine Stimme zu hören! – Warum klingst du so außer Atem?“ „Ich bin gerannt“, erwiderte Tony knapp. Niemand im Raum glaubte ihm. „Tut mir leid, dass wir euch haben warten lassen. JARVIS hat den Tower insgesamt zweimal gescannt, weil das erste Ergebnis, nun ja... nicht das war, was wir erwartet hatten.“ „Warum?“, fragte Luke, der sich mit Hank in der Zwischenzeit ebenfalls zu den anderen gesellt hatte. „Wo steckt diese verdammt Spinne denn nun?“ „Das ist der Witz an der Sache“, entgegnete Tony. „Sie ist nicht hier.“ „Was?!“ Hank erhob sich schwungvoll von seinem Sitz. „Das kann nicht sein! Wo sollte sie sonst sein?“ „Das ist eine Frage, deren Antwort ich auch gerne wüsste“, meinte Tony. „Aber JARVIS war sehr gründlich. Wo auch immer sie ist, sie ist nicht hier. Nicht mehr.“ Er zögerte kurz, bevor er in einem unbeschwerten Tonfall fortfuhr. „Oh, und Notfallprotokoll 1? Nur eine Notfallübung. Sorry. Hatte vergessen, dass sowas auch hin und wieder mal fällig ist. In ein paar Minuten ist alles wieder beim Alten, also macht euch keine Sorgen.“ Clint starrte fassungslos zu den Lautsprechern hinauf. „STARK!“, platzte es dann aus ihm heraus. „Du verdammter Mistkerl, ich schwöre, ich bringe dich-!“ ~*~ Tony schaltete den Ton aus, als Clints Kraftausdrücke nach einer Weile selbst ihm zu farbenfroh wurden. „Nun ja“, meinte er. „Immerhin redet er noch mit mir. Das ist ein gutes Zeichen, nehme ich an...“ Steve legte von hinten die Arme um ihn und küsste seine Schulter. Bis auf sein Unterhemd war er vollkommen nackt und Tony spürte jeden Teil von ihm. Es war ein gutes Gefühl. „Ich werde dich trotzdem nicht vor ihm beschützen, wenn wir nachher wieder nach oben fahren“, sagte Steve. „Die Suppe kannst du schön allein auslöffeln.“ „Moooment!“, entgegnete Tony. „Und warum hatte ich dann bitte gerade Sex mit dir, wenn nicht, um dich damit zu bestechen und mein Überleben sicherzustellen?“ „Ich habe keine Ahnung. Vielleicht, weil du mich einfach unwiderstehlich findest?“ Tony konnte spüren, wie Steve an seiner Schulter lächelte, und Gott, er wollte ihn in diesem Moment hassen, er wollte es wirklich, aber er schaffte es einfach nicht. Er würde es nie schaffen. Stattdessen legte er die Hand an Steves Wange und schob ihn weg. „Du bist ein grausamer, grausamer Mann, Steve Rogers“, sagte er und griff sich melodramatisch ans Herz, bevor er sich bückte und seinen Morgenmantel vom Boden aufhob, um ihn wieder überzustreifen. Auch Steve machte sich daran, sich wieder anzuziehen, und zwei Minuten später standen sie erneut gemeinsam vor dem Bildschirm. „Das mit der Spinne ist ein Problem“, meinte Tony. „Wenn sie es hinaus in die Stadt geschafft hat, werden wir sie nie wiederfinden...“ Steve kniff die Augen zusammen. „Da wäre ich mir nicht so sicher...“ Er tippte gegen einen der anderen Bildschirme, der den Eingang des Avengers-Towers zeigte. Die Gitter hatten sich wieder gehoben und sie konnten sehen, wie Janet, Natasha und Bruce, die offenbar schon eine Weile vor dem Turm gewartet hatten, in die Eingangshalle traten. Janet trug unter einem Arm eine große Tupperbox. In ihr befand sich ein dunkles Etwas, das erstaunliche Ähnlichkeiten mit der Spinne hatte, die Hank ihnen beschrieben hatte. „Was zum...?“ Tony runzelte die Stirn. Sie sahen über die Kameras dabei zu, wie die kleine Gruppe wenige Minuten später die oberste Etage des Towers erreichte, wo bereits der Rest des Teams sie erwartete. Sie konnten nicht hören, was gesagt wurde, aber Hank sah alles andere als begeistert aus, als er Janet und die Spinne erblickte. Tony schaltete den Ton wieder an. „... hattest sie die ganze Zeit über?“, tönte Hanks Stimme aus dem Lautsprecher. Der Wissenschaftler gestikulierte wild mit den Händen. „Und du bist nicht mal auf die Idee gekommen, mir Bescheid zu sagen, geschweige denn, mich vorher zu fragen?!“ „Ich habe dich gefragt, Hank Pym!“, erwiderte Janet nicht weniger erbost. „Sogar mehrfach! Ich habe dich gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn ich mir deine Spinne für einen Vormittag ausleihe, weil Spider-Man sie bei einem Schulprojekt vorstellen wollte! Und du hast nur genickt und ja gesagt!“ „Du hast sie Spider-Man gegeben?! Wir haben keine Ahnung, wer dieser Bengel in Wirklichkeit ist! Er hätte sonst was mit der Spinne anstellen können!“ „Er ist ein lieber Junge und sehr zuverlässig, und mehr brauche ich über ihn nicht zu wissen!“, entgegnete Janet wütend. „Und wenn du so tief in deine Arbeit versunken bist, dass du nicht mal mehr mitkriegst, was um dich herum passiert oder was jemand zu dir sagt, dann ist das nicht meine Schuld!“ Sie drückte ihm die Tupperbox in die Hand. „Da hast du deine blöde Spinne! Heirate sie doch, wenn du sie so toll findest, du fandest die Tierwelt doch eh schon immer viel interessanter, als die wenigen Menschen, die es über längere Zeit mit dir aushalten, selbst wenn du dich mal wieder wie ein unausstehliches Arschloch verhältst!“ Und damit verließ sie wutentbrannt das Zimmer und ließ einen sprachlosen Hank zurück. „Wow, das hat gesessen!“, meinte Tony beeindruckt. „Erinnere mich bei Gelegenheit daran, Janet niemals wütend zu machen.“ Steve hob nur vielsagend eine Augenbraue, dann wandte er sich ab. „Scheint, als wäre die ‚Krise‘ vorüber“, meinte er. „Ich gehe am besten wieder zu den anderen zurück und versuche, die Wogen etwas zu glätten.“ „Tu das.“ Tony nickte ihm zum bevor er sich wieder in seinen Drehstuhl fallen ließ. „Ich muss die Codes der Notfallprotokolle noch umschreiben, das dauert eine Weile. Ich komme dann nach!“ Steve erwiderte das Nicken, dann verließ er den Kellerraum. ~*~ Tony wartete, bis Steves Schritte im Gang verhallt waren, dann öffnete er ein Fenster auf dem Bildschirm, das sich zuvor in der Taskleiste verborgen hatte, und starrte lange Zeit auf den Inhalt. „JARVIS“, sagte er schließlich. „Ton an.“ „Vielen Dank, Sir.“ Der KI war deutlich anzuhören, dass ihr Geduldsfaden kurz vor dem Reißen war. „Was du vorhin sagen wolltest, bevor ich dich auf lautlos gestellt habe...“, meinte Tony. „In Bezug auf Notfallprotokoll 1, Sir?“ „Ja“, sagte Tony leise. „Was ich zu Steve und den anderen gesagt habe, war reiner Unsinn, darum habe ich dich weggeschaltet. Weil du die Wahrheit kennst und ich nicht wollte, dass Steve sie erfährt.“ „Sie meinen die Tatsache, dass es keinen Standardabwehrreaktionstest gibt.“ „Ja.“ „Und Sie sind der Meinung, dass es besser wäre, Captain Rogers bei einer solch ernsten Angelegenheit die Wahrheit zu verschweigen?“ „Vorerst ja. Zumindest bis ich herausgefunden habe, wer der Mistkerl war, der sich in die Systeme des Towers gehackt und Notfallprotokoll 1 aktiviert hat. Niemand umgeht so einfach meine Firewall! Hier war eindeutig ein Profi am Werk.“ „Soll ich versuchen, den Angreifer zurückzuverfolgen und seinen Standort ausfindig zu machen, Sir?“ Tony stützte müde das Kinn in die Hand. „Er wird seine Spuren verwischt haben, er ist kein Anfänger. – Aber ja, versuche dennoch, sie so weit zurückzuverfolgen, wie du kannst. Vielleicht haben wir ja Glück.“ „Ich mache mich sofort an die Arbeit, Sir.“ „Danke, JARVIS.“ Tony erhob sich von seinem Stuhl und sah sich in dem langen Kellerraum um. Sein Blick blieb an der Rüstung hängen, die an der hinteren Wand in ihrer Vitrine stand. Steve hatte Recht gehabt. In dieser Richtung würde er keinen Erfolg haben, dafür war die Technologie einfach noch nicht ausgereift genug, und die Konsequenzen bei Fehlschlägen zu gravierend. Er machte sich gedanklich schon mal ein paar Notizen für Verbesserungen beim nächsten Modell, während er das Licht ausschaltete und den Keller verließ. Etwas sagte ihm, dass er seine nächste Rüstung bald sehr dringend brauchen würde. ~ Ende ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)