Ein Date zu Viert von Himi_und_Nami ================================================================================ Kapitel 3: ----------- KAPITEL 3 Ruiza rannte los. Er kannte kein Halten mehr. Alles war ihm zuviel: Der gesamte Stress des Tages, der Streit, dann noch die Szene, die er gleich von Hide-zou erwarten konnte. Er rannte, rannte und rannte, durch die Tür. Hide-zou stürmte ihm nach. Aoi und Uruha blickten sich an, dann folgten sie Hide-zou. Nun war das ganze Chaosquartett in Bewegung. Ruiza verschwand in der Flügeltür zum Innenbereich, kurz darauf schluckte sie auch Hide-zou. Der blonde Gitarrist bekam gerade noch die Kurve, rannte in einen engen Flur hinein. Hide-zou hatte weniger Glück, er krachte in einen Roadie, der ein großes Tablett mit Wasserbechern für die verschwitzten Musiker auf der Bühne trug – so duschte er unfreiwillig gleich noch mit. Er rappelte sich wieder auf, der andere Mann blieb nur verdattert auf dem Boden sitzen und schaute ihm nach. Dann legte er gleich darauf die Arme schützend vor seinen Körper, als er Aoi und Uruha auf sich zukommen sah. Uruha hatte trainierte Beine, er stoppte, fing Aoi ab und zog ihn gleich darauf hinter sich her. Ein weiterer verblüffter und verständnisloser Blick folgte. Ruiza sprintete die Stufen im Treppenhaus hinauf. Auf der übernächsten Etage hörte er die Eingangstür klappen. Er blieb stehen und lugte ins Rondell des Geländers. Er erkannte Hide-zous Hand darauf. Er wurde immer noch verfolgt, musste weiter. Er wollte mit dem anderen jetzt nicht sprechen. Das hätte er nun nicht ertragen. Er war fertig mit der Welt. Er stürmte wieder in einen Gang, musste hier raus. Er verschwand in einem Raum, den er für ein Durchgangszimmer gehalten hatte. Er erschrak, als er nicht weiterkam. Schon hörte er hinter sich Hide-zous Schritte. Das Fenster fiel in seinen Blick. Er stürmte darauf zu, räumte unbeabsichtigt grob ein paar Stühle zur Seite, schob das Fenster auf und sprang raus in den Feuerrettungsgang, der sich – von oben betrachtet – wie ein Bilderrahmen die Fassade des Hauptgebäudes entlang schmiegte. Unten warteten mehrere noch hundert murmelnde Fans auf dem Vorplatz auf Einlass – Oh mein Gott. Schnell kletterte er die Feuerleiter hinauf. Hide-zou war ihm immer noch dicht auf den Fersen. Er war auf dem Dach angekommen, rannte einmal die Kante ab – da war auf der anderen Seite ein Abstieg. »Ruiza«, hörte er Hide-zou rufen, »mach keinen Quatsch!« Er kletterte wieder hinab auf den Rundgang, lief weiter. »Verdammt, wo könnten die beiden sein?«, hechelte Uruha seinem Gitarrenpartner zu. »Die sind schnell ...« Gerade bogen sie in den Gang ein, sie warten einen Blick in den Raum mit den umgeworfenen Stühlen. »Die werden doch nicht ...« »Doch ... Das ist Hide-zous Schal, da am Fensterbrett. Er hat ihn verloren.« »Hoffentlich macht Ruiza keinen Blödsinn!« Beide mussten schlucken, sahen sich kurz an. Dann kletterten auch sie aufs Dach. Ruiza hingegen war fast unten. Über sich hörte er Hide-zou auf der Leiter, die mächtig knarrte. Er rannte zu einem Seitenweg gegenüber. Dort standen mehrere Fahrräder. Das war seine Chance, den anderen abzuhängen! Er schnappte sich eines, sprang auf – zwei andere kippten um. Es schepperte sehr laut. Dann radelte Ruiza davon. Hide-zou kam völlig außer Atem auch bei den Fahrradständen an. Auch er lieh sich eines – er hatte keine Wahl! Die Räder gehörten dem Veranstalter, war also nicht so schlimm – eine gute Haftpflichtversicherung hatte er auch. Ruiza hatte es mit einem Blick über die Schulter gesehen. Er brauchte einen Radikaleingriff. Er drehte vom Weg ab, fuhr eine Böschung hinunter und auf einen Gehweg auf, dann ließ er eine achtzehnstufige Treppe hinter sich. Er hörte Hide-zou schreien, drehte sich schnell um und bremste. Einen Augenblick herrschte Stille. Ruiza wurde schlecht, dem Mann, den er liebte, musste etwas zugestoßen sein. Er wollte schon umdrehen, da schoss der Ältere wie ein Pfeil aus dem Gebüsch, raus auf den Gehweg und dann den Abhang neben der Treppe hinunter. Ruiza erschrak, holte Schwung und fuhr weiter. Dieser Hide-zou war einfach nicht abzuhängen. »Ruiza!«, hörte er wieder ein Rufen. Dann wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht. Plötzlich tauchten vor ihm Menschen auf! Das waren Konzertbesucher – der Vorplatz! Er könnte nicht rechtzeitig bremsen, krachte durch die Absperrung, einen ein Meter fünfzig hohen Zaun. »Zur Seite!«, schrie er nur, so laut er konnte. Einige Mädels reagierten sofort. Dann bog er auf den Mittelgang zwischen den Zuschauern ein. Großes Gelächter war zu hören. Hide-zou folgte ihm, konnte grad noch die Kurve zum Mittelgang kriegen, stoppte kurz vor einem hübschen Mädchen mit blondierten Haaren. »Hallo~«, säuselte er und ließ die Braue flippen. Dann holte er wieder Schwung zum Weiterfahren. Sie kicherte vergnügt und klatschte ihm Applaus hinterher, ebenso wie ihre Freundinnen auch. Währenddessen rumpelte es im Gebüsch auf der Anhöhe. Ein Licht kam durch die Blätter der raschelnden Bäume. Mit lautem Knacken zu schwacher Äste tauchte ein Gabelstapler (!) auf, der wie ein außer Kontrolle geratenes Monster über die Rasenfläche schoss – über und über bedeckt mit Laub und Geäst. »Äh ... ich wusste gar nicht, dass man damit über Berg und Tal fahren kann«, rief Uruha, in seiner Stimme ein Hauch Euphorie – ansonsten Panik. Aoi lenkte geschickt. »Ich hab mal in den Ferien im Lager gearbeitet – ich weiß, was das Ding kann!«, kam die Antwort und Aoi war außer sich vor Freude, grinste selbstgefällig schräg. »Das ist definitiv eine deiner blödesten Ideen!«, mahnte Uruha und klammerte sich an den anderen Gitarristen, weil es sonst nichts zum Festhalten gab, er schob sich noch näher an den Mann vor sich heran. »Wieso? Wir sind schneller!« »Weil wir direkt auf unsere Fans zufahren!!!« Beide schrien unisono. »Was nun?«, fragte Uruha hysterisch. »DRAUFHALTEN!« »Aoi, du hast doch’n Knall!!!« Die Ketten an Aois Oberteil schepperten, als Uruhas Hände von hinten um seine Taille herum auf seine Brust knallten. Wie ein Rucksack klammerte Uruha sich an den anderen und kniff die Augen zu. »AUS DEM WEG!!!«, brüllte Aoi im Kansaidialekt. Die Schneise zwischen den Leuten war groß genug. Die Kurve bekam Aoi nicht, fuhr deshalb weiter auf dem Querweg, den die Leute gebildet hatten. Sie hinterließen nichts als ungläubige Gesichter. »Oh, Kami-sama«, betete Uruha theatralisch, »es ist niemandem etwas passiert!« »Japp, wenn das so bleibt, dann will ich einen Kuss von dir!«, schnackte Aoi von vorne. Uruha hob den Kopf, seine fuchsblonden Strähnen flatterten. »Was?« »Ja! Einen ganz langen!« Aoi lachte! Ihm machte das alles offenbar noch Spaß! Sie ließen die Fans hinter sich. Die Security versuchte alle zu beruhigen und jene von einer Fatahmorgana zu überzeugen, die der festen Meinung waren, dass gerade Aoi-san und Uruha-san von the GazettE auf einem Gabelstapler durch das Dickicht einer Böschung hinunter und mitten durch die rastenden und wartenden Besucher des Festivals, auf dem sie selbst in nicht weniger als einer halben Stunde als Headliner auftreten sollten, gerast waren. Von Ruiza und Hide-zou sprach ja schon fast keiner mehr. Apropos: Ruiza fuhr nun in eine parkähnliche Anlage hinein, war schon verdattert vor lauter Grün. In der Ferne sah er die Metro vorbeirauschen. Da war auch die Metro-Station, die kannte er von früher. Das war seine letzte Möglichkeit, Hide-zou abzuhängen. Er fasste sein Ziel fest ins Auge, am besten in beide! Er war fitter als sein Gitarrenpartner, hatte auch noch Vorsprung und ... Die Welt drehte sich, der Boden kam näher! Es krachte! Als Ruiza kurz darauf die Augen wieder aufschlug, sah er über sich nur Sterne – echte Sterne. Es war schon schummrig dunkel geworden. »Ruiza! Scheiße ... «, hörte er Hide-zous vertraute, aber aufgeregte Stimme. Er setzte sich schon wieder auf. Das Fahrrad hatte eine dicke Acht vorne und offenbar war ein Vermessungsstein der jenige welcher gewesen, der ihn ausgebremst hatte – ziemlich unliebsam ausgebremst sogar. Im Augenwinkel sah er Hide-zou, hörte das Bremsgeräusch schmaler Reifen auf kiesigem Untergrund, es schepperte erneut, die Klingel gab einen gequälten Laut von sich, als Hide-zou das andere Fahrrad achtlos fallen ließ, während er mit einem Lebensretterhechtsprung davon absprang und mit zwei weiteren Schritten bei ihm war, sich zu ihm hinunterkniete. »Ruiza, hey, alles okay? Oh Gott, ist alles in Ordnung?« »Ich bin kein Gott ...«, quengelte der kleinere Blonde und kniff die Augen zusammen, hielt sich die Hände vor das Gesicht. Schlimmer konnte der Tag nicht werden ... Oh doch! Schlimmer ging’s immer! Das gleichförmig heulende Geräusch eines gasbefeuerten Gabelstaplers kam aus der Ferne immer näher. »Kannst du aufstehen?«, fragte der dunkelhaarige D-Gitarrist besorgt, befürchtete schon Schreckliches. »Lass mich in Ruhe!«, fauchte der Mann neben ihm – gar nicht ruizahaft. War er zunächst ängstlich gewesen und hatte er zwischendurch einen Hauch von Verzweiflung erlebt – so war ihm seine ganze Flucht nun vor allem eines: peinlich. Nicht mal Hide-zous warme Hände auf seinem Rücken konnten von seiner Scham ablenken. War er gerade wie ein Häschen vor dem Wolf davongelaufen? Ja, das war er. Und der GazettE-Fuchs und die diebische GazettE-Elster waren auch gleich zur Stelle. Aoi legte eine Vollbremsung hin. Uruha sprang als erster aus dem halbverglasten Führerhäuschen des Transportomobils, dankte allen guten Geistern, die Aoi verlassen hatten, nun dafür, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Doch im Lauf stoppte er plötzlich. Ein Schluchzen hatte ihn gestoppt. Regungslos blieb er auf der Stelle stehen. Ruiza weinte ... Er musste gerade mit ansehen, wie ein erwachsener Mann, der sonst vor Energie nur so sprühte, auf dem Boden kauerte und weinte, weil er sich schämte. Einen Moment lang hatten Hide-zou und Uruha sich still angesehen. Dann ging der Blick des älteren D-Gitarristen ohne Umwege zu seiner instrumentalen zweiten Hälfte. Dies war der Augenblick, in dem Hide-zou beschloss, einfach gar nichts zu sagen ... und den Kleineren schlicht nur festzuhalten ... Er legte die Arme von der Seite her fest um seinen Rücken und vor dessen Oberkörper und zog ihn dicht zu sich heran, sehr dicht, wippte mit ihm leicht hin und her, um ihn zu beruhigen. Er wusste, dass es dieser gesamte beschissene Tag war, der seinem Freund so zu schaffen machte ... Innerlich verfluchte er sich für die Aktion im Fahrstuhl heute Morgen. Vor allem für den Ausraster von eben. Was war da nur in ihn gefahren? Er hatte nur gesehen, wie Aoi im Begriff war, seinen Ruiza zu küssen. Moment, warum seinen? Er spürte Ruizas Wärme an seiner Brust, seinen aufgeregten steppenden Herzschlag unter seiner Hand. Sie hatten sich beide wehgetan. Eine Träne fiel auf den Ärmel seiner Jacke. Dann drückte er den anderen noch fester. »Es tut mir leid ...«, hauchten seine Lippen durch die blonden Wuschelhaare, kaum hörbar für dessen Ohren. »Ich bin so ein Idiot!« »Allerdings!!«, zerschnitt Aoi die wohlig schwere Luft um die beiden Gitarristen auf dem Boden. Drei Augenpaare schauten ihn entsetzt an. »Wie kommst du auf die bescheuerte Idee, dass Ruiza-san sich so mir nichts dir nichts binnen weniger Stunden von dir entliebt und sich in mich verliebt?! Das ist doch total beknackt!«, schnaubte der Rhythmusgitarrist von the GazettE und zog den anderen an der Jacke auf die Beine. »Ja, ich habs verstanden!« schnauzte Hide-zou zurück und befreite sich mit einem Ruck von Aois Griff. »Nix hast du verstanden!«, maulte Aoi im Kansai-Dialekt. Uruha griff nach seinem leicht grauen Ärmel. »Lass mich!« Mit einer Handbewegung wehrte Aoi den Fuchsblonden ab. »Das ist bescheuert, total bescheuert! Warum müssen alle Menschen auf der Welt ihre Gefühle in einem Panzerschrank mit sich herumtragen, bis sie unter der Last zusammenbrechen?! Ich will das nicht mehr! Dadurch entstehen nur Missverständnisse – und am Ende wird derjenige am meisten verletzt, der’s am wenigsten verdient hat!« Er deutete auf Ruiza auf dem Boden. »Willst du damit sagen, dass ich ein Mensch bin, der es verdient hat, verletzt zu werden?« Hide-zou tat ein paar Schritte auf Aoi zu. Uruha sprang zwischen die beiden. »Halt dich da raus!«, bellten beide im Chor und schoben den schlanken Mann aus ihrer Mitte an die Seite. »Ihr seid doch ...« Ungläubig ließ Uruha die Hände seitlich auf seine Oberschenkel knallen. »Meinetwegen – schlagt euch ruhig die Köpfe ein ...«, murmelte er nur, doch die beiden Gockel waren schon wieder auf sich fixiert. »Sag mal, bist du blind und taub wie ein Tiefseefisch?«, meldete sich Aoi wieder zu Wort. »Ruiza ist in dich verliebt, das ist so« – und er zeigte die gesamte Spannweite seiner Arme – »offensichtlich! Du kannst mir nicht erzählen, dass du das nicht gesehen hast!« »Ich habs vermutet, okay?!« Nun war Hide-zou wieder dran. »Ich habe es gesehen! Ich bin weder blind noch taub noch doof oder sonst was! Verstanden?« »Du hast ihn verletzt! Weißt du eigentlich, wie viel Angst er um euer beider Freundschaft hat?« »Ja.« »Offensichtlich nicht!« »Ich hab doch angeboten, mit ihm zu reden!« »Angeboten ...? Ich brech ins Essen ... Du hast ihm die Pistole auf die Brust gesetzt. Wolltest ihn zwingen ...« »Sonst würde ich doch nie erfahren ...« »Oh, ich könnt dir so eine knallen!« Aoi ballte die Fäuste, als er dem anderen das Wort abschnitt. »Dass du ihn verstehen kannst, ist mir klar. Tust hier die ganze Zeit auf ach so hetero, bist tödlich und bis zum Auskotzen beleidigt, wenn man dich als schwul betitelt ... Und kaum dreh ich euch den Rücken zu, schmeißt du dich an Ruiza ran. Wie taktlos ist das denn?! Von falsch ganz zu schweigen!« »Sag mal, hast du mir nicht zugehört, du Honk!? Ich hab gesagt, ich habe keinen Bock mehr irgendwas geheim zu halten – keine Versteckspiele mehr ... und ich kann die allgemeine Situation gerne mal zusammenfassen: Ruiza liebt dich, das interessiert dich nicht. Ich liebe Uruha, das interessiert ihn höchstwahrscheinlich auch nicht – und wahrscheinlich rechnet er damit auch nicht. Ihr habt ein Techtelmechtel – wir sind am Arsch! So sieht’s aus!« »Aoi ...«, quengelte Uruha dazwischen und bekam nur eine gehobene abwehrende Hand als Antwort. »Und außerdem: Was soll’s? Sind wir halt alle schwul! Ist doch egal! Da krächzt kein Hund mehr nach. Mir reicht’s jetzt! Lasst uns doch gleich `ne Nummer zu viert schieben, vielleicht bekommt dann jeder mal ansatzweise, was er will!« Hide-zou konnte diesen außer Rand und Band geratenen Kansaianer vor sich nur entgeistert ansehen wie ein Mondkalb. Hat er das gerade wirklich gesagt? Ja – hatte er. »Was denn?« Aoi grinste leicht diabolisch. »Hast du jetzt Angst vor mir?«, sagte er ruhiger, dafür so fordernd kokett, dass es Hide-zou entwaffnete. Er wich zurück, als Aoi auf ihn zukam, sein Mund nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Diese Mischung aus dunkler Freude und glühender Wut in Aois Augen war kaum zu ertragen. Doch sein Blick hielt Stand. Er durfte nun nicht noch weiter zurückweichen. »Ich will mich nicht mehr verstecken, will mir nichts mehr verbieten! Das habe ich viel zu lange gemacht und war nur unglücklich. Ebenso unglücklich wie Ruiza gerade. Das ist vorbei! Ich gehe aus, mit wem ich will. Ich schlafe, mit wem ich will. Und ich küsse, wen ich will – und ich bin gut darin!« Einen Moment lang ließ der dunkelhaarige GazettE-Gitarrist diesen Satz wirken ... dann drehte er sich weg, die Fäuste immer noch geballt, nur um sich im gleichen Moment schwungvoll wieder umzudrehen. Uruha zuckte, weil er glaubte, Aoi würde zuschlagen, doch er tat es nicht. Er packte Hide-zou am Kragen, zog ihn dicht zu sich heran – und dann küsste er ihn. Fordernd, verlangend. Ruiza und Uruha waren sprachlos. Ihre Münder klappten beinahe gleichzeitig auf. Hide-zou fühlte sich ausgeliefert. Hatte er Aois Blick standhalten können, so gelang ihm dies bei diesem tiefen Kuss nicht mehr. Er ergab sich willenlos, Gänsehaut überkroch seine Arme, er fing an zu zittern. Aoi war leidenschaftlich und elektrisierte ihn binnen Sekunden. Und als wollte Aoi ihn bestrafen, ließ er im nächsten Augenblick schon wieder von ihm ab. »Na ...?«, hauchte er ihm finster weich auf die Lippen. »Hab ich zuviel versprochen?« Dann stieß er ihn von sich. Er ging Richtung Gabelstapler. »Komm, Uruha, ich hab noch ein paar tausend Fangirls glücklich zu machen!«, flötete er überheblich. Nun fiel es auch den anderen wie Schuppen von den Augen – das Konzert! Geistesgegenwärtig schaltete Uruha auf professionell um. Sie mussten los. So schwer es jetzt auch war, der Situation hier den Rücken zu kehren, nun hieß es: the show must go on! Er drehte sich mit ernstem Gesicht zu Hide-zou um, sah dann Ruiza an. »Können wir euch allein lassen?« »Ihr könnt mitfahren, wenn ihr euch traut!«, rief Aoi, der gerade dabei war, zurück in den Gabelstapler zu steigen. Uruha war irritiert. Leicht lächelnd schüttelte er den Kopf. Schlimm genug, dass sie in diesem Höllengefährt fast einige Fans umgenietet hätten, jetzt sollten sie denselben Weg zurückfinden – wenigstens würden sie zu Viert in dem Fahrerhäuschen nicht viel Platz zum Umfallen haben. Seit langer Zeit meldete sich Ruiza wieder zu Wort: »Wenn ihr die Fahrräder mitnehmen könntet, würde uns das schon sehr helfen.« »Ist gut«, sagte Uruha leise und bückte sich, um das Fahrrad mit dem achtförmigen Speichenrad aufzuheben, bemüht, sich kein Öl oder sonstige Schmiermittel an das weiße Hemd zu schmieren. »Ruiza-san, ich … ich weiß nicht, was ich sagen sollte …« Er senkte die Lider. »Ist schon gut.« Ruiza legte den Kopf in den Nacken, wie um sich wieder einzurenken, und stand dann auf. Hide-zou wollte ihm schon entgegen kommen, doch der blonde D-Gitarrist hob blind die Hand, um ihn aufzuhalten. »Du hast doch nichts weiter gemacht, als auf dein Gefühl zu hören, oder? Das, was ihr … gemacht habt, ist weder Schande noch Sünde.« Er lächelte, als er Uruha ins Gesicht sah, doch der sah auch den Schmerz in den braunen Augen. »Liebst du ihn?«, flüsterte er und bemühte sich weiter zu lächeln. Ja, es war vieles geklärt. In diesem Moment wurde dem jüngeren Gitarristen bewusst, dass er Aoi etwas schuldig war. Er hatte vergangene Nacht mit Hide-zou verbracht, ja, und was hatte er dabei gefühlt? Hide-zou war attraktiv, er hatte irgendwie seinem Beuteschema entsprochen. Erschreckenderweise hatte er ein Beuteschema, was Männer anging, wie lachhaft. Wie sah sein Beuteschema aus? Er sah zu Hide-zou. Dann zu Aoi, der das andere Fahrrad auf die Zangen des Gabelstaplers hievte. Sein Herz schlug schneller. Dann beachtete er erneut Hide-zou, der etwas unschlüssig in der Gegend stand. »Du meinst Hide?« Ruiza nickte und hoffte, dass ihn die Antwort nicht erneut in die Knie zwang. »Nein.« Uruha lächelte. »Ich mag ihn, wir passen zusammen, aber er berührt nicht so mein Herz …« »Nicht so, wie er es tut?«, mutmaßte Ruiza und war erleichtert. Er hatte nicht verloren. Vielleicht hatte er Chance auf ein bisschen Zuneigung. Der blonde Leadgitarrist lächelte immer noch, während sein Blick Ruizas folgte. Aoi kam mit gesenktem Kopf auf sie zu, berührte kurz – um Erlaubnis bittend – Uruhas Hand, die die Lenkstange festhielt. »Ja, nicht so wie er«, antwortete Uruha wahrheitsgemäß. »Hm?«, machte Aoi und sah ihn mit großen Augen an. »Alles in Ordnung, Aoi.« Der Satz, der besser als Frage ausgesprochen werden sollte, blieb zwischen ihnen hängen. Der dunkelhaarige GazettE-Gitarrist nickte nur, ohne einen weiteren Ton von sich zu geben und ging mit eierndem Fahrrad zum Gabelstapler, wo er es neben das andere stellte und selbst in das Fahrerhäuschen stieg. »Wir … müssen los«, sagte Uruha entschuldigend und verbeugte sich kurz vor Ruiza, winkte Hide-zou zu und lief zum Gabelstapler, vor dem er unschlüssig stehen blieb. »Soll ich dir rauf helfen?«, fragte Aoi und grinste verschmitzt. »Nein, es geht schon.« Uruha seufzte. »Ich befürchte nur, dass wir nicht so leicht mit dieser Sache davonkommen. Mit dem Gabelstapler, mein ich.« »Wir haben ihn ausgeborgt und es wurde niemand verletzt.« Doch, sagte er für sich, es wurde jemand verletzt, wenn auch nicht durch dieses Monstrum. »Ja, noch nicht«, bejahte er leichthin und zog sich am Griff ins Fahrerhäuschen, das sogleich geschlossen wurde. Mit einem Wenden in drei Zügen begaben sich die GazettE-Gitarristen auf den Rückweg zur Makuhari Messe. Hide-zou sah, wie Aoi während des Wegfahrens mit den Händen wie wild gestikulierte und Uruha den Kopf schüttelte, sodass seine Haarspitzen das Gesicht des Rhythmusgitarristen kitzelten. Der lachte darüber und zwinkerte ihm zu. Dieser Aoi … Er schüttelte selbst den Kopf. Er hatte ihn einfach so geküsst – schlimmer war jedoch, dass es ihn nicht kalt gelassen hatte. Dieser Kuss hatte ihn erneut wachgerüttelt. Nicht nur Uruha, ja, machte ihn an. Gewisse Männer ließen ihn nicht kalt. Er hob den Kopf und begegnete Ruizas Blick. Der andere Leadgitarrist sah ihn mit einem Blick an, den er sehr schwer deuten konnte. War das Verlust, der in seinen Augen glänzte? Seine Mundwinkel hoben sich, das Lächeln, das zarte Falten in seinem Gesicht verursachte, war ehrlich. Hoffte Ruiza auf etwas? Auf ihn? »Ruiza, ich … ich weiß nicht, was ich dir sagen soll.« »Weißt du, Hide-zou … Irgendwie hat Aoi-san recht, nicht wahr?« Ruiza begann zu grinsen. »Wir sind erwachsen, wir alle vier sind erwachsene Männer und lange genug im Geschäft, um uns einen Namen als gute Musiker gemacht zu haben. Selbst wenn herauskommen würde, dass wir mit Männern oder … miteinander zusammen sind … wäre es nicht egal, so lange wir dabei glücklich sind?« Hide-zou lächelte schief. »Ja, er hat recht. Für uns sollte es inzwischen egal sein. Und … unsere Kollegen sind bestimmt auch nicht – na ja – homophob.« Ruiza lachte auf. »Ich glaube nicht, nein. Erinnerst du dich daran an die unzähligen Male, wie wir an Tsunehito rumgrabschten, als er das Kostüm als Carbuncle trug? Und glaubst du, Hiroki würde dir auf die Pelle rücken, wenn er sich vor Männern ekeln würde?« »Unterstellst du etwa fast der ganzen Band, dass sie schwul sind?« »Nein, aber ich sage, dass sie keine Skrupel haben, einen Mann zu küssen.« »Richtig.« Er erinnerte sich an Tsunehitos Kussattacke vom gestrigen Tage. Und an Hirokis Knuddel- und andere Liebesattacken. »Hiroki übertreibt es aber auch immer gleich.« Hide-zou zog eine Schnute und verschränkte die Arme vor der Brust. Ruiza zog an seinem Jackenärmel. »Lass uns auch langsam zurückgehen. Dein Hiroki vermisst dich bestimmt schon.« Hide-zou verstand die Spitze. Doch plötzlich kam ihm eine Idee, es blitzte in seinen Augen. »Hm?« Der blonde Leadgitarrist sah ihn mit großen Augen an. Sein Herzschlag beschleunigte. Er hatte davon geträumt, dass Hide-zou ihn so ansah, als würde er am liebsten verschlingen. Er befeuchtete sich die Lippen. Hide-zou beobachtete die Bewegung aufmerksam. Ruizas Lippen brannten. Aus einer Laune heraus hatte er Aoi nach einem Kuss gefragt. Aoi hätte ihn geküsst, er war nur ganz kurz davor gewesen. Hide-zou hatte natürlich auch Uruha geküsst – davon war auszugehen. Aoi hatte Hide-zou geküsst – der hatte es ‚über sich ergehen lassen’. Und jetzt? Hide-zou wusste von Ruizas Gefühlen für ihn, doch er hatte sich noch nicht dazu geäußert. Wohl fand er ihn nicht abstoßend, auch seine Liebe nicht. Manchmal könnten sie vielleicht kuscheln … oder sich einfach kurz im Arm halten. Oder sie ließen einfach alles, wie es war: Kamen sich ab und zu nah und Ruiza konnte ihn zu anderer Zeit aus der Ferne anhimmeln. »Yoshiyuki.« Oha. Er nannte ihn beim Vornamen – schon das zweite Mal an diesem Tag. Aber der Tonfall war anders als beim Aufstehen. Nicht so müde, sondern … fordernd. »Ja?« »Ich bin auch nicht schwul«, sagte er. Dieser Tonfall passte so gar nicht zu den leuchtenden Augen. »Ja.« Ruiza ließ die Schultern sinken. Natürlich waren das nur Ausflüge für ihn gewesen. Witzig, erotisch und aufregend. Aber nichts für die Dauer. Sicher würde er ihm … »Aber ich kann dir keinen Korb geben.« Der Blondschopf nickte. Wie er erwartet hatte, hatte Hide-zou ihm … Was?! »Wie bitte?« Jetzt zuckten auch wieder die Mundwinkel des anderen Gitarristen. »Ich mag dich. Das solltest du doch auch wissen.« »Aber nicht so wie ich dich.« »Noch nicht.« Eine seiner Hände hob sich und berührte mit den Fingerspitzen sanft Ruizas Wange. Er seufzte ein Mal schwer. »Seit Uruha gestern über mich hergefallen ist und ich ihn nicht wegstoßen konnte, ist viel passiert. Und ich kann dir nicht einfach ein Nein geben, wenn da doch noch die Möglichkeit besteht, dass ich mehr für dich empfinden kann.« »Du sollst dich doch zu nichts zwingen!« »Tue ich nicht. Ich habe nur eben bemerkt, dass ich nicht so hetero bin, wie man vielleicht von mir erwartet hat …« Er stockte. »Meine Fans werden unheimlich enttäuscht sein!«, stellte er mit Entsetzen fest und legte sich die Finger an die Stirn. »Ich, der einzige Mann in der Band …« Ruiza begann zu prusten. »Lach nicht! Und dann auch noch bisexuell oder schwul!«, erklärte er feierlich und durchaus laut mit einem breiten Grinsen. Vor Schreck legte Ruiza ihm eine Hand über den Mund. »Bist du denn vollkommen plemplem? Da kannst du dich auch gleich bei Gazette auf die Bühne stellen und es deren Fans erzählen, wenn du hier so rumbrüllst …« Er sah noch immer das Lachen in den hübschen Augen, die ihn über seine Hand hinweg anfunkelten, und irgendwie konnte er auf dieses Lachen nichts anderes erwidern als selbst die Mundwinkel zu heben. Versonnen ließ er dann den Kopf zur Seite kippen. Hide-zou küsste ihn. Auf die Handinnenfläche. Und er tat es wieder und wieder, bis Ruiza seine Hand wegnahm. »Yoshiyuki …« Dieses Mal klang er sehnsüchtig – und näherte sich Ruiza sehr vertraulich. ~~~ In der Zwischenzeit waren Aoi und Uruha wieder an der Messehalle angekommen, hatten den Gabelstapler wieder abgestellt. Aoi flüsterte Uruha zu, dass vielleicht niemand bemerkt hätte, dass sie damit gefahren waren. Ja, dachte Uruha angesäuert, außer den Fans, die vor der Halle gewartet hatten, sicher niemand. Äußerst unauffällig für zwei Visual Kei-Stars schlichen sie zurück ins Gebäude, am Buffet vorbei, an dem sie von Asagi höchstpersönlich nebst Hiroki und Tsunehito weitergeschickt wurden, weil man schon nach ihnen gesucht hatte. Mit schuldbewusst gesenktem Kopf zogen sie weiter und erkannten auf dem richtigen Flur angekommen schon von Weitem Kais Rasterzöpfe, die sehr unruhig auf seinem Rücken hin- und herwippten. Reita stand an der Wand gelehnt und hielt sein Handy in der Hand, während er immer wieder etwas sagte, das Kai nur die Arme hochreißen ließ. »Hallo, Leute! Sollten wir nicht langsam auf die Bühne?« Im Graben war Aoi schon immer toll gewesen – besonders gut war er darin, sich selbst Gräber zu schaufeln … »Wo ward ihr, verdammt noch mal?!« Kai stürzte auf sie zu und verpasste Aoi eine nicht ganz liebevolle Kopfnuss. »Wir haben euch beide schon zigtausend Mal angerufen! Wo ward ihr? Und wie seht ihr überhaupt aus?! So können wir doch nicht auf die Bühne!« »Kai …« Uruha versuchte, ihn zu beschwichtigen. »Wir haben immer noch zwanzig Minuten bis zum Auftritt. Und so schlimm sehen wir doch gar nicht aus! Nichts, was unsere Super-Stylisten nicht hinbekommen würden.« Kokett zwinkerte er ihrer Stylistengruppe zu. »Also -« Er packte Aoi am Arm und zog ihn an Kai vorbei. »- werden wir uns dann noch mal aufhübschen lassen. Wir sind in fünf Minuten fertig.« Kai grummelte und blickte den Beiden mit einem tiefen unwilligen Laut in der Kehle nach. Sein neues Image passte sehr hervorragend zu seinem Gesichtsausdruck. Reita konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. »Er hat dich ausgebremst, stimmt’s?« »Pah. Dafür bekommen sie gleich was zu hören. Und wenn sie sich nicht an die Vorgaben halten, gibt es nach dem Konzert Saures!« Dazu sagte der Bassist nichts mehr, sondern schüttelte nur den Kopf. Ruki lachte währenddessen über Aois Gesichtsausdruck, dem einzelne Blätter aus den Haaren gezupft wurden. »Die hätten da gar nicht hingeraten können!«, maulte der Rhythmusgitarrist los. »Ins Fahrerhäuschen sind kaum Äste geschlagen!« Uruha hätte sich gern die flache Hand an die Stirn geknallt, hätte man nicht gerade sein Augen-Make-up aufgefrischt. »Welches Fahrerhäuschen?«, fragte Ruki amüsiert und warf immer wieder einen Blick auf den Fernseher, der die Publikumsränge zeigte, die sich langsam, aber stetig füllten. Ohne Sitzgelegenheiten sah die Halle noch größer und irgendwie ungeordnet aus. »Na das, in dem Uruha und ich – oh.« Seine Haare waren fertig, jetzt waren auch seine Augen dran. »Ich hab nichts gesagt. Vergiss es.« Er schloss die Augen und nahm sich die letzten paar Minuten die Ruhe, die er vor einem Konzert brauchte. Mission Spiegeläffchen ließ er heute einfach mal weg. »Hm?« Ruki sah zu Uruha, der schüttelte nur lächelnd den Kopf. »Die fünf Minuten sind um!« Mama Kai stand in der Tür und deutete auf sein Handgelenk, als würde er noch eine Armbanduhr tragen. »Fertig«, sagte der Stylist an Aoi gerichtet, der ihn anlächelte, sich schnell bedankte und sofort vor Kai erschien. »Alle vollzählig!«, berichtete Reita amüsiert und kassierte einen von Kais bösen Blicken. »So, ab zur Bühne.« Gemeinsam, Kai voran, gingen sie zum hinteren Bühneneingang. Auf dem Weg dorthin griff Uruha nach Aois Hand und verflocht seine Finger mit ihm. Aois Gesicht nahm einen zarten Rosaton an, der durch sein Make-up kaum sichtbar war. Uruha lächelte zuckersüß. Das Rosa wurde stärker. An ihrem Ziel angekommen bildeten sie ihren üblichen Kreis der Verdächtigen und legten einander die Arme auf die Schultern. Kai erhob seine Stimme: »Endlich sind wir hier angekommen …« »Manche früher, manche später«, warf Reita ein. »Kai, das klingt, als wolltest du für den Tokyo Dome üben, in dem wir eines Tages spielen werden!« Aoi lachte. »Mach dich nicht über meine Träume lustig!« Ruki zog eine Schnute. »Das hab ich gar nicht gemacht!« Der Rhythmusgitarrist pustete sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Es ist auch mein Traum, du … Sänger.« Jetzt musste Ruki doch wieder lachen. »Du hast dir auch schon mal bessere Beleidigungen einfallen lassen!« Uruha grinste. Kai drohte langsam, die Geduld zu verlieren. »Haltet endlich die Klappe!« Sehr schuldbewusste Blicke ruhten nun auf ihren Schuhspitzen. »Also, endlich sind wir hier angekommen … das V-Rock-Festival ist einer unserer weiteren Meilensteine, die wir mit Freude erklimmen. Wir wollen heute unser Bestes geben und an unsere Grenzen gehen. Besonders ihr Zwei …« Er sprach nun Aoi und Uruha direkt an, die ihn mit großen Augen bedachten. »Ich will, dass ihr alles gebt … Habt Sex auf der Bühne.« Gemeinschaftliches Zucken in der Runde. »Wir schreiben heute Geschichte. Ich verlange heute alles von euch ab – und so wie ich die Situation einschätze, könnt ihr uns eine ganz gute Show bieten!« Er lächelte wieder. Und zeigte so, dass Leader-sama, obwohl er nicht immer zugegen war, trotzdem fast alles mitbekam. »Unsere Fans sind hier«, erklärte er jetzt wieder an alle gerichtet, »sie haben die letzten zwei Tage so viel gesehen. Wir wollen ihnen den perfekten Abschluss für ein perfektes Festival bieten!« Uruha wiederholte und sah dabei Aoi in die Augen: »Wir schreiben heute Geschichte …« Kai rief: »GAZETTE!« Er bekam die Antwort: »ROCKZ!« ~~~ »Da sind ja unsere verlorenen Schafe wieder!« Hiroki sprang auf und ließ die beiden Gitarristen durchgehen. Alle verbliebenen Bands hatten in der Halle leider nicht die Möglichkeit, vollkommen unbemerkt dem Headliner Gehör zu schenken, also saßen auch viele in Räumen Backstage und beobachteten das Spektakel über Monitore. Ruiza hatte seinen Kragen hochgestellt und versteckte seine Lippen dahinter. Hide-zou trug seine Fliegenbrille und grinste etwas schief, als er sich zwischen Hiroki und Asagi setzte. Ruiza nahm zwischen Asagi und Tsunehito Platz. Verkehrte Reihenfolge irgendwie … Asagi stupste Ruiza an. »Alles okay?«, flüsterte er. »Hm«, bejahte der Kleinere. »Hat sich Hide sehr doof angestellt?«, fragte Tsunehito frech und vor allem laut. »Hm?!« Ruiza leuchtete puderrot. »Hat er dir wehgetan?« Der König der Dunkelheit kam wohl in ihm hoch, denn Asagi brummte sehr. Es wirkte, als würde er seinem Ritter an die Gurgel springen, hätte er seinem Lieblingsritter etwas angetan. Der Leadgitarrist saß sofort kerzengerade, sodass sogar sein Hals zu sehen war. »Nein, natürlich nicht!«, sagte Ruiza sofort und wollte sich gleich wieder einmurmeln, doch Tsunehito hielt ihn davon ab, indem er ihn am Kragen festhielt. »Was hast du da?«, fragte er ebenso laut wie zuvor. Hinter ihnen wurde schon Gemurmel laut. »Ja, was hat er denn da?«, schaltete sich Hiroki nun auch noch ein, beugte sich nach vorn, über Hide-zous Schoß hinweg und wollte auch gucken. »Nichts«, versuchte Ruiza die Situation hastig zu entschärfen. »Absolut nichts!« »Dein ‚Absolut nichts’ sieht aber verdammt nach `nem Knutschfleck aus, Rui-chan!« Zero von D’espairsRay saß hinter ihm und schmunzelte vor sich hin. »Hast du ihn dir endlich geschnappt?«, fragte Karyu hinter Asagi. »Wurde aber auch Zeit«, murmelte Hizumi, der hinter Asagi saß und nichts vom Bildschirm sah. »Könntet ihr jetzt endlich die Schnäbel halten?! Es gibt hier tatsächlich Leute, dich sich das Konzert angucken wollen!«, maulte Tsukasa und klatschte mit Hide-zou ab, der ihm die Hand hinhielt. Damit war Ruhe im Raum. Fürs Erste. Ein leichtes Klatschgeräusch hallte durch den Moment der Stille, bevor Gazette ihre neueste Single ‚Before I decay’ zum Besten geben würden. Hide-zou rieb sich den schmerzenden Hinterkopf – und blickte vollkommen entsetzt ihren Sänger an. Mehr Kommentare erfuhren Hide-zou und Ruiza nicht von ihren Kollegen. P. S. Tja, liebe T., was soll ich zu dem ganzen Chaos noch sagen? Ich hoffe, du hast beim Lesen genauso oft gelacht wie Ruiza und ich, wenn wir uns daran erinnern. Der kleine Blonde liegt übrigens gerade neben mir im Bett und beobachtet mich die ganze Zeit beim Schreiben, und oh, jetzt ist er rot geworden, weil er gemerkt hat, dass ich ihn hier erwähne. (Ich könnte ihn gerade fressen, so niedlich ist er !!) Ich soll dir übrigens schöne Grüße bestellen von den GazettE-Jungs und auch von Asagi, Tsune und Hiroki. Letzteren hab ich – nebenbei bemerkt – dieses ganze Chaos zu verdanken. Er hat mir später im Suff verraten, dass er Uruha auf mich angesetzt hat, um meine ‚schwule Seite’ aus mir herauszukitzeln! Kannst du dir das vorstellen?! Alles Lügner und Verräter hier!! Uruha hat mir gesagt, dass er selbst ganz überrascht war, dass ich so auf sein Flirten angesprungen bin. Aber das mit Aoi war nicht geplant. Hirokis Kommentar dazu war ein schlichtes: »Ich liebe es, wenn Pläne funktionieren …« Dann hat er gelacht und fünf Minuten später ist der Typ doch wahrhaftig auf dem Tresen eingepennt – das sind mir die Richtigen. Und dann hat der uns eben noch so unliebsam aus dem Bett geklingelt. »Are you fish?« Wenn ich das schon höre … aber wenn ich so auf Ruiza schaue, der hier die ganze Zeit halbnackt Konfetti aufsammelt, von dem er mehr im Haar hat als in den Händen, was megasüß ist, muss ich ihm dankbar sein und das bin ich auch von ganzem Herzen. Auch wenn sein gellend schriller Geburtstagsgruß meinen kleinen Lieblingsgitarristen aus dem Bett hat rumpeln lassen … Ich wollte dir nur sagen, dass die, die am 19.11. geboren wurden, echt coole Typen sind – aber das weißt du bestimmt aus eigener Erfahrung. Sie sind zielstrebig, ehrlich, witzig und fleißig – und genau deshalb werde ich Ruiza nun helfen, alle Konfettischnipsel einzeln aufzusammeln und dann …. tja, dann … werde ich seinen ganzen Körper damit dekorieren. Und wenn ich ganz meine, dann meine ich ganz, denn – wie du weißt – machen wir am 19.11.-Geborenen keine halben Sachen! Also bis vielleicht bald! Dein Hide-zou Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)