Heroines of War von SarahShepard ================================================================================ Kapitel 55: 54 -------------- Ellen stand alleine mitten auf dem Hauptplatz der Kolonie auf Galatea. Doch plötzlich war sie nicht mehr alleine, denn Alex, Norah, Lauren, Olivia und Katlyn standen in einigem Abstand in voller Kampfmontur um sie herum. „Wir erobern die Galaxie zusammen, El!“, rief Alex und winkte. „Ich würde dich gerne wiedersehen“, sagte Norah leise. „Ich kann kaum glauben, dass du dich auf Hollys Seite stellen wolltest“, kam aus Olivias Richtung. Doch sie bewegte ihre Lippen nicht, sondern starrte sie bloß mit eiskalten Augen an. „Bin ich mehr als nur ein Klon?“, fragte Katlyn und sah beschämt zu Boden. „Hast du uns verlassen?“, murmelte Lauren traurig. Ellen drehte sich hektisch herum, weil sie nicht wusste, wem sie zuerst antworten sollte. Plötzlich geschah etwas. Die Türen der Gebäude um sie herum öffneten sich und Menschen strömten nach draußen. Es waren nicht nur die Kolonisten, sondern auch, wie Ellen zu ihrem Entsetzen feststellte, die Personen, die sie auf Vadims Befehl hin ermordet hatte. Alle attackierten die Frauen um Ellen herum, und sie sah tatenlos dabei zu, wie sie sich mit Händen und Füßen verteidigten. „Hilf uns!“, riefen Olivia und Lauren gleichzeitig. „Lass mich nicht noch einmal hängen!“, brüllte Alex zornig. „Ich brauche dich!“, sagte Norah laut. „Ellen!“, keuchte Katlyn. Doch sie hatten gegen die Massen von Menschen keine Chance. Ellen hockte sich auf den Boden und drückte ihr Gesicht in ihre Hände, um das alles nicht mit ansehen zu müssen. Nach einer Weile verklangen die Rufe und es wurde still um sie herum Als sie wieder aufsah, war ein Meer aus Husks um sie herum, die sie mit ihren leuchtenden Augen neugierig musterten. Schweißgebadet schreckte Ellen in ihrem Bett hoch. Sie brauchte einen Moment, bis sie sich gefangen hatte und daran erinnerte, dass sie zu Hause war. In Sicherheit. Ein Blick auf die Uhr neben ihrem Bett verriet ihr, dass es 6:45 Uhr war. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, auszuschlafen, doch sie war sich sicher, nach diesem verstörenden Traum keine Ruhe mehr finden zu können, weshalb sie ihre Laken zur Seite schlug und sich aus dem Bett schwang. Im Haus herrschte eine gespenstische Ruhe, doch als Ellen in der Küche stand und nach einer Pfanne suchte, um sich Frühstück zu machen, kam Marley verschlafen auf sie zu und beobachtete sie neugierig. „Morgen“, murmelte Ellen und tätschelte ihr den Kopf. Sie stellte die Pfanne, die sie gerade gefunden hatte, und nahm sich danach zwei Eier und etwas Schinken aus dem Kühlschrank. Sie bemerkte Marleys wartenden Blick und schmunzelte. „Ich habe keine Ahnung, wo Mom dein Futter versteckt“, sagte sie achselzuckend zu dem Golden Retriever und warf ihr stattdessen ein Stück Schinken vor die Nase, was sie dankbar sofort verschlang. Mit dem Rest bereitete Ellen sich ein einfaches Rührei zu und setzte sich anschließend damit an den großen Esstisch. Sie genoss es, nach der unruhigen Nacht in Ruhe essen zu können, und ließ sich ausgiebig Zeit dabei. Marley schien irgendwo Trockenfutter gefunden zu haben, denn Ellen konnte sie zwar nicht sehen, hörte sie aber lautstark kauen. Als sie fertig war, spülte Ellen ihr Geschirr ab und ging ins Badezimmer, um zu duschen und sich präsentabel aussehen zu lassen. Währenddessen traf sie die Entscheidung, zum Friedhof zu gehen und sich das Grab von Alex anzusehen in der Hoffnung dass es ihr dadurch leichter fallen würde, ihren Frieden zu finden. Den Grabstein zu finden war nicht schwer, da alle Zhaos am Rande des Friedhofs auf einem Hügel begraben worden waren. Er war eine marmorne, in den Boden eingelassene Platte, die mit schwarzen Lettern versehen worden war. Alexandra Leah Zhao Geliebte Tochter, Enkelin und Schwester 2162 - 2183 Marley, die Ellen zu ihrem Ausflug mitgenommen hatte, beschnupperte neugierig die Teelichter, die verstreut daneben standen. Ellen hockte sich hin und strich sanft über die Platte. Sie fühlte sich kühl und glatt an, was einen harschen Kontrast zu der Person bildete, die darunter begraben lag. Alex war ein regelrechter Wildfang unter den Marines gewesen, doch sie hatte immer Ellens Rücken gedeckt und ihr wie auch schon vor der Allianz stets zur Seite gestanden. In manchen Momenten vergaß sie beinahe, dass Alex gestorben war, doch dann kehrten ihre Gedanken zurück zu der Kolonie auf Galatea und dem Überfall der Geth. Ellen hatte neben ihr auf dem Dach gelegen und Alex versprochen, dass sie nicht sterben würde. „Es tut mir leid“, murmelte sie leise. Marley, die zuvor aufgeregt die Gegend erkundet hatte, nahm nun neben ihr Platz und beobachtete Ellen aufmerksam. „Ich hätte dich nach Hause bringen sollen.“ Sie hockte eine Weile einfach nur dar und versuchte, sich an besondere Momente mit Alex zu erinnern, doch ihr kamen gerade nur Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Allianz in den Sinn. Wie sie sich gemeinsam durch die Grundausbildung gekämpft hatten, wie sehr sich Alex für sie gefreut hatte, als Ellen befördert worden war, und wie sie an ihrem letzten Abend auf Galatea von der Zukunft geträumt hatten. Das alles schien Ellen beinahe ein ganzes Leben her zu sein und nicht bloß Monate. Marley schien etwas hinter ihnen zu bemerken und drehte sich neugierig um. Ein Schatten fiel über Ellen, und jemand legte ihr von hinten sanft eine Hand auf ihre linke Schulter. „Ich bin sicher, du hast getan, was du konntest“, sagte die Person und tätschelte Ellen. Verblüfft sah sie auf und blickte in das sommersprossige Gesicht von Lauren Krieger. „Hey El“, sagte sie und lächelte. „Deine Mom meinte, dass ich dich wahrscheinlich hier finde.“ Immer noch überrascht erhob Ellen sich und ließ sich von Lauren in eine kurze, aber herzliche Umarmung ziehen. „Es ist so lange her“, sagte Lauren und betrachtete sie eingehend. „Zu lange“, erwiderte Ellen und bemühte sich, ebenfalls zu lächeln. Lauren blickte an ihr vorbei an den Grabstein. „Möchtest du noch alleine sein?“ „Schon gut“, antwortete sie kopfschüttelnd. „Ich … wollte es nur mal sehen. Lass uns irgendwo hingehen, wo es ein wenig fröhlicher ist.“ Sie schlenderten nebeneinander über den Friedhof und unterhielten sich über belanglose Dinge, während Marley ihnen brav folgte. Lauren hatte schon länger geplant gehabt, eine kurze Pause einzulegen und für ein paar Tage nach Hause zu kommen, und als die Nachricht über Ellens Heimkehr die Runde gemacht hatte, war sie beinahe sofort aufgebrochen. „Morgen Abend muss ich aber schon wieder in der Akademie sein“, sagte sie mürrisch und kickte einen Kieselstein zur Seite. Ellen grinste verschmitzt. „Ich kenne dich, du stehst doch darauf. Es ist das, was du immer wolltest.“ „Es ist toll“, erwiderte Lauren freudig. „Ich lerne so unglaublich viel. Wenn ich fertig bin, wird kein Marine unter meinen Händen sterben.“ Daraufhin wurde sie ernst. „Wie kommst du mit Alex Tod zurecht? Für mich war es … sehr schwer.“ Seufzend sagte Ellen: „Ich weiß es nicht. Manchmal vergesse ich es beinahe, doch wenn ich zur Ruhe komme, denke ich darüber nach, was ich hätte tun können, um sie zu beschützen.“ „El! Du kannst froh sein, dass du überhaupt laufen kannst. Du wirst alles getan haben, was du konntest, aber du bist auch nur ein Mensch und keine Superheldin oder so etwas in der Art. Auch du hast deine Grenzen“, erwiderte Lauren beinahe erbost und sah Ellen dabei fest in die Augen. Ellen schnaubte. „Ach ja, das weißt du wahrscheinlich noch gar nicht.“ Sie wählte einen Stein aus und ließ ihn in einem blau leuchtenden Ball durch die Luft fliegen. Er kam weiter, als sie beabsichtigt hatte. Lauren sah sie ungläubig an. „Biotik? El … was zur Hölle hat man mit dir gemacht? War das die Allianz?“ „Nein, es ist ein Geschenk von Doktor Vicerus. Der verrückte Wissenschaftler von Antibaar, falls du dich daran noch erinnern solltest.“ Lauren nickte. „Das alles war ein Experiment von Cerberus. Am Ende sollte ich an sie ausgeliefert werden, doch ich konnte vor ein paar Monaten entkommen.“ Lauren zog ihre Stirn kraus. „Das alles ist so abenteuerlich, dass ich es kaum glauben kann. So etwas sollte doch eigentlich gar nicht möglich sein!“ „Können wir darüber ein andermal reden?“, fragte Ellen und zog eine Grimasse. Sie wollte ihr nicht erzählen müssen, wie es war, seinen eigenen Körper nicht beherrschen zu können, Kinder zu ermorden oder in protheanischen Ruinen erneut an den Toden von Freunden indirekt beteiligt gewesen zu sein. Wie es sich anfühlte, Angst davor zu haben, dass Cerberus die Jagd auf sie noch nicht aufgegeben hatte, oder wie befreiend es gewesen war, Vadim zu töten. Sie war sich nicht sicher, ob Lauren sie verstehen und ihr das alles verzeihen würde. „Also schön“, sagte sie widerwillig. „Aber irgendwann wüsste ich gerne mehr darüber, wo du das letzte halbe Jahr warst. Du hättest uns wenigstens nach deiner Flucht wissen lassen können, dass du am Leben bist. Wir haben es zwar vermutet, aber … nun ja.“ Ellen war langsam gereizt. Lauren wusste es vielleicht nicht, traf aber einen Wunden Punkt nach dem anderen. „Muss ich mich vor euch wirklich davor rechtfertigen? Ihr habt keine Ahnung, was ich durchgemacht habe!“ „Ja, vor uns, deiner Familie und deinen Freunden, die dich in jeder Ecke der Galaxie gesucht hätten, wenn es ihnen möglich gewesen wäre!“, keifte Lauren beinahe zurück. „Ich will es doch bloß verstehen, Ellen.“ „Du könntest die Antwort vielleicht nicht ertragen.“ Laurens Tonfall wurde traurig, als sie darauf erwiderte: „Nichts könnte meine Meinung von dir verschlechtern, Ellen, das solltest du eigentlich wissen. Jede von uns trägt etwas mit sich herum, das sie belastet, und es in sich reinzufressen macht es nur schlimmer.“ „Jede?“, fragte Ellen verwundet. „Was soll es denn bei dir sein? Bei der immer fröhlichen Lauren, die kein Wässerchen trüben kann?“ Sie wusste, dass sie unfair wurde, doch sie nahm es trotzdem nicht zurück. Lauren schwieg eine Weile und ein dunkler Schatten legte sich auf ihr Gesicht. Inzwischen hatten sie den Friedhof verlassen und gingen in Richtung Ortskern. „Ich lasse dir deine Geheimnisse, du mir meine. Okay?“, fragte sie endlich, als sie an der Straße zu dem Haus der Kriegers innehielten. Ellen zuckte bloß mit den Achseln. „Wir sehen uns nachher“, murmelte Lauren und ließ Ellen alleine stehen, die ihr nachdenklich hinterher sah. Lauren war eine offene und ehrliche Person, die schon viele mit ihrer direkten Art entwaffnet hatte. Welches Geheimnis auch immer sie mit sich herumtrug, es musste etwas furchtbares sein. Ellen vertrödelte den Tag in ihrem zu Hause, indem sie die meiste Zeit auf dem Sofa oder in ihrem Bett lag und im Extranet surfte und nachlas, was sie in den letzten Monaten verpasst hatte. Der Tod von Shepard war immer noch relativ präsent, auch wenn er ein halbes Jahr zurücklag. Es gab die verschiedensten Theorien darüber, wer die SSV Normandy, an deren Bord ihre berühmte Kommandantin gestorben war, angegriffen haben könnte, doch die Allianz schien sich große Mühe zu geben, die Wahrheit verschleiern zu wollen. Schließlich blieb Ellen bei einem kurzen Beitrag mit dem Titel „Die Heldin der Citadel – Aufstieg einer Legende“ hängen. „Commander Sarah Shepard, geboren am 11. April 2154, strebte stets danach, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. Als Tochter zweier Angehöriger des Allianzmilitärs verbrachte sie den größten Teil ihrer Kindheit auf Schiffen und Raumstationen und war nie länger als ein paar Jahre am selben Ort. Ihre Mutter, Hannah Shepard, zählt als hochdekorierte Soldatin, ihr Vater Mason starb im Dienst. Kaum dass sie ihren 18. Geburtstag gefeiert hatte, meldete sie sich freiwillig zum Dienst für die Allianz und kletterte von dem Tage an die Karriereleiter steil nach oben. Sie riskierte unzählige Male ihr eigenes Leben, um ihre Kameraden zu retten und die Feinde zu schlagen, egal wie schlecht es um die Aussichten stand. Sie schaffte es sogar, eigenhändig den Überfall von battarianischen Sklavenhändlern auf Elysium zurückzuschlagen, und erhielt für diesen und viele andere Einsätze einige Medaillen und Auszeichnungen. Bereits vor dem Kampf gegen die Sovereign genoss sie den Ruf einer Kriegsheldin in der gesamten Allianzflotte. Seitdem sie die Citadel und den Rat gerettet hat, kennt man sie nun in der gesamten Galaxie, und ihr früher Verlust traf uns alle sehr.“ -Ellen raufte sich ihre Haare. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass die Allianz sie selbst zur Schau stellen und auf eine Stufe mit Shepard stellen wollte. Was hatte sie denn bisher beeindruckendes geleistet? Sie konnte froh sein, mit halbwegs heiler Haut zu Hause angekommen zu sein. Die Haustür summte, und Ellen stellte überrascht fest, dass es bereits 19 Uhr war. Ein wenig schläfrig schwang sie sich aus ihrem Bett und ging nach unten zur Haustür, während ihre Mutter fleißig am Herd das Abendessen zubereitete. Marley lag in ihrem Körbchen neben der Haustür und wartete ruhig. „Hey“, sagte Lauren unsicher, als sie ihr die Tür öffnete. Ellen lächelte. „Vergessen wir das von heute Morgen?“ „Oh ja, bitte!“, erwiderte Lauren und trat lachend ein. Das Abendessen war für Ellen etwas zu anstrengend. Neben Lauren kamen Ellens Tanten Shirley, Beth und Tabetha, ihre Onkels Paul und Kingsley samt Kinder und ihrem Großvater Phillip. Die meiste Zeit verbrachten sie und Lauren damit, von Einsätzen bei der Allianz zu erzählen und zig Fragen dazu zu beantworten, bis Maya ihrer Tochter „Nimm den Wein und flieh nach oben“ zuraunte. Ellen nickte ihr dankbar zu, nahm sich eine Flasche vom Tisch und stahl sich mit Lauren davon, als Tabetha und Paul stolz darüber berichteten, dass die kleine Cora jetzt „Marine“ sagen konnte und in die Fußstapfen ihrer Cousine treten würde. Kaum dass sie in Ellens Zimmer angekommen waren, setzte Lauren sich an das Bett gelehnt auf den Fußboden und nahm zwei tief Züge aus der Weinflasche. „Du könntest dich auch auf einen Hocker oder auf das Bett setzen, weißt du?“, fragte Ellen belustigt, doch Lauren winkte nur ab. „Unsinn. Hey Elli, spielst du mir etwas vor? Das hast du schon ewig nicht mehr gemacht“, sagte sie grinsend und deutete auf das dunkle E-Piano, dass neben der Tür stand. Ellen zuckte mit den Achseln und setzte sich auf die schwarze Bank, die davor stand. Mit einem Tastendruck schaltete sie das Klavier an und fuhr nachdenklich über die Tasten. „Du musst mir aber verzeihen, dass ich etwas aus der Übung bin.“ „Das macht gar nichts.“ Eine Weile spielte sie einfach nur das, was ihr gerade in den Sinn kam, dann bewegten sich ihre Finger wie von selbst über die Tasten und erzeugten ein Stück, dass ihr seltsam vertraut vorkam, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, woher. Es hörte sich unvollständig an, so als ob ein wichtiges Element fehlen würde. „Das is' nicht dein Ernst“, sagte Lauren mit vom Wein durchtränkter Stimme plötzlich hinter ihr und ließ sich neben Ellen auf die schmale Bank fallen. „Von allen Sachen ausgerechnet das?“ Ellen lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie sich dessen bewusst wurde, was sie gerade gespielt hatte, und ballte ihre Hände zu Fäusten. Es war ein Stück gewesen, dass sie gemeinsam mit Alex geschrieben hatte, als Olivias Eltern gestorben waren. Ellen hatte Klavier gespielt, Alex ihre Violine, die sie gleichzeitig verabscheut und gemocht hatte. „Ich habe sie getötet, weißt du?“, murmelte Lauren und nahm einen weiteren Schluck des Weins, von dem nicht mehr allzu viel übrig war. „Was meinst du?“, fragte Ellen irritiert und nahm ihr die Flasche ab, um den Rest ihres Inhalts zu trinken. Eine Träne kullerte über Laurens Wange. Die gute Laune, die sie den ganzen Abend über gehabt hatte, schien vollständig verschwunden zu sein. „Alex. Das Ding, dass sie aus ihr gemacht hatten.“ Ellen war so perplex, dass sie nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte. „Wann? Wie …?“, stammelte sie unsicher. Lauren fing an zu weinen. „Kurz nach Galatea“, schluchzte sie. „Meine Kameraden hatten mir dabei geholfen. Haben alle viel Ärger bekommen. Aber das war egal. Sie wollten Experimente an ihr durchführen, weißt du? Den anderen habe ich aber nichts davon erzählt.“ Sie vergrub ihr Gesicht an Ellens Schulter. „Es verfolgt mich seitdem jede Nacht“, sagte sie und heulte auf. Ellen strich ihr mit einer Hand sanft über den Kopf während sie versuchte, zu verdauen, was Lauren ihr gerade gestanden hatte. Die Allianz musste den Husk, zu dem Alex geworden war, mitgenommen haben, und Lauren, herzensgute Seele, die sie war, hatte ihre Freundin nicht länger leiden lassen wollen. Ellen war ihr dankbar dafür und war sich sicher, dass Alex Familie es auch so sehen würde, wenn sie davon wüssten. „Du willst es vielleicht nicht hören, aber es war richtig“, raunte Ellen ihr zu. „Das hast du … gut gemacht.“ Das Wort „gut“ erschien ihr in diesem Zusammenhang völlig deplatziert, doch sie wusste nicht, wie sie es sonst ausdrücken sollte. Sie saßen so nebeneinander, bis Lauren sich etwas beruhigt hatte, dann suchte Ellen für sie beide Schlafklamotten aus ihrem Schrank heraus. „Willst du über Nacht bleiben?“, fragte sie und hielt Lauren ein Shirt und eine lange Schlafanzughose hin. In ihrem Zimmer war es nicht gerade kalt, aber Ellen erinnerte sich noch daran, dass sie schnell fror. Lauren wischte sich die letzten Tränen von ihrem Gesicht und nickte. Wenig später lagen sie in Ellens Bett und starrten beide an die Decke. „Glaubst du, es war richtig, zur Allianz zu gehen?“, fragte Lauren und drehte Ellen den Kopf zu. Das war eine schwierige Frage. Ellen hatte sich selbst schon oft genug gewünscht, einen anderen Lebensweg eingeschlagen zu haben, aber auf der anderen Seite bereute sie es trotzdem nicht und sie hatte auch nicht vor, auszusteigen, auch wenn sie jetzt die Möglichkeit dazu hatte. „Wir tun Gutes“, antwortete Ellen. „Auch wenn wir es nicht immer merken, wir helfen den anderen Menschen dort draußen mit unserer Arbeit. Zumindest hoffe ich das.“ „Aber ist der Preis, den wir dafür bezahlen, nicht zu hoch? Guck uns doch mal an. Gerade mal Anfang zwanzig und schon so viel gesehen, dass es für ein ganzes Leben reicht.“ „Wir müssen besser werden in dem, was wir tun, dann wird niemandem mehr etwas passieren.“ „Du klingst furchtbar naiv“, schmunzelte Lauren und rückte so nahe an sie heran, dass ihr Kopf gegen Ellens Brust lehnte. „Aber du warst schon immer irgendwie die Träumerin in unserer Gruppe. Wenigstens das hat sich nicht geändert.“ Ellen schnaubte belustigt, sagte ihr aber nicht, dass sie es aufrichtig so meinte. Sobald sie wieder im aktiven Dienst war, würde dank ihrer Biotik hoffentlich einiges anderes laufen. „Verschwinde aber nicht noch einmal, okay?“, fragte Lauren beinahe ängstlich. „Nach der Sache mit Alex würde ich das nicht ertragen.“ „Nein. Versprochen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)