Der letzte Raubzug von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 13: Rettung ------------------- Die sonst so dunklen Wälder waren richtig hell durch den vielen Schnee. Allerdings war es nicht so einfach hindurch zu wandern, weil es keine richtigen Pfade mehr gab. Doch Hideto wollte nicht umkehren. Er wusste, wie der große, nahegelegene See aussah, wenn er fast vollständig zugefroren war und die Sonne darauf schien. Vor allem von seinem Lieblingsplatz aus, wo man in der Ferne noch die Stadt sehen konnte. Diesen Anblick wollte er so gerne mit dem Anderen teilen. Auch, wenn es ein Kampf war hinauf zu kommen. „Hideto-kun, verzeih mir die Frage, aber... Ist es noch weit?“ Mittlerweile ging es nämlich reichlich bergauf. „Wir müssen bis zur Kuppe, wo der Wald endet. Außerdem liegt hier doch weniger Schnee, als weiter unten.“ „Das macht es aber nicht einfacher.“ Bergauf gehen und dann nicht sehen, wo man hintrat war eine Herausforderung. „Wir sind gleich da“, rief Hideto aufgeregt, rutschte im gleichen Moment aber etwas weg. Zum Glück fand er gleich wieder Halt, sodass er nicht allzu weit hinab rutschte. Ein Stück unter ihm atmete Camui hörbar erleichtert aus, fragte: „Dajoubu desuka.“ „Hai, daijoubu desu.“ Nur der Schreck saß ihm noch in den Gliedern. Ans Umkehren dachte der Kleinere trotzdem nicht, dafür waren sie ihrem Ziel schon zu nahe. Er wollte ihm diesen wunderbaren Ausblick zeigen. Und er wollte ihn auch nur mit ihm teilen. Hideto atmete einmal tief durch, ehe er seinen Weg fortsetzte. Weitaus vorsichtiger dieses Mal. Oben angekommen wartete er auf seinen Begleiter, der kurz danach ebenfalls ihr vorläufiges Ziel erreichte. „Komm“, sagte der Kleinere und winkte ihm zu, als Aufforderung ihm zu folgen. Er führte sie ein Stück weit aus dem Wald hinaus zu einem der vorspringenden Felsen. „Pass auf. Der ist vom Schnee bestimmt sehr rutschig.“ „Ich bin vorsichtig“, lächelte Hideto und bewegte sich Schritt für Schritt auf die Spitze zu. Und dann endlich hatte er sein Ziel erreicht. „Sieh nur, Camui-kun. Diese wunderschöne Aussicht. Komm her.“ Mit einem Lächeln wandte er sich nach hinten, winkte den Anderen zu sich, welcher mit einem reichlich mulmigen Gefühl einige vorsichtige Schritte in Richtung Felsspitze tat. Geduldig wartete Hideto bis sein Begleiter bei ihm war. „Und? Was sagst du?“ Sprachlos und mit staunendem Blick ließ der Größe seine blauen Augen über die schöne, schneebedeckte Welt unter ihnen wandern. Im Schein der Sonnenstrahlen schimmerte und funkelte alles wie ein großer Schatz. Zumindest wie einer, wie ihn Camui sich oft vorgestellt hatte. „Unglaublich schön. Ich verstehe, warum du so gerne herkommen wolltest.“ Hideto lächelte erst, bevor er Seufzen musste und etwas verlegen nach unten sah. „Ich bin während meiner Ausbildung sehr oft hergekommen. Aber du bist der Erste, den ich jemals mit hierher genommen habe.“ „Wirklich? Jetzt fühle ich mich geehrt“, antwortete er sanft und sah sich weiter um. Jetzt war es gleich noch schöner, durch diese besondere Komponente. Eine geraume Weile standen sie da und betrachteten die Welt zu ihren Füßen. An dem leichten Rot, welches den Horizont und somit auch Schnee und Eis einfärbte, bekam dieser Ort eine magische Ausstrahlung. Verriet den beiden Männern jedoch auch, dass die Sonne im Begriff war ihre Arbeit zu beenden. „Wir sollten wieder zurück“, sagte der Größere wehmütig, fand er es doch schade, dass sie das hier nicht weiter genießen konnten. Im Dunkeln jedoch mochte er den Weg nicht zurück legen. Durch den Schnee wurde das wenige natürliche Licht zwar verstärkt und man konnte mehr sehen als sonst in der Nacht, doch sie mussten zuerst einen Abhang hinunter und der Abstieg war mit Tageslicht wahrlich einfacher zu schaffen. „Wir können ja an einem anderen Tag wieder her kommen“, schlug der Größere vor. Ein wenig enttäuscht war Hideto schon. Da waren sie doch gefühlt gerade erst hier oben angekommen und sollten schon wieder gehen. Dabei waren die Sonnenuntergänge von hier aus auch immer wieder ein schöner Anblick. „Müssen wir wirklich schon gehen?“ „Schon, denn der Gedanke, bei Nacht dort hinunter zu gehen, der... macht mir ein wenig Angst. Und ich fürchte, dass nicht nur Tiere im Wald sind.“ „Vermutlich hast du recht.“ Der Kleinere gab sich geschlagen. Wenn auch nur ungern. „Dann gehen wir wieder.“ Noch während er sich wieder um- und somit von der Aussicht abwandte, rutschte er mit einem Fuß weg. „Wa-?“, wollte er fragen, als er auch schon bemerkte, was eigentlich passierte. Geschockt griff er nach Camuis Arm, bekam aber erst die Hand zu greifen. Der plötzliche Ruck brachte jenen aus dem Gleichgewicht. Überrascht ging er zu Boden, wurde von Hidetos Gewicht mit Richtung Kante gezogen. Instinktiv versuchte er Halt an irgendetwas zu finden, aber unter dem Schnee fand sich vor allem blankes Eis. „Lass mich los“, rief Hideto plötzlich. Er hatte furchtbare Angst, erkannte aber auch, was ansonsten unweigerlich geschehen würde. „Was? Doshite?“, fragte Camui erschrocken, während er noch immer versuchte sich irgendwo gegen zu stemmen. „Weil du dann nicht weiter hinab gezogen wirst. Dann kannst du dich retten.“ Wenn die Götter wollten, dass er zu Tode kam, sollte es so sein. „Kommt nicht in Frage!“, schrie der Mann mit den blauen Augen. Er würde doch den Mann, der ihm das Leben gerettet hatte, nicht sterben lassen! Um jeden Preis würde er das verhindern. Sofern er denn eine Idee hätte. Noch immer rutschten sie. Nicht viel, aber wenn auch er erst einmal zu weit über dem Rand war, war es vorbei. Wie weit ging es denn hinab? Camui sah an dem verzweifelten Gesicht des Anderen vorbei und musste schlucken. Doch verdammt tief. Und wenig Gestrüpp. Dafür viele Felsen, die mitunter scharfe Kanten haben konnten. Dort wollte er absolut nicht hinunter fallen. Es lag zwar auch auf ihnen reichlich Schnee, ob dieser ihren Sturz ausreichend dämpfen würde wagte er zu bezweifeln. Ratlos sah er sich um. Nur die Ruhe. Sonst konnte er nicht klar denken. Ein Stück weiter links von sich entdeckte er einen kleinen Vorsprung am Fels. Etwas unterhalb der Kante und gerade breit genug, um sich daran festhalten zu können. „Hideto-kun, ich werde dich jetzt ein wenig hin und her schwingen. Meinst du, du kannst dich dort vorne festhalten?“ Mit einem Nicken seines Kopfes wies er zu dem Vorsprung. Suchend ging der ängstliche Blick des Anderen in die gezeigte Richtung. Es brauchte einen Moment, bis er ihn aus seiner Position heraus entdeckte. Aber er verstand. „Ich versuche es.“ „Also gut.“ Es war anstrengend den Anderen überhaupt erst einmal zum Schwingen zu kriegen. Wurde allerdings schnell einfach, nachdem er ihn überhaupt in Bewegung bekommen hatte. Sie rutschten jetzt auch nicht mehr so stark. Sehr zu ihrem Vorteil. Sobald er einigermaßen in Reichweite war, versuchte Hideto den kleinen Vorsprung irgendwie zu erreichen, schaffte es aber lediglich den Schnee darauf weg zu wischen. „Nur noch ein bisschen.“ Camui nickte und legte noch mehr Kraft in sein Tun. Der nächste Versuch scheiterte auch nur knapp. Doch es war jetzt ihr einzige Chance. „Geschafft!“, rief Hideto, als er endlich Halt gefunden hatte. Ein wenig erleichtert atmeten beide Männer aus. „Gut. Dann... Meinst du, du kannst dich mit der anderen Hand ebenfalls festhalten?“ „Ja, aber nicht für lange.“ „Nicht schlimm. Das musst du auch nicht, wenn es jetzt schnell geht. Also: Bereit?“ Der Kleinere fragte gar nicht erst, wie genau der Plan seines Begleiters aussah. Er vertraute ihm einfach. Die rechte Hand ließ er noch ein wenig weiter nach rechts wandern, damit er wirklich genug Platz für die andere haben würde. „Ich bin bereit.“ „Ich lasse los in: Drei... Zwei... Eins!“ Noch während dem Braunäugigen ein leichter Schreckenslaut entfuhr, machte sich der Größere daran auf alle Viere zu kommen, nur um sich dann keinen Meter weiter wieder auf dem kalten Stein fallen zu lassen. „Da bin ich wieder.“ Glücklich wurde er angestrahlt von dem Geistlichen. „Jetzt, wo du ein bisschen Halt hast, sollte es einfacher werden.“ Wieder streckte er einen Arm aus. Dieses Mal jedoch seinen linken, der noch nicht so müde war. Sofort wurde seine Hand ergriffen. Mit den Füßen suchte der Hängende nach einer Möglichkeit sich darauf zu stellen, was bei der nahezu senkrechten Fläche nahezu sinnlos war. „Beweg dich bitte nicht so viel. Ich kann dich sonst nicht lange halten.“ Camui presste seine Kiefer aufeinander, während er sich daran machte den Anderen hinauf zu ziehen. Er hatte eine sichere Position gefunden, die er nutzen konnte, um sich fest zu halten gleichzeitig aber verhinderte, dass er wieder wegrutschen konnte. Seine freie Hand stemmte er in eine kleine Kuhle, was ihm ungemein dabei half sich dem Gewicht an seiner anderen entgegen zu stemmen. Tief sah er in die flehenden, braunen Augen. So viel Angst war in ihnen. Nein, heute würde er nicht zulassen, dass dieser Mensch starb. Camui spürte ungeahnte Kraftreserven in sich aufsteigen. Entschlossen stemmte er sich erneut gegen den Fels. Langsam und Stück für Stück schaffte er es, sich selbst nach hinten und den Kleineren nach oben zu ziehen. Jener suchte mit seinen Fingern fieberhaft nach einer Möglichkeit sich fest zu krallen, sobald sich sein Kopf oberhalb des Randes befand, damit auch er seine Kraft einsetzen konnte. Er wollte einfach nur wieder festen Boden unter den Füßen spüren. Je weiter er auf den Felsen gezogen wurde, umso leichter wurde es für beide. Als sicher war, dass Hideto nicht wieder hinabrutschen konnte, drehte sich Camui erschöpft auf den Rücken und rang nach Luft. Die Herzen der beiden Männer schlugen heftig gegen ihren Brustkorb, das Blut rauschte nur so durch ihre Körper. Und erst langsam drang der Gedanke in ihre Köpfe, dass sie beide außer Gefahr waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)