Tabula Rasa von SweeneyLestrange (A Doctor Who Miniseries) ================================================================================ Kapitel 9: Die Ophelia-Ausstellung ---------------------------------- Die löcherigen Schuhe schlugen klappernd auf das dreckige Kopfsteinpflaster auf. Ein Platschen ertönte, als die kleinen Füße in eine Pfütze traten. Veronica keuchte. Ihr Atem ging rasselnd. Sie glaubte, ihre Lungen müssten jeden Augenblick explodieren. Der metallene Geschmack von Blut war in ihrem Mund. Ein Teil von ihr flehte danach, einfach beim nächsten Schritt stehen zu bleiben, umzufallen, hinein in den kalten Schmutz, der die Wege bedeckte, doch war ihr das unmöglich. In der Ferne konnte sie bereits das Schnauben der Pferde hören, die die Kutsche ratternd durch die Straßen Londons zogen und immer, immer näher kamen. Sie durften sie nicht finden! Hastig tauchte Veronica in eine Gasse. Unter normalen Umständen hätte sie einen Teufel getan, auch nur in eine solche hineinzusehen. Unter normalen Umständen... Jetzt war sie einzig froh darum, dass die Enge ihre Verfolger aufhalten würde. Zumindest hoffte sie das. Mit einem Schmatzen landete ihr Fuß in etwas Warmem, Weichem, Nassem. Doch hatte sie keine Zeit dafür, Ekel zu empfinden. Stattdessen lief sie unbeirrt weiter durch die Dunkelheit, die nur gelegentlich von dem spärlichen Licht aus den verrammelten Fenstern durchdrungen wurde. Ihr Finger schmerzten und schlossen sich noch stärker um den zerknitterten Papierfetzen. Sie musste ihn finden! Oder wenn nicht ihn dann eben sie. Irgendjemanden! Vor ihr tat sich wieder die weite Straße auf. Keine Menschenseele schien sich zu dieser späten Stunde herumzutreiben. Theater, Klubs, Bordelle, Kneipen - jeder hatten in ihnen eine Entschuldigung gefunden, nicht hinaus zu müssen. Aber sie kam nirgendwo hinein. Niemand würde sie auch nur anschauen wollen, das verrückte Mädchen, das arme verrückte Mädchen. Niemand würde ihr helfen. Niemand bis auf John. Sie musste ihn finden! Das Rattern der Kutschenräder war lauter geworden. Es war absolut irrational, das bloße Geräusch für das ihrer Verfolger zu halten - fuhr zu dieser Stunde schließlich mehr als nur eine Kutsche durch die Straßen Londons - doch wusste Veronica einfach, dass sie es waren. Sie konnte es spüren. Und es bereitete ihr Angst. Ihre Schritte beschleunigten sich zum allerletzten Mal. Sie nahm all ihre Kräfte zusammen. Nicht mehr viel, dann würde sie bei der Themse angelangt sein. Und da würde sie ihn finden! Und wenn er sie nicht nehmen konnte, dann konnte er immerhin noch die anderen retten. „Kindchen, Kindchen, was rennse denn so?“, empfing sie die krächzende Stimme von Maddie. Mad Maddie. Wenn sie gekonnt hätte, hätte Veronica gelacht. Man hatte sie erhört! „John“, keuchte sie. „John ... wo ... John?“ Sie war nicht in der Lage mehr herauszubringen. Verzweifelt rang sie nach Luft. Alles um sie drehte sich. Sie merkte, wie ihr schwindelig war, spürte das unangenehme Zerren in ihren Lungen, das schmerzende Seitenstechen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. „Der is nich hier“, flötete die Alte. „Nich jetzt, nich hier. Morgen bestimmt. Sucht nach dir, der Gute.“ Plötzlich schien die ganze Welt verstummt. Das Rattern der Kutschenräder hatte gestoppt. Einem Pistolenschuss gleich hörte Veronica, wie sich der Verschlag der Kutsche öffnete. „Brief ... für John ... Bitte!“, krächzte sie. Ihre steifen Finger lösten sich von dem Stück Papier - ihre einzige Rettung. Wieder rannte sie. Sie musste weg von Maddie. Würde Maddie verstehen? Tränen liefen ihr über die verdreckte Wange. Erneut sah sie sie. Die menschlichen Gesichtszüge, die zu dämonischen Fratzen verzogen waren. Ihre langen Gestalten glitten durch die Dunkelheit, ihre feinen Finger tasteten nach ihren Gedanken. Veronica taumelte. Sie sah die beiden, den Zylinder, den Gehrock, die kalten, bösen Augen. Dann warf sie sich in die Themse. „Warum muss es eigentlich immer nur die Erde sein?“, beschwerte sich der Master, während er an der Seite des Doctors durch die schmutzigen und überfüllten Straßen des viktorianischen Londons lief. „Kannst du nicht wenigstens einmal irgendeine andere erbärmliche Rasse im Universum retten? Ich bin mir sicher, von denen gibt es genug dort draußen.“ „Wenn ich glaube, dass der Zeitpunkt dafür angemessen ist, dann werden wir auch woanders hinfliegen.“ „Oh, hört her“, grummelte der Master, „wenn der allmächtige Doctor den Zeitpunkt für angemessen hält…“ Der Doctor warf ihm einen verärgerten Blick zu. „Lass es!“, zischte er. „Kannst du nicht etwas versuchen, dich unauffällig zu benehmen?“ „Aber so macht das doch keinen Spaß!“ Der Master grinste. „Nun komm schon. So langsam müsste auch dir mal langweilig auf diesem primitiven Planeten werden. Und dann sind wir auch noch in einer solchen Steinzeit gelandet. Kutschen um sich fortzubewegen …“ Der Doctor stieß ungehalten die Luft aus und fuhr sich durch das zerzauste Haar. So ungern er es sich auch eingestand, aber nach mehreren Reisen mit seinem unfreiwilligen Begleiter musste er einsehen, dass ihn dessen Gegenwart bei Zeiten gehörig an den Nerven zehrte. Warum konnte er nicht die Welt so sehen, wie er es tat? Warum konnte er nicht einfach die Schönheit des Universums schätzen, statt auf alles herabzusehen, immer mit dem Hintergedanken, alles beherrschen zu wollen? „Ich war damit einverstanden, dass du dir die Spiele in Rom ansehen kannst“, wandte der Doctor ein. Und das war ihm wirklich schwer gefallen. Letzten Endes hatte er all seine Konzentration aufbringen müssen, um das blutige Gemetzel in der Arena zu ignorieren, während der Master genau dieses mit perverser Begeisterung verfolgt hatte. „Wie großzügig das von dir doch war!“, spottete der Master. „Irgendetwas Positives muss ich deinen Reisezielen ja abgewinnen können.“ Mit einem verächtlichen Lächeln erwiderte er den bösen Blick des Doctors. „Wenn du so weiter machst, müssen wir bald in die Steinzeit dieser Affen zurück reisen, damit wir wenigstens in irgendeine neue Zeit kommen. Mal ehrlich, Doctor, können wir nicht wenigstens einmal in die Zukunft reisen? Ich bin mir sicher, du findest da irgendeinen Ort, wo gerade ein großes Friedensfest gefeiert wird und sich alle lieb haben.“ Kommentarlos vergrub der Doctor die Hände in den Taschen seiner braunen Nadelstreifen Hose und ließ stattdessen den Blick über die Masse schweifen, durch die sie sich bewegten. „Verpassen Sie nicht diese einmalige Gelegenheit! Drei Tage noch …“ Ein kleiner Junge mit einer Schirmmütze und einem Stapel Flugblätter war vor ihnen in der Menschenmenge aufgetaucht und drückte dem Doctor einen Zettel in die Hand. „… Sie werden es nicht bereuen. Die Ophelia Ausstellung. Ein Erlebnis für jung und alt!“ Verdattert sah der Doctor dem Jungen hinter her, der damit beschäftigt war, weiteren Passanten seine Flugblätter unterzujubeln. Dann fiel sein Blick auf das Stück Papier. In großen Lettern pries es von einer einmaligen Ausstellung der Anstalt für eigensinnige Mädchen. „Sieht interessant aus“, bemerkte der Master grinsend. Zweifelnd blickte der Doctor zu seinem Begleiter und betrachtete die Zeichnung auf dem Blatt eingehender. Sie zeigte ein zierliches Mädchen, das sich in einem Käfig befand. Sein Instinkt sagte ihm, dass es kein Ort war, an dem er sich gerne aufhalten würde. Andererseits konnte es auch nicht schaden, einmal dort vorbeizuschauen. Sie mussten ja nicht lange bleiben. Die kalte November Luft war vom Klappern der Pferdehufe erfüllt, als die Kutsche wieder zurück in Richtung Stadtkern fuhr. Da standen der Doctor und der Master nun außerhalb Londons. Vor ihnen ragte ein bedrohliches Eisentor auf, dessen Enden gefährliche Spitzen zierten. Die Pforten waren geöffnet und luden ein, dem gepflasterten Weg zu folgen, der hinauf zur Anstalt und hinein in ein kleines Gewusel aus Zelten führte. „Nun, worauf warten wir noch?“, brummte der Master und rieb sich den schmerzenden Nacken. Er war noch immer etwas verstimmt darüber, dass der Doctor darauf bestanden hatte, mit einem dieser primitiven Gefährte zu fahren. Die TARDIS wäre ihm weitaus lieber gewesen … Nachdenklich musterte der Doctor das große Schild, das von der derzeitigen Ophelia-Ausstellung pries. Irgendetwas gefiel ihm an der Sache nicht und mahnte ihn zur Vorsicht. Andererseits, wann hatte er sich tatsächlich mal nicht in einer ungefährlichen Situation befunden? Hastig riss er sich zusammen und schenkte dem Master ein breites Grinsen. „Ich glaube, man sähe das hier nicht gerne, wenn wir einfach so hereinspazieren“, erklärte er. Dann machte er seinen Begleiter mit einem leichten Kopfnicken auf den untersetzten Mann aufmerksam, der gerade dabei war, zwei fein gekleideten Herren Eintritt zu gewähren. Der Master schnaubte verächtlich, folgte aber dem Doctor zu dem kleinen Männlein. „Ich nehme an, Sie wünschen, unsere einzigartige Ausstellung zu besuchen, Sirs?“, sagte es steif. „Ja.“ „Gut, das macht dann sechs Pence für jeden von Ihnen.“ Damit hatten sie nicht gerechnet. Etwas ratlos stand der Doctor da und vergrub die Hände in den Taschen. Seine Finger tasteten nach dem Psychic Paper, während er angestrengt überlegte, welchen Nutzen er daraus ziehen könnte. Geld. Warum vergaß er das nur immer wieder? „Ich glaube, das müssen wir nicht“, hörte er da auf einmal den Master neben sich sagen. Er erkannte an dessen Tonfall sofort, dass er gerade einen sehr überzeugenden Einfluss auf den Mann ausübte. Schnell sah sich der Doctor um. Die beiden Herren waren bereits zu weit entfernt, um ihnen Beachtung zu schenken. Auch um sie herum war niemand in Sicht, der von der unüberlegten Aktion des Masters Notiz nehmen konnte. „Wie meinen Sie?“, fragte der Mann. „Ich dachte mein Besuch sei angekündigt gewesen.“ Ärger mischte sich in den hypnotischen Ton des Masters und brachte sein Gegenüber zur Unruhe. „Ich … verzeihen Sie, aber …“ „Saxon“, fiel ihm der Master unwirsch ins Wort. „Harold Saxon.“ Der Doctor zog scharf die Luft ein beim Klang dieses Namens. „Und das hier ist John Smith. Man hatte uns zugesichert, dass bereits alles geklärt sei und wir ohne Probleme zur Ausstellung könnten.“ „Oh, aber natürlich.“ Erkenntnis huschte über das Gesicht des Mannes. „Bitte Verzeihen Sie mir, Sir. Hier sind Ihre Eintrittskarten.“ Wortlos nahm der Master die beiden Karten entgegen und durchschritt das eiserne Tor, ohne dem buckelnden Männlein noch einmal Beachtung zu schenken. „Saxon“, zischte der Doctor an seiner Seite. „Harold Saxon? Musstest du ausgerechnet diesen Namen wählen?“ „Wieso nicht? Ich mag den Klang.“ „Der Name ist nicht gerade unauffällig…“ „Keine Sorge, Doctor, ich hatte nicht vor, ein zweites Mal mein Glück als Premierminister zu versuchen“, lachte der Master, den die Bedenken des Doctors ganz offensichtlich zu amüsieren schienen. Damit war das Thema für ihn vorerst beendet. Sie erreichten die Anstalt, dessen düsteres Gemäuer sich unheilkündend vor ihnen erhob. Für einen kurzen Augenblick verharrte der Doctor und betrachtete das hölzerne Tor eingehend. Er war versucht, das Gebäude zu betreten, statt sich unter das bunte Treiben der Ausstellung zu mischen. Dann aber besann er sich eines Besseren. Eilig folgte er dem Master zu dem kleinen Vorplatz, auf dem in zwei Reihen rote und weiße Zelte errichtet worden waren. „Spürst du das auch?“, flüsterte er. Doch der Master lachte nur und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wir sind heute hier, um uns zu amüsieren und nicht um irgendwelchen dunklen Ahnungen nachzugehen.“ „Also hast du es auch bemerkt?“ „Doctor“, der Master drehte sich um, sodass sich ihre Blicke trafen. „Langsam ist mir klar, warum du so ein melancholischer Nichtsnutz geworden bist.“ Er grinste verächtlich. Der Doctor sagte nichts. Stattdessen sah er am Master vorbei auf die Zelte, vor denen sich die feinen Herrschaften bewegten. Etwas weiter abseits war ein großer weißer Pavillon aufgebaut, unter dem man sich in Ruhe zu einem Plausch hinsetzen konnte. Mehrere junge Frauen in schlichten Kleidern kümmerten sich dort um die Bedienung der rastenden Herren. Trotz der vielen Besucher - es mussten über hundert sein - herrschte Ordnung. Nichts erinnerte an das chaotische Treiben eines Jahrmarktes. Alles war perfekt, bis auf … Ein Schatten. Hastig drehte sich der Doctor um, doch was immer er zu sehen geglaubt hatte, war fort. „Werden wir etwa schon paranoid?“, stichelte der Master. „Komm jetzt lieber, bevor wir hier noch Wurzeln schlagen.“ Der Doctor nickte und folgte ihm ins erste Zelt. Was er dort sah, war eine junge Frau. Langes braunes Haar, in das Blumen eingeflochten waren, ergoss sich über ihre Schulter fast bis hinab zur Taille. Ihr Gesicht war zu einem Ausdruck des stummen Leidens verzogen, während eine Hand theatralisch an ihrer Stirn ruhte - als würde sie gleich von einer Ohnmacht bemächtigt werden. „Hübsch, hübsch“, murmelte der Master und trat näher an den Käfig heran, in dem sich die Frau befand. Sein Blick glitt über den zierlichen Körper der Erdenfrau, der nur von einem dünnen kurzen Leinenkleid bedeckt war. Damals an Bord der Valiant hatte er sich ein paar Erdlinge für verschiedene Arten der Unterhaltung gehalten. Auf so eine Idee wie diese Ausstellung war er jedoch nicht gekommen. Interessiert sah er sich weiter in dem Zelt um. In einem zweiten vergoldeten Käfig saß ein blondes Mädchen, die Haare nass und verzottelt und im Gesicht trug sie ein verzücktes Lächeln des Leids. Aufwendig verzierte Schilder, die an den gusseisernen Stäben angebracht waren, informierten den interessierten Besucher über das tragische Schicksal der Ophelia aus Shakespeares „Hamlet“. „Vielleicht sollte ich ab und an dieser primitiven Kultur mehr Aufmerksamkeit schenken“, bemerkte der Master und wandte sich an den Doctor, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte. Ihm war anzusehen, wie wenig ihm dieser Ort gefiel. „Sollen wir weiter?“, fragte der Master mit einem bösen Funkeln in den Augen. „Ich bin gespannt, was uns in den anderen Zelten erwartet.“ „Shakespeares Werke sollten nicht für so etwas missbraucht werden“, brachte der Doctor schließlich finster hervor. „Warum nicht? Ich finde, das hier sehr ansprechend.“ Das tiefe Schweigen war dem Master Antwort genug. Er lachte und schritt voraus ins nächste Zelt. Überall bot sich ihnen ein ähnlicher Anblick. Frauen zum Teil noch halbe Kinder steckten als Ophelia zurecht gemacht in dekorativen Käfigen. Sie alle stellten verschiedene Facetten der tragischen Figur dar, die von Hamlet in den Wahnsinn getrieben worden war und sich daraufhin ertränkt hatte. Der Doctor versuchte dem Ganzen so wenig Beachtung wie möglich zu schenken. Dies war eine Seite der Menschheit, die er mied und der er üblicherweise nur begegnete, wenn es die Situation erforderte. Freiwillig - so wie jetzt - würde er sich hier nicht aufhalten. Seine Finger spielten mit dem reparierten Sonic Screwdriver in seiner Trenchcoattasche herum. Viel lieber würde er sich aufmachen und herausfinden, was es mit dem seltsamen Gefühl auf sich hatte, das ihn die ganze Zeit schon beschlich. „Gefallen Ihnen unsere Darsteller nicht?“, fragte auf einmal eine Frau. Der Doctor sah in ein strenges, kantiges Gesicht, in das sich tiefe Linien gegraben hatten. „N-nein, nein, Sie gefallen mir, doch durchaus. Sehr gut. Das alles hier ist wirklich … beeindruckend. Ich bin nur etwas erschöpft … vom Reisen.“ „Vom Reisen?“ „Ja, genau. Mein Freund und ich hier sind heute erst nach London gekommen und auf Empfehlung sofort zu Ihrer Ausstellung, nicht wahr Harry?“ Wenn Blick töten könnten, wäre der Doctor augenblicklich regeneriert. Schnell zauberte der Master jedoch ein charmantes Lächeln in sein Gesicht und pflichtete dem Doctor bei: „Richtig, diese Ophelia-Ausstellung wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Und bisher wurde ich wirklich nicht enttäuscht!“ „Das freut mich zu hören, Mister, schließlich wurde ich mit der Betreuung dieser armen verwirrten Seelen beauftragt.“ „Da haben Sie wahrlich gute Arbeit geleistet“, schmeichelte der Master. „Saxon“, stellte er sich dann mit einem angedeuteten Diener vor. „Harold Saxon.“ „Mrs Jordan, es ist mir eine Freude, Sie und Ihren Begleiter …“ „John Smith, Madame“, beeilte sich der Doctor einzuwerfen. „… John Smith kennenzulernen. Wenn Ihnen die Ausstellung so gut gefällt, kann ich Ihnen unsere Aufführung, die gleich um vier im großen Zelt stattfinden wird, nur ans Herz legen.“ „Dann werden wir sie uns nicht entgehen lassen“, erwiderte der Master und wandte sich nach einem kurzen Austausch weiterer Höflichkeitsfloskeln wieder ab. „Sag das nie wieder!“, knurrte er, kaum dass sie außer Hörweite waren. „Was?“ Der Doctor stellte sich dumm. „Du weißt schon was.“ „Ehrlich? Ich glaube, du musst mir auf die Sprünge helfen … Harry.“ Abrupt blieb der Master stehen und funkelte den Doctor hasserfüllt an. „Nie … wieder!“ „Aber warum denn nicht? Du warst schließlich derjenige, der sich hier Harold Saxon genannt hat.“ Ein wissendes Lächeln umspielte die Lippen des Doctors beim Anblick seines aufgebrachten Begleiters. „Natürlich“, flüsterte er. „Was?“, fuhr der Master ihn ungehalten an. „Es gab nur eine Person, die dich je Harry genannt hat, habe ich recht?“ „Nein, mit dem heutigen Tag sind’s zwei geworden“, brummte der Master missmutig und setzte sich wieder in Bewegung. Den Rest konnte sich der Doctor sparen. Sollten sie sich lieber die Aufführung ansehen, die Mrs Jordan ihnen angepriesen hatte. Aber der Doctor ließ nicht locker. „Also hat dir doch etwas an Lucy gelegen.“ „Dieses Miststück hat mich umgebracht. Und das wäre ihr beinahe ein zweites Mal gelungen!“ „Nach allem, was du ihr angetan hast, ist das kein Wunder“, entgegnete der Doctor kühl. Noch immer hatte er das Bild der blonden Frau mit dem leeren Blick und den dunklen Blutergüssen klar vor Augen. „Vielleicht hätte ich sie einfach in ein Paralleluniversum abschieben sollen“, erwiderte der Master boshaft. „Das muss ziemlich angenehm sein, wenn man sich so keiner Konfrontation mehr stellen muss.“ Augenblicklich verfinsterte sich die Miene des Doctors. Wortlos folgte er dem Master in das große Zelt, in dem vor einer kleinen Bühne mehrere Stuhlreihen aufgebaut waren. „Es geht ihr gut“, zischte er, während sie Platz nahmen. „Sie ist gesund und mit ihrer Familie zusammen.“ „Sie leidet ja nur an einem gebrochenen Herzen“, sagte der Master in einem zutiefst bedauernden Tonfall und beobachtete genüsslich den Schmerz, der sich in das Gesicht des Doctors grub. „Eigentlich müsstest du doch wissen, wie weh so etwas tut. Ich habe Lucy immerhin genau das gegeben, was sie sich gewünscht hat. Du hättest sehen sollen, wie glücklich ich sie gemacht habe!“ Der Doctor sah ihn böse an. Der Master antwortete mit einem provokanten Grinsen. „Du solltest nicht immer so verklemmt sein. Das eine Mädchen, diese Jones, sie ist ein ganzes Jahr für dich um die Welt gelaufen und hat dein Märchen erzählt … da hättest du ihr wirklich mehr geben können, als eine nette „Willkommen-zurück“-Umarmung.“ Er beobachtete, wie sich ein Schatten über das Gesicht des Doctors legte. „Was ist eigentlich aus ihr geworden? Hast du die Kleine auf irgendeinem Planeten verloren? Oder … oh“, der Master tat entsetzt bei dem Gedanken, der ihm soeben gekommen war. „Sag nicht, dass das arme Ding auf eurer Reise gestorben ist!“ „Martha geht es gut! Sie ist unversehrt und lebt.“ „Hach, das ist aber erfreulich.“ Der Doctor schenkte dem Master einen vernichtenden Blick und wandte sich ab. Würde er mehr sagen, würde sein Begleiter ganz genau wissen, wie er die neuen Informationen für sich nutzen konnte. Und das Letzte, was der Doctor wollte, war über seine Begleiter zu sprechen … seine Freunde, von denen manche einen hohen Preis hatten zahlen müssen, um ihn zu begleiten. Er schluckte. Neben ihm versuchte der Master noch tiefer in der Wunde zu bohren, doch das ließ er nicht zu. Konzentriert starrte der Doctor auf die leere Bühne, als würde er mit bloßem Willen den Beginn der Aufführung herbei zwingen können. Aber die Zeit war nicht auf seiner Seite. Stattdessen kroch sie dahin. Das Zelt füllte sich mit gut gekleideten Herrschaften und denen, die es zumindest soweit in der Gesellschaft brachten, dass sie sich den Eintritt von solch eine Attraktion leisten konnten. Leises Stimmengewirr vertrieb das anfängliche Schweigen und eine erregte Anspannung lag in der Luft. „Meine Damen und Herren!“, rief eine tiefe Stimme schließlich durch das Zelt. „Ich begrüße Sie zu unserer heutigen Ausstellung und freue mich, Ihnen nun unsere ganz besondere Vorstellung präsentieren zu können!“ Die Stimmen verstummten. Alle Blicke waren auf die lange, schlaksige Gestalt gerichtet mit den ordentlich gekämmten Haaren und dem ebenso roten Bart. „Wenn ich mich vorstellen darf, Oscar Hefnan - zu Ihren Diensten.“ Der Präsenter verbeugte sich vor seinem Publikum. „Und nun begrüßen Sie bitte mit mir Emma und Maggie.“ Höflicher Applaus erklang, als zwei Mädchen auf die Bühne kamen. Das zerzauste Haar stand ihnen wirr vom Kopf ab und ihre dünnen Körper steckten in Kleidern, die früher wohl einer feinen Dame würdig gewesen waren, nun aber bloß noch zerfetzte Lumpen waren. Auf Geheiß Mr Hefnas begannen sie zur einsetzenden Musik zu tanzen. Doch was für ein Tanz das war! Ihnen fehlte jegliche Anmut; die Bewegungen waren steif und hektisch und erinnerten an nichts, das in der Gesellschaft akzeptabel war. Plötzlich stolperte Maggie, die Rothaarige. Ehe sie sich fangen konnte, rammte sie Emma. Mit einem erbosten Aufschrei stürzte sich diese auf Maggie und ein Kampf entbrannte. Ein Grinsen zierte das Gesicht des Masters, der sich in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte und das Geschehen aufmerksam verfolgte. „Oh, oh“, kommentierte er, als zwei respektable Mitarbeiter der Anstalt auf die Bühne eilten und die beiden Kämpfenden auseinander zwangen. „Wie Sie zweifellos sehen konnten, ist das weibliche Geschlecht von unkontrollierbaren Stimmungsschwankungen geplagt. Das macht es …“, ertönte die Stimme Mr Hefnans. „Das kann ich nur bestätigen!“ Der Master lachte verächtlich und sah zum Doctor, der mit großer Skepsis das Geschehen auf der Bühne verfolgte. Dieser Langweiler! Verdrossen stieß er ihm den Ellenbogen in die Seite. „Jetzt sei mal nicht so nachtragend! Vergiss deine ach-so-ehrenhaften Ansichten und genieße die Show dieser Primaten.“ „Du wirst es nie verstehen…“ Trauer stahl sich in die Stimme des Doctors. „Was verstehen?“ „…aber wir haben einen Ausweg für all die armen Seelen. Wir bie-“ „LÜGNER!“ Ein Pistolenschuss brachte die kleine Versammlung augenblicklich zum Verstummen. Erschrocken drehten sich der Doctor und der Master herum und folgten den vorsichtigen Blicken der anderen Anwesenden. Ein junger Mann stand hinter ihnen. In seiner zittrigen Hand hielt er eine Pistole. Sein hassverzerrtes Gesicht ließ keinen Zweifel zu, dass er ohne zu zögern, ein weiteres Mal abdrücken - und wenn es sein musste, jemanden töten würde. „Alles dreckige Lügen“, brachte er mit vor Zorn bebender Stimme heraus. „Stehen bleiben!“ Ein Mann war in dem Versuch aufgestanden, unbemerkt dem Geschehen zu entkommen. „Niemand rührt sich!“, befahl er und richtete warnend den Pistolenlauf auf das erschrockene Publikum. „Findest du nicht, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, mir meinen Laser Screwdriver wiederzugeben?“ Der Doctor warf dem Master bloß einen mahnenden Blick zu und bedeutete ihm zu schweigen. „Ich will, dass Ihr mir Rede und Antwort steht! Was für ein Teufelszeug geht hier vor? Was tut Ihr den Insassinnen an?“ Schweigen. Dann brach langsam leises Gemurmel aus. „Ruhe!“ Hektisch richtete der junge Mann die Pistole von den murmelnden Anwesenden zu Mr Hefnan und wieder zurück. „Wo ist Mr Rutherford? Ich will verdammt noch mal wissen, was hier vor sich geht!“ „Ich bin hier.“ Eine hochgewachsene Gestalt stand im Eingang des Zeltes flankiert von einem gewichtig aussehenden Mann. Mr Rutherford trat einen Schritt vor. „Ich hab dir gar nichts zu sagen, Junge. Und jetzt nimm die Waffe herunter.“ „Was tut Ihr ihnen an? Was habt Ihr meiner Freundin angetan?“ Ein Klicken ertönte, als er den Hahn der Pistole spannte. „Also das geht ja nun wirklich zu weit.“ Mr Hefnan war von der Bühne gesprungen und hatte sich im Augenblick der Unachtsamkeit einen Weg zu dem jungen Mann gebahnt. „Ich muss Sie wirklich sehr bitten, das hier …“ Ein Schuss riss ihm die letzten Worte von den Lippen. Aus großen Augen sah Mr Hefnan den Bewaffneten an. Dann sah er zu seiner blutigen Hand hinab, die er auf seine Brust gepresst hatte. Erkenntnis glomm in seinen Zügen, doch da schlug er schon mit einem dumpfen Laut auf dem Boden auf. Schreie ertönten. Die ersten versuchten panisch das Zelt zu verlassen, während der junge Mann hastig seine Waffe nachlud. „Das wird Sie Ihr Leben kosten“, bemerkte Mr Rutherford unbeeindruckt und trat einen weiteren Schritt vor. In seiner Hand hielt er eine Pistole. „Wenn es so sein muss. Doch Sie nehm-“ „Hal, halt, halt, halt, halt, halt!“ Plötzlich stürzte der Doctor hervor. Die Arme hatte er in einer beschwichtigenden Geste ausgebreitet, während sich in seiner rechten Hand das Psychic Paper befand, das er den beiden Männern direkt unter die Nase hielt. „Scottland Yard. Keine Bewegung! Was auch immer Ihr tut - ich bin mir sicher, wir können das klären.“ Mit einem Anflug von Überraschung starrte Mr Rutherford auf den Doctor. Der junge Mann jedoch funkelte ihn nur wütend an, wobei er die Pistole unverwandt auf den Leiter der Anstalt gerichtet hielt. „Scottland Yard!“, fauchte er. „Es ist alles Eure Schuld. Wenn ihr mir geglaubt hättet-“ „Nimm die Waffe runter, bitte. Ich glaube dir - um was auch immer es geht - und ich bin mir sicher, dass ich dir helfen kann.“ „Also das ist ja wohl…“, empört schnappte der Mann an der Seite Mr Rutherfords nach Luft und schob sich die große Brille zurecht. Missbilligend betrachtete er den Doctor, der seine Hand ausgestreckt hatte und den Bewaffneten eindringlich ansah. „Sir, dieser Mann hat gerade jemanden umgebracht! Zweifellos ist er nicht ganz richtig im Kopf. Er gehört eingesperrt - nein, an den Strick.“ „Ich weiß“, sagte der Doctor ruhig. „Aber es braucht einiges, bis man so weit geht, jemanden zu töten.“ Er sah, Unsicherheit in den Augen des junge Mann aufblitzen. „Deswegen verhafte ich dich hiermit und-“ „Nein, das werden Sie nicht!“ Dieses Mal war der Pistolenlauf auf den Doctor gerichtet. „Das würde ich an deiner Stelle lieber lassen.“ Der Master war hinter den jungen Mann getreten und ehe irgendjemand reagiere konnte, setzte er ihn mit einem gezielten Schlag außer Gefecht. „Also“, er klatschte in die Hände und sah unbekümmert in die Runde, als hätte er gerade nichts weiter getan, als ein Glas Wasser umzukippen, statt einen Irren außer Gefecht zu setzen. „Sieht so aus, als wäre dieser Unruhestifter gefasst. Haben Sie irgendetwas, womit wir ihn fesseln können?“ Überrascht starrten ihn die anderen an. „Das ist mein Kollege, Mr Saxon“, fühlte sich der Doctor verpflichtet zu sagen. „Und jetzt schnell! Wir brauchen ein Seil, oder Handschellen - irgendetwas, um diesem Mann die Hände zu binden!“
 Währenddessen war der Master geistesgegenwärtig genug sich die Waffe zu eigen zu machen. So war der Unruhestifter zumindest unschädlich gemacht. Dann bemerkte er Mrs Jordan, die zu Ihrer kleinen Gruppe eilte, in der Hand hielt sie ein robust aussehendes Stück Seil. 
„Hier, Mr Smith, ich hoffe, das wird ausreichen.“ Der Doctor nickte und machte sich sogleich daran, den jungen Mann zu fesseln. „Ich glaube nicht, dass wir die Aufführung heute fortsetzen können“, bemerkte Mrs Jordan mit einem flüchtigen Blick zu Oscar Hefnans Leiche. „Bedauerlicherweise, nein“, bestätigte Mr Rutherford. „Mrs Jordan, Sie können die Mädchen in Ihre Zellen zurückbringen lassen. Und treiben Sie ihnen dieses Gejammer aus. Ich will morgen eine reibungslose Vorstellung sehen!“ Nachdem Mrs Jordan in Richtung Bühne gegangen war, wo die Mädchen mit ängstlich und teils verweinten Gesichtern dicht aneinander gedrängt standen, mischte sich der Mann an Mr Rutherfords Seite ein: „Ich nehme an, Fall B gemäß unseres neuesten Beschlusses ist eingetreten, Sir?“ „Richtig. Kümmern Sie sich bitte um dessen Umsetzung. Und Mr Gibbs? Sorgen Sie dafür, dass der Vorfall … keine Unannehmlichkeiten bereitet.“ „Sehr wohl, Sir.“ Damit machte Mr Gibbs auf dem Absatz kehrt und begann das Personal zu instruieren. Nicht aber ohne vorher den verbliebenen Anwesenden verkündet zu haben, dass sie den Eintritt erstattet bekämen. Der Doctor indessen hatte das Geschehen aufmerksam verfolgt. Ihm gefiel dieser Ort immer weniger und die einzige Person, die ihm in diesem Augenblick gewillt wäre, Antworten zu geben, war bewusstlos. Nachdenklich strich er sich über das Kinn. Er musste irgendwohin, wo er ungestört mit dem jungen Mann reden konnte. Später würde er immer noch Zeit haben, zu dieser Anstalt zurückzukehren und den Dingen auf den Grund zu gehen. „Mr Smith?“ Verwirrt blinzelte der Doctor. Es war Mr Rutherford, der sich anscheinend um alles Organisatorische gekümmert hatte. „Mr Smith, ist doch richtig, oder?“ „J-ja, ja, das ist richtig. Mister?“ „Charles Rutherford, Leiter der Anstalt für eigensinnige Mädchen.“ Ein kleines Lächeln regte sich in dem bärtigen Gesicht. „Nun ich bin froh, dass Sie zur rechten Zeit am rechten Ort waren, meine Herren. Wer weiß, wozu dieser Bengel noch in der Lage gewesen wäre… Was haben Sie nun mit ihm vor, wenn ich fragen darf?“ „Das Übliche“, der Doctor machte eine wegwerfende Handbewegung. „Führen ihn ab, nehmen ihn in Gewahrsam, sperren ihn weg, bis er seine gerechte Strafe erhält.“ Mr Rutherford nickte zufrieden. „Wenn Sie wünschen, werde ich dafür sorgen, dass eine Kutsche für Sie bereitsteht, die Sie ins Zentrum von London bringt. Dieser Abschaum sollte so schnell wie möglich hinter Gitter gebracht werden.“ So kam es, dass der Doctor und der Master mit der unerwarteten Hilfe von Mr Rutherford und in der Begleitung von Mr Gibbs sowie zwei Aufsehern den jungen Mann in eine Kutsche verfrachten konnten. Dieser war in der Zwischenzeit wieder zur Besinnung gekommen und begann sich vehement zu wehren. Zu seinem Unglück war man gründlicher als nötig vorgegangen und hatte ihn geknebelt. „Ich hoffe wirklich, dass Sie den Worten dieses Mannes keinen Glauben schenken. Es gibt leider immer Leute, die einem den Erfolg missgönnen und alles daran setzen den guten Ruf in den Schmutz zu ziehen“, bemerkte Mr Gibbs bedauernd, der die beiden Time Lords den Rest des Weges von der Anstalt zur Straße hin begleitete. Der Doctor wirkte jedoch verhalten. „Das stimmt, trotzdem müssen wir unserer Arbeit gerecht werden und zumindest einmal bei Ihnen vorbeischauen, Mr Gibbs - einfach nur der Richtigkeit halber.“ „Wenn das so ist.“ Mr Gibbs wirkte alles andere als erfreut, bewahrte aber dennoch seine steife Höflichkeit. „Dann werde ich mit Mr Rutherford sprechen und für Sie einen Termin arrangieren. Wäre morgen vielleicht schon recht? Je schneller wir diese Unannehmlichkeit beseitigt haben, desto besser.“ „Morgen ist großartig!“ Der Doctor schenkte Mr Gibbs ein strahlendes Lächeln. „Das klingt nach einer wirklich vernünftigen Idee“, meldete sich da auch der Master zu Wort und besiegelte die Vereinbarung. Mit einem höflichen Händedruck wurde sich verabschiedet und hinein ging es in die Kutsche zu ihrem Gefangenen. „Na, das war doch mal was anderes“, sagte der Master vergnügt, kaum dass das Gefährt angefahren war. „Und nun wollen wir doch mal hören, was unser kleiner Übeltäter zu dem Ganzen zu sagen hat, oder … John?“ Der Doctor nickte zustimmend und befreite den Gefangenen von seinem Knebel. Sofort mussten sie einen Schwall von Beschimpfungen über sich ergehen lassen, bis dem Master schließlich der Geduldsfaden riss. „Ruhe!“, rief er ungehalten. „Oder ich sorge dafür, dass dem Henker etwas Arbeit erspart bleibt!“
 Finster verstummte der junge Mann. „Wir wollen dir helfen“, sagte der Doctor schließlich in die eingekehrte Stille. „Wir können helfen“, ergänzte der Master. Der Gefangene schnaubte. „Entweder du lässt es drauf ankommen oder du beißt sofort ins Gras, du hast die Wahl.“ Ungeduldig verschränkte der Master die Arme. Nachdem der Rest der Veranstaltung nach den Regeln des Doctors verlaufen war, sah er nicht ein, warum er sich jetzt wegen irgendeines feinfühligen Schwachsinns in Geduld üben sollte. Für einen dummen Primaten. Der junge Mann musterte die beiden Time Lords eingehend. Der Widerwillen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dann gab er nach. „Versucht es, wahrscheinlich werden Sie mich letztlich doch nur verspotten.“ „Abwarten“, meinte der Doctor mit einem freundlichen Lächeln und sah ihn erwartungsvoll an. „Vielleicht solltest du uns aber erst einmal sagen, wer du bist.“ „John“, brummte der junge Mann. „John Hales.“ „Hallo, John, ich bin der Doctor und das hier ist mein Begleiter … der Master. Und ich verspreche dir, wir können helfen.“ Entgeisterte starrte John die beiden Time Lords an. Den einen mit dem strahlenden Lächeln im Gesicht und den anderen, der mit einer Mischung aus Desinteresse und Verachtung auf ihn hinabsah. Ihm war anzusehen, wie wenig er von der Aussicht auf Hilfe dieser beiden Gestalten hielt. „In der Anstalt von Mr Rutherford geht es nicht mit rechten Dingen zu“, begann er schließlich. Ein Fußtritt des Doctors verhinderte so gerade eben den spöttischen Kommentar, der dem Master auf der Zunge gelegen hatte. „Es scheint so“, stimmt der Doctor mit einem ermutigenden Lächeln zu. „Aber wir brauchen mehr als eine vage Vermutung. Hast du irgendetwas gesehen? Hast du vielleicht Beweise, die uns weiterhelfen?“. „Ich…“ Die Stimme des jungen Mann brach. In seinem Gesicht führten Zorn, Trauer und Verzweiflung einen erbitterten Kampf um die Oberhand. „Sehen Sie … in meiner Jackentasche nach.“ Der Doctor tat wie ihm geheißen und fischte einen kleinen, fleckigen Zettel heraus. Neugierig faltete er ihn auseinander und starrte auf dicke krakelige Buchstaben: Hilf Ihnen John! - V „Das ist aussagekräftig!“, spottete der Master. „Mit so einem Grund könnte ich problemlos deine ganze mickerige Rasse auslöschen.“ „Entschuldige meinen Kollegen, er ist nicht so gut auf Kriminelle zu sprechen“, wandte der Doctor ein und warf einen weiteren Blick auf den Zettel. „Was soll das heißen?“, fragte er dann ernst. „Ich glaube, da steckt mehr hinter, als wir ahnen, oder?“ John nickte nur. Er schien noch immer mit sich zu ringen, inwieweit er den beiden Time Lords vertrauen konnte. „Also gut, ich erzähle Ihnen alles - jedoch unter einer Bedingung.“ Der Master und der Doctor horchten auf. „Wir fahren dafür zu meiner Wohnung.“ „Einverstanden“, nickte der Doctor. „Nicht einverstanden“, meinte der Master. Auf den verärgerten Blick des Doctors hin erklärte der Master: „Siehst du das nicht? In seiner Wohnung würden wir uns in einer Falle befinden. Außerdem wird so schnell herauskommen, dass wir … uns nicht an unsere Vorschriften halten.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah der Doctor zu seinem Begleiter. Natürlich war ihm ähnliches schon in den Sinn gekommen - aber was hatten sie tatsächlich zu befürchten? Sie waren kein Teil Scottland Yards, niemand würde sie für irgendetwas verantwortlich machen können und wenn sie John beweisen konnten, dass sie in der Lage waren zu helfen, würde er ihnen auch nichts antun. „Seit wann machst du dir deswegen Gedanken?“, entgegnete der Doctor letztlich nur kühl. Wütend funkelte der Master ihn an und schenkte dann der vorbeirauschenden Welt hinter dem Kutschenfenster seine Aufmerksamkeit. Allmählich wurde er das Reisen mit dem Doctor leid. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)