Die Ferne des Himmels von Midnight (Zurück auf los) ================================================================================ Kapitel 5: Schleichende Wandlung -------------------------------- Montag morgen. Klingelte mein Wecker, oder bildete ich mir das nur ein? Auch wenn ich nicht viel davon hielt, betete ich, dass es nur Einbildung war! Ich war noch immer total übermüdet von der Partynacht von Samstag auf Sonntag. Denn Billy war nach unserem Besuch bei Yui immer noch in bester Feierstimmung. Ganz im Gegensatz zu mir. Zwar wollte ich mich nicht weiter darum kümmern, aber irgendwie war mir Yuis Bild im Gedächtnis verblieben und senkte meine Feierstimmung stetig. Ich verstand einfach nicht was plötzlich los war. Warum sie sich auf einmal so seltsam verhielt und fragte mich, ob diese Blamage beim Basketball und der Abend irgendwie im Zusammenhang standen? Was war nur plötzlich los? Wieso spielte nur auf einmal alles verrückt? Und wieso verdammt noch mal, stand ausgerechnet ich mitten im Geschehen? Was hatte ich nur falsch gemacht? Das gefiel mir überhaupt nicht! Mürrisch streckte ich eine Hand unter meiner Decke empor, um den Wecker vom Nachttisch zu nehmen. Ein Blick genügte, um mir meine Laune gänzlich zu verderben. Das Scheiß teil musste sich doch irren! Es konnte nicht schon sieben Uhr sein! Schließlich war ich vor einer Stunde erst eingeschlafen! „Hm....ätzend!“, murrte ich genervt. Am liebsten hätte ich das Teil ja einfach an die gegenüberliegende Wand geworfen, was ich dann aber doch lies. Billy meinte, dass mein Verschleiß an Weckern schon echt überirdisch sei, was auch stimmte. Innerhalb von 2 Monaten hatte ich drei Wecker vor Wut zerstört, einfach weil mir das Schrille Geräusch so tierisch auf die Nerven ging! Allerdings hatte ich keine Lust mir den Aufwand zu machen, schon wieder einen Neuen zu kaufen! * „Benjamin! Benjamin! Wach auf! Wenn du lieber schlafen willst, dann wärst du wohl lieber zu Hause geblieben!“, schimpfte die Lehrerin, die heute wieder unterirdisch schrecklich aussah und das Erstaunliche daran war, dass sie sogar mal Recht hatte. Ich hätte wirklich lieber zu Haue bleiben sollen und den Wecker, den hätte ich wohl doch lieber an die Wand geschmissen! „Bis morgen wirst du mir einen Aufsatz darüber schreiben, warum mein Unterricht so uninteressant ist!“, bestimmte sie mit diesem einen Klang in ihrer Stimme, der keinen Widerspruch duldete. Dann drehte sie sich in Richtung Tafel, um sich erneut dem Unterricht zu widmen. Grimmig verzog ich mein Gesicht. Die glaubte doch nicht ernsthaft, dass ich meine Zeit mit etwas so Überflüssigem verschwenden würde! So viel dachten sich bestimmt auch meine Mitschüler zusammen, die im Hintergrund bereits tuschelten, wie sie es immer taten, wenn jemand aus der Reihe tanzte. Besonders amüsiert würde Billy später sein. Der Rest des Unterrichts verlief quälend langsam. Daran konnte man erkennen, wie lang eine einzige Minute sein konnte. Nicht auszuhalten! In der Pause lachte Billy sich erst mal eine Runde ins Fäustchen, sehr zu meinem Ärger. Ich wusste wirklich nicht, was daran nun so witzig sein sollte. Schließlich war ja nicht er der Jenige, der seine Freizeit in so etwas Unnützes investieren sollte, „Benji, du bist echt der Größte. Wusstest du, dass sie hinter deinem Rücken bereits Wetten einreichen, wann du dir die nächste Strafarbeit einheimst?“, lachte er amüsiert. Das war doch wohl nicht sein Ernst! Verärgert warf ich ihm einen tödlichen Blick zu und knurrte ihn an. „Hör auf so eine Scheiße zu erzählen!“, Billy winkte ab, „Benji mein Freund, das ist keine „Scheiße“, sondern die Realität. Du hast dir einen gewissen Namen gemacht.“, sagte er fast ein bisschen Stolz. Mal ehrlich. Was stimmte nur nicht mit diesem Kerl!? Der hatte sie doch nicht mehr alle! Konnte er nicht einmal die Klappe halten? Ach wieso stellte ich mir diese Frage überhaupt noch? Genervt schüttelte ich den Kopf. „Ach die, die haben doch eh den ganzen Tag nichts Besseres zu tun. Die tratschen doch über jeden, der ein bisschen aus der Reihe fällt.“, Billy schaute, als würde er nachdenken, „Hm, du meinst...so wie über Yui.“, meinte er plötzlich. Wie kam er denn jetzt darauf? „Wieso Yui?“, wieso musste er ausgerechnet dieses Thema anschneiden? „Na ja, hast du es denn gar nicht bemerkt? Seid dir Yui aufgefallen ist sind sie doch noch mehr am Tratschen über sie.“, merkte er an und schaute dabei in den Himmel, als wollte er dort einen ganz bestimmten Punkt fixieren. „Ach was, das tun sie doch, weil sie sich immer ausschließt. Das hat sie ganz allein selbst zu verantworten!“, kommentierte ich seine Anmerkung. Mir war schon klar, dass ihre Mitschüler nicht viel von ihr hielten und sie schnitten, dass hatten sie bereits klar gemacht, als ich die Mädchen auf sie ansprach. Doch dass musste man ja nicht ausgiebig lamentieren. Billy schaute mich wieder an, lächelte kopfschüttelnd und wedelte dabei ein wenig mit den Armen herum. „Benji, Benji, du nimmst das alles viel zu gelassen fürchte ich! Und das, obwohl du doch mitten drin bist. Klar ist es nicht gerade Vorteilhaft, dass sie sich ausschließt, aber hast du dir mal überlegt, dass sie dafür vielleicht einen Grund hat? Kann doch sein, dass sie einfach keine Lust auf diese überheblichen Zicken hat. Es gibt so viele Mädchen, die auf dich stehen, da wird sie ihnen bestimmt ein Dorn im Auge sein. Sie werden sie sicher noch ordentlich drangsalieren. Spätestens jetzt, nach der Sache im Sport. Du weißt doch sicher noch, was sie mit der letzten gemacht haben, die es doch tatsächlich gewagt hat dich einmal länger anzusehen. Und da du jetzt wieder Single bist...bist du praktisch wie Freiwild. Da ist jedes Mädchen, das dir zu Nahe kommt eine Gefahr! Besonders jemand wie Yui, die eh schon keinen sehr guten Status hat. Ich hoffe das ist dir bewusst.“, erläuterte er wie ein Samariter, der gerade versuchte mir Vernunft einzureden, die mir eh schon bis zum Hals stand. Das versuchten die Lehrer auch schon ständig. Genervt winkte ich ab, „Ja, ja, schon klar, jetzt hör schon auf zu nerven...“, murrte ich und stand auf, Billy schaute zu mir auf und seufzte schwer. „Du bist echt, unverbesserlich Benji.“, merkte er an, als ob er mir das nicht schon gefühlte 1000 Male an den Kopf geworfen hätte. Ich wusste, dass ich es war, aber ich sah auch nicht ein, dass für andere zu ändern. Schließlich war ich, wer ich war. „Was hast du vor?“, „Brauch ne Kippe.“, antwortete ich knapp und ging einfach los in die Raucherecke. „Ist okay, dann gehe ich schon mal rein. Wir sehen uns dann in der Klasse.“, teilte mein Kumpel mir mit. Kurz bevor ich um die Ecke bog hörte ich weibliche Stimmen und sie waren nicht wohl gesonnen. Nur wenige Schritte weiter trat ich direkt in das Spektakel ein. „Hast du gehört? Halt dich fern von ihm! Wenn du es nicht machst wirst du es noch bereuen!“, ertönte die gehässige Stimme eines der insgesamt vier Mädchen, die in drohender Position vor Yui standen. Das Mädchen mit den langen, lilanen Haaren, saß auf die Wand gedrängt und sah mit verzweifelten, aber doch irgendwie mutigem Blick und zusammengepressten Lippen zu den Mädchen auf. Sicher hatten sie, sie geschubst. Mädchen machten das glaub ich häufiger als Jungs. Doch plötzlich tat Yui etwas, was die Mädchen wohl nicht erwartet hätten, womit ich allerdings schon irgendwie rechnete. Schließlich hatte sie mir auch schon mal gehörig den Tag versaut, in dem sie mit Dingen auftrumpfte mit denen niemand rechnete. Sie nahm all ihren Mut zusammen und stand auf, um ihnen etwas zu sagen. „Von euch, lass ich mir gar nichts sagen! Es ist ganz allein meine Sache und es geht niemanden was an!“, schimpfte sie, obwohl sie in dieser misslichen Lage war. Das wagten nicht viele. Die meisten Mädchen, die sie drangsalierten waren viel schneller eingeschüchtert. Jetzt wusste ich auch, warum ich über sie nachdachte. Sie hatte etwas an sich, was sie so anders machte, als die anderen Mädchen. Nur, so beeindruckend es auch war, schwante mir nichts Gutes. Ich wusste noch nicht, ob ich sie tatsächlich unsympathisch finden sollte, weil sie mir so den Tag versaute, oder ob ich sie doch irgendwie mögen könnte, wenn ich nur wöllte. Ich war nur froh, dass sie mich nicht so durch einander brachte wie Jorden. Der trieb mich ja sogar in meinen Träumen in den Wahnsinn. Keine Ahnung woran das lag. Woher sollte ich, unwissender Vollidiot auch wissen wie so was zu Stande kam. War ja schön, dass zumindest Billy Bescheid wusste, der würde mich schon zum gegebenen Zeitpunkt aufklären, nicht wahr? Mein Wecker, würde es jedenfalls nicht tun. So viel war schon mal sicher. Und verdammt noch mal, wieso musste ich jetzt wieder an Jorden denken? „Oh, wer hätte das gedacht, sie muckt auf. Soll das etwa heißen, du willst dich nicht an die Regeln halten?“, meinte eines der Mädchen mit verschränkten Armen vor der Brust, mit einem drohenden Blick. Auch die anderen Mädels sahen nicht aus, als seien sie Yui wohl gesonnen. Bestätigend nickte Yui, „Genau! Außerdem weiß ich nichts von euren komischen Regeln! Ihr habt nicht das Recht zu bestimmen, was ich zu tun und zu lassen habe!“, kam es klar und deutlich aus ihrem Mund. Nicht schlecht in Anbetracht dessen, dass ich diese Meute von Mädels noch nie so sauer gesehen hatte. Doch es hatte den Bogen wohl überspannt, denn jetzt konnte man richtig ihre tödlichen Blicke sehen, die sie durchbohren wollten. Also kamen sie ihr gefährlich nahe. „Das wirst du büßen! , schrie eines der Mädchen und wollte auf sie zu laufen. Mit der Hand schon in die Höhe schnellend. Nicht, dass ich ein netter Mensch war, aber irgendwie wurde mir das dann doch zu bunt. Also beschloss ich die Hand aufzuhalten, in dem ich ihr zur Hilfe eilte und sie festhielt. Die Mädchen die bis eben noch ihre tödlichen Blicke auf Yui fixierten waren nun wie erstarrt und ihre Gesichter rot vor Scharm. War schon ziemlich amüsant. „Schluss jetzt! Es reicht!“, gab ich auffordernd an die Mädchen weiter, die sich sofort einige Schritte von ihr entfernten. „B...Benjamin...wieso...“, begann eines der Mädchen. Doch ich schaute nur kalt zu ihnen rüber. „Nerv nicht!“, murrte ich und und wartete noch einen Moment ab, bis sie gereizt abzogen. Dann machte kehrt, um wieder ins Schulgebäude zurück zu kehren. Innerlich ärgerte ich mich, dass ich es jetzt ganz versäumte eine zu rauchen. Dabei juckte es mir doch so sehr in den Fingern. Ohne meine Kippen war ich eben nur ein halber Mensch. Ich war dabei so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht merkte, wie Yui mir hinterher gelaufen war. Erst, als sie nach mir rief bemerkte ich es. „B...Benjamin! Warte!“, rief sie hinter mir, was mich zum Stehen brachte. Da hatte ich es wieder, ich war eindeutig viel zu inkonsequent. Ich ließ mich schon wieder aufhalten. So wie neulich, als ich mich von diesem komischen Schild aufhalten ließ. Die Sache mit Jorden und seinem Bruder, Gott wie mich das nervte! Gereizt drehte ich mich zu ihr um. „Was willst du noch?“, knurre ich sie an, was sie leicht zurückschrecken ließ. „Ich...ich wollte mich nur bei dir bedanken.“, brachte sie leicht eingeschüchtert hervor. Na toll! „Schon gut...sie haben mich einfach genervt!“, redete ich mich raus. Schließlich hatte ich nicht das Bedürfnis, mich noch weiter mit ihr zu unterhalten. Der Abend in der Disco hatte mir echt gereicht! Ich entschied mich wieder auf den Weg ins Schulgebäude zu machen, ohne sie weiter zu beachten. „W...warte. Wo willst du hin?“, rief sie mir hinterher,. „In den Unterricht, da solltest du übrigens auch hingehen.“, antwortete ich schroff, ohne noch einmal zurück zu sehen. „Aber...“, widersprach sie noch, worauf ich nichts mehr antwortete und ließ sie zurück. Wie konnte ich auch nur auf diese total blöde Idee kommen ihr zu helfen? Billy hatte darauf natürlich eine passende Antwort, als ich ihm ein paar Tage später von meiner Begegnung mit Yui und den anderen Mädchen erzählte. „Na das ist doch klar, weil du eben doch ein netter Kerl bist Benji. Auch wenn du dich manchmal echt verhältst wie ein Volltrottel.“, sagte er völlig locker, während er in seinem Milchshake von Mecces herum rührte. Ekliges Zeug. Innerlich schüttelte ich den Kopf. Wie kam dieser Mensch nur auf solche Ideen? Ich und nett, das war ja wohl absurd! Doch Billy schien davon total überzeugt zu sein und hatte dabei ganz vergessen, dass er auch nicht immer ein glänzendes Vorbild war, wenn ich nur an das Feierwochenende zurückdachte. Da war so einiges an Alkohol geflossen und auch außerhalb der Bar wurde noch laut gefeiert. So laut, dass sich sogar die Nachbarn, seines Kumpels beschwerten, bei dem wir dann spät abends noch aufkreuzen mussten. Billy hatte mich da einfach mit hin geschliffen, ohne mich zu fragen. Ich war dann einfach gegangen, als ich endgültig die Nase gestrichen voll hatte. Nach seinem Milchshake biss Billy dann herzhaft in einen Burger. Manchmal fragte ich mich, wie er das ganze Zeug überhaupt herunter bekam. Ich war meist schon nach einem Burger mehr als gesättigt. Wie auch heute. Schon allein der Gedanke an das ganze Fett...nachdem die ganze Bude stank...widerlich! Na ja,...War ja auch nicht der größte Esser. Mein Essverhalten war sicher alles andere als Gesund, aber ich verspürte auch so gut wie keinen Hunger. Deshalb neigte ich wohl auch zu Untergewicht. Würde Billy mich nicht immer mal bekochen, würde ich noch weniger essen, auch weil ich einfach zu faul dazu war. Aber auch die Kippen reduzierten meinen Hunger. Manche Menschen nutzen sie ja auch als Appetitanreger, was ich von mir nicht behaupten konnte. Eher das Gegenteil. „Benji, jetzt iss doch auch noch was. Du hast bestimmt schon seid Tagen wieder nicht wirklich was gegessen, obwohl, da bin ich mir sogar ziemlich sicher, weil ich dich die letzten Tage nur in der Schule gesehen habe.“, meinte er. Na der wusste ja bestens Bescheid. Ich brummte mal wieder, meine Wange auf meine Handfläche stemmend. „Also habe ich recht.Aber mal zurück zu Yui. Das hatte bestimmt nicht nur sie beeindruckt, sondern auch deine Fans. Die waren davon sicher nicht begeistert.“, erzählte er und biss erneut in seinen Burger, und schluckte dann. „Lecker...das solltest du echt mal probieren.“, wechselte er das Thema, worüber ich erleichtert war. „Ne lass mal, ich bin satt und ich würde jetzt auch lieber eine rauchen.“, antwortete ich und stand auf. Billy seufzte. „Na gut, dann lass uns raus gehen. Meinen Burger kann ich auch draußen weiter essen.“ Noch eben brachte er das Tablett weg und gesellte sich dann zu mir nach draußen, wo ich schon mal meine Kippe anzündete. Genießerisch zog ich daran und inhalierte tief. Neben mir kaute mein Kumpel weiter an seinem Burger. Der Qualm den meine Kippe fleißig produzierte wurde von einem kaum spürbaren Windstoß davon getragen. Allerdings nicht unbeachtet. „Ich dachte mir schon dass du Raucher bist.“, hörte ich eine amüsierte Stimme neben mir. Mein Kumpel und ich schauten in die Richtung aus der die Stimme plötzlich kam. Es war Jorden, der uns entgegen lächelte. So gut gelaunt wie eh und je. Ja wahrlich zum kotzen war das! „Hallo, so sehen wir uns also wieder.“, begrüßte er mich. Billy legte nachdenklich den Kopf schief und ignorierte mein leises Knurren gekonnt. „Ihr kennt euch?“, fragte er überrascht. Jorden nickte. „Ja, seid Kurzem. Wir sind uns irgendwann mal über den Weg gelaufen am Basketballplatz vor der Stadt. Seid dem treffen wir uns immer wieder zufällig.“, teilte er ihm freudig lächelnd mit. Dieses Lächeln...das machte mich ganz fertig und rasend. „Ach so ist das. Davon hat er mir, seinem besten Kumpel, ja gar nichts erzählt!“, spielte er empört, und grinste dann. Ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Billy hingegen schien sich über diese Neuigkeit zu freuen und beugte sich ein Stück zu Jorden herunter. Mit einer Hand neben seinen Mund hebend, stellte er sich zu Jorden in Tuschelposition. Wie die Klatschweiber standen sie nun da. „Aber sag mal, wie hast du vorher erkannt, dass er Raucher ist, wenn du ihn noch nie hast rauchen sehen?“, wollte er neugierig wissen. Jorden lachte leise. „Na das ist doch ganz einfach. Der Zigarettengeruch hat ihn verraten.“, Billy staunte nicht schlecht und stellte sich wieder normal hin. „Oh, stimmt. Der Gute ist ein Kettenraucher. Kein Wunder, dass man das riecht.“, stellte Billy fest. „Und was machst du hier?“, wollte Billy wissen. Na die hatten sich ja gesucht und gefunden. Der Gute war echt ein Meister darin, sich Freunde zu machen, weil er so unbefangen auf Menschen zugehen konnte. Für meinen Teil fand ich es in diesem Fall ein wenig zu unbefangen! Nicht dass ich Billy verbieten konnte sich mit ihm zu verstehen. Ausreden konnte ich ihm das eh nicht, aber wenn er ihn dann auch noch bei mir zu Hause anschleppte,... nicht auszudenken! Dann würde ich sicher noch endgültig durchdrehen! „Ach ich treffe mich gleich mit meinem großen Bruder. Wir wollen zusammen einkaufen gehen und dann zu Hause kochen. Das machen wir immer, wenn er früh Feierabend hat. Sonst ist er meistens fast den ganzen Tag auf der Arbeit, und manchmal macht er ja auch noch seinen Zweitjob. Dann kommt er erst spät nachts nach Hause...“, erzählte er zunächst noch so unbeschwert wie immer, bis ich etwas in seiner Stimme wahrnahm,...konnte es denn sein? Er verbarg etwas, dass er keinem zeigte, ganz sicher sogar. Er versteckte es hinter seiner immer fröhlichen Fassade, die er allen zeigte und die ich so hasste. In diesem Moment war ich mir ganz sicher, dass er nicht immer so unbeschwert war wie er tat und irgendwie gefiel mir das. Viel besser, als das was er allen immer vormachte. Dieses falsche Lächeln mit dem er seine Mitmenschen um den Finger wickelte. Das Lächeln mit dem er seine tiefsten Ängste und Sorgen überspielte. Kein Mensch konnte immer gut gelaunt sein, weil jeder etwas in sich trug, was ihn belastete. Auch ihn...zum Beispiel Einsamkeit. So wie sich das eben anhörte musste er sich manchmal sehr einsam fühlen, aber er gab es sicher nicht zu um seinen Bruder nicht zu belasten. Wie töricht musste man doch sein, wenn man jemanden hatte, mit dem man seine Sorgen doch teilen konnte. Er hatte immerhin einen Bruder, der ihn liebte. Das konnte man sehen. Auch wenn ich Will nicht sonderlich leiden konnte, wusste ich, dass er zu Jorden immer gut gewesen war. Schließlich beschützte er ihn schon damals immer vor mir. Auch heute tat er es noch, auch wenn ich in seinem Bewusstsein vielleicht ein Fremder war. Oder wusste er vielleicht mehr, als er zeigte? Jorden schien mich jedenfalls nicht zu erkennen. Es war auch schon viele Jahre her...aber irgendwie...kam ich damit nicht klar... „Will! Da bist du ja!“, hörte ich Jorden, der plötzlich wieder strahlte. Billy und ich drehten uns in die Richtung aus der Will kam. Sobald er ihn sah, lenkte er mit seinem Rollstuhl in seine Richtung ein. Dieser hob eine Hand zum Gruß und umarmte seinen Bruder, sobald er bei ihm war, „Jorden, hast du sehr lange gewartet?“, harkte er fast ein bisschen besorgt nach. Doch Jorden schüttelte den Kopf. Idiot! „Nein. Ich bin auch eben erst gekommen und dann habe ich diese Beiden getroffen und mich sehr nett unterhalten.“, erzählte er ihm voller Freude in seinem hübschen Gesicht, die mir nicht gefiel. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich sollte nicht darüber nachdenken! Billy hob ebenfalls die Hand zum Gruß, während ich einfach nur neben ihm stehen blieb und vor mich hin murrte, wenn auch nur leise. Will erwiderte den Gruß mit einem freundlichem Lächeln, bis er mich erblickte. In diesem Moment verschwand sein Lächeln aus seinem Gesicht und verformte sich zu seinem schmalen Strich. Seine Augen verengten sich leicht und schienen mich erstechen zu wollen wie kleine Dolche. Schlecht gelaunt verschränkte er die Arme vor der Brust und sah mich fast schon giftig an, „So, so, nett unterhalten ja?“, wiederholte er Jordens Worte. Neben mir konnte ich Billy sehen, wie er bedächtig zwischen uns hin und her schaute. „Ja, stell dir vor, wir haben uns ziemlich gut unterhalten.“, grinste ich herablassend, „Was dagegen?“, Will knurrte. „Du kleiner...!“, fing er an und war schon wieder im Begriff auf mich los zu gehen. Ja, er wirkte ganz so, als schien er etwas zu ahnen. Doch bevor er auf mich los gehen konnte, hielt Jorden seine Hand fest. „Will! Beruhige dich! Er hat mir nichts getan, wirklich!“, beteuerte sein kleiner Bruder. „Also sei nicht wütend ja? Verzeiht, er ist immer so voreilig.“, entschuldigte er sich für seinen großen Bruder, der nun grummelnd neben ihm stand. Da konnte man sich fragen, wer hier eigentlich der Ältere und wer der Jüngere war. „Oh, kein Problem, er wollte dich ja nur beschützen. So sind große Brüder nun mal.“, meinte Billy schlichtend. Jorden nickte. „Und mein Kumpel hier zieht den Ärger scheinbar immer an, als hätte er nen Magneten am Hintern. Fast egal wo wir aufkreuzen. Also mach dir nichts draus.“, meinte er mit leicht erhobenen Schultern und zu den Seiten wedelnden Händen. Dieser Verräter, auf welcher Seite stand der? Leise knurrte ich. Billy klopfte mir darauf hin beschwichtigend auf die Schulter und seufzte. „Mach dir nichts draus Großer und knurr nicht immer so rum. Da ist es doch kein Wunder, dass man dich für ungehobelt hält.“, triezte er mich. „Billy...“!, murmelte ich beleidigt. Jorden lachte leise. Ziemlich... süß... ? Scheiße... der war doch nicht süß! Eben noch konnte ich sein Lächeln nicht leiden und jetzt fand ich es süß? Was war das nur für eine verdrehte Welt. Völlig behämmert! Wer sollte da noch durchblicken? Wie schaffte er das nur? „Jorden, wieso kicherst du so?“, wollte sein Bruder mit hochgezogener Augenbraue wissen, als verstünde selbst er seine Reaktion nicht. Na da waren wir ja schon zwei. Jorden winkte ab und beruhigte sich kurz darauf. „Ach ich dachte nur, was für gute Freunde die beiden sein müssen, wenn sie sich so triezen können.“, meinte er und ich staunte nicht schlecht, weil dieses Lächeln ehrlich war und einfach von Herzen kommen musste. Deshalb mochte ich es wohl auch...Wie schaffte es dieser Mensch nur immerzu so positiv zu sein, wo er doch früher so eine entsetzliche Heulsuse war, die einfach nichts auf die Reihe bekam? Und so ein Lächeln, hätte er damals ganz sicher nicht auf die Reihe bekommen! Dazu war er viel zu ängstlich und zu schnell verstört, sobald man ihn nur abwertend ansah. Doch heute...war er anders...es schien als machte er sich nichts mehr aus den Blicken der Leute. Selbst in diesem Moment nicht. Wie konnte er das nur aushalten? Ich war mir sicher, dass es viele Menschen gab die ihn trotz seiner offenen Art verachteten und hänselten... In mir spürte ich den Wunsch ihn weinen zu sehen...! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)