Tödliches Paradox von SweeneyLestrange ================================================================================ Tödliches Paradox ----------------- Es war eine harte, schweißtreibende Arbeit. So ganz anders, als all das leere Geschwätz, das der Master in den letzten Wochen mit unzähligen Hohlköpfen hatte führen müssen. Die Funken des Schweißers schlugen gegen seine Maske, das Atmen darunter wurde in der stickigen Luft zunehmend schwerer und er spürte, wie die Hitze versuchte, ihn zu erschöpfen. Doch vergebens. Unermüdlich arbeitete er weiter, besessen von dem einen Gedanken, dass sein Werk so gut wie vollendet und er in diesem Moment dabei war, das letzte Puzzlestück an seinen richtigen Platz zu setzen. Die Rohre und Kabel, die er bereits angebracht hatte, glichen einem schrecklichen, dunklen Ungetüm, das sich allmählich das Innere der TARDIS einverleibte, sie krank machte, bis das einst so starke Summen der Maschinen zu einem kläglichen Krächzen verstummte. Er war fast fertig. Ein, zwei Schweißnähte noch. Der Timer musste gesetzt und das restliche Gitter hochgefahren werden, dann war alles bereit. Ein zufriedenes Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er die Maske hochklappte und sich mit den groben Handschuhen den Schweiß von der Stirn wischte. Was würde das für eine Überraschung für den Doctor werden! Seine geliebte TARDIS ein Paradox, das für den Untergang der lieben, kleinen Erdlinge verantwortlich sein würde. Oh wie ihn der Gedanke mit Vorfreude erfüllte. Er spürte, wie sie kribbelnd durch seinen Körper jagte, es ihm unmöglich machte stillzusitzen. Er erhob sich mit ausgebreiteten Armen, den Triumph, den er zweifellos haben würde, bereits in seinem Kopf genießend, als ihn plötzlich ein jäher Stoß zurückschleuderte. Überrascht riss sich der Master die Schutzmaske vom Kopf und bahnte sich einen Weg durch die Kabel zum Bedienpult der TARDIS. Diese begann sich würgend und ächzend in Bewegung zu setzen. Die anschwellenden Geräusche glichen Schmerzensschreie, die durch Mark und Bein gingen und dennoch blieb die Maschinerie unbeirrt in Betrieb, auf einem Kurs, den nur sie allein kannte. „Oh nein, oh nein“, rief der Master mahnend, während er aufgebracht ans Steuerpult lief. „Das lässt du bleiben. Hörst du, ich habe gesagt, lass das bleiben!“ Doch die TARDIS hörte nicht. Egal welchen Knopf er auch drückte, Hebel umlegte oder Schalter betätigte, er musste letztlich einsehen, dass sein Bemühen zwecklos war. Die Zeitmaschine befand sich auf einem festen Kurs, von dem sie sich nicht mehr abbringen ließ. Ob er einen Fehler bei der Installation der Paradoxmaschine gemacht hatte? Nachdenklich zog sich der Master die klobigen Handschuhe aus und fuhr sich durchs kurze Haar. Nein, das konnte er nicht. Er hatte alles genauestens berechnet, er machte keine Fehler. Dennoch war es ihm schleierhaft, was in diesem Augenblick vor sich ging und das ärgerte ihn. Zumal er einsehen musste, dass ihm letztlich nichts anderes übrig blieb als abzuwarten, um zu sehen, wohin ihn die TARDIS brachte. Blau. Helles, schmutziges Blau erstreckte sich zu seinen Füßen, das sich nach einigen hundert Metern in tiefer Finsternis verlor. Schweigend betrachtete der Master die seltsame Landschaft, die sich ihm darbot und suchte vergebens nach irgendwelchen Zeichen, die daraufhin deuteten, wo er sich befand. Zu seinem Ärger schien es die Zeitmaschine des Doctor nicht für nötig zu befinden, ihn mit angemessenen Informationen zu versorgen. Aber wenn sie das nicht tat, musste er sie sich eben selbst einholen. Er setzte einen Schritt nach draußen und wirbelte sogleich eine hellblaue Staubwolke auf, die in einer dicken Masse über dem Boden schweben blieb. Er verschwendete keine Zeit, das Phänomen genauer zu begutachten, sondern schlug die Richtung zu einem Auskunft versprechenden, großen Umriss weiter abseits der TARDIS ein. Die tiefen Schatten, die das fahle Mondlicht aufwarf, mahnten ihn zur Vorsicht – man konnte nie wissen, was sich in ihnen verbarg. Unwillkürlich tastete der Master nach seinem Laser Screwdriver, dessen glattes, kaltes Metall ihm ein Gefühl der Beruhigung schenkte. Die wahnwitzige Gewissheit, dass nichts und niemand ihm etwas anhaben konnte, stieg in ihm empor und trieb ihn voran. Ruhig setzte er einen Schritt vor den anderen, drang immer weiter in das unbekannte Gebiet hinein, bis er schließlich erkennen konnte, dass es sich bei den großen Umrissen um riesige, steinerne Bauten handelte, deren Ruinen aus dem hellblauen Sand ragten. Was immer hier auch geschehen war, es musste ein paar Jährchen her sein, dass die Gebäude den Zweck einer gemütlichen Behausung erfüllt hatten. Trotzdem lieferte ihm diese kleine Entdeckung keine weiteren Anhaltspunkte, wo er sich befinden konnte. Es stand einzig und allein fest, dass er nicht auf dem Planeten Erde war. Das bewies nun auch der zweite Mond, der blass und kränklich im Schein des ersten unterzugehen schien. Was dem Master jedoch völlig schleierhaft war, war diese unbestimmte Gewissheit, dass er sich wohl fühlte. So richtig pudelwohl. Hunderte von Monstern konnten in den Schatten und baufälligen Gebäuden hausen; es war ihm gleichgültig. Er fühlte sich wohl. Einem Instinkt folgend schloss er die Augen, versuchte mit allen Sinnen die unterschiedlichen Begebenheiten der Atmosphäre wahrzunehmen, spürte die Anziehungskraft, die sich leicht von der auf der Erde unterschied und holte tief Luft. Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Erschrocken riss er die Augen wieder auf und begann sich hektisch, um sich selbst zu drehen. Wie hatte ihm das entgehen können? Aber dann wurde dem Master klar, dass der Geruch allmählich stärker wurde und er zu anfangs so schwach gewesen sein musste, dass er sich in seiner Verwirrung über den unbekannten Planeten nicht weiter drum gekümmert hatte. Dennoch… Mit einem Mal spürte er Hektik in sich aufkommen, den Drang, etwas zu unternehmen, bis ihm klar wurde, dass er unsicher war, was er nun tun sollte. Er zauderte und starrte angestrengt in die Finsternis, als könnte er so all die verborgenen Dinge aus ihr hervor zerren. Dann kehrte er abrupt um. Seine Schritte beschleunigten sich, je näher er der TARDIS kam. Er musste sofort zurück, wusste er mit plötzlicher Klarheit, denn wenn nicht, wäre sein ganzer schöner Plan für die Katz. Beinahe hatte es der Master geschafft, da durchdrang ein ohrenbetäubendes Brüllen die sanfte Stille. Erschrocken wirbelte er herum und sah eine gewaltige Bestie aus der Dunkelheit hervorbrechen. Grüner Schaum spritzte auf, als es den langen, reptilienähnlichen Kopf in den Nacken warf und erneut brüllte. Trotz ihrer beeindruckenden Größe, war es vielmehr die lange, dünne Gestalt, die die Aufmerksamkeit des Masters auf sich zog. Es war offensichtlich, dass sie sich auf der Flucht vor der Monstrosität hinter ihr befand. Genauso offensichtlich war, dass sie ihre Situation gewaltig unterschätzt hatte und es nicht mehr lange dauern sollte, bis die Kreatur sie eingeholt hatte. Und fast noch offensichtlicher war, um wen es sich bei der sprintenden Gestalt handelte. Der Master zögerte. Die TARDIS Tür war geöffnet. Er brauchte nur einen Schritt zu machen, dann würde er der heranstürmenden Gefahr entkommen sein. Doch sein Körper handelte anders. Instinktiv machte er auf dem Absatz kehrt und rannte der Bestie entgegen. Ihre Augen glommen rot auf, verkündeten vom Unheil, das sie mit sich zog und über alle Unglücklichen bringen würde, die ihr in die Quere kamen. Aber davon ließ sich der Master nicht einschüchtern. Mit einem geübten Blick erkannte er die Panzerung der Bestie und wusste, dass sein Laser Screwdriver nicht viel ausrichten würde. Nein, was er brauchte, war eine Schwachstelle. Und zwar jetzt. Sofort! Wieder fuhr ihm das markerschütternde Brüllen durch alle Glieder. Die Tentakeln, die sich einer Löwenmähne gleich am Kopf befanden, peitschten durch die Luft und gaben den Blick auf einen dicken, glänzenden, aber auch ungeschützten Hals frei. Jackpot! Hastig riss der Master seinen Screwdriver hervor, zielte und feuerte den gelben, blitzschnellen Strahl ab. Das Brüllen des Untiers steigerte sich zu einem schrillen Kreischen, während es schmerzerfüllt wankte und den brachialen Lauf verlangsamte. Nur reichte das nicht. Es war immer noch viel zu nah an seinem Opfer dran, als dass die Bedrohung beseitigt wäre. Fluchend stürzte der Master vorwärts. Was er nun tun würde, missfiel ihm gänzlich, aber er schien keine andere Wahl zu haben. Mit einem Satz sprang er unmittelbar in die Bahn der beiden Rennenden und zielte erneut. Dieses Mal fiel die Bestie schreiend zurück. „Hab dich“, flüsterte der Master siegesgewiss, setzte einen weiteren Schritt nach vorne, zielte und wurde grob zur Seite geworfen. „Was-?“, entfuhr es ihm überrascht, doch da schlug er schon hart zu Boden. Wut brodelte in ihm. Wut über die missglückte Jagd, die augenblicklich schwand, als er erkannte, wessen Gewicht da gerade auf ihm lag. Fassungslos starrte er in das markante, ebenso fassungslose Gesicht des Doctors. „Doctor.“ Unglauben lag in den geflüsterten Worten, Fassungslosigkeit, Ärger, Angst vor dem, was ihm bevorstehen würde. Seine zwei Herzen klopften heftiger. Die Trommeln wurden lauter. Das Gewicht des anderen drückte ihn zu Boden und machte es im Moment der Überraschung unmöglich, an eine Flucht zu denken. Der Doctor erwiderte jedoch nichts. Stumm sah er den Master an, sah ihn einfach an, als handle es sich bei ihm bloß um ein Hirngespinst, das jeden Augenblick wieder verschwinden konnte. Verzweiflung lag in den dunklen Augen und Angst, als er vorsichtig die Hand ausstreckte und nach dem Gesicht des Masters tastete, wie um sich zu vergewissern, dass es real war. Völlig perplex ließ der Master es geschehen, dass die schmalen, langen Finger über seine Wange fuhren, wo sie sanft seine weichen Konturen nachzogen. Einen Moment zu lange. Die Erkenntnis seiner Situation traf ihn wie der Blitz. Reflexartig schlug er nach der Hand, während er sich mit aller Macht gegen das Gewicht stemmte und versuchte den Doctor von sich zu stoßen. „Runter von mir, sofort!“ Da, endlich, schienen Worte beim Doctor durchzudringen. Ein Ausdruck des Erkennens zeichnete sich in seinem Gesicht ab, als er aufstand und dem Master die Gelegenheit gab, so schnell wie möglich Abstand zwischen sie beide zu bringen. Missmutig klopfte sich dieser den Staub aus der klobigen Kleidung, in dem Versuch sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Was war mit dem Doctor los? So hatte er sich ihre erste Begegnung in seiner neuen Gestalt jedenfalls nicht vorgestellt. „Du…du… l- wie …“, entsetzt stockte der Doctor mitten im Satz, setzte erneut an und verstummte. „Was auch immer du mir mitteilen willst, Doctor. Ich glaube, die ganze Wiedersehensfreude hat dir die Sprache verschlagen.“ Als er nach langem Warten keine Antwort erhielt, fügte der Master spöttisch hinzu: „Oder hast du etwa einen Schock? Tut mir Leid, aber mit einer Decke werde ich dir nicht behilflich sein können. Ich hoffe du kommst auch ohne aus, um angemessene Worte für dieses Wiedersehen zu finden.“ „Du … wie, wie kommst du hierher?“ „Oh weißt du, ein kleiner Stern trug mich an diesen Ort…“ Der Master schnaubte und breitete verächtlich die Arme aus. „Na, wie wohl? Deine verfluchte TARDIS hat ein Eigenleben geführt. War das nicht der Plan?“ Bevor der Doctor jedoch zu einer Antwort kommen konnte, erinnerte sie mit einem Mal ein bedrohliches Knurren an das Untier, das noch immer nicht ganz ungefährlich war. Langsam griff der Master nach dem Laser Screwdriver, der ihm beim Sturz aus der Hand gefallen war, und wandte sich dem Monster zu. „Nicht!“ Genervt drehte er sich zum Doctor, während er seine Waffe gleichgültig auf das am Boden liegende Untier gerichtet hatte. „Was?“ „Lass es in Ruhe, es hat dir nichts getan.“ „Nichts getan?“, wiederholte der Master ungläubig. „Wenn ich mich nicht recht erinnere, war es vor ein paar Minuten kurz davor dich zu zertrampeln.“ „Ich bin versehentlich in sein Territorium eingedrungen. Sie wollte doch nur ihre Jungen beschützen." Mit einem Mal wich der betretene Ausdruck tiefer Verzweiflung. "Bitte!", sagte der Doctor und machte auffordernd einen Schritt auf den Master zu. "Es ist eins der letzten seiner Art, die Jungen brauchen es." "Wie niedlich. Das kommt mir irgendwie bekannt vor." Ein spöttisches Lächeln zog über das Gesicht des Masters, als er den Laser Screwdriver außerhalb der Reichweite des Doctors brachte. Sein Blick wanderte nachdenklich zu dem Monster, das sich allmählich wieder aufrappelte und er zuckte unwillkürlich mit den Achseln. Ein gelber Strahl schoss durch das diffuse Mondlicht, ein schmerzerfülltes Kreischen ertönte, dann war das Ungetüm tot. "Was hast du getan?" Aufgebracht packte der Doctor den Master an den Schultern. "Es .. es hätte leben können. Ich hätte einen sicheren Ort für sie und die Jungen gefunden, wo sie keine Angst vor Eindringlingen haben müssten." "Ich habe es von seinen Schmerzen befreit." "Du hast es getötet!" "Ist das nicht das Gleiche?" Unbeeindruckt befreite sich der Master aus dem Griff des Doctors und brachte wieder einen angemessenen Abstand zwischen sie beide. Die Trommeln hatten begonnen, mit ihren dröhnenden Lauten sein Denken einzunehmen. Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er das Monster getötet hatte. Um seinen Fehler auszumerzen? Um den Doctor zu quälen? Weil er Freude am Töten hatte? Er kannte die Antwort nicht und wusste, dass er sie auch nie finden würde. Sie war verloren, tief in dem Hämmern seiner immerwährenden Trommeln. Der Doctor sagte nichts. Es war ihm anzusehen, wie er mit den unterschiedlichsten Gefühlen rang, unsicher darüber war, was er nun tun sollte. Dennoch bemerkte der Master dieses klaffende Loch. Er konnte sich nicht ganz genau an ihn aus seiner Zeit als Professor Yana erinnern, doch war er sich sicher, dass es nie so ... endgültig gewesen war, so tief und schwer und leer. Aber was kümmerte ihn das überhaupt? Es hatte ihn nicht zu kümmern! Vielmehr sollte er sich darüber Gedanken machen, wie er seinen ruinierten Plan noch retten konnte. Der Doctor hatte ihn in seiner neuen Gestalt gesehen. Er wusste nun, nach wem er Ausschau halten musste, da würde auch sein Archangel Network nichts ausrichten können. "Nun, das war doch mal eine nette Begegnung", meinte der Master schließlich, der wusste, dass es das Beste war, einfach wieder zu gehen. "Ich würde sagen, man sieht sich." "Warte!" Hastig eilte der Doctor ihm hinterher, in dem Versuch ihn aufhalten zu können. "Bitte geh noch nicht." Spöttisch drehte der Master sich zu ihm um. "Was soll das denn heißen? Du musst mich aber wirklich vermisst haben. Wie hast du es nur all die Jahre ohne mich ausgehalten?" Augenblicklich erstarrte der Doctor. In seinem Gesicht offenbarte sich so viel Leid und Schmerz, dass der Master es nicht ignorieren konnte. Er wollte sich an ihn wenden und fragen, was geschehen war, doch fand er auf der Suche nach der richtigen Frage einzig den stetigen Rhythmus der Trommeln in seinem Kopf. Bei jedem Schlag zwangen sie ihn zu einem weiteren Schritt, erinnerten ihn daran, dass mit jedem Wort sein glorreicher Plan gefährdeter war. Würden sie dann verstummen? Vor der TARDIS hielt der Master letztlich inne. Die Widerstehung war zu groß. Mit einem Grinsen wandte er sich zum Doctor und rief: "Mach's gut, wir sehen uns!" "Halt, warte bitte!" Doch der Master war es leid, die ganze Zeit zum Warten aufgefordert zu werden. Er setzte zu einem weiteren Schritt an, als plötzlich ein Fingerschnippen ertönte und die TARDIS-Tür vor seiner Nase zu schlug. "Was für ein toller Trick!", entfuhr es dem Master. Missmutig starrte er die hochgewachsene Gestalt an, deren Hand noch immer ausgestreckt war, um wenn nötig erneut mit den Fingern zu schnippen. "Bitte bleib", war alles, was sie sagte. Es reichte aber, um den Master umzustimmen. Etwas an den Worten, etwas an dem flehentlichen Unterton überzeugte ihn schließlich. "Also gut", erklärte er sich widerstrebend einverstanden, während er an der Wand der blauen Telefonzelle entlang auf den sandigen Boden glitt. Was konnten die paar Minuten schon schaden? Der Doctor würde ein bisschen von seiner ehrenhaften Aufgabe das Universum zu retten erzählen, vielleicht auch davon wie es sich als fast letzter Time Lord so lebte, er würde ihm ein falsches Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln können und dann war er auch wieder weg - zurück bei seiner Arbeit als Harold Saxon. "Ich höre, was gibt's zu erzählen?" Ausdruckslos sah der Doctor auf den anderen Time Lord hinab und gab doch kein Wort von sich. Seine innere Zerrissenheit schien greifbar in der Luft zu wabbern. "Wenn das hier auf gegenseitiges Anschweigen hinausläuft, gehe ich jetzt. Ich hab noch so einiges zu tun, Doctor." "Gib mir einen Moment." Zufrieden horchte der Master auf und beobachtete, wie sich der Doctor bedächtig in den hellblauen Sand setzte. "Dann schieß mal los. Konntest du das Universum nicht retten? Hat eins deiner kleinen Erdenmädchen mal wieder ein Problemchen gemacht oder hast du andere Sorgen, die du dir von der Seele reden musst, so von Time Lord zu Time Lord?" Verschwörerisch blinzelte der Master dem Doctor zu. "Darum geht es nicht." "Ach nein?" In gespieltem Erstaunen beugte sich der Master vor. "Worum dann?" "Um...", der Doctor hielt inne. Mit einem Mal sah er unglaublich alt aus. "Es geht um dich." "Um mich?", echote der Master ungläubig. Die Trommeln nahmen plötzlich einen warnenden Klang an. Der Master spürte, dass in den Worten des Doctors mehr mitschwang, als er erfassen konnte. Hatte die TARDIS ihn deswegen hierher gebracht? Musste er tatsächlich mit dem Doctor einen Plausch halten? Dann kam ihm ein anderer Gedanke: "Oh ich weiß, worum es geht! Du willst mir den Krieg ausreden, nicht wahr? Du möchtest, dass ich 'wieder zur Vernunft' komme und mich mit dir bei einer netten Tasse Tee ausrede." Der Doctor schwieg und beobachtete bloß, wie die anfängliche Begeisterung Ungeduld und schließlich Ärger wich. "Was ist?", fuhr der Master ihn an. "So ganz kann das nicht funktionieren, wenn das Gespräch nur von einer Seite verläuft." "Die Trommeln ... hörst du sie immer noch?" "Natürlich, höre ich sie, Doctor!", fauchte der Master und erstarrte. Langsam wandte er sich an den Doctor. Die Trommeln dröhnten, seine Herzen schlugen schneller, heftiger, als Hoffnung in ihm emporwuchs; unerwünschte Hoffnung. "Kannst du sie hören?", fragte er atemlos. Stumm schüttelte der Doctor den Kopf. "Es tut mir leid." "Wie solltest du auch?" Wütend auf sich selbst, dass er so schnell Hoffnung geschöpft hatte, trat der Master in den Sand. Eine Staubwolke wirbelte auf und blieb reglos in der Luft schweben. "Aber wenn du mich lassen würdest, dann könnte ich dir vielleicht helfen. Gemeinsam könnten wir den Ursprung herausfinden." "Oder mich gleich in die Klapse einweisen." Ein freudloses Lachen entfuhr ihm. "Das hatten wir schon einmal, Doctor, erinnerst du dich? Es ist alles nur in meinem Kopf. Und da trommeln sie und trommeln sie und trommeln sie und trommeln sie. Hörst du?" Der Master legte den Kopf schief und schlug im Takt der Trommeln gegen das blaue Holz der TARDIS. dadadadam, dadadadam, dadadadam, dadadadam. "Jahrhunderte lang sind sie schon da in dem Kopf des verrückten Time Lords. Und du glaubst, du kannst mir helfen? Du glaubst ja noch nicht einmal, dass sie überhaupt existieren!" Müde schüttelte der Doctor den Kopf. "Ich glaube, sie sind der Schlüssel zu etwas Großem." "Ach, tatsächlich?" Überrascht hielt der Maste in seinem Trommeln inne. "Wie kommt's?" "Ich-...", wieder stockte der Doctor mitten im Satz, als wüsste er nicht, was er sagen sollte, was er sagen durfte. Ein unangenehmer Verdacht beschlich den Master, den er unwirsch verdrängte. Das konnte nicht sein! "Ich ... mir wurde eine Prophezeiung gemacht", sagte der andere Time Lord schließlich. "Oho jetzt wird es magisch!", rief der Master und lehnte sich grinsend an die TARDIS, die Hände in den Taschen seiner Arbeitskleidung vergraben. "Ich werde sterben." Für den Bruchteil einer Sekunde entglitt dem Master das Grinsen, dann hatte er sich wieder gefasst. "Und? Was ist schon eine Regeneration? Schau dir mein neues Ich an: Jung, gutaussehend, charismatisch, das unwiderstehliche Lächeln ..." "Das ist es nicht." Bei dem Gedanken an die unheilverkündenden Worte zog der Doctor die Beine leicht an. Die dunklen Augen waren irgendwo auf die endlose, hellblaue Weite gerichtet oder vielleicht doch auf einen Punkt, den nur er kannte. "Ich mache mir ... Sorgen. Du weißt, selbst wenn wir nicht sterben, fühlt es sich trotzdem wie Sterben an. Nach jeder Regeneration ist man jemand komplett neues, jemand vollkommen anderes. Ein Teil stirbt mit dem alten Körper und macht jemandem Fremdes Platz." "Da kann man nur hoffen, dass dein neues Du nicht auch so schrecklich viel Trübsal blasen wird." "Und manchmal kann es passieren, dass eine Regeneration nicht richtig ablaufen kann", fuhr der Doctor unbeirrt fort. "Auch wir Time Lords sind nicht unsterblich." Etwas an der Endgültigkeit dieser Worte jagte dem Master einen Schauer über den Rücken. "Du meinst das ernst, oder?" Seufzend rutschte er wieder am Holz der blauen Telefonzelle zu Boden und legte den Kopf in den Nacken. "Du glaubst, du wirst wirklich sterben. Durch mich?" Erschrocken starrte der Doctor ihn an. "Jetzt guck nicht so! Hältst du mich wirklich für so dämlich? Natürlich sehe ich, dass du etwas älter geworden bist. Du bist aus der Zukunft und hier bin ich - tadaaa - deine Vergangenheit. Also sag schon, hab ich dir das Leben so sehr zur Hölle gemacht, dass du glaubst, bald zu sterben?" "Ich ... ich weiß es nicht", verunsichert senkte der Doctor den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar. "Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Das alles läuft vollkommen aus dem Ruder. Ich weiß nicht einmal, wie es sein kann, dass ich dich hier treffe. Das ist doch fast schon paradox..." Plötzlich durchzuckte ihn die Erkenntnis. Der Blick auf die klobige, nicht gerade schmeichelhafte Arbeitskleidung des Masters bestätigte sie. "Die Paradoxmaschine!" Misstrauisch kniff der Master die Augen zusammen. "Doctor, woher...", aber dann hatte auch er erkannt. "Wie lange weißt du davon?" "Oh es hat ein bisschen gedauert, bis ich sie gefunden habe, du hast es uns nicht leicht gemacht, nur ...", das anfängliche Lächeln erlosch augenblicklich, als dem Doctor klar wurde, was er da gerade tat. "Nur?" "Das wirst du früh genug herausfinden." Für einen kurzen Moment war nichts mehr von der erdrückenden Trauer zu spüren, die auf dem Doctor lastete. Für einen kurzen Moment erlaubt er es sich, in dieser Unwirklichkeit zu schwelgen, diesem Paradox, das er sich so sehr herbei gesehnt hatte. Er und der Master, zusammen unterwegs durch das Universum. "Da du gerade von 'uns' sprachst, wo sind eigentlich deine Erdlinge, die dir auf Schritt und Tritt folgen? Martha hieß sie, nicht wahr? Martha Jones und dieser Freak." "Sie begleiten mich nicht mehr, das ist besser für sie", entgegnete der Doctor knapp. Doch der Master ließ nicht locker. Es bereitete ihm Freude, den wunden Punkt des Doctors zu kennen und drin herumzustochern. Jetzt hatte er wieder die Kontrolle. "Und was ist mit anderen? Irgendjemanden treibst du doch immer auf, der dir unbedingt folgen muss und bereitwillig sein Leben gibt für dich und deine Mission der Retter allen Lebens zu sein." Donna kam ihm in den Sinn. Wundervolle Donna. Ein Companion, von dem er geglaubt hatte, nie mit dem Problem konfrontiert zu sein, dass ein gewisses Interesse nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Und jetzt war sie da draußen im 21. Jahrhundert irgendwo auf der Erde ohne eine Erinnerung an ihre gemeinsamen Abenteuer. "Ich ... ich reise nur noch allein", sagte der Doctor mit belegter Stimme und strich sich mit einer fahrigen Geste durchs Gesicht. "Das ist besser so." Das leise Flüstern tief in ihm, diese Gewissheit, dass er jemanden dabei haben musste, Donnas Stimme, die ihn daran erinnerte, konnte er jedoch nicht ausblenden. Als hätte der Master dieses Flüstern gehört, fragte er: "Ist es das wirklich?" "Ja, ist es." "Das hört sich aber nicht so an." Feixend beugte sich der Master vor. "Ich hoffe doch nicht, dass das alles mein Verdienst war." Der Blick, mit dem der Doctor ihn daraufhin bedachte, brachte ihn zum Verstummen. "Doctor, habe ich recht?" Er bekam keine Antwort stattdessen, regte sich eine Idee in ihm, eine ganz und gar beunruhigende Idee. "Willst du mir etwas von meiner glorreichen Herrschaft über die Erde erzählen? Ich kandidiere derzeit für das Amt des Primierministers, da musst du doch bestimmt mehr von wissen. Ich war erfolgreich, oder?" Der Doctor nickte und wich abwehrend dem neugierigen Blick des Masters aus. "Lass uns über etwas anderes sprechen." "Was denn? Deinen Tod? Meine Trommeln? Doctor, allmählich wird es langweilig. Ich kann nur hoffen, dass deine erste Begegnung mit meinem neuen Ich nicht auch so trübselig verlaufen ist." Ein undurchschaubarer Ausdruck huschte über das Gesicht des Doctors, als er sich an die Ermordung von President Winters an Bord der Valiant erinnerte. "Nicht ganz." "Na also", sagte der Master zufrieden und erhob sich, bereit den Rückweg anzutreten. "Bitte denke über mein Angebot nach. Vielleicht kann ich dir helfen, Master." Der Master erstarrte. Es war das erste Mal, dass der Doctor seinen Namen ausgesprochen hatte. Das Gefühl beschlich ihn, das irgendetwas falsch war, dass ihn etwas in der Vergangenheit - seiner Zukunft - erwarten würde, was nicht seinem Plan entsprach. "Warum hier?", flüsterte der Master und wandte sich langsam an den Doctor. "Du hättest überall dieses Geschwätz führen können. Du hättest mein Zukunfts-Ich mit deinen Ängsten langweilen können ... warum hier und jetzt?" Der Doctor blieb stumm. Doch sein leeres Gesicht verriet ihn. Plötzlich wusste der Master die Frage, nach der er so vergeblich zu Beginn ihrer Begegnung gesucht hatte. "Was ist mit mir passiert?" Keine Antwort. "Doctor, sage mir: Was ist passiert?" "Es tut mir leid, dass kann ich nicht." Tiefer Schmerz lag in diesen Worten. Alles am Doctor schien förmlich danach zu schreien, es doch zu tun und ihm seine Zukunft zu verraten. Der Master versuchte es auf eine andere Art und deutete hinter sich mit einem verschwörerischen Grinsen. "Paradoxmaschine, schon vergessen? Vielleicht kann ich ja einen deiner kleinen Fehlerchen verhindern." "Es tut mir so leid, aber das geht nicht." "Du weißt, dass du gerade alles in der Hand hast, um mich davon abzuhalten, das gesamte Universum zu unterwerfen..." Dann hatte der Master plötzlich eine Eingebung. "Das Trommeln", flüsterte er und schluckte, "hat es aufgehört?" Die Erinnerung durchzuckte den Doctor, wie der Master in seinen Armen lag, sich weigerte, sich zu regenerieren und er hörte wieder die Frage, diese hoffnungsvolle und fast schon ängstlich gestellte Frage, ob sie dann endlich verstummen würden. Mit einem Mal hasste der Doctor die Trommeln. Etwas in ihm wollte daran glauben, dass ohne diese Trommeln der Master vielleicht nie von diesem Gedanken besessen gewesen wäre, das Universum unter seine Kontrolle zu bekommen. "Ich hoffe es", antwortete er schließlich. "Wie war das?" Erschrocken biss sich der Doctor auf die Zunge und betete darum, dass der Master endlich verschwinden würde, damit er nicht noch mehr Unheil im Gefüge der Zeit anrichten konnte. Ein anderer Teil jedoch wollte diesen Augenblick nie enden lassen, wollte, dass es für immer so sein würde. Sie beide zusammen auf diesem seltsamen Planeten - die letzten ihrer Art. "Oh nein", murmelte der Master plötzlich. Ihm war eine Möglichkeit in den Sinn gekommen, die ihm undenkbar schien. Immer wieder zählte er die Satzfetzen zusammen, die dem Doctor unbedacht über die Lippen gekommen waren. Sie waren simpel, es war wie das Einmaleins dieser Erdlinge, das sie immer im Fernsehen zeigten, es gehörte nicht viel dazu, um das Ergebnis zu erhalten, doch weigerte sich sein Verstand das zu akzeptieren. "Sterbe ich?" Der Doctor zeigte keine Regung. "Doctor, sterbe ich?", wiederholte der Master und trat langsam auf ihn zu. Panik kam in ihm auf. Der Gedanke, dass er es nicht mehr rechtzeitig schaffen würde zu regenerieren, dass er einfach so sterben würde, tot sein würde, war unerträglich. Und doch machte es mit einem Mal Sinn, warum der Doctor vom Tod gesprochen hatte. Was wenn sich das ganze Gespräch auf ihn bezogen hatte, wenn der Doctor ihn hatte warnen wollen? "Sag es mir!", brüllte der Master da, während er sein Gegenüber am Kragen des Mantels packte und schüttelte. Die unausgesprochene Entschuldigung in den dunkelbraunen Augen war Antwort genug. Unvermittelt ließ der Master wieder los und starrte regungslos auf den Doctor, sah in das Gesicht, erwiderte dessen Blick, schaute zu Boden und versuchte vergeblich die Bedeutung zu erfassen. Nach all der Zeit, in der er immer wieder den Tod ausgetrickst hatte, würde es mit ihm in nicht allzu ferner Zukunft zu Ende gehen. "Das kann nicht sein", flüsterte er und taumelte zu Boden. "Das kann nicht sein." Langsam ging der Doctor in die Hock. Er unterdrückte den Drang, seine Hand nach dem Master auszustrecken und ihm zu verstehen zu geben, dass er nicht allein war, dass auch er Angst vor dem hatte, was ihn allzu bald erwarten würde. "Ich weiß, wie es dir geht", flüsterte er schließlich. "Ich werde auch bald sterben. Mein Lied ist beendet, wenn es ..." Der Rest seiner Worte erstarb, als er mit einem Mal die ungeheuerliche Bedeutung erfasste. Wenn es viermal klopfte... genauer: Er wird viermal klopfen. Der Horror, der ihn bei dieser Erkenntnis überkam, ließ ihn unwillkürlich vor dem Master zurückweichen. Plötzlich wusste er nicht mehr, ob er sich über die Tatsache, dass der Master vielleicht nicht endgültig tot war freuen, oder ob er sie fürchten sollte. Mit dumpfen Blick starrte der Master den Doctor an. "Wenn was?", fragte er. "Vergiss es am besten wieder." Dieses eine Mal hörte der Master auf den Doctor. Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass Sorge um den Doctor sein Denken beschäftigen konnte. Sterben ... die eine Sache, die er niemals tun wollte, würde ihm also wiederfahren. "Und wenn man es aufhalten könnte", murmelte er. Irgendwie musste es doch eine Möglichkeit geben! Seine Gedanken wirbelten im Takt der Trommeln umher auf der Suche nach einem Ausweg. Jeder Schlag schmetterte auf ihn nieder, schmerzte und trieb seine Angst voran. "Irgendwie muss ich das verhindern können!" "Die Entscheidung liegt bei dir", brachte der Doctor hervor, der den Master nicht länger so sehen wollte. Vielleicht hoffte auch ein kleiner Teil von ihm, dass es dann anders kommen würde. Dass er nicht mitansehen musste, wie sein einstiger Freund in seinen Armen starb. Der Master fuhr herum. Die Stimme des Doctors riss ihn aus seinem Gedankenwirrwarr, nur um ihm die gesuchte Möglichkeit zu präsentieren. "Du weißt es", flüsterte er und kroch auf ihn zu. "Sag es mir! Sag mir was ich tun muss!" Erschrocken wich der Doctor zurück, rutschte durch den Staub, bis sie beide in eine hellblaue Wolke eingehüllt waren. "Ich kann es nicht", antwortete er leise gegen seine Angst ankämpfend. Er wird viermal klopfen. "Ich kann es wirklich nicht." "Unsinn", knurrte der Master. "Das sind alles Regeln, die wir uns selbst auferlegt haben. Guck dir die Paradoxmaschine an! Es ist möglich, Doctor." Beklommen erwiderte der Doctor den Blick der weit aufgerissenen Augen des Masters. Er sah einen Anflug von Wahnsinn in ihnen flackern und die Hybris, die ihn selbst eines besseren gelehrt hatte, als er auf dem Mars überzeugt gewesen war, gegen den Fluss der Zeit bestehen zu können. "Es geht nicht, glaub mir. Ich würde nichts lieber tun, aber die Entscheidung liegt in deiner Hand." "Erzähl mir keinen Blödsinn!", fauchte der Master, packte den Doctor am Trenchcoat und riss ihn zu sich heran. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ihr Atem ging stoßweise und vermischte sich, blieb warm auf der Haut zurück. "Sag mir, was ich wissen muss!" Er spürte die Angst, den rasenden Zorn, den Drang zu überleben und wusste nicht mehr, ob es seine eigenen Gefühle waren oder die des Masters. Für einen kurzen Moment schloss er einfach nur die Augen. Er wird viermal klopfen. Sein Ende schien nah. Viermal Klopfen. Das konnte nur das Trommeln im Kopf des Masters sein. Plötzlich fiel er zurück, als der Master seinen Griff losließ. Doch bevor er sich gänzlich fangen konnte, packten ihn die Hände des Masters erneut, fuhren mit den Fingerspitzen durch sein Haar und platzierte die Daumen jeweils an den Schläfen. Erschrocken versuchte sich der Doctor zu befreien, doch es gab kein Entkommen. Wie in einem Schraubstock hielt der Master ihn gefangen. Sein entschlossener Blick bohrte sich in den des Doctors. "Nein", krächzte er heiser von dem Staub in der Luft. "Nicht." Mit aller Macht wehrte er sich gegen die telepathische Verbindung. Er spürte wie der nackte Überlebenswille des Masters sich gegen seine Barrikade warf, die er schützend um sein Denken gezogen hatte. Erschöpft versuchte er der ungeheuren Gewalt standzuhalten, bis sie in einer Explosion aus Schmerz schließlich fiel. Was der Master jedoch fand, war nicht die Antwort, nach der er suchte. Wie eine gewaltige Flutwelle schlugen die letzten Ereignisse des Doctors über ihn zusammen und begruben ihn unter sich. Verluste einer schwerer als der andere wälzten sich auf ihn, zerquetschten ihn mit ihren Schuldgefühlen unter sich. Da waren Leid und Trauer und Schmerz, sie alle hatten sich zu einem bodenlosen Loch geformt, das gierig an dem exzentrischen Geist des Doctors zehrte. Der Kontakt brach ab. Schweratmend ließ sich der Master zurückfallen und starrte mit Entsetzen auf den Doctor. "Was ist passiert?", wiederholte er. Doch dieses Mal erwartete er keine Antwort. Die Emotionen, deren Zeuge er gerade geworden war, reichten ihm. Plötzlich fühlte er sich unglaublich machtlos. Er hatte gesehen, was dem Doctor bei seinem Versuch das Leben derjenigen zu retten, die seit Urbeginn der Zeit zum Tode verurteilt waren, passiert war. Wie ausweglos ein solcher Versuch schien. Eine gefühlte Ewigkeit herrschte Schweigen. Noch immer kämpfte der Doctor gegen das Dröhnen in seinem Kopf. Das gewaltsame Eindringen des Masters hatte alle seine Sinne durcheinander gebracht, sodass er während des Kontakts alles und nichts gespürt hatte. Er glaubte sich dumpf daran zu erinnern, einen Viertakt gehört zu haben, doch konnte das genauso gut ein Produkt der wahnsinnigen Gedanken des Masters gewesen sein. Schließlich war es der Master, der sich als erster wieder gefasst hatte. Wortlos stand er auf und beobachtete, wie es der Doctor ihm nachtat. Er wird viermal klopfen. Der Satz stand unausgesprochen zwischen ihnen. Das leise Wissen, war in ihnen empor gekrochen, dass jeder das Leben des jeweils anderen in der Hand hatte. Und so schien es richtig für den Moment. "Doctor", flüsterte der eine. "Master", erwiderte der andere. Mehr gab es nicht zu sagen. Die unbestimmte Gewissheit erfüllte sie, dass sie sich wiedersehen würden, dass - trotz allen düsteren Prophezeiungen - dies nicht ihr Ende war, denn in den unergründlichen Tiefen des Universums schlummerte ein größeres Schicksal, das für sie bestimmt war. Stumm wandte sich der Master ab. Hinter ihm fiel leise die TARDIS-Tür ins Schloss, während sich vor ihm das unheilverkündende Steuerpult erstreckte. Die monströse Paradoxmaschine versprach von Ruhm und Erfolg, vom Krieg und der Niederlage der Menschheit. Und doch konnten diese Gedanken den Master nicht mehr erfreuen, wusste er letztlich, was ihm am Ende dieses siegreichen Weges erwarten würde. Der Tod. Der unausweichliche, endgültige Tod. Die Vorstellung machte ihn wütend. Er war nicht so weit gekommen, um am Ende seines Triumphes kläglich dahinzuscheiden. Nein, was er brauchte, war einfach nur die richtige Idee. Er war kurz davor Primierminister zu werden, er würde den Doctor achtzehn lange Monate an der Nase herumgeführt haben, er hatte die Toclafanes erschaffen, da musste es eine Möglichkeit geben, den Tod zu umgehen! Toclafanes ... Wie ein Schlüssel hatte dieser Gedanke eine Tür geöffnet, aus der plötzlich all die alten Time Lord Überlieferungen quollen. Er erinnert sich als kleiner Junge all diesen phantastischen Abenteuern gelauscht zu haben, die ihm völlig unglaubliche Möglichkeiten offenbart hatten. dadadadam, dadadadam, dadadadam, dadadadam Geistesabwesend hatten seine Finger zu trommeln begonnen. Sein Blick fiel auf den schmalen goldenen Ehering und plötzlich hatte er zu seinem siegessicheren Grinsen zurückgefunden. Es gab eine Geschichte, die von einem Ring erzählte, der Unsterblichkeit verlieh und es war lange kein Geheimnis mehr, das fast jede dieser Geschichten einen wahren Kern enthielt. So auch diese. Mit einem Lachen setzte der Master die Maschinerie der TARDIS in Gang mit dem Wissen, dass es ein Leichtes für ihn werden sollte, diesen wahren Kern herauszufinden. ~The End~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)