One Year in Paradise von Crown_of_Thorns ================================================================================ Kapitel 11: März Kalenderwoche 11 --------------------------------- Ishida Mitsunari fand keinen Schlaf. Die Augen weit geöffnet starrte er in die Dunkelheit des gemeinsamen Schlafzimmers das er sich mit seinem Lebensgefährten Tokugawa Ieyasu, einem Bauarbeiter, teilte der zufrieden neben ihm vor sich hindöste. //Ja…du kannst natürlich schlafen…//, murrte der silberhaarige in Gedanken und legte sich erneut auf die Seite, spürte den breiten, warmen Rücken des anderen und versuchte dort etwas Beruhigung und Trost zu finden. Mit einem Seufzen schloss er die Augen, das Gefühl dieses warmen Rückens an seinem…er kannte es, und als ihn schließlich ein leichter, unruhiger Schlaf überkam erinnerte er sich wieder wieso… „Also schön. Ich muss dann mal wieder los, man sieht sich Freitag?“ Mitsunari, Klassensprecher der 6. Klasse und gerade 15 geworden nickte stumm und krümmte sich auf dem hochklassigen Bett des Lovehotels zusammen. Er sah im Spiegel zu wie der dickbäuchige Mann, sein Hemd und seine Hose anzog, das Sakko überstreifte und seine Krawatte band. „Das Geld liegt am Tisch.“, sagte er und beugte sich nach vorne wo der ekelhafte Atem des anderen die Wange des Silberhaarigen streifte und diesen kurz frösteln ließ. Fette, verschwitzte Lippen pressten sich auf seine Wange. „Du bist so süß…da will ich gleich nochmal…“, hauchte der Kerl gierig und fasste unter die Decke. In diesem Moment wandte sich der Mittelschüler um und verpasste dem Kerl eine schallende Ohrfeige. „Wenn du nicht mehr zahlst, bekommst du auch nicht mehr.“, sagte er kalt und seine stolzen violetten Augen funkelten. „Kleiner Bastard!“, schrie der Kerl und stürzte sich auf den Jüngeren, schlug immer wieder auf ihn ein und würgte ihn. Mitsunaris Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. „Warum tust dus nicht einfach du ekelhaftes Arschloch…“, röchelte er während seine strahlend weiße Haut langsam einen Blauton annahm. Der Mann biss die Zähne zusammen und ließ von dem Jungen ab der hustend und keuchend in die Laken zurückfiel. „Denkst du wegen so einem beschissenen kleinen Stricher wie dir wander ich in den Knast?! Ich habe Frau und Familie. Und heute Nacht werde ich wieder bei ihnen sitzen und von meinem Tag erzählen.“, sagte er und richtete sich erneut die Krawatte. Mitsunari erholte sich langsam und blickte den andern scharf an. „Wo wirst du sein…kleiner einsamer Silberfuchs?“, lachte er spöttisch, nahm seinen Mantel und verließ das Zimmer. Als er gegangen war blickte ihm Mitsunari lange nach ehe er aufstand, seine Kleidung anzog und das Geld nahm. Er betrachtete sich im Spiegel. Also wieder einmal krank schreiben… Sein linkes Auge zeigte erste Anzeichen einer Schwellung, getrocknetes Blut lief von seiner Unterlippe und die roten Streifen auf seinem Hals würden bald blau werden. Er nahm seine Schultasche und warf sie sich über die Schulter ehe er das Hotel verließ. Hier kannte ihn niemand, ein Bezirk am andern Ende der Stadt, Rotlichtmeile… Mitsunari zückte sein Handy. Wie es aussah musste er ein Taxi nehmen, die letzte Bahn war gefahren, und er musste sich erneut eine Ausrede einfallen lassen weshalb er nicht in die Schule konnte. Donnern erklang und Regen setzte ein als der Schüler aus dem Gebäude trat und nach oben in den Himmel blickte wo der Mond und die Sterne sich langsam den dunklen, dicken Wolken ergeben mussten. //Bin ich genauso wie der Mond?// Er seufzte und spürte das die Schwellung stärker wurde, bestieg ein Taxi und ließ sich nach Hause bringen. Seit dem Tod seiner Eltern war der junge Mann auf sich allein gestellt, das Jugendamt sandte hier und da etwas Geld damit er auskam, jedoch musste er sich alles andere allein verdienen, so auch sein Studium, für dessen Erwerb er schlussendlich keine andere Wahl mehr gesehen hatte als seinen Körper zu verkaufen. Seit Mitsunari denken konnte, hatte er Männer bevorzugt, jedoch nicht auf diese Art und Weise, jedoch war es ein lukratives Geschäft, man glaubte nicht wieviele Perverse unter dem Deckmantel tüchtiger Geschäftsmänner und liebevoller Familienväter lebten, das heute Abend war noch einer der normalen Aufträge gewesen. Nicht selten fand sich Mitsunari gefesselt oder an seltsamen Stellen seines Körpers berührt vor nur um sich Geld für seine Zukunft zu sparen. Er stieg bei seiner Wohnung aus und seufzte. Der Regen war intensiver geworden, manchmal, wenn man genau hinblickte konnte man die helle Scheibe des Mondes durch die dicken Wolken erkennen, wie ein Beweis, das der stumme Beschützer noch hier war. Mitsunari lächelte kurz und betrat seine Wohnung, legte seine Sachen ordentlich zusammen, stellte heißes Wasser für seine Instantramen auf und ließ sich ein Bad ein. Das erfrischende Nass tat ihm gut und er blickte nach vorne. Wie lange würde er durchhalten bis er endgültig brach? Müde entstieg er dem Wasser, nahm sein kärgliches Abendessen zu sich und ging mit knurrendem Magen zu Bett, fast alles was er vom Amt bekam und nebenbei verdiente wanderte in seinen Studienfond. Er legte sich in die kühlen Laken und deckte sich zu. Der Regen war nun zu einem wahren Strom aus Tränen geworden die der Himmel vergoss und die seltsamerweise auch auf Mitsunaris Matratze erschienen als dieser eingeschlafen war. Am nächsten Tag war die Sache mit der Schule schnell abgewickelt, es war immer gleich, Mitsunari war ein Mensch mit guter Konstitution, das musste jedoch keiner wissen, für die anderen Menschen spielte er den blassen, kränklichen jungen Mann der unter dem Tod seiner Eltern litt, was zum Teil auch stimmte, aber die ganze Lüge war ein äußerst gutes Alibi für seine nächtlichen Aktivitäten. Er kam gerade aus dem Bad und wollte sich mit einer Tasse Tee zu seinem Algebrabuch setzen als die Türklingel schellte. Mitsunari seufzte und öffnete die Tür, wünschte sich jedoch gerade zutiefst, noch geschlafen zu haben. „O-Haiyoooo! Mitsunari-kun!“, sagte der aufgeweckte junge Mann mit den schwarzen Haaren und stockte sogleich. „Mitsunari-kun! Was ist denn passiert?“ Der Silberschopf senkte genervt den Kopf. „Erstens sollst du mich nicht kun nennen und zweitens geht dich das nichts an!“, fauchte er. Tokugawa Ieyasu schüttelte den Kopf. „Ich soll dir die Hausaufgaben und Lernmaterial vorbeibringen, aber ich hab ja nicht geahnt…hast du ein Problem mit Schlägern, Mitsunari-kun? Soll ich mal ein Wörtchen mit denen reden?“ Ieyasu, Mitglied im Boxclub, kräftig gebaut und dennoch ein freundlicher, äußerst naiver Mensch schaute seinen Schulkameraden ernst an. „Ach halt die Klappe und gib her. Je schneller das vorbei ist umso besser.“ „Warte doch! Ich dachte wir…“ „Wir was?“, murmelte Mitsunari genervt und winkte mit dem Material vor Ieyasus Nase herum. „Ich hab meine Zeit nicht gestohlen, musst du wissen.“ Der andere biss sich kurz auf die Zunge. „Ich bräuchte etwas Nachhilfe…“ Mitsunari hob eine Augenbraue. „Schon wieder? Du bist ja vielleicht eine Nullnummer…“, stöhnte er und hielt sich den Kopf. Ieyasu kratzte sich beschämt am Hinterkopf. „Dicke Rübe, aber nix drinnen.“, grinste er nur und der andere seufzte. „Seis drum, komm rein. Ich will nicht verantworten das deine fehlerhaften Leistungen den Klassendurchschnitt ruinieren…“, sagte der Silberhaarige und ließ den andern hinein. „Oh, du hast wieder umdekoriert?“ „Lenk nicht ab.“, sagte Mitsunari und ging das Lehrmaterial durch. „Schön!“, sagte er nahm seine Brille aus der Tasche und warf einen Berg Bücher auf den Tisch. „Fangen wir an?“ Ieyasu fiel erschöpft nach hinten und hielt sich seinen Kopf. „Aua…mein armer Schädel…“ Mitsunari saß mit seiner üblichen Tasse Tee vor ihm und und blickte ihn nicht an während er nebenbei schrieb. „Wir haben erst fünf Stunden gelernt und du bist jetzt schon fertig?“ „Erst?“, fragte Ieyasu und schüttelte den Kopf. „Wie schaffst du das nur immer?“, fragte er und der andere blickte weiterhin in die Bücher, betrieb Multitasking vom feinsten. „Schaffe ich was?“ „Schaffst du es so gut im Lernen zu sein?“ „Nun, Tokugawa, dazu habe ich zwei einfache Worte: Richtigen Ehrgeiz.“ Ieyasu zog eine Schnute. „Das sagst du so einfach.“ „Natürlich, wenn man studieren und was aus sich machen will, braucht man diesen Ehrgeiz.“, sagte Mitsunari unverblümt. „Ich glaube ich gehe nicht studieren, mir ist das nicht so wichtig.“, meinte Ieyasu und plötzlich hielt Mitsunari in seinem Schreiben inne. „Nicht so wichtig…“, hauchte er. „NICHT SO WICHTIG?!“, schrie der Schüler dann und stürzte sich auf den liegenden Ieyasu „Was weißt du davon was wichtig ist…und was nicht?! Es gibt nichts wichtigeres als sich zu bilden und im Leben voranzukommen!“, schrie er und Ieyasu schaute ihn an. „Mitsunari-kun, beruhig dich!“ „NENN MICH NICHT SO!“ Hysterisch kreischend packte er seinen Mitschüler am Kragen und zerrte ihn hoch, seine Augen schienen die eines Wahnsinnigen zu sein. „Was weißt du schon davon wenn man sich alles selbst erarbeiten muss, immer zusehen zu müssen wie es anderen besser geht während man selbst für alles kämpfen muss, hm?“, fragte er. „Dir ist das scheißegal! Du lachst immer und hast Spaß! Machst dich über mich lustig, weil du alles hast und ich gar nichts!“ Ieyasu blickte ihn an. „MITSUNARI!“, sagte er laut und seine tiefe Stimme hallte im Raum wieder. „Reiß dich zusammen! Das ist nicht der Mitsunari Ishida den ich kenne.“, sagte er und hielt die Hände des anderen fest die langsam aber sicher ihre Spannung verloren. Da bemerkte Ieyasu leichte rote Striemen an den Armen des jungen Mannes. Er versetzte ihm eine Ohrfeige und blickte ihn vorwurfsvoll an. „Schau mich nicht so an!“, knurrte Mitsunari. „Ich kann mit meinem Körper tun und lassen was ich will! Und wenn ich dabei draufgehe! Was intressiert es dich oder irgendjemand anderen? Ich weiß nur das meine Schmerzen so nachlassen…“, sagte er und erste Tränen formten sich in seinen Augen. Ieyasu biss sich auf die Unterlippe. Bitte, hör mir jetzt ganz genau zu…Ich…ich weiß, ich bin nicht der schlauste, das geb ich auch zu, aber als du die Nachricht bekamst, das deine Eltern gestorben sind, da werde ich niemals den Ausdruck in deinem Gesicht vergessen…“, sagte er. „Ich konnte mir nicht vorstellen wie sehr du leiden musstest, wenn…wenn meinen Eltern etwas geschehen würde, ich wüsste nicht was ich tun sollte. Und ich wollte versuchen dir zu helfen, dir zuzuhören, vielleicht dein Freund zu werden. Und ich versuche es noch…wirklich glaub mir das, lass uns Freunde werden, Mitsunari. Ich merke doch das etwas nicht stimmt und ich will nicht das du weiter leidest, du bist doch unser Klassensprecher, du bist so stolz und intelligent, dafür bewundere ich dich! Sei wieder der Mitsunari Ishida den wir alle kennen!“, sagte er. „Und wenn du Probleme hast, egal welcher Art, gib mir Bescheid und wir finden eine Lösung, ist doch klar oder?“, fragte er und lächelte. „Du…“, keuchte Mitsunari. Danach fiel er geschwächt in die Arme des anderen. Kurze Zeit später erwachte der Silberhaarige in seinem Bett, Ieyasu saß auf einem Stuhl neben seinem Bett und war eingeschlafen. //Was tut dieser Idiot noch hier…// Da merkte er das er ihn komplett umgezogen und sich um seine Blessuren gekümmert hatte, die die er von seinem Freier erhalten und die die er sich selbst zugefügt hatte. „Verdammter Idiot…“, hauchte er und blickte ihn wütend an. Danach wurde sein Blick sanfter und er beugte sich nach vor. Seine weißen Lippen, strichen nur leicht über die Wange des anderen. „Verdammter…Vollidiot…“, murmelte er und sank zurück in die Kissen, schloss seine Augen nur um im hier und jetzt zu erwachen. Der junge Anwalt blickte sich um. Schemen, Schemen aus seiner Vergangenheit. Und da war auch er schon gewesen. Und da wurde Mitsunari bewusst das dieser naive, verblödete, primitive Bauarbeiter vielleicht seine erste Liebe war. „…melancholisches Gelaber…“, murrte er nur und beugte sich dennoch nach vor um den anderen sanft auf die Wange zu küssen. Dieser schmatzte und ein Lächeln erschien auf seinen Zügen. „Verdammter…Vollidiot.“, lächelte Mitsunari und legte seine Arme um den andern nur um endlich friedlich einschlafen zu können… Am nächsten Morgen stand Mitsunari in der Küche und machte Frühstück. „Na los! Komm in die Gänge! Du musst doch heute schon um halb sechs auf der Baustelle sein!“, sagte der junge Anwalt knurrend. „Aber Mitsunari…du hast doch frei, wieso…“, fragte sein Lebensgefährte der sich gerade in seine Arbeitsjacke geworfen und in die Küche gekommen war. „Denkst du ich lasse zu das du wieder die halbe Küche versaust?“, fragte der Silberhaarige und Ieyasu begann zu lachen. „Was gibt’s da zu lachen du Nullstromleiter?“ „Ach…gar nichts.“, sagte Ieyasu, trat näher und gab dem anderen einen stürmischen Kuss. „Nur das ich dich liebe…“ „Pah! Na..ich…gut…ich tu es wohl auch…“, sagte der Anwalt ertappt und Ieyasu grinste während er den andern hochhob. „Hey! Lass mich runter! Die Pfannkuchen werden schwarz!“, schimpfte er und trommelte spielerisch auf dem anderen herum ehe er sich dem lauten Lachen des anderen mit einem dezenten Lächeln anschloss und seine Stirn an die seines Liebsten legte. //Ich verdanke dir mein Leben…// Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)