Mukashi Mukashi von Yamato_ (Once Upon a Time (Takari)) ================================================================================ Prolog: Kizuna (Gefühlsbande) ----------------------------- Disclaimer: Alle Digimon, und Erabareta Kodomo gehören nicht mir, sondern Bandai und Toei Animation. Ich leihe sie mir nur aus, und gebe sie (hoffentlich unbeschädigt) wieder zurück. Dies ist eine Fanfiction und ich mache keinen Profit damit. Author: Yamato (auf Animexx Julie) Rating: PG-13 (oder FSK 12) Spoiler: Das Ende von Adventure, außerdem 02 bis etwa Folge 19 und ein paar Mini-Spoiler für spätere Folgen. Fortsetzung: Mukashi Mukashi ist mit fünf Teilen ganz ähnlich aufgebaut wie Ashita wa Kitto: Part 0 (Prolog): Kizuna Part 1: Kibou Part 2: Hikari Part 3: Shinjitsu Part 4 (Epilog): Omoi Mukashi Mukashi kann für sich alleine stehen, aber wenn man beide Geschichten im Doppelpack liest, werden manche Handlungsstränge klarer. Die Reihenfolge ist dabei nicht entscheidend. Auch Walk on the Edge spielt im selben Universum, deshalb habe ich am Anfang von Kibou ein paar Stellen daraus zitiert. Arigatou: Diese Story widme ich meinem Brüderchen Takeru, a.k.a. Satoshi-kun * * * Mukashi Mukashi... Once upon a time… Es war einmal... Es war einmal und war auch nicht, jenseits der uns bekannten Datenbahnen, hinter den sieben verwunschenen Servern, geheimnisvoll verborgen auf der Rückseite des www. eine verzauberte Welt, die noch nie ein Mensch betreten hatte. Diese Welt war die Heimat der Digimon, kleiner fröhlicher Wesen, die glücklich und sorglos in den Tag hineinlebten. Eine Welt des Friedens und des Frohsinns, in der man das Böse nicht kannte. Aber, in den Wirren der Computerviren, gab es noch eine andere Welt, einen grauenvollen Ort der Finsternis, an dem schreckliche Dämonen hausten und gar furchtbare Monster ihr Unwesen trieben. Voll Neid und Mißgunst blickten die Dämonen in die kleine friedliche DigiWelt hinauf und schmiedeten hinterhältige Pläne, wie sie die Macht über diese Welt erringen und sie in ewige Dunkelheit stürzen konnten. Und so geschah es, daß eines Tages ein mächtiger Gott des Bösen seine Armee der Dunkelheit in die DigiWelt führte, wo sie großes Unheil anrichtete und furchtbares Leid über die unglücklichen Digimon brachte. Als aber die Not am größten war, kamen zwei Menschenkinder in die Welt der Digimon, ein Junge und ein Mädchen. Gemeinsam mit ihren Digimon Partnern stellten sie sich dem bösen Gott mutig entgegen. Da sie aufrichtig und guten Willens waren, verliehen ihre reinen Herzen den Digimon Partnern die Kraft auf ein höheres Level zu digitieren. Aber all dies reichte nicht aus, um den finsteren Dämon zu besiegen. Als sie aber schon glaubten, daß alles verloren war, und ihre Digimon Partner besiegt am Boden lagen, da verlieh die Kraft der Liebe, die sie füreinander empfanden, den Digimon neue Energie. Nur durch die Kraft dieser Liebe erreichten ihre Digimon Partner das Megalevel und konnten den bösen Gott schließlich besiegen. Sie verbannten ihn für immer in die Welt der Finsternis zurück und versetzten ihn in einen tiefen Schlaf Der Dämon schwor fürchterliche Rache und prophezeite ihnen, daß er zurückkommen und ihre Herzen mit Dunkelheit umhüllen werde. Aber die Kinder hatten keine Angst vor ihm. Sie wußten ja, daß ihre Liebe stärker sein würde, als jede Dunkelheit. Alle Digimon jubelten, als sie erfuhren, daß sie endlich von den bösen Mächten befreit waren. Gemeinsam mit den beiden Kindern feierten sie ein riesengroßes Freudenfest, bei dem gesungen, getanzt und gelacht wurde. Als das Fest vorüber war, kehrten die beiden Kinder wieder in die reale Welt zurück. Sie wurden erwachsen, heirateten und hatten wieder Kinder, die ihrerseits in die DigiWelt gingen. Und so ging es weiter bis zum heutigen Tage und so wird es auch in Zukunft sein, bis in alle Ewigkeit. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Owari * * * Prolog: Kizuna (Gefühlsbande) Langsam erhob sich die riesige Sonnenscheibe über den Horizont. Ihre fließenden Strahlen strichen über Bäume und Sträucher hinweg, und verbreiteten das erste schimmernde Licht. Es versprach ein wunderschöner goldener Morgen in der DigiWelt zu werden. Der Junge, der auf dem kleinen Hügel am Waldrand stand und auf die Wiese hinausblickte, wußte genau, daß der Schein trog, denn wie kaum ein anderer DigiRitter hatte er die Fähigkeit, Veränderungen in der digitalen Welt wahrzunehmen. Nein, es waren keine dunklen Ahnungen. Weder spürte er die Präsenz von bösen Mächten, noch konnte er in die Zukunft sehen. Solche übernatürlichen Fähigkeiten besaß er nicht. Nein, für ihn waren es die Digimon. Über die Jahre hatte er gelernt, ihre Sprache zu verstehen, selbst dann, wenn sie sich nicht in Worten mitteilten. Von klein auf hatte er immer eine ganz besondere Verbindung zu den Wesen der digitalen Welt gehabt, und er war noch sehr klein gewesen, als er zum ersten Mal hier gewesen war. Damals konnte er die zwischenmenschlichen Probleme in der Gruppe oft nicht richtig durchschauen. Den Digimon dagegen hatte er sich immer sehr nahe gefühlt. Sie hatten ihn verstanden und er sie. Daß das etwas Besonderes war, war ihm früher nie bewußt gewesen. Erst jetzt, als er mit neuen Freunden hierher zurückgekehrt war. Er seufzte leise. Die neuen DigiRitter konnten oft die allereinfachsten Dinge nicht begreifen. Schon viele Male war er damals morgens aufgewacht, meist kurz vor Sonnenaufgang, wenn seine Freunde und sein großer Bruder noch schliefen. Als echter Frühaufsteher war der Morgen für ihn die schönste Zeit des Tages. Ganz besonders hier in der DigiWelt; es war wundervoll dabei zuzusehen, wie sie langsam aus ihrem Schlummer erwachte. Obwohl es insgesamt ruhig war, konnte man überall Geräusche hören, man mußte nur sehr aufmerksam lauschen. In den Bäumen und Büschen raschelte es geheimnisvoll und aus der Ferne hörte man manchmal das Stampfen riesiger Dinosaurier Digimon. In der Nähe von Flüssen oder Seen konnte man viele Digimon beobachten, die zum Trinken kamen, oder ein Bad nehmen wollten. Selbst scheue Digimon waren fröhlich und verspielt, wenn der neue Tag begann. Eine solch grauenhafte Stille wie an diesem Morgen hatte er noch nie erlebt. Kein Rascheln, kein Plätschern, keine Rufe aus der Ferne. Nichts. Es war, als ob die Digimon sich vor dem Anbruch des Tages fürchteten und sich noch tiefer in ihre Verstecke verkrochen. Mit einem Mal wurde ihm bewußt, daß jeder Morgen so sein mußte, seit der Digimon Kaiser diese Welt bedrohte. Sein Herz krampfte sich zusammen. “Warum erst jetzt?“ fragte er sich bitter, “wir hätten viel früher etwas gegen diesen Verbrecher unternehmen müssen! Wir hätten nicht zulassen dürfen, daß er auch nur einen einzigen Tag Macht über diese Welt hat.“ “Wenn man jeden Abend nach Hause zurückkehren und in seinem warmen sicheren Bett schlafen kann, ist es viel einfacher die Gefahr zu verdrängen,“ sagte eine leise Stimme hinter ihm. “Damals hatten wir keine Wahl, wir mußten uns jedem Problem sofort stellen. Aber heute können wir uns aussuchen, wann und wie oft wir in die DigiWelt gehen wollen. Wir müssen nicht mehr auf der nackten Erde schlafen und haben immer genug zu essen. Und wenn die Gefahr zu groß wird, gehen wir einfach wieder nach Hause. Das reinste Adventure Spiel, wie Miyako-san schon sagte.“ “Mir war gar nicht bewußt, daß ich laut gedacht habe.“ Er drehte sich um und sah sie zärtlich an. “Wie lange bist du schon wach?“ “Eine Weile schon, aber ich wollte dich nicht bei deiner Zwiesprache mit der DigiWelt stören. Ich hab‘ nicht besonders gut geschlafen.“ “Aber du störst doch nicht, niemals!“ Er ergriff ihre Hände und als er merkte, wie kalt sie waren, begann er sie warm zu reiben. “Hattest du wieder einen dieser Alpträume? Konntest du deshalb nicht gut schlafen?“ “Ich bin mir nicht ganz sicher.“ Ohne seine Hände loszulassen, drehte sie sich um und lehnte ihren Rücken an seine Brust. “Der letzte lag ja schon Monate zurück. Irgendwann im Mai, glaub‘ ich, aber es ist alles so verschwommen. Ich kann mich einfach nicht daran erinnern, so sehr ich es auch versuche. Ich weiß nur, daß ich immer viele solcher Träume hatte, als ich klein war.“ “Ja, davon hat Taichi-sempai mir erzählt. Er sagte, du bist früher oft krank gewesen und hattest Fieberträume. Du hast manchmal im Schlaf geredet, aber er weiß auch nicht mehr, worüber. Deine Eltern haben ihm gesagt, die Träume kämen vom Fieber und würden aufhören, sobald es dir wieder besser ginge.“ “Aber du glaubst das nicht?“ Ihre Frage schwebte irgendwo zwischen ungläubig und hoffnungsvoll. “Nein.“ Nachdenklich spielte er mit einer der langen Haarsträhnen an ihren Schläfen. “Ich bin mir sicher, daß es etwas zu bedeuten hat.“ “Dann bist du der erste,“ murmelte sie. “Alle, denen ich davon erzählt habe, haben immer nur gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen, das kommt vom Fieber und hat nichts zu bedeuten.“ Vielleicht kam eher das Fieber von den Träumen, dachte er, sprach den Gedanken aber nicht laut aus. Bis jetzt war es nur eine Theorie und er wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Er sah zum Lagerplatz hinüber, wo Daisuke, Miyako, Iori und ihre Digimon noch fest schliefen. “Es gibt noch ein paar mehr Dinge, die mir große Sorgen machen. Du hast recht mit dem, was du vorhin gesagt hast, es ist nicht mehr wie früher. Seit wir wieder Zugang zur DigiWelt haben, können wir kommen und gehen, wann wir wollen, es ist wirklich wie ein Adventure Spiel. Und die neuen DigiRitter kennen es nicht anders. Ich glaube immer noch nicht, daß sie wirklich begriffen haben, worum es hier geht.“ “Worauf willst du hinaus, Takeru-kun? Beunruhigt wandte sie sich ihm wieder zu. “Sollen wir beide etwa alleine...“ Sein Blick glitt an ihrem Gesicht entlang und blieb an ihren erdbeerfarbenen Lippen hängen. Er hatte sie noch nie geküßt, diese Lippen, jedenfalls nicht in diesem Leben. Und doch, in diesem Moment fragte er sich, wonach sie schmecken würden. Ob ihre Berührung zart ausfallen würde oder kraftvoll. Er konnte es nicht sagen. “Nein, das meine ich nicht. Gestern abend haben wir doch überlegt, ob wir uns nicht besser aufteilen, und getrennt nach der Festung des Digimon Kaisers suchen sollen, erinnerst du dich? Ich könnte mit Iori-kun losziehen, und du mit Miyako-san, dann können wir ein bißchen auf die beiden achtgeben, wenn du einverstanden bist.“ “Und Daisuke-kun? Wir können ihn unmöglich alleine lassen, ihn am allerwenigsten!“ “Genau darüber wollte ich mit dir reden. Es wäre besser, ihn aus der ganzen Sache rauszuhalten.“ Zwischen ihnen hatte es noch nie viele Worte gebraucht. Manchmal glaubte er ihre Gedanken erraten zu können und umgekehrt. Auch wenn es jetzt ein paar Dinge gab, die er für sich behalten wollte, vertraute sie ihm genug, um ihn zu unterstützen. Er hätte dasselbe für sie getan. Ob sie ihm jemals verzeihen würde, daß er auch sie belog? Besser nicht daran denken. Wenn alles vorbei war, dann würde er ihr die Wahrheit sagen und darauf hoffen, dass sie seine Beweggründe verstand. “Bitte gib’ auf dich acht!“ Sie streifte kurz seine Hand, als sie zurück zum Lagerplatz gingen. Er, um Iori zu wecken und sie, um sich noch für eine halbe Stunde hinzulegen. Wenn sie wieder erwachte, würden er und Iori schon weit weg sein... Er sah ihr zu, wie sie sich zurück in ihren Schlafsack kuschelte, sie legte sich auf die Seite und rollte sich zusammen wie ein Kätzchen. Die lange Haarsträhne fiel über ihr Gesicht, er unterdrückte den Impuls, zu ihr hinzugehen und sie zurückzustreichen. Er mußte sich den Abschied nicht noch schwerer machen, als er sowieso schon war. Vielleicht würde er von dieser Mission nicht zurückkommen... “Verzeih mir,“ sagte er leise zu sich selbst, “bitte verzeih mir, Hikari-chan. Eines Tages wirst du verstehen, daß ich das Richtige getan hab‘. So ist es am besten, du mußt mir glauben. Du mußt mir einfach glauben... ....Der Dämon schwor fürchterliche Rache, und prophezeite ihnen, daß er zurückkommen, und ihre Herzen mit Dunkelheit umhüllen werde. Aber die Kinder hatten keine Angst vor ihm. Sie wußten ja, daß ihre Liebe stärker sein würde, als jede Dunkelheit... Tsuzuku... * * * Author’s Note: Yama will gerade anfangen, das Nachwort für den Prolog zu verfassen, als zwei finstere Gestalten aus seinem Computer geklettert kommen... “Oh, wie romantisch, eine Takari! Einfach zauberhaft, findest du nicht auchß“ “Papperlapp! Romantik, wenn ich diesen Unsinn schon höre! Diese Takaris sind alle gleich, schnulzig, und superkitschig. Für mich ist das nichts und du solltest dich auch um wichtigere Dinge kümmern! Beispielsweise darum, wie wir die DigiWelt zerstören können!“ “Also ich finde Takaris sooo romantisch! TK und Kari gehen zusammen Eis essen, und TK sagt zu Kari: Ich liebe dich, liebst du mich au... autsch! Warum hast du das gemacht?“ “Weil du endlich die Klappe halten sollst, du hirnlose Nervensäge! Takaris sind die langweiligsten Digimongeschichten überhaupt, weil jeder Takaris schreibt, und alles schon geschrieben wurde, was man da schreiben kann. Es ist viel interessanter, wenn sich die Fans die Köpfe einschlagen, wer mit wem zusammenkommt, dann fließt wenigstens Blut!“ “Aber...“ “Du sollst die Klappe halten, hab‘ ich gesagt!“ “Wenn ich das jetzt nicht mache, schlägst du mich dann noch mal?“ Kapitel 1: Kibou (Hoffnung) --------------------------- Was zuvor geschah: “Nein, gar nichts ist gut!“ protestierte Takeru. “Wenn ich nicht so gemein gewesen wäre, wär’ Patamon nicht weggeflogen, und dann wären wir nicht hierher gekommen und hätten auch nicht Gotsumon und Pumpmon kennengelernt. Und dann...“ er schluckte, “dann wären die beiden jetzt noch am Leben.“ Ich hob das Käppi vom Boden auf, und gab es ihm. Als er sich von mir wegdrehen wollte, nahm ich seine Hand und schloß die kleinen Fingerchen ganz fest um den Stoff. “Gib‘ gut drauf acht,“ sagte ich zu ihm, “das ist von jemandem, dem seine Freunde wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Laß es nicht umsonst gewesen sein.“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 4: Nagareboshi ni Onegai Wo) * * * “Vamdemon wird versuchen Hikari-san auf die Seite des Bösen zu ziehen,“ erklärte Wizahmon mir hastig, als wir durch einen Gang huschten. “Den alten Legenden zufolge, gab es vor undenklich langer Zeit zwei DigiRitter mit ganz besonderen Fähigkeiten, die ein mächtiges Wesen der Dunkelheit besiegt haben sollen. Vamdemon glaubt fest daran, daß Hikari-san die Wiedergeburt eines dieser DigiRitter ist, und daß ihre besonderen Fähigkeiten der Schlüssel zur Macht sind.“ “Die Legende besagt, daß auf diesen DigiRittern ein schrecklicher Fluch liegt, damit sie nie wieder ihre Kräfte vereinen können. Jedesmal, wenn die beiden Kinder wiedergeboren werden, wird eines auf der Seite des Lichts und eines auf der Seite der Dunkelheit stehen.“ “Wenn es also nicht noch einen weiteren DigiRitter gibt,“ ging die Predigt weiter, “dann ist das andere Kind längst ein Teil eures Teams und steht damit auf der Seite des Lichts. Somit würde der Fluch Hikari-san treffen und Vamdemon könnte es gelingen, sie auf seine Seite ziehen. Ihr müßt den Fluch auf jeden Fall brechen und es verhindern!“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 5: Hikari to Kage) * * * “Was ist, wenn Takeru das andere Kind ist?“ fragte Sora plötzlich. “Wizahmon hat doch von zwei DigiRittern gesprochen, die diese besonderen Fähigkeiten haben. Es wäre doch möglich, oder?“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 6: Kiseki wo Shinjite) * * * “Du solltest es für heute gut sein lassen, Koushirou-kun, du verdirbst dir noch die Augen bei diesem schlechten Licht.“ Sora war hinter Koushirou getreten, an der einen Hand mein Brüderchen, an der anderen das Psychokind. Den ganzen Nachmittag hatte sie sich den Mund fusselig geredet und ihnen Märchen erzählt. Die Lieblingsstory der beiden war die geheimnisvolle Legende von Prinzessin Hikari, und Prinz Takeru, die vor tausend Jahren die DigiWelt retteten und dafür von einem bösen Dämon verflucht wurden. Frei nach Wizahmon’s Zauberbuch. (aus: Walk on the Edge, Kapitel 7: Hatsukoi) * * * Part 1: Kibou (Hoffnung) Du wolltest wissen, was es mit der geheimnisvollen Verbindung zwischen mir und Hikari-chan auf sich hat. Gut, ich denke, ich kann es dir erzählen, auch wenn es eine sehr seltsame Geschichte ist. Ich möchte dich aber bitten, daß sie zumindest für den Moment noch unter uns bleibt. So gern ich Daisuke-kun und Miyako-san habe... du wirst mir zustimmen, daß es den beiden manchmal ein wenig an Reife fehlt. Es ist deine erste Nacht in der DigiWelt, nicht wahr? Kein Wunder, daß du nicht schlafen kannst. Ich erinnere mich noch gut an die Legende und daran, wie Sora-san, sie uns immer erzählt hat. Meistens abends vor dem Einschlafen, aber manchmal auch tagsüber, wenn sie sich um uns kümmerte. Sie hat sich sehr viel um uns gekümmert, als wir in der DigiWelt waren, eigentlich war sie fast so etwas wie eine Ersatzmutter für uns. Hauptsächlich für Hikari-chan und mich natürlich, aber auch für den Rest unsrer Truppe. Sehr viel später, als bei den älteren DigiRittern dieses Spiel mit dem Heiraten und Adoptieren aufkam, hab‘ ich mir Sora-san als Mutter ausgesucht. Damit war ich dann auf einmal Hikari-chan’s Halbbruder, denn sie hat Sora-san als Vater. Aber unsere Digi-Familienverhältnisse sind ohnehin ziemlich kompliziert. Ich muß auch immer erst überlegen, wie ich nun eigentlich mit wem verwandt bin. Wir sind es nicht, stimmt’s? Du hast ja Koushirou-san und Jou-sempai als Eltern abgekriegt. Sora’s Geschichte ging jedesmal ein bißchen anders, meistens stritten wir uns darum, wie die beiden Kinder überhaupt in die DigiWelt gekommen waren. Ich mochte am liebsten die Version, in der wir mit einem Raumschiff den Himmel überqueren und anschließend in der DigiWelt bruchlanden. Hikari-chan wollte immer, daß wir auf geflügelten Einhörnern fliegen oder ähnliches kitschiges Mädchenzeug. Ich fand das damals ziemlich albern und hab‘ sie gerne damit aufgezogen. Auch wenn unsere Reise nun schon drei Jahre her ist, erinnere ich mich an vieles, als wäre es gestern gewesen. An manches denk’ ich mit einem Lächeln zurück, anderes würd‘ ich am liebsten vergessen, aber alles hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Manchmal glaube ich, daß Hikari und ich viele Dinge schon sehr früh lernen mußten und daß wir deshalb ein bißchen ernster und reifer sind, als andere Kinder unseres Alters. Auch die anderen Mitglieder des Digiteams sind durch ihre Abenteuer erwachsener geworden, aber kein anderer DigiRitter wurde so früh mit der DigiWelt und ihren Gefahren konfrontiert wie wir beide. Und wenn man der Legende Gauben schenken darf, so ist dieses Leben nicht das erste, in dem es so war. Ich vermute, es kommt dir alles etwas seltsam vor! Vielleicht, aber wer so viel erlebt hat wie wir DigiRitter von damals, denkt etwas anders über solche Dinge. Die DigiWelt ist voller Wunder und Geheimnisse, vieles ist schwer zu begreifen und manches einfach nicht mit dem Verstand zu erklären. Wir haben so viele Abenteuer erlebt und manche Dinge muß man eben akzeptieren, wie sie geschehen, denn es bringt nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Damals hat uns diese Legende immer sehr viel Mut gegeben, ganz besonders in schwierigen Situationen. Allein der Gedanke, daß wir das gräßlichste und gefährlichste Monster bereits vor langer Zeit besiegt hatten, gab uns die Kraft weiterzumachen. Schlimmer als der Dämon aus der Geschichte konnten auch die Dark Masters und ihre Getreuen nicht sein. Vor unserem geistigen Auge malten wir uns aus, wie er ausgesehen haben mochte. In meiner Vorstellung hatte er an jedem Arm ein Maschinengewehr und konnte Bomben ausspucken. Und ein Gesicht wie Devimon. Meine schlimmsten Alptraumgestalten sehen immer aus wie Devimon, auf die eine oder andere Weise. Für Hikari-chan war er eher der klassische Fantasy Dämon mit Dinosaurierbeinen, Fledermausflügeln am Rücken und Tentakeln im Gesicht. Natürlich alles pechschwarz, bis auf seine rotglühenden Augen. Sie steigerte sich manchmal sehr hinein und redete davon, daß er sich in ihren Träumen breitmache. Dann fragte sich Sora-san, ob die Geschichte nicht doch zu gruselig für uns sei, was wir sofort lautstark verneinten, denn wir wollten sie immer wieder hören. Die erste Situation, in der mir die Legende wirklich weiterhalf war, als Pinocchimon mich in seine Gewalt gebracht hatte. Er hatte eine Art ‘Räuber und Gendarm‘ mit mir gespielt – allerdings mit echten Waffen und mich durch ein Haus voller tödlicher Fallen gejagt. Sein Haus erinnerte stark an das Schreckenskabinett auf einem Rummelplatz, nur daß die Monster darin echt sind. Und die Tatsache, daß es auf den ersten Blick so bunt und harmlos aussieht, verstärkt den Schrecken eher noch. Irgendwann hatte er mich in die Ecke gedrängt. Er stand vor mir, in den krummen Holzfingern zwei gezückte Pistolen und grinste, jenes teuflische Grinsen, das auf seiner hölzernen Fratze doch nicht anders aussieht, als ein unschuldiges kindliches Lächeln. In diesem Moment wirkte er wie der Pinocchio aus dem Anime, der nach dem Weg zur Schule fragen wollte. Kleines Püppchen, was ist gescheh’n? Freches Bübchen, du wolltest doch zur Schule geh’n? Jemand aus meiner Klasse hat einmal gesagt, daß der Pinocchio aus dem echten italienischen Märchen nicht annähernd so lieb und süß ist, wie er in den Kinderbüchern und den diversen Filmen dargestellt wird. Nun bin ich gern bereit, es zu glauben. Es war das allererste Mal, daß ich wirklich vollkommen auf mich allein gestellt war. Mein großer Bruder war nicht da und auch keines der anderen Kinder. Noch nicht einmal mein Digimon Partner konnte mir jetzt helfen, denn Patamon hatte sich in dem Schreckenskabinett von Haus verflogen. In diesem Moment wurde mir unmißverständlich klar, daß ich handeln mußte, wenn ich überleben wollte. In diesem Moment wurde ich zu dem Prinzen (in manchen Versionen war es ein Prinz) aus dem Märchen, der dem bösen Dämon gegenübersteht und damit besiegte ich meine Angst. Nur deshalb konnte ich wieder einigermaßen klare Gedanken fassen und kam auf die Idee Pinocchimon abzulenken. Ich verwickelte ihn in eine Diskussion, ob er überhaupt Freunde habe, da seine Spiele immer so langweilig seien. Wütend marschierte er ab, um die angeblichen Freunde zu holen und mir so zu beweisen, daß ich Unrecht hatte. Vielleicht nicht unbedingt der perfekte Plan, aber zum Glück war Pinocchimon auch nicht gerade der Hellste und so funktionierte mein Trick. Einige Tage später geriet ich in eine ähnliche Situation. Taichi-san war mit Koushirou-san losgezogen, um eine Medizin für Hikari zu besorgen, die ganz plötzlich Fieber bekommen hatte, vermutlich ein Rückfall, da sie ihre Grippe nicht richtig auskurieren konnte. Im Fieber redete sie die ganze Zeit vor sich hin und sprach von dem Dämon und der Welt der Dunkelheit, aus der er gekommen war. Sora-san und ich machten uns furchtbare Sorgen, und versicherten ihr immer wieder, daß es nichts gebe, wovor sie Angst haben müsse. Dann wurde das Haus in dem wir uns befanden, angegriffen und wir konnten in letzter Sekunde fliehen. Ich mußte all meinen Mut zusammennehmen, aber mit Angemon’s Hilfe konnten wir die Truppe Guardromon besiegen, die es auf uns abgesehen hatte. Taichi-san lobte mich für meinen Einsatz, als er zurückkehrte und ich war unglaublich stolz. Damals verehrte ich ihn sehr, ich schwärmte richtig für ihn. Anders als mein Bruder, der mich ständig bevormunden und mir Vorschriften machen wollte, konnte ich mit ihm herumalbern und hatte trotzdem das Gefühl ernst genommen zu werden. Niemals wollte er mir etwas verbieten, weil es angeblich zu gefährlich sei, niemals behandelte er mich wie ein Kleinkind. Im Gegenteil, er behandelte mich ganz genauso wie alle anderen und damals war es für mich das Höchste. Natürlich begriff ich nicht, daß er sich nicht in der gleichen Weise für mich verantwortlich fühlte wie ein Bruder, da er eben nicht mein Bruder war. Seine kleine Schwester dagegen hütete er wie seinen Augapfel. Ich sah mich sehr gerne als Hikari-chan's Beschützer an, vor allen Dingen natürlich, um bei Taichi-san Eindruck zu schinden. Aber zu meinem Leidwesen hatte sie nur Augen für meinen Bruder, den sie irgendwie genauso zu bewundern schien, wie ich Taichi-san. Das tat dem ohnehin schon angeknacksten Verhältnis zwischen mir und Yamato auch nicht besonders gut, und als er sich schließlich von der Gruppe absetzte, war ich fest davon überzeugt, daß es alles meine Schuld sein müsse. Als ich mit Sora-san auf Birdramon umherflog, um ihn zu suchen, änderte sie die Geschichte ein wenig ab. Diesmal hatte der tapfere kleine Prinz aus der Menschenwelt einen großen Bruder, den er aus den Klauen des Dämons befreien mußte. Ob nur wir beide, Hikari-chan und ich, in einem vorherigen Leben DigiRitter waren? Die Legende hatte nichts von anderen DigiRittern erzählt. Aber Gennai-san hatte uns gesagt, daß wir, also unsere Truppe nicht die ersten DigiRitter waren, es gab schon viele vor uns. Also war es durchaus möglich. Aber wir beide waren trotzdem die Ersten gewesen... Zum Glück gelang es uns, meinen Bruder zu finden und endlich war unser Team wiedervereint. Nur Mimi-san fehlte noch, aber Jou-san konnte uns versichern, daß es ihr gut ging. Sie war mit einer Armee von Digimon auf dem Weg zum Spiralberg, um uns im Kampf gegen Piemon, den letzten und gefährlichsten der Dark Masters beizustehen. Wir hatten ein gutes Gefühl für diesen Kampf, denn die beiden Mega Digimon kämpften Seite an Seite, und auch alle anderen hatten wieder genug Kraft, um das Ultralevel zu erreichen. Angemon war zwar als einziger nur Champion, aber gegen Digimon, die von der Macht der Dunkelheit erfüllt sind, kann er seine Attacken immer einsetzen, egal auf welchem Level sie sich befinden. Die Wende kam so plötzlich und unerwartet, daß wir zunächst kaum unseren Augen trauten. Gerade hatte WarGreymon Piemon gegen einen Felsen geschleudert, und wir dachten schon, daß seine dämonischen Kräfte endlich nachlassen würden, da sprang er hoch in die Luft, zückte ein weißes Taschentuch und ließ es auf die beiden Digimon niedersinken. Entsetzt fuhren Taichi-san und Onii-chan zusammen und rannten ohne zu überlegen hinaus aufs Schlachtfeld, um nach ihren Digimon zu sehen. ‘Das ist furchtbar leichtsinnig‘ dachte ich noch und dann hörte ich meinen Bruder schreien, aber ich konnte nichts mehr sehen, denn Sora-san hatte mich gepackt und mein Gesicht weggedreht. Im anderen Arm hielt sie Hikari-chan, die verzweifelt versuchte, sich loszureißen. “Onii-chan!“ schrie sie, “laß mich sofort los, ich muß meinem Bruder helfen!“ “Deinem Bruder geht es gut,“ versicherte Sora-san hastig, die Lüge kam ihr mühelos über die Lippen. “Aber wir müssen jetzt schnell weg von hier, damit euch nichts passiert! Ihr wollt doch nicht, daß Taichi und Yamato-kun sich Sorgen um euch machen müssen!“ Wir ließen uns von ihr mitziehen, als sie auf Piemon’s Schloß zurannte. “Beeilt euch!“ rief sie den anderen zu, die noch reglos mit entsetzten Gesichtern dastanden. Sie verpaßte Koushirou-san einen Schubs, um ihn aus seiner Erstarrung aufzuwecken, und Koushirou-san riß Jou-san mit. Unsere Digimon gaben uns Rückendeckung und Andromon stellte sich Piemon in den Weg, während AtlaKabuterimon mit seinen Beißwerkzeugen das Burgtor aufriß. Eines von Piemon’s Schwertern traf seinen Panzer und er digitierte zu Tentomon zurück. “Lauft weiter, ich halte Piemon auf,“ rief uns Andromon hinterher. Sora-san zögerte, aber Jou-san zog sie einfach mit: “Laß Andromon nicht umsonst für uns kämpfen!“ Wir jagten durch die Eingangshalle und liefen einen langen Gang entlang, dessen Wände von Zerrspiegeln gesäumt waren. Vor jedem Spiegel stand eine Kerze und im düsteren Licht tanzten unsere riesigen, winzigen, dicken, dünnen unförmigen Spiegelbilder um uns herum wie ein gespenstischer Reigen. War das nur der Widerhall unserer eigenen Schritte, der hohl und verzerrt von den Wänden zurückgeworfen wurde? Oder war es Piemon, der sich uns unaufhaltsam näherte? Wir wollten es nicht herausfinden. Wir rannten weiter, immer weiter, eine Treppenflucht nach oben, Gänge nach links, rechts, und wieder zurück, noch eine Treppe nach oben, und befanden uns... Inmitten eines riesigen Kuppelsaals, dessen Boden ein Schachbrettmuster darstellte. Piyomon (inzwischen waren auch die übrigen Digimon, bis auf Tailmon zum Rookie zurückdigitiert) hatte den Saal als erste betreten und verschwand mit einem Schrei in der Tiefe, als ob der Boden selbst sie verschlungen hätte. Einen Augenblick später kam sie wieder nach oben geflattert. “Bleibt steh‘n, da ist kein Boden,“ rief sie aufgeregt und wirklich, wenn man etwas weiter in den Raum hinein sah, konnte man erkennen, wie der Boden auf seltsame Weise verdreht und schlichtweg unwirklicher wurde. Entsetzt sahen wir uns an, waren wir in eine Falle gelaufen? Piemon kannte die Burg sicher viel besser als wir, er würde keine Probleme haben, uns hier zu finden. “Vielleicht hätten wir nicht gerade in die Burg laufen sollen,“ meinte Jou-san zu Sora-san. Es war kein Vorwurf, nur eine Feststellung. “Es gibt nichts mehr außer dieser Burg!“ sagte Sora düster. “Der Spiralberg ist das einzige, was von der DigiWelt noch übrig ist. Wohin hätten wir also fliehen sollen?“ Der Widerhall der Schritte kam näher. Da keiner von uns seine Beine bewegte, stand jetzt eindeutig fest, wer dieses Geräusch verursachte “Kann eines der Flugdigimon digitieren?“ fragte Koushirou-san, “dann könnten wir mit ihm den Abgrund überqueren?“ Aber Piyomon, Tentomon, Patamon und Tailmon schüttelten nur traurig die Köpfe. Sie waren noch von den vorherigen Kämpfen erschöpft, und hatte weder essen noch sich ausruhen können. Ein fröhliches Pfeifen erklang hinter uns in den Gängen und eine Stimme flötete: “Kommt raus, kommt raus, wo immer ihr steckt!“ “Seht mal da oben!“ Über dem Abgrund hatte ich zwei Trapeze entdeckt. “Die müßten wir doch benutzen können! Kannst du das erste Trapez zu uns herziehen, Patamon?“ “Kommt raus, kommt raus, ich hab‘ euch entdeckt!“ Die Stimme klang jetzt viel näher als vorher und ließ uns zusammenfahren. Tailmon machte einen mächtigen Satz in die Luft und hängte sich an das erste Trapez. “Hebt Hikari hoch!“ Als sie über uns hinwegschwang, packte sie Hikari-chan bei den Handgelenken und zog sie auf die Trapezschaukel hoch. “Wenn ich springe, halt‘ dich gut an mir fest!“ Sie sprang mit Hikari-chan aufs nächste Trapez und von dort aus auf die andere Seite. Dann kehrte sie aufs hintere Trapez zurück. “Jetzt du, Takeru! Halt dich am Trapez fest, und wenn ich ‘jetzt‘ sage, läßt du einfach los! Ich fang dich ganz sicher auf!“ “Aber... aber,“ stammelte ich, “wir müssen Onii-chan, und Taichi-san holen! Wenn es wirklich nichts mehr gibt, außer dem Berg, dann können sie nicht weit gelaufen... “ “Mach dir keine Sorgen, es geht ihnen gut,“ versicherte Sora-san, als sie mich hochhob, damit ich das Trapez erreichen konnte. “Los jetzt!“ Sie verpaßte mir einen Schubs und schon segelte ich über den Abgrund. Es ging viel zu schnell, um richtig Angst haben zu können. Ich ließ los, fiel einen Moment lang, und dann hatte Tailmon auch schon meine Handgelenke gepackt. Nur einen Wimpernschlag später fand ich mich auf sicherem Boden wieder. Piyomon und Patamon waren schon da, schließlich konnten sie fliegen. Sora-san war als nächste dran, die Jungen hatten keinen Widerspruch geduldet. “Kommt wir laufen schon mal vor!“ rief sie plötzlich betont fröhlich, als sie neben uns landete. “Die anderen sind gleich da!“ Aber die anderen kamen nicht mehr. Tailmon landete mit Gomamon auf unserer Seite, vom Rest keine Spur. “Sie haben sicher einen anderen Weg gefunden,“ sagte Sora-san zuversichtlich. Sie hatte uns links und rechts bei der Hand genommen und rannte mit uns durch ein hölzernes Dachgewölbe. “Hör endlich auf, uns solche Lügengeschichten zu erzählen!“ Wütend blieb ich stehen. “Sie haben keinen anderen Weg gefunden! Sie sind tot, genau wie mein Bruder und Taichi-san!“ “Hör auf damit!“ schrie Hikari-chan. “Du weißt genau, daß Sora-san uns diese Geschichten erzählt, damit wir uns besser fühlen. Also tu‘ wenigstens so, als ob du du dich besser fühlst, damit Sora-san sich besser fühlt, kapiert!“ Immer diese verdammte Mädchenlogik! “Wir werden uns jetzt aufteilen,“ sagte Sora-san bestimmt. “Hikari-chan, Takeru-kun, ihr seht das Tor dort drüben, es muß irgendwie nach draußen führen. Lauft hindurch! Ich gehe hier lang!“ “Aber..“ setzte ich zu einem Protest an, doch sie ließ mich nicht ausreden, sondern legte einen Finger auf meine Lippen. “Du mußt Hikari-chan beschützen! Nur du und Patamon könnte diese Aufgabe jetzt übernehmen, denn Piyomon und Tailmon sind nicht mehr hier, genauso wenig, wie alle anderen. Deshalb ist es nicht feige, wenn du jetzt wegläufst, du erfüllst nur deine Pflicht.“ Sie holte tief Luft: “Versprich mir, daß du sie beschützen wirst!“ “Ich komme mit dir,“ sagte Gomamon bestimmt. “Sei nicht albern,“ Sora-san runzelte die Stirn, “du kannst ja noch nicht einmal digitieren!“ “Das ist mir egal, ich bleibe hier! Ich kann vielleicht nicht mehr digitieren, aber immer noch kämpfen!“ Hikari-chan unterdrückte ein leises Schluchzen. “Es ist aus!“ “Ist es nicht!“ fuhr Sora-san sie an. Eine dritte Stimme erklang hinter uns : “Ist es doch!“ Wir fuhren herum, und wichen langsam zurück. Vor uns stand Piemon, ein teuflisches Grinsen auf seinem bemalten Clownsgesicht. “Eure Freunde brauchen Gesellschaft!“ Er deutete auf seinen Gürtel, an dem eine Reihe von Schlüsselanhängern baumelte. Mir stockte fast der Atem. Da hingen Onii-chan, und Taichi-san, Jou-san und Koushirou-san, WarGreymon und MetallGarurumon, Piyomon, Tentomon und Tailmon, so als wären sie niemals etwas anderes gewesen als Schlüsselanhänger. Nur mit ihren Gesichtern stimmte etwas nicht. Ich wußte nicht, was es war, aber in diesem Moment war ich mir hundertprozentig sicher, daß sie nicht tot sein konnten. Nur verzaubert. Vielleicht gab es noch eine Möglichkeit, sie zu retten... Vermutlich hatte Gomamon genau denselben Gedanken, denn mit einem gewaltigen Satz warf er sich Piemon entgegen, und riß mit seinen Klauen an dessen Gürtel. Der Gürtel gab nach, und die Anhänger purzelten zu Boden. Piemon bückte sich, um sie wieder einzusammeln, und wir nutzen die Zeit zur Flucht. “Ich verspreche es, Sora-san,“ hörte ich mich schreien. “Ich verspreche es!“ “Takeru, fang auf!“ Gomamon hatte Piemon wenigstens eine der Figuren entreißen können und warf sie mir zu. Ich schnappte sie mit der einen Hand, packte Hikari-chan an der anderen und jagte mit ihr zum Tor. Wir sahen uns nicht mehr um, denn dazu bestand kein Grund. Unsere Freunde würden uns nicht folgen, das wußten wir. Mit großer Mühe bekamen wir das Tor auf und befanden uns auf einer Art Dachterrasse. Der Himmel über uns war grau und wolkenverhangen, keine Sonne, kein Mond, keine Sterne. Es war zu düster, um Tag sein zu können und zu hell für die Nacht. Hikari hatte als erste die Brüstung erreicht und starrte nach unten. Ich sah mich zuerst um, konnte aber nichts in der Umgebung erkennen. Wahrscheinlich war der Spiral Mountain so hoch, daß man vom Gipfel aus die anderen Berge nicht sehen konnte. Auch der Platz an dem wir vor einigen Minuten noch gekämpft hatten war nirgends zu sehen. Vermutlich lag er irgendwo auf der anderen Seite der Burg. Ich beugte mich über die steinerne Brüstung. Da die Luft so neblig war, konnte ich auch nicht hinunter auf die DigiWelt sehen. Vielleicht hatte Sora-san deshalb geglaubt, es gäbe sie nicht mehr. “Da ist keine DigiWelt!“ sagte Hikari-chan, als hätte sie meinen Gedanken erraten. “Da ist überhaupt nichts mehr!“ “Das ist doch Unsinn,“ versuchte ich sie zu beruhigen. “Dieser Berg muß doch auf einem Fundament stehen. Wir klettern jetzt da runter, und...“ “Da runter!“ stammelte sie, und Entsetzen machte sich auf ihrem kleinen Gesicht breit. “Aber wohin? Da gibt es nichts!“ “Sieh mal!“ Ich hatte einen Weidenkorb entdeckt, der neben uns auf dem Boden stand. War dieser Korb schon dagewesen, als wir die Terrasse betreten hatten? Er war mir nicht aufgefallen. “Ein Seil!“ Triumphierend hielt ich das Ende hoch. “Damit können wir besser klettern!“ “Und was machen wir, wenn es zuende ist?“ Sie schien nicht überzeugt zu sein. “So wie es aussieht, scheint es ziemlich lang zu sein!“ “Aber es ist doch egal wie lang! Da unten ist nichts!“ Es hatte keinen Sinn, weiter mit ihr zu diskutieren. Wenn das Seil nicht bis zum Boden reichte, dann mußten wir den Rest eben ohne Seil klettern. Auf alle Fälle mußten wir schleunigst hier weg, denn mit Sicherheit würde Piemon auch auf den Gedanken kommen, auf seinem Balkon nachzusehen. In meiner Hand begann das Seil plötzlich zu zappeln, und sich zu winden, wie eine Schlange. Vor Schreck ließ ich es los, und stolperte einige Schritte zurück. Was in aller Welt hatte das zu bedeuten? Aufgeregt flatterte Patamon vor mich, nur für den Fall, daß ich angegriffen wurde. Aber das merkwürdige Seil kümmerte sich überhaupt nicht um mich, statt dessen bäumte es sich auf, und schlängelte sich nach oben, bis ein Ende allmählich im Nebel verschwand. Das andere Ende blieb im Korb liegen. “Scheint stabil zu sein!“ Ich hängte mich mit dem ganzen Gewicht an das Seil, das jetzt in steiler Bahn nach oben führte, um auszutesten, ob es mich tragen würde. “So wie es aussieht, sollen wir nach oben klettern. Los, Hikari-chan, du zuerst!“ Sie nickte und begann wie ein Äffchen nach oben zu kraxeln. Ich folgte ihr mit einigem Abstand, dicht genug, um sie notfalls fangen zu können, falls sie abrutschte. Aber sie stellte sich sehr geschickt an, also mußte ich mir keine Sorgen machen. Wir befanden uns bereits hoch über der Burg, als die Tür zur Terrasse mit einem Knall aus den Angeln flog. “Was soll denn dieser Unsinn, Kinder?“ Piemon verzog gespielt betrübt das Gesicht. “Ihr werdet noch runterfallen und euch sämtliche Knochen brechen!“ “Klettert weiter, ich werde versuchen, ihn aufzuhalten!“ Patamon fllatterte wieder nach unten. Ich umklammerte mit einer Hand mein DigiVice, und hoffte, daß er die Digitation jetzt schaffen würde. Patamon... shinka... Angemon Mit seinem Stab stürzte Angemon auf den Gegner los und einige Augenblicke lang schien Piemon zu überrascht, um eine sinnvolle Verteidigung aufbauen zu können. Die erste Attacke schleuderte ihn über den halben Balkon, die zweite brachte ihn gefährlich nahe an die Brüstung heran. Doch er hatte sich nur zurückgehalten, um seine Kräfte zu sammeln. Die Dunkelheit, die seinem Körper entströmte, wehrte Angemon’s Licht mühelos ab und dann stand er auch schon wieder auf den Beinen, und ging zum Gegenangriff über. “Weiter Hikari-chan! Klettere immer weiter!“ trieb ich sie an. Sie hatte innegehalten, um ängstlich und zugleich fasziniert den Kampf zu verfolgen. Aber das war nicht gut, schließlich wußten wir, daß Angemon niemals gewinnen konnte. Mit etwas Glück würde es ihm vielleicht gelingen, Piemon aufzuhalten, bis wir aus der Gefahrenzone waren, aber das war auch schon alles. Aber wir hatten Pech. Piemon packte Angemon und schleuderte ihn über die Brüstung hinweg in den Abgrund. Ich war kurz davor zu schreien, aber ich beherrschte mich, die arme Hikari sollte nicht noch mehr Angst haben müssen. “Alles ist in Ordnung,“ beruhigte ich sie und plötzlich verstand ich, warum Sora-san uns angelogen hatte. Ich schaffte es sogar, mein Gesicht zu einem – wenn auch etwas gequälten – Lächeln zu verziehen. “Klettere einfach weiter!“ Sie nickte, ich konnte förmlich hören, wie sie die Tränen hinunterschluckte, doch bevor sie auch nur eine Bewegung machen konnte, sauste etwas Metallisches dicht über ihren Kopf hinweg, und durchtrennte das Seil. “Wie oft soll ich euch noch sagen, daß ihr mir nicht entkommen könnt!“ zischte Piemon und fing sein Schwert aus der Luft auf. Es war zu ihm zurückgekehrt, als wäre es ein Bumerang. Er schob es wieder in die Spielkarte auf seinem Rücken, zu den anderen drei Schwertern. Er warf den Kopf zurück in den Nacken, als wolle er lachen, das spöttische siegessichere Gelächter, das wir nur zu gut kannten. Als seine Lippen sich öffneten, wuchsen Reißzähne dazwischen hervor. Aber statt dessen huschte er das Seil entlang, blitzschnell, wie ein Schatten, und war hinter mir, ehe ich reagieren konnte. Seine Hand umklammerte meinen Knöchel, er zerrte daran als wolle er mir das Bein ausreißen. “Chiiii!“ Ein merkwürdiges Fauchen zischelte durch seine Zähne, wie bei einem Raubtier, das versucht einen Gegner einzuschüchtern. Erschrocken packte Hikari-chan mein Handgelenk, und versuchte mich von ihm wegzuziehen. Aber sein Griff war wie Stahl. Der weiße Handschuh zerriß und lange Klauen brachen daraus hervor, ringelten sich um meinen Knöchel, umschlossen ihn, wie ein Schraubstock: “Laß los Hikari-chan, bitte laß meine Hand los!“ flehte ich, aber sie schüttelte nur stumm den Kopf und biß die Zähne zusammen. Ich hatte keine Möglichkeit mehr mich zu befreien, soviel stand fest. Wenn ich aber plötzlich das Seil losließ, konnte Piemon vielleicht nicht schnell genug reagieren und wir würden in die Tiefe stürzen. Ein Sturz aus dieser Höhe wäre selbst für ein MegaDigimon nicht sehr angenehm und falls es wirklich keine DigiWelt mehr unter uns gab, würden wir ganz woanders landen. Aber ich konnte diesen Plan nicht verwirklichen, solange Hikari-chan meine Hand festhielt. Sie durfte ich auf keinen Fall mit in den Abgrund reißen. “Ich laß dich nicht im Stich!“ schrie sie verzweifelt, als ob sie wußte, was ich vorhatte. “Niemals!“ “Nun gut,“ sagte Piemon beinahe fröhlich, “wie ihr wollt! Dann erwischt es euch eben alle beide.“ Er ließ meinen Knöchel los, und durchtrennte mit seinen messerscharfen Klauen das Seil unter uns. Das winzige Seilstückchen, an dem wir hingen, blieb nicht lange in der Luft stehen, es entglitt unseren Händen wie eine glitschige Wasserschlange und verschwand in der nebligen Luft. Und wir fielen... Sie hielt weiterhin mein Handgelenk umklammert, mit der ganzen Kraft, über die ihr kleines Händchen verfügte. Und ich wünschte, ich könnte sie auch festhalten. Wenigstens das. Es wurde sicher nicht leichter dadurch, daß wir zusammen waren, aber es war wenigstens ein Trost. So wie es aussah, hatte das Märchen doch kein gutes Ende genommen. Und der Dämon hat uns am Ende doch noch gekriegt. Gib‘ gut drauf acht, das ist von jemandem, dem seine Freunde wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Onii-chan? Bin ich dir schon so nahe, daß ich bereits deine Stimme hören kann? Laß es nicht umsonst gewesen sein. Nein, es ist nur eine Erinnerung! Eine Erinnerung, an den Tag, an dem ich das Käppi bekommen habe. Gotsumon und Pumpmon sind gestorben, weil sie uns nicht verraten haben. Mein Bruder ist gestorben, weil er für uns gekämpft hat. Sora-san ist gestorben, weil sie uns beschützt hat. Sie alle haben uns beschützt, haben an uns geglaubt, haben alles für uns gegeben. Ich darf sie jetzt nicht hängen lassen. Ich darf Hikari-chan nicht hängen lassen. Ich hab‘ es Sora-san doch versprochen. Ich muß sie beschützen. Gib‘ nicht auf, Takeru! Onii-chan? Ist das wirklich deine Stimme? Aber wie...? Ich blicke auf den Schlüsselanhänger, den Gomamon mir zugeworfen hat. Es ist mein Bruder. Seine Lippen bewegen sich nicht, aber er spricht zu mir. Ich weiß es, fühle es. Gib‘ nicht auf, Takeru! Nein, ich werde nicht aufgeben! Ich werde niemals aufgeben! Ich werde nicht zulassen, daß es so endet, du kannst dich fest auf mich verlassen, Onii-chan. Ich war schon ein DigiRitter lange bevor ich auf diese Welt gekommen bin, lange bevor ich Takaishi Takeru hieß, lange bevor Piemon oder irgendein anderer dieser Widerlinge überhaupt ihren Eiern entschlüpft sind. Und ich habe niemals aufgegeben. Es mag albern sein, an eine Legende zu glauben, aber ich tue es. Ich weiß, daß damals wirklich alles so geschehen ist und ich vertraue auf meine Stärke. Ich glaube fest daran! Damals haben wir gemeinsam gesiegt. Damals haben wir auf unsere Kraft und auf unsre Liebe vertraut. Und jetzt müssen wir dasselbe tun. Hikari-chan, verzeih mir, daß ich dich beinah‘ im Stich gelassen hätte! Onii-chan, verzeih mir, daß ich nicht auf dich hören wollte! Angemon, verzeih‘ mir, daß ich an deiner Stärke gezweifelt hab! Ich kann fühlen, wie das Licht mich einhüllt, es ist sanft und warm, es strahlt um mich herum, aber es blendet nicht. Ich falle nicht länger, ich schwebe. Als sie aber schon glaubten, daß alles verloren war, und ihre Digimon Partner besiegt am Boden lagen, da verlieh die Kraft der Liebe, die sie füreinander empfanden, den Digimon neue Energie. Nur durch die Kraft dieser Liebe erreichten ihre Digimon Partner das Megalevel und konnten den bösen Gott schließlich besiegen. Sie verbannten ihn für immer in die Welt der Finsternis zurück, und versetzten ihn in einen tiefen Schlaf. Nein, ich schwebe ja gar nicht, ich werde gehalten. Von einer riesigen Hand. Hikari-chan ist auch bei mir, neben mir. Was ist mit uns geschehen? Das Wesen, das uns festhält, ist ein riesiger Engel. Seine Rüstung glänzt in strahlendem Licht, seine schneeweißen Schwingen breiten sich über den ganzen Himmel aus. Tief unter uns liegt Piemon’s Schloß, steht einsam auf der Spitze des Spiral Mountain. Und darunter die Dunkelheit. “Ich bin HolyAngemon.“ Gütig lächelt der Engel auf uns hinab, die kleinen Menschenwesen, die er in seinen Händen hält. “Nur die starke Hoffnung in deinem Herzen, Takeru, hat mir die Kraft gegeben, auf das Ultralevel zu digitieren!“ “Kannst du auch meinen Bruder, und die anderen retten,“ frage ich besorgt. “Es muß doch einen Gegenzauber geben!“ “Den gibt es! Haltet euch gut fest, ihr beiden!“ Im Sturzflug jagt HolyAngemon auf die Dachterrasse hinunter, wo Piemon mit vor Entsetzen erstarrtem Gesicht zu uns hinauf blickt. Er beschwört die Dunkelheit, aber das heilige Licht drängt sie zurück. Er schleudert seine Schwerter, aber sie prallen wirkungslos von der mächtigen Rüstung ab. Er wirft sein weißes Taschentuch, aber HolyAngemon’s Schwert zerschneidet es in zwei Teile. Dann zerschneidet das Schwert auch Piemon‘s Gürtel. Geschickt fängt HolyAngemon alle Schlüsselanhänger auf, und stößt Piemon hinunter in den Abgrund. “Er wird zurückkommen!“ Hikari-chan ist immer noch beunruhigt. “Ich weiß! Aber wir werden ihn gebührend empfangen!“ Wir landeten auf dem Vorplatz des Schlosses. Als HolyAngemon die Figuren in heiliges Licht tauchte, wurden sie wieder zu Menschen und Digimon. Nur wenige Augenblicke später tauchte Mimi-san auf, deren Armee sich den ganzen Weg nach oben gekämpft hatte. Wir machten uns bereit zum letzten großen Kampf gegen Piemon. Und Hikari-chan hatte recht behalten. Der kümmerliche Rest der DigiWelt war hinter ihnen zu Staub zerfallen. Drei Jahre sind vergangen, aber an manches erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen. Und dazu gehört zweifellos jener Moment, als meine Hoffnung Angemon die Kraft zur Ultradigitation verlieh. Manchmal muß man eben einfach an Märchen glauben, denn die DigiWelt ist eine Welt der Wunder. So, aber jetzt sollten wir wirklich schlafen. Morgen wird ein sehr anstrengender Tag für uns werden. Wir müssen die Festung des Digimon Kaisers ausfindig machen und diesem Verbrecher endlich das Handwerk legen. Möchtest du mit mir in einem Team kämpfen, Iori? Tsuzuku... * * * “Was für ein hirnrissiger Schwachsinn. Im echten Leben wäre das alles ganz anders ausgegangen!“ “Hast du etwa vergessen, dass wir nicht im normalen Leben sind? In einer Takari Story sind die Menschen eben nicht so, denn sonst wäre es ja nicht romantisch genug.“ “Romantisch? Du meinst wohl kitschig! Aber es ist amüsant, wie dumm diese Kinder doch sind. Die Geschichte sollte einen anderen Schluß bekommen. Der Abwechslung halber könnte man doch mal den Dämon gewinnen lassen.“ “Oh ja, das ist gut! Dann könnten Takeru und Hikari den Liebestod sterben. Das wäre schön.“ “Nein, das ist schon wieder viel zu kitschig. Der Dämon könnte Takeru fressen und Hikari könnte sagen: “Guten Appetit, ich wollte sowieso zu Daisuke gehen.“ “Dann wär’ es aber keine Takari mehr, sondern eine Daikari! Der Autor müßte sofort eine Warnung anbringen, sonst beschweren sich die Leser.“ “Daikari? Warum keine Hisuke?“ “Weil in Fanfiction die Jungen immer zuerst genannt werden.“ “Fanfiction sind absolut lächerlich! Komm, geh’n wir die DigiWelt zerstören, dann gibt es auch keine alberne Fanfiction mehr.“ “Dein Wunsch ist mir Befehl, meine Liebe!“ Kapitel 2: Hikari (Licht) ------------------------- Mukashi Mukashi Part 2: Hikari Montag, 8. April 2002 Heute bin ich schon ganz früh wach... Die ersten Sonnenstrahlen tanzen durch mein Fenster und malen ein buntes Muster auf den Boden. Ich höre dem Wind zu, der in meinen Gardinen rauscht. Draußen stehen die Kirschbäume in voller Blüte und wenn ich gleich durch den Park laufe, wird es weißrosa Blütenblätter auf mich herabregnen. Wie in einem Märchen... Heute sehe ich Takeru wieder. Ich kann mir noch gar nicht richtig vorstellen, daß ich ab jetzt jeden Tag mit ihm zur Schule gehen werde. Eigentlich sind in meinem alten Tagebuch noch ein paar Seiten frei, aber die werde ich einfach mit Zeichnungen füllen. Ab heute bin ich in der fünften Klasse und da möchte ich auch ein neues Tagebuch anfangen. Oh, ich bin ein wenig nervös. Es ist ja schon eine Weile her, daß wir uns das letzte Mal gesehen haben. Was, wenn sich etwas zwischen uns geändert hat? Wenn es nicht mehr so ist wie früher? Oh, ich mag gar nicht daran denken. Montag, 8. April 2002, Nachtrag Irgendwie habe ich gespürt, daß das neue Schuljahr etwas Besonderes wird, aber jetzt sind so viele Dinge geschehen, mit denen ich nie im Leben gerechnet hätte. Zuerst das Wichtigste: Wir waren wieder in der DigiWelt und ich habe Tailmon wiedergesehen. Meine Tailmon! Ich habe sie ja so schrecklich vermißt. Aber leider hätte sich das Tor zur DigiWelt sicher nicht geöffnet, wenn sie nicht in schlimmer Gefahr wäre. Ein seltsames Wesen, das sich selbst Digimon Kaiser nennt, versucht sie unter seine Kontrolle zu bringen und die Digimon zu beherrschen. Tailmon glaubt, daß er ein Mensch ist. Aber wie ist das möglich? Es können doch nur DigiRitter in die DigiWelt und kein DigiRitter würde so etwas Schreckliches tun. Weil wir gerade dabei sind, es wurden drei neue DigiRitter auserwählt. Zwei von ihnen habe ich erst heute kennengelernt. Inoue Miyako-san geht in die sechste Klasse und ist mit Koushirou-san befreundet. Sie hat ab diesem Jahr den Computerclub übernommen, da er jetzt mit Onii-chan und den anderen auf die Mittelschule geht. Über Hida Iori-kun weiß ich noch nicht viel, außer daß er in die dritte Klasse geht. Und der dritte neue DigiRitter ist ausgerechnet Motomiya Daisuke-kun. Ganz richtig, der Daisuke mit der großen Klappe. Ich dachte, es gäbe keinen Menschen auf der Welt, der so viele Reisbällchen verdrücken kann wie mein großer Bruder, aber das war, bevor ich Daisuke kannte. Es wird sicher einen Grund für das alles geben, aber im Moment sehe ich ihn nicht. Auch Onii-chan weiß sich keinen Rat. Er hat vorhin gleich die anderen angerufen und wir haben uns alle draußen im Park verabredet. Es war ein so schönes Gefühl, sie alle wiederzusehen. Es ist so lange her, daß wir uns alle zusammen getroffen haben. Irgendwie haben wir uns schon ein bißchen auseinander gelebt in den letzten Jahren. Natürlich, Sora und Koushirou sind öfter bei uns, aber Jou hab’ ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und Yamato auch nicht. Wenn er und Onii-chan sich treffen, gehen sie meistens zu ihm, weil sie da sturmfrei haben. Nur Mimi hat gefehlt. Aber es wäre auch ein bißchen viel verlangt, daß sie sich einfach in ein Flugzeug setzt und herkommt. Sie hat uns geschrieben und uns gebeten, nach Palmon zu sehen. Was ist da nur passiert? Und wer ist dieser seltsame Digimon Kaiser? Und warum wurden neue DigiRitter auserwählt? Und was hat es mit den Digimentals und dieser Armor Digitation auf sich? Ich weiß nicht, was da noch alles auf uns zukommt, aber eines weiß ich ganz sicher. Wir werden die DigiWelt und ihre Digimon beschützen. Wenn das Böse zurückgekehrt ist, werden wir es aufhalten. So wie wir es schon einmal getan haben. Und nein, zwischen Takeru und mir hat sich nichts geändert. Es ist noch alles wie früher. Die selbe Vertrautheit, das Gefühl ihm alles sagen zu können und doch nicht viele Worte machen zu müssen. Ich weiß, daß ich voller Vertrauen in die Zukunft blicken kann. Dienstag, 9. April Das Tor zur DigiWelt im Computerraum hat sich ein weiteres Mal geöffnet und diesmal haben auch Miyako und Iori ihre Digimon getroffen. Ich hoffe sehr, daß wir mit den neuen DigiRittern bald ein Team bilden können. Im Moment glaube ich, daß es noch etwas Zeit braucht. Sie sind so anders als wir. Miyako schwärmt in einem fort von irgendwelchen Sängern, Seiyuu und Jungs aus der Mittelschule, bei denen ich nicht mitreden kann oder sie fachsimpelt mit Koushirou über Computer, bei denen ich noch viel weniger mitreden kann. Iori sagt eigentlich nicht sehr viel, außer ’Guten Tag’, ’Vielen herzlichen Dank’ und ’Auf Wiedersehen’. Und Daisuke... Daisuke ist eben einfach Daisuke. Mittwoch, 10 April Heute hatten wir es ganz besonders eilig in den Computerraum zu kommen. Gestern sind unsere Digimon nämlich mit uns in die reale Welt gekommen. Wir haben aber ausgemacht, daß sie im Computerraum bleiben und da auf uns warten. Es wäre ein bißchen schwierig gewesen, sie mit nach Hause zu nehmen. Wie sollen wir es auch unseren Eltern erklären? Oka-san kennt Digimon zwar schon, aber wenn sie wüßte, daß wir wieder in die DigiWelt gehen, würde sie es uns vielleicht verbieten. Die Erwachsenen neigen oft dazu, uns Kinder zu unterschätzen. Dabei gibt es auch Kinder mit ganz besonderen Talenten und Fähigkeiten. Als wir im Computerraum auf Iori gewartet haben, haben wir einen Bericht über einen Jungen gesehen, der einen Wettbewerb im Programmieren gewonnen hat und das obwohl auch Erwachsene an dem Wettbewerb teilnahmen. Und Fußball spielt er, daß Daisuke-kun ganz hin und weg war. Aber Erwachsene verstehen oft nicht, daß auch wir wichtige Aufgaben zu erfüllen haben. Wir müssen in die DigiWelt, denn wir müssen den Digimon Kaiser aufhalten. Er benutzt die Ringe des Bösen, um Digimon unter seine Kontrolle zu zwingen. Es ist furchtbar, ich verstehe nicht wie irgendein Mensch so etwas tun kann. Und er ist tatsächlich ein Mensch. Heute haben wir ihn zum erstenmal gesehen. Er behauptet von sich, er wäre ein DigiRitter, doch er weiß nicht im Geringsten, was es bedeutet, ein DigiRitter zu sein. Wir müssen unser Bestes tun, um ihn aufzuhalten. Und das werden wir auch. Wir haben jetzt alle fünf Digimentals gefunden, mit denen unsere Digimon die Armor Digitation vollziehen können. Tailmon sieht als Nefertimon wunderschön aus. Aber ich vermisse Angewomon. Donnerstag, 11. April Heute morgen im Halbschlaf dachte ich doch tatsächlich, ich höre Miiko’s Glöckchen. Es war schlimm aufzuwachen und zu wissen, daß sie nicht mehr da ist. Ich vermisse sie so. Zum Glück war Tailmon da und hat mich getröstet. Ach, mein liebes Tailmon, es ist so schön, daß du bei mir bist. Aber ich mache mir solche Sorgen um die Digimon Partner von den anderen. Was, wenn der Digimon Kaiser auch ihnen diese furchtbaren Ringe anlegt? Nach der Schule wäre ich gern sofort wieder in die DigiWelt gegangen, aber ich mußte mich noch ein wenig gedulden, denn ich hatte Putzdienst. Deshalb sind die anderen schon mal vorgegangen. Ich habe auch versucht, mich zu beeilen. Aber das war keine gute Idee, denn ich schaffte es doch tatsächlich, einen Eimer umzukippen und Okada-kun Putzwasser über die Füße zu gießen. Es war mir furchtbar peinlich. Ich hab’ mich ungefähr hundertmal entschuldigt und ihm versprochen, daß ich die nächsten paar Male seinen Putzdienst mit übernehme. Später, in der DigiWelt ist es uns gelungen, einige Meramon von ihren Ringen des Bösen zu befreien. Aber es müssen immer noch viel zu viele Digimon unter der Knute des Digimon Kaisers leiden. Freitag, 12. April Als ich heute ins Klassenzimmer kam, fand ich einen Schokoriegel in meinem Pult. Ich hatte schon gehofft, er wäre vielleicht von Takeru, aber er war nur von Daisuke. Aber warum denn auch, Takeru hat es schließlich nicht nötig, mich mit Süßigkeiten zu bestechen. Wir wissen auch so, daß wir zusammengehören. Sonntag, 14. April Am Wochenende war nicht viel los, außer jede Menge lernen. Es ist so vieles liegengeblieben. Ich muß gut Acht geben, daß sich meine Noten nicht verschlechtern. Und Sora war wieder mal bei uns zu Besuch. Onii-chan hat sie nach dem Fußballtraining einfach mitgebracht. Ich habe mich riesig gefreut. Montag, 15. April Irgendjemand hat Schimpfwörter auf mein Pult geschmiert. Zum Glück konnte ich alles wieder wegwischen, bevor die anderen ins Klassenzimmer kamen. Eigentlich wollte ich mir von so einer dummen Sache nicht den Tag verderben lassen, aber Takeru hat trotzdem gemerkt, daß ich geknickt war und hat versucht, mich aufzumuntern. Ich bin so froh, daß er mein Freund ist. Dienstag, 16. April Heute haben wir etwas Wichtiges herausgefunden, als wir mit Yamato in der DigiWelt waren. Wir haben ja gewußt, daß das schwarze DigiVice des Digimon Kaisers die Digimon am Digitieren hindert. (Hilfe, was für ein Satz!) Aber sie konnten auch dann nicht digitieren, wenn er überhaupt nicht in der Nähe war. Jetzt wissen wir auch warum, es liegt an den Dunklen Türmen, die er überall aufstellt. Ich mag diese Türme nicht. Jedes Mal, wenn ich in ihrer Nähe bin, fühle ich mich irgendwie seltsam. So kalt. So klein. Aber es ist besser, jetzt keinen trüben Gedanken nachzuhängen. Wir haben noch so viel zu tun. Es war richtig, sich um unsere Partner Gedanken zu machen, denn dieser selbsternannte Kaiser macht auch vor ihnen nicht halt. Er glaubt, daß die ganze DigiWelt ihm gehöre. Ich verstehe nicht, wie jemand so etwas glauben kann. Ich verstehe auch nicht, wie Daisuke so schlecht über seine Schwester reden kann. Manchmal ist er ein richtiger Rüpel. Donnerstag, 18. April Ich bin froh, endlich daheim zu sein. Schule war okay, aber Putzdienst war fürchterlich. Ich habe Okada doch gesagt, daß ich wegen der Eimersache seinen mit übernehme und daß er nicht zu kommen braucht. Stattdessen war er da, aber nur um mit den anderen Jungs Sprüche zu klopfen und den ganzen Boden wieder dreckig zu machen, den ich schon gewischt hatte. Keiko, das einzige andere Mädchen, das noch in unserer Putzgruppe ist, hat sich ganz still verhalten und darauf gehofft, daß die Jungs sie übersehen. Sonntag, 21. April Diese Woche ist viel schneller vergangen, als die letzte. Ich muß wieder lernen, denn am Montag schreiben wir unseren ersten Englischtest Es ist nur ein Multiple-Choice, wird also hoffentlich nicht so schwer werden. Und dann am Mittwoch ist Mathe dran. Ich bin heute mit Tailmon allein zu Hause, da Otoh-san und Oka-san auf einer Firmenveranstaltung sind. Onii-chan ist wieder bei Yamato. Ich denke an Takeru. Ich habe schon überlegt, ob ich ihn einfach anrufen soll, aber es gibt eigentlich keinen Grund dafür, denn wir sehen uns ja morgen in der Schule. Er würde nur denken, irgendwas ist nicht in Ordnung und sich unnötig Sorgen machen. Vielleicht sollte ich eine von seinen Pralinen essen, die er mir zum White Day geschenkt hat. Dann geht es mir sicher besser. Aber ich habe nur noch drei übrig und die sollte ich mir für Notfälle aufheben. Das nächste Mal, daß ich von ihm Schokolade bekommen werde, ist wahrscheinlich erst im Juli an meinem Geburtstag. Dienstag 23. April Heute Nachmittag hat Jou-sempai es auch endlich mal geschafft, in die DigiWelt mitzukommen. Sein DigiVice hat reagiert, weil Gomamon in Gefahr war. Es ist verständlich, daß er es bisher nicht geschafft hat, mit uns zu kommen, da er schließlich der Älteste ist und am meisten zu tun hat. Und er geht ja auch nicht auf die Odaiba Schule wie Onii-chan und die anderen, sondern auf eine teure Privatschule für Hochbegabte. Mittwoch 24. April Morgen ist schon wieder Donnerstag. Ich hoffe, daß der Putzdienst ganz schnell vorbei ist und wir wieder in die DigiWelt können. Donnerstag 25. April Ich versteh’s nicht, ich versteh’ es einfach nicht. Er kann mir diese dumme Sache mit dem Eimer doch nicht immer noch nachtragen. Was soll ich denn noch tun? Wie oft soll ich mich denn noch entschuldigen? Okada würde es mit Sicherheit nicht zugeben, aber inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, daß er mein Pult beschmiert hat. Aber was hat er denn davon? Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Samstag, 27. April Eigentlich dürfen wir am Wochenende nicht in die Schule, aber wir haben die ganze Woche so geschuftet, daß wir uns eine kleine Auszeit ehrlich verdient haben. Deshalb wollten wir heute in die DigiWelt gehen und dort ein Picknick machen. Miyako hat ja den Schlüssel zum Computerraum. Tailmon gefiel es gar nicht, daß ich sie schon wieder in den Rucksack stecken mußte, aber es geht nun mal nicht anders. Draußen kann ich sie dann rauslassen, dann tun wir einfach wieder so, als wäre sie eine Katze. Als das Tor sich geöffnet hatte und wir gerade startklar waren, erwartete uns die schönste Überraschung seit langem: Mimi ist in Japan. Sie ist die ganze Golden Week hier, wegen der Hochzeit ihrer Cousine. Wir dürfen aber Jou nichts davon erzählen, sie will ihn überraschen. Also sage ich auch lieber Onii-chan erst mal nichts, denn Geheimnisse zu bewahren ist doch nicht so ganz seine Stärke. Ich hatte leider nicht viel Zeit, mich mit Mimi zu unterhalten, da Miyako sie gleich in Beschlag nahm. Aber wir haben ja noch eine ganze Woche Zeit. ^__^ Oh, jetzt fange ich schon wieder damit an, Smilies in mein Tagebuch zu malen. Eigentlich wollte ich mir das doch abgewöhnen. Kann man wohl nichts machen. :- ( Dienstag, 30. April Besonders viel haben wir nicht von unserer Ferienwoche, denn wir gehen, wie abgemacht, jeden Tag in die DigiWelt. Und trotzdem macht es Spaß, denn jetzt wo wir alle zusammenarbeiten, fallen die Dunklen Türme wie das Gras unter der Sense. Wenn wir so weitermachen, haben wir die DigiWelt befreit, bis die Schule wieder anfängt. Am schönsten finde ich, daß durch Mimi-san’s Besuch auch unsere alte Truppe wieder vereint ist. Heute haben Sora, Mimi und ich einen Mädchen-Tag eingelegt und sind zusammen einkaufen gegangen. Abends waren die beiden dann zum Essen bei uns, damit Onii-chan auch noch etwas Zeit mit Mimi verbringen kann. Morgen will Mimi etwas mit Yamato und Jou unternehmen, während Sora, Koushirou und Onii-chan mit uns Jüngeren in die DigiWelt mitkommen. Mittwoch, 1. Mai Heute hatte ich ein längeres Gespräch mit Miyako und sie hat mich sozusagen mit der Nase darauf gestoßen, daß Daisuke total in mich verknallt ist. Eigentlich hätte ich es selbst merken müssen, immerhin scharwenzelt er die ganze Zeit um mich herum, und hat mir auch schon ein paar Mal Schokolade geschenkt. Aber Daisuke redet so viel, wenn der Tag lang ist, daß ich nie wirklich darauf geachtet habe, ob da jetzt geheime Botschaften drin versteckt sein könnten. Was soll ich denn jetzt machen? Soll ich mit ihm darüber reden, oder darauf warten, daß er von sich aus auf mich zukommt? Und wie soll es dann weitergehen? Können wir noch als DigiRitter zusammenarbeiten oder wird es Probleme geben? Miyako meint, ich soll mir nicht so viele Gedanken machen. Daisuke ist von Natur aus ein Sonnenschein und ihm kann so leicht nichts die Stimmung verderben. Aber es ist doch ganz natürlich, daß ich mir um so etwas Gedanken mache. Sonntag, 5. Mai Heute haben Otoh-san, Oka-san, Onii-chan und ich unseren traditionellen Familienausflug gemacht. Vormittags sind wir erst mal zum Fußball gegangen, denn Onii-chan hatte ein wichtiges Spiel. Odaiba gegen Tamachi. Leider hat Odaiba ganz knapp verloren. Koushirou hat gut gehalten, aber Onii-chan war nicht in Bestform und Sora hat das Spiel ausgesetzt, weil sie bald ein wichtiges Tennis Turnier hat und sich darauf vorbereiten muß. Ich weiß, daß sie mit dem Gedanken spielt, aus dem Fußballteam auszusteigen, weil es ihr zuviel wird. Ich habe aber versprochen, nichts zu sagen, da sie selber mit Onii-chan und Koushirou reden möchte, sobald sie eine Entscheidung getroffen hat. Der Ausflug wurde trotzdem noch recht schön, denn mein Bruder ist ja nicht der Typ zum Trübsal blasen. Wir machten Picknick im Park und verputzten Mutter’s leckere Reiskuchen. Inzwischen müßte Mimi’s Flugzeug gelandet sein. Ich hoffe, sie meldet sich, ob sie gut in New York angekommen ist. Ich kann nicht glauben, daß morgen die Schule wieder anfängt. Montag, 6. Mai Miyako hatte recht. Daisuke ist wirklich in mich verknallt, er hat mir heute schon wieder Schokolade geschenkt. Außerdem wird er ständig rot, wenn ich ihn anspreche. Ich glaube, ich werde einfach weiter so tun, als bemerke ich es nicht. Dienstag, 7. Mai Am Sonntag ist ja schon wieder Fußball gegen Tamachi, diesmal die beiden Grundschulteams. Ich denke, das wird erst mal genügen, um Daisuke hinreichend zu beschäftigen. Mittwoch, 8. Mai Diesmal war es nicht nur irgendein Gegner gegen den wir kämpfen mußten. Es war Andromon, unser Andromon. Ich kann kaum schreiben, sosehr zittern mir die Hände. Wir haben zusammen gegen die Dark Masters gekämpft, es hat uns beschützt, wir haben ein Photo gemacht, am Ende unserer Reise in der Stadt des ewigen Anfangs. Das kann doch nicht alles vergessen sein. Wie kann er nur, wie kann er uns das nur antun! Das sind unsere Erinnerungen, unsere Träume, alles das, was wir zusammen erlebt haben. Was uns zu den Menschen gemacht hat, die wir heute sind. Und er schlägt einfach alles kaputt. Alles, was uns wichtig ist! Verdammt noch mal, das ist unser Leben, auf dem er da herumtrampelt! Das sind unsere Freunde, die er da einsperrt und quält und foltert und ohne jedes Gewissen umbringt. Wie kann ein Mensch so sein, wie kann jemand so sein, daß er nicht das kleinste bißchen Menschlichkeit im Herzen trägt? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es einfach nicht! Donnerstag, 9. Mai Ich will nicht mehr. Ich will mir einfach nur die Decke über den Kopf ziehen und die ganze Welt vergessen. Tailmon sagt, daß unsere beiden Welten, egal ob DigiWelt oder Welt der Menschen leider voll von Leuten sind, denen es Spaß macht, auf Schwächeren herumzuhacken. Man muß es nicht verstehen, warum Menschen (oder Digimon) so sind, aber man muß sich dagegen zur Wehr setzen. Aber genau das habe ich doch versucht. Ich hab’ versucht, mit Okada zu reden, ihm klarzumachen, daß er mich in Ruhe lassen soll. Aber es bringt ja nichts. Er hat einfach nur gelacht und als ich mich dann umgedreht habe und mit dem Putzen weitermache wollte, hat er mir ein Bein gestellt. Ich bin ausgerutscht und hab’ mir das Knie aufgeschlagen. Wo ist das Telephon? Wo hat Onii-chan es wieder liegen lassen? Freitag, 10. Mai Als ich heute morgen aufgewacht bin, habe ich mich als erstes gewundert, warum ich verkehrt herum in meinem Hochbett liege. Dann ist mir aber alles wieder eingefallen. Gestern habe ich Takeru angerufen und eine halbe Stunde später war er da. Wir haben geredet und geredet und irgendwann war es so spät, daß Oka-san ihn gefragt hat, ob er nach Hause geht oder lieber hierbleiben möchte, damit er so spät nachts nicht noch unterwegs sein muß. Takeru’s Mutter hat gesagt, es geht in Ordnung, wenn er hier bleibt und dann haben wir Bettzeug und einen Futon aus dem Schrank geholt. Und dann haben wir weitergeredet, bis wir irgendwann eingeschlafen sind. Ich habe mich im Bett herumgedreht, damit ich den Arm rausstrecken und beim Einschlafen seine Hand festhalten kann. Ich spüre immer noch diese warme zärtliche Berührung, obwohl er längst fort ist. Sonntag 12. Mai Vor dem Spiel trafen wir uns noch mal im Computerraum. Leider haben wir es während der Golden Week doch nicht geschafft, die gesamte DigiWelt zu befreien. Wir haben zwar viele der Dunklen Türme zerstört, aber der Digimon Kaiser hat immer wieder neue errichtet. Das Spiel wurde leider ein ziemlicher Reinfall für unsere Mannschaft. Daisuke war zwar in Top-Form und schoß auch ein Tor, aber pünktlich zur zweiten Halbzeit tauchte Ichijouji Ken, seines Zeichens Genie und Wunderknabe von Tamachi auf, und ab da war es sowieso vorbei. Das Spiel endete 9:1 für Tamachi und wir gingen alle erst mal etwas zu essen holen, um den Schrecken zu verdauen. Nur Daisuke blieb verschwunden und das, obwohl er genau wie mein werter Bruder die Fähigkeit besitzt, Essen drei Meilen gegen den Wind zu riechen. Er tauchte erst wieder auf, als wir uns schon auf den Nachhauseweg machen wollten. Seltsamerweise schien er wegen des verlorenen Spiels gar nicht betrübt. Er hatte einen träumerischen Ausdruck auf dem Gesicht und klopfte so große Sprüche, daß es selbst Onii-chan zuviel wurde. Montag, 13. Mai Wir haben Mathe herausbekommen. Eigentlich bin ich ganz zufrieden. Ach ja und Englisch haben wir schon letzte Woche zurückgekriegt, das war auch in Ordnung. Wie es scheint, bekomme ich die “Doppelbelastung“ ganz gut hin. Ich habe mir vorgenommen, daß ich mich ab jetzt ganz fest an Takeru’s Ratschlag halten werde. Ich lasse mich nicht von Okada unterkriegen und ich werde auch keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden. In Zukunft ist er für mich einfach Luft. Schlechte Luft. Nach der Schule gingen wir wieder in die DigiWelt – und liefen mitten in eine Falle. Diesmal hatte der Digimon Kaiser es auf Daisuke abgesehen, aber zum Glück gelang es uns, ihn zu beschützen. Wir waren froh, alle wieder heil im Computerraum zu sein. So geknickt und in sich gekehrt habe ich Daisuke vorher noch nie erlebt. Aber er hat nicht versucht, von sich aus über die Sache zu reden und ich wollte ihn nicht bedrängen. Muß jetzt noch Hausaufgaben machen, und dann werde ich schlafen gehen. DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT Montag, 13. Mai, Nachtrag Meine Güte war das ein Alptraum. Ich zittere noch immer und bin froh, daß meine Tailmon bei mir ist. Noch traue ich mich gar nicht, aufzustehen und das Licht anzumachen, deshalb schreibe ich hier im Dunkeln. Ich erinnere mich nicht genau, aber es hatte etwas mit der Zeit zu tun, als ich so schlimm krank war und ins Krankenhaus mußte. Alles ist verschwommen und fiebrig heiß. Und dann wieder kalt. Und dann verschwimmen die Farben um mich herum und alles wird grau. Und ich höre eine Stimme, aber ich kann nicht verstehen, was sie sagt. Mein DigiVice zeigt 3.45. Wenn ich jetzt einfach ganz ruhig liegen bleibe, werde ich vielleicht wieder einschlafen. Dienstag, 14. Mai Ich kann es immer noch nicht glauben. Der Digimon Kaiser ist niemand anderer als Ichijouji Ken, das Wunderkind von der Tamachi Schule. Daisuke hat es gestern herausgefunden, das war auch der Grund, warum er so fertig war. Wir konnten es alle nicht glauben und haben mindestens fünfmal nachgehakt, aber er hat ihn eindeutig erkannt. Der Digimon Kaiser hatte die selbe Verletzung am Bein wie Ichijouji Ken und er trug einen Anhänger, den Daisuke ihm nach dem Spiel geschenkt hatte. Und dann, als er seine Brille abnahm, hat Daisuke sein Gesicht gesehen. Mit Koushirou’s Hilfe haben wir auch herausgefunden in welchem Wohnblock Ken wohnt, aber als wir dort ankamen, war da ein Aufgebot an Polizeiwagen und jede Menge neugieriger Nachbarn. Wie es scheint, ist Ken letzte Nacht aus seinem Zimmer verschwunden. Alle reden von einer Entführung, aber wir glauben, er ist in der DigiWelt. Deswegen werden wir uns gleich morgen auf den Weg dorthin machen. Mittwoch, 15. Mai Oh, nein! Er hat Agumon in seiner Gewalt. Unser Agumon! Wir müssen alles tun, um es zu retten! Er hat es einfach mitgenommen, als er mit AirDramon weggeflogen ist. Ich bin hinterhergerannt und habe ihn angefleht, es nicht zu tun, aber er hat sich nicht einmal umgedreht. Es ist ihm einfach egal. Er nimmt uns unsere Partner weg und macht mit ihnen, was er will und es ist ihm egal. Onii-chan ist am Boden zerstört. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was er jetzt durchmachen muß. Es muß sich anfühlen, als ob ein Stück von einem fehlt. Nein, ich will mir das gar nicht vorstellen. Ich kann im Moment nicht viel machen, nur versuchen, für ihn da zu sein. Ich wünschte nur, ich könnte irgendwas tun, um seinen Schmerz zu lindern. Donnerstag, 16. Mai Nach der Schule wollte ich den blöden Putzdienst so schnell wie möglich hinter mich bringen, daß ich gleich zum Computerraum kann. Ich habe mich an das gehalten, was Takeru mir geraten hat und habe Okada einfach ignoriert. Aber es hat nichts genutzt. Als er gemerkt hat, daß ich nicht mit ihm rede, hat er mich erst beschimpft und mir dann den Putzeimer umgeschüttet. Ich wollte ihn immer noch ignorieren und einfach weggehen, aber er kam mir hinterher und hat mich gegen die Schließfächer geschubst. Ausgerechnet in dieser peinlichen Situation tauchten Takeru und Daisuke auf. Ich habe mich in Grund und Boden geschämt. Takeru kam zu mir und half mir hoch, aber Daisuke stürmte sofort auf Okada los und haute ihm eine rein. Wenn das ein Lehrer gesehen hätte! In der DigiWelt gibt es leider nur schlimme Neuigkeiten. Seit der Digimon Kaiser ganz dort geblieben ist, stellt er die Dunklen Türme im Rekordtempo auf. Er hat alle Gebiete wieder zurückerobert, die wir schon befreit haben und noch viele mehr dazu. Wir kommen gar nicht mehr hinterher, denn er hat jetzt viel mehr Zeit als wir. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Er hat Agumon mit seinem DigiVice der Dunkelheit zu MetalGreymon digitieren lassen. Wir waren gezwungen, gegen einen von unseren Partnern zu kämpfen. Es hat uns allen fast das Herz gebrochen, aber uns blieb keine Wahl. Ich bin nur froh, daß Yamato zu uns kam, denn sonst hätte Onii-chan das alles nicht durchgestanden. Und Daisuke... ihm haben wir es ebenso wie Yamato zu verdanken, daß wir Agumon retten konnten. Er ist heute wirklich über sich hinausgewachsen. Hm... vielleicht steckt doch mehr in ihm, als nur der aufgedrehte, manchmal etwas trottelige Sonnenschein, so wie ich immer gedacht habe. Obwohl ich es immer noch nicht gut finde, daß er Okada geschlagen hat. Man soll Konflikte mit Worten lösen und nicht mit Gewalt. Aber trotzdem, auch wenn ich es eigentlich gar nicht sein will, bin ich ihm dankbar dafür. Freitag, 17. Mai Heute beim Frühstück habe ich Onii-chan und meinen Eltern versprechen müssen, daß ich es ihnen in Zukunft immer erzählen werde, wenn Okada oder jemand anderer aus der Schule mich schlecht behandelt. Ich habe ihnen gesagt, daß ich ihnen nicht solche Umstände machen möchte, aber daran halten werde ich mich trotzdem, schließlich habe ich es versprochen. Ich hatte ein bißchen Angst, daß Okada sich jetzt an mir rächen will, aber Yamato meinte, daß das wahrscheinlich nicht passieren wird. Er sagt, die meisten Jungen, die auf Mädchen herumhacken sind feige und bekommen sofort Angst, wenn man sich wehrt. Er hat es zwar nicht laut gesagt, weil meine Mutter dabei war, aber ich glaube, er findet es sogar gut, was Daisuke getan hat. Ich frage mich, ob Takeru sich auch wegen mir mit jemandem prügeln würde. Nein, nicht daß ich das möchte... aber würde er es tun? Nein, Takeru prügelt sich nicht. Er ist viel zu reif und erwachsen für so was. Obwohl, Daisuke und er sind schon paar Mal heftig aneinandergeraten. Zum Glück nicht wegen mir, ich könnte es nicht ertragen, wenn sie wegen mir streiten würden. Ach, ich weiß auch nicht, es ist alles so kompliziert. Sonntag, 19. Mai Wir treffen uns später, um zusammen in die DigiWelt zu gehen. Auch Onii-chan, Yamato, Sora und Koushirou werden mitkommen. Koushirou war gestern bei uns zu Besuch und hat etwas an Onii-chan’s PC installiert. Er kennt sich immer noch am besten mit diesen Sachen aus. Aber vor allen Dingen wollen wir heute beraten, wie wir weiter gegen den Digimon Kaiser vorgehen können. Wir brauchen einen Plan, eine Strategie, hat Koushirou gesagt. Wir sollen sorgfältig alles zusammentragen, was wir bisher wissen, vielleicht hilft uns irgendetwas davon weiter. Ich werde auch meine Tagebucheinträge noch mal durchgehen und nach Informationen suchen. Wenn wir erst mal herausfinden, was der Digimon Kaiser wirklich aber das kann doch nicht... ..bei allen Göttern... Nein!!! Es ist meine Schrift! Es ist meine Schrift, aber ich habe das nie geschrieben! Mitten in meinem Tagebuch ist eine Seite, die ich nie geschrieben habe. Wie kommt sie da hin? Was geschieht mit mir? Werde ich jetzt wahnsinnig? Sonntag, 7. Juli Die letzten zwei Monate habe ich nichts in mein Tagebuch geschrieben, weil ich zuviel Angst hatte. Was, wenn wieder so etwas passiert? Wenn da plötzlich wieder Einträge drinnen stehen, die nicht von mir sind? Ich habe mein Tagebuch in die unterste Schreibtischschublade gelegt, nämlich in die, die man abschließen kann und habe den Schlüssel versteckt. Ich habe auch niemandem etwas von der Sache erzählt, nicht einmal Tailmon. Aber heute hat sich das alles geändert. Heute habe ich ganz lange mit Takeru, Tailmon und Patamon gesprochen und ich weiß jetzt, daß ich vor meiner Angst nicht weglaufen darf. Denn wenn ich das tue, dann holt sie mich irgendwann ein und nimmt mich mit in eine fremde Welt. Doch ich möchte jetzt nicht darüber reden. Nicht über das Meer der Dunkelheit, nicht über meine Alpträume. Nicht heute. Heute ist mein Geburtstag und ich möchte an schöne Dinge denken. Zum Beispiel daran, daß Mimi mich für die Sommerferien nach New York eingeladen hat und daß meine Eltern ja gesagt haben. Einen Teil des Flugtickets habe ich als Geschenk bekommen, den anderen Teil nehme ich von meinem Sparbuch. Und ich denke an den wunderschönen Ring, den Takeru mir geschenkt hat. Ich hatte eigentlich darauf gehofft, daß ich vielleicht meinen ersten Kuß von ihm bekomme, aber wahrscheinlich denkt er, wir sollten damit noch warten. Mir macht es nichts aus zu warten, wir haben ja noch so viele Jahre Zeit. Takeru und ich haben unsere Wünsche auf ein Blatt Papier geschrieben und an die Bambuszweige am nahegelegenen Schrein gehängt. Später standen wir zusammen mit unseren Familien auf einer Brücke und haben uns das Tanabata Feuerwerk angeschaut. Er hat heimlich meine Hand genommen, als keiner von den anderen hingesehen hat. Leider hat es geregnet. Wenn es regnet, dann können die Elstern nicht die Himmelsbrücke über die Milchstraße bauen, und Hikoboshi und Orihime können sich nicht treffen. Sie müssen wieder ein ganzes Jahr warten. Was macht es da aus, wenn ich noch bißchen länger auf meinen ersten Kuß warten muß? Wenn die alte Legende stimmt und wir wirklich die DigiRitter von damals sind, dann ist dies das erste Leben seit langem, in dem wir uns wirklich gefunden haben. Und wir sollten es in vollen Zügen genießen und keinen Augenblick davon verschwenden. Jeder Moment, den wir zusammen verbringen, ist wie ein leuchtender Schatz, den ich in meinem Herzen bewahren will. Donnerstag, 1. August Nicht zu glauben, daß schon wieder August ist. Irgendwie scheint die Zeit plötzlich viel schneller zu vergehen als früher. Die WM ist endlich vorbei und ich bin froh darüber. Auch wenn es toll war mit den ganzen Festen und den viele Leuten von überall aus der Welt, ich kann wirklich kein Fußball mehr sehen. Otoh-san und Onii-chan haben den Juni praktisch vor dem Fernseher verbracht. Natürlich war es schön, daß Koushirou und Sora so oft bei uns waren, aber Sora hatte leider nicht viel Zeit für mich. Und wenn wir doch geredet haben, dann ging es nur um Aufstellungen und verpatzte Torchancen. Auch Daisuke lag mir damit in den Ohren. Seit Onii-chan und die anderen ihn mit ins Stadion genommen haben, war er nicht mehr zu bremsen. Und er ist immer noch total in mich verknallt. Oder besser gesagt schon wieder, denn zwischendrin hatte es sich ja etwas gelegt. Aber aus irgendeinem Grund bemüht er sich jetzt noch verzweifelter um mich. Fast als wolle er... aber nein, das ist Unsinn. Okada läßt mich jetzt tatsächlich in Ruhe. Er hat mich seit damals nicht mehr geärgert. In der DigiWelt ist es immer dasselbe. Wir zerstören Dunkle Türme, der Digimon Kaiser stellt sie wieder auf. Wir befreien Digimon von den Ringen und Spiralen des Bösen, der Digimon Kaiser versklavt sie wieder. Er selbst läßt sich jedoch nicht blicken. Seit Daisuke auf File Island gegen ihn gekämpft hat, haben wir nichts mehr von ihm gehört oder gesehen. Es ist, als weiche er uns aus. Ich muß an das denken, was Yamato mir über fiese Typen erzählt hat. Der Digimon Kaiser ist definitiv so ein fieser Typ. Vielleicht versteckt er sich vor uns, weil er weiß, daß wir nicht so einfach klein beigeben werden. Aber heute gehen wir nicht in die DigiWelt. Heute machen wir unser traditionelles Odaiba Memorial Picknick. Alle werden da sein, sogar Mimi, die extra deswegen aus den USA hergekommen ist. Sie hat übrigens einen neuen Freund, einen amerikanischen DigiRitter namens Michael. Wir haben ihn in der DigiWelt kennen gelernt. Er ist nett und spricht sogar etwas Japanisch. Allerdings hat er in manchen Dingen noch seine liebe Mühe. Er nennt Mimi Koi, weil es in Amerika offenbar üblich ist, seine Freundin Love zu nennen. Aber irgendwie hatte wohl keiner das Herz, ihm zu sagen, was das Wort wirklich bedeutet, am allerwenigsten Mimi selber. Seither führt Michael bei uns den liebevollen Spitznamen Karpfen. Oder in manchen Fällen auch weniger liebevoll, denn Yamato kann Michael nicht ausstehen. Und er nimmt es Mimi wohl ziemlich übel, daß sie noch nicht mit Jou gesprochen hat. Ob das Leben immer so kompliziert ist, wenn man älter wird? Ich weiß es ist egoistisch von mir das zu denken, aber ich hoffe, daß Mimi nicht ausgerechnet heute an unserem DigiRitter Jubiläum mit Jou Schluß macht. Ich muß jetzt aufhören, wir müssen los. Oh, ich freue mich so sehr darauf, den Tag mit allen zu verbringen. Samstag, 3. August Ich bin gerade dabei, meine Sachen zu packen und überlege, ob ich das Tagebuch mitnehmen soll. Irgendwie widerstrebt mir der Gedanke, es in die DigiWelt mitzunehmen. Ich glaube, ich verstecke es lieber wieder in der Schreibtischschublade. Aber alles der Reihe nach. Wir haben Wizahmon wiedergesehen, Tailmon’s besten Freund, der mir damals das Leben gerettet hat. Die ganzen langen Jahre haben wir uns gefragt, warum er als Einziger von unseren Freunden nicht in Hajimari no Machi, der Stadt des ewigen Anfangs, wiedergeboren wurde. Jetzt wissen wir es. Er konnte noch kein neues Leben anfangen, weil er an seinem alten festhalten mußte. Wie es scheint, ist es mit Digimon wie mit Menschen, sie können erst wieder in den Kreis des Lebens eintreten, wenn sie bereit sind, loszulassen. Wizahmon ist damals gestorben, als er uns etwas Wichtiges mitteilen wollte. Er mußte uns verlassen, ohne daß er zu Ende sprechen konnte. Ich weiß, daß er es war, der Yamato von dieser alten Legende erzählt hat und er sagte, daß wir einen Fluch brechen müssen. Aber der Fluch ist doch gebrochen, oder? Takeru war doch von Anfang an bei den anderen DigiRittern und ich wurde auch gerettet. Jetzt kämpfen wir beide für das Wohl der DigiWelt und kein böser Dämon kann etwas daran ändern. Auch diesmal blieb Wizahmon leider nicht viel Zeit. Er sagte, Freundlichkeit wird goldenen Glanz befreien. Das ergibt auf den ersten Blick noch weniger Sinn, als die Geschichte von den beiden DigiRittern. Aber es muß etwas dahinter stecken. Ist der Fluch vielleicht doch noch nicht gebrochen? Werden diese finsteren Wesen, die durch meine Träume huschen, weiterhin versuchen, mich in die Welt der Dunkelheit zu entführen? Ich trage zwar das Wappen des Lichts, aber was ist, wenn ich trotzdem das Kind bin, auf dem der Fluch der Dunkelheit ruht? Ich erinnere mich an Dunkelheit... sehr viel Dunkelheit. Aber es sind nur wirre Gedankenfetzen und ich kann sie nicht einordnen. Oh, warum kann ich nicht so stark sein wie Takeru? Er wurde nie von diesen Schatten heimgesucht, hat nie die Stimmen gehört, nie den Ruf der Dunkelheit verspürt. Er wacht nachts nicht schweißgebadet und mit klopfendem Herzen auf. Er findet keine Seiten in seinem Tagebuch, die nicht von ihm sind. Er blickt nicht an sich hinunter und sieht schwarzes Wasser an seinen Beinen hochkriechen. Ich frage mich, ob ich deshalb als kleines Mädchen unbedingt das Hochbett wollte. Weil das Wasser immer von unten kommt und wenn ich hoch über der Erde schlafe, dann kommt es vielleicht nicht zu mir herauf. Morgen werden wir in die DigiWelt gehen, vielleicht für längere Zeit. Wir tun so, als würden wir campen gehen, damit wir auch über Nacht wegbleiben können. Koushirou hat herausgefunden, daß wir von jedem beliebigen Computer aus, ein Tor zur DigiWelt öffnen können, also werden wir seinen Laptop benutzen. Und dieses Mal... diesmal kehren wir nicht eher zurück, bis wir den Digimon Kaiser unschädlich gemacht haben. Wird es dann vorbei sein? Haben wir dann das Böse besiegt? Tsuzuku... * * * “Nein habt ihr nicht, du naive kleine Kröte! Das Böse gewinnt immer, weil das Gute einfach viel zu blöd ist, um irgendwas zu gewinnen.“ “Auch dann nicht, wenn es den Telephonjoker einsetzt?“ “Selbst dann nicht, wenn es das Publikum frägt. Denn das Publikum sind immer noch wir! Jetzt hör schon auf, mich so glubschäugig anzustieren, ich glaube diese Fanfic bekommt dir nicht. Autsch, paß doch auf mit diesem blöden Schild. Was hältst du da überhaupt für ein blödes Schild hoch!“ “Da steht drauf: Zitate Doppelpunkt!“ “Häh?“ “Zitate Doppelpunkt. DAS IST NICHT TOT WAS RUHT IN EWIGKEIT DENN IN ÄONEN FERN ERLIEGT DER TOD DER ZEIT ist eine deutsche Übersetzung von... uhm... noch mal Doppelpunkt THAT IS NOT DEAD WHICH CAN ETERNAL LIE AND WITH STRANGE AEONS EVEN DEATH MAY DIE von H Punkt P Punkt Lovecraft.” “Und wieso redet der Typ in Großbuchstaben?” “Na ja, wenn er wirklich mächtiger ist, als der Tod... ich mein ja nur...“ “Du hast gar nichts zu meinen, du Trottel!“ “Au ja, schlägst du mich wieder? Bitte, bitte!" Kapitel 3: Shinjitsu (Wahrheit) ------------------------------- Mukashi Mukashi... Once upon a time… Es war einmal... Es war einmal und war auch nicht, jenseits der uns bekannten Datenbahnen, hinter den sieben verwunschenen Servern, geheimnisvoll verborgen auf der Rückseite des www. eine verzauberte Welt, die noch nie ein Mensch betreten hatte. Diese Welt war die Heimat der Digimon, kleiner fröhlicher Wesen, die glücklich und sorglos in den Tag hineinlebten. Eine Welt des Friedens und des Frohsinns, in der man das Böse nicht kannte. Aber, in den Wirren der Computerviren, gab es noch eine andere Welt, einen grauenvollen Ort der Finsternis, an dem schreckliche Dämonen hausten und gar furchtbare Monster ihr Unwesen trieben. Voll Neid und Mißgunst blickten die Dämonen in die kleine, friedliche DigiWelt hinauf und schmiedeten hinterhältige Pläne, wie sie die Macht über diese Welt erringen und sie in ewige Dunkelheit stürzen konnten. Und so geschah es, daß eines Tages ein mächtiger Gott des Bösen seine Armee der Dunkelheit in die DigiWelt führte, wo sie großes Unheil anrichtete und furchtbares Leid über die unglücklichen Digimon brachte. Als aber die Not am größten war, kamen zwei Menschenkinder in die Welt der Digimon, ein Junge und ein Mädchen. Gemeinsam mit ihren Digimon Partnern stellten sie sich dem bösen Gott mutig entgegen. Da sie aufrichtig und guten Willens waren, verliehen ihre reinen Herzen den Digimon Partnern die Kraft auf ein höheres Level zu digitieren. Aber all dies reichte nicht aus, um den finsteren Dämon zu besiegen. Als sie aber schon glaubten, daß alles verloren war, und ihre Digimon Partner besiegt am Boden lagen, da verlieh die Kraft der Liebe, die sie füreinander empfanden, den Digimon neue Energie. Nur durch die Kraft dieser Liebe erreichten ihre Digimon Partner das Megalevel und konnten den bösen Gott schließlich besiegen. Sie verbannten ihn für immer in die Welt der Finsternis zurück und versetzten ihn in einen tiefen Schlaf Der Dämon schwor fürchterliche Rache und prophezeite ihnen, daß er zurückkommen und ihre Herzen mit Dunkelheit umhüllen werde. Aber die Kinder hatten keine Angst vor ihm. Sie wußten ja, daß ihre Liebe stärker sein würde, als jede Dunkelheit. Alle Digimon jubelten, als sie erfuhren, daß sie endlich von den bösen Mächten befreit waren. Gemeinsam mit den beiden Kindern feierten sie ein riesengroßes Freudenfest, bei dem gesungen, getanzt und gelacht wurde. Als das Fest vorüber war, kehrten die beiden Kinder wieder in die reale Welt zurück. Sie wurden erwachsen, heirateten und hatten wieder Kinder, die ihrerseits in die DigiWelt gingen. Und so ging es weiter bis zum heutigen Tage und so wird es auch in Zukunft sein, bis in alle Ewigkeit. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Owari * * * Mukashi Mukashi Part 3: Shinjitsu “Hikari-chan! Hikari-chan, wach auf!“ Eine laute Stimme riß sie aus dem Schlaf und eine Hand schüttelte sie an der Schulter. “Takeru-kun und Iori-kun sind weg! Patamon und Armadimon auch!“ Verschlafen blinzelte Hikari in die Sonne, die nun schon ziemlich hoch stand. So war sie also doch wieder eingeschlafen, sie hätte es nicht für möglich gehalten. Sie setzte sich auf. “Beruhige dich Miyako-san, es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür. Die beiden sind schon losgezogen, um nach der Festung des Digimon Kaisers zu suchen. Wir hatten uns doch gestern überlegt, daß wir uns aufteilen, weißt du nicht mehr?“ Sie kramte nach ihrem DigiTerminal. “Wahrscheinlich haben die beiden uns schon gemailt.“ “So eine Gemeinheit!“ schimpfte Daisuke. Er krabbelte aus seinem Schlafsack und schob sich seine Fliegerbrille in die rotbraune Stachelfrisur. “Ich wär‘ viel lieber mit den Jungs mitgegangen!“ “Ja, sie hätten ihn wirklich mitnehmen können!“ stimmte Miyako zu. “Jetzt haben wir ihn den ganzen Tag am Hals!“ Als Antwort streckte Daisuke ihr die Zunge heraus. “Da ist tatsächlich eine Nachricht von Takeru-kun.“ Hikari öffnete die Mail auf ihrem DigiTerminal. “Er gibt uns Bescheid, wo sie sie schon überall gesucht haben. Wir könnten nach Westen, an der Küste entlang, in diesen Gebieten waren sie noch nicht. Sehr weit kann die Festung nicht sein, da wir sie ja erst letzte Nacht gesehen haben.“ “In Ordnung.“ Auch Miyako griff nach ihrem DigiTerminal. “Ich schreib‘ Iori-kun und Takeru-kun zurück, daß wir an der Küste entlang suchen. Falls wir etwas finden, melden wir uns. Wir sollten auch Koushirou-sempai und den Jungs im Camp Bescheid geben.“ “Immer wollt ihr bestimmen,“ schimpfte Daisuke. “Ich werde überhaupt nicht nach meiner Meinung gefragt!“ “Hast du denn einen besseren Vorschlag, was wir machen sollen?“ fragte Miyako zweifelnd. “Im Landesinneren waren wir schon, und übers Meer können wir sowieso nicht, da ein gewisser Jemand hier kein Digimon hat, das schwimmen oder fliegen kann.“ “Schon gut,“ maulte Daisuke. Er hob sein DigiVice. “Yosh, machen wir uns auf den Weg!“ “Digimental up!“ erklang es gleichzeitig aus drei Kehlen und das funkelnde Licht der Digitation hüllte die Digimon Partner ein. “V-Mon… armor shinka – Odoroku no Yuujou: LighDramon! V-Mon… ArmorDigitation zu – Erstaunliche Freundschaft: LighDramon!“ “Hawkmon… armor shinka – Habataku Aijou: Horusmon! Hawkmon… ArmorDigitation zu – Geflügelte Liebe: Horusmon!“ “Tailmon... armor shinka – Hohoemi no Hikari: Nefertimon! Tailmon... ArmorDigitation zu – Lächeln des Lichts: Nefertimon!“ * * * Langsam verschwand der schmale Küstenstreifen am Horizont. Nur eine winzige Linie schien das Meer noch vom wolkenlosen Himmel zu trennen. Pegasmon stieg hoch in die Lüfte auf. Seine Schwingen nützten die Aufwinde, dadurch konnte er seine Kräfte schonen. Obwohl sie nun schon einige Stunden unterwegs waren, zeigte er noch keine Anzeichen von Müdigkeit. Das Meer unter ihnen blieb ruhig, nur dann und wann schlugen ein paar kleine Wellen auf. Unter der Wasseroberfläche suchten Iori und Submarimon ebenso angestrengt nach einer Spur der schwebenden Festung wie es ihre Mitstreiter in den Lüften taten. Zwar wußten die DigiRitter nicht, ob die Festung auch tauchen konnte, hielten es aber für durchaus möglich. Ihr Feind war sicher auf alles vorbereitet. “Neuigkeiten von Koushirou?“ blinkte die Mail auf Takeru’s DigiTerminal. “Bisher nicht.“ gab er Iori zur Antwort. “Wirklich nicht?“ fragte Pegasmon. “Du hast ihm doch gestern alle uns bekannte Koordinaten der Festung gemailt und ihn gebeten, eine ungefähre Flugbahn zu berechnen. Aber den anderen hast du nichts davon gesagt.“ Es überraschte ihn nicht, daß Pegasmon Bescheid wußte. Vor seinem Digimon konnte ein DigiRitter nicht viele Geheimnisse haben. “Versteh‘ mich bitte nicht falsch, Pegasmon. Ich bin kein Hitzkopf, der einfach losrennen, und alles allein schaffen will. Wenn Iori-kun und ich Hilfe brauchen, werden wir die Mädchen auf alle Fälle rufen. Damit hab‘ ich überhaupt kein Problem.“ Er machte eine kurze Pause und fügte hinzu. “Aber solange wir nichts Genaues wissen, besteht kein Grund sie unnötig in Gefahr zu bringen.“ “Womit du sagen willst, du hast sie lediglich in das Gebiet geschickt, in dem die Festung mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht ist.“ “Allerdings, Pegasmon. Mehr als Wahrscheinlichkeiten haben wir auch nicht, denn selbst Koushirou kann in diesem Fall nur ungenaue Berechnungen anstellen. Wir können ja nicht ahnen, ob die Festung nicht plötzlich Kurs oder Geschwindigkeit ändert.“ “Dir ist bewußt, daß Hikari und Miyako sich hintergangen fühlen werden, wenn sie es herausfinden. Sie werden denken, du hättest kein Vertrauen zu ihnen.“ “Ich weiß.“ Betrübt starrte Takeru hinunter auf die glitzernde Wasseroberfläche. Würden die Mädchen seine Handlungsweise verstehen? Und Hikari, würde sie ihm diesen Vertrauensbruch verzeihen können? Oder würde sie gar… Er wollte den Gedanken nicht zu Ende denken. “Dann gibt es nur eins, das ich noch nicht verstehe. Warum habt ihr Daisuke bei den Mädchen gelassen?“ “Weil...“ Takeru überlegte, ob er seinem Digimon alles erzählen sollte oder nur einen Teil, aber er entschied sich schließlich für die Wahrheit. “Zum einen möchte ich die Mädchen nicht allein lassen, und zum anderen… Daisuke-kun ist ein guter Freund und ein tapferer Kämpfer, aber ich fürchte, der Aufgabe, die vor uns liegt, ist er nicht so ganz gewachsen.“ “Nicht gewachsen?“ fragte Pegasmon. “Nun, vielleicht möchtest du mir endlich einmal erzählen, was du eigentlich vorhast, Takeru?“ “Du hast recht.“ Takeru beugte sich vor und klopfte Pegasmon den Hals. “Ich hätte dir schon längst reinen Wein einschenken sollen.“ * * * Eine lange Kette von dunklen Türmen zog sich unter ihnen die Küste entlang. Sie standen in Reih und Glied wie Soldaten der Finsternis. Innerlich schauderte es Hikari und sie unterdrückte den Wunsch, ihre Mission zu vergessen und diese Ausgeburten des Wahnsinns mit Nefertimon’s Hilfe in Stücke zu schießen. Sie wurde einfach das Gefühl nicht los, diese Türme früher schon einmal gesehen zu haben, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wo und wann das gewesen sein sollte. Spielte die Erinnerung ihr einen Streich? Oder hatte es etwas mit ihren Alpträumen zu tun? Der Signalton ihres D-Terminals riß sie aus ihren trüben Gedanken. Vom Bildschirm blinkte ihr eine neue Mail entgegen. -------------------------------------------------------------------------------------------- Von: Izumi Koushirou An: Alle Habe die Daten, die Takeru mir gestern geschickt hat, nochmals überprüft und ausgewertet. Anbei findet ihr eine Karte mit einem alternativen möglichen Kurs der Festung, den ich euch berechnet habe, zusätzlich zu dem alten Kurs, den ich Takeru gestern abend gemailt habe. Zusätzlich sind alle weiteren Gebiete auf der Karte, je nach Wahrscheinlichkeit, daß sich die Festung dort befindet verschiedenfarbig gekennzeichnet. -------------------------------------------------------------------------------------------- Hikari saß im ersten Moment wie erstarrt und ihre Finger krallten sich fester in Nefertimon’s Mähne. Koushirou hatte also schon gestern Abend einen möglichen Kurs berechnet und ihn an Takeru gemailt? Wieso hatte Takeru nichts davon erwähnt? Was hatte das zu bedeuten? Ein Blick auf die Karte bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen. Beide Kurse, die Koushirou berechnet hatte, führten von der Küste weg ins offene Meer. Takeru hatte genau gewußt, was er tat, als er heute morgen mit ihr gesprochen und die Gebiete eingeteilt hatte. Das Gebiet, welches Miyako, Daisuke und sie selbst untersuchten, war grün gekennzeichnet. Das bedeutete Entwarnung. Die Digimon Kaiser Festung befand sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht einmal in der Nähe der Küste. “Hikari-chan!“ Miyako hatte die Geschwindigkeit gedrosselt, so daß Horusmon nun neben Nefertimon herflatterte. “Wir sollten aufs Meer hinaus fliegen und da nach der Festung suchen. Vielleicht haben Takeru-kun und die anderen sie schon gefunden. Oder was meinst du?“ “Ja, laß uns dort weitersuchen. Ich gebe nur schnell Daisuke-kun Bescheid, daß er auf uns warten soll. Nefertimon, würdest du bitte wenden?“ “Aber natürlich.“ Nefertimon flog einen Halbkreis und wandte sich dem offenen Meer zu. Hikari fühlte ein Zittern durch ihren Körper laufen und ihr Herz krampfte sich zusammen. Hatte Takeru das etwa mit Absicht getan? Vertraute er ihr nicht mehr? Aber warum, sie hatte ihm doch nie einen Grund dazu gegeben? Egal, was geschah, sie würde sein Vertrauen niemals mißbrauchen. Aber offenbar dachte Takeru anders darüber. * * * “Ich weiß, daß es so aussehen muß, als würde ich unüberlegt losstürmen und mich in Gefahr bringen,“ begann Takeru. “Aber so ist das ganz bestimmt nicht. Ich möchte eigentlich nur...“ “Takeru-han, Takeru-han!“ Tentomon, das sich ebenfalls an der Suche beteiligte, kam ihnen entgegengeflattert. “Habt ihr schon etwas gefunden?“ “Leider nein.“ Wie es schien, hatten Koushirou’s Berechnungen ihnen doch nicht zum Erfolg verhelfen können. Obwohl die Festung mit höchster Wahrscheinlichkeit hier in der Nähe sein mußte, so war doch keine Spur von ihr zu entdecken. Vielleicht sollten sie besser... -------------------------------------------------------------------------------------------- Von: Hida Iori An: Alle Die Festung ist aufgetaucht. Wir werden versuchen, uns durch eine Höhle hineinzuschleichen. -------------------------------------------------------------------------------------------- “Natürlich.“ Takeru schlug sich gegen die Stirn. “Die Festung ist unter Wasser, genau wie wir es schon einmal vermutet haben. Hoffentlich ist Iori-kun vorsichtig. Es behagt mir gar nicht, daß er allein da rein will.“ “Wolltest du nicht genau dasselbe tun?“ fragte Pegasmon zurück. “Ja, schon, aber das ist doch was anderes,“ versuchte Takeru sich zu rechtfertigen. “Ich bin älter als Iori, ich habe mehr Erfahrung und...“ Er brach ab, als ihm bewußt wurde, daß er selbst bei seinen ersten Abenteuern in der DigiWelt noch ein ganzes Jahr jünger gewesen war als Iori jetzt. Nun, zumindest war Iori für sein Alter vernünftig und vorsichtig. Das war ja auch der Grund gewesen, warum Takeru sich dafür entschieden hatte, mit ihm zusammen ein Team zu bilden. “Du hast recht, Pegasmon, wir sollten Iori-kun und Submarimon vertrauen. Ich sag’ ihm einfach, daß er vorsichtig sein soll. Und sobald...“ Ein heftiges Zittern lief durch den gesamten Körper des Digimons, und es stieg plötzlich in die Höhe wie ein scheu gewordenes Pferd. Takeru wuschelte ihm durch die Mähne, um es zu beruhigen. Schon den ganzen Weg hierher war Pegasmon sichtlich nervös gewesen und mittlerweile glaubte Takeru nicht mehr, daß es nur mit der Suche zusammenhing. Digimon hatten feinere Sinne für ihre Umgebung, sie spürten, wenn etwas nicht in Ordnung war. Und er war derjenige unter den DigiRittern, der das stärkste Gespür für die Digimon hatte... Nein, etwas war nicht in Ordnung und jetzt sah Takeru es auch. Vor ihnen zog das Wasser sich zusammen und bildete einen riesigen Strudel. Es war, als würde ein Loch tief unter der Oberfläche des Meeres das Wasser in sich hineinsaugen. Und auch das Wasser selbst... es sah irgendwie merkwürdig aus. Finster. Nebelhaft. Unwirklich. Obwohl der Strudel tief unter ihnen lag, hatte Takeru das Gefühl von ihm ergriffen und eingesaugt zu werden. Er riß sich mit Gewalt von dem Anblick los, doch selbst als er sich wieder der Sonne zuwandte, spürte er immer noch, wie die Kälte langsam in ihm nach oben kroch. Mit klammen Fingern zog er sein D-Terminal hervor, um die anderen zu warnen. Dieser Strudel war keine natürliche Bewegung des Wassers, er war wie ein Riß in der Wirklichkeit, ein Tor zu etwas, das es eigentlich gar nicht geben durfte. Wenn einer von ihnen dort hineingeraten würde, dann... Nein, er wollte sich gar nicht erst ausmalen, was dann geschehen würde. Etwas bewegte sich unter der Oberfläche. Es war ein riesiger schwarzer Schatten, der sich durch die wirbelnden Wassermassen schob, genau auf das Zentrum des Strudels zu. Takeru kniff die Augen zusammen, um es deutlicher zu erkennen und versuchte gleichzeitig, nicht ein weiteres Mal in diese furchtbare Leere zu blicken. “Takeru-han, das da unten ist die Festung.“ Offenbar konnte Tentomon den Schatten mit seinen Insektenaugen besser erkennen. “Es ist die Festung des Digimon Kaisers.“ “Iori-kun und Armadimon sind da drinnen.“ Entsetzt folgte Takeru dem riesigen unförmigen Schatten mit den Augen. Dieser wahnsinnige Digimon Kaiser steuerte seinen Stützpunkt wirklich genau in die Mitte des Strudels. Was immer er dort vorhatte, es konnte nichts Gutes bedeuten. Das D-Terminal fiepte leise. Die Mail an Iori war mit einer Fehlermeldung zurückgekommen. “Hört mir zu, ich weiß, daß ihr Angst vor dem Ding habt,“ wandte sich Takeru an die beiden Digimon. “Ich hab’ auch Angst. Aber wir müssen irgendwie in die Festung rein und Iori-kun warnen. Meine Mails erreichen ihn nicht, und er hat wahrscheinlich gar keine Ahnung in welcher Gefahr er sich gerade befindet.“ ’Eine Gefahr in die ich ihn gebracht habe’, fügte Takeru in Gedanken hinzu, auch wenn er es nicht laut aussprach. Schließlich war es seine Idee gewesen, Iori mitzunehmen. Wenn dem Kleinen da drinnen etwas zustieß, so war er, Takeru, derjenige, der dafür die Verantwortung trug. “Nun, solange die Festung sich unter Wasser befindet, können wir nicht viel ausrichten,“ stellte Tentomon fest. “Ich kann nicht ins Wasser wegen meiner Flügel und auch Pegasmon kann sich dort nicht sehr gut fortbewegen. “Aber vielleicht haben wir Glück und sie taucht auf,“ überlegte Pegasmon. “ Dann könnten wir nach einem Eingang suchen.“ Takeru spähte angestrengt nach unten. “Tentomon kannst du vielleicht erkennen, wie die Festung sich bewegt?“ “Nun, soweit ich das sehen kann, schwimmt sie immer noch zur Mitte des Strudels, aber abgesehen davon bewegt sie sich nach oben zur Wasseroberfläche hin. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sie bald aus dem Wasser auftauchen wird.“ Gut, das waren wenigstens positive Neuigkeiten. Und einen geheimen Eingang mußte es auch geben, schließlich hatten sich auch Armadimon und Iori in die Festung einschleichen können. “Takeru-han! Takeru-han, sieh dort!“ Tentomon schwirrte nach unten, obwohl seine Fühler zitterten und er wahrscheinlich am liebsten genau in die Gegenrichtung geflogen wäre. Aber die Digimon waren tapfer und man konnte sich auf sie verlassen. Takeru schluckte. “Los geht’s, Pegasmon. Wir schaffen das.“ * * * “Oh, diese Jungs!“ Miyako ballte die Hand zur Faust und schüttelte sie in eine unbestimmte Richtung. “Sie haben uns mit Absicht in eine falsche Richtung geschickt! Hast du die Mail gelesen, Hikari-chan? Hier steht, daß Koushirou-sempai die Daten schon gestern Abend an Takeru-kun geschickt hat. Hast du davon gewußt?“ Ohne eine Antwort zu erwarten, schimpfte sie weiter: “Und jetzt hat Iori-kun auch noch die Festung gefunden. Oh, Mann! Wir sind ein Team und sollten auch alle zusammen arbeiten. Diese dummen Alleingänge sind doch so was von lächerlich!“ Hikari gab ihr keine Antwort, sondern ließ sie stattdessen schimpfen; sie wollte Miyako nicht noch zusätzlich anstacheln. Innerlich jedoch fühlte sie genauso. Was hatte sich Takeru bei der ganzen Sache nur gedacht? Was hatte sie nur getan, um sein Vertrauen zu verlieren? Inzwischen hatten sie die Küste weit hinter sich gelassen und folgten Koushirou’s Kurs aufs offene Meer hinaus. Es konnte nicht mehr allzu lang dauern, bis sie den Ort erreicht hatten, an dem sich die Festung angeblich befinden sollte. Würden sie noch rechtzeitig ankommen, um den Jungs zu helfen? Oder würde es für jede Hilfe zu spät sein? “DIE MACHT DER DUNKELHEIT, DIE DU VON MIR GENOMMEN HAST, KANNST DU SIE AUCH BEHERRSCHEN?“ Diese Stimme... was war das für eine Stimme? Nein! Es war nicht real! Hikari preßte die Hände auf ihre Ohren. Da war keine Stimme. Sie hatte sich getäuscht. Es war ein Alptraum, nein... nicht einmal das, es war nur die Erinnerung an einen Alptraum. Sie durfte sich davon nicht verängstigen lassen. “DIE MACHT DER DUNKELHEIT, DIE DU MIR GESTOHLEN HAST, WIRST DU IHR AUCH DEN GEBÜHRENDEN RESPEKT ERWEISEN?“ Ein leiser Aufschrei entfuhr ihren Lippen und sie hielt die Hand vor den Mund, um ihn zu unterdrücken. Ein Bild stieg vor ihrem inneren Auge auf, das Bild einer riesigen Blumenwiese, die sich am Horizont verlor. Blumen, überall Blumen und eine sah haargenau aus wie die andere. Aber keine von ihnen duftete. Weil es viel Zeit und Kraft kostete, Wünsche zu erfüllen, und weil man für jeden Wunsch ein Stück von sich selbst geben mußte. “Hikari, was hast du?“ wollte Nefertimon wissen. “Rede doch mit mir.“ “Bitte mach’ dir keine Sorgen um mich, Nefertimon.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln und sofort wurde alles schon ein kleines bißchen leichter. “Mir geht es gut.“ “Wolltest du nicht damit aufhören, deine Probleme immer nur mit dir selbst auszumachen?“ fragte Nefertimon zurück. “Ich weiß.“ Sie schmiegte sich enger an den Hals ihrer Digimon Partnerin und wuschelte ihr durch die Mähne. “Aber es ist wirklich nichts Schlimmes. Ich hab’ mich nur an einen von den Alpträumen erinnert, die ich früher immer hatte. Und das hat mir Angst gemacht.“ “Ich verstehe. Vielleicht hängt es damit zusammen, daß die Macht der Dunkelheit hier ganz in der Nähe ist. Ich kann sie spüren.“ “Du kannst was?“ fragte Hikari erschrocken. Was hatte das zu bedeuten? Dies hier war doch die DigiWelt und nicht das seltsame Meer, das sie vor einigen Monaten in seinen Bann gezogen hatte. Wie kam die Macht der Dunkelheit hierher? Oder hatte es überhaupt nichts mit dem Meer zu tun? Waren vielleicht bösartige Digimon in der Nähe, die sich dieser Macht bedienten? Oder nein... Ein schrecklicher Verdacht stieg in ihr auf. Was, wenn sie selbst die Ursache für all dies war? Diese seltsame Stimme hatte ihr doch vorgeworfen, sie hätte die Macht der Dunkelheit gestohlen und würde sie jetzt für ihre Zwecke mißbrauchen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so etwas Schreckliches getan zu haben. Aber was, wenn es doch geschehen war? Was, wenn sie, ohne es zu wollen, ein solches Verbrechen begangen hatte, mit Mächten und Kräften gespielt hatte, die ihr nicht zustanden? Sie hatte besondere Kräfte, das wußte sie schon seit ihrer ersten Reise in die DigiWelt. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie in den Besitz dieser Kräfte gelangt war. Was, wenn... Nein, nein, nein! Ihre Kräfte, das waren Kräfte des Lichts. Sie hatte damit nur Gutes bewirkt. Sie hatte sich niemals auf die Mächte der Dunkelheit eingelassen. Aber wo Licht war, da gab es auch Dunkelheit. Tag und Nacht. Himmel und Erde. Yin und Yang. Die beiden Kräfte hielten sich immer auf irgendeine Weise im Gleichgewicht. “Hikari? Hikari, hörst du mir zu? Ich sagte gerade, daß es hier in der Nähe einen Ort geben muß, der die Macht der Dunkelheit verströmt.“ “Entschuldige Nefertimon, ich war in Gedanken. Du meinst, es ist wirklich ein Ort. Hier in der Nähe? Könntest du ihn für uns finden?“ “Ja, das könnte ich, auch wenn mir vor dem Gedanken graut, dorthin zu fliegen.“ “Mir auch.“ Hikari senkte den Blick und spürte, wie das unangenehme Gefühl zurückkehrte. “Ich will nicht dorthin.“ -------------------------------------------------------------------------------------------- Von: Takaishi Takeru An: Alle Iori-kun und Armadimon, ihr müßt die Festung sofort verlassen. Sie bewegt sich auf einen seltsamen Strudel zu. Alle anderen, wenn ihr im Meer diesen Strudel bemerkt, haltet euch davon fern. Blickt auf gar keinen Fall hinein. -------------------------------------------------------------------------------------------- Hikari steckte ihr DigiTerminal wieder weg. “Ich fürchte nur, wir haben gar keine andere Wahl, wenn wir die Festung finden und den Jungs zur Hilfe kommen wollen.“ * * * Im Sturzflug zog Pegasmon nach unten. Er hatte die Schwingen eng angelegt, um seine Geschwindigkeit noch zu erhöhen. Wie ein Pfeil schoß er auf die winzige Höhlenöffnung in der Festung zu, welche Tentomon mit seinen scharfen Augen entdeckt hatte. Takeru lag flach auf dem Rücken seines Digimon Partners, um sich vor dem heftigen Wind zu schützen, der an seinen Haaren und Kleidern zerrte. Aber der Wind war nicht sein größtes Problem. Je tiefer sie sich senkten, je näher sie dem Strudel kamen, desto unbehaglicher fühlte er sich. “Sieh nicht hin,“ warnte Pegasmon, als Takeru’s Blick sich wie von selbst auf die düster vor sich hin wabernden Wassermassen richtete. “Es verschlingt dich.“ Einen Moment lang war Takeru versucht, die Augen schließen, aber er entschied sich dagegen – schließlich mußte er Pegasmon und Tentomon helfen, die Umgebung im Auge zu behalten. Der Anblick der immer näherkommenden Festung unter ihnen war kaum beruhigender, als der des Strudels. Das riesige, unförmige Gebäude wirkte wie ein Fremdkörper in der Welt, die es umgab. Es war schwer zu sagen, aus was für einem Material es eigentlich bestand. Eben schien es noch Metall zu sein, dann war es plötzlich uralter Stein. Takeru zuckte zusammen, als plötzlich eine seltsame Kälte seinen Nacken streifte. Im nächsten Moment griff etwas nach seinem Rucksack und zerrte daran. Er wandte den Kopf nach Tentomon, um zu sehen, ob sich das Digimon vielleicht in einem Anflug von Panik an ihm festgeklammert hatte. Aber das Insekten Digimon war noch ein ganzes Stück hinter ihnen. Dann sah er die Augen... Augenpaare, die um ihn herumschwebten und ihn böse anstarrten. Aber sie entzogen sich seinem Blick... jedes Mal, wenn er versuchte, sie direkt anzusehen, waren sie plötzlich verschwunden. Aus den Augenwinkeln jedoch beobachteten sie ihn weiter, feurig, bedrohlich, mißgünstig. Als ob er etwas besäße, das sie ihm neiden würden. Aber natürlich tat er das. Sein Leben. Geister... Spukgestalten... verlorene Seelen. Wesen, die auch einmal gelebt hatten, aber aus irgendeinem Grund noch nicht bereit waren, in den Zyklus der ewigen Wiedergeburt einzutreten. Vielleicht klammerten sie sich noch zu sehr an ihr vergangenes Leben. Oder die Wiedergeburt war ihnen aus irgendeinem Grund verwehrt worden. In den Legenden der DigiWelt erzählte man sich von einem uralten, weisen und mächtigen Digimon, dessen Namen er als kleiner Junge auch gekannt, im Laufe der Jahre aber wieder vergessen hatte. Dieses geheimnisvolle Wesen, welches wie ein geflügelter Schakal aussah, hielt darüber Gericht, ob ein Digimon nach seinem Tod wiedergeboren wurde. War es ein gutes Digimon, so sagte man sich, würde es in Hajimari no Machi, der Stadt des Anfangs erneut aus einem Ei schlüpfen und sein Leben noch einmal von vorn beginnen. War es jedoch ein böses Digimon, so wurde es auf ewig in einen finsteren Abgrund verbannt, über den in der DigiWelt nur hinter vorgehaltener Hand, Klaue oder Pfote gesprochen wurde. Dark Area so nannte man ihn. Den Ort der Dunkelheit. Takeru wußte, daß es diesen Ort tatsächlich gab, denn er war selbst einmal dort gewesen. Damals, vor drei Jahren, als die DigiWelt vollkommen zerstört war, und sich die DigiRitter dem gefährlichsten Gegner von allen stellen mußten... Apocalymon. Hatte dieser seltsame Strudel etwas mit der Dark Area zu tun? Aber das war nicht möglich! Eine Firewall schützte die DigiWelt doch vor diesem furchtbaren Ort. Die verlorenen Seelen umkreisten ihn weiter, aber Pegasmon ließ sich in seinem Weg nicht beirren. Zielsicher fand er den geheimen Eingang und flog, gefolgt von Tentomon, in das Innere der unheimlichen Festung hinein. Takeru machte sich auf einen Alarm gefaßt, doch nichts geschah. Ebenso wie Iori und Armadimon schien es ihnen gelungen zu sein, die Festung unbemerkt zu erreichen. Jetzt mußten sie die beiden nur noch finden und dann nichts wie raus hier. * * * Hikari starrte vor sich hin, sie vermied es, den Blick zu senken und auf die glitzernde Wasseroberfläche unter ihnen zu blicken. Früher hatte sie das Meer geliebt, aber im Augenblick konnte sie es nicht ansehen. Gerade jetzt, nachdem sie wieder diese seltsame Stimme gehört hatte, fürchtete sie sich davor, daß sich das Wasser unter ihr plötzlich verwandeln könnte... von kristallklarem Blau zu schmutzig-nebeligem Grau. Himmel und Erde, Yin und Yang, Licht und Dunkelheit. Sie mußte an eine Legende denken, in der ein tapferer Samurai den Kampf gegen böse Füchse aufnehmen wollte, die sein Heimatdorf bedrohten. Um sein Dorf zu retten, bat er die Götter darum, ihm die Kraft des Lichts zu verleihen. Die Götter erfüllten seine Bitte und verliehen ihm das magische Phönix Schwert, welches mit seinen drei heiligen Feuerklingen die Dämonen des Bösen vernichten konnte. Allerdings nur unter einer Bedingung: Er mußte das Schwert, nachdem er die Fuchsdämonen besiegt hatte. unverzüglich wieder zum Schrein zurückbringen. Der Samurai gelobte es, aber er brach sein Versprechen. Nicht aus Habgier oder Gewinnsucht, sondern weil ein anderes Dorf ebenfalls von finsteren Mächten bedroht wurde und danach wieder ein anderes und danach wurde ein Bauer von einer Füchsin besessen und eine Miko, eine der Schrein-Jungfrauen, von einem Schlangenprinzen geraubt. So zog der Samurai viele Jahre durch die Lande, kämpfte gegen das Böse und wurde bald von allen als tapferer Held geehrt. Aber eines Tages hörte er von einem furchtbaren Dämon, welcher ebenfalls seit Jahren durch das Reich zog und überall eine Spur aus Tod und Zerstörung hinterließ. Natürlich stellte sich der Held diesem Geschöpf der Finsternis, aber er konnte es nicht besiegen. Denn jede Wunde, die das Schwert dem Dämon schlug, fügte es auch dem Samurai selbst zu. Erst als der Krieger dem Tode nahe war, erkannte er die Wahrheit: Er selbst hatte diesen Dämon erschaffen. All die Jahre, die er mit dem Flammenschwert für das Gute gekämpft hatte, hatte dieser Dämon, sein Gegenstück, das Böse verbreitet. Im Sterben rief der Samurai die Götter an und bat sie, das Schwert zurückzunehmen. Kaum war dies geschehen, löste der Dämon sich auf und der Fluch war gebrochen. Licht und Schatten – es gab immer einen Ausgleich. Genauso wie der Samuraikrieger, der trotz seiner guten Absichten Unglück über das Land gebrachte hatte, so hatte auch sie, die Trägerin des Lichts, den Makel der Finsternis an sich haften. Und vielleicht war es genau dieser Makel, der Takeru vor ihr zurückweichen ließ. Ihn hatte die Finsternis nie in Versuchung geführt. Durch seine Träume wanderten keine Dämonen. “Sag mal, bist du sicher, daß das der richtige Weg ist?“ rief Miyako von Horusmon’s Rücken hinüber. Ihre laute Stimme ließ Hikari zusammenzucken.“Wir wissen doch gar nicht, ob dieses seltsame Gefühl von dir wirklich etwas mit dem Strudel aus Takeru-kun’s Mail zu tun hat. Ich meine, wenn wir jedem seltsamen Gefühl hinterherjagen würden...“ “Es ist nicht nur Hikari’s Gefühl. Ich kann es ebenfalls spüren.“ Nefertimon hob die Nase und prüfte den Wind. “Ich ebenfalls,“ stimmte Horusmon zu. “Und jetzt kann ich es sogar sehen. Dort hinten, Miyako-san.“ Hikari blickte ebenfalls in die angegebene Richtung. Vor ihnen war das Wasser noch ganz normal, doch weiter hinten zog es sich zu einem Strudel zusammen. Und in dessen Mitte schwebte ein unförmiger dunkler Fleck über der Oberfläche, welcher rasend schnell näher kam, als sie weiter darauf zuhielten. Sie hatten die Festung des Digimon Kaisers gefunden. * * * “Armadimon… armor shinka – Hagane no Eichi: Digmon! Armadimon… ArmorDigitation zu – Stahl des Wissens: Digmon!“ Als Takeru um die Ecke rannte, war Digmon schon damit beschäftigt, die Gitterstäbe des Gefängnisses zu zerstören. “Gut, daß du hier bist, Takeru-san,“ begrüßte Iori ihn freudig. “Wir sind gerade dabei, alle gefangenen Digimon aus der Festung zu befreien.“ “Wir werden dir dabei helfen.“ Tentomon nahm Takeru buchstäblich das Wort aus dem Mund und nahm sich die nächste Zellentür vor. “Petit Thunder!“ “Laß uns die Digimon so schnell wie möglich retten und dann alle zusammen von hier verschwinden.“ Takeru blickte Iori eindringlich an. “Ich konnte dich per Mail nicht erreichen, aber ich bin hier, um dich zu warnen. Die Festung befindet sich über einem seltsamen Strudel, sieh nur!“ An der gegenüberliegenden Wand hatte er ein Fenster entdeckt, welches ihnen den Blick in das dunkle Wasser hinaus gewährte. Offenbar war die Festung wieder gesunken und der Teil in dem sie sich jetzt befanden, lag unterhalb des Meeresspiegels. Hier in der Mitte des Strudels schien alles ganz ruhig zu sein, beinahe schon unheimlich still. Die schwarzen Wassermassen, die die Festung umgaben, wirkten so starr und leblos wie gewaltige Mauern. Allein, wenn man sie nur ansah, hatte man das Gefühl von ihnen erdrückt zu werden. Und dennoch lag in ihrer Mitte etwas noch Unheimlicheres... etwas, das noch schwärzer war als die Dunkelheit selbst. Ein unfaßbares Grauen. Das Grauen schlug die Augen auf und war... Devimon. Tief in seinem Inneren begann etwas zu schreien. Plötzlich war er wieder zurück auf der File Insel, er war wieder acht Jahre alt, er war klein, er war vollkommen hilflos, und er sah dieses furchtbare Gesicht vor sich. Das Gesicht eines Teufels. Dieser Teufel wußte, daß es vorbei war, wußte, daß er verloren hatte, aber er war dennoch voll Häme und weidete sich an dem Schmerz, den er angerichtet hatte. Während er sich lachend und höhnend auflöste, riß er Angemon mit sich ins Nichts. Stück für Stück, Pixel für Pixel, Augenblick um Augenblick. Und mit jedem Stück von Angemon, das sich auflöste, zerbrach auch ein Stück in ihm selbst. Bis nichts mehr von ihm übrig war. Nur noch Leere. Und Schmerz. Tränen konnten nicht ausreichen, um diesen Schmerz aus seiner Seele herauszulösen. Umarmungen und tröstende Worte konnten niemals genügen, um ihn auch nur zu lindern, geschweige denn zu heilen. Von diesem Tage an, würde auf ewig ein Teil von ihm fehlen und nichts auf der Welt konnte die Uhr zurückdrehen, diesen furchtbaren Augenblick ungeschehen machen. Die Verzweiflung war wie ein Mühlstein an seiner Kehle, der ihn unerbittlich in die Tiefe zog. So klein… so hilflos... so machtlos gegenüber dem Schicksal. Angemon hatte sein Leben geopfert, um alle anderen zu beschützen und Devimon in die ewige Finsternis zu verbannen. Aber dieser wahnsinnige Digimon Kaiser spielte mit der Macht der Dunkelheit wie ein kleines Kind mit einer Landmine, die es irgendwo auf einem Feld gefunden hatte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er damit anrichtete und es war ihm auch herzlich egal. Seine unglaubliche Gleichgültigkeit, das war das Schlimmste von allen. Ebenso wie seine grenzenlose Dummheit. Verdammt, er hielt das nicht mehr aus, er konnte es nicht länger ertragen, das mitanzusehen. Er konnte nicht ein zweites Mal hilflos daneben stehen und dem Schicksal seinen Lauf lassen. Diesmal nicht. Diesmal nicht! “Verfluchte Scheiße!” brüllte er und schmetterte seine Mütze zu Boden. “Ich mach’ den blöden Spinner fertig! Ich bring’ diesen Mistkerl um!“ Und ohne seinen verwirrten Freunden auch nur einen einzigen Blick zu gönnen, drehte Takeru sich auf dem Absatz herum und stürmte los. * * * “Hikari-chan, was ist das? Irgendetwas kommt auf uns zu!“ “Es ist ein Digimon,“ antwortete Horusmon an Hikari’s Stelle. Er wandte den Kopf zur Seite und fixierte die näherkommende Gestalt mit einem Auge. “Scheint ziemlich groß zu sein.“ Jetzt konnte Hikari es ebenfalls erkennen. Im ersten Moment hatte sie das unförmige Geschöpf für ein Insekten Digimon gehalten, aber das konnte nicht stimmen, denn es flog vollkommen lautlos, ohne das charakteristische Surren der Flügel, welches sie von Kabuterimon oder Kuwagamon kannte. Trotzdem – die ganze Art, wie es sich bewegte – irgendetwas schien daran falsch zu sein. ’Genauso müßte sich eigentlich ein Untoter bewegen,’ schoß es ihr durch den Kopf und der Gedanke ließ ihr kalte Schauer über den Rücken laufen. Hinter der Kreatur erhob sich die gewaltige Festung des Digimon Kaisers aus dem Wasser. Nun gab es keinerlei Zweifel mehr, wo dieses Wesen herkam. “Bei allen Göttern, was ist das für ein Ding?“ schrie Miyako entsetzt. “Red Sun!“ Ein roter Strahl schoß aus Horusmon’s Augen und prallte wirkungslos vom Kopf des gegnerischen Digimons ab. Dieser kam ihr bekannt vor; es war der gepanzerte Kopf Kabuterimon’s, den sie hier vor Augen hatte, aber der dazugehörige Körper war aus verschiedensten Digimon-Teilen zusammengesetzt. Dank Kabuterimon’s metallenem Kopf hat diese Attacke keine Auswirkung. Ein Puzzlespiel aus Körperteilen, konnte es etwas Grauenvolleres geben? Hikari spürte, wie ihr schlecht wurde. Sie preßte sich an Nefertimon’s Rücken und widerstand dem Drang, sich zu übergeben. “Mach Impulse!“ Diesmal traf Horusmon’s Angriff die Brust des ekelerregenden Geschöpfes, aber seine Windklingen zerschellten ohne jede Wirkung an Greymon’s gewaltigen Oberkörper. Einer von Devimon’s Armen versuchte nach den Angreifern zu fassen, und nur um Haaresbreite konnten sie seinem Griff ausweichen. ’Ich muss was tun’, schoß es Hikari durch den Kopf. ’Ich darf nicht einfach wie gelähmt hier herumsitzen. “Greif an, Nefertimon!“ Wie schwer, wie unglaublich schwer war es, diese einfachen Worte zu sagen. Dabei war es nicht einmal die Angst, die sie lähmte. Sie hatten schon häufig gegen gefährliche Digimon kämpfen müssen. Aber diese furchtbare Dunkelheit hatte sie zum letzten Mal gespürt als... Nein, sie wollte nicht darüber nachdenken. Sie durfte nicht darüber nachdenken. Sie verstärkte ihren Griff um Nefertimon’s Schultern an denen sie sich festhielt und spürte neben dem kühlen Metall ihres Halsschmucks auch ihr weiches Fell unter den Fingern. Als Nefertimon die leuchtenden Energiestrahlen ihrer Attacke Curse of Queen abschoss, hatte sich die furchtbare Lähmung schon wieder ein wenig gelockert. Normalerweise hielt Hikari nicht viel von dem Kampfrausch, in welchen die anderen dann und wann gerieten, aber dieses Mal würde er ihr dabei helfen, zu überleben. Angemon’s und Airdramon’s Flügel machen es unglaublich schnell. Nur nicht darauf hören, sie brauchte jetzt all ihre Konzentration. Nur nicht die Hände über die Ohren schlagen, sie musste sich doch festhalten. Jetzt bin ich dran. Sie wollte Miyako eine Warnung zurufen, aber im selben Moment sauste der kraftvolle Schwanz der Kreatur auch schon zwischen ihnen hindurch und schlug gegen Horusmon, welches trudelnd nach unten stürzte. Und mit Garurumon’s Beinen und Monochromon’s Schwanz... Miyako’s Schrei gellte in ihren Ohren und sie wollte Nefertimon nach unten lenken, um ihr zu helfen, um ihren Sturz abzufangen. Kuwagamon! Eine Insektenklaue griff nach ihr - SkullGreymon! Eine Totenkralle versuchte, sie von Nefertimon’s Rücken zu reißen. Devimon! Eine schwarze Hand der Finsternis schlug sie, umfing sie, erfüllte alles mit Dunkelheit * * * Diesmal nicht! Diesmal würde er es nicht zulassen! Mechanisch wie ein Uhrwerk marschierte Takeru durch die Festung, ohne sich um Patamon’s verzweifelte Rufe zu kümmern. Sein Ziel stand ihm klar vor Augen, auch wenn die ganze Welt hinter einem roten Schleier verborgen zu sein schien. Er würde... “Du hast Mut... nicht viele würden es wagen, einfach so die Festung des Digimon Kaisers zu betreten. Ganz besonders nicht, nachdem es ihm gelungen ist, die Macht der Finsternis unter seine Kontrolle zu bringen.“ Sein erster Impuls war es, zu schreien, aber dann fühlte er, wie die Hitze seiner Wut langsam abkühlte, kälter und kälter wurde wie ein Eisblock, der sein Herz einfror. Seine Augen verengten sich und voller Verachtung blickte er den Digimon Kaiser an, diesen dummen kleinen Jungen, der mit Kräften spielte, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte. Dieser Dummkopf war seine Wut nicht wert, genauso wenig wie seinen Hass. Er war es eigentlich nicht einmal wert, dass man ihn überhaupt beachtete. Und mit einem Mal wusste Takeru, was diesen Typen, der sich feige hinter den Gläsern seiner getönten Brille versteckte, weitaus härter treffen würde, als Wut oder Hass. Er begann, leise zu kichern... “Was soll das?“ Diese Mal konnte auch die Brille den erschrockenen Blick nicht verbergen. “Ichijouji-san.“ Selbst seine Stimme war kalt, voll eisiger, schneidender Höflichkeit. “Ich frage mich, wie lange du noch mit der Illusion leben willst, dass du immer recht hast. Macht das Spaß? Und du redest von der Macht der Finsternis, als hättest du auch nur die geringste Ahnung, worüber du da eigentlich redest. Du weißt es nicht, nicht wahr? Solange nicht, bis du dir daran weh getan hast.“ Mit wachsender Genugtuung betrachtete er das Mienenspiel aus Wut und Verwirrung, das sich auf dem Gesicht seines Gegners abzeichnete. “Hör auf, dich wie ein Kleinkind zu benehmen!“ “Du elender Wurm!“ brüllte Ken zurück. “Elender Wurm, elender Wurm, elender Wurm!“ Er wiederholte diese Worte wie eine Litanei, als könne er dadurch seine Überlegenheit beweisen und davon ablenken, dass ihm, dem großen Genie, die Worte fehlten. Aber alles, was er dadurch bewies, war seine Unfähigkeit, sich mit Argumenten auseinander zu setzen. “Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“ “Sei STILL!“ Ein rasender Schmerz durchzuckte Takeru, als die Peitsche gegen seine Wange klatschte. Seine ganze linke Gesichtshälfte fühlte sich an, als würde sie in Flammen stehen. Patamon quiekte laut auf, entweder vor Entsetzen, oder aber, weil es den Schmerz seines menschlichen Partners fühlen konnte. Seltsamerweise war es aber der selbsternannte Digimon Kaiser, der zusammenzuckte. Takeru selbst blieb gefährlich ruhig. Er legte lediglich die Hand an seine Wange und betrachtete das Blut an seinen Fingerspitzen mit einem Gleichmut, als wäre es überhaupt nicht seines. Warum auch? Angemon war durch die Kraft der Finsternis gestorben. Was bedeuteten da ein paar Tropfen Blut? “Du kannst dich mit Argumenten nicht wehren, also musst du auf Gewalt zurückgreifen.“ Sein Gegenüber zuckte ein weiteres Mal zusammen, diesmal merklich getroffen. Takeru wusste ganz genau warum; dieser Junge, der sich soviel auf seinen Verstand einbildetet, hatte bei ihrem geistigen Duell kläglich versagt. Mochte Ken auch in schulischen Leistungen ein Überflieger sein, ein Supersportler, ein taktisches Genie im Kampf. Jetzt hatte er ihm deutlich vor Augen geführt, dass er nichts anderes war, als ein lächerlicher kleiner Junge, der Krieg spielte. “Du hast unrecht,“ stieß er mit zitternder Stimme hervor. “Ach, ich habe unrecht?“ fragte Takeru spöttisch zurück. “Nun, das ist in Ordnung.“ Er war schließlich nicht derjenige, der von sich selbst behauptete, alles zu wissen, alles zu können, allen anderen haushoch überlegen zu sein, und immer recht zu haben. “Bist du dann fertig?“ Jetzt war es an der Zeit, dass er einmal Krieg spielte. “Dann bin ich jetzt dran.“ Seine lächelnde Maske zerfloss wie ein falsches Gesicht und zum allerersten Mal erlaubte er seinem Gegner einen Blick auf das Inferno, welches darunter brodelte. Er ließ Ken keine Zeit, die Verwirrung und das Entsetzen zu verarbeiten, welche sich plötzlich auf seinen Gesichtszügen zeigte. Ken hatte immer noch denselben verwirrten und entsetzten Blick in den Augen, als Takeru’s Faust schon in sein Gesicht krachte und ihn mit der Wucht des Schlages rückwärts zu Boden stieß. * * * “Sei still, sei still, sei STILL!“ Sie wollte nichts mehr hören. Nicht die Stimme der Finsternis, die Stimme der Kreatur, die ihre Träume verseuchte und seltsame Sätze in ihr Tagebuch schrieb. Keine Lügengeschichten mehr über Wünsche und Blumenwiesen. Keine flüsternden lockenden Versprechungen von Macht, von Unsterblichkeit, von Ewigkeit. Sie hatte nein gesagt. Und sie hatte es auch so gemeint. Auch seine Stimme wollte sie nicht mehr hören. Die Stimme des Digimon Kaisers, der den Verlockungen dieser Finsternis erlegen war. Ihre andere Hälfte, ihr Gegenstück, ihr Spiegelbild. Ihr Schatten, ihr Yin. Das Kind der Dunkelheit... KEINE GESCHICHTEN MEHR? Nein, keine Geschichten mehr. ABER DU BRAUCHST DOCH DEINE GESCHICHTEN. WIE WILLST DU KÄMPFEN, OHNE DEINE GESCHICHTEN. WOHER WILLST DU DEN MUT DAZU NEHMEN? Ich habe meine Freunde. Meine Familie. DU WIRST SIE VERLIEREN. DU WIRST ALLES VERLIEREN. Nein, du kannst mir keine Angst mehr machen. Du würdest mir das Blaue vom Himmel erzählen, um mir Angst zu machen, aber ich werde nicht darauf hören. Du hast keine Macht mehr über mich. DU HAST KEINE MACHT MEHR ÜBER MICH! WUT? WIE INTERESSANT. Du hast keine Macht mehr über mich. Keine Schreien mehr, keine Angst, keine Wut, nur noch eine grimmige Entschlossenheit. Heller und heller erstrahlte ihr Licht, schrittweise trieb es die Dunkelheit zurück, doch sein Leuchten nahm ihr auch die schützenden Schatten, in denen sie sich bisher verborgen gehalten hatte. Keine Geschichten mehr, hinter denen sie sich verstecken würde. Sie hatte es ernst gemeint. Wenn ihr Licht hell genug strahlen sollte, dann musste sie sich der Wahrheit stellen. Mukashi Mukashi... Once upon a time… Es war einmal... “Darf ich die Geschichte erzählen?“ “Nein, du darfst die Figuren halten, Dummkopf! Licht aus, wir fangen an! Licht aus! Ja, das gilt auch für dich, Mädchen.“ Alles ist dunkel, bis auf einen dünnen Lichtstrahl, der zwischen den Ritzen des Vorhangs hindurch fällt. Alles ist still, bis auf langsame Schritte und ein angestrengtes Schnaufen, offenbar wird etwas Schweres von einer Ecke in die andere getragen. Dann verschwindet der Lichtstrahl und es raschelt leise, als der Vorhang geöffnet wird. MUMMYMON Hochverehrtes Publikum. Wir erzählen ihnen jetzt die spannende Geschichte vom Kampf um die DigiWelt. Bitte schalten Sie während der Vorstellung ihr Mobiltelephon ab. Dankeschön. ARACHNEMON Es war einmal und war auch nicht, jenseits der uns bekannten Datenbahnen, hinter den sieben verwunschenen Servern, geheimnisvoll verborgen auf der Rückseite des www. eine verzauberte Welt, die noch nie ein Mensch betreten hatte. Das Spotlight hinter der Leinwand wird eingeschaltet. ARACHNEMON Diese Welt war die Heimat der Digimon, kleiner fröhlicher Wesen, die glücklich und sorglos in den Tag hineinlebten. Eine Welt des Friedens und des Frohsinns, in der man das Böse nicht kannte. Hinter der Leinwand tauchen jetzt Pappfiguren von vielen umherhüpfenden Wesen auf, die fröhlich durcheinander tollen. Wie im Schattentheater üblich, werden sie an langen Stäben gehalten. Ab und an sieht man auch eine von Mummymon’s Händen, da es recht schwierig ist, all diese Figuren gleichzeitig zu bewegen. MUMMYMON La-lalleral-la-la! La-la-la-la-la-la ! ARACHNEMON Aber, in den Wirren der Computerviren, gab es noch eine andere Welt, einen grauenvollen Ort der Finsternis, an dem schreckliche Dämonen hausten und gar furchtbare Monster ihr Unwesen trieben. Voll Neid und Mißgunst blickten die Dämonen in die kleine, friedliche DigiWelt hinauf und schmiedeten hinterhältige Pläne, wie sie die Macht über diese Welt erringen und sie in ewige Dunkelheit stürzen konnten. Die umherhüpfenden Wesen verschwinden und stattdessen tanzen Pappfiguren von unförmigen Monstern mit krummen Zackezähnen und ausgeschnittenen Leuchtaugen herum. Natürlich werden auch sie mit der passenden Geräuschkulisse unterlegt. MUMMYMON Grrrrr! Arrrgh! ARACHNEMON Und so geschah es, dass eines Tages ein mächtiger Gott des Bösen seine Armee der Dunkelheit in die DigiWelt führte, wo sie großes Unheil anrichtete und furchtbares Leid über die unglücklichen Digimon brachte. Die umherhüpfenden Wesen tollen wieder über die Leinwand und werden dann der Reihe nach von den unförmigen Monstern mit den großen Zackezähnen umgeworfen. MUMMYMON La-lalleral-la-la! Grrrrrr! Arrrgh! Ouch! Eek! Ook! Ahhhh! ARACHNEMON Als aber die Not am größten war, kamen zwei Menschenkinder in die Welt der Digimon, ein Junge und ein Mädchen. Gemeinsam mit ihren Digimon Partnern stellten sie sich dem bösen Gott mutig entgegen. Vier neue Pappfiguren erscheinen auf der Leinwand, zwei Kinder und zwei Digimon. Das größte Zackezahn-Monster dreht sich zu ihnen um. MUMMYMON Grrrrrr! ARACHNEMON (genervt) Pscht, du Idiot! Jetzt doch noch nicht! MUMMYMON (empört) Aua, das tat weh! ARACHNEMON Der böse Gott ersann einen Plan, wie er sich diese Kinder vom Hals schaffen konnte, und da er sehr verschlagen war, versuchte er sie mit allerlei Lügen und Versprechungen auf seine Seite zu ziehen. Nacheinander erscheinen auf der Leinwand ein Keks, ein Ball, ein Fahrrad, und eine Lokomotive. MUMMYMON Klonk! Klonk! Ring-ring! Sh! Sh! Sh! Toooooot! ARACHNEMON Eins der Kinder war dumm genug, auf den Blödsinn reinzufallen. Eine der Kinderfiguren wird auf die Zackezahn-Monsterfigur gesetzt, während eine der Digimonfiguren panisch umhergeschoben wird. ARACHNEMON Und dann kam es zur großen Schlacht. ARACHNEMON (mit etwas mehr Nachdruck) Und dann kam es zur großen Schla-hacht!!! MUMMYMON Ach so, tschuldigung. Grrr! Argh! Roaaar! Ouch! Eek! Ook! Ahhhh! Wieder einmal werden viele verschiedene Figuren wild durcheinander über die Leinwand bewegt. Am Ende sind nur noch die beiden Kinder übrig und erstechen sich gegenseitig mit einem Zahnstocher. ARACHNEMON Und dann war die große Schlacht vorbei und alle gingen wieder nach Hause. Sofern sie das noch konnten. Der Zahnstocher mit den beiden aufgespießten Pappfiguren fällt von der Leinwand. ARACHNEMON Der Dämon schwor fürchterliche Rache und prophezeite ihnen, daß er zurückkommen und ihre Herzen mit Dunkelheit umhüllen werde. Immer wieder. In jedem neuen Leben. Sie würden niemals Ruhe finden. Deshalb gelobten die Digimon des Lichts als Dank für die Hilfe, daß sie die Kinder mit ihrem Licht schützen würden. Aber so entstand ein ewiger Kreislauf. In jedem neuen Leben würde eines der Kinder der Finsternis dienen und das andere dem Licht. ARACHNEMON Und wenn sie nicht gestorben sind, dann... (stutzt) Moment, sie sind gestorben. Egal. Die Vorstellung ist zu Ende. MUMMYMON Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit, verehrtes Publikum. Das Licht geht aus und der Vorhang fällt. * * * Wieder und wieder schlug Takeru auf den am Boden liegenden Ken ein. Eine Erschütterung riss ihn schließlich selbst zu Boden und sein Gegner nutzte die Gelegenheit um erneut zur Peitsche zu greifen. Aber dieses Mal hielt Takeru die Peitschenschnur fest, bevor sie sein Gesicht treffen konnte und entriss dem Digimon Kaiser seine Waffe, um sich erneut auf ihn zu stürzen. Dieser verdammte Mistkerl hatte kein Recht mit den Mächten der Finsternis zu spielen. Er hatte kein Recht, dieselben Kräfte heraufzubeschwören, die damals Angemon das Leben gekostet hatten. Und er hatte kein Recht, kein verdammtes Recht auf die Verbindung zu Hikari... * * * “Was ist passiert, wo... Takeru? Wo bist du?“ “Hikari-chan! Hikari, wach auf!“ Von weit entfernt gellte Miyako’s Stimme an ihr Ohr und das ganze Rütteln und Schütteln trug auch nicht gerade dazu bei, ihren müden, wunden Kopf zu schonen. Aber allmählich wich die Benommenheit und das Nächste, was sie spürte, war Kälte. Kein Wunder, denn sie war klatschnass. “Du bist ins Wasser gefallen, als dieses Viech dich mit seinem Schwanz erwischt hat,“ erklärte Myako hastig, während sie ihr dabei half, sich aufzusetzen. “Nefertimon hat dich aber gleich rausgeholt und sie und Horusmon haben uns hier auf der Insel abgesetzt, damit wir in Sicherheit sind, während sie weiterkämpfen. Wie fühlst du dich?“ “Es geht schon, danke für deine Hilfe!“ Hikari wandte erschrocken den Kopf, als ein Schatten auf sie fiel. Über ihnen war der Kampf noch immer im Gange und es sah nicht gut aus. “Passt auf euch auf, Horusmon und Nefertimon!“ Takeru... Mit verzweifeltem Blich sah Hikari zur Festung des Digimonkaisers hoch, welche drohend und unheilvoll über ihnen schwebte. Warum kommst du nicht und hilfst uns? * * * Takeru... Für einen winzigen Augenblick glaubte er, Hikari’s Stimme zu hören, aber dann wischte seine gnadenlose Wut diese alberne Illusion fort wie ein lästiges Insekt. Erst als ein Energiestrahl von draußen ein Loch in die Decke brannte und er über sich einen drohenden Schatten wahrnahm, meldete sich die Stimme der Vernunft wieder und versuchte, sich durch den Kampfesrausch Gehör zu verschaffen. “Das ist Chimeramon, das Digimon, das ich geschaffen habe,“ keuchte der Digimon Kaiser und trotz seiner Verletzungen schwang unverhohlener Stolz in seiner Stimme. “Noch nicht mal alle zusammen könnt ihr es besiegen.“ * * * Mit Entsetzen und Ohmacht mussten sie selbst, Miyako, und der inzwischen wiedergekehrte Iori dabei zusehen, wie sich die furchtbaren Klauen des Angreifers um Horusmon und Nefertimon legten. Das riesige Digimon hatte die beiden wie reife Früchte aus der Luft gepflückt und versuchte nun, sie zu zerquetschen. Digmon und eine Schar aus der Festung geretteter Digimon standen neben ihnen, aber da keines von ihnen fliegen konnte, konnten sie auch nicht in den Kampf eingreifen. Es war hoffnungslos. * * * “Digimental up!“ “Patamon... armor shinka – Ama Kakeru Kibou: Pegasmon! Patamon... ArmorDigitation zu – Durch den Himmel galoppierende Hoffnung: Pegasmon!“ “Ichijouji! Wir setzen unseren Kampf ein anderes Mal fort!“ rief Takeru mit einem letzten Blick auf seinen Gegner, der sich mühsam vom Boden aufrappelte. So einfach würde er ihn nicht davon kommen lassen. Aber jetzt brauchten die anderen seine Hilfe. “Silver Blaze!" Mit seinem Energiestrahl konnte Pegasmon Chimeramon lähmen, so dass sich die beiden anderen Digimon aus der tödlichen Umklammerung befreien konnten. Aber dieser Effekt würde nicht lange vorhalten und ohne eine sinnvolle Strategie gegen dieses furchtbare Geschöpf zu kämpfen, wäre glatter Selbstmord. Sie mussten sich neu formieren. “Wir ziehen uns zurück!“ rief er den anderen zu. “Schnell, bevor es wieder zu sich kommt.“ * * * “Takeru-san, hier bitte.“ Iori reichte Takeru seine Mütze, die er offenbar beim Kampf verloren hatte. Zwar lächelte der Angesprochene, aber trotzdem blieb der Ausdruck in seinen Augen ernst. Etwas bedrückte ihn. Etwas bedrückte ihn schon die ganze Zeit. Natürlich hatte er sich, seit sie hier auf der Insel Zuflucht gesucht hatten, rührend um sie gekümmert. Er hatte darauf bestanden, dass sie sich hinlegte, hatte sie in ihren Schlafsack gewickelt und ihr Wasser und Früchte gebracht, obwohl sie längst wieder trockene Klamotten trug und sich gar nicht mehr schlecht fühlte. Im Gegenzug hatte sie dann darauf bestanden, seine verletzte Wange zu versorgen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. So war ihr Takeru eben, zuvorkommend und fürsorglich. Das Lächeln erstarb. Das machte alles noch viel schwieriger als es ohnehin schon war. “Hikari-chan, hättest du kurz Zeit für mich?“ Was für eine seltsame Frage, nachdem sie ohnehin den ganzen Abend zusammen verbracht hatten. Aber sie spürte, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Etwas, das er nicht vor den anderen bereden wollte. “Natürlich, das trifft sich gut. Ich... wollte ohnehin mit dir sprechen.“ Leider konnten sie sich nicht wirklich zurückziehen, denn die Digimon waren zu müde für einen Flug. Sie hatten heute schon zu viel leisten müssen. Also blieb ihnen nur die Nächste der kleinen Inseln, die zwar, zumindest wenn sie leise sprachen, außer Hörweite war, aber immer noch in Sichtweite. Und die neugierigen Blicke der anderen waren nicht zu übersehen. “Möchtest du zuerst?“ “Nein, das ist schon in Ordnung.“ “Hikari-chan.“ Ein wenig unbeholfen nahm er ihre Hand in die seine. “Ich wollte mich bei dir für meinen Alleingang entschuldigen. Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen. Wir sind ein Team und sollten zusammenstehen. Das ist mir heute wieder einmal klar geworden.“ Er verbeugte sich vor ihr und obwohl er den Kopf senkte, glaubte sie immer noch, seinen Blick auf sich zu spüren, einen zerknirschten, ein wenig ängstlichen Blick. Er fragte sich bestimmt, ob sie noch wütend auf ihn war. Sie konnte es ihm nicht sagen. Es ging nicht. Zwar hatte sie sich vorgenommen, ehrlich zu sich selbst zu sein, aber hieß das auch, andere zu verletzen? Musste sie den Menschen, den sie liebte, so vor den Kopf stoßen? Jahrelang hatten sie beide mit dieser kleinen Phantasterei gelebt, mit diesem wunderbaren Gedanken, dass es eine besondere Verbindung zwischen ihnen gab, die sich durch Zeit und Raum erstreckte. Sie waren damit glücklich gewesen. Es hatte ihnen so viel bedeutet. Aber jetzt war es keine Phantasterei mehr. Es war eine Lüge, nichts weiter. Und man konnte keine Beziehung auf einer Lüge aufbauen. “Ich bin dir nicht mehr böse.“ Sie drückte seine Hand. “Ich versteh’ ja, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast. Weißt du, es ist alles ein bisschen kompliziert. Wir kämpfen als Gruppe, aber du und ich sind... das macht es schwierig.“ “Was.. was meinst du damit?“ Forschend blickte er sie an, das leichte Zittern in seiner Stimme verriet ihr, dass er schon einen Verdacht hatte, worauf sie hinauswollte. Sie senkte den Blick und starrte zu Boden. Vorsichtiges Händchenhalten, schüchterne Blicke. Sie schenkte ihm Pralinen zum Valentinstag, er ihr zum White Chocolate Day. Eine Rose zu ihrem Geburtstag. So viel Zeit zusammen, soviel Lachen und Spielen, soviel Sicherheit. Eine harmonische Routine. Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass sie noch die ganze Ewigkeit miteinander haben würden. Aber es gab keine Ewigkeit. Es gab nur das Hier und Jetzt. Sie dachte an Miyako, die mit hochrotem Kopf und zitterndem Herzen von ihren Sängern und Synchronsprechern schwärmte. Sie dachte an Daisuke, bei dem jedes Mal die Sonne aufging, wenn sie ihn nur anlächelte oder ihm zustimmte. Sie dachte an Onii-chan, der sich ebenso leidenschaftlich mit Yamato stritt, wie dann hinterher die Versöhnung ausfiel. “Ich will mehr!’ schrie eine egoistische kleine Stimme in ihr, ’ich will nicht für selbstverständlich gehalten werden.’ Aber wenn sie ihm das sagte, würde er wissen wollen, warum. Und dann würde sie reinen Tisch machen müssen. “Ich meine damit, dass wir uns verändern, du und ich. Wir sind nicht mehr dieselben wie damals... überleg mal, wir waren damals acht Jahre alt. Es ist soviel Zeit vergangen. Wir werden bald Teenager sein. Was wir fühlen, was wir uns wünschen, das ist nicht mehr dasselbe.“ “Hör mal, falls ich irgendwas getan haben sollte, was dich verletzt hat...“ “Nein!“ Sie konnte sich nicht daran erinnern, ihm jemals so abrupt ins Wort gefallen zu sein, normalerweise kam es höchstens vor, dass sie seine Sätze beendete. “Es liegt nicht an dir. Es liegt an mir. Versteh’ doch, Takeru! Ich mag dich wirklich gern, aber...“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. “Können wir einfach nur Freunde sein?“ “Wenn es das ist, was du möchtest.“ Er hielt immer noch ihre Hand fest, aber da war eine Kälte in seine Augen getreten. Es machte ihm schon etwas aus. Aber offenbar nicht genug. Verdammt, wollte er denn nicht einmal um sie kämpfen? Wollte er nicht irgendetwas tun, irgendetwas sagen? Wie konnte er es einfach so hinnehmen? War es ihm egal? Oder war er noch so sehr Kind, dass ihm der kleine aber feine Unterschied zwischen “Freunde sein“ und “Miteinander gehen“ nichts bedeutete? “Danke, dass du mich verstehst, Takeru.“ Noch ein letztes Mal drückte sie seine Hand, dann ließ sie sie los und wandte sich zum Gehen. “Geh’ ruhig zu den anderen zurück, ich bleib’ hier noch ein bisschen sitzen.“ Sein Lächeln wirkte ein wenig gezwungen, aber seine Stimme klang wieder ganz normal. Da sie befürchtete, ihre Enttäuschung nicht länger verbergen zu können, wandte sie sich ab und zwang sich dazu, nicht zu rennen. Miyako unterhielt sich mit Iori, als sie zurückkam, das war auch ganz gut so, denn so konnte sie vielleicht noch für eine Weile den neugierigen Fragen auskommen. Miyako war nett, aber sie waren jetzt nicht so eng miteinander befreundet, dass sie mit ihr darüber reden wollte. Eigentlich wollte sie mit niemandem reden. “Du hast geweint. Ist es wegen Takeru-kun?“ Sie sog hörbar die Luft ein, ein solch unsensibler Kommentar konnte natürlich nur von einem stammen. Selbstverständlich würdigte sie ihn keines Blickes und ging wortlos an ihm vorbei. “Hikari-chan! Hey, Hikari-chan!“ Daisuke rannte ihr hinterher. “Ich wollte dich nur fragen... ich hab’ noch ’nen Schokoriegel übrig.. ob du den vielleicht haben magst.“ ’Lern erst mal anständig sprechen,’ dachte sie bei sich, aber schließlich nahm sie doch den Schokoriegel, den er ihr entgegenstreckte. Erstens, weil sie ihm damit eine Freude machte. Zweitens, weil sie genau wusste, dass Takeru es sehen konnte. Und drittens, weil Schokolade irgendwie genau das war, was sie jetzt brauchen konnte. Daisuke lächelte, aber das verbarg nicht seine geschwollenen Augen. “Du hast auch geweint,“ stellte sie fest und brach den Schokoriegel auseinander. “Vielleicht sollten wir den dann lieber teilen.“ “Ach, mach’ dir wegen mir kein’n Kopf!“ nuschelte Daisuke und stopfte sich Schokolade in den Mund. Etwas war aus seinem Handschuh gerutscht, es war dieser Anhänger, den er immer noch trug, obwohl der schon die ganze Zeit kaputt war. Offenbar war Daisuke es einfach noch nicht aufgefallen. “Mir geht’s gut, wirklich,“ versicherte er ihr. “Kennst mich doch.“ Das sagte er so leicht, aber wer kannte schon wirklich einen anderen Menschen? Sie hatte geglaubt, Takeru zu kennen. Doch sie hatte sich in ihm getäuscht. * * * Takeru wandte den Blick ab, er spürte erneut die Wut in sich hochsteigen und er wollte nicht schon wieder jemanden zusammenschlagen. Er hatte für heute schon genug Blödsinn angerichtet. Obwohl Daisuke es echt verdient hätte. Keine fünf Minuten hatte es gedauert, bis er sich wieder an Hikari ranmachte. Wahrscheinlich hatte er nur darauf gewartet, dass sie wieder frei war. Aber dieser unsensible Trampel hätte wenigstens das Feingefühl besitzen können, es nicht direkt vor seinen Augen zu tun. Sie wusste es. Sie hatte es irgendwie rausgefunden. Es gab keine andere Erklärung, warum sie so unerwartet mit ihm Schluss machte. Aber selbst wenn es so war, er hätte niemals damit gerechnet, dass ihre ganze Beziehung nur an dieser albernen Geschichte hing, die sie sich als kleine Kinder zusammengesponnen hatten. Er hatte gedacht, es würde mehr dahinter stecken. Viel mehr. Irgendwie konnte er es immer noch nicht wirklich begreifen. Alles in ihm schrie danach, ihr hinterherzulaufen, sie festzuhalten und sie nicht mehr los zu lassen. Doch sie hatte sich entschieden. Gegen ihn. Er atmete tief ein und versuchte, sich zu beruhigen. Es gab jetzt so vieles, auf das sie sich konzentrieren mussten, die Rettung der DigiWelt, den Kampf gegen den Digimon Kaiser, die Zerstörung der Dark Towers. Nicht zu vergessen, Chimeramon. Er hatte eigentlich überhaupt keine Zeit, sich über Hikari den Kopf zu zerbrechen. Es wäre auch unfair gegenüber der Gruppe gewesen. Sie brauchten ihn jetzt. Als die Tränen endlich kamen, widerstand er dem Impuls, sie einfach fließen zu lassen. Er schluckte sie hinunter, und sah zu, wie seine Freunde, einer nach dem anderen schlafen gingen. Bald war es ganz still, bis auf Daisuke’s Schnarchen und die leisen Geräusche der nachtaktiven Digimon. Der Mond stieg auf und als sein sanfter silbriger Schein auf ihrem schlafenden Gesicht schimmerte, nahm er erneut Abschied von ihr, so wie er es heute morgen schon einmal getan hatte. Aber diesmal war es eine andere Art von Abschied. Tsuzuku... Epilog: Omoi (Erinnerung) ------------------------- Author’s Note: Mit diesem Epilog ist Mukashi Mukashi abgeschlossen. Wer aber noch mehr über das Schicksal von Hikari, Takeru, Ken, Daisuke, Miyako und Iori in meinem DigiVerse erfahren möchte, kann sich an folgenden Geschichten austoben: Ashita wa kitto Zwei auserwählte Kinder - eines wird der Dunkelheit trotzen, eines ihr verfallen. Manchmal ist auch die Liebe nicht stark genug, um die Dunkelheit zu besiegen... Digimon 24 Die folgenden Ereignisse finden am 31.Mai 2002 zwischen 12 Uhr mittags und 12 Uhr mittags des folgenden Tages statt: Eine seltsame Macht entführt Hikari ans Meer der Dunkelheit. Zur gleichen Zeit ereilt die DigiRitter aber ein Hilferuf. File Island wird vom Digimon Kaiser angegriffen. * * * Epilog: Omoi (Erinnerung) “Koko wa doko?“ Er sah sich um, konnte aber absolut nichts erkennen. Dies war keine natürliche Dunkelheit, nicht die Schwärze des Nachthimmels, der selbst bei Neumond noch auf irgendeine Weise Licht aussendete. Nicht das warme Schwarz der Erde, das nach dem Frieden des Todes roch und Geborgenheit schenkte. Genaugenommen war es überhaupt kein Schwarz, eher eine Art Grau. Aber das würde bedeuten, daß es irgendwo eine Lichtquelle geben mußte. Und hier war kein Licht. Er konnte die Hand nicht vor Augen erkennen. Unwirklich! Das war das treffende Wort. Er befand sich nicht in der Wirklichkeit. Unwirklichkeit? Aber wie war er hierher gekommen? Und warum? “Wo bin ich?“ Er rief es ein zweites Mal, nur um den Klang seiner eigenen Stimme zu hören. Ein Geräusch war etwas Bekanntes, etwas Wirkliches in dieser unwirklichen Welt. Aber hier klang selbst seine Stimme unwirklich. Verzerrt. Würde es ihn beruhigen, wenn eine zweite Stimme ihm antworten würde? Oder würde er noch mehr Angst bekommen, Angst vor einem unbekannten, möglicherweise gefährlichen Wesen? Er gab sich selbst die Antwort, es war eigentlich vollkommen gleichgültig. Er war immer allein gewesen, solange er sich erinnern konnte. Warum sollte es ausgerechnet hier anders sein?. “KOKO WA ANKOKU NO SEKAI. DIES HIER IST DIE WELT DER DUNKELHEIT.“ Aber offenbar war es hier anders. Eine zweite Stimme, ein anderes Wesen. Das konnte doch nur ein Trick sein. Eine Sinnestäuschung. . “KEINE ANGST, DU BIST NICHT IN GEFAHR.“ Nun spürte er deutlich die Anwesenheit einer zweiten Person, eines anderen Wesens. Es war wirklich da. Was für war ein seltsames Gefühl, zum ersten Mal nicht mehr allein zu sein und im ersten Moment wollte er nicht so recht daran glauben. Eine Erinnerung wurde in ihm wach. Wesen, die keine Körper hatten, sondern nur Stimmen. Stimmen, die außer ihm niemand hören konnte. Aber das war lächerlich. So etwas gab es nicht. “Was willst du von mir? Warum bist du hier? Was könnte ein Wesen wie du ausgerechnet von mir wollen?“ Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er ein leises amüsiertes Lachen zur Antwort bekam. “IN DIESER WELT GEHT ES NICHT DARUM, WAS ICH WILL, SONDERN UM DAS, WAS DU WILLST. NUR AUS DEINEN WÜNSCHEN KANN SIE ENTSTEHEN. WAS WÜNSCHST DU DIR?“ “Das ist doch Blödsinn,“ schrie er zurück. “Das ist doch nur ein blöder Traum, nichts weiter! In Wirklichkeit gibt es dich doch überhaupt nicht. Außerdem, was soll das mit den Wünschen? Als ob meine Wünsche irgendwas zu bedeuten hätten. Immer nur Nii-san ist wichtig. Immer nur Nii-san. Ich wünschte, Nii-san würde verschwinden, dann würden sie vielleicht endlich mal sehen, daß ich auch da bin. Aber ich darf ja nicht mal mit der Playstation spielen, wenn Nii-san zu Hause ist, weil sie zu laut ist, und er dann nicht lernen kann.“ WAS WÜNSCHST DU DIR? “Also schön, ich will Playstation spielen.“ Im ersten Moment passierte gar nichts, aber weil er nicht wirklich daran glaubte, hatte er wohl auch nicht stark genug gewünscht. Aber dann, als er sich vorstellte, wie er bei Ridge Racer die Rennbahn entlang brauste, geschah etwas Sonderbares. Nicht die Konsole erschien vor seinen Augen, nein, er selbst saß im Rennauto und raste schneller, immer schneller die Strecke entlang. Jubelnd riß er die Arme hoch und stellte überrascht fest, daß sich der Wagen auch dann noch steuern ließ, wenn er das Lenkrad gar nicht berührte. Allein seine Gedanken reichten dazu schon aus. Er konnte sich gemütlich zurücklehnen, während Bäume, Felder und ganze Städte einfach so vorüber sausten. Ob man mit diesem Auto auch fliegen konnte? Im nächsten Moment hob es auch schon vom Boden ab. So aufregend das Ganze war, wirklicher wurde es trotzdem nicht. Die Landschaft war aufwendiger gestaltet als in den Computergraphiken, aber die Geräusche waren monoton und er spürte keinen Flugwind, der an seinen Kleidern und Haaren zerrte. Egal. Als nächstes wollte er FIFA International Soccer spielen. Fußball war das einzige, worin Nii-san nicht gut war und er schon, aber im Grundschulteam durfte er nicht spielen, weil seine Eltern sagten, das sei Zeitverschwendung. Lieber sollte er lernen, damit seine Noten endlich richtig gut würden. So gut wie die von Nii-san. Dann wünschte er sich Süßigkeiten. Ganz viele. Mehr als er essen konnte. “Kann ich welche von denen mitnehmen? Für später zu Hause. Oder für Nii-san. Er knabbert gern ein bißchen nebenbei beim Lernen." “WOZU BRAUCHST DU DIE WIRKLICHE WELT, WENN DU HIER ALLES HABEN KANNST, WAS DEIN HERZ BEGEHRT? UND WARUM WILLST DU DEINEM BRUDER ETWAS SCHENKEN, WENN ER DOCH DARAN SCHULD IST, DASS DU KRANK GEWORDEN BIST? HAST DU DAS SCHON VERGESSEN?“ “Ich bin krank?“ Verzweifelt suchte er in den Tiefen seines Gedächtnisses nach einer Erinnerung. Ein Bild erschien vor seinen Augen. Er lag reglos zu Hause in seinem Bett, zusammengerollt unter seiner Decke. Lange Zeit hatte er nicht einschlafen können wegen der Schmerzen. Allein der Gedanke daran schüttelte ihn. Und doch, jetzt wußte er alles wieder. Er wollte nicht zurück dorthin, wo es ihm so schlecht ging. Hier war alles besser. “SIEHST DU ES JETZT,“ sagte die Stimme eindringlich. “IST DIR BEWUSST, WELCH UNGLAUBLICHE MACHT WIR ERST BESITZEN WERDEN, WENN WIR UNSERE SEELEN VEREINIGEN! DANN KANN ICH SOGAR MIT DIR KOMMEN, WENN DU IN DIE WIRKLICHE WELT GEHST UND KANN DORT DEINE WÜNSCHE ERFÜLLEN.“ Seelen vereinigen? Was meinte dieses Wesen damit? Das war gruselig, nein das wollte er nicht. Vor allen Dingen wie sollte er das Oka-san und Otoh-san erklären. Und würde Nii-san es ihm dann nicht einfach wegnehmen? Er wollte doch sicher auch ein Wesen, das Wünsche erfüllen konnte. “DU BIST ETWAS GANZ BESONDERES,“ flüsterte die Stimme, “ABER AUSSER MIR SCHEINT DAS NIEMAND ZU ERKENNEN! DU HAST FÄHIGKEITEN, DIE ANDERE KINDER NICHT BESITZEN, ABER NOCH WEISST DU NICHT, WIE DU SIE NUTZEN KANNST. LASS ES MICH DICH LEHREN! DU WIRST ES NICHT BEREUEN!“ “Kannst du mir beibringen, ebenso klug zu sein, wie Nii-san?“ “ICH KANN DIR DIE KRAFT GEBEN, DINGE ZU VOLLBRINGEN, VON DENEN DU NICHT ZU TRÄUMEN GEWAGT HÄTTEST. DU WIRST ES BESSER VERSTEHEN, WENN MEINE MACHT IN DIR LEBT UND DEINE SEELE ZU MEINER GEWORDEN IST.“ “Gut. Dann bring’ mir das bei. Ich will, daß meine Eltern endlich stolz auf mich sind.“ “WILLST DU MIR ALSO DEIN HERZ ÖFFNEN UND DEINE SEELE IN MEINER AUFGEHEN LASSEN?“ “Ich will es.“ Schweißgebadet fuhr er hoch. Er war wieder zu Hause, in seinem Zimmer, und langsam verblaßten die Bilder des seltsamen Traums. Er kletterte die Leiter seines Hochbetts hinunter und stellte fest, daß er sich schon viel kräftiger fühlte. Auf dem Schreibtisch lagen seine Schulbücher mit denen er sich in der letzten Zeit nicht viel beschäftigt hatte. Bestimmt war seine Klasse im Stoff jetzt schon viel viel weiter und er würde nicht hinterherkommen. Aber was vorhin noch so kompliziert und unlösbar erschien, war plötzlich ganz einfach. Warum war er nicht schon längst darauf gekommen? JETZT KANN ICH DIR AUCH WÜNSCHE IN DER WIRKLICHEN WELT ERFÜLLEN. “Nii-san? Schau mal, Nii-san, dort steht ein Sportwagen. Das ist ein amerikanischer, nicht war? Kannst du mir sagen, was für einer das ist?“ “Wo soll der sein?“ “Dort unten an der Straße. Du mußt dich noch ein bißchen weiter rüberlehnen, damit du ihn sehen kannst. Schau dort!“ “Ja, jetzt seh’ ich ihn. Das ist ein tatsächlich ein amerikanischer, ein Pontiac Firebird. Wow, der ist ja cool... hey, verdammt, was soll das... was tust... ahhhhhhhhhh...... 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