Küchentussi vs. Schwertschwuchtel von abgemeldet (SanjixZorro; ?x?) ================================================================================ Kapitel 12: Vom Regen in die Traufe ----------------------------------- Zorros Part: Der Himmel war grau in grau und ein fernes Grollen kündete die schwarzen Wolken am Horizont als Gewitter an. Mit schweren Schritten stapfte ich dem Koch hinterher, einen völlig verschlämmten Pfad entlang. Die nächste Stadt lag angeblich hinter der Kette hoher Hügel, die wir uns nun schon eine ganze Stunde hinaufkämpften. Warum der Koch unbedingt einen Umweg gehen musste, war mir zwar immer noch nicht klar, aber weil ich ihn sonst wieder nur verlieren würde, folgte ich ihm ohne Widerrede. Stillschweigend starrte ich seine durchaus attraktive Rückseite an; die langen Beine, das blonde Haar, alles an ihm war es auf einmal Wert, von mir mit sehnsüchtigen Blicken bedacht zu werden. Was genau musste ich denn tun, um ihm wenigstens einmal so nahe sein zu dürfen, wie ich es mir wünschte? Nun, ganz sicher galt es erst einmal, so einen Fehler wie einfach abhauen, wenn der Koch ohnmächtig im Krähennest lag, nicht zu wiederholen. Dann konnte ich über den nächsten Schritt nachdenken. Ach, ich hätt jetzt gern mein Püppchen hier... Kaum gedacht, war mir der Gedanke auch schon peinlich. Wie erbärmlich war ich eigentlich? Nicht nur, dass ich das Ding eigenhändig genäht hatte, jetzt wollte ich es sogar schon als Zuflucht vor dem schweren Kampf benutzen, der mir bevorstand. Noch nie hatte es das gegeben, dass ich mich wie ein Feigling vor meinem Gegner versteckt hatte. Aber ich war auch noch nie vorher verliebt gewesen. Und welche Waffen und Fähigkeiten blieben mir auf dieser Ebene schon? Der Koch hat mir da was voraus! Das darf nicht sein! Gleich, wenn wir wieder zurück beim Schiff sind, fang ich zum Trainieren an! Nur, wie genau trainierte man für Erfolg in der Liebe? Brauchte es dafür nicht immer zwei? »Pennst du da hinten, Marimo?!« Unsanft riss mich der Koch aus meinen Gedanken. Er hatte sich zu mir umgedreht und ging nun rückwärts den Weg hinauf. »Ich penn nicht!«, brummte ich und wandte meinen Blick ab. Ich konnte ihm beim besten Willen nicht ins Gesicht sehen, ohne das Gefühl zu haben, mein Verstand würde mich gleich verlassen. »Dann beeil dich mal ein bisschen«, stichelte der Koch weiter, »Da bin ja ich mit meinem Schnupfen schneller als du lahme Ente.« »Sag du noch einmal lahme Ente zu mir!« Für gewöhnlich hätte ich ihn wohl direkt angefunkelt. In meinem jetzigen Zustand jedoch fixierte ich lieber einen Punkt schräg über seiner rechten Schulter. Und selbst das reichte aus, um meinen Herzschlag unangenehm schnell werden zu lassen. War das immer so, wenn man in jemanden verliebt war? »Tu ich auch«, antwortete der Koch ungerührt, »Wenn du nicht ein bisschen Zahn zulegst. Ich hab dir vorhin schon gesagt, dass ich keinen Bock drauf hab, erst abends wieder zum Schiff zu kommen.« »Ich mach ja schon!« Zornig stiefelte ich an ihm vorbei. Egal, wie sehr sich meine Gefühle für ihn geändert hatten, auf die Palme brachten mich seine fiesen Kommentare doch jedes Mal wieder. Oder lag es genau daran, dass ich ihn eigentlich mochte? Ich wusste es nicht. Eine weitere halbe Stunde verging, ohne dass wir ein Wort wechselten. Nur einmal meinte der Koch, er müsse sich wichtig machen, indem er behauptete, ich würde den falschen Weg nehmen. Als ob er so genau wüsste, dass der nicht auch zur Stadt führte. Aber weil ich viel zu sehr mit Nachdenken beschäftigt war, beließ ich es bei einer einzigen bissigen Antwort und nahm die Abzweigung, die der Koch für die Richtige hielt. Auf diese Weise hatten wir also die Stadt erreicht und standen nun vor dem Papiergeschäft. So weit, so gut. Dass sich die Situation von jetzt an nur noch zuspitzen sollte, ahnte keiner von uns beiden. »Gib mir den Einkaufszettel«, verlangte der Koch und streckte seine Hand aus, ohne mich anzusehen, »Ich geh da schnell rein und hol Namis Sachen.« »Und warum gehst du und nicht ich, wenn ich fragen darf?« Ich schob eine Augenbraue nach oben und machte keine Anstalten, den Zettel herauszurücken. »Weil du nicht lesen kannst, darum.« Er sah mich an, als sei das doch offensichtlich. Und natürlich stimmte es auch, aber zugeben wollte ich es trotzdem nicht. »Du könntest mir ja auch das Geld geben«, erwiderte ich mit verschränkten Armen. »Ich denk ja nicht dran!« »Dann gehen wir beide da rein!« »Nein!« »Warum nicht!?« »Weil du mir zu peinlich bist!«, schrie der Koch mich an, »Wir spielen Schere, Stein, Papier!« »Na gut! Wie du willst!« Er würde schon sehen, dass ich sehr wohl einkaufen gehen konnte, wenn ich erst einmal gewonnen hatte! Und dann würden ihm seine gemeinen Kommentare im Hals stecken bleiben... »Ha, ha, gewonnen!« Selbstzufrieden grinste er mich an. Warum musste ich auch immer mit Schere anfangen?! »Glotz nicht so!«, fauchte ich und zog den Einkaufszettel hervor, »Da hast du ihn! Jetzt geh und werd glücklich damit!« »Mit Vergnügen!« Immer noch mit überheblichem Gesicht wandte er sich ab und betrat den Laden. Ich hätte ihm etwas hinterherwerfen können vor Wut. Wie kann man ein und dieselbe Person gleichzeitig so hassen und umso vieles mehr in seine Arme nehmen wollen? Zerknirscht ließ ich mich auf die Bordsteinkante fallen. Es hatte alles keinen Zweck. Wenn ich nicht endlich anders auf seine Sticheleien reagierte, würde sich nie etwas ändern. Doch was brachte es auf der anderen Seite denn schon, nett zu ihm zu sein? Er würde es entweder nicht bemerken oder nur ausnutzen. Dass er darauf einging, das war meine sehnsüchtigste Wunschvorstellung. Plötzlich ging die Ladentür auf. »Marimo, komm rein und trag auch was!« »Ach, ist es dir zu schwer?« Ich erhob mich und folgte ihm in das Geschäft hinein. »Das Gewicht ist nicht das Problem!«, zischte der Koch. Was er damit meinte, wusste ich, als ich einige der seltsamen Pakete aufgeladen hatte, die auf der Theke standen. Sie waren so bescheuert zu nehmen, dass ich mir wünschte, wir hätten einen Rucksack oder Ähnliches dabei, um das dumme Zeug dort hineinzustopfen. »Können wir die nicht in das nächste Gebüsch werfen?«, ächzte ich, als wir den Laden wieder verlassen hatten. »Ach, und was sagen wir Nami?!«, knurrte der Koch nicht minder genervt zurück, »Die kriegt nen Anfall, wenn wir ihr weder Papier noch das Geld wieder bringen!« »Auch egal! Halt die Klappe und lass uns gehen!« Wir waren noch nicht lange unterwegs, als die ersten Tropfen vom Himmel fielen. Um genau zu sein, hatten wir noch nicht einmal die erste der beiden Hügelketten ganz überquert. »Scheißwetter!«, schniefte der Koch vor mir, »Lass uns versuchen, den Wald zu erreichen, bevor das richtig zu schütten anfängt.« Ohne meine Antwort abzuwarten, beschleunigte er seinen Schritt. Er war heute ausgesprochen ungenießbar, wenn es da einen Unterschied zu sonst gab, und ich glaubte zu wissen, dass es an seiner Erkältung lag. Die eiskalte Nässe musste ihm da umso mehr zu schaffen machen. Wenn ich mich doch nur trauen würde, ihn zu fragen, ob ich ihm was abnehmen soll... Aber er würde das bloß wieder als Anspielung darauf auffassen, dass ich ihn für schwach hielt. Darum trottete ich ihm einfach wortlos hinterher und hoffte, dass der Regen bald wieder aufhören möge. Tat er aber nicht. Im Gegenteil: Nach kaum fünf Minuten goss es Bindfäden. Und nach weiteren zehn Minuten war mir, als hätten sich alle Wasserfälle der Welt zusammengetan, nur um diese eine Insel zu überschwemmen. »Elendiger Mist, elender!« Der Koch war stehen geblieben, das triefende Papier in seinen Armen, und pfefferte dieses nun gekonnt in den Straßengraben. »Und was sollte das jetzt?«, fragte ich, nachdem er seine Wut vorübergehend losgeworden war. »Na, was schon?! Das Papier ist nur noch Matsch, wenn wir beim Schiff sind! Glaubst du, das schlepp ich noch lange mit mir rum?!« Mit einem weiteren, deutlich zu vernehmenden Schniefen setzte er den Weg fort, immer in Richtung des Waldes, der unter uns das Tal bedeckte. Wo er Recht hat, hat er Recht, dachte ich und warf das gesamte Papier, das ich noch trug, zu dem restlichen auf den Boden. So sollte es leichter sein, sich durch die Wassermassen zu kämpfen. Als ich den Koch wieder eingeholt hatte, entdeckte ich, dass er sein Jackett ausgezogen hatte und sich dieses nun über den Kopf hielt. Beneidenswert, wenn man bedachte, dass mir das Wasser in Bächen übers Gesicht lief und ich so gar nichts hatte, was mir als Ersatzschirm dienen konnte. »Koch«, wagte ich es, nachdem ich den Regen auch in meine Schuhe hineinkriechen fühlte, »Lass mich mit da drunter.« »Hättest du wohl gern.« Er funkelte mich von der Seite her an. Seine Haare waren klitschnass und die Zigarette offensichtlich ausgegangen. »Mann, jetzt mach schon!«, verlangte ich, »Ich bin von oben bis unten nass!« »Ach, und du meinst, ich nicht?!« »Aber du hast wenigstens was zum Unterstellen!« Wir erreichten einen riesenhaften, vereinzelten Baum, dessen ausladende Krone bis über den Weg reichte. Dort machten wir Halt, dann meinte der Koch: »So, hier bitte! Jetzt hast du was zum Unterstellen!« »Von den paar Blättern wird’s jetzt auch nicht grad besser!« »Ohh, hör auf zu nerven und nimm das!« Er warf mir das eine Ende seines Jacketts über. Ich, der ich mein Glück gar nicht wirklich realisierte, hob es mit einer Hand ein Stück an, während ich mit der anderen tat, was mir angesichts der Situation als so natürlich erschien, dass ich gar nicht genauer darüber nachdachte. Eigentlich wollte ich damit nur bezwecken, dass keiner von uns beiden unnötig mehr Wasser abbekam. Das könnte aber echt mal wieder zum Regnen aufhören! Am Ende müssen wir noch zum Schiff schwimmen! »Umm... Marimo...« »Hm?!« Ich fühlte, wie die Anspannung mit einem Ruck durch seinen ganzen Körper ging. Was war denn nun schon wieder? »Was, was... macht denn deine Hand da?« Leicht wütend wandte ich den Blick von den Regentropfen, die den Weg allmählich in eine Schlammbahn verwandelten. Er hatte mir doch selber das Jackett zum Halten gegeben. Was regte er sich denn jetzt darüber auf? Oder meinte er etwa meine andere Hand? Wo war die eigentlich? Es traf mich wie der Blitz aus heiterem Himmel, als ich entdeckte, was ich mir da geleistet hatte. »Meine...? Also, das...«, stammelte ich und fühlte die Röte in mein Gesicht schießen, »Das... das...« Ich gewann an Fassung zurück und fuhr den Koch schroff an: »Das weiß die Hand selber gar nicht!« Um ihn weiter unter das Jackett und damit auch näher an mich heran zu ziehen, hatte ich meine linke Hand ungeschickterweise an seine Hüfte gelegt. Und obwohl das Ganze ein wirklich peinliches Versehen war, wünschte ich mir, er würde mir erlauben, ihn auch mit der anderen Hand in ähnlicher Weise festzuhalten. Alles, was ich wollte, war, ihn vor den weiteren Einwirkungen des Regens zu schützen, wie er triefend vor Nässe neben mir stand und unter meinem Griff erzitterte. Doch zu meinem Leidwesen war das nicht gerade in seinem Sinne. »Und deshalb bleibt die jetzt da, oder wie?«, keuchte er mit unnatürlich hoher Stimme. Na gut, wenn es ihm so unangenehm war, gab ich eben nach. »Nein, tut sie nicht!«, schnaubte ich und zog sie rasch zurück, »Ich muss mir jetzt das Hemd ausziehen!« »Was...?!« Noch schockierter als gerade eben starrte er mich an und für einen kurzen Augenblick hing eine seltsame Spannung in der Luft. Fast so, als wolle er mich in meinem Vorhaben bekräftigen. »Mach doch, was du willst!«, brummte er schließlich, ließ mich mit dem Jackett alleine und wankte fröstelnd zu dem Baum hinüber. Er rutschte am Stamm hinab ins Gras und während ich mich aus meinem Hemd schälte, das wie eine zweite Haut an mir klebte, war ein Niesen aus seiner Richtung zu vernehmen. Ging es ihm tatsächlich so schlecht? »Was machst du denn!?«, rief ich, als ich mit zwei Oberteilen in den Händen dastand, »Du kannst dich doch nicht auf den nassen Boden setzen!« »Du siehst ja, dass ich es kann!« Voller Trotz blickte er auf und da stellte ich zum ersten Mal fest, wie unnatürlich bleich der Rest von seinem Gesicht im Gegensatz zu den rot glühenden Wangen war. »Koch!«, ich machte zwei Schritte auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stand, »Wenn du mir hier jetzt Fieber kriegst...!« »Tu ich gar nicht!« Er nieste erneut. Allmählich war ich drauf und dran, mir um den Blödmann tatsächliche Sorgen zu machen. »Dann steh auf!«, verlangte ich, aber er schüttelte nur den Kopf. »Ich wart hier, bis es zum Regnen aufhört.« »Das kann noch Jahre dauern! Komm jetzt mit! Bis zum Schiff ist es doch gar nicht mehr weit!« Dass er mich daraufhin nicht anbrüllte, alarmierte mich umso mehr. »Dickkopf«, brummte ich und warf ihm sein Jackett über. Ich hatte ihn schon einmal in solch einer Situation im Stich gelassen. Ein zweites Mal würde mir das ganz sicher nicht passieren. »Hier, halt das.« Ich drückte ihm mein Hemd in die Hände. Er sah mich daraufhin verständnislos an. Wurde jedoch zunehmend panisch, als ich neben ihm in die Hocke ging und Anstalten machte, meine Arme unter ihn zu schieben. »Untersteh dich!«, schrie er, hochrot nicht nur vor Zorn, »Ich kann auch alleine gehen!« »Stimmt. Das kannst du so gut, dass du dich hier unter den Baum setzen musst.« »Lass mich los! Ich...! Ich will nicht...!« Taub für seine Proteste packte ich ihn fest mit beiden Händen und erhob mich wieder. Ich konnte ja verstehen, dass er mich nicht mochte, aber einsehen musste er trotzdem, dass ich im Moment der einzige war, der ihm helfen konnte. »Lass mich sofort wieder runter!« Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wohl auf der Stelle umgefallen. So jedoch setzte ich mich nur kopfschüttelnd in Bewegung. »Ich lass dich nicht runter«, erklärte ich ihm, wobei ich seinen fiebrig warmen Körper immer fester an meine nackte Brust drückte, »Und hör auf zu zappeln.« »Ich denk gar nicht dran! Ich zappel so lange, bis du mich loslässt!« Ein paar Male wäre ihm das sogar geglückt, wenn ich meinen Griff nicht schraubstockartig verstärkt hätte. Es war erstaunlich, wie viel Kraft er selbst in diesem Zustand noch aufbringen konnte, nur um mich loswerden zu wollen. Endlich tat das Fieber dann aber doch das Seine und er hörte erschöpft auf, Widerstand zu leisten. »Wenn du mich nicht loslässt, verlaufen wir uns«, versuchte er es stattdessen, schaffte es aber nicht, genügend Wut mit in seine Stimme zu packen, »Zum Schiff geht es nämlich da lang.« Er deutete mit kläglichem Gesichtsausdruck hinter mich, woraufhin ich auf dem Absatz Kehrt machte. »Da wollte ich sowieso gerade langgehen!«, knurrte ich. Ich gab es zwar nicht gerne zu, aber ohne den Koch wäre ich wohl etwas länger nicht beim Schiff angelangt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wusste der nämlich immer, wo es langging. Und das, obwohl ich mir solche Mühe gegeben hatte, mir die wichtigsten Anhaltspunkte unseres Weges zu merken. Der Regen prasselte unerbittlich auf mich herab, während ich den Koch den ganzen Weg zurück trug. Es war kalt und nass und doch... Ein wenig froh war ich schon, dass es so gekommen war. Immerhin hielt der Koch ganz still in meinen Armen und hatte die Augen geschlossen. Natürlich machte ich mir Sorgen um ihn; spätestens dann, als er vom Fieber übermannt einschlief. Doch dieses warme Gefühl von Nähe, welches uns die ganze Zeit über verband, brachte mich trotz allem zum Lächeln. Ich hätte ihn wohl noch Stunden so weitertragen können, wie er seine heiße Stirn an meine Brust geschmiegt hatte, nicht wissend, dass ich mehr für ihn empfand als für sonst irgendjemanden. Und wäre er wach gewesen, hätte ich mich wohl um des Friedens Willen auch gehütet, ihm dies in irgendeiner Weise zu zeigen. Namis Part: »Sieht so aus, als wären sie wieder da.« Robins beiläufiger Kommentar ließ mich von meinem Logbuch-Eintrag aufblicken. »Wer?« »Na, Zorro und Sanji. Guck aus dem Fenster, wenn du mir nicht glaubst.« Ich sprang vom Esstisch auf und spähte aus dem Bullauge. Durch den strömenden Regen hindurch konnte ich eine Gestalt ausmachen, die eine zweite in ihren Armen den Kiesstrand entlangtrug. »Yes!« Ich ballte siegessicher eine Hand zur Faust. Das war ja leichter gewesen als gedacht. Wobei mir ein kleines Detail allerdings nicht entging. »Und wo haben die mein Papier?«, fragte ich, schon nicht mehr ganz so erfreut. »Du hast doch nicht wirklich geglaubt, die würden dir das bei dem Regen mitbringen?« »Sag bloß, du meinst...?!« Ohne ihre Antwort abzuwarten, rannte ich aus dem Gemeinschaftsraum und auf das Deck hinaus. Die beiden waren für wirklich gar nichts zu gebrauchen! »Was fällt euch eigentlich ein?!«, schrie ich, kaum dass Zorro das Schiff erklommen hatte, »Vor lauter Rumturteln vergesst ihr mein Papier, oder was?!« »Als ob ich mit dem Koch herumturteln würde!«, schnauzte Zorro zurück, »Zusammengeklappt ist er vor Fieber und ich darf ihn wieder heimtragen! Dein Papier kannst du dir an den Hut stecken!« »Soll das heißen, ihr habt mein Geld für nichts und wieder nichts einfach ausgegeben!?!« »Stell dir vor!!!« Rot vor Zorn (und vielleicht auch, weil er Sanji so dicht an sich gedrückt hatte) rauschte er an mir vorbei. Ich starrte ihm den Gang hinab hinterher und konnte gar nicht fassen, was soeben geschehen war. »Diese Blödmänner!«, nicht minder wütend stapfte ich zurück in den Gemeinschaftsraum, »Das verzeih ich denen nie!« »Was ist denn jetzt passiert?« Robin sah mich über ihr Buch hinweg unsicher an. »Na, was wohl!?«, schnaubte ich, »Die sind sich zu fein dafür, auf unseren Plan auch nur im Geringsten anzuspringen und mein Geld ist jetzt auch futsch! Voll zum Fenster rausgeschmissen!« Mürrisch ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen. Dass so rein gar nichts geklappt hatte, ärgerte mich am allermeisten. Nur Sanji war jetzt noch kränker als zuvor. »Und damit wäre auch Traum Nummer zwei in Erfüllung gegangen«, schmunzelte Robin, als würde sie all das in keinster Weise berühren, »Ich freu mich ja schon direkt auf den von Zorro...« »Sei still! Jetzt müssen wir uns was Neues überlegen.« »Das müssen wir wohl«, gab sie zu, »Aber diesmal warten wir doch besser, bis Sanji wieder gesund ist. Sonst erwürgt Chopper uns am Ende noch, wenn er das mitkriegt.« »Ja, ja... Und alles nur, weil die beiden so stur sind. Am besten sperren wir sie eine Woche lang ins Bad.« Daraufhin lachte Robin nur glockenhell auf. »Keine gute Idee! Aber uns fällt schon noch etwas ein. Ist ja nicht gerade so, als würden wir unter Zeitdruck stehen.« »Nein, natürlich nicht...« Und doch hatte ich gehofft, den beiden Schwuchteln ein wenig schneller zu ihrem Glück verhelfen zu können. Sanjis Part: Langsam aber sicher verschwand die Dunkelheit vor meinen Augen, die mich bis gerade eben noch umgeben hatte. Ich lag auf dem Rücken, unter mir etwas Weiches, und immer noch drang das Geräusch des prasselnden Regens an meine Ohren, wenn auch nur gedämpft. Ich war durchgeweicht und meine Klamotten klebten an meinem überhitzten Körper wie eine zweite Haut. Scheißregen. Ich wollte mich schon aufsetzen, als mir schlagartig klar wurde, dass ich mich gar nicht mehr unterwegs mit dem Marimo befand. Stattdessen hatte mich irgendjemand in mein Bett verfrachtet und mir zu allem Überfluss einen Schlafanzug angezogen. Von einem Anflug von Panik gepackt drehte ich den Kopf in Richtung Tür. Tatsächlich: Auf einem Stuhl neben dem Bett saß derjenige, den ich im Moment am allerwenigsten hier brauchen konnte. »Marimo?!« Es war nur ein Keuchen, doch er musste mich gehört haben. »Ach, du bist schon wach?« Der Blick, mit dem er mich bedachte (oder besser gesagt – an mir vorbeisah), war mir neu an ihm. Wie immer natürlich verächtlich, jedoch gemischt mit einer Art unterschwelliger Neugier. Es war doch nicht etwa er gewesen, der mir den Schlafanzug verpasst hatte?! Oh Gott! Der Marimo hat mich ausgezogen! Er hat mich angefasst! Er hat...! Bevor ich allzu rot werden konnte, zog ich mir die Bettdecke bis zu den Augen hinauf. Hitze durchströmte meinen Körper, die unmöglich nur vom Fieber kommen konnte, und Schweiß perlte meine Stirn hinab. Und ich hatte gedacht, es könne nicht noch peinlicher kommen, als der Marimo darauf bestanden hatte, mich zurück zum Schiff zu tragen. Von wegen! Der Gedanke daran, wie nah ich ihm gewesen und wie viel näher er mir danach womöglich noch gekommen war, reichte beinahe aus, um... »Ich brauch ne Zigarette!« Das war jetzt die einzige Möglichkeit, eine Katastrophe zu verhindern. Leider jedoch: »Nix da! Du bist krank! Wenn du das Bett abfackelst, bin ich auch noch Schuld!« »Das ist noch nie passiert!«, fauchte ich, meine verqueren Gefühle auf einmal wie weggeblasen, »Gib schon her!« »Nein, ich denk nicht dran! Wegen dir brauch ich keinen Ärger mit Chopper!« »Dann hol ich sie mir eben selber!« Ich kam nicht dazu, auch nur ein Bein aus dem Bett zu bewegen. »Bleib liegen!« Dieser direkte Befehl, der auch noch vom Marimo kam, brachte bei mir die Galle zum Überlaufen. »Du hast mir hier gar nichts zu sagen! Ich geh jetzt und...!« »Koch!!« Mit einer Hand drückte er mich zurück in mein Kissen. Wie verdammt schwach war ich in diesem Zustand eigentlich? »Lass – mich – los!« Ich unternahm einige Anläufe, ihn abschütteln zu wollen, doch es war zwecklos. Bald schon drehte sich mir alles und ich sank entkräftet unter der Decke zusammen. »Bitte, Marimo«, ließ ich mich herab, »Wenn du schon zu sonst nichts zu gebrauchen bist, dann gib mir wenigstens meine Zigaretten.« »Ich geh Chopper in der Bibliothek bescheid sagen, dass du wach bist. Das tu ich!« Und tatsächlich stand er auf, um mein Zimmer zu verlassen. Soll er doch, dachte ich triumphierend, Während er weg ist, kann ich nämlich... Gar nichts konnte ich. Meine schweren Glieder wollten mir absolut nicht mehr gehorchen, nachdem ich meine gesamte Kraft dafür aufgebraucht hatte, mich gegen den Marimo zu wehren. Der gemeine Kerl, der! Aber der wird sich noch wundern. Ist ja nicht gerade so, als wüsste ich mir nicht zu helfen. »ACE!!!« Wenn es jemanden gab, der um diese Uhrzeit bei diesem Wetter in seinem Zimmer am Lesen war, dann er. Keine Minute später stand Ace auch schon neugierig in der Tür. »Ist was? Hast du mich gerufen, Sanji?« »Kannst du mir mal meine Zigaretten vom Schrank geben?« Ich nickte hinüber zu meinem Kleiderschrank, wo ich stets eine Reserve parat hatte. Man konnte schließlich nie wissen, auf welch gottverlassene Inseln es uns verschlug. »Hm, klar. Die hier, ja? Wieso holst du sie dir nicht selber?« Er kramte eine Packung herunter und warf sie mir zu. »Bettruhe«, antwortete ich bloß, zog eine Zigarette hervor und steckte sie mir in den Mund. Jetzt fehlte nur noch eines. »Ace, hast du mal... ah, okay, danke.« »Ich doch nicht«, grinste er und zog seine Hand wieder zurück, »Wie kommst du denn da drauf?« Er nickte mir noch einmal zu, während ich endlich den tiefen Zug nahm, den ich verdient hatte nach all den Strapazen, dann ließ er mich wieder alleine. Er war schon praktisch; ganz ohne Frage. Noch praktischer hätte ich es allerdings gefunden, wenn er sich mehr darum scheren würde, die Türen richtig zu schließen. Es zieht wie Hechtsuppe! Ich bin krank, verdammt! Aber wenigstens hatte ich jetzt meine Zigarette. Das war ja wohl das Mindeste, was man sich nach Stunden im Regen erhoffen durfte. Leider jedoch war das Vergnügen nur von kurzer Dauer. »Ja, sag mal, Sanji! Spinnst du!?« Chopper kam gefolgt vom Marimo ins Zimmer gestürmt und riss mir die Zigarette aus dem Mund. Das war dann wohl ein Reinfall gewesen. »Zorro!«, schimpfte er, während er das Bullauge aufriss und sie in hohem Bogen hinauswarf, »Ich hatte dir doch aufgetragen, auf ihn aufzupassen!« Er schloss das Fenster wieder, dann sah er den Marimo streng an. »Ich hatte es ihm ja verboten!«, schnappte der zurück, »Woher soll ich wissen, dass er die Dinger überall im Zimmer versteckt hat?!« »Ach, Zorro...« Chopper winkte mit einem Huf ab, als könne er noch mehr Naivität von dieser Seite nicht vertragen. Mich hingegen nagelte er gleich darauf mit scharfem Blick fest. »Und nun zu dir, du unvernünftiger Taugenichts: Was fällt dir eigentlich ein, bei dem Sauwetter nach draußen zu gehen?! Und dann gemütlich im Bett lümmeln und eine rauchen! Geht’s dir noch gut, oder wie?!« Ich schloss die Augen und seufzte auf. Es würde wohl eine Weile dauern, bis ich alles erklärt und diese unnütze Schimpfkanonade überstanden hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)