The World Ends with You von abgemeldet (Another Game) ================================================================================ Kapitel 5: Tag 5 ---------------- Nachdem er sie auf die Sitzbank legte, beobachtete er sie noch etwas. Sie hatte einen sehr zufriedenen Ausdruck im Gesicht. Ihre Atembewegung war gleichmäßig und ruhig. Er erinnerte sich an gestern, wo sie alle drei herzhaft lachten. Er mochte ihr Lachen. Er ertappte sich selbst dabei, dass er sie langsam mochte und gern um sich hatte. Auch war sie kein wirklich nutzloser Partner (mehr), er merkte mittlerweile sehr deutlich, dass sie ihr Bestes gab. Vor allem gestern: die vielen Geschenke für Kariya kosteten den beiden Spielern ein kleines Vermögen, was sie durch einige Kämpfe wieder aufstocken mussten. Sie hat sich nie beschwert oder gejammert. Er stellte sich in den Regen hinein, aus dem er sie gerade gebracht hat. Es war schon eine Weile her, seitdem er das das letzte Mal tat. Schon zu Lebzeiten mochte er Regen, das Gefühl auf der Haut, den Geruch und vor allem den Klang. Eine Weile stand er nur da, horchte und fühlte. So lebendig, wie er sich jetzt fühlte, zweifelte er fast daran, dass er eigentlich tot war. „Wenn du da noch länger rum stehst, fängst du dir noch ne Erkältung ein.“ „Ach was, ich werd so schnell nicht krank.“ „Es kam übrigens schon die Mission rein.“ Er war so in seinen Gedanken versunken, dass er das gar nicht mitbekam. „Setze erst die Bauern, dann den König Schachmatt. Spiele am Eingang zum Reich der Ratten. Zeit: 4 Stunden.“ war die heutige Mission. Sie schien leicht begeistert. „Ein Schachspiel? Interessant… .“ „Ich glaube nicht, dass es sich um ein Schachspiel handeln wird…“ „Nein? Was dann?“ „ Ich hab dir doch gesagt, dass die die Missionen gerne in Rätseln ausdrücken. Ich denke, mit den Schachmatt setzen, sind Kämpfe gegen Noise gemeint. Die allermeisten Missionen verlangen früher oder später nach Kämpfen.“ „Schade. Ich hätte nichts gegen eine gute Party Schach einzuwenden. Kannst du Schach spielen?“ „Nein. Mir ist Go lieber. Aber auch da bin ich nicht so überragend drin. Hast du eine Ahnung, was es mit dem Reich der Ratten auf sich haben könnte?“ „Hm… nein, nicht so wirklich… obwohl: mir fällt da grade was ein.“ „Was denn?“ „Kann es sein, dass es eine Kleidermarke namens >Mus Rattus< gibt?“ „Ja, die gibt es. Warum?“ „Mus Rattus ist lateinisch für Ratte.“ „Dann ist die Sache eigentlich klar. Schätze, wir müssen dann vor einem Eingang zu einem Mus Rattus-Laden kämpfen. IM Laden selbst geht das ja nicht.“ „OK… weißt du, wo es solche Läden gibt?“ „Ja. Es gibt 4 Stück in Shibuya. Sie sind auch alle gar nicht mal so weit weg.“ „A propos: wo sind wir eigentlich?“ „Beim Busbahnhof in der Nähe von Hachiko.“ Die Bank, auf der sie lag bzw. saß, war unter dem Wartehäuschen an der Haltestelle. Nachdem alles besprochen war, machten sie sich auf den Weg. Vorher hielt sie ihn aber noch zurück: ihr war aufgefallen, dass der Regen den Kajal, den er noch von Tag 3 an den Augen hatte verwischt war (ja, sie trugen beide noch die Gothic-Klamotten). Mit einem Taschentuch machte sie es wieder sauber. Der erste Laden von Mus Rattus war der bei 104. Die Noise, die es in diesem Gebiet gab, waren nicht sonderlich auffällig: durchschnittliche Anzahl, durchschnittliches Verhältnis aus kleinen und großen Symbolen. Er vermutete, dass in dem betroffenen Gebiet eine größere Konzentration von Noise auf sie warten würde oder viele große Symbole oder irgendetwas Auffälliges. Von ihr kam dann aber der Vorschlag trotzdem zur Sicherheit die Noise vor jedem Eingang zu besiegen. Bevor sie sich an die erste Gegnerwelle machten, überflogen sie nochmal kurz ihre PIN-Sammlung. Er gab ihr einige neue, stärkere Pins, die er bisher für sich behielt und erklärte ihr die Wirkung der Pins, von denen er sie kannte. Er selbst blieb bei seinen Nahkampf-Pins, die er schon seit dem Letzten Spiel so benutzte. Zuerst kämpften sie eine kleine Kette zur Vorsicht, dann erhöhten sie wieder die Kettengröße. Als alle Noise bei 104 besiegt waren, scannten sie die Umgebung nochmals. Nichts, alles leer. Der Timer war noch da. Hier waren sie also falsch. Also auf zum Nächsten gebiet. Dieses war gar nicht so weit weg: das Shibukyu Main Store war gleich um die Ecke. Ein Scan dort offenbarte: hier waren sie offenbar richtig. Eine sehr große Anzahl kleiner Noise-Symbole, allesamt in goldener, statt roter Farbe, überschwemmte diesen Ort förmlich. Bei diesem Anblick erinnerte er sich wieder: goldene Noise-Symbole waren missionsrelevant. Das hatte er irgendwie total vergessen. Auch hier starteten sie wieder mit einer kleinen Kette und sie erhöhten Nach und nach die Anzahl, bis sie es bei 6-er-Ketten beließen. Sie erkannte schnell, wo der Haken bei diesem Teil der Missionen war: die Menge der Gegner und auch der Schaden, den sie abkriegen, sollte sie langsam aber sicher zermürben. Innerhalb der Kämpfe hatten sie es auch immer mit einer großen Anzahl kleiner, schwächerer Gegner zu tun, die wiederum Angriffe einsetzten, die an sich wenig Schaden machten, aber dafür sehr häufig trafen. Doch er erledigte die kleinsten Gegner meist mit einem einzigen Rundumschlag seines Vacuum Wave-Pins, sie kümmerte sich um die Heilung, falls mal Not am Mann sein sollte. So erledigten sie einen Gegner nach dem anderen, es müssen um die 50 Kämpfe gewesen sein. 2 Mal legten sie dazwischen eine etwas größere Pause ein, um sich kurz zu erholen. Als sie das Gebiet schließlich von den vielen kleinen Noise-Symbolen gesäubert hatten, scannten sie die Umgebung noch ein weiteres Mal: ein einzelnes, sehr großes Noise-Symbol ist aufgetaucht – eins, das nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch seinem Design etwas Furcht erregend aussah. „Das ist dann wohl der ominöse König.“ stellte sie fest. „Sieht ganz danach aus. Wir sollten sehr vorsichtig damit sein. Und uns vorher noch mal ausruhen.“ „Warum so zögerlich? Du stürzt dich doch sonst immer Hals über kopf in jeden Kampf.“ „Normalerweise schon… aber dieses Symbol ist auffällig groß. Und noch dazu ein Goldenes. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich dahinter ein Gegner verbirgt, mit dem selbst ich arge Probleme kriegen könnte…“ „Das ist… schwer vorstellbar. Ich hab dich zwar noch nicht kämpfen sehen, aber ich merke trotzdem, wie stark du bist…“ „Jeder hat seine Grenzen. Und die Kunst ist nicht, sie zu überschreiten, sondern sie weiter zu verlegen.“ „Uhh… das klingt ungewöhnlich tiefsinnig.“ „Ich weiß es, seitdem ich das letzte Mal meine Grenzen überschritt. Das führte dazu, dass ich das Spiel zum zweiten Mal spiele…“ „Ich weiß, ich sollte nicht so neugierig sein… aber ich wüsste gerne, wie es dazu kam, dass du schon zum zweiten Mal mitmachst…“ „Hm… nicht jetzt. Es würde mich nur ablenken. Je nachdem, was die Zeit sagt, vielleicht nach dem Kampf mit dem „König“, OK?“ „OK. Ach übrigens: ich hab herausgefunden, wie man einige der Pins verwendet, die du mir gegeben hast. Und zwei haben sich mittlerweile sogar verändert!“ „Wirklich? Super. Manche Pins verändern sich, wenn man lange mit ihnen kämpft. Ich denke, ich werde für den nächsten Kampf meine Auswahl auch noch mal überdenken…“ Und er überdachte sie noch mal. Zur Abwechslung legte er sich einen Heilungs-Pin an – etwas, was er sonst nicht machen würde; er hätte es nicht nötig. Dann legte er noch 2 weitere Pins an, die ihn Fernkampf ermöglichten. So sollte er für jede Situation gewappnet sein. Dann noch ein letztes Mal tief durchatmen… und dann begannen sie den Kampf. Er behielt Recht mit seiner Befürchtung: der Noise, dem sie gegenüberstanden, war von elefantöser Größe und Gestalt. Ein Patchy R&R. Mit einem solchen Noise hatte er noch nie zu tun. Aus Gewohnheit stürzte er sich zuerst im Nahkampf auf den Gegner. Ein paar Treffer landete er, aber als der Noise einmal auf den Boden stampfte, schleuderte die Schockwelle den Angreifer wieder zurück. Also blieb er erstmal auf Abstand und nutzte seine Distanz-Angriffspins. Ein paar Lightning Bolt-Angriffe und eine recht lang anhaltende Pyrokinese. Doch die waren sehr schnell verschossen und es würde etwas dauern, bis sie sich wieder aufladen würden. Also griff er trotz des Risikos, verletzt zu werden, wieder aus der Nähe an. Für den Notfall hat er ja noch den Heilungspin. So wiederholte sich das einige Male: Nahkampf, zurückgeschleudert, Fernkampf, Nahkampf… schließlich brauchte er den Heilungspin wirklich, der zu seinem Glück schon so weit entwickelt war, dass er ihn mehrfach benutzen konnte. Dennoch zermürbte ihn der riesige Gegner: er ließ sich nicht ein bisschen zurückwerfen und seine Vitalenergie schien kein Ende zu nehmen. Er fragte sich, wie es ihr erging… würde sie Schaden nehmen, würde er ihre Erschöpfung auch spüren, doch er nahm nur seine eigene Müdigkeit wahr. Schließlich… das letzte Mal, dass er in diesem Kampf den Heilungspin nutzen konnte… und der Noise war immer noch nicht besiegt. Jetzt wurde es eng. Er beschloss, nur noch Distanz-Pins einzusetzen und die Wartezeit zum Aufladen einfach auszusitzen. Doch das half nichts: die Stampfer des Elefanten-Noise waren so mächtig, dass die Erde auch aus weiter Entfernung bebte. Wenn sie den Gegner nicht bald besiegen würden, wäre der Kampf verloren. Seine Erschöpfung wuchs weiter und weiter. Er hatte immer mehr Probleme, sich auf den Beinen zu halten. Er dachte wirklich, das wäre es gewesen, er hatte versagt… doch dann legte sich seine Entspannung und er spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten. Woher kam das? Sie! Sie muss einen Heilpin verwendet haben! Er nutzte diese wohl allerletzte Chance und schleuderte noch mal seine Distanz-Angriffe auf den Gegner. Als diese erstmal wieder verschossen waren, stürzte er sich wieder in den Nahkampf. Ein Hagelfeuer von Shockwave-Angriffen prasselte auf den Elefanten ein und irgendwo zwischen den Schlägen… löste er sich endlich auf. Sie hatten gewonnen. Er war sich nicht sicher, ob es sein Angriff war, der den Gegner besiegte, oder ihr Angriff. Aber das war auch egal. Als sie sich beide wieder auf der gleichen Ebene befanden, sackte er erst einmal zusammen. „Alles OK mit dir?“ fragte sie. Sie wirkte bei weitem nicht so abgekämpft, wie er, aber wirklich ‚taufrisch’ sah sie auch nicht aus. „Es geht schon, Danke. Und bei dir?“ „Ich bin OK. Und… sieh mal, ich hab das hier gefunden…“ Sie hielt ihm einen schwarzen Pin hin, der das Symbol, der den Noise, den sie gerade besiegten, in weiß darstellte. Sie hatte dem Gegner also den letzten Schlag versetzt. Aber das war es nicht, was ihn so überraschte. „Das ist ein sehr seltener Pin. Bestimmt mächtig und wertvoll.“ „Woher weißt du das?“ „Ich hab mal was davon gehört, dass es Pins gibt, deren Gestaltung denen von Noise nachempfunden ist. Sie gehören zu den seltensten und mächtigsten Pins, so heißt es. Und der hier… ist offenbar dem Gegner nachempfunden, den wir gerade besiegt haben.“ „Das war ein echt zäher Brocken…“ „Allerdings. Wie erging es dir?“ „Es ging. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, aber als ich raus fand, dass man den Erdwellen am Besten entgeht, indem man in der Luft bleibt, ist mir fast nichts mehr passiert und ich hab angegriffen, was das Zeug hält.“ „Dir… ist fast nichts mehr passiert, sagst du?“ „Nein, kaum. Hier, dieser Pin lässt dich schweben. Somit bin ich den ständigen Beben immer entgangen. Trotzdem fühlte ich mich immer wieder schwach…“ „Schätze, das lag an mir…“ sagte er schließlich und blickte betreten zur Seite. Es stellte sich heraus, dass sie tatsächlich zum Schluss ihren Heilpin einsetzte, um ihre gemeinsame Lebensenergie wieder aufzufrischen. Ein Blick auf die Hand: Kein Timer. Die Mission war also geschafft. Ein Klatschen ertönte. Ein langsames Klatschen, das von sehr großen, kräftigen Händen kommen muss. Dazu kam dann noch das Lachen einer Tiefen, kräftigen Männerstimme. „Hervorragend. Wirklich eine delikate Vorstellung. Das war ein Festessen für die Augen. Dafür gebe ich euch 4 von 5 Sternen.“ tönte es plötzlich hinter den beiden Spielern. Dort trat ein sehr groß gewachsener Mann auf sie zu, ein Hüne von einem Kerl, ein wahrer Bulldozer. Er hatte längere, dreadlock-ähnliche Haare und einen Furcht einflößenden Blick, geradezu geisterhaft. „Ach… der ist es…“ sagte Shuyin, mehr zu sich selbst als zu seiner Partnerin. „Du kennst den?“ fragte sie zurück. „Ja. Das ist Yodai Higashizawa, ein hochrangiger Reaper. Lass mich raten, du bist heute der Proxy-GM?“ „Das ist korrekt. Ich bin froh, dass ihr meine Aufgabe heute überstanden habt und ich hoffe sehr, dass ihr die letzten 2 Tage auch noch übersteht. Der Vorgeschmack, den ich bis jetzt von euch habe, macht Lust auf mehr.“ antwortete der Hüne. „Was faselt der?“ „Er hat es irgendwie mit Kochen und Essen. Was willst du von uns? Du bist doch sicher nicht nur vorbeigeschneit, um mal Hallo zu sagen?“ „Ich wollte mir mal genauer ansehen, worauf ich ohnehin schon ein Auge warf. Und ich stelle fest, ihr beide habt alles, was es braucht, um das Menü zu einem würdigen Abschluss zu führen.“ „Das brauchst du mir nicht zu sagen. ‚Ich weiß selbst, dass wir stark genug sind, um dieses Spiel zu gewinnen. Wenn es sein muss, machen wir jeden einzelnen von euch kalt.“ entgegnete Shuyin. Trotz seiner harschen Wortwahl blieb er aber ruhig in der Stimme. „Tse! Dein falscher Ehrgeiz ist einfach zu köstlich. Du glaubst, du bist stark? Du bist alles andere als das. Dein Beitrittspfand ist der Beweis dafür.“ Shuyins Auge zuckte kurz bei diesem Argument. Offenbar hatte der Riese einen wunden Punkt getroffen. „Was hat mein Beitrittspfand mit meiner Stärke zu tun?“ „Ganz einfach: dein Beitrittspfand ist vollkommen wertlos! Die Tatsache, dass etwas so wertloses dein Pfand wurde, heißt nur, dass du nichts Wertvolleres zu bieten hast! Und warum? Ganz einfach…“ „Ich rate dir, nicht weiter zusprechen…“ „…du hast nichts wertvolleres zu bieten, weil du bereits alles verloren hast! Weil du schwach bist! Und selbst, wenn du das Spiel gewinnst, wird sich nichts daran ändern! Du wirst nur wieder ohne irgendetwas dastehen – unfähig irgendwas zu tun!“ Plötzlich schaltete sich Reiko ein: „Jetzt halt aber mal die Luft an, ja? Du weißt doch gar nichts über Shuyin! Er ist stark, ob du es glaubst oder nicht! Wer gibt dir das recht, so über ihn zu sprechen?“ „Interessant, dass du dich jetzt zu Wort meldest, junge Lady. Ich gebe die Frage an dich zurück: was weißt du denn schon über deinen Partner?“ Er machte eine kurze Pause. Dieses Argument zeigte durchaus Wirkung, sie schreckte kurz zurück. Was wusste sie eigentlich über Shuyin? Er fuhr fort: „Siehst du? Du bist keinen Deut besser. Du hast genauso wenig das Recht, über ihn zu urteilen. Auch nicht, ihn in Schutz zu nehmen. Denn sei doch ehrlich zu dir selbst: was kümmert er dich? Was kümmern dich andere? Alles, was für dich zählt, bist du selbst. Auch dein Beitrittspfand zeugt von deinem unendlichen Egoismus.“ Noch ein Volltreffer. Reiko war plötzlich ganz klein. Shuyin fragte sich jetzt zum ersten Mal, was ihr Beitrittspfand war. Was ihn aber mehr kümmerte war, dass Higashizawa dafür sorgte, dass es Reiko sichtbar schlecht ging. „Und du bist nichts weiter als Kitanijis kleiner Speichellecker. Wer hat dich überhaupt nach deiner Meinung gefragt?“ „Und wieder zeigst du deine eigene Schwäche… deine Unfähigkeit, dir einzugestehen, dass ich Recht habe. Du willst der Wahrheit nicht ins Gesicht blicken; dass sie dich fallen lassen würde, wie eine heiße Kartoffel, wenn sie könnte.“ „Halt endlich die Klappe!“ „In deinem innern weißt du es doch. Du wusstest es von Anfang an. Du wolltest sie nie als Partner haben, denn du wusstest, dass es dir nichts bringt. Auch jetzt würdest du lieber einen anderen Partner haben – und das zu Recht. Auf Egoisten kann man sich nämlich nicht verlassen-“ „Ich sagte, halt die Klappe!!!“ Mit diesen Worten stürzte sich Shuyin auf den Schrank. Er schlug ihn mit der Faust direkt ins Gesicht. Ob Higashizawa den Schlag nicht kommen sah oder ihn einfach treffen lassen wollte – der Schlag traf genau ins Schwarze. Der Riese taumelte aber nur ein bisschen. Shuyin holte zu einem weiteren Schlag aus. Und noch einen und noch einen. Er rastete völlig aus. Der Riese zeigte aber kaum Reaktion, er ließ die Schläge (und gelegentliche Tritte) einfach auf sich einprasseln. Shuyin steigerte sich immer weiter in seine Rage hinein, warf ihm alle möglichen Sachen an den Kopf. Der Hüne wehrte sich nicht. Es war Reiko, die Shuyin schließlich zurückhielt, indem sie ihn von hinten festhielt, als er gerade noch mal ausholen wollte. „Hör auf, Shuyin! Bitte lass das, das hat doch keinen Sinn! Hör bitte einfach auf damit…“ Shuyin beruhigte sich schlagartig. Er hatte völlig die Kontrolle über sich verloren. Ein blick zu ihr über die Schulter: sie war total in Tränen aufgelöst. Diesmal verschmierte ihre Schminke. Seine innere und äußere Anspannung löste sich, als er merkte, dass er gerade unnötigerweise ausgerastet ist. Higashizawa richtete sich wieder auf. Er blutete „nur“ leicht an der Lippe, ansonsten schien ihm das alles gar nichts ausgemacht zu haben. Er wischte sich die Lippe ab und sagte nur noch boshaft grinsend: „Euer Verhalten zeigt mir nur, dass ich in allen Punkten Recht habe. Ich erwarte euch dann am letzten Tag. Lasst euch vorher nicht auffressen.“ Mit diesen Worten verschwand er. Er atmete noch einmal tief aus. Sie ließ von ihm ab. Er drehte sich zu ihr um und sah ihr verweintes Gesicht. Er wollte etwas sagen, doch bevor er die richtigen Worte fand, sagte sie etwas. „Shuyin… war das wirklich nötig?“ Die Frage kam für ihn etwas überraschend. „Vermutlich nicht. Aber… ich konnte nicht anders. Er hat mich einfach zur Weißglut gebracht. …tut mir leid.“ sagte er. Dann holte er ein Taschentuch raus und diesmal war er es, der ihr die verwaschene Schminke wegwischte. Stumm und mit geschlossenen Augen ließ sie ihn machen. „Mach dir besser nichts aus dem, was er gesagt hat. Er versucht damit nur, uns zu verunsichern und einen Keil zwischen uns zu treiben.“ versuchte er sie zu beruhigen. „Aber… was, wenn er Recht hat?“ „Glaubst du denn, dass er Recht hat?“ „Ich… weiß es nicht…“ „Was ist denn dein Beitrittspfand gewesen? „Ich… weiß es gar nicht… . Was ist mir dir?“ „Ich weiß es nicht genau… aber ich habe eine Ahnung.“ „Ist das normal, dass man nicht weiß, was man als Pfand aufs Spiel setzt?“ „Nein, normalerweise weiß das jeder Spieler.“ Eine kurze Weile war Stille. Dann fiel ihr etwas ein: „In einer Sache hat er wirklich Recht.“ „Und die wäre?“ „Dass ich… eigentlich nichts über dich weiß…“ „Das… ist wohl richtig. Aber du weißt doch, woran das liegt, oder?“ „… daran, dass ich nur an mich selbst denke?“ „Blödsinn!“ Sie erschrak ob dieser plötzlichen, lautstarken Reaktion. Er hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht, als er ihr erklärte, warum sie falsch lag. „Der Grund dafür beweist, dass der Typ mit keinem Wort Recht hat.“ Sie überlegte kurz, schüttelte dann aber fragend den Kopf um anzudeuten, dass sie noch nicht verstand. „Ich hab dir ganz einfach nichts über mich erzählt. Nicht mal, als du mich gefragt hast. Es liegt also nur an meiner Sturheit, nichts weiter.“ Diese Erkenntnis, sowie sein zuversichtliches Lächeln weckten auch in ihr wieder Zuversicht und sie lächelte. Ende Tag 5 „Recht und Unrecht“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)