Tuned ordern leicht gemacht von Ishtmi ================================================================================ Prolog: 1.00 Prologue --------------------- Finsternis... Es ist so dunkel... Ich kann nichts sehen... Stille... Es ist so leise... Ich kann nichts hören... Leicht... Es ist so schwerelos... Ich kann nichts bewegen... Taub... Es ist so gefühllos... Ich kann nichts spüren... Was ist mit mir geschehen? Wo bin ich? Wer bin ich? Was bin ich? Lebe ich? Sterbe ich?   Ich kann mich nicht erinnern... 1.01 Aufbau ----------- In einem hell beleuchteten Raum, das als Laboratorium ausgestattet wurde, befanden sich drei Personen die um eine Liege standen und eifrig schraubten. Dieser Laborraum war sowohl mit diversen Messapparaturen als auch Versuchsgegenständen ausgestattet. Ebenso mit mechanischem Werkzeug, welches eher in einer Werkstatt eines Feinmechanikers vorzufinden wäre als in einem Labor. Dieses Labor war etwa so groß wie eine Doppel-Fertiggarage. Ungefähr 7 Meter breit und 6 Meter lang. Die Deckenhöhe war mit 3,5 Metern großzügig bemessen worden. In dieser Labordecke wurden zwei Lichtschächte eingebaut, da sich der Raum samt dazugehörendem Gebäudekomplex unterhalb der Erdoberfläche befand. Diese Lichtschächte fingen das Sonnenlicht, das auf das Dach eines Geräteschuppens fiel, auf und spiegelten es nach unten ins Labor. Daneben wurden vier Reihen von Leuchtstoffröhren installiert. Eine kalte Neonsonne nölte bei Bedarf von der decke herab. Eine Sicherheitstüre in einer Ecke des Raumes konnte das Labor im Notfall hermetisch abriegeln. In der zweiten Ecke rechts neben der Tür stand ein Laborecktisch. Die Tischplatte wurde mit feuerfesten Fliesen ausgekleidet, um Brandschäden zu vermeiden. Unterhalb der Tischplatte befanden sich zwei Schubladen für Forschungsutensilien. Im Eckbereich des Tisches stand ein kleines Drehregal, in dem sich weiteres Material unterbringen ließ. Die Fronten der Regalfächer und der Schubladen waren einheitlich in einem hellen Grau gehalten, während der Korpus wie die Wände des Labors weiß gefärbt war. Nur die Griffe wurden farblich ersetzt um den Inhalt der jeweiligen Schublade zu kennzeichnen. In der Wand gegenüber des Tisches wurden drei Fenster mit Panzerglas eingelassen, um bei Bedarf das Labor von außerhalb beobachten zu können. Ein großes Zeichenboard belagerte die dritte freie Wandfläche gegenüber der Tür. Auf diesem Zeichenboard waren einfache Zeichnungen zu sehen, die einen menschlich geformten, maschinellen Körper darstellten. Ein 32 Zoll Monitor nahe der Liege stellte eine maßstabsgetreue cad-zeichnung des Körpers dar. Mehrere kleine Bildschirme zeigten die Zustandswerte und Messergebnisse an. Die Fertigung des Maschinenkörpers war gerade zur Hälfte abgeschlossen. Der Oberkörper war bereits weitgehend zusammengebaut. Der Hals und der rechte Arm ebenfalls. Am rechten Arm fehlte nur noch die Hand. Der Kopf war auch fertig. Nur fehlte am Kopf noch die obere Schädeldecke. Der linke Arm fehlte bis auf die Schulterverbindung vollständig. Das linke Bein wurde nur bis zum Kniegelenk angebaut, das rechte Bein fehlte noch. Der Körper wurde noch nicht mit der künstlichen Haut bezogen, da diese erst nach Abschluss der Fertigung angebracht werden konnte. Der Chefassistent namens Andrew Harving machte sich daran, die Hand für den rechten Arm zu verbinden. Ein paar Kabelstränge verbunden und einige Arretierschrauben angezogen, schon war auch dies erledigt. „Miss Graham? Überprüfen sie die Funktionen und zustand der Hand. Mister Harsen, wir beginnen nun mit Part 211.“ Die erste Anweisung ging an die brünette Assistentin, die nun Messleitungen an den Kontaktpunkten anbrachte und die menschlichen Reaktionen verglich, indem sie schwache Stromimpulse in die jeweiligen Nervenbahnen schickte. Ein kurzes Zucken des betreffenden Fingers zeigte die Funktion an. Auch die Werte auf den Monitoren waren zufriedenstellend. Die zweite Anweisung galt dem anderen Assistenten, der aus einer mit Formstyropor gefüllten Kiste das rechte Bein hervorholte und zur liege brachte, wo es angebaut werden sollte. Assistent Harsen begann mit den Anbauarbeiten des rechten Beines an den Rumpf. Da er erst vor einem halben Jahr seine Lehre in kybernetischer Mechanik abgeschlossen hatte, konnte er noch nicht genügend Erfahrungen sammeln. Daher war seine Arbeitsgeschwindigkeit noch recht niedrig. Dennoch schaffte er es eine hohe Qualität abzuliefern. Dies war auch wichtig, denn ein Fehler könnte möglicherweise den gesamten Körper zerstören, egal ob es aktuell nur ein Testkörper war oder nicht. Langsam aber gezielt setzte Matthew Harsen die Halteschrauben an und drehte sie fest. Er achtete genau darauf, dass die Schrauben nicht in das Gewinde der Aluminiumgelenke schnitten. Die dadurch entstandenen Aluspäne hätten ansonsten den Verschleiß des Gelenks unnötig erhöht. Theoretisch gesehen hätte man es einfach austauschen können, die endgültigen Vorgaben und Eigenschaften machten dies aber zu einem großen Problem. Nach den mechanischen Befestigungen kamen die elektrischen Verbindungen dran. Da die Hüftverbindung auch die Kabel zu den weiteren Gelenken und Bodyparts enthielt, waren dort entschieden mehr Verbindungen herzustellen als an Narims Hand. Narim, so wird das Produkt dieser Entwicklung als Menschenersatz dann letztendlich namentlich genannt. Mühselig suchte sich Matthew ein Kabel vom Rumpf ausgehend heraus und am Bein das passende Gegenstück dazu. Mit einem Spezialwerkzeug konnte er die elektrischen Verbindungen herstellen, ohne dass dabei die Isolierung beschädigt werden muss. Matthew hatte noch etwa an die hundert solcher elektrischen Verbindungen herzustellen. Er seufzte leise. Das würde er sicher nicht leicht und schnell hinter sich gebracht haben. Herr Harving war nun mit der Hand fertig. Aus einer weiteren Schutztransportkiste entnahm er nun den linken Arm. Durch seine langjährigen Berufserfahrungen konnte Mister Harving schneller die Verbindung von Schulter zum Arm erschaffen. Auch bei der Verkabelung hatte er deutliche Vorteile. Andrew entging das leise Seufzen von Matthew nicht. Verstohlen schielte er herüber. „Kommt ein Pferd in die Bar an den Tresen. Sagt der Barkeeper zum Pferd: Warum das lange Gesicht?“ Verwundert schaute Matthew zum Chefassistenten herüber. „Wie bitte? Ich verstehe nicht ganz.“ Andrew lachte auf. Manchmal war sein Assistent wirklich zum schießen komisch. Seine Naivität brachte ihn immer zum lachen. Solche Scherze konnte er aber auch nicht bleiben lassen. Aber warum sollte er es auch? Eine lockere Atmosphäre bei der Arbeit ist auch positiver als wenn es wie in einer Schraubzwinge stur nach Straßenbahn immer nur einen vorgegebenen Weg entlanggeht. Auch Emily Graham verstand die Pointe und verkniff sich das Lachen. Sie konnte sich im Gegenzug zu den Herren leider nicht aufhalten lassen. Das Prüfen erforderte erheblich mehr Zeit als sie erwartet hatte. Sie hatte gerade die Checks an der Hand begonnen und zwei weitere Bodyparts gesellten sich gleich zu ihrer Aufgabenliste. Andrew befestigte in kürzester Zeit das Gelenk. Während er die Elektrik abfertigte, unterhielt er sich weiter ohne aufzuschauen. „Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl. Ich meinte damit, dass sie sich nicht so hängen lassen sollten. Denken sie lieber an morgen, wenn wir in unseren wohlverdienten Feiertag fahren. Bis dahin hauen wir noch einmal rein und dann sind wir fertig.“ Dies motivierte Matthew. Der letzte Monat war wahrlich kein Zuckerschlecken gewesen. Obwohl er ahnte, worauf er sich einlassen würde, nahm er das Angebot an. Und es war kein Fehler gewesen. Trotz der Tatsache, dass die Arbeitszeiten pro Tag des Öfteren an die zehn Stunden oder gar mehr betrugen, war es eine interessante Angelegenheit für ihn. Zum ersten Mal sollte sich ein Cyborg zu einem Menschen entwickeln, anstatt eines Menschen zu einem Cyborg, wie es sie in Schrottstadt zuhauf gab. Durch den Gedanken an den Feiertag beflügelt, hatte er an Tempo zugenommen. Auch wenn er noch sehr viele Verkabelungen vor sich hatte, so empfand er das Arbeitsaufkommen nicht mehr so hoch. Nach und nach verband er die Kabel miteinander. Damit sie den Zeitplan noch einhalten konnten, ließen sie das Gespräch verebben und kümmerten sich um den Zusammenbau. Es war wichtig, dass sie heute die Übergabe schafften. Denn über die Nacht sollte laut Ablaufplan Narims Gehirn in seinem Körper eingepflanzt werden sowie am kommenden Feiertag dann die Erholungsphase einsetzen. Durch die eingetretene Stille war nun das Klackern der Werkzeuge deutlicher denn je zu hören. Nach einer Viertelstunde hatte Matthew die Verkabelung abgeschlossen. Auch Herr Andrew Harving wurde inzwischen mit dem Arm fertig und ging über zum letzten Teil, dem linken Fuß. Emily hatte die Tests an der Hand erfolgreich beendet und machte sich bereits an den linken Arm ran. Da Matthew nun mit seinen Aufgaben fertig war, bot sich die Gelegenheit an, den Gesamtprozess zu beschleunigen. „Emily ich werde die Checks an Part 211 übernehmen wenn es ihnen recht ist.“ Emily kam dieses Angebot sehr gelegen. Sie befürchtete, dass durch sie sich womöglich noch die Übergabe verzögern würde. „Danke, das ist nett.“ Matthew zog den Monitor zu sich herüber, dessen angeschlossener Computer für die Auswertung der Messwerte zuständig war, herüber. Da die Messleitungen schon mit der notwendigen Peripherie verbunden waren, musste er nur noch die Verbindung zum Ziel herstellen. Dies war Dank dem Schaltplan eine einfache Aktion, auch da Schnellverbinder verwendet wurden. Nun ging es ans überprüfen der Messwerte. Matthew schaute auf dem Monitor. Die dort angezeigten Werte, auch wenn sie nicht grafisch aufgehübscht wurden, stimmten alle überein, bis auf BI-RH 63, der einen erhöhten Spannungswert aufwies und an BS-RH 25 die Signalstärke zu niedrig anlag. Er benötigte Emilys Hilfe, wenn er die Aufgabe erledigen wollte. „Uhm… Könnten Sie mir eben helfen? Ich komme mit den Messwerten nicht ganz zurecht.“   Emily schritt um die Liege herum und schaute neben Matthew auf dem Monitor. Beide Werte sollten auf etwa einem gleichen Level liegen. Sie vermutete, dass die beiden Kabel über Kreuz verbunden wurden. Sie suchte die Kabel heraus und überprüfte den Durchgang. Dies bestätigte ihre Vermutung. Sie wurden falsch verdrahtet. Als Emily sich die Kabel genauer ansah, fiel ihr auf, dass sie korrekt angeschlossen waren. Also waren die Beschriftungen falsch platziert. Eine kurze Korrektur später kontrollierte sie die Werte, welche nun stimmten. „Die Drähte wurden fehlerhaft markiert. Ich habe sie getauscht und vermerke es im bericht. Es ist jetzt alles in Ordnung.“   Matthew konnte nun seine Arbeiten abschließen, ebenso wie Emily ihre letzte Prüfaufgabe. Herr Harving, der schon früher fertig war als sie, richtete gerade die Unterlagen zur Abgabe her. Sie mussten darin erklären, dass ihre Arbeiten frei von Fehlern waren. Just in diesem Moment waren auch seine Assistenten fertig. „Jetzt, wo wir den Testkörper fertig gestellt haben, bleibt nur noch eines zu erledigen“, wandte sich Herr Harving an seine Assistenten. „Wir werden jetzt die künstliche Haut aufziehen und anschließend die Berichte unterzeichnen. Dann können wir wohlverdient Feierabend machen.“ Das schwerste zum Schluss, so schien es. Nun war Abstimmung gefragt, wer welchen Part übernahm. „Welche Aufgabe wird wem zugeteilt?“ „Ich und Matthew werden den Testbody anheben, sie befestigen dann die Rückseite. Dann versiegeln wir die Hülle, nachdem die Oberseite angebracht wurde.“ Herr Harving beantwortete somit die Frage von Emily. Matthew bekam den Rumpfbereich zugeteilt und Herr Harving übernahm den Oberkörper. Gemeinsam hoben sie den Körper empor. Trotz der kleinen Körpergröße von etwa 1,30 Metern hatte Matthew erwartet, dass er mehr wog. Darin wurde er eines Besseren belehrt. Er schätzte das Gewicht auf ca. 40 Kilogramm ein. Emily begann die künstliche Haut an die Rückseite anzubringen. Mittels spezieller Haltenoppen wurde dieser Prozess deutlich vereinfacht. Sie begann am Rücken und arbeitete sich hoch zu den Schultern. Dort musste sie mit Matthew verrücken, damit sie weiterarbeiten konnte, wo er vorher den Körper hielt. Die Hauptfläche endete an den Schultern. Emily konnte damit wieder am Rumpf in Richtung Füße beginnen. Lediglich am Gesäß wurde sie ausgebremst, da sie die Haut auch dort passgenau anbringen musste, es aber durch die Formung dessen verkompliziert wurde. Sie fühlte sich nicht wohl dabei, da sie sich etwas genierte, gerade dort hinzufassen. Nur durch die Tatsache, dass es ein maschineller Testkörper war, überwand sie ihre Scham. Herr Harving wurde etwas zur Seite verbannt. Das anwinkeln eines Beines machte ihr die Arbeit in diesem Bereich leichter. Dadurch konnte sie auch die Beine besser beziehen. „Ich bin jetzt fertig. Ihr könnt den Körper wieder ablegen.“ Erleichtert ließen sie den Testkörper wieder auf die Liege sinken. Auch wenn er nicht schwer war, so ging es auf die Dauer in die Arme. Die Rückseite war nun vollends fertig. Auf der Vorderseite begann dasselbe Spiel. Haltenoppen in die Aufnahmen im Endo Skelett verankern, und sitzgenau ausrichten, damit es Narim im fertig gestellten Zustand nicht zur Last werden konnte. Die Zehen wurden zu einem richtigen Geschicklichkeitsspiel für Emily. Sie hatte den unteren Bereich, Herr Harving den Bauchbereich und Matthew bekam den Oberkörper zugeteilt. Nachdem die Kunsthaut aufgezogen wurde, blieb nur noch ein letzter Schritt übrig. Die Haut musste an den Nahtstellen versiegelt werden, damit keine Fremdkörper oder Wasser eindringen konnten. Gerade bei Wasser bestand große Gefahr von Fehlerströmen, die dann die Elektrik zerstören würde. Deswegen wurde die Kunsthaut mit kleinen Schmelzlasern miteinander verklebt. Es konnte ein zügiger Fortschritt verzeichnet werden. Emily hatte nur noch eine Stelle zu versiegeln, doch es stellte für sie ein Problem dar. „Matthew?“ Der Angesprochene wandte sich zu ihr um. „Ja?“ „Können sie hier übernehmen? Es ist etwas zu… privat. Verstehen Sie?“, sprach sie leise. Ihre Wangen nahmen einen rosigen Hauch an und sie zeigte zum Gesäß hin. Matthew schaute zur besagten Stelle, auf die Emily hindeutete. Er verstand, worum es ging. Die liebe Dame war gelinde gesagt ein kleines Mauerblümchen. Dies hatte Matthew schon erfahren müssen, als er sie zu einem Dinner einladen wollte. Matthew übernahm daher den Bereich. „Heben sie ihn eben hoch?“ Emily hob den Körper an Beinen und Rumpf an, so dass Mathew ihre Bitte ausführen konnte. Er selbst führte dann an besagter Stelle die nötige Versiegelung durch. „Sind sie fertig?“ Fragte Herr Harving in die Runde. Er wollte es jetzt abschließen und Feierabend machen. „Einen Moment noch. Ich bin ungefähr… jetzt fertig.“ „Gut, dann schließen wir jetzt ab. Unterzeichnen sie ihre Laufkarten und schickt sie an die Gehirnchirurgie. Die Jungs sitzen mit Sicherheit schon auf kohlen. Sie wollen auch Heim.“ Emily unterzeichnete ihre Prüfkarten, Matthew bescheinigte den Grundbau und Herr Harving bescheinigte den gesamten Prozess. Sie räumten noch die restlichen Werkzeuge auf und deckten danach den Testkörper mit einer weißen dünnen Stoffdecke bis zum Hals zu. Der Kopf blieb hautfrei, da es eine Anweisung von der Hirnchirurgie gab, den Kopf nicht anzurühren. Zu groß war wohl ihre Sorge, dass Bakterien oder Viren direkt in den Gehirnraum gelangen und somit das wertvolle Gehirn infizieren könnten. Ihnen schien wohl ein großer Coup gelungen zu sein. Die Dokumente verpackte Herr Harving in eine Postdose und schickte diese über das Rohrpostsystem zur besagten Abteilung hin. Ihre Aufgabe hatten sie nun erledigt und verließen den Raum. Matthew blieb in der Türschwelle stehen. „Eine Frage beschäftigte mich schon von Anfang an Herr Harving. „Die wäre?“ „Warum entwirft man für Narim einen Körper dem kein Geschlecht definiert wurde, anstatt sich einfach auf eines festzulegen?“ „Weil er als Werbemodell erst ein Geschlecht erhalten soll, wenn es ein Erfolg wird. Es war von Anfang an geplant dass er zunächst ein Neutrum bleibt.“ Dies würde den Aufwand erklären, der dabei betrieben wurde. Matthew grübelte nach. Narim würde es also nicht weiter als zu einem Vorzeigemodell bringen, der als Basis für eine Weiterentwicklung diente. Anderseits aber würden alle Erwartungen und Anstrengungen in ihn gesetzt, um einen Fehlschlag zu verhindern. „Kommen Sie, für uns ist die Arbeit erst einmal beendet.“ Herr Harving schaltete das Licht ab und schloss die Tür ab. Matthew schaute noch solange auf das Ergebnis ihrer Arbeit, bis sie von der Tür verdeckt wurde. Zu dritt verließen sie den Komplex über den Erdaufzug Richtung Farm 8.   Er dachte darüber nach, wie er zu dieser Stelle kam… 1.02 Beginning -------------- Ein junger Mann im Alter von 19 Jahren schlenderte durch die Straßen Schrottstadts. Seine Kleidung entsprach dem Allgemeinbild von Schrottstadt - zerschlissen und abgetragen. Dennoch war die Kleidung brauchbar. Seine braunen Haare hatten lange keine Schere gesehen. In einer Tragetasche, die er schulterte, befanden sich Austauschteile von alten Cyborgkörpern, die ausgedient hatten. Bei einem Arm und einem Fuß wurde er nach gefühlten zig Marktständen zwar fündig, musste allerdings kräftig löhnen. 50000 Chips hatte er beim Händler gelassen. Wucher, das wusste er genau. Er hatte allerdings keine andere Wahl, da diese Parts als Einzige in seinem Sortiment fehlten. Und er konnte es sich nicht leisten, wenn ihm Ersatzteile fehlten. Die kleine Kiste die er bei sich trug, war vollgestopft mit allen möglichen Mechanikteilen. Bei einer Verwertungsfirma konnte er gegen Bezahlung eines Eintrittgeldes die Kiste mit Ersatzteilen füllen und mitnehmen. Als er eine Kreuzung überquerte, merkte er nicht, wie sich eine Gestalt aus dem Schatten einer Kleingasse löste und ihm zu folgen begann. Die Gestalt hüllte sich in einen langen Mantel ein, die Kapuze über den Kopf gezogen und die Hände in die Taschen gesteckt. Er hielt einen größeren Abstand ein, damit er nicht aufflog. So sah die Person, wie sein Ziel sich eine Tasse Kakao genehmigte, eine Zeitung besorgte und nach einem kurzen Gespräch etwas Positives erreicht haben musste. Denn seine Mine hatte sich deutlich erhellt. Fröhlich vor sich hersummend begab er sich weiter zu seiner Wohnung, die jetzt nicht mehr weit entfernt lag. Bei einer Ramenbar holte er sich seine vorbestellten Bratnudeln ab, um für den Tag eine warme Mahlzeit zu haben. Weiter in Richtung seiner Wohnung überquerte er noch eine Straße und bog in eine enge Gasse ein. Diese Gasse kürzt seinen Weg ab. Am Haus angekommen musste er eine rostige Metallgittertreppe hinauf in den zweiten Stock steigen. Die Wohnungstüren waren nicht wie üblich in einem eigenen Treppengang, sondern nur von außen zu erreichen. Schnell war die Türe aufgeschlossen und wieder ins Schloss gefallen. Seufzend lehnte sich der Einwohner gegen sie. Auch wenn er gelernt hatte mit Schrottstadt umzugehen, so konnte er diese Stadt dennoch einfach nicht ausstehen. Die ganze rabiate Kultur, Motorball und der überall regierende Dreck. Damit kam er schon von Beginn an einfach nicht klar. Er raffte sich auf und stellte Kiste und Tasche neben eine Truhe. Auf einem Notizblock schrieb er zwei Zahlenkombinationen zu Truhe 5 und 9 auf und schrieb dieselben Zahlen auf den Arm und Fuß. Der Inhalt der kleinen Kiste wurde auf dem Schreibtisch verteilt. Heute Abend wollte er noch das Brauchbare heraus sortieren. Bei seinem Tun bemerkte er nicht, wie sich von hinten die Gestalt näherte, die ihn vorhin verfolgte. Als diese direkt hinter ihm stand, erhob sie eine Stange. „Dein Türschloss scheint wohl nicht richtig zu schließen.“ Als er die schnarrende Stimme hinter sich hörte, rutschte ihm das Herz in die Hose. Langsam drehte er sich um und blickte in das Gesicht von... „Kyle!?“ Besagter Kyle begann zu grinsen. „Wieso schleichst du dich von hinten an mich ran? Und vor allem warum hast du mich so lange warten lassen?“ Schlimm genug, dass ihm Schrottstadt so zusetzte, da konnte er es nicht noch gebrauchen, dass Kyle makabre Scherze mit ihm trieb. Doch seine Aufmerksamkeit galt der Metallstange die Kyle in der Hand hielt. „Hab deine Adresse verloren. Also musste ich warten, bis ich dich irgendwo wieder finden konnte.“ » Verloren... wenn sein Kopf nicht angewachsen wäre, hätte er ihn mit Sicherheit auch schon verloren. « Matthew dachte sich seinen teil dazu. Kyle drückte Matthew die Metallstange in die Hand. Die Achse war etwa einen Viertelmeter lang. Am oberen Ende war eine viereckige Aufnahme für die Umlenkachse eingefräst. In der Mitte der Achse wurden drei Zahnräder, eines größer als das vorherige, festgeschraubt. Das andere Ende besaß ein Zahnrad, dessen Zähne um neunzig Grad nach außen gebogen waren. Zwischen den Enden und dem Zahnradpaket waen je drei Nuten pro Seite für die Kugellager eingefräst worden. „Ist das meine…?“ „Antriebsachse? Ja. Es hat zwar länger gedauert als erwartet, aber sie ist wieder wie neu. War nicht einfach, diese Keule wieder gerade zu biegen. Was hast du denn dem Teil angetan, dass sie so hinüber war?“ Matthew seufzte resigniert auf. „Das ist ja das große Problem. Ich hab die Achse nicht geschrottet. Nur hat ein Einwohner es so hingestellt, als wäre ich der Übeltäter. Und das Problem ist, dass der Hausbesitzer es auch noch glaubt. Mir wurde ziemlich deutlich nahegelegt, dass ich gut daran täte, die dämliche Wasserpumpe wieder zu reparieren.“ Matthew packte die Antriebsachse in einen alten Werkzeugkoffer aus Metall, schmiss Maschinenschrauben hinterher und warf passendes Werkzeug in die Fächer hinein. Aus einem kleinen Kästchen, das nahe der Haustüre an der Wand angebracht war, zupfte er einen Schlüssel von Haken. Dieser Schlüssel sah mit seinem Doppelbart aus, als ob er zu einem Tresor gehöre. Den Schlüssel in die Hosentasche eingesteckt, wandte sich Matthew zu Kyle herum. „Kannst du mir mit der Wasserpumpe helfen, oder hast du gerade keine Zeit?“ „Doch, kann ich. Muss nachher sowieso mit dir über etwas reden.“ Dies verwunderte Matthew. Das war nicht die Art, die er von Kyle kannte. » Er ist doch sonst eher spontan. Weswegen will er damit warten? « Er wuchtete den Werkzeugkoffer hoch und ging mit Kyle durch die Wohnungstür. Da die Haustüre die lästige Angewohnheit hatte zuzuschwingen, brauchte Matthew sich nicht mehr weiter darum zu kümmern. Wie erwartet schnappte die Türe ins Schloss als sie die Treppe hinabstiegen. Unten angekommen bog Matthew um die Ecke ab. Kyle folgte ihm. Dort ging wieder eine kleine Treppe vor dem Gebäude hinab in die Kelleretage. Die massive Stahltüre machte nicht den Eindruck, als ob sie ein leichtes Ziel wäre. Matthew schloss sie mit dem Doppelbart auf und warf sich dagegen. Mit einem grausigen Knirschen gab sie den Weg frei. Der Gang, der sich ihnen auftat, war spärlich beleuchtet. Mehr als die Hälfte der Leuchten waren defekt, oder vorsätzlich zerstört worden. Das Duo lief langsam den Gang entlang. Nach zwei Türen erreichten sie eine, die wie die Eingangstür des Kellers aussah. Diese konnte Matthew ebenso mit dem Doppelbart öffnen. Der Raum, der daraufhin zu sehen war, sah chaotisch aus. Von der Decke schlängelten sich dutzende Wasserrohre wie die Wurzeln eines alten Baumes, an den Wänden entlang in den Boden. Stromkabel wurden an den Wasserrohren mit Kabelbindern befestigt und verliefen in alle Richtungen aus dem Raum. Ihren Ursprung fanden sie in einem großen Kasten, der an die Wand geschraubt wurde. Drei mannshohe Wassertanks machten sich gegenüber dem Stromkasten breit. Neben den Tanks war auch Matthews eigentliches Ziel - die Wasserpumpe. Matthew ließ einen Werkzeugkoffer neben der Wasserpumpe auf den Boden krachen und kniete sich vor die Pumpe. „Je eher das Mistding wieder läuft, desto eher kann ich wieder meineRruhe vor dem Grizzlybären haben…“ Grummelte Matthew vor sich hin. Er griff in den Werkzeugkoffer hinein und holte eine Ratsche samt passender Nuss für die Maschinenschrauben heraus. Entsprechend bewaffnet machte er sich an die Wasserpumpe ran. Matthew setzte die ratsche an und zog. Allerdings weigerte sich die Schraube vehement, sich lösen zu lassen. Er begann ungehalten an dem Ratschengriff zu zerren und zu reißen. Doch selbst danach saß die Schraube fest. „Ich denke so wird das nichts. Ich mach das mal eben.“ Kyle entwand ihm die Ratsche und zog selbst am Griff. Doch auch da saß die Schraube fest. Kyle hatte dank seines Maschinenkörpers aber noch einiges auf dem Kasten. Er stemmte sich mit einem Fuß gegen die Wand und zerrte so stark am Griff, dass die Ratsche sich bog. Matthew sah schon kommen wie seine teure Ratsche entzweibrach. „Brich mir nicht die Ratsche ab. Das Teil hat mich ne menge Asche gekostet!“ Mit einem Knall fiel die Ratsche zu Boden und Kyle zur Seite. Er konnte sich noch mit dem Arm am Boden abfangen ehe er diesen küsste. Matthew schnappte sich wieder seine Ratsche. Nach seiner Begutachtung stellte er fest, dass sie noch intakt war. „Die schraube muss mit Absicht so festgeballert worden sein. Kann es sein, dass dich jemand von hier loswerden will?“ „Das weiß ich nicht. Aber die Leute hier sind alle irgendwie so komisch drauf.“ „Jede Wette, dass man dich abservieren will. Am besten machste den Adler, bevor die dir nachhelfen. Wie gesagt, mein Angebot steht noch.“ „Ich werde nicht einfach abhauen, nur weil ein paar Möchtegerngauner den dicken Mann spielen.“ Kyle hielt ihm die Hand hin, damit Matthew ihm die Ratsche wiedergab. An allen fünf weiteren Schrauben spielte sich dasselbe Szenario ab. Festgeschraubt, dass die Ratsche zur Belastungsgrenze gedreht werden musste. „Is ne Hazet Ratsche. Die hält ne Menge aus.“ Matthew packte die Ratsche wieder in den Werkzeugkasten rein. Dafür machte die Antriebsachse im Kasten Platz. Er musste noch ein paar kleine Torx lösen, um die innenliegenden Zahnräder der Wasserpumpe verrücken zu können. Erst danach konnte er die Achse einsetzen. Er setzte sie Achse so ein, dass zuerst die Zahnräder am rechten Ende ineinander greifen konnten, dann wurde das Vierkantende in die Aufnahme eingesetzt. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles richtig saß, schraubte er die Achshalter ein, die in den Nuten gleichzeitig die Funktion als Kugellager erfüllten. Danach schraubte er wieder den Deckel zu. Kyle setzte mit der Ratsche die Schrauben der Qual der Blockade aus. „Wenn die Jungs keine Hazet aufgetrieben bekommen, sehen sie in Zukunft alt aus.“ Siegessicher setzte Kyle ein Grinsen auf. Er konnte es sich nicht nehmen lassen, ihnen einen Denkzettel zu hinterlassen. „Ich werd mir in der Trawler-Bar ein schönen Abend machen. Kommst du mit? Ich lad dich auf nen Drink ein als Dank für deine Hilfe.“ „Gerne, ich bin dabei.“ 1.03 Rekrutierung ----------------- Kyle wartete am Hauseingang auf Matthew. Er musste ihm in seiner Wohnung nicht unbedingt auf die Füße herumtreten. So blieb er unten an der Treppe stehen und wartete bis Matthew wieder zurück kam. Matthew hatte sich eine recht gut aussehende Jacke übergeworfen. „Ich bin soweit. Die Trawler-Bar ist an der Grenze zum westlichen Bezirk. Es wird zwar ein langer Marsch werden, aber glaub mir, man wird mit einem Top Service belohnt!“ Das Duo setzte sich in Bewegung Richtung Trawler-Bar. Die Trawler-Bar lag etwas versteckt nahe der Factory 10. Durch die dadurch verursachte Präsenz der Hunter Warrior ist es in der Bar zu keinen größeren Vorfällen gekommen. Ein Teil der Strecke führte an den Schienen zur Factory 10 entlang. Ein weiterer Teil ging durch eine belebte Handelsstraße hindurch. Dicht an dicht drängten sich die Marktstände. Wer Geld loswerden wollte schaffte dies hier mit Garantie. Matthew musste einen Wanderhändler abwimmeln, der ihm Gewürze andrehen wollte. Gewürze waren in Schrottstadt zwar sehr begehrt, wurden aber auch ebenso gerne gefälscht. Die Markstände wurden von den Wohnhäusern abgelöst. Klobige Betonklötze drängten sich dicht aneinander. Sie waren etwa fünf bis sechs Stockwerke hoch. In den äußeren Kellerräumen, dessen Eingänge zur Straße ausgerichtet waren, siedelten sich verschieden Clubs an. Nach zwei Weggabelungen erreichten sie ihr Ziel. Auf einer Planke in Schiffsform prangten aus einen Hanfseil geformte Buchstaben „Trawler-Bar“. Ein Empfangsmann am Eingang begrüßte sie mit einem Salut in der Seemannsmanier. Sie setzten sich an einem freien Zweiertisch hin. Die Bar wurde komplett im Schiffsstil gehalten. Schleppnetze hingen an der Decke, Dekorationen wie ein Schiffsanker oder ein Steuerrad zierten die Wände. Der Tresen wurde einer Schiffseinrichtung nachempfunden. Eine Matrosin kam zu ihnen und nahm ihre Bestellung auf. Zwei mal Landrattenrum. „Nicht schlecht der Laden.“ Kyle staunte. „Wenn sie die Kombüse aufmachen, wirst du nirgendwo mehr hinwollen. Allerdings ist heute nur Ausschank. Zwei Tage in der Woche bleibt die Kombüse kalt.“ „Dann werde ich eben an einem anderen Tag wiederkommen.“ Weit hinter ihnen johlten Hunter Warrior an einem runden Tisch. Ausgelassen begossen sie ihre Fänge des heutigen Tages. Kyle erinnerte sich daran, das er mit Matthew zu reden hatte. „Matthew?“ „Ja?“ „Heute Mittag hab ich dir ja gesagt, dass ich mit dir über etwas Wichtiges quatschen muss...“ „Ja stimmt. Sagtest ja, dass es dringend ist. Du nimmst es ja sonst nicht so genau mit der Zeit.“ „Danke. Wichtiger ist, dass nicht mehr viel Zeit bleibt.“ Matthew zog verwundert eine Augenbraue hoch. „Ich rede am besten gar nicht groß rum. Vor etwa einer Woche ist mir ein Scout von einer Firma namens „cyberlife“ begegnet. Er warb Leute an, um an einem Großprojekt mitzuwirken. Sie sollen wohl eine Lücke gefunden haben. Genaueres hatte man mir nicht mitgeteilt. Nur das es nach Farm Acht geht und dass es weitere Infos erst nach der Zusage gibt. Der Scout wird in drei Tagen diesen Bezirk wieder verlassen. Bis dahin kann man ihn an der Zentaurenhalle antreffen.“ „Und du möchtest jetzt bei eben dieser Firma anfangen?“ „Nein, nicht ich. Aber für dich ist es doch wie maßgeschneidert.“ „Für mich? Warum sollte ich denn überstürzt alles aufgeben? Ich bin ein einfacher Cyborgmechaniker.“ „Genau so einen wie dich suchen die auch. Einen Cyborgmechaniker, der mit Elan und Liebe an seinen Beruf rangeht. Keine Ahnung, welch verrückte Schiene die fahren, aber es hieß, man solle sein Ergebnis so achten wie einen Menschen. Und du engagierst dich ja.“ Kyle unterbrach das Gespräch, da in diesem Moment die Bedienung kam und ihnen ihren Rum brachte. Matthew trank einen Schluck. Trotz dass der Rum in der Landratten Edition mit Wasser verdünnt wurde, zog es ihm etwas im Hals. Kyle kippte gedankenlos den Rum herunter. Er war schon härtere Schnäpse gewohnt. „Also willst du, dass ich an deiner Stelle hingehe?“ „Nein, nicht an meiner Stelle. Aber für dich wäre es ein willkommener Neuanfang. Du kommst aus Schrottstadt raus, bekommst ne gesicherte Arbeit und ein kleines Arbeiterhaus in der Farm. Quasi ein neues Leben. Natürlich will ich dich dazu nicht nötigen, aber so eine Gelegenheit bietet sich nicht noch einmal an.“ „Das kann ich nicht so schnell entscheiden. Ich muss erstmal darüber schlafen.“ „Du musst nicht jetzt entscheiden. Aber vergiss nicht, in drei Tagen ist er weg. Hier ist meine Telefonnummer wenn du dich entschieden hast.“ Kyle reichte ihm einen Fetzen auf dem seine Nummer stand. Sie beendeten ihren Besuch in der Trawler-Bar. An der ersten Kreuzung trennten sich ihre Wege, da Matthew den gleichen Weg wieder zurück nach Hause gehen musste und Kyle auch heimkehrte. Nach einer halben Stunde erreichte Matthew seine Unterkunft. Darin angekommen flog sein Blick quer durch den Raum. Die Mechanikteile lagen noch immer quer umher. Just in dem Moment, als er sich in den Stuhl setzte, wurde es in der Wohnung dunkel. „Diese elenden Rabauken!“ Rabauken. So nannte Matthew die Cyborgs im Haus, die offenbar nur noch sein Leben schwer machen im Schädel hatten. Wieder einmal hatten sie ihm die Sicherungen rausgedreht. Dadurch hatte er immer eine Taschenlampe griffbereit. Funzlig leuchtete es in den Raum, wo er sich umzog und ins Bett fiel. Ebenso in einen ungewohnten Schlaf. Angestachelt von seinem Grübeln über das Für und Wieder von cyberlife träumte er davon das er mit einer kleinen Planierraupe spazieren ging. Er warf einen Schraubenschlüssel. Dieser Schlüssel flog knapp über einem Werbeschild, dicht gefolgt von der motorheulenden Raupe. Dessen Landung verursachte einen enormen Rumms. Dieser Krach war so surreal, dass Matthew davon erwachte. Doch der Krach blieb. Das Poltern einer Tür die gerade aufgebrochen wurde, drang an sein Gehör. Wieder einmal wurde hier eingebrochen. Murrend drehte sich Matthew um. „Jetzt brecht doch mal leiser ein, ich will schlafen.“ Doch die gedämpften Stimmen durch die Wand gaben ihm Elefantenohren. „Wenn dieser Harsen wiederkommt, wird er Augen machen. Wird wohl leichter für ihn werden, wenn er nichts mehr hat, was er mitnehmen muss. Vergiss den Ofen nicht!“ Ihm wurde es mulmig in der Magengegend. Man begann sich ernsthaft anzustrengen, ihn zu vertreiben. Aber warum zum Geier sollte sein Ofen laufen? Damit er nicht frieren musste in seiner leeren Wohnung? » Moment, der Ofen ist doch Gasbetrieben. « Wie ein Blitzschlag traf ihn die Erkenntnis. Es sollte ein Angriff gegen ihn werden. Leise sprang er aus dem Bett und zog sich das nächstbeste an. An der Tür lauschte er, bis die Gefahr sich verzog, dann hastete er zur Nachbarstür, um die Katastrophe zu verhindern. Zu seinem Glück war sie nicht mehr abgeschlossen. Nachdem er das Gas abdrehte, packte er einen Trolley mit Dokumenten, Kleidung, seinem Ersparten und seinem besten Werkzeug. Eilig verließ Matthew das Haus. Sein Ziel war Kyle. An einer Telefonzelle nahm er Verbindung zu Kyle auf. „Kyle? Kann ich eben vorbeikommen? Ich hab ein Problem.“ „Gut. Treffen wir uns am besten an der Trawler-Bar.“ Matthew legte ohne abzuwarten auf und machte sich auf dem Weg zur Trawler-Bar. Er beeilte sich, um schnell da zu sein. Wieder dort angekommen, wartete Matthew auf Kyle. Ungeduldig verlagerte er sich von einem Bein auf das andere. Nach einer für Matthew gefühlten Ewigkeit erschien auch Kyle. „Endlich. Es ist besser wir gehen rein.“ Kyle wurde in die Bar gedrängt. Darin an einen freien Ecktisch. „Nicht hetzen. Was ist denn mit dir los?“ „Offenbar will man mich mit allen Mitteln loswerden.“ „Was meinst du genau mit loswerden?“ Matthew erzählte Kyle von den Vorkommnissen des heutigen Tages. Vom Einbruch in die Wohnung des Nachbarn, des manipulierten Gasofens und wie er es verhinderte. Auch von den Stimmen, die nicht von Einwohnern dieses Hauses stammten, aber wussten wie er hieß. „Klingt, als hättest du ein Problem. Wenn sie schon deinen Tod in Kauf nehmen, sollteste abhauen.“ „Und wohin? Ich habe keine Ahnung wo ich meine Werkstatt unterbringen soll.“ „Zu mir.“ Kyle bekam wieder sein siegessicheres Grinsen. Dies tat er immer dann, wenn er sich seiner Sache sicher war. „Wie sieht dein Plan aus?“ „Ganz einfach. Du kannst die nächsten Tage bei mir bleiben, ich hol deine Sachen zu mir und dann geht’s zum Scout. Wenn es klappt, haste ne Stelle und kannst dir was auf die Kante legen.“ Voller Tatendrang gab er Matthew zu verstehen, dass er seinen Plan schnellstens umgesetzt sehen wollte. Beide verließen wieder die Bar. Kyles Weg war einfacher gestrickt. Stur gerade aus die Straße entlang, bis sie vor einem Grundstück gabelte. Das Haus war wie jedes Haus hier keine Augenweide, sah aber zumindest einladender aus als seine eigene Bude. Die Zielwohnung lag im fünften Stock. Darin angekommen bot sich Matthew ein beeindruckender Anblick. Kyle bemerkte dies. „Mit der Wohnung hab ich nen echten Glücksfang gemacht. Für die Miete hol ich mir ein, zwei Kopfgelder.“ „Hast du nicht als Hunter Warrior aufgehört?“ Fragte Matthew verwundert. Kyle hatte ihm mal in einem Schwank vergangener Zeiten erzählt, dass er früher seine Laufbahn als Hunter Warrior auf Eis gelegt hatte. „Das habe ich auch. Nur wenn ich wieder etwas Geld brauche, dann jage ich gelegentlich wieder.“ Matthew stellte seinen Trolley in den Flur ab. „Wir gehen am besten gleich zur Zentaurenhalle. Dort suchen wir den Scout auf und du kannst dein Glück versuchen. Während du beim Scout bist, werde ich mit ein paar Bekannten dein Eigentum holen.“ Gesagt, getan. Sie machten sich auf dem Weg zu der Zentaurenhalle. Unterwegs musste Kyle noch ein Telefonat führen, um den Umzug zu bewerkstelligen. Anhand der Dauer hatte er wohl bereits jetzt alles festgelegt, wie dabei vorzugehen war. Weiter führte der Weg viele Straßen entlang, bis sie an einem großen Platz ankamen. Auf diesem Platz stand eine Statue. Eine Person schien dort eine gigantische Kugel auf dem Rücken zu tragen. In Sichtweite war bereits die Zentaurenhalle. Kyle steuerte Matthew auf die Halle zu. Hier müsste der Scout sein. Wenn er sich hoffentlich nicht davongemacht hatte. Kyle steuerte auf einen kleinen Lastwagen zu, dessen Seite wie bei einem Verkaufsauto geöffnet war. Darin befand sich ein futuristisch anmutend bekleideter Mensch von cyberlife. Er war nicht sehr beschäftigt, da eine Zeitung interessanter war. Als Kyle mit Matthew im Schlepptau herantrat. schaute er auf. „Hallo, Herr Brown. Haben sie sich bezüglich der Einstellung nun entschieden?“ „Ja, das habe ich. Allerdings werde nicht ich zusagen, sondern möchte ihn hier für den Posten vorstellen. Ich bin mir sicher, dass er ihre Anforderungen erfüllt.“ Dabei gab er Matthew einen Schulterklopfer. Der Scout legte ihm einen kleinen Ordner vor. Sein Inhalt lies ihn mutmaßen, dass der Arbeitgeber nicht von Schrottstadt stammte. Sehr geordnet und informativ waren sie. Dennoch blieben die wichtigen Infos aus, wie Kyle es gestern sagte. „Füllen sie bitte den Fragebogen aus. Nach der Auswertung werde ich mich in zwei Tagen um Punkt 19 Uhr bei Ihnen melden.“ Somit trug Matthew die Antworten auf Fragen ein, die ihm schon merkwürdig vorkamen. Neben den üblichen Fragen wie Fähigkeiten oder Vorgeschichte waren auch Krönungen wie er zu Kindern stand oder wie er sich dabei fühlte, wenn er Leben erschaffen würde. Nach Abgabe wurde der Ordner mit seinem Namen versehen und zu den anderen gestapelt. Die verbleibenden zwei Tage vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Die Abholung seiner verbliebenen Sachen konnte zu seinem Glück ohne Probleme erledigt werden. Matthew hatte wirklich nichts anbrennen lassen. Selbst die kleinste Mutter hatte er mitgehen lassen. Auch die Wohnungsabgabe ging reibungslos vonstatten. Schlüssel in den Briefkasten des Hauseigentümers und Abflug. Die verbliebenden Kosten überließ er dem Eigentümer, als Dank im Voraus für die Reparatur der Wasserpumpe. Abgesehen davon geschah allerdings nichts Nennenswertes. Matthew las gerade in einer Zeitung, als das Telefon klingelte. Da Kyle gerade etwas aus seinem Keller holte, konnte er den Anruf nicht entgegennehmen. Sein Blick fiel zufällig auf die Uhr. Als er die Uhrzeit las, sprang er wie von der Tarantel gestochen auf und hetzte zum Telefon. „Hallo? Ja, der bin ich. Ob ich morgen zur Factory neun kommen kann? Sicher, kein Problem. Wirklich? Angenommen? Klasse. Morgen, acht Uhr in Factory neun. In Ordnung, mach ich.“ Nachdem er auflegte, machte er einen Freudensprung. Jetzt konnte Matthew endlich diese Stadt hinter sich lassen, wenn auch für eine begrenzte Zeit. Am nächsten Morgen stand er mit seinem Trolley und Rucksack bei der Factory parat. Kyle begleitete ihn noch am letzten Tag. Am Abfertigungsbahnhof der Factory ging die große Reise los. „Hau rein, aber nicht zu feste. Und meld dich mal. Mach ich.“ Mit einem eigenen Handgruß verabschiedeten sie sich. 1.04 Memory ----------- In einem hell von Leuchtstofflampen beleuchteten Raum saß ein älterer Herr, gekleidet in einem weißen Laborkittel und einer ebenso weißen Stoffhose, an einem Schreibtisch und tippte Befehle in seinen Computer ein. Auf dem Tisch lagen Hefte und Blätter, die viele Eintragungen, chemische und biologische Formeln, sowie Notizen zum menschlichen Gehirn enthielten. Der Monitor bildete ein Gehirn ab, an welchem viele Stellen mit Punkten markiert wurden. Diese Punkte wurden mit Linien zu Flächen verbunden, welche Diagramme zu verschiedenen Signalen darstellten. Diese Diagramme wiederum enthielten die Daten die später in Narims Gehirn als Erinnerungen eingebracht werden sollten. Obwohl Herr Farrell in der vorherigen Zeit bereits ein brauchbares Basismuster erstellt hatte, kam vor einer Woche die Order ganz oben, vom Institutsleiter, dass ein anderes Muster verwendet werden solle. Erbost über die offensichtliche Verschwendung seiner Zeit, die er auch in seine Praxis investieren können hätte, gab er einige Verwünschungen von sich. Es war durchaus besser eine bereits existierende Persönlichkeit zu digitalisieren und anzupassen, machte es aber umso schwieriger es von Grund auf nach eigenen Wünschen zu formen. Ihm blieb nur die Möglichkeit mittels Signalphasenverschiebungen umstrukturieren. Dennoch war die Zeit zu knapp bemessen um eine komplizierte Abschlussprüfung durchzuführen. Farrell schaute kurz nach hinten in den Behandlungsraum. Der Raum war komplett mit weißen Fliesen bestückt. Neben der üblichen Neonbeleuchtung war über der Behandlungsliege eine Speziallampe zur punktgenauen Beleuchtung angebracht worden. Diverse Geräte und Gegenstände auf fahrbaren Ablagen waren griffbereit im Raum. Seine Aufmerksamkeit galt dem Inkubator, in welchem sich das Gehirn von Narim befand. Bis die Zeit gekommen war, in der sie ihr Gehirn eingesetzt bekommen würde, blieb es auch im Inkubator. Eine große Schiebetür trennte den Behandlungsraum durch den Schleusenraum vom restlichen Komplex. In Kürze müsste sein Helfer mit dem Prototypen die Schleuse passieren. Bis dahin muss er fertig sein, damit die Codierung während der Verschmelzung vorgenommen werden konnte. Wieder begann Farrell mit den Befehlseingaben. Er musste nun die Datenmuster in ein Wellenformat wandeln, damit diese dann in Narims Gedächtnis eingepflanzt werden konnte. Nachdem er dies auch erledigt hatte, schaute er wieder zur Schleusentür. Immer noch keine Spur von seinem Helfer. Da die Zeit knapp war, bereitete er erst sich, danach den Platz vor. Als eine Meldeleuchte aufleuchtete, hatte Farrell seine Vorbereitungen schon abgeschlossen. „Endlich.“, grummelte er. Er konnte es nicht leiden wenn man wie eine Schlaftablette arbeitete. Mit einem Drücker öffnete er die Schleuse und sah wie sein Helfer bereits recht abgehetzt dreinschaute. „Warum hat das so lange gedauert?“ „Tut mir leid, Herr Farrell. Aber die Steuerung funktioniert nicht richtig.“ Farrell schaute auf die Steuerkonsole der Schleuse, wo die Kontrollleuchten hin und wieder flackerten. Ein altbekanntes Problem, welches diese Modellserie hatte. Mit einem gezielten Schlag gegen das Gehäuse war das Problem auch wieder behoben. Jetzt konnte der Körper mithilfe der Vorrichtung von der Transportliege zur Behandlungsliege in den Operationsraum geschleust werden. „Während ich die Liege hole, machen Sie sich fertig zum assistieren. Dann schleusen wir das Ding ein.“ Mit „Ding“ war Narims Körper gemeint. Farrell konnte sich nicht wirklich mit dem Ziel von Neuroseed anfreunden. James Farrell holte die Liege zur Schleuse, wo sich sein Assistent Logan Collister zur OP bereitmachte. Gemeinsam verfrachteten sie den Körper auf die Liege zur Behandlung. Bevor sie aber mit der Arbeit beginnen konnten, musste der Körper auf die Behandlung vorbereitet werden. Dazu zählten zum einen das Abdecken unwichtiger Körperpartien mit sterilen Tüchern und zum anderen das Sterilisieren des Hirnraumes im Kopf. Als Farrell die Tuchdecke entfernte, stellte er fest, dass wieder Erwarten keine Thermobänder angelegt wurden. Zwar war es keine Pflicht des Bodyteams gewesen, hätte ihm aber Zeit erspart. So ließ Farrell den Körper von Assistent Collister mit sterilen Tüchern bis zur Brust abdecken. Die Sterilisierung des Schädelinnenraumes wurde mit einem speziellen Desinfektionsmittel vorgenommen. Ohne die Sterilisierung könnte eine Hirninfektion entstehen. Dies würde womöglich noch das Ende des Prototypen bedeuten. Farrell trug in der Zeit Desinfektionslösung in der Hirnschale auf. So hatte es Zeit, bis zur Verschmelzung einwirken zu können. Als nächstes kam das Gehirn dran. Es musste auch auf die Verschmelzung vorbereitet werden. Herr Farrell holte den Inkubator, worin sich das Gehirn befand und stellte ihn vor Narims Kopf ab. Per Hand stellte er die Höhe so ein, bis es auf Kopfhöhe war. Eine weitere Einheit, das zwischen Kopf und Inkubator angebracht wurde, stellte die Verbindung her. Dieses Teilstück nahm computergesteuert die Verschmelzung vor. Die Vorbereitungen waren nun abgeschlossen. Nun konnten sie zur Phase der Verschmelzung übergehen. "Collister! Sie übernehmen die B-Side Konsole, ich übernehme die A-Side Konsole." "Verstanden." "Und denken Sie an die ABS Regel." Die Einhaltung dieser Regel war von hoher Bedeutung. Sie fordert die Abschaltung der Energiezufuhr, die Blockierung des betreffenden Gliedmaßes und dessen Sicherung. Bei Narim war der „Wandler“ das Ziel. Über die B-Side Konsole sicherte Collister den Körper ab. Jetzt konnte die Verschmelzung vorgenommen werden. "Absicherung abgeschlossen. Sie können beginnen, Herr Farrell", wandte sich Collister an seinen Chef. "Ich werde jetzt die Verschmelzung einleiten. Überwachen Sie die Werte. Das Gehirn darf auf keinen Fall traumatisiert werden." Collister beobachtete genau, wie das Gehirn durch den bereits mit der Flüssigkeit des Inkubators gefüllten Verbinders schwebte. Korrekturen oder anderweitige Eingriffe in den Prozess musste er nicht vornehmen. Nur in dem Moment, wo das Gehirn in den Hirnraum des Kopfes eingefügt wurde, musste er kurz assistieren. "Ich verbinde den Konverter nun mit dem Nervenstrang des Gehirns." Herr Farrell gab die Schritte zum Protokoll an, damit auch Herr Collister im Problemfall die gewissenhafte Durchführung angeben konnte. Kleine und dünne Roboterarme, die mit mikroskopischen Werkzeugen ausgerüstet waren, werkelten durch eine Öffnung am Hinterkopf. Sie verbanden nun den Nervenstrang mit dem Konverter, der die Nervenimpulse des Gehirns in Steuersignale für den Maschinenkörper übersetzte. Abschließend wurde die Öffnung mit einer Dichtungsschraube versiegelt. "Verschmelzung beendet. Es werden jetzt die Daten ins Gehirn eingespeist. Diese Aufgabe dürfen Sie übernehmen, Collister." "Ich? Sind Sie sicher, dass ich übernehmen soll?" Collister war sichtlich überrascht. Er hatte nicht erwartet bei diesem bedeutsamen Projekt eine solch gravierende Änderung vornehmen zu dürfen. Theoriewissen hatte er sich genügend aneignen können, praktisch aber wenig. "Ja. Ich werde es Schritt für Schritt mit Ihnen durchgehen. Halten Sie sich an die Anweisungen und Sie werden nichts falsch machen können." Die Worte Farrells stärkten sein Selbstvertrauen. Bei ihm konnte er sich sicher sein, das er ihn nicht ins Messer springen ließ. "Bringen Sie die Elektroden an. Ich markiere Ihnen die Stellen am Monitor." Wie am Monitor angezeigt, wurden die Elektroden an den entsprechenden Hirnregionen angebracht. Etwa 100 an der Zahl. Weitere Anweisungen folgten. Kurz darauf war Collister so weit, dass er mit der Übertragung beginnen konnte. "Jetzt starten Sie die neuronale Programmierung." Mit Hilfe der Eingabemaske vernetzte Collister den Computer mit der Konsole. Er startete die Übertragung des Datenmusters, welches nun vom Computer fertig aufbereitet wurde. Die kleine Anzeige zeigte nun einen Infotext über den Beginn der Übertragung an. "Kommen Sie zu mir herüber und schauen Sie sich das an." "Stimmt was nicht?" Collister ging um die Liege herum und schaute auf den Bildschirm, auf den Dr. Farrell deutete. Dort gab es zwar mehr zu sehen als bei ihm, dennoch blickte er nicht durch. Es war eine Darstellung des Gehirns und dessen Areale, an denen sich die Elektroden befanden. Doch die vielen Punkte, die um die Areale wuselten, verstand Collister nicht. "Welche Informationen werden gerade dargestellt?" "Das hier ist der Prozess der neuronalen Manipulation. Profis können den Verlauf des Prozesses daran erkennen und wie es um den Zustand des Zieles bestellt ist. Jeder Punkt stellt eine Gruppe befeuerter Neuronen dar." So begann einer der vielen langatmigen Vorträge über die neuronale Manipulation, die Möglichkeiten von Gedächtnisänderungen, bis hin zu der Funktionsweise des Gehirnes auf Neuronenebene. Collister suchte nach einer Möglichkeit, um dem Vortrag zu entgehen. Die Konsole machte ihm aber deutlich, dass der Prozess eine halbe Stunde andauern würde und somit seinen Plan beerdigte. So ergab er sich der Lehre. Hin und wieder schaute Farrell auf den Bildschirm um zu sehen, ob alles nach Plan lief. Auch Collister ließ dabei seinen Blick über die Anzeige schweifen. Zu seinem Leidwesen war bisher nur eine Viertelstunde vergangen, welche genauso zäh verging wie die erste. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete die Konsole den Abschluss des Prozesses. Er wusste, das Farrell sich nur darum bemühte, ihm eine ordentliche Ausbildung zu bieten. Dennoch machten ihn solche Vorträge fast verrückt. Den weiteren Anweisungen befolgend wurden die Elektroden wieder entfernt, vorher genau auf Erfolg kontrolliert, für die Versiegelung vorbereitet und die Schädeldecke in den Verbinder eingesetzt. Per Konsolensteuerung brachte Farrell einen Sicherheitsbügel an. Dieser Bügel diente im Gefahrenfall als Erste Hilfe Werkzeug für das Gehirn - ein Präzisionsinstrument. Auf demselben Wege wurde der Kopf verschlossen. Schrauben sorgten für festen Sitz. Da das Gehirn nun geschützt war, konnte man nun den Inkubator samt Verbinder gefahrlos entfernen. Jetzt blieben nur noch wenige Aufgaben. "Folgendes muss noch erledigt werden, dann ist es geschafft. Kopf versiegeln, Thermobänder anlegen und die Dokumente. Die Dokumente mache ich, Sie machen die Maschine fertig." Der Löwenanteil blieb also an Collister hängen. Was ihm ebenfalls auffiel war, dass Farrell wohl nicht gut auf den Prototypen zu sprechen war. Der Grund war ihm jedoch nicht bekannt. Farrell verschwand in den Vorraum zum Schreibtisch. Während die Unterlagen fertig gemacht wurden, verblieb Collister mit Handarbeit. Zum anbringen der Kunsthaut und dem Gesicht kam dieselbe Methode zum Einsatz wie beim Körper. Die vielen Konturen des Gesichtes erforderten eine hohe Geschicklichkeit. Für Collister kein Problem. Nach Vollendung betrachtete er das Ergebnis. Die dünnen Augenbrauen hatten eine leichte Rundung, die kleine Stupsnase passte zum Mund, welcher sich aus schmalen Lippen formte. Technisch war Narim fertig gestellt. Ab jetzt begann die Phase der Formung. Dazu gehörten auch Thermobänder, die Narims Temperaturempfinden unterstützen sollten. Auch diese musste Collister anlegen. Zwischenzeitlich kam Farrell wieder aus dem Vorraum. "Es kam gerade ein Anruf rein. Oben muss ein Patient behandelt werden. Schließen Sie den Auftrag ab, danach können Sie nach Hause gehen. Für den Raum ordern sie die Cleaner." Schon war Farrell wieder weg. Collister frohlockte, denn so konnte er den Abend noch retten. Die Thermobänder mussten noch angelegt werden. Dank dem Hakenverschluss überlappten sie nicht störend wie bei einem Klettverschluss. Die Thermobänder für Arme und Beine ließen sich schnell anbringen. Aufwändiger wurde der Torso. Für Hals, Brust, Schultern, Bauch und dem Unterleib fertigte man ein Komplettset an. Somit deckte es auch die Seiten und den Rücken ab. Collister begann mit dem Hals, wo er auch gleich die Thermobänder für Brust und Bauch anlegen konnte. Für den Unterleib war ein Dreipunkt-Band vorgesehen. Dieses führte er um die Hüfte, sowie dessen Mittelband durch den schritt hindurch. Die Arretierung erfolgte vorne. Jetzt noch die abschließende Übergabe, dann war er fertig. Das beenden seiner Arbeit bestand aus dem Aktivieren und dem Umquartieren in den Narkoseraum nebenan. So stellte er die Energieversorgung her und die Lebenserhaltungssysteme nahmen ihren Betrieb auf. Diese sicherten Narims Überleben. Als letztes schob er die Liege in den benachbarten Raum. Darin sollte Narim sich in Ruhe erholen können. Gerade als Collister Narim zudeckte, bemerkte er wie die Atmung eingesetzt hatte. Ein großer Schritt im Projekt geschafft, doch viele standen noch bevor. Narim musste nun lernen, sie zu gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)