Sun Rises von Quiana (Fairy Tail OS-Sammlung) ================================================================================ Graublau Pt. 1, Regendepressionen --------------------------------- tack tack tack Gedankenlos starrte Gray die große Marktstraße der Stadt hinunter. Das einzige Geräusch, das sein Herz wahrnahm, war das rhythmuslose Trommeln der Regentropfen gegen das Dach und die Fenster des Gildengebäudes. Als er sich mit einem Seufzen auf die Bank gesessen und begonnen hatte, durch die Scheibe zu gucken, regnete es bereits. Und jetzt, eine beachtliche Zeit später, sein Kinn in die Hände und die Ellenbogen in den harten Holztisch gedrückt, sodass es bereits anfing zu schmerzen, schüttete es immer noch. Er hätte die Blitzschläge zählen sollen, die er bis zu diesem Zeitpunkt zählen konnte. Eine kurze Erhellung an diesem dunkelgrauen Tag, die nicht dazu beitrug, dass es freundlicher auf den Straßen aussah. Stattdessen kam es Gray so vor, als sinke seine Stimmung mit jedem Gewitter noch ein wenig weiter. Das Grau auf den Straßen spiegelte seine innere Gefühlswelt wider. tack tack tack Es sind einige an ihm vorbeigekommen. Natsu hatte ein Gespräch beginnen, ihn eventuell provozieren wollen. Erza war irgendwann auf dem Platz neben ihm aufgetaucht, hatte ebenfalls stumm aus dem Fenster geschaut und darauf gewartet, dass er etwas sagte. Doch Gray ist still geblieben – und Erza gegangen. Romeo, der ihn bat, ihm etwas beizubringen. Cana, die ihm zum Trinken animieren wollte. Wendy und Lucy, die ihn besorgt von der Ferne beobachteten. Sogar Happy kam vorbeigeflogen, einen großen Fisch in den Pfoten, den er ihm mit großen Kulleraugen beinahe gegen den Mund hielt. Aber Gray ignorierte sie alle. Er saß nur da und schaute auf einen unbekannten Fleck in der Ferne. Irgendwo dorthin, an dessen Punkt die große Straße Magnolias zu klein wurde, um sie noch richtig erkennen zu können, und sie in das Haupttor der Stadt überging. tack tack tack Er war bereits den ganzen Tag gedankenverloren – seine Lustlosigkeit hielt sich sogar beinahe schon eine gesamte Woche. Er war aufgewacht und irgendetwas hatte gefehlt. Ein Teil in ihm, der ansonsten immer präsent war, über den er nie nachgedacht hatte, war mit einem Mal nicht mehr da. Ein bisschen, als hätte jemand ihm einen Teil aus seinem Bauch hinausgeschnitten und versteckt. Gray wusste nicht, was es war und wie er es finden konnte. Aber es zog ihn hinab. Was auch immer es war, es ließ ihn leer fühlen. Erst hatte er es ignorieren wollen, gedacht, dass er krank wurde. Oder Hunger hatte. Vielleicht auch einfach nur einen schlechten Tag, weil er noch nicht einmal mit den linken Fuß zuerst, sondern mit dem Hintern voran aus dem Bett gefallen war. Die darauffolgenden Tage hatte er mit Suchen verbracht. Natsu hatte ihn für dumm und dämlich abgestempelt, weil er nicht wusste, wonach er denn überhaupt Ausschau hielt, und war lachend wieder abgezogen. Und nun war Gray zu dem Punkt gekommen, an dem er aufgegeben hatte. Normalerweise war er nicht der Typ, der das Handtuch schmiss, aber Gefühle, vor allem seine eigenen, waren in gewisser Weise schon immer ein Problem für ihn gewesen. Nach all den Jahren wusste er noch immer nicht, wie er richtig mit ihnen umgehen sollte. tack tack tack "He, Eismann!" Ein eiserner Schlag auf seinen Hinterkopf holte Gray zu ersten Mal an diesem Tag in die Gegenwart zurück. Die Bank bog sich gefährlich nach unten, als Gajeel sich neben ihn plumpsen ließ und keinen Augenblich danach damit begann, mit den Fingern auf dem Tisch zu trommeln. Jedes Klopfen hörte sich an, als fiele ein Stein gegen die Holzplatte – und das brachte Gray zu einer ersten Reaktion. "Was?", fauchte er gereizt und umklammerte Gajeels Handgelenk, damit er mit dieser störenden Bewegung aufhörte. "Du nervst mich", kam die gebrummte Antwort. Wäre er Lucy, hätte er sich wahrscheinlich wegen des gefährlichen Klangs in der Stimme seines Gegenübers vor lauter Schreck in die Hosen gemacht. Aber Gray war Gray und Gray ließ sich nichts von einem dahergelaufenen Möchtegernmagier sagen – vor allem dann nicht, wenn er schlecht gelaunt war und er nicht einmal den Ursprung dafür finden konnte. "Dann geh. Ich habe dir nichts getan", kam es nicht minder genervt geknurrt zurück. "Es stört mich, wenn du nur blöd dasitzt und nichts machst. Du bemerkst nicht einmal, dass sich andere Sorgen um dich machen." Gajeel verschränkte die Arme vor der Brust, die Metallnieten an seinen Unterarmen zuckten gefährlich. "Ich bin okay", erwiderte Gray patzig und wollte sich wieder zum Fenster zuwenden, doch Gajeel lehnte sich weit zu seinem Ohr vor. "Hör zu, Hohlkopf", raunte er. "Ich gebe dir drei Möglichkeiten: Entweder, du verfrachtest deinen kleinen Hintern jetzt nach Hause, wo dich keiner sehen muss, oder du bleibst hier sitzen und ich werde deinen Kiefer so lange zurechtbiegen, bis es wenigstens so aussieht als würdest du lächeln. Oder du sagst jetzt verdammt noch mal endlich, was seit einer Woche mit dir los ist, damit dir irgendein gottverdammter Mensch helfen kann. Aber ich werde nicht weiter zusehen, wie du hier alle zum Verzweifeln bringst. Wer meinen Freunden wehtut, bekommt es mit mir zu tun, ist das klar?" Gray verdrehte nur die Augen, als Gajeel sich abrupt erhob und rechnete beinahe mit einer Kopfnuss. Stattdessen legte sich erstaunlich sanft Gajeels Pranke auf seinen Kopf. "Wirst schon sehen, Blödmann. Irgendwann scheint die Sonne schon wieder. Da hinten sieht's schon so aus, als würde es nicht mehr regnen." Und dann ging er. tack tack tack Gajeel sollte seinen Mund halten und ihn einfach in Ruhe lassen. Was wusste er schon? Gray drehte sich wieder dem Fenster zu. Weit hinten, irgendwo über den Feldern Magnolias, irgendwo weit hinter dem Horizont, hatte es tatsächlich aufgehört zu regnen. Ein winziger Teil des Himmels erschien wieder in einem klaren Blau und in einem noch kleineren Teil erschien die gerade untergehende Sonne. Vor seinen Augen regnete es noch in Strömen, aber bald würde sich das Wetter auch über ihnen wieder bessern. Graublau. Ein Vorbote. Ein leichtes Ziehen machte sich in Grays Brust bemerkbar und er stand entschlossen auf. Gajeel hatte Recht. Seine Freunde waren auch Grays Freunde und er bereitete ihnen mit seinen Verhalten Kummer. Vielleicht konnten sie ihm nicht helfen, aber er wusste, dass sie ihn in allem unterstützten. Was auch immer es war, was ihm fehlte, er würde es finden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)