Küchentussi vs. Schwertschwuchtel von abgemeldet (SanjixZorro; ?x?) ================================================================================ Kapitel 7: Mega-GAU im Jungszimmer ---------------------------------- Sanjis Part: Der restliche Tag war einigermaßen glimpflich verlaufen. Nach dem Mittagessen zog es die meisten von uns hinaus an den Strand. Ruffy, Lysop und die drei Jungs spielten mit Sheep, Nami und Ace versuchten sich an einer Partie Beach-Volleyball und mir fiel nichts Besseres ein, als alle mit Cocktails zu bewirten. Das Übliche eben. Bis darauf, dass ich mir immer noch schiefe Seitenblicke von mindestens der Hälfte der Mannschaft einfing. Ja, ich wusste schon, warum sich der Marimo auf dem Schiff herumdrückte. Immerhin musste man dort nicht solche Dinge über sich ergehen lassen wie »Was?! Euer Koch ist schwul?!«, oder das überaus intelligente »Fräulein, noch ein Bier!« von Ace. Kaum verwunderlich also, dass ich nun, um halb acht, ganz alleine in der Küche stand und leicht schmollend Brotscheiben absäbelte. Wenn sie so weitermachten, würden sie tatsächlich bald als die Opfer enden, die sie ihrer Meinung nach für mich waren. Allen voran dieser elende Angsthase von einem Schützen. Verdienen würden sie es ja nicht anders. Nicht, nachdem ich die gestrige Nacht hier verbringen musste. Ich hielt in der Bewegung inne. So wie ich Lysop kannte, würde er darauf bestehen, mich auch heute aus unserem Zimmer zu sperren. Inwieweit die anderen ihm in dieser Hinsicht zustimmen würden, konnte ich nur schwer einschätzen, und die Frauen waren mir da auch keine große Hilfe. Aber was, wenn...? Ein hinterhältiges Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Es war ja nicht gerade so, als ob ich der einzige Schwule hier an Bord wäre. Von meinem Erzfeind Hilfe in dieser Angelegenheit zu erbitten, war meiner zwar mehr als unwürdig; jedoch hätte ich im Moment alles getan, nur um den anderen eins auszuwischen. Rache war nämlich süß und wurde (in diesem Fall) am besten heiß serviert. So ließ ich also alles stehen und liegen, auf der Suche nach dem Marimo. Das erste und letzte Mal, so hoffte ich inständig. Fündig wurde ich letztendlich oben im Krähennest. Da lag er und schnarchte so laut, dass es ein Wunder war, dass der Mast überhaupt noch stand. »Hey, Faulpelz!«, ich stieß ihn mit dem Schuh an, »Wach auf!« »W-was? Schon hell?« Er erblickte mich. »Koch?! Was tust du denn hier?!« Eine berechtigte Frage. Immerhin war alles, was wir für gewöhnlich miteinander zu tun hatten, dass wir uns Tag für Tag in die Haare kriegten. »Findest du es nicht auch unfair von den anderen, dass sie uns gestern einfach so rausgeworfen haben?«, fragte ich und lehnte mich lässig an das Geländer. »Kann sein. Wieso?« »Lust auf Revanche?« Ich sah ihn mit einem schiefen Lächeln an. Es war nicht gerade so, als ob ich seine Hilfe dringend brauchte, jedoch würde dadurch mein Plan an Glaubwürdigkeit gewinnen. »Du klingst, als hättest du was vor.« Er erhob sich, seine Miene nicht ganz so feindselig wie sie hätte sein können. »Hab ich auch«, erwiderte ich, »Also, wie steht's? Machst du mit oder lässt du mich hängen?« »Am liebsten Letzteres«, brummte er, »Aber noch eine Nacht mit dir in der Küche halt ich nicht aus. Sag besser mal an, was du zu tun gedenkst.« Mir heimlich ins Fäustchen lachend klärte ich den Marimo nun über mein Vorhaben auf. Ganz begeistert schien er nicht davon zu sein, doch die Aussicht, dass diesmal die anderen in der Küche übernachten würden, ließ sogar ihn gehässig grinsen. Zorros Part: »Unten im Frachtraum ist schon wieder dieses eine Brett lose«, ich deutete mit dem Daumen hinter mich, während ich auf dem Weg in unser Zimmer an Frankie vorbeikam, »Wenn wir das Schiff hier tatsächlich zurückgeben wollen, sollte es besser in einem tadellosen Zustand sein.« Ich wartete seine Antwort nicht ab, sondern ging unbeirrt weiter. Ich und der Koch mussten die ersten im Zimmer sein, so war es ausgemacht. Und weil Ace dabei half, die drei Taugenichtse aus Lysops Dorf bei den Frauen einzuquartieren, und Ruffy und Lysop Spüldienst hatten, lag es an mir, Frankie aufzuhalten. Der Koch wollte sich um Chopper kümmern. Wie gut das geklappt hatte, sah ich, als ich die Tür öffnete. »Mann, du Suppenkasper!«, wütend stapfte ich hinüber zu meiner Hängematte, »Was tut der denn hier!?« Ich deutete mit einer Hand auf Chopper, der kleinlaut auf dem Sofa saß. »Reg dich ab«, erwiderte der Koch mit seiner widerlichen Schleimstimme, »Er war es ja nicht, der uns gestern unbedingt rauswerfen wollte. Also hab ich ihn in alles eingeweiht.« »Ja, und ich werde mich da am Besten raushalten«, beschloss Chopper und warf sich mit dem Gesicht zur Rückenlehne der Länge nach hin. »Ist vielleicht besser für dich«, fügte der Koch grinsend hinzu, dann sprang er von seiner Hängematte herunter. »Los, Marimo«, forderte er mich auf, »Leg dich hin und tu so, als wärst du fix und fertig.« »Mach ich ja schon!« Mürrisch kroch ich unter die Decke und zog sie mir weit bis über die Nase hinauf. Wieso ich mich auf diesen Blödsinn überhaupt eingelassen hatte, war mir jetzt im Nachhinein betrachtet ziemlich schleierhaft. Sein Theater hätte der Koch ruhig auch ganz alleine abziehen können. Andererseits wollte ich mir aber auch nicht nachsagen lassen, ich hätte im letzten Moment einen Rückzieher gemacht. Weshalb ich still dalag, ein wenig fertig auszusehen versuchte und wartete. »Penn bloß nicht ein.« »Nein, Mann!« Den Teufel würde ich tun! Nicht, ohne vorher die Pille von Chopper genommen zu haben. Denn noch einen bescheuerten Traum, in dem mir der Koch die Ohren vollsülzte, konnte ich nicht gebrauchen. Wenn es nicht der Koch wäre, überlegte ich, Dann wäre die Sache ja nur halb so schlimm! So jedoch... Die Tür flog auf und Ruffy, Lysop und Ace kamen lauthals lachend herein. Nun, dieses Lachen würde ihnen wohl gleich vergehen, denn jetzt trat der Koch in Aktion. Hm, ich wusste gar nicht, dass er das mit dem Auge auf Befehl kann... »Ruffylein!« Er stürzte sich geradezu auf die drei, die sofort wie angewurzelt stehen blieben. »Ach, wie schön, dass ihr endlich da seid! Ich hab euch ja so vermisst!« »Ähh, Sanji, stimmt was nicht?« Ruffy glotzte blöde aus der überschwänglichen Umarmung hervor. Ich an seiner Stelle hätte dem Koch ja eine reingehauen. »Mir ging es nie besser!«, er ließ von Ruffy ab, »Ach, und wen haben wir denn da?! Das ist ja mein Lysop-Schatz!« »Ahh! Geh weg! Ich bin nicht dein Schatz!« Kein Protest und kein Zappeln half ihm; auch er wurde halb zerquetscht. Wenn nicht sogar noch schlimmer als Ruffy. »Hilfe! Man zieht mir die Hose aus!« Während der Koch breit in sich hineingrinsend die Verschlüsse von Lysops Hose aufschnappen ließ, sah ich aus dem Augenwinkel, wie Ace sich leise zu seiner Hängematte hinüberstehlen wollte. Ohne Erfolg. »Ohh! Und mein süßer Ace ist auch noch da!« Mit einem einzigen Rauschen war er bei ihm. Er hatte ihn fast erreicht, da streckte Ace abwehrend eine Hand vor. »Stop!«, rief er mit finsterer Miene, »Bis hierher und nicht weiter! Oder ich fackel was ab!« Er sah aus, als würde er Ernst machen, wenn es die Situation verlangte. Was den Koch nicht weiter störte. »Ach, Ace«, seufzte er mit seiner pseudo-romantischen Ätzstimme, »Du bist einfach zu heiß für mich.« Wie kann sich einer freiwillig so zum Affen machen? Er hätte besser Pausenclown im Zirkus werden sollen oder so. »Das ist der Super-GAU!!«, jammerte Lysop, kaum hatte er seine Hosenträger in Ordnung gebracht, »Nein, das reicht nicht! Das ist ein Mega-GAU!!« Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen und rannte wie ein kopfloses Huhn zur Tür hinüber. Stieß aber auf halbem Wege nach draußen mit Frankie zusammen, der in entgegengesetzter Richtung unterwegs war. »Was ist denn hier schon wieder los?«, fragte der und schob Lysop ins Zimmer zurück, »Das mit dem losen Brett war ja gelogen. Das...« »Frankielein!!!« Der Anblick eines Herzchenwolken paffenden, überdreht auf ihn zurennenden Kochs genügte, um Frankie verstört die Augen aufreißen zu lassen. »Ich geh am Schiff weiterbauen!« Vollkommen geschockt machte er auf dem Absatz kehrt und schlug die Tür hinter sich zu. WAMM! In all seinem aufgesetzten Liebestaumel war der Koch dagegen gekracht. Jetzt saß er noch immer leicht dümmlich grinsend auf dem Boden und rieb sich die Stirn. Lysop währenddessen starrte ihn an als sei er ein Geist. Schließlich brachte er einige verwirrt gestammelte Worte hervor. »Was, was soll das denn alles?! Wieso so plötzlich...?! Und warum liegt Zorro so erbärmlich in seiner Hängematte?!« Endlich hatte einer von ihnen bemerkt, dass ich auch noch da war und meine Vorstellung zum Besten gab. »Fragt nicht«, ächzte ich so echt wie nur möglich, »Der Koch ist übel.« »Er hat doch nicht etwa...!?!« Lysop verschlug es die Sprache und als der Koch nur weiterhin grinsend aufstand, verlor er seine Fassung gänzlich. »Ogott!! Sanji!! Ich, ich dachte, du...! Du kannst Zorro doch gar nicht leiden!!!« »In der Not frisst der Teufel Fliegen«, erwiderte der Koch schulterzuckend, »War eh langweilig.« »Selber Schuld!«, blaffte ich ihn an. Was fiel ihm eigentlich ein, mich zusätzlich zu seiner Lügerei so runterzumachen?! Es mochte ja stimmen, dass ich in solchen Dingen noch viel an Erfahrung zu sammeln hatte, aber auf die Nase binden brauchte er das auch nicht jedem. »Ich wär vorsichtig an eurer Stelle«, grummelte ich unter der Decke hervor und drehte mich auf die andere Seite, »Oder ihr seid als nächste dran.« »Alles bloß das nicht!« Dem Geräusch nach zu urteilen, war Lysop voller Panik in seine Hängematte gesprungen. »Ach, das ist aber lieb von dir! Darf man sich dazu legen!?« »Nein, Sanji! Raus!!!« Ein Rumpeln sagte mir, dass der Koch wieder auf dem Boden gelandet war. »Jetzt sei doch nicht so garstig!«, beschwerte er sich, »So was Fieses. Da geh ich lieber zu meinem kleinen Ruffylein...« »Ha, ha! Nee, nee, Sanji! Wir wissen doch, dass du uns bloß was vorspielst!« Wie er das nur wieder lustig finden kann? Mir persönlich geht das mittlerweile tierisch auf den Nerv. Doch anstatt zuzugeben, dass er aufgeflogen war, läutete der Koch umgehend Phase zwei seines tollen Plans ein. Was bedeutete, ich hatte meine Pflicht erfüllt. Jetzt brauchte ich ja nicht mehr länger den Jammerlappen zu mimen. »Ach, ihr seid doch alle Spaßbremsen«, murmelte der Koch, während er in seine eigene Hängematte kletterte, »Besser, ich les euch was Nettes vor.« Über mir war ein Rascheln zu hören. Tatsächlich musste er sich eines seiner Bücher geschnappt haben. »W-was Nettes...?!« Eine unnatürliche Anspannung erfüllte den Raum. Bis der Koch so nett war, uns über den Titel des Buches aufzuklären. »Ja, doch... Ich denke, das ist das Richtige für euch«, sagte er feierlich, »Ein Sommernachtstraum.« Kenn ich nicht. »Wie sich das schon anhört!«, lachte Ruffy, »Das wird so was Schwules sein!« »Nein, Ruffy, das... das ist was ganz Normales«, entgegenete Lysop verwirrt. »Ein Klassiker, um genau zu sein«, fügte Ace hinzu, »Hab ich schon gelesen. Ist sogar richtig lustig.« »Uhh...! Ein Klassiker...!« Sehr begeistert hörte sich Ruffy nicht an. Und auch ich hatte das schleichende Gefühl, dass mich Sommernachtsträume nicht allzu sehr interessierten. Trotz allem gebot der Koch dem allgemeinen Rumoren nun Einhalt, indem er sich räusperte und dann zu lesen begann. »Es war einst in der altehrwürdigen Stadt Athen, dass dort ein gutaussehender, junger Mann mit dem Namen Lysander lebte. Er war von hoher Herkunft und verliebt in die schöne Hermia. Diese jedoch sollte sein nicht sein...« Zu Anfang war es noch eine ganz normale, halbwegs realistische Geschichte. Dann kamen plötzlich Elfen und Götter darin vor. Und irgendwann hatte es dieser Lysander (bei dem ich seltsamerweise an Lysop denken musste) tatsächlich geschafft, seine olle Trulla zu verlieren und stattdessen den anderen Kerl auf einer Lichtung zu finden. Ganz verstanden hatte ich es nicht, ich wusste nur so viel, dass irgendetwas mit einem Liebeszauber schief gelaufen war. Vielleicht war das Buch doch gar nicht so dumm... »Ahh, das ist also dein Klassiker, Ace?«, fragte Ruffy belustigt, als die Geschichte gerade anfing, spannend zu werden. »Also, umm... ich kenn das ja anders...« »Bist du dir sicher, Sanji, dass das ein Sommernachtstraum ist?«, wollte Lysop mit banger Stimme wissen. »Klar bin ich mir sicher; das ist eine neu überarbeitete Version, auf ganz spezielle Bedürfnisse zugeschnitten und mit den nötigen erotischen Elementen versehen.« »Das dachte ich mir!«, stöhnte Lysop, »Leute, ich geh Frankie helfen!« »Ich komm mit!«, rief es aus Ace' Richtung und kurz darauf waren sie mit hastigem Getrappel aus dem Zimmer verschwunden. Jetzt blieb nur noch Ruffy übrig. Der sagte einige Zeit gar nichts, bis der Koch Anstalten machte, weiterzulesen. »Wart doch mal kurz, Sanji«, meinte er mit einer für ihn sehr ernsten Stimme, »Du liest da jetzt echt dran weiter, ja?« »Ist doch selbstverständlich. Immerhin gibt es hier Leute, die wissen wollen, wie die Geschichte ausgeht.« »Na gut«, sagte Ruffy und ich hörte ihn aus seiner Hängematte springen, »Dann geh ich auch mal nach draußen. So sehr interessiert mich das Buch gar nicht.« Und er verschwand. Kurzzeitig machte sich eine angespannte Stille im Raum breit. Dann auf einmal fing der Koch lauthals zu lachen an. »Oh Mann, ich sag's dir! Ha, ha, die Gesichter von denen! Zum Schießen!«, er seufzte zufrieden auf, »Die hätten wir erfolgreich rausgeekelt, was? Ach, ich bin einfach zu genial!« »Schön für dich«, piepste Chopper von seinem Sofa her, »Können wir dann das Licht ausmachen und endlich schlafen?« »Was?!« Dieses eine Wort war mir ganz unwillkürlich entwichen. Zu spät, es jetzt noch leugnen zu wollen. »Wie, was?« Der Koch beugte sich verwundert zu mir herunter. Das hatte mir gerade noch gefehlt! »Na ja!«, rief ich wütend, da ertappt, »Wenn man eine Geschichte anfängt, dann muss man sie auch zu Ende vorlesen!« »Lies es halt selber«, erwiderte der Koch gelangweilt und hielt mir das Buch entgegen. »Nee, keine Lust«, brummte ich in mich hinein und versuchte mich so zu verstecken, dass der Koch nicht sah, dass mir die Röte ins Gesicht geschossen war. Dann fügte ich kaum hörbar hinzu: »Du kannst das eh viel besser.« »Schade für dich.« Er verschwand wieder; mit seinem fürchterlichen, überheblichen Grinsen, für das ich ihm jedes Mal am liebsten eine scheuern würde. »Mann, du Mistkerl! Jetzt lies einfach weiter!« Ich stieß ihm von unten einen Schwertgriff in den Rücken. »Autsch! Lass den Scheiß! Oder fängst du schon wieder so an wie gestern!?!« »Ich...!« Nein, bloß nicht! Nicht nochmal auf dem Koch landen und nicht wissen, was ich tun soll! Einmal hatte vollkommen gereicht. »Ist ja auch egal«, murrte ich und kramte in meiner Hosentasche, »Ich nehm jetzt die Tablette hier.« Ich zog die rote Kugel hervor, die Chopper mir gegen meine dämlichen Träume verschrieben hatte. Mit ein bisschen Sake sollte man die schon runter kriegen. »Da sagst du was, Marimo. Gibst du mir mal die Flasche hoch?« »Vergiss es. Warum denn?« »Vielleicht, weil ich auch Medizin zu nehmen habe, rein zufällig?« Er streckte seine Hand nach unten. Doch obwohl ich die Tablette schon längst geschluckt hatte, hielt mich mehr als nur die Verachtung, die ich für den Koch hegte, davon ab, seiner Bitte nachzukommen. »Du nimmst Medizin?«, fragte ich schadenfroh, »Weshalb denn? Ist es wenigstens was Schlimmes?« »Ist nur 'ne einfache Kopfwehtablette! Und jetzt gib das Trinken her!« »Ha, ha! Nur, wenn du dann das Buch weiterliest!« Grinsend behielt ich die Flasche zurück. Diesmal hatte ganz klar ich die Oberhand. Das konnte meiner Meinung nach noch eine Weile so bleiben. »Mann! Von mir aus!«, rief der Koch zornig, »Gib schon her!« Ein kurzes Zögern erlaubte ich mir noch, aber letztendlich überließ ich ihm die Flasche. Immerhin hatte ich ihn erfolgreich damit erpresst. Das kann ja hier nicht einreißen! Was man anfängt, bringt man auch zu Ende. Und selbst wenn es nur ein Buch ist. Gespannt wartete ich, bis der Koch es endlich geschafft hatte, seine Medizin hinunterzuwürgen. Wer hätte gedacht, dass mich eine Geschichte derart interessieren könnte, dass ich sogar ihn als Vorleser akzeptierte? »Also«, sagte er schließlich, »Wo waren wir denn stehen geblieben...?« Ich hörte, wie er herumblätterte. »Du liest doch jetzt nicht echt weiter, oder?!«, rief Chopper dazwischen. Den hatte ich vor lauter Ärger beinahe vergessen. »Klar tu ich das«, antwortete der Koch mit gehässiger Stimme, »Und eines kann ich dir versprechen: Das wird noch vieeel anzüglicher.« Was versucht er denn jetzt? Will er Chopper loswerden? »Danke, dass du mich vorwarnst«, selbiger sprang vom Sofa herunter, »Da geh ich lieber zu Nami und Robin. Die lesen sich bestimmt nicht gegenseitig so schwules Zeug vor.« Und damit waren ich und der Koch alleine im Zimmer. »Ha, das sollte ich mir merken, falls ich mal alleine sein will«, murmelte er belustigt, »Dann fang ich einfach an, eines von meinen Büchern vorzulesen.« Er kicherte, danach meinte er: »Okay, Marimo, du alte Nervensäge; es geht weiter.« Und wie es das tat: Lysander verliebte sich in Demetrius. Und ein ziemlich ungezogener Puck kam auch noch vor. Er war es nämlich gewesen, der die beiden verzaubert hatte. Beinahe schade war es da, dass der Koch Chopper angelogen hatte und so rein gar nichts außer einem Kuss passierte. Nichtsdestotrotz hatte ich in meinem ganzen Leben noch keine so schöne Geschichte gehört. So wunderbar warm und vollendet war sie; gab mir ein völlig neues Gefühl der Zufriedenheit. »...und so kam es, dass Lysander den Wald betreten hatte mit seiner Liebsten; ihn jedoch verließ mit der einzig wahren Liebe, der er folgen würde bis ans Ende der Welt. Niemals sah man die beiden wieder. Man sagt, sie seien geflohen, dorthin, wo niemand mehr über sie richten würde.« Der Koch schlug das Buch lautstark zu und schreckte mich somit aus der Traumwelt, in der ich bis gerade eben noch geschwebt war. Sollte das etwa das Ende gewesen sein? »Schon aus?« »Was heißt hier schon?«, entgegnete der Koch, »Ich kann kaum mehr reden.« »Davon hör ich gar nichts«, meinte ich, »Noch eins!« »Wie bitte?!« »Na, wenn du noch mehr so nette Bücher hast, dann...« »Bin ich etwa dein Kindermädchen?!« Bloß nicht! Das wäre der reine Horror! »Nur noch ein einziges!«, verlangte ich. Das würde er ja gerade noch schaffen. Selbst, wenn er das Weichei vom Dienst war. »Tss, wie du willst.« Ich hörte, wie er sich vorbeugte und den Sommernachtstraum gegen eine andere Geschichte eintauschte. Was es wohl diesmal war? »So, dann wollen wir doch mal sehen«, sagte er danach und ließ sich wieder in die Kissen fallen, »Ob du wirklich so schwul bist wie du tust. Das hier ist nämlich um einiges härter. Wenn du das nicht aushältst, musst du deinen Test leider für ungültig erklären.« »Hättest du wohl gern!« Ich verschränkte stur die Arme. Das brauchte er mir gar nicht auszureden versuchen, nachdem ich gestern so intensiv darüber nachgedacht hatte. Frauen hatten nun mal in keinster Weise eine anziehende Wirkung auf mich und das alleine war doch Beweis genug. Oder doch nicht? Als der Koch erneut zu lesen begann, überkamen mich schon bald einige Zweifel. Das Buch handelte von einem Jungen, der unbedingt Ranger werden wollte. Der einzige vorhandene Mentor jedoch lebte ganz alleine und zurückgezogen in einem tiefen Wald. Weshalb der Junge dorthin aufbrach, ohne zu wissen, ob er je wiederkehren würde. Der Mentor selbst war ein überheblicher, fieser Kerl, der seinem Schüler die schwersten Arbeiten zumutete. Was er für all das Wissen verlangte, das er weitergab, sollte der Junge abends zu spüren bekommen, sobald sie zu Bett gegangen waren. Es war schon seltsam, wie mein Körper auf den weiteren Fortgang der Geschichte reagierte. Und das, obwohl ich eigentlich der Typ war, dem das eher seltener passierte. Wenn, dann anscheinend jedoch richtig. Scheiße! Wie kann denn das so plötzlich sein?! Ob ich einfach...? Mich kurzerhand für das Bessere entscheidend schob ich eine Hand in meine Hose. Das würde der Koch schon nicht merken. Nicht, wenn ich ganz, ganz still war... »Sag mal, Marimo, was tust du da eigentlich?« Seine argwöhnische Stimme unterbrach sich selbst und für kurze Zeit herrschte betretene Stille. Unnötig, zu sagen, dass sich ein Teil meiner Selbst mehr als ertappt fühlte. Auf den Kopf gefallen war ich aber auch nicht gerade, und es war doch sehr verdächtig, dass sich der Koch über mir so seltsam unruhig verhielt. »Nichts, was du nicht auch tun würdest«, antwortete ich deshalb und erlaubte mir sogar ein Grinsen. Egal, was er jetzt sagte, er würde es ebenfalls zugeben müssen. »Tatsächlich?«, erwiderte er und ich glaubte, sein Feixen direkt vor mir zu sehen, »Wenn dem so ist, können wir ja wetten, wer von uns beiden zuerst...« »Ganz sicher nicht!« Das war doch wohl meine eigene Sache! Das ging den Koch nicht im Geringsten etwas an! »He, he, bist du vielleicht verklemmt«, er lachte nervtötend, »So ziehst du dir mal so schnell keinen an Land...« »Halt die Klappe und lies weiter!« Was er dankenswerterweise auch tat. Bemüht, sich seine eigene Lasterhaftigkeit nicht anmerken zu lassen und doch seine Worte so gefühlvoll betonend, dass ich nicht umhin konnte, die ganze Situation als mir sehr gelegen kommend zu empfinden. Aber jetzt mal ernsthaft: Es ist doch völlig egal, wer da vorliest. Es geht doch nur darum, dass... Ich biss mir auf die Unterlippe, um ein erleichtertes Aufseufzen zu unterdrücken. So genau wollte ich es den Koch dann auch wieder nicht wissen lassen. Ebenso wie es mich im Grunde genommen kein Stück interessierte, dass er auch nur einen Sekundenbruchteil später »Erster!« durch den gesamten Raum brüllte, als wären wir bei irgendeinem Marathon. Von wegen, dachte ich mit schiefem Grinsen und zog meine Hand wieder hervor. Heute hatte ich gewonnen. Ganz eindeutig. Was mich jedoch in keinster Weise vor den seltsamen Träumen zu schützen vermochte, die sich mir mitten in der Nacht in den Kopf stahlen. Zu lebendig, als dass irgendeine dumme Tablette etwas dagegen hätte ausrichten können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)