Der letzte Raubzug von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 12: Noch mehr 'ungewöhnliches' -------------------------------------- Am nächsten Morgen musste der Weg wieder freigelegt werden. Unaufhörlich war der Schnee auch in der vergangenen Nacht gefallen. Erst am späten Morgen hielten die Wolken inne und machten sogar der Sonne ein wenig Platz, was die Arbeit ganz angenehm machte. Unermüdlich schaffte Camui die Unmengen an Schnee beiseite und Hideto verteilte großzügig ein Gemisch aus kleinen Steinchen und getrockneter Erde, welches den Boden weniger rutschig machen sollte. „Entschuldige mich kurz“, kam es nach einer Weile von dem etwas kleineren Mann. „Hm?“ „Ich hole dir nur schnell etwas zu trinken.“ „Aber das kann ich doch selbst tun“, entgegnete der Größere. „So hart, wie du arbeitest, brauchst du etwas zu trinken. Außerdem habe ich ja gerade nichts zu tun, weil meine Aufgabe, im Gegensatz zu deiner, ja recht einfach ist. Tut mir übrigens sehr Leid, dass du diesen schweren Teil der Aufgabe machst. Wir können auch gerne tauschen.“ „Aber nein, nicht doch. Ich mache das gerne für dich. Es ist zudem ein gutes Training. Dann bleibt mein Körper fit.“ Der Japaner mit den blauen Augen hob den Arm und ließ die Muskeln unter seiner Jacke ein wenig spielen, was den Kleineren zum Lachen brachte. „Eine sehr positive Einstellung, die du da hast.“ Kurz darauf beruhigte er sich wieder. „Ich werde trotzdem reingehen und etwas zu trinken holen. Dann stehe ich hier nicht unnütz herum.“ „Wenn du meinst...“ Camui sah seinem Retter noch hinterher, bis jener aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Es war noch immer ungewohnt das 'du' zu benutzen, aber es wurde immer vertrauter. Gleichzeitig fühlte er sich dem Anderen selbst näher. Ob er ihn irgendwann 'Freund' nennen durfte? Ein schöner Gedanke, wo er doch noch nie einen hatte. Sich an diesen Gedanken klammernd, wandte er sich wieder seiner Arbeit zu, damit sie bald beendet war. Gerade steckte er die Schippe in den Schnee, als sein Blick auf etwas ungewöhnliches fiel. „Du schon wieder?“ Da saß der Fuchs von gestern. Zumindest war er sich sicher, dass es derselbe war. Er starrte nämlich genauso. „Du verhältst dich wirklich nicht wie ein normaler Fuchs, weißt du das?“ Camui versuchte, sich ein genaueres Bild von dem Tier zu machen. Er reckte den Kopf, beugte sich nach links und nach rechts, konnte aber nichts erkennen, weswegen man besorgt sein müsste. „Verletzt bist du offensichtlich nicht. Ich sehe jedenfalls kein Blut.“ Aber vielleicht war es eine Verletzung, die er nicht erkennen konnte. Wohlgenährt war er allerdings. „Was ist dann mit dir?“, fragte sich der Japaner leise und hockte sich hin, sah dem Fellträger tief in die Augen. „Wenn du mir sagen könntest, was los ist, dann könnte ich dir helfen.“ Das Tier gab einige kläffende Laute von sich, weshalb Camui grinsen musste. Als ob das Tier ihn verstanden hätte. „Hm, da sprechen wir wohl nicht dieselbe Sprache. Tut mir Leid.“ „Mit wem redest du da?“ Erschrocken drehte sich Camui um, wo er Hideto entdeckte, der ein kleines Tablett mit einer Tasse darauf, aus der Dampf aufstieg, trug. „Oh, ist das der Fuchs, von dem du mir gestern erzählt hast?“ Der Größere nickte als Antwort. „Er ist aufgetaucht, kurz nachdem du weg warst.“ Allmählich wurde er neugierig. Ob sich der Fellträger anfassen ließ? „Was hast du vor?“, fragte Hideto ein wenig geschockt, als er sah, wie der Andere die Hand ausstreckte. „Ich möchte nur sehen, ob er sich streicheln lässt.“ „Aber Füchse sind oftmals die Verkörperung eines Gottes. Du kannst doch nicht einfach einen Gott anfassen.“ An diesen weit verbreiteten Glauben hatte er gerade gar nicht mehr gedacht. „Oh“, machte er deshalb, sah zu dem Fuchs, der herausfordernd zurück starrte, und ließ seine Hand sinken. „Wenn du wirklich ein Gott bist, dann entschuldige bitte meine Unverfrorenheit.“ Während er sprach legte er seine Handflächen aneinander und senkte den Kopf, wartete einen Moment, ehe er nach oben schielte, um die Reaktion des Fellträgers zu prüfen. Stattdessen sah er gerade noch, wie der puschelige Schwanz aus seinem Sichtfeld verschwand. Die beiden Männer sahen dem Tier hinterher, bis es ganz unter den tief hängenden Ästen der nahegelegenen Bäume verschwunden war. „Wirklich seltsam dieser Fuchs“, murmelte der Größere und erhob sich, ließ dabei jedoch die Stelle bei den Bäumen nicht aus den Augen. „Glaubst du wirklich, dass das ein Gott in Tiergestalt war?“ Freundschaftlich legte Hideto dem Anderen eine Hand auf die Schulter, worauf dieser den Kopf zu ihm drehte. „Nun, wissen tue ich es natürlich nicht, aber die Möglichkeit besteht und daran glaube ich.“ „Trotzdem verwunderlich, dass dieser Fuchs mir so nahe kommt. Und wenn er ein Gott oder eine Göttin ist, dann erst recht.“ „Götter tun, was sie tun wollen. Verstehen müssen wir sie nicht. Möchtest du jetzt deinen Tee? Bevor er gleich kalt ist.“ Nickend nahm der Mann mit den blauen Augen die Tasse von dem Tablett und leerte sie, sehr zum Wohlgefallen des fürsorglichen Kleineren. Nach Beendigung ihrer Arbeit gönnte sich Camui seine wohlverdiente Pause. Leicht verschwitzt und außer Puste saß er auf der Veranda und schöpfte Kraft, während er sich von den Sonnenstrahlen verwöhnen ließ. So ließ sich der Winter doch aushalten. Im vergangenen hatte er in einer verlassenen Erdhöhle gewohnt, etwas außerhalb einer anderen Stadt, welche etwa zwei Tagesreisen zu Fuß von hier entfernt lag. Ein ausgedienter Tierbau war es gewesen. Bei der Bleibe hatte er keine Angst haben müssen, dass er sie allzu schnell wieder verlor, weil er davon getrieben wurde. Der Geruch von Menschen schreckte Tiere zum Glück ab und Menschen selbst hätten sie nur schwerlich gefunden. Er selbst hatte sie nur durch Zufall entdeckt und dann selbst dafür gesorgt, dass sie nahezu unsichtbar blieb. Bei Hunger war er dann in die Stadt und auf Streife gegangen. Bei der Jagd nach Wildtieren war er noch nie sehr erfolgreich gewesen. Auch wenn er es immer wieder probiert hatte. Camui seufzte. Er wollte nicht mehr an diese Zeit und auch nicht an all die Male davor denken, wo er immer wieder befürchtet hatte, dass sein Ende gekommen war. Zuversichtlich sah er in den blauen Himmel mit den weich aussehenden, weißen Wolken. Jetzt ging es ihm besser als jemals zuvor und er wollte darum kämpfen, dass es dabei blieb. Seine Augen schlossen sich, damit er ungestört die Wärme genießen konnte. Ihm war aber auch bewusst, dass er nicht für immer hier bleiben konnte. Irgendwann war auch bestimmt Hidetos Gutmütigkeit an ihrem Ende gelangt. Zwar tat er schon so viel, um hilfreich zu sein und dieses Ende hinaus zu zögern, aber das würde nicht ewig klappen. Sollte er es also vielleicht doch mit dem Theater versuchen? Brauchte man dort überhaupt eine Gesangsstimme? Er hätte aber auch wirklich kein Problem damit etwas Anderes zu tun. Es musste nicht unbedingt das Theater sein. „Camui-kun?“ Langsam öffnete der Angesprochene die blauen Augen und sah zur Seite. „Was meinst du? Wollen wir den Tempel nach dem Essen für eine Weile alleine lassen und gemeinsam ein wenig durch die Gegend streifen? Den Tag einfach genießen?“ „Hört sich gut an“, antwortete der Größere, lächelte. Mit Hideto verbrachte er gerne Zeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)