Mukashi Mukashi von Yamato_ (Once Upon a Time (Takari)) ================================================================================ Kapitel 1: Kibou (Hoffnung) --------------------------- Was zuvor geschah: “Nein, gar nichts ist gut!“ protestierte Takeru. “Wenn ich nicht so gemein gewesen wäre, wär’ Patamon nicht weggeflogen, und dann wären wir nicht hierher gekommen und hätten auch nicht Gotsumon und Pumpmon kennengelernt. Und dann...“ er schluckte, “dann wären die beiden jetzt noch am Leben.“ Ich hob das Käppi vom Boden auf, und gab es ihm. Als er sich von mir wegdrehen wollte, nahm ich seine Hand und schloß die kleinen Fingerchen ganz fest um den Stoff. “Gib‘ gut drauf acht,“ sagte ich zu ihm, “das ist von jemandem, dem seine Freunde wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Laß es nicht umsonst gewesen sein.“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 4: Nagareboshi ni Onegai Wo) * * * “Vamdemon wird versuchen Hikari-san auf die Seite des Bösen zu ziehen,“ erklärte Wizahmon mir hastig, als wir durch einen Gang huschten. “Den alten Legenden zufolge, gab es vor undenklich langer Zeit zwei DigiRitter mit ganz besonderen Fähigkeiten, die ein mächtiges Wesen der Dunkelheit besiegt haben sollen. Vamdemon glaubt fest daran, daß Hikari-san die Wiedergeburt eines dieser DigiRitter ist, und daß ihre besonderen Fähigkeiten der Schlüssel zur Macht sind.“ “Die Legende besagt, daß auf diesen DigiRittern ein schrecklicher Fluch liegt, damit sie nie wieder ihre Kräfte vereinen können. Jedesmal, wenn die beiden Kinder wiedergeboren werden, wird eines auf der Seite des Lichts und eines auf der Seite der Dunkelheit stehen.“ “Wenn es also nicht noch einen weiteren DigiRitter gibt,“ ging die Predigt weiter, “dann ist das andere Kind längst ein Teil eures Teams und steht damit auf der Seite des Lichts. Somit würde der Fluch Hikari-san treffen und Vamdemon könnte es gelingen, sie auf seine Seite ziehen. Ihr müßt den Fluch auf jeden Fall brechen und es verhindern!“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 5: Hikari to Kage) * * * “Was ist, wenn Takeru das andere Kind ist?“ fragte Sora plötzlich. “Wizahmon hat doch von zwei DigiRittern gesprochen, die diese besonderen Fähigkeiten haben. Es wäre doch möglich, oder?“ (aus: Walk on the Edge, Kapitel 6: Kiseki wo Shinjite) * * * “Du solltest es für heute gut sein lassen, Koushirou-kun, du verdirbst dir noch die Augen bei diesem schlechten Licht.“ Sora war hinter Koushirou getreten, an der einen Hand mein Brüderchen, an der anderen das Psychokind. Den ganzen Nachmittag hatte sie sich den Mund fusselig geredet und ihnen Märchen erzählt. Die Lieblingsstory der beiden war die geheimnisvolle Legende von Prinzessin Hikari, und Prinz Takeru, die vor tausend Jahren die DigiWelt retteten und dafür von einem bösen Dämon verflucht wurden. Frei nach Wizahmon’s Zauberbuch. (aus: Walk on the Edge, Kapitel 7: Hatsukoi) * * * Part 1: Kibou (Hoffnung) Du wolltest wissen, was es mit der geheimnisvollen Verbindung zwischen mir und Hikari-chan auf sich hat. Gut, ich denke, ich kann es dir erzählen, auch wenn es eine sehr seltsame Geschichte ist. Ich möchte dich aber bitten, daß sie zumindest für den Moment noch unter uns bleibt. So gern ich Daisuke-kun und Miyako-san habe... du wirst mir zustimmen, daß es den beiden manchmal ein wenig an Reife fehlt. Es ist deine erste Nacht in der DigiWelt, nicht wahr? Kein Wunder, daß du nicht schlafen kannst. Ich erinnere mich noch gut an die Legende und daran, wie Sora-san, sie uns immer erzählt hat. Meistens abends vor dem Einschlafen, aber manchmal auch tagsüber, wenn sie sich um uns kümmerte. Sie hat sich sehr viel um uns gekümmert, als wir in der DigiWelt waren, eigentlich war sie fast so etwas wie eine Ersatzmutter für uns. Hauptsächlich für Hikari-chan und mich natürlich, aber auch für den Rest unsrer Truppe. Sehr viel später, als bei den älteren DigiRittern dieses Spiel mit dem Heiraten und Adoptieren aufkam, hab‘ ich mir Sora-san als Mutter ausgesucht. Damit war ich dann auf einmal Hikari-chan’s Halbbruder, denn sie hat Sora-san als Vater. Aber unsere Digi-Familienverhältnisse sind ohnehin ziemlich kompliziert. Ich muß auch immer erst überlegen, wie ich nun eigentlich mit wem verwandt bin. Wir sind es nicht, stimmt’s? Du hast ja Koushirou-san und Jou-sempai als Eltern abgekriegt. Sora’s Geschichte ging jedesmal ein bißchen anders, meistens stritten wir uns darum, wie die beiden Kinder überhaupt in die DigiWelt gekommen waren. Ich mochte am liebsten die Version, in der wir mit einem Raumschiff den Himmel überqueren und anschließend in der DigiWelt bruchlanden. Hikari-chan wollte immer, daß wir auf geflügelten Einhörnern fliegen oder ähnliches kitschiges Mädchenzeug. Ich fand das damals ziemlich albern und hab‘ sie gerne damit aufgezogen. Auch wenn unsere Reise nun schon drei Jahre her ist, erinnere ich mich an vieles, als wäre es gestern gewesen. An manches denk’ ich mit einem Lächeln zurück, anderes würd‘ ich am liebsten vergessen, aber alles hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Manchmal glaube ich, daß Hikari und ich viele Dinge schon sehr früh lernen mußten und daß wir deshalb ein bißchen ernster und reifer sind, als andere Kinder unseres Alters. Auch die anderen Mitglieder des Digiteams sind durch ihre Abenteuer erwachsener geworden, aber kein anderer DigiRitter wurde so früh mit der DigiWelt und ihren Gefahren konfrontiert wie wir beide. Und wenn man der Legende Gauben schenken darf, so ist dieses Leben nicht das erste, in dem es so war. Ich vermute, es kommt dir alles etwas seltsam vor! Vielleicht, aber wer so viel erlebt hat wie wir DigiRitter von damals, denkt etwas anders über solche Dinge. Die DigiWelt ist voller Wunder und Geheimnisse, vieles ist schwer zu begreifen und manches einfach nicht mit dem Verstand zu erklären. Wir haben so viele Abenteuer erlebt und manche Dinge muß man eben akzeptieren, wie sie geschehen, denn es bringt nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Damals hat uns diese Legende immer sehr viel Mut gegeben, ganz besonders in schwierigen Situationen. Allein der Gedanke, daß wir das gräßlichste und gefährlichste Monster bereits vor langer Zeit besiegt hatten, gab uns die Kraft weiterzumachen. Schlimmer als der Dämon aus der Geschichte konnten auch die Dark Masters und ihre Getreuen nicht sein. Vor unserem geistigen Auge malten wir uns aus, wie er ausgesehen haben mochte. In meiner Vorstellung hatte er an jedem Arm ein Maschinengewehr und konnte Bomben ausspucken. Und ein Gesicht wie Devimon. Meine schlimmsten Alptraumgestalten sehen immer aus wie Devimon, auf die eine oder andere Weise. Für Hikari-chan war er eher der klassische Fantasy Dämon mit Dinosaurierbeinen, Fledermausflügeln am Rücken und Tentakeln im Gesicht. Natürlich alles pechschwarz, bis auf seine rotglühenden Augen. Sie steigerte sich manchmal sehr hinein und redete davon, daß er sich in ihren Träumen breitmache. Dann fragte sich Sora-san, ob die Geschichte nicht doch zu gruselig für uns sei, was wir sofort lautstark verneinten, denn wir wollten sie immer wieder hören. Die erste Situation, in der mir die Legende wirklich weiterhalf war, als Pinocchimon mich in seine Gewalt gebracht hatte. Er hatte eine Art ‘Räuber und Gendarm‘ mit mir gespielt – allerdings mit echten Waffen und mich durch ein Haus voller tödlicher Fallen gejagt. Sein Haus erinnerte stark an das Schreckenskabinett auf einem Rummelplatz, nur daß die Monster darin echt sind. Und die Tatsache, daß es auf den ersten Blick so bunt und harmlos aussieht, verstärkt den Schrecken eher noch. Irgendwann hatte er mich in die Ecke gedrängt. Er stand vor mir, in den krummen Holzfingern zwei gezückte Pistolen und grinste, jenes teuflische Grinsen, das auf seiner hölzernen Fratze doch nicht anders aussieht, als ein unschuldiges kindliches Lächeln. In diesem Moment wirkte er wie der Pinocchio aus dem Anime, der nach dem Weg zur Schule fragen wollte. Kleines Püppchen, was ist gescheh’n? Freches Bübchen, du wolltest doch zur Schule geh’n? Jemand aus meiner Klasse hat einmal gesagt, daß der Pinocchio aus dem echten italienischen Märchen nicht annähernd so lieb und süß ist, wie er in den Kinderbüchern und den diversen Filmen dargestellt wird. Nun bin ich gern bereit, es zu glauben. Es war das allererste Mal, daß ich wirklich vollkommen auf mich allein gestellt war. Mein großer Bruder war nicht da und auch keines der anderen Kinder. Noch nicht einmal mein Digimon Partner konnte mir jetzt helfen, denn Patamon hatte sich in dem Schreckenskabinett von Haus verflogen. In diesem Moment wurde mir unmißverständlich klar, daß ich handeln mußte, wenn ich überleben wollte. In diesem Moment wurde ich zu dem Prinzen (in manchen Versionen war es ein Prinz) aus dem Märchen, der dem bösen Dämon gegenübersteht und damit besiegte ich meine Angst. Nur deshalb konnte ich wieder einigermaßen klare Gedanken fassen und kam auf die Idee Pinocchimon abzulenken. Ich verwickelte ihn in eine Diskussion, ob er überhaupt Freunde habe, da seine Spiele immer so langweilig seien. Wütend marschierte er ab, um die angeblichen Freunde zu holen und mir so zu beweisen, daß ich Unrecht hatte. Vielleicht nicht unbedingt der perfekte Plan, aber zum Glück war Pinocchimon auch nicht gerade der Hellste und so funktionierte mein Trick. Einige Tage später geriet ich in eine ähnliche Situation. Taichi-san war mit Koushirou-san losgezogen, um eine Medizin für Hikari zu besorgen, die ganz plötzlich Fieber bekommen hatte, vermutlich ein Rückfall, da sie ihre Grippe nicht richtig auskurieren konnte. Im Fieber redete sie die ganze Zeit vor sich hin und sprach von dem Dämon und der Welt der Dunkelheit, aus der er gekommen war. Sora-san und ich machten uns furchtbare Sorgen, und versicherten ihr immer wieder, daß es nichts gebe, wovor sie Angst haben müsse. Dann wurde das Haus in dem wir uns befanden, angegriffen und wir konnten in letzter Sekunde fliehen. Ich mußte all meinen Mut zusammennehmen, aber mit Angemon’s Hilfe konnten wir die Truppe Guardromon besiegen, die es auf uns abgesehen hatte. Taichi-san lobte mich für meinen Einsatz, als er zurückkehrte und ich war unglaublich stolz. Damals verehrte ich ihn sehr, ich schwärmte richtig für ihn. Anders als mein Bruder, der mich ständig bevormunden und mir Vorschriften machen wollte, konnte ich mit ihm herumalbern und hatte trotzdem das Gefühl ernst genommen zu werden. Niemals wollte er mir etwas verbieten, weil es angeblich zu gefährlich sei, niemals behandelte er mich wie ein Kleinkind. Im Gegenteil, er behandelte mich ganz genauso wie alle anderen und damals war es für mich das Höchste. Natürlich begriff ich nicht, daß er sich nicht in der gleichen Weise für mich verantwortlich fühlte wie ein Bruder, da er eben nicht mein Bruder war. Seine kleine Schwester dagegen hütete er wie seinen Augapfel. Ich sah mich sehr gerne als Hikari-chan's Beschützer an, vor allen Dingen natürlich, um bei Taichi-san Eindruck zu schinden. Aber zu meinem Leidwesen hatte sie nur Augen für meinen Bruder, den sie irgendwie genauso zu bewundern schien, wie ich Taichi-san. Das tat dem ohnehin schon angeknacksten Verhältnis zwischen mir und Yamato auch nicht besonders gut, und als er sich schließlich von der Gruppe absetzte, war ich fest davon überzeugt, daß es alles meine Schuld sein müsse. Als ich mit Sora-san auf Birdramon umherflog, um ihn zu suchen, änderte sie die Geschichte ein wenig ab. Diesmal hatte der tapfere kleine Prinz aus der Menschenwelt einen großen Bruder, den er aus den Klauen des Dämons befreien mußte. Ob nur wir beide, Hikari-chan und ich, in einem vorherigen Leben DigiRitter waren? Die Legende hatte nichts von anderen DigiRittern erzählt. Aber Gennai-san hatte uns gesagt, daß wir, also unsere Truppe nicht die ersten DigiRitter waren, es gab schon viele vor uns. Also war es durchaus möglich. Aber wir beide waren trotzdem die Ersten gewesen... Zum Glück gelang es uns, meinen Bruder zu finden und endlich war unser Team wiedervereint. Nur Mimi-san fehlte noch, aber Jou-san konnte uns versichern, daß es ihr gut ging. Sie war mit einer Armee von Digimon auf dem Weg zum Spiralberg, um uns im Kampf gegen Piemon, den letzten und gefährlichsten der Dark Masters beizustehen. Wir hatten ein gutes Gefühl für diesen Kampf, denn die beiden Mega Digimon kämpften Seite an Seite, und auch alle anderen hatten wieder genug Kraft, um das Ultralevel zu erreichen. Angemon war zwar als einziger nur Champion, aber gegen Digimon, die von der Macht der Dunkelheit erfüllt sind, kann er seine Attacken immer einsetzen, egal auf welchem Level sie sich befinden. Die Wende kam so plötzlich und unerwartet, daß wir zunächst kaum unseren Augen trauten. Gerade hatte WarGreymon Piemon gegen einen Felsen geschleudert, und wir dachten schon, daß seine dämonischen Kräfte endlich nachlassen würden, da sprang er hoch in die Luft, zückte ein weißes Taschentuch und ließ es auf die beiden Digimon niedersinken. Entsetzt fuhren Taichi-san und Onii-chan zusammen und rannten ohne zu überlegen hinaus aufs Schlachtfeld, um nach ihren Digimon zu sehen. ‘Das ist furchtbar leichtsinnig‘ dachte ich noch und dann hörte ich meinen Bruder schreien, aber ich konnte nichts mehr sehen, denn Sora-san hatte mich gepackt und mein Gesicht weggedreht. Im anderen Arm hielt sie Hikari-chan, die verzweifelt versuchte, sich loszureißen. “Onii-chan!“ schrie sie, “laß mich sofort los, ich muß meinem Bruder helfen!“ “Deinem Bruder geht es gut,“ versicherte Sora-san hastig, die Lüge kam ihr mühelos über die Lippen. “Aber wir müssen jetzt schnell weg von hier, damit euch nichts passiert! Ihr wollt doch nicht, daß Taichi und Yamato-kun sich Sorgen um euch machen müssen!“ Wir ließen uns von ihr mitziehen, als sie auf Piemon’s Schloß zurannte. “Beeilt euch!“ rief sie den anderen zu, die noch reglos mit entsetzten Gesichtern dastanden. Sie verpaßte Koushirou-san einen Schubs, um ihn aus seiner Erstarrung aufzuwecken, und Koushirou-san riß Jou-san mit. Unsere Digimon gaben uns Rückendeckung und Andromon stellte sich Piemon in den Weg, während AtlaKabuterimon mit seinen Beißwerkzeugen das Burgtor aufriß. Eines von Piemon’s Schwertern traf seinen Panzer und er digitierte zu Tentomon zurück. “Lauft weiter, ich halte Piemon auf,“ rief uns Andromon hinterher. Sora-san zögerte, aber Jou-san zog sie einfach mit: “Laß Andromon nicht umsonst für uns kämpfen!“ Wir jagten durch die Eingangshalle und liefen einen langen Gang entlang, dessen Wände von Zerrspiegeln gesäumt waren. Vor jedem Spiegel stand eine Kerze und im düsteren Licht tanzten unsere riesigen, winzigen, dicken, dünnen unförmigen Spiegelbilder um uns herum wie ein gespenstischer Reigen. War das nur der Widerhall unserer eigenen Schritte, der hohl und verzerrt von den Wänden zurückgeworfen wurde? Oder war es Piemon, der sich uns unaufhaltsam näherte? Wir wollten es nicht herausfinden. Wir rannten weiter, immer weiter, eine Treppenflucht nach oben, Gänge nach links, rechts, und wieder zurück, noch eine Treppe nach oben, und befanden uns... Inmitten eines riesigen Kuppelsaals, dessen Boden ein Schachbrettmuster darstellte. Piyomon (inzwischen waren auch die übrigen Digimon, bis auf Tailmon zum Rookie zurückdigitiert) hatte den Saal als erste betreten und verschwand mit einem Schrei in der Tiefe, als ob der Boden selbst sie verschlungen hätte. Einen Augenblick später kam sie wieder nach oben geflattert. “Bleibt steh‘n, da ist kein Boden,“ rief sie aufgeregt und wirklich, wenn man etwas weiter in den Raum hinein sah, konnte man erkennen, wie der Boden auf seltsame Weise verdreht und schlichtweg unwirklicher wurde. Entsetzt sahen wir uns an, waren wir in eine Falle gelaufen? Piemon kannte die Burg sicher viel besser als wir, er würde keine Probleme haben, uns hier zu finden. “Vielleicht hätten wir nicht gerade in die Burg laufen sollen,“ meinte Jou-san zu Sora-san. Es war kein Vorwurf, nur eine Feststellung. “Es gibt nichts mehr außer dieser Burg!“ sagte Sora düster. “Der Spiralberg ist das einzige, was von der DigiWelt noch übrig ist. Wohin hätten wir also fliehen sollen?“ Der Widerhall der Schritte kam näher. Da keiner von uns seine Beine bewegte, stand jetzt eindeutig fest, wer dieses Geräusch verursachte “Kann eines der Flugdigimon digitieren?“ fragte Koushirou-san, “dann könnten wir mit ihm den Abgrund überqueren?“ Aber Piyomon, Tentomon, Patamon und Tailmon schüttelten nur traurig die Köpfe. Sie waren noch von den vorherigen Kämpfen erschöpft, und hatte weder essen noch sich ausruhen können. Ein fröhliches Pfeifen erklang hinter uns in den Gängen und eine Stimme flötete: “Kommt raus, kommt raus, wo immer ihr steckt!“ “Seht mal da oben!“ Über dem Abgrund hatte ich zwei Trapeze entdeckt. “Die müßten wir doch benutzen können! Kannst du das erste Trapez zu uns herziehen, Patamon?“ “Kommt raus, kommt raus, ich hab‘ euch entdeckt!“ Die Stimme klang jetzt viel näher als vorher und ließ uns zusammenfahren. Tailmon machte einen mächtigen Satz in die Luft und hängte sich an das erste Trapez. “Hebt Hikari hoch!“ Als sie über uns hinwegschwang, packte sie Hikari-chan bei den Handgelenken und zog sie auf die Trapezschaukel hoch. “Wenn ich springe, halt‘ dich gut an mir fest!“ Sie sprang mit Hikari-chan aufs nächste Trapez und von dort aus auf die andere Seite. Dann kehrte sie aufs hintere Trapez zurück. “Jetzt du, Takeru! Halt dich am Trapez fest, und wenn ich ‘jetzt‘ sage, läßt du einfach los! Ich fang dich ganz sicher auf!“ “Aber... aber,“ stammelte ich, “wir müssen Onii-chan, und Taichi-san holen! Wenn es wirklich nichts mehr gibt, außer dem Berg, dann können sie nicht weit gelaufen... “ “Mach dir keine Sorgen, es geht ihnen gut,“ versicherte Sora-san, als sie mich hochhob, damit ich das Trapez erreichen konnte. “Los jetzt!“ Sie verpaßte mir einen Schubs und schon segelte ich über den Abgrund. Es ging viel zu schnell, um richtig Angst haben zu können. Ich ließ los, fiel einen Moment lang, und dann hatte Tailmon auch schon meine Handgelenke gepackt. Nur einen Wimpernschlag später fand ich mich auf sicherem Boden wieder. Piyomon und Patamon waren schon da, schließlich konnten sie fliegen. Sora-san war als nächste dran, die Jungen hatten keinen Widerspruch geduldet. “Kommt wir laufen schon mal vor!“ rief sie plötzlich betont fröhlich, als sie neben uns landete. “Die anderen sind gleich da!“ Aber die anderen kamen nicht mehr. Tailmon landete mit Gomamon auf unserer Seite, vom Rest keine Spur. “Sie haben sicher einen anderen Weg gefunden,“ sagte Sora-san zuversichtlich. Sie hatte uns links und rechts bei der Hand genommen und rannte mit uns durch ein hölzernes Dachgewölbe. “Hör endlich auf, uns solche Lügengeschichten zu erzählen!“ Wütend blieb ich stehen. “Sie haben keinen anderen Weg gefunden! Sie sind tot, genau wie mein Bruder und Taichi-san!“ “Hör auf damit!“ schrie Hikari-chan. “Du weißt genau, daß Sora-san uns diese Geschichten erzählt, damit wir uns besser fühlen. Also tu‘ wenigstens so, als ob du du dich besser fühlst, damit Sora-san sich besser fühlt, kapiert!“ Immer diese verdammte Mädchenlogik! “Wir werden uns jetzt aufteilen,“ sagte Sora-san bestimmt. “Hikari-chan, Takeru-kun, ihr seht das Tor dort drüben, es muß irgendwie nach draußen führen. Lauft hindurch! Ich gehe hier lang!“ “Aber..“ setzte ich zu einem Protest an, doch sie ließ mich nicht ausreden, sondern legte einen Finger auf meine Lippen. “Du mußt Hikari-chan beschützen! Nur du und Patamon könnte diese Aufgabe jetzt übernehmen, denn Piyomon und Tailmon sind nicht mehr hier, genauso wenig, wie alle anderen. Deshalb ist es nicht feige, wenn du jetzt wegläufst, du erfüllst nur deine Pflicht.“ Sie holte tief Luft: “Versprich mir, daß du sie beschützen wirst!“ “Ich komme mit dir,“ sagte Gomamon bestimmt. “Sei nicht albern,“ Sora-san runzelte die Stirn, “du kannst ja noch nicht einmal digitieren!“ “Das ist mir egal, ich bleibe hier! Ich kann vielleicht nicht mehr digitieren, aber immer noch kämpfen!“ Hikari-chan unterdrückte ein leises Schluchzen. “Es ist aus!“ “Ist es nicht!“ fuhr Sora-san sie an. Eine dritte Stimme erklang hinter uns : “Ist es doch!“ Wir fuhren herum, und wichen langsam zurück. Vor uns stand Piemon, ein teuflisches Grinsen auf seinem bemalten Clownsgesicht. “Eure Freunde brauchen Gesellschaft!“ Er deutete auf seinen Gürtel, an dem eine Reihe von Schlüsselanhängern baumelte. Mir stockte fast der Atem. Da hingen Onii-chan, und Taichi-san, Jou-san und Koushirou-san, WarGreymon und MetallGarurumon, Piyomon, Tentomon und Tailmon, so als wären sie niemals etwas anderes gewesen als Schlüsselanhänger. Nur mit ihren Gesichtern stimmte etwas nicht. Ich wußte nicht, was es war, aber in diesem Moment war ich mir hundertprozentig sicher, daß sie nicht tot sein konnten. Nur verzaubert. Vielleicht gab es noch eine Möglichkeit, sie zu retten... Vermutlich hatte Gomamon genau denselben Gedanken, denn mit einem gewaltigen Satz warf er sich Piemon entgegen, und riß mit seinen Klauen an dessen Gürtel. Der Gürtel gab nach, und die Anhänger purzelten zu Boden. Piemon bückte sich, um sie wieder einzusammeln, und wir nutzen die Zeit zur Flucht. “Ich verspreche es, Sora-san,“ hörte ich mich schreien. “Ich verspreche es!“ “Takeru, fang auf!“ Gomamon hatte Piemon wenigstens eine der Figuren entreißen können und warf sie mir zu. Ich schnappte sie mit der einen Hand, packte Hikari-chan an der anderen und jagte mit ihr zum Tor. Wir sahen uns nicht mehr um, denn dazu bestand kein Grund. Unsere Freunde würden uns nicht folgen, das wußten wir. Mit großer Mühe bekamen wir das Tor auf und befanden uns auf einer Art Dachterrasse. Der Himmel über uns war grau und wolkenverhangen, keine Sonne, kein Mond, keine Sterne. Es war zu düster, um Tag sein zu können und zu hell für die Nacht. Hikari hatte als erste die Brüstung erreicht und starrte nach unten. Ich sah mich zuerst um, konnte aber nichts in der Umgebung erkennen. Wahrscheinlich war der Spiral Mountain so hoch, daß man vom Gipfel aus die anderen Berge nicht sehen konnte. Auch der Platz an dem wir vor einigen Minuten noch gekämpft hatten war nirgends zu sehen. Vermutlich lag er irgendwo auf der anderen Seite der Burg. Ich beugte mich über die steinerne Brüstung. Da die Luft so neblig war, konnte ich auch nicht hinunter auf die DigiWelt sehen. Vielleicht hatte Sora-san deshalb geglaubt, es gäbe sie nicht mehr. “Da ist keine DigiWelt!“ sagte Hikari-chan, als hätte sie meinen Gedanken erraten. “Da ist überhaupt nichts mehr!“ “Das ist doch Unsinn,“ versuchte ich sie zu beruhigen. “Dieser Berg muß doch auf einem Fundament stehen. Wir klettern jetzt da runter, und...“ “Da runter!“ stammelte sie, und Entsetzen machte sich auf ihrem kleinen Gesicht breit. “Aber wohin? Da gibt es nichts!“ “Sieh mal!“ Ich hatte einen Weidenkorb entdeckt, der neben uns auf dem Boden stand. War dieser Korb schon dagewesen, als wir die Terrasse betreten hatten? Er war mir nicht aufgefallen. “Ein Seil!“ Triumphierend hielt ich das Ende hoch. “Damit können wir besser klettern!“ “Und was machen wir, wenn es zuende ist?“ Sie schien nicht überzeugt zu sein. “So wie es aussieht, scheint es ziemlich lang zu sein!“ “Aber es ist doch egal wie lang! Da unten ist nichts!“ Es hatte keinen Sinn, weiter mit ihr zu diskutieren. Wenn das Seil nicht bis zum Boden reichte, dann mußten wir den Rest eben ohne Seil klettern. Auf alle Fälle mußten wir schleunigst hier weg, denn mit Sicherheit würde Piemon auch auf den Gedanken kommen, auf seinem Balkon nachzusehen. In meiner Hand begann das Seil plötzlich zu zappeln, und sich zu winden, wie eine Schlange. Vor Schreck ließ ich es los, und stolperte einige Schritte zurück. Was in aller Welt hatte das zu bedeuten? Aufgeregt flatterte Patamon vor mich, nur für den Fall, daß ich angegriffen wurde. Aber das merkwürdige Seil kümmerte sich überhaupt nicht um mich, statt dessen bäumte es sich auf, und schlängelte sich nach oben, bis ein Ende allmählich im Nebel verschwand. Das andere Ende blieb im Korb liegen. “Scheint stabil zu sein!“ Ich hängte mich mit dem ganzen Gewicht an das Seil, das jetzt in steiler Bahn nach oben führte, um auszutesten, ob es mich tragen würde. “So wie es aussieht, sollen wir nach oben klettern. Los, Hikari-chan, du zuerst!“ Sie nickte und begann wie ein Äffchen nach oben zu kraxeln. Ich folgte ihr mit einigem Abstand, dicht genug, um sie notfalls fangen zu können, falls sie abrutschte. Aber sie stellte sich sehr geschickt an, also mußte ich mir keine Sorgen machen. Wir befanden uns bereits hoch über der Burg, als die Tür zur Terrasse mit einem Knall aus den Angeln flog. “Was soll denn dieser Unsinn, Kinder?“ Piemon verzog gespielt betrübt das Gesicht. “Ihr werdet noch runterfallen und euch sämtliche Knochen brechen!“ “Klettert weiter, ich werde versuchen, ihn aufzuhalten!“ Patamon fllatterte wieder nach unten. Ich umklammerte mit einer Hand mein DigiVice, und hoffte, daß er die Digitation jetzt schaffen würde. Patamon... shinka... Angemon Mit seinem Stab stürzte Angemon auf den Gegner los und einige Augenblicke lang schien Piemon zu überrascht, um eine sinnvolle Verteidigung aufbauen zu können. Die erste Attacke schleuderte ihn über den halben Balkon, die zweite brachte ihn gefährlich nahe an die Brüstung heran. Doch er hatte sich nur zurückgehalten, um seine Kräfte zu sammeln. Die Dunkelheit, die seinem Körper entströmte, wehrte Angemon’s Licht mühelos ab und dann stand er auch schon wieder auf den Beinen, und ging zum Gegenangriff über. “Weiter Hikari-chan! Klettere immer weiter!“ trieb ich sie an. Sie hatte innegehalten, um ängstlich und zugleich fasziniert den Kampf zu verfolgen. Aber das war nicht gut, schließlich wußten wir, daß Angemon niemals gewinnen konnte. Mit etwas Glück würde es ihm vielleicht gelingen, Piemon aufzuhalten, bis wir aus der Gefahrenzone waren, aber das war auch schon alles. Aber wir hatten Pech. Piemon packte Angemon und schleuderte ihn über die Brüstung hinweg in den Abgrund. Ich war kurz davor zu schreien, aber ich beherrschte mich, die arme Hikari sollte nicht noch mehr Angst haben müssen. “Alles ist in Ordnung,“ beruhigte ich sie und plötzlich verstand ich, warum Sora-san uns angelogen hatte. Ich schaffte es sogar, mein Gesicht zu einem – wenn auch etwas gequälten – Lächeln zu verziehen. “Klettere einfach weiter!“ Sie nickte, ich konnte förmlich hören, wie sie die Tränen hinunterschluckte, doch bevor sie auch nur eine Bewegung machen konnte, sauste etwas Metallisches dicht über ihren Kopf hinweg, und durchtrennte das Seil. “Wie oft soll ich euch noch sagen, daß ihr mir nicht entkommen könnt!“ zischte Piemon und fing sein Schwert aus der Luft auf. Es war zu ihm zurückgekehrt, als wäre es ein Bumerang. Er schob es wieder in die Spielkarte auf seinem Rücken, zu den anderen drei Schwertern. Er warf den Kopf zurück in den Nacken, als wolle er lachen, das spöttische siegessichere Gelächter, das wir nur zu gut kannten. Als seine Lippen sich öffneten, wuchsen Reißzähne dazwischen hervor. Aber statt dessen huschte er das Seil entlang, blitzschnell, wie ein Schatten, und war hinter mir, ehe ich reagieren konnte. Seine Hand umklammerte meinen Knöchel, er zerrte daran als wolle er mir das Bein ausreißen. “Chiiii!“ Ein merkwürdiges Fauchen zischelte durch seine Zähne, wie bei einem Raubtier, das versucht einen Gegner einzuschüchtern. Erschrocken packte Hikari-chan mein Handgelenk, und versuchte mich von ihm wegzuziehen. Aber sein Griff war wie Stahl. Der weiße Handschuh zerriß und lange Klauen brachen daraus hervor, ringelten sich um meinen Knöchel, umschlossen ihn, wie ein Schraubstock: “Laß los Hikari-chan, bitte laß meine Hand los!“ flehte ich, aber sie schüttelte nur stumm den Kopf und biß die Zähne zusammen. Ich hatte keine Möglichkeit mehr mich zu befreien, soviel stand fest. Wenn ich aber plötzlich das Seil losließ, konnte Piemon vielleicht nicht schnell genug reagieren und wir würden in die Tiefe stürzen. Ein Sturz aus dieser Höhe wäre selbst für ein MegaDigimon nicht sehr angenehm und falls es wirklich keine DigiWelt mehr unter uns gab, würden wir ganz woanders landen. Aber ich konnte diesen Plan nicht verwirklichen, solange Hikari-chan meine Hand festhielt. Sie durfte ich auf keinen Fall mit in den Abgrund reißen. “Ich laß dich nicht im Stich!“ schrie sie verzweifelt, als ob sie wußte, was ich vorhatte. “Niemals!“ “Nun gut,“ sagte Piemon beinahe fröhlich, “wie ihr wollt! Dann erwischt es euch eben alle beide.“ Er ließ meinen Knöchel los, und durchtrennte mit seinen messerscharfen Klauen das Seil unter uns. Das winzige Seilstückchen, an dem wir hingen, blieb nicht lange in der Luft stehen, es entglitt unseren Händen wie eine glitschige Wasserschlange und verschwand in der nebligen Luft. Und wir fielen... Sie hielt weiterhin mein Handgelenk umklammert, mit der ganzen Kraft, über die ihr kleines Händchen verfügte. Und ich wünschte, ich könnte sie auch festhalten. Wenigstens das. Es wurde sicher nicht leichter dadurch, daß wir zusammen waren, aber es war wenigstens ein Trost. So wie es aussah, hatte das Märchen doch kein gutes Ende genommen. Und der Dämon hat uns am Ende doch noch gekriegt. Gib‘ gut drauf acht, das ist von jemandem, dem seine Freunde wichtiger waren, als sein eigenes Leben. Onii-chan? Bin ich dir schon so nahe, daß ich bereits deine Stimme hören kann? Laß es nicht umsonst gewesen sein. Nein, es ist nur eine Erinnerung! Eine Erinnerung, an den Tag, an dem ich das Käppi bekommen habe. Gotsumon und Pumpmon sind gestorben, weil sie uns nicht verraten haben. Mein Bruder ist gestorben, weil er für uns gekämpft hat. Sora-san ist gestorben, weil sie uns beschützt hat. Sie alle haben uns beschützt, haben an uns geglaubt, haben alles für uns gegeben. Ich darf sie jetzt nicht hängen lassen. Ich darf Hikari-chan nicht hängen lassen. Ich hab‘ es Sora-san doch versprochen. Ich muß sie beschützen. Gib‘ nicht auf, Takeru! Onii-chan? Ist das wirklich deine Stimme? Aber wie...? Ich blicke auf den Schlüsselanhänger, den Gomamon mir zugeworfen hat. Es ist mein Bruder. Seine Lippen bewegen sich nicht, aber er spricht zu mir. Ich weiß es, fühle es. Gib‘ nicht auf, Takeru! Nein, ich werde nicht aufgeben! Ich werde niemals aufgeben! Ich werde nicht zulassen, daß es so endet, du kannst dich fest auf mich verlassen, Onii-chan. Ich war schon ein DigiRitter lange bevor ich auf diese Welt gekommen bin, lange bevor ich Takaishi Takeru hieß, lange bevor Piemon oder irgendein anderer dieser Widerlinge überhaupt ihren Eiern entschlüpft sind. Und ich habe niemals aufgegeben. Es mag albern sein, an eine Legende zu glauben, aber ich tue es. Ich weiß, daß damals wirklich alles so geschehen ist und ich vertraue auf meine Stärke. Ich glaube fest daran! Damals haben wir gemeinsam gesiegt. Damals haben wir auf unsere Kraft und auf unsre Liebe vertraut. Und jetzt müssen wir dasselbe tun. Hikari-chan, verzeih mir, daß ich dich beinah‘ im Stich gelassen hätte! Onii-chan, verzeih mir, daß ich nicht auf dich hören wollte! Angemon, verzeih‘ mir, daß ich an deiner Stärke gezweifelt hab! Ich kann fühlen, wie das Licht mich einhüllt, es ist sanft und warm, es strahlt um mich herum, aber es blendet nicht. Ich falle nicht länger, ich schwebe. Als sie aber schon glaubten, daß alles verloren war, und ihre Digimon Partner besiegt am Boden lagen, da verlieh die Kraft der Liebe, die sie füreinander empfanden, den Digimon neue Energie. Nur durch die Kraft dieser Liebe erreichten ihre Digimon Partner das Megalevel und konnten den bösen Gott schließlich besiegen. Sie verbannten ihn für immer in die Welt der Finsternis zurück, und versetzten ihn in einen tiefen Schlaf. Nein, ich schwebe ja gar nicht, ich werde gehalten. Von einer riesigen Hand. Hikari-chan ist auch bei mir, neben mir. Was ist mit uns geschehen? Das Wesen, das uns festhält, ist ein riesiger Engel. Seine Rüstung glänzt in strahlendem Licht, seine schneeweißen Schwingen breiten sich über den ganzen Himmel aus. Tief unter uns liegt Piemon’s Schloß, steht einsam auf der Spitze des Spiral Mountain. Und darunter die Dunkelheit. “Ich bin HolyAngemon.“ Gütig lächelt der Engel auf uns hinab, die kleinen Menschenwesen, die er in seinen Händen hält. “Nur die starke Hoffnung in deinem Herzen, Takeru, hat mir die Kraft gegeben, auf das Ultralevel zu digitieren!“ “Kannst du auch meinen Bruder, und die anderen retten,“ frage ich besorgt. “Es muß doch einen Gegenzauber geben!“ “Den gibt es! Haltet euch gut fest, ihr beiden!“ Im Sturzflug jagt HolyAngemon auf die Dachterrasse hinunter, wo Piemon mit vor Entsetzen erstarrtem Gesicht zu uns hinauf blickt. Er beschwört die Dunkelheit, aber das heilige Licht drängt sie zurück. Er schleudert seine Schwerter, aber sie prallen wirkungslos von der mächtigen Rüstung ab. Er wirft sein weißes Taschentuch, aber HolyAngemon’s Schwert zerschneidet es in zwei Teile. Dann zerschneidet das Schwert auch Piemon‘s Gürtel. Geschickt fängt HolyAngemon alle Schlüsselanhänger auf, und stößt Piemon hinunter in den Abgrund. “Er wird zurückkommen!“ Hikari-chan ist immer noch beunruhigt. “Ich weiß! Aber wir werden ihn gebührend empfangen!“ Wir landeten auf dem Vorplatz des Schlosses. Als HolyAngemon die Figuren in heiliges Licht tauchte, wurden sie wieder zu Menschen und Digimon. Nur wenige Augenblicke später tauchte Mimi-san auf, deren Armee sich den ganzen Weg nach oben gekämpft hatte. Wir machten uns bereit zum letzten großen Kampf gegen Piemon. Und Hikari-chan hatte recht behalten. Der kümmerliche Rest der DigiWelt war hinter ihnen zu Staub zerfallen. Drei Jahre sind vergangen, aber an manches erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen. Und dazu gehört zweifellos jener Moment, als meine Hoffnung Angemon die Kraft zur Ultradigitation verlieh. Manchmal muß man eben einfach an Märchen glauben, denn die DigiWelt ist eine Welt der Wunder. So, aber jetzt sollten wir wirklich schlafen. Morgen wird ein sehr anstrengender Tag für uns werden. Wir müssen die Festung des Digimon Kaisers ausfindig machen und diesem Verbrecher endlich das Handwerk legen. Möchtest du mit mir in einem Team kämpfen, Iori? Tsuzuku... * * * “Was für ein hirnrissiger Schwachsinn. Im echten Leben wäre das alles ganz anders ausgegangen!“ “Hast du etwa vergessen, dass wir nicht im normalen Leben sind? In einer Takari Story sind die Menschen eben nicht so, denn sonst wäre es ja nicht romantisch genug.“ “Romantisch? Du meinst wohl kitschig! Aber es ist amüsant, wie dumm diese Kinder doch sind. Die Geschichte sollte einen anderen Schluß bekommen. Der Abwechslung halber könnte man doch mal den Dämon gewinnen lassen.“ “Oh ja, das ist gut! Dann könnten Takeru und Hikari den Liebestod sterben. Das wäre schön.“ “Nein, das ist schon wieder viel zu kitschig. Der Dämon könnte Takeru fressen und Hikari könnte sagen: “Guten Appetit, ich wollte sowieso zu Daisuke gehen.“ “Dann wär’ es aber keine Takari mehr, sondern eine Daikari! Der Autor müßte sofort eine Warnung anbringen, sonst beschweren sich die Leser.“ “Daikari? Warum keine Hisuke?“ “Weil in Fanfiction die Jungen immer zuerst genannt werden.“ “Fanfiction sind absolut lächerlich! Komm, geh’n wir die DigiWelt zerstören, dann gibt es auch keine alberne Fanfiction mehr.“ “Dein Wunsch ist mir Befehl, meine Liebe!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)