Der letzte Raubzug von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 21: Kribbeln im Bauch ----------------------------- Bewundernd sah Camui den Anderen an. „Du kennst es? Fühlt es sich wirklich so fantastisch an?“ „Uhm... Hai, das tut es.“ Hideto traute sich kaum zu sprechen. Am Ende entfloh ihm noch einer der Schmetterlinge durch den Mund. Wie sollte er das dann nur erklären? Das könnte er ja gar nicht. Die blauen Augen schweiften wieder auf den See und die darauf schwimmenden Blüten hinaus. „Ich möchte es auch kennen. Irgendwann werde ich das doch, oder?“ „Sicherlich“, antwortete Hideto, spürte aber, wie ihm ein drückendes Gefühl den Hals zu schnürte. Jetzt hatte er schon erkannt, dass er dem Mann neben sich verfallen war, aber auch, dass es nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. „Wenn du es sagst, dann wird es auch so kommen“, sagte Camui zuversichtlich und sah lächelnd zu dem Kleineren, stockte kurz und begann dann zu lachen. „Du hast ja eine richtige Blütenkrone auf dem Kopf.“ Er nahm ein paar der rosa Blüten aus dem schwarzen Haar, betrachtete sie versonnen. So schön zart und weich, strahlten zeitgleich Ruhe und Frieden aus. Eine aufkommende Brise streifte an ihnen vorbei, wehte die Blüten Richtung See. Camui entließ die in seiner Hand und sah ihnen hinterher. Nervös, aber mutig rutschte Hideto an den Größeren heran, sah in dieselbe Richtung. „Schön, dass wir Zeit gefunden haben hierher zu kommen.“ „Hai. Und ich wäre mit niemandem lieber hier, als mit dir. Meinem Freund.“ Mit einem strahlenden Lächeln sah er zur Seite, was Hideto wieder dieses Kribbeln in den Bauch gab. Es war wirklich unwiderruflich um ihn geschehen. „Geht mir genauso“, murmelte er verlegen. In dieser Nacht konnte der Herr des Schreins nicht ein Auge zu tun. Alles nur wegen dem Mann, der friedlich schlummernd auf dem Futon neben seinem lag. Mit traurigem Blick und schwerem Seufzen griff er sich an die schmerzende Brust. „Warum du?“, fragte er leise, obwohl er wusste, dass er keine Antwort erhalten würde. Weder von dem jungen Mann mit den blauen Augen, noch von sonst jemandem. Sanft strich er über die Wangen des Anderen. „Was mache ich nur, wenn du wirklich ein Gott bist? Oder schlimmer: Niemals so für mich fühlst?“ Wobei er auch noch nicht ganz verstand, warum es ein Mann war, bei dem er so fühlte. Zwar hatte er sich nie groß Gedanken um Dinge wie Liebe, Heirat und eine eigene Familie gemacht, aber er war doch irgendwie davon ausgegangen, dass es bei ihm genauso wie bei vielen anderen auch sein würde. Dass er irgendwann eine Frau an seiner Seite hatte und mit ihr Kinder zeugte, die sein Werk fortsetzten. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass sich etwas in ihm für ihn entschieden hatte? Er war hübsch, das stand außer Frage. Das hatte er damals schon bemerkt, nachdem sie den Schmutz von seiner Haut geschrubbt hatten. Doch damals war sein Herz noch ruhig gewesen und hatte nicht so aufgeregt geschlagen, wie es das nun immer wieder tat. „Ob das ein gutes Ende nimmt?“ Traurig zog er seine Hand zurück. Irgendwie bezweifelte er das. Zumal es auch wider der Natur war. Und überhaupt: „Warum sollte sich ein Gott auch in einen Menschen verlieben?“ Seine Augen begannen zu brennen, doch er wollte nicht weinen. Am Ende wachte Camui davon auf und das wäre ihm zu peinlich. Denn dann müsste er sich ja erklären. Nein, besser er versuchte es zu unterdrücken. Vergeblich, denn die ersten Tränen liefen bereits. Verzweifelt biss er sich auf die Unterlippe, damit ihm zumindest kein Laut über die Lippen kam. Sehr bald spürte er jedoch, dass auch dies zum Scheitern verurteilt war. Hastig stand er auf und presste eine Hand auf seinen Mund, ehe er stolpernd den Raum verließ. Mit einem kräftigen Gähnen betrat Camui am nächsten Morgen den Wohnraum, wo er Hideto mit einer Tasse Tee in der Hand und den Blick starr in die Feuerstelle gerichtet vorfand. „Ohayou, Hideto-kun“, sprach er ihn an, bekam aber keine Reaktion. „Hideto-kun?“ Sonst sah er ihn doch immer mit einem Lächeln an und fragte, wie er denn geschlafen hätte. Misstrauisch trat er näher an den Kleineren heran, um heraus zu finden, was denn los war. Noch während er sich neben den Kleineren kniete, bemerkte jener ihn und sah auf. „Ohayou, Camui-kun. Hast du gut geschlafen?“, fragte er auch gleich. Wie sonst. Nur würde er ihm heute ausnahmsweise nicht wie sonst antworten können. „Schon, aber was ist mit dir? Du siehst nicht so aus, als hättest du viel Schlaf bekommen. Was ist los?“ Irgendetwas bedrückte ihn doch. Das konnte man deutlich sehen. Er mochte seinen guten und einzigen Freund nicht so abgekämpft und erschöpft sehen. „Es ist nichts“, kam es leise von dem Mann mit den braunen Augen. „Ich hab einfach nur nicht richtig schlafen können. Das ist alles.“ Diese Antwort stellte ihn nicht wirklich zufrieden, aber mehr würde er wohl nicht mehr von ihm erfahren. Zumindest jetzt nicht. Wie bedauerlich. Doch leider nicht zu ändern. „Ist heute denn viel zu tun? Ich habe doch noch frei und kann dir helfen“, wechselte er das Thema, damit der Andere einfach weiter sprach. Vielleicht munterte es ihn wieder auf. „Demô... was ist mit deinem Arm? Der ist doch immer noch verletzt.“ „Ist schon in Ordnung. Er tut kaum weh. Außerdem habe ich doch noch einen gesunden Arm. So oder so werde ich schon ein paar Dinge erledigen können.“ In dem Punkt war er zuversichtlich. Bisher hatte er doch auch immer helfen können bei den vielen Arbeiten. Fürsorglich legte der Kleinere eine Hand auf den verbundenen linken Arm seines Gegenübers, fragte: „Soll ich mir die Verletzung noch mal ansehen?“ „Anô, wenn du magst. Ich werde dich nicht davon abhalten.“ Vorsichtig entfernte sein Freund den Verband und staunte, sobald die Haut zum Vorschein kam. „Oh, das ist ja gar nicht so verfärbt, wie ich gedacht habe. Normalerweise müsste das viel schlimmer aussehen. Sehr viel schlimmer, wenn es wirklich geprellt ist.“ Grübelnd strich er über die nur leicht verfärbte Haut, was Camui ein Kribbeln durch den Körper jagte. „Eigentlich ist dann alles in einer dunklen Mischung aus rot, blau und violett gezeichnet. Das hier ist sehr ungewöhnlich. Es sieht mehr aus, als hättest du dich einfach gestoßen.“ Von dem Trübsinn war kaum noch etwas auf dem Gesicht von Hideto zu erkennen. Nun war er vielmehr fasziniert und strich noch einige Male über den Unterarm in seiner Hand. „Bei dir heilen Verletzungen wirklich schnell.“ „Mhm.“ Zu mehr war er gerade nicht in der Lage. Dafür genoss er die sanfte Berührung durch den Anderen viel zu sehr. Gebannt betrachtete er die feinen Finger, die so zärtlich über die Haut strichen. Warum fühlte sich das so anders an, wenn Hideto das tat, als damals bei den Frauen, die ihn hin und wieder mit sich genommen hatten? Bei ihnen hatte es nie derart gekribbelt. „Das ist schön“, hauchte er, was den Freund dazu brachte inne zu halten und aufzusehen. Mit einem Mal wurde selbiger sehr rot im Gesicht und wandte sich ab. „Ah.. Sumimasen. Ich weiß nicht... Ich wollte nicht...“ „Nicht doch. Schon gut“, beschwichtigte der Größere gleich. „Ich fand es wirklich schön. Du hättest gerne weiter machen dürfen.“ Nun war es an ihm ein wenig verlegen zu werden. „Es war... sehr angenehm. Und es kribbelt. Das hatte ich bisher noch nie.“ „Eh? Bisher? Wie meinst du das?“ Den Blick gesenkt beichtete er von diesem dunklen Kapitel seiner Vergangenheit. Wo er, weil er ja nichts anderes mehr besessen hatte, sich selbst verkaufte, um ein Bett für die Nacht und eventuell auch noch eine Mahlzeit zu haben. Dafür durften diese Menschen -die nicht immer nur Frauen gewesen waren- in den nächsten Stunden über seinen Körper herrschen wie ihnen beliebte. Zu sehr ins Detail ging er nicht. So oder so war es ihm bereits unangenehm darüber zu sprechen. Sein Gegenüber würde bestimmt auch ohne sie verstehen, was vorgefallen war. „Doch wenn du mich so wie eben berührst, dann löst es so ein lustiges Kribbeln auf meiner Haut aus. Und irgendwie.. macht mich dieses Kribbeln glücklich.“ Verlegen kratzte er sich mit seiner rechten Hand am Hinterkopf. „Manchmal reicht auch einfach nur deine Nähe aus, um dieses Gefühl zu haben. Dann fühlt es sich so merkwürdig an in meinem Bauch. Aber merkwürdig gut.“ Bestimmt lachte Hideto ihn jetzt aus. Obwohl, es war Hideto, der tat so etwas nicht. Schüchtern sah Camui zu ihm, traf aber nur auf weit aufgerissene Augen, von denen er nicht sagen konnte, welches Gefühl die Ursache war. „Anô... Hideto-“, plötzlich fiel jener ihm um den Hals, drückte sich eng an ihn, „-kun?“ Aus einem Instinkt heraus schlossen sich seine Arme um den anderen Körper und hielten ihn nah bei seinem eigenen, was sein Herz beinahe zum explodieren brachte. „Was hast du? „Nichts“, antwortete der Kleinere, nachdem er den Moment kurz ausgekostet hatte und schüttelte etwas den Kopf. „Ich bin einfach nur glücklich.“ All die Gedanken, die ihn letzte Nacht um den Schlaf gebracht hatten, waren umsonst gewesen. Wie hätte er das aber auch ahnen sollen? „Glücklich? Dôshite?“ Gerade wurde Camui immer verwirrter. „Weil du es kennst, Camui-kun.“ Eine erste Träne des Glücks löste sich aus seinen Augen. „Weil du weißt, was Liebe ist.“ Wirklich? Nachdenklich horchte der Mann mit den blauen Augen in sich hinein. Dort hörte er sein aufgeregtes Herz schlagen, das Blut durch seine Adern rauschen. Durch die Nähe seines Freundes wurde ihm wärmer, als durch das Feuer neben ihnen. Sanft verstärkte er den Druck seiner Arme und ihm war, als wenn sie ihm sagen wollten: Wir öffnen uns nie wieder. Wir haben das Wichtigste auf dieser Welt gefunden. Jetzt geben wir es nicht wieder her. Das war also Liebe. Sie musste es sein. Immerhin war es Hideto, der ihm das gesagt hatte. Aber das bedeutete ja auch: „Ich liebe... dich?“ Kaum hatte er das gesagt, war ihm, als würde in ihm ein Feuerwerk ausbrechen. „Hai.“ „Und du bist glücklich, weil...“ Mit Tränen in den Augen, aber einem glücklichen Lächeln im Gesicht, löste Hideto seine Umarmung etwas und lehnte sich ein kleines Stück zurück. „Ich bin glücklich, weil ich dasselbe für dich fühle.“ Camuis blaue Augen weiteten sich. „Das tust du?“, fragte er ungläubig nach. „Tue ich“, hauchte der Mann in seinen Armen und nickte leicht zur Bestätigung. Aus einem Gefühl heraus, löste Camui seine linke Hand von dem Rücken und legte sie an die Wange Hidetos, der sofort die Augen schloss und sein Gesicht an diese schmiegte. Wie schön das aussah. Und weil sein Kopf so leer gefegt war von jeglichem Gedanken, übernahm sein Körper die Führung. Sacht dirigierte er den Anderen an sich heran, bis sich ihre Gesichter ganz nahe waren und sie schon den Atem ihres Gegenübers spüren konnten. „Ich würde dich gerne-“ Er kam gar nicht mehr dazu den Satz zu beenden, denn schon hatte der Kleinere sich ein Herz gefasst und ihre Lippen vereint. So viel Glück strömte durch Camuis Körper, er konnte es kaum fassen. Sich lösen aber ebenso wenig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)