The World Ends with You von abgemeldet (Another Game) ================================================================================ Kapitel 4: Tag 4 ---------------- Warme Sonnenstrahlen von der Seite weckten Shuyin. Sie waren so hell, dass sie trotz verschlossener Augen blendeten. Er hörte Vogelgezwitscher. Und er lag erstaunlich bequem - anders als am Vortag. Als er die Augen öffnete, sah er zuerst in einen strahlend blauen Himmel. Und Reikos Gesicht. Sie hatte die Augen verschlossen; er wusste nicht, ob sie schlief oder ob sie nur wegen der blendenden Sonne die Augen geschlossen hielt. Dann schreckte er hoch, denn er realisierte, in welcher Lage er sich befand: er lag auf einer Parkbank im Miyashita Park – mit dem Kopf auf Reikos Schoß. Reiko erschrak ebenfalls, als er hochschreckte, aber offenbar war sie schon eine kleine Weile wach. „Was ist denn mir dir los? Hat dich was gestochen?“ „Ähm… nein. Das nicht. es ist nur… warum lag ich denn so?“ Shuyin war sichtlich verlegen, aber Reiko ließ dies unkommentiert. „Erst lagst du wieder auf dem harten Boden. Wäre dir das lieber gewesen? Ich dachte, wenn du schon so lange schläfst, könntest du wenigstens noch etwas bequemer liegen. Dann bist du vielleicht auch nicht so mies drauf, wie gestern.“ Sie hat ihn also so hingelegt. Sie hat es nur gut gemeint. Und sie hat sogar die gewünschte Wirkung erzielt. Er war wirklich besser drauf, als gestern und das lag vermutlich an dem sanften Erwachen. Er beruhigte sich schnell wieder und setzte sich neben sie. Die Bank, auf der sie saßen, war genau auf den momentanen Sonnenstand ausgerichtet. „Während du schliefst, hab ich ein bisschen die Sonnenstrahlen genossen…“ Er schloss die Augen und tat es ihr für den Moment gleich. Es war sehr angenehm. Er erinnerte sich an das gestrige Gepräch bei Mexican Dog. „Dazu hattest du bisher bestimmt nicht so viele Gelegenheiten, oder?“ „Nein…“ Er öffnete sein linkes Auge und blinzelte zu ihr rüber. Mit verschlossenen Augen genoss sie die Sonne und lächelte dabei leicht. Da fiel ihm auf, dass sie schon die ganze Zeit lächelt, seit er aufgewacht ist. Ihre Handys piepten. Und piepten. Und piepten noch 2 Mal. Erst beim 5. Mal holten beide ihre Handys raus. „Bringt mir etwas, das mich amüsiert. Ich warte in Udagawa. Zeitvorgabe: 6 Stunden.“ stand in der SMS. „Das kann ein Spaß werden.“ sagte er mit deutlicher Ironie. „Das Gefühl hab ich auch.“ stimmte sie zu. „Machen wir uns auf den Weg?“ „Ein paar Minuten haben wir noch.“ sagte er, steckte sein Handy weg und ließ sich noch etwas die Sonne ins Gesicht scheinen.“ „Ich könnte ein Frühstück vertragen. Meinst du, wir können irgendwo unterwegs was abgreifen?“ „Definitiv. Hast du auf was bestimmtes Lust?“ „Nicht wirklich. Nur ein Definitivo Chili Dog sollte es nicht sein. Kannst du was empfehlen?“ „Klar, einiges. Wirst schon sehen.“ Kurze Pause. Dann fragte Shuyin: „Schon ne Idee, was wir Lollipop mitbringen?“ „Nen Lolli vielleicht? Er lachte leicht. „Das wäre zu einfach.“ „Hast du ne bessere Idee?“ „Hm… nen Definitivo Chili Dog vielleicht?“ „Du liebst die Dinger wirklich, oder?“ „Kannst du es mir verübeln?“ „Nein… aber ich glaube nicht, dass das ihn >amüsieren< würde.“ „Sollen wir ihm etwa nen Witz erzählen?“ „Kennst du denn ein paar Gute?“ „Einige… aber ich glaube nicht, dass das ausreichen wird.“ „Was kann man denn jemanden mitbringen, das einen amüsiert?“ „Das Kariya amüsiert.“ berichtigte er sie. „Das kann echt schwer werden, er wirkt an so ziemlich allem gänzlich desinteressiert.“ „Oje… . Machen wir uns los?“ „Mhm.“ Bei einer Fastfoodkette holten sie sich Frühstück. Für Reiko gabs einen Obstsalat mit Jogurt, für Shuyin ein paar Pfannkuchen auf die Hand mit Schokoladencreme. Auch nahmen sie sich beide einen Lolli und einen Devinitivo Chilio Dog mit – jeder wollte es wenigstens mal probiert haben. Als sie alles hatten, spazierten sie schnurstracks nach Udagawa. Dort stand Kariya auch rum wie bestellt und nicht abgeholt– natürlich mit Uzuki an seiner Seite. Auch er genoss die Sonne, die in den Hinterstraßen von Udagawa nur an wenigen Stellen durchschien. Er schien leicht erfreut, als er Shuyin und Reiko sah. „Na sieh mal einer an, wen haben wir denn da? Ich hätte nicht so früh mit den ersten Spielern gerechnet. Also, was habt ihr mir schönes mitgebracht?“ Bevor er irgendwas bekam, platze Shuyin gleich mit der Tür ins Haus: „Tja, was würde dich denn amüsieren?“ Kariya grinste dabei leicht in sich hinein und schüttelte bedeutsam den Zeigefinger. „Also DAS wäre nun wirklich zu einfach, findest du nicht? Ein bisschen Einfallsreichtum müsst ihr mir schon beweisen.“ Da Shuyin eine solche Antwort erwartete, nahm er es auch ganz gelassen hin, ging zum nächsten Punkt über und reichte Kariya prompt den Definitivo Chili Dog. „Bitte sehr. Für dich. Guten Hunger.“ Als wäre das ein Stichwort gewesen, schritt Reiko entschieden auf Kariya zu und hielt ihm entschlossen den Lolli hin. „Oho, wie aufmerksam. Ich bedanke mich.“ Kariya machte große Augen, als er diese „Gaben“ sah, verzog aber ansonsten keine Miene. Sogleich machte er sich daran, den Chili Dog zu verputzen, den er auch etwas hastig runter schlang. Mit dem letzten Bissen im Mund huldigte auch er die Küche vom Mexican Dog und steckte sich danach den Lolli in den Mund, als wäre es der Nachtisch. „Hmm… herrlich…* schluck* du hast einen guten Geschmack, Junge. Ist zwar nicht ganz das richtige zum Frühstück, aber auf jeden Fall lecker.“ Uzuki sah sich das ganze mit verschränkten armen an und schüttelte bei dem Anblick von Kariya nur den Kopf. „Damit wirst du wohl ne hohe Punktzahl heute einheimsen… aber das ist trotzdem echt unfair, wie du diese armen Kids so ausbeutest.“ „Wieso ausbeuten?“ fragte Reiko daraufhin. Mit dem Daumen wischte Kariya sich den letzten Krümel vom Mund und antwortete dann: „Also ich bedanke mich noch mal für dieses wohlschmeckende Frühstück. Doch wohlschmeckend ist nicht gleichbedeutend mit amüsant, liebe Kinder.“ Die beiden Spieler ließen daraufhin missmutig die Köpfe hängen. Keine der beiden Ideen hatte Erfolg. Unterwegs grübelten beide auch schon kräftig nach und schauten sich überall nach etwas um, was einen amüsieren könnte, doch bisher haben sie nichts Überzeugendes gesehen. „Ach nun schaut doch nicht gleich so drein. Ihr habt ja noch 5 Stunden und 6 Minuten. Strengt eure Köpfchen noch ein bisschen mehr an, ja?“ „Was? Es ist schon eine Stunde rum?“ stellte Reiko erschrocken fest und schaute auf den Timer, um sich noch zu vergewissern. „Nunja, genau genommen 54 Minuten. Das ist noch nicht ganz eine Stunde. Oh, jetzt sind es 55 Minuten.“ korrigierte Kariya sie gelassen. „Hilft alles nichts. Lass uns nach was anderem umsehen.“ sagte Shuyin und drehte sich um um zu gehen. Sie suchten fast ganz Shibuya ab. Auch für Diese Mission stand der ganze Stadtteil zur Verfügung, nur an einigen wenigen Stellen war eine unsichtbare Mauer mit einem roten Reaper, der sie nur durchließ, wenn sie Kämpfe bestanden. Hinweise ließen sich nicht aus ihnen rauslocken. Auf der Suche nach Ideen horchten sie auch kräftig die Stimmen der Lebenden ab, aber auch da gab es nichts viel versprechendes. Sie versuchten es noch einige Mal bei Kariya, allerdings hatten sie erst Schwierigkeiten, von Materiellen Ideen loszukommen. Sie versuchten es mit Scherzartikeln, mit Postkarten, auf denen lustige Lebensweisheiten draufstanden und und und. Shuyin kaufte Sogar eine tragbare Spielekonsole mit einem Spiel, von dem er vermutete, dass man davon einfach lachen muss. Kariya spielte es zwar eine Weile interessiert an, aber einen Lacher konnte ihm nicht entlockt werden. In einem Buchladen las Reiko ein wenig in einem Witzebuch, merkte sich ein paar der Besten und trug sie Kariya vor. Sie war nicht gerade eine gute Witzeerzählerin… aber das war Shuyin noch weniger. Kariya schien zwar alle Witze zu verstehen und grinste – aber er lachte nicht. Von Amüsement hat er dabei noch nicht gesprochen. Als Shuyin und Reiko zum wiederholten Male die Udagawa-Hintergassen verließen, nachdem sie Kariya NICHT amüsiert haben, machte Shuyin schließlich halt. „Ich… hätte da vielleicht noch eine Idee… aber sie gefällt mir nicht…“ „Was denn? Jede Idee ist besser, als nichts.“ Er deutete auf einen Laden, an dem sie auch schon zum wiederholten Male vorbeigekommen sind. Im Schaufenster waren merkwürdig bunte Ganzkörperanzüge mit Masken zu sehen. „Schon mal was von Cosplay gehört?“ Die Ganzkörperanzüge waren Kostüme vom „Great Slammurai“ und seinem Rivalen „Dead Slammurai“; die zwei Hauptfiguren in einer Kinderserie zum beliebten Spiel „Tin Pin Slammer“. Shuyins Vorschlag war, dass sie sich verkleiden und Kariya mit den Kostümen etwas Lustiges vorspielen. Shuyin kannte die Serie nur ganz leicht, ein Drehbuch müssten sie sich also aus den Fingern saugen. Reiko war alles andere als Begeistert. Shuyin selbst aber auch. Nichts desto trotz hatten sie nichts zu verlieren und sie legten sich die teuren Kostüme zu (Reikos Kostüm war ihr übrigens viel zu groß) und performten vor Kariya und Uzuki eine halb selbst erfundene, halb improvisierte Real-Life Folge der „Tin-Pin-Slammer“-Serie. Und sie kamen sich dabei höllisch lächerlich vor – nicht zuletzt, weil Uzuki bei der Vorstellung lachend auf dem Boden lag. Das galt jedoch nicht für Kariya. Er bestaunte das ganze zwar mit großen verwundert dreinblickenden Augen, schien darüber hinaus aber nicht sonderlich angetan. Am Ende gab er einen halbherzig, deutlich ironischen Applaus von sich. Immer noch kein Erfolg. Die letzte Stunde dieser Mission brach an. Niedergeschlagen ließen sich beide auf einer Treppenstufe nieder. „Wir sind am Arsch…“ „Es kann doch nicht so schwer sein, jemanden zum Lachen zu bringen!“ „Offensichtlich schon… du siehst es doch an ihm… entweder hat er eine tierische Selbstbeherrschung, oder der Typ ist einfach emotionslos…“ „Irgendwie muss er doch aber zum lachen gebracht werden können. Es gibt keinen Menschen, der nicht lachen kann… Ach man! Lachen ist doch nichts weiter, als eine reflexartige Atembewegung, die in schnellen Intervallen erfolgt und vor allem vom Zwerchfell angeregt wird…“ Bei ihren letzten paar Worten wurde Reiko immer leiser und langsamer. Auch Shuyin hob den Kopf, als er diese Beschreibung hörte. Einen Moment lang waren beide ganz still; man konnte förmlich das Rattern in den Köpfen der beiden hören. Dann sahen sie sich an und sprachen beide gleichzeitig den Gedanken aus, auf den sie durch Reikos Überlegung gekommen sind. Ihre Besorgungen waren schnell gemacht; Shibu-Q-Heads war gleich um die Ecke. Bei der dortigen Apotheke wurden sie fündig, jedoch musste Shuyin bei der attraktiven Apothekerin Dr. Fumiko, die er offensichtlich auch kannte, starke Überzeugungsarbeit leisten. Man könnte glatt meinen, er hätte mit ihr geflirtet, um zu kriegen, was er will. Und so machten sie sich wieder zu Kariya. Diesmal war es das letzte Mal, das wussten sie. Sie waren bereit. Kampfbereit, wenn es sein muss. „Na, was habt ihr diesmal schönes vor?“ fragte Kariya mit siegessicherer Gelassenheit. „Oh, diesmal haben wir was ganz spezielles für dich. Ist auch nichts Schlimmes…“ sagte Reiko unschuldig. „Na da bin ich aber mal ge-“ Weiter konnte Kariya nicht reden, denn Shuyin drückte ihm ganz fix eine Atemmaske aufs Gesicht, wie man sie in Krankenhäusern kennt. „Na toll, das habt ihr euch ja spitze einfallen lassen.“ meinte er nur unter der Maske. Er wusste, dass er in dem Moment verloren hatte, als er die Maske auf dem Gesicht hatte. Noch ein paar wenige Atemzüge mehr und Shuyin ließ wieder von Kariya ab. Dieser musste erst ein wenig sein Gleichgewicht wieder finden. Er grinste breit. Er kicherte. Das Kichern wurde immer stärker. Bis er sich schließlich kaum noch auf den Beinen halten konnte vor lachen. Man konnte sehen, dass er krampfhaft versuchte, sich das Lachen zu verkneifen, aber es half nichts. Im Endeffekt lag er wirklich vor lachen auf dem Boden und machte einen ziemlich großen Lärm in den sonst so ruhigen Hintergassen von Udagawa. Schon allein der Anblick seines unhaltbaren Lachanfalls animierte zum mitlachen, doch der Grund, weshalb auch Shuyin und Reiko lachten, war der, dass sie selbst in einer kleinen Wolke von dem Lachgas standen, das sie Kariya gewaltsam eingeflöst haben. Die einzige, die nicht mitlachte sondern stattdessen den Kopf schüttelte, war Uzuki. Unter großen Mühen rappelte Kariya sich wieder auf, um den Spielern mitzuteilen, dass sie die Mission bestanden haben, jedoch konnte er kaum mehr als zwei aneinanderhängende Worte auf einmal raus bringen vor Lachen. Er hatte sich zwar was anderes vorgestellt, aber dennoch haben sie ihn zum Lachen gebracht, so stark, wie er schon lange nicht mehr gelacht habe, meinte er. Also haben sie bestanden. Ende Tag 4 „Geben und Nehmen“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)