Sun Rises von Quiana (Fairy Tail OS-Sammlung) ================================================================================ Möglichkeit drei ---------------- Ihr blieben genau zwei Möglichkeiten. Normalerweise wären es drei gewesen und Lucy verurteilte sich dafür, ausgerechnet heute mehrere Male überprüft zu haben, ob auch wirklich alle Fenster abgeschlossen waren und sie das Schloss ihrer Haustür zweifach verriegelt hatte. Es war zum Haare raufen und passte genau in das Bild, das ihr von ihrem eigenen Schicksal (und ihrer sehr zweifelhaften Glückssträhne) vor Augen schwebte. Möglichkeit eins: Lucy stieg jetzt aus der Badewanne aus und lief splitterfasernackt in ihr Zimmer, schnappte sich ein Handtuch aus ihrem Schrank und zog sich um. Möglichkeit zwei: Lucy blieb für eine lange Zeit in der Badewanne liegen bis ihre Haut schrumpelig, das Wasser eisig und ihr bitterkalt wurde. Das Ziel: Der neue Roman ihres Lieblingsautors lag seit drei Wochen unberührt auf ihrem Nachttisch und jetzt hatte sie endlich, nach dieser langen Zeit, einen Tag nur für sich alleine gefunden, an dem sie tun und lassen konnte, was sie wollte. Ausklingen lassen wollte sie ihn in einer vor Badesalz duftender vollgelassenen Wanne zusammen mit ihrem Buch. Das Problem: Von dem geplanten ruhigen Abend mit Entspannung, einem Bad und einem guten Buch war nichts mehr übriggeblieben. Und die Meute, die sich einfach selbst zu dieser ungeplanten Party in ihrem Zuhause eingeladen hatte, war garantiert nicht daran schuld. Weshalb ihr zwei Möglichkeiten blieben: Da es ein Tag war, an dem sie tun konnte, wie sie wollte und sie mit ihren Sicherheitsmaßnahmen dafür gesorgt hatte, dass Natsu nicht wieder unangemeldet in ihrem Bett oder ähnlichem lag, hatte sie sich weder Handtuch noch Klamotten mitgenommen. Option drei wäre gewesen, sich wie jeder andere Mensch auch abzutrocknen, anzuziehen, aus dem Badezimmer zu stürmen und zu fragen, was zum Teufel hier schon wieder los sei. Auch wenn sie unbeobachtet war gefiel ihr der kleine Kitzel der sie durchfuhr, wenn sie nackt durch ihr Zimmer zu ihrem Schrank huschte und versuchte, sich unter Kichern schnellstmöglich wieder anzuziehen. Lucy hatte natürlich nicht damit gerechnet, dass sie dies nun nicht mehr machen konnte. Sie musste sich mehr als nur ein Mal kneifen um zu begreifen, dass sie nicht träumte und die immer lauter werdende Geräuschkulisse tatsächlich innerhalb ihrer kleinen Wohnung stattfand. Während einer Party war man sicherlich nicht unbeobachtet und sollte ebenso nicht nackt durch die Gegend hüpfen. Sie seufzte lautstark und entschloss sich, dass sie zumindest aus dem Wasser sollte. Entspannt war sie nun jedenfalls nicht mehr. Lucy versuchte sich notdürftig mit einem klammen Lappen abzutrocknen und warf einen hoffnungslos hoffnungsvollen Blick in das kleine Regal, aber wie sie schon zuvor wusste, lagen ihre Schlüssel dort nicht. Ansonsten hätte sie Virgo rufen können, die sie eingekleidet hätte. Dann ratterte es sehr langsam in ihrem Kopf und Lucy musste zugeben, dass eine vielleicht etwas unangenehme Idee, aber auf alle Fälle eine gute war. Also: Möglichkeit drei: Einen ihrer Leute zu sich rufen, sich hinter der Tür verstecken und nur durch einen kleinen offenen Spalt ihre missliche Lage erklären und nach neuen Klamotten fragen. Danach aus dem Badezimmer stolzieren, so tun als ob nichts passiert wäre und dann die versammelte Mannschaft aus ihrer armen Wohnung schmeißen. Genau so wollte sie es machen. Lucy holte noch einmal tief Luft, schloss die Augen und ballte die Hand vor ihrer Brust zu einer Faust. Sie musste sich nur einmal gut Mut zureden und der Rest wäre auch ein Kinderspiel, ganz bestimmt. Ihr war schon viel Schrecklicheres als das passiert. Mit zittrigen Beinen ging sie also zu der Badezimmertür, drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete sie ganz vor sichtig, ein ganz kleines wenig. Was sie durch den Spalt erkennen konnte ließ ihr beinahe das Kinn auf den Boden fallen. Fast sah es so aus, als ob nicht nur ganz Fairy Tail, sondern ganz Magnolia in dem kleinen Zimmer herumtanzte und alles durcheinanderbrachte. Sie sah Gesichter, die ihr noch nie in ihrem ganzen Leben unter die Nase getreten waren. "Natsu, komm hier her!", brüllte sie. Dann wollte sie sich am liebsten vor die eigene Stirn schlagen. Natsu? Von all ihren Freunden die hier waren, vor allem den ganzen weiblichen Freunden, die sie aufeinander hockend ausmachen konnte, rief sie ausgerechnet Natsu?! Zu ihrem größten Glück, vielen Dank auch, hörte der Feuermagier sie natürlich. Mit einem großen Fragezeichen im Gesicht kam er näher und legte letztendlich sein Ohr an die Badezimmertür. "Sind wir auf geheimer Mission? Warum versteckst du dich?" Lucy war sich sehr sicher, gleich einfach umzukippen. "Du musst mir Klamotten bringen, ich bin nackt", piepste sie und drückte die Tür noch ein kleines Stückchen weiter zu. "Was für einen Packt?", fragte Natsu zurück, der sie bei dem Lärm selbstverständlich nicht verstanden hatte. "Nackt, Natsu. Ich bin nackt und brauche etwas zum anziehen", flüsterte sie und wartete darauf, dass er ihr Problem erkannte, sich entfernte und anschließend mit Klamotten wiederkam. Aber natürlich nicht. Das hier war Fairy Tail, das waren ihre Freunde. Da funktionierte nichts nach Plan. "Was nuschelst du so? Ich kann dich überhaupt nicht verstehen", rief Natsu und feuerte gleichzeitig die Tür auf. Lucy, die damit natürlich überhaupt nicht gerechnet hatte, wurde mit der Tür weggedrückt und fiel ohne Weiteres wie ein Reissack rückwärts um. Da lag sie also. Splitterfasernackt, vor ihr Natsu in der offenen Tür und hinter ihm eine Menge Leute, sie sie anglotzten. Die Gespräche verstummten, die Musik ging aus, keiner regte sich. "Hä?" Es war Gajeel, der sich als erster regte. "Also wenn ihr Spaß zu zweit haben wollt, dann hättet ihr uns aber nicht einladen dürfen. Es sei denn, ihr steht auf so etwas …" Es entstanden einige weitere Sekunden der Stille, in der nicht nur Lucy rot anlief. Auch Wendy, die nun langsam die Hand hob, sah leicht überfordert aus. "Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir jetzt alle gehen und Natsu und Lucy alleine lassen", quiekte sie, sammelte in Zeitlupentempo ihre Sachen ein und verschwand aus der Haustür. Irgendjemand hustete zwei Mal und dann folgte einer nach dem anderen, mit einem letzten Blick auf Lucy, das Beispiel der jungen Magierin. Sie konnte nicht einmal mehr schreien. Wenigstens war die wütende Partymeute jetzt verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)