Totgesagte leben länger von Nifen ================================================================================ Kapitel 3: III. Hinweise & Spuren --------------------------------- Atlas war nicht jener Minimuff, den ich im Sommer vor meinem fünften Hogwartsjahr bei meinen Brüdern gekauft hatte, sondern jener Minimuff, den ich im Sommer darauf von ihnen erhielt. Mein erster Minimuff war nämlich bei dem Gefecht um den Astronomieturm zwischen die Fronten, oder eher gesagt unter die Stiefel geraten. Es ist schon erstaunlich, wie viele Weasley-Charakterzüge Minimuffs aufwiesen. Und mein erster Minimuff hatte die notorische Angewohnheit, sich des nachts aus dem Gryffindorturm zu schleichen. Eine Angewohnheit, die ihm letztlich zum Verhängnis geworden war. Atlas hingegen war eines der unverkäuflichen Exemplare gewesen. Einer jener Minimuffs, die in ihren Charakterzügen unter den Weasleys meinen Zwillingsbrüdern weit mehr glichen als gut für sie war. Und so hatte sich Atlas ausgerechnet in der Entwicklungswerkstatt meiner Brüder herumgetrieben, als diese mit Demiguisehaaren und Ingwerextrakt an ihren Unsichtbarhüten arbeiteten. Atlas hatte die Tinktur, die als Zwischenschritt dieser Produkte verwendet wurde, für Wasser gehalten und da er wohl durstig gewesen war, gierig getrunken. Und konnte sich seitdem unsichtbar machen. Wobei er eigentlich überwiegend unsichtbar war. Das erste Mal, dass er nach diesem Unfall sichtbar geworden war, war als er in einen Topf grün-blauer Malfarbe – die Zwillinge hatten ihren Laden streichen wollen – gefallen war. Er hatte Fred und George spontan an die große Weltkugel, wie sie auf Dads Muggelatlas abgebildet war, erinnert, so dass sie diesen Minimuff fortan Atlas nannten. Es hatte ein paar Untersuchungen gebraucht, doch letztlich hatten Fred und George herausgefunden, dass simples Wasser ebenfalls genügte, Atlas sichtbar zu machen. Während all der Untersuchungen hatte sich Atlas als überaus intelligenter Minimuff erwiesen, und nachdem das Ministerium gefallen war, hatten meine Brüder gewusst, dass ich ein so intelligentes Haustier wie Atlas dringender brauchen würde, als sie. Und sie hatten recht behalten. Atlas und ich hatten jenes schreckliche Jahr in Hogwarts überlebt, wobei sich Atlas als überaus kreativer Minimuff erwiesen hatte, der mehr als bereitwillig mir bei meinen Missionen innerhalb Hogwarts geholfen hatte. Wir hatten sogar eine Form der Kommunikation entwickelt, bei der Atlas Zeichen laufen lernte und mir so die wichtigsten Dinge signalisierte. So stand etwa eine dreifache Zickzackwelle für Hogwarts und ein S mit geschlossenem unteren Bauch für Snape. Es war eine überaus wirkungsvolle Kommunikation geworden. Gerade weil Atlas so unauffällig und überlebenserprobt war, hatte ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt, meinen Minimuff auch zu meiner Arbeit mitzunehmen. Nicht selten war es bei vergangenen Aufträgen schon vorgekommen, dass Atlas unsichtbar im Nebenraum den geheimen Wünschen von Betroffenen in Form unzufriedenen Gemurmels gelauscht hatte und es mir so ermöglicht hatte, Details in meiner Planung so anzupassen, dass letztlich alle zufriedengestellt waren. Nun im Ministerium hatte ich ihn kommen und gehen lassen, wie er wollte, stets sicher, dass er mir ob meiner Bemühungen immer das ehrlichste Feedback von den Angestellten, die in der Kantine gegessen hatten, bringen würde. Doch mit dem, was mir Atlas an diesem Tag berichtete, hätte ich nun nie im Leben gerechnet. „Was? Atlas, langsamer!“, verlangte ich, nachdem mein Minimuff erst in die allgegenwärtige Wasserschüssel gesprungen war und nun wie ein wild gewordenes Meerschweinchen über meine frisch abgeschriebenen Speise- und Dekorationspläne flitzte, offenbar zu aufgeregt mitzubekommen, dass ich bei diesem Gewusel kaum ein Zeichen von dem anderen unterscheiden konnte. Wieder und wieder rannte Atlas die gleichen Formen, bis ich schließlich erkannte, dass er von einem meiner Brüder sprach, dann, dass er einen der Zwillinge meinte, doch als ich „George?“ fragte, bekam ich das Zeichen für ‚anderer’ serviert. „Fred? Was ist mit Fred?“ Was hatte mein Minimuff drei Jahre nach Freds Ableben plötzlich über meinen toten Bruder entdeckt? LEBEN rannte Atlas wieder und wieder das Zeichen über das Papier, bis die Tinte soweit verschwommen war, dass ich eher an den entstandenen Pfützen entzifferte als an Atlas’ Bewegungen, was er mir mitteilen wollte, so sehr sträubte sich mein Kopf zu verstehen, was der Minimuff da sagte. „Fred lebt?“, stieß ich schließlich ungläubig hervor. Aber das konnte nicht sein! Wir hatten ihn doch begraben, wir... Doch Atlas ließ sich nicht beirren. Wieder und wieder schrieb er, dass mein toter oder wenigstens todgeglaubter Bruder lebte. Dass er ihn gesehen hatte! Das riss mich dann aus meiner schockähnlichen Starre. Atlas hatte meinen Bruder Fred gesehen. Hier im Ministerium. Und ich zweifelte keinen Moment daran, dass Atlas wirklich Fred und nicht George gesehen hatte. Schließlich hatte Atlas schon bei mir gelebt, als George sein Ohr verloren hatte. Er konnte also die Zwillinge unterscheiden. „Wo hast du ihn gesehen?“, brach es aus mir heraus. Leider konnte mir Atlas diese Frage nicht zufriedenstellend beantworten. Denn unsere Kommunikation hatte auch ihre Grenzen. Es kostete mich den restlichen Nachmittag, um herauszufinden, dass Atlas sich in der Küche herumgetrieben hatte, unsichtbar auf der Schulter einer der Hauselfen reitend, als dieser Hauself plötzlich innerhalb des Ministeriums appariert war und dabei Atlas mitgenommen hatten. Atlas wusste natürlich nicht, wo sie sich dann befanden, aber wo auch immer er war, er hatte dort Fred gesehen. Der Hauself hatte ein Tablett mit Essen abgestellt und war dann wieder zurück appariert. Wiederum mit Atlas im Schlepptau. Und danach war Atlas zu mir gekommen. So lange es auch gedauert hatte, mir diese Geschichte mitzuteilen, so erfreut war ich, als ich damit am Ende wenn auch nicht den Aufenthaltsort Freds, so doch die Auskunft, wer mir diese Information mitteilen konnte, erfahren hatte. „Oh Atlas! Du bist der Größte!!“ Und ich drückte überglücklich den Minimuff an mich. Wie würde meine Familie staunen, wenn sie plötzlich erführen, dass Fred lebte? Wenn ich ihnen Fred heimbringen könnte? Und vor allem erklärte es endlich, weshalb George von allen Familienmitgliedern Freds Tod ohne größere Trauer überwunden hatte. Denn gerade bei Zwillingen hätte man doch meinen sollen, dass der Verlust des Bruders, seiner anderen Hälfte, George stärker mitnehmen müsste als Bill, Charlie oder mich. Was, wenn George die ganze Zeit gewusst hatte, dass Fred noch am Leben war? Aber wenn Fred noch am Leben war, wen hatten wir dann beerdigt? Egal, jetzt wollte ich erst einmal meinen doch unter den Lebenden weilenden Bruder finden! „Tamso immer bringt Essen in Ideen-werden-wahr-Raum. Aber Tamso nie jemanden mitnehmen kann. Tamso schlechter Elf...“ An dieser Stelle musste ich eingreifen, denn sonst hätte ich plötzlich einen Hauselfen vor mir gehabt, der aufgrund der gusseisernen Bratpfanne morgen wegen Kopfschmerzen nicht wirklich einsatzfähig gewesen wäre. Leider brachte mich die Aussage des Elfen nicht wirklich weiter. Es war aber auch zu blöd, dass Hauselfen gerade Orte nicht immer so benannten, wie wir Menschen. Ein ähnliches Beispiel war die Namensdiskrepanz bezüglich des Raums der Wünsche in Hogwarts. Aber immerhin waren Hauselfen sehr bildlich in ihren Namen. Ich musste also nur noch herausfinden, was sich hinter einem Ideen-werden-wahr-Raum verbergen könnte. Vielleicht ein Forschungsraum? Oder der Gesetzinitiierungsraum? Zu viele Möglichkeiten schossen mir durch den Kopf, weshalb ich letztlich auf die für eine ehemalige Gryffindor offensichtlichste Idee verfiel: Ausprobieren. Ich würde einfach, wenn alle Leute hier im Ministerium Feierabend machten, Atlas mit mir in jede Abteilung nehmen, zur Not jeden Raum und ihn fragen, ob das dem Ort entsprach, wo er Fred gesehen hatte. Da die Stockwerke sich allesamt deutlich unterschieden müssten wir früher oder später auf das richtige stoßen! *** Wer bitte schön war auf die Idee gekommen, eine Hauselfe zum Abteilungsleiter zu ernennen? Fassungslos starrte Blaise auf den Berg Berichte, die allesamt in dem grammatikalischen Kauderwelsch der Hauselfen abgefasst waren und die Wochenberichte der Kantine darstellten. Und was noch schlimmer war, wer auch immer diese unterbeschäftigte Hauselfe war, sie hatte wirklich alles aufgeschrieben. Einschließlich des gerade angesagten Hauselfenklatsches. Als ob er wissen wollte, ob die Art, wie man ein Geschirrtuch um den Körper knotete einen Elf schlanker oder dicker wirken, oder gar die Ohren spitzer aussehen ließ. Wobei offenbar spitze Ohren bei Hauselfen als attraktiv galten. Blaise stöhnte bei dem Gedanken daran, sich noch durch zig solcher Berichte lesen zu müssen. Wenn er wenigstens einen Anhaltspunkt, ein Schlagwort gehabt hätte, wonach er suchen musste, dann hätte er einen entsprechenden Zauber auf die Berichte legen und so das ganze Verfahren vereinfachen können. Etwas Warmes stupste ihn von der Seite an und als Blaise von dem Pergamenthaufen aufsah, fiel sein Blick auf Sudoku, seine Schwarzsamtaugenechse. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen auf, als er seinem tierischen Gefährten über die weißen Schuppen strich. Doch Sudoku hatte offenbar etwas anderes im Sinn, stupste sie doch mit ihrer schwarzen Nase den in der Innentasche seines Umhangs steckenden Muggeledding an. Blaise lachte leise. „Du meinst, ich sollte meine Gedanken sortieren, in dem ich mich auf etwas anderes konzentriere?“ Die schwarzen Samtaugen blinzelten kurz, um Zustimmung auszudrücken, dann wandte die Echse Blaise die glatte Seite zu, so dass dieser, wie schon so häufig, auf ihre Schuppen ein Sudoku zaubern konnte. Es war die Bereitschaft seine Rätseleien und häufig daraus resultierenden Kritzeleien auf den Schuppen zu ertragen, die Blaise dazu bewogen hatten die Echse von ‚Whitey’, wie seine Mutter das seltene Tier ursprünglich – offenkundig aufgrund der Schuppenfarbe und somit wenig einfallsreich – getauft hatte, in Sudoku umzubenennen. Blaise war selten in der Lage zu widerstehen, wenn Sudoku von sich aus anbot, als Rätseloberfläche zu dienen und bald schon zierte ein 9x9-Gitter die weißen Schuppen, in dem sich scheinbar wahllos Zahlen befanden. Während er Einsen und Dreien verglich, Siebenen eintrug und Achten ermittelte, klärten sich seine Gedanken und nur noch Zahlen und Logik existierte. Hier Zahlen ausschließen, dort optionale Lösungen vormerken, Rückschlüsse ziehen... und als er die letzte Zahl eintrug, hatte er des Rätsels Lösung! Die Berichte waren alle mehr als gewissenhaft abgefasst worden, was allein die zahlreichen Klatschbestandteile belegten. Folglich war davon auszugehen, dass besagte Abteilungsleiterelfe auch wirklich alles notiert hatte, was sich in den betreffenden Wochen zugetragen hatte. Zugleich aber war davon auszugehen, dass wenn Blaise in diesen Berichten etwas entdecken wollte, das ihm bei seiner eigentlichen Aufgabe half, es sich um etwas handelte, worüber zu berichten den Elfen verboten worden war. Und was tat eine gewissenhafte Elfe, die über etwas berichten wollte, das sie nicht berichten durfte? Sie tat genau dies: Sie schrieb in dem Bericht über ein Ereignis, dass sie nicht berichten durfte. In mehr oder weniger exakt dieser Formulierung. Einer Formulierung, nach der sich suchen ließ! „Danke Sudoku, du bist die Größte!“ Tatsächlich gab es in den Wochenberichten eine ganze Fülle an nicht-berichtbaren Einträgen, aber immerhin erlaubte diese Einschränkung es Blaise sich direkt auf das Jahr von Voldemorts Herrschaft (unter dem Deckmantel von Pius Thicknesse als Minister) zu konzentrieren. Natürlich waren die Geheimnisse in dieser Zeit noch dichter gesät. Aber schlussendlich stieß Blaise doch auf den Eintrag, nach dem er gesucht hatte, ohne zu wissen wie er genau aussah: „Wir Hauselfen überall hinkönnen im Ministerium. Wir Hauselfen sogar überall außerhalb des Ministeriums hinkönnen, wenn wir den Auftrag erhalten. Das weiß jedes Hauselfenkind. Wieso fragt dann Minister Thicknesse ob es möglich ist, dass Hauselfen Essen über lediglich acht Stockwerke transportieren, damit die, von denen niemand wissen darf, an dem Ort, über den den Hauselfen zu sprechen untersagt wurde, nicht verhungern? Natürlich können wir das!“ Oha! Gekränkte Hauselfe... Blaise schüttelte innerlich den Kopf über Thicknesses diplomatischen Fauxpas. Dann aber überlegte er... Die Kantine, und somit das Refugium der Hauselfen, lag auf einem mittleren Flur des Zaubereiministeriums, genauer gesagt im fünften Stockwerk, so dass alle Angestellten einen angemessen kurzen Weg dorthin hatten, wenn sie sich dort ihr Mittagessen holen wollten. Da aber das Ministerium nur 10 Stockwerke gesamt hatte, konnte die Aussage der Abteilungsleiterelfe mit dem Transport über acht Stockwerke nicht stimmen. Oder etwa doch? Gab es etwa im Ministerium Stockwerke, die vor der allgemeinen, arbeitenden Bevölkerung geheim gehalten wurden? Und wenn ja, was verbarg sich dort? „Blaupausen! Ich brauche die Bauzeichnungen des Ministeriums!“, stieß Blaise aufgeregt hervor. Schließlich war nicht auszuschließen, dass das Ministerium ursprünglich noch mehr Stockwerke umfasst hatte, die aber im Laufe der Zeit und im Zuge des auch in der Zaubererwelt spürbaren Fortschritts nicht mehr gebraucht wurden und dann in Vergessenheit geraten waren. Was, wenn Voldemort von diesen Stockwerken gewusst und diese wieder in Gebrauch genommen hatte? Für einen Moment wurde Blaise ganz übel bei dem Gedanken dort vielleicht das Zauberäquivalent einer Muggel-Folterkammer samt kürzlich dorthin verbrachter Opfer am Ende seiner Suche vorzufinden, doch dann riss er sich zusammen und machte sich auf den Weg in das Archiv. Denn die alten Baupläne würden wohl kaum so geheim sein, dass er deswegen eine Erlaubnis des Ministers benötigte. *** Weshalb konnten Zaubereiministeriumsangestellte nicht dem allgemeingängigen Klischee von Beamten folgen und brav um spätestens 17 Uhr den Federkiel fallen lassen und nach Hause eilen? Feierabend war doch schließlich der einzige Zeitpunkt, wo Beamten-Mikado nach Mankomania-Regeln gespielt wurde... Aber nein, natürlich musste es auch im Zaubereiministerium jene unterrepräsentierten Mitarbeiter geben, für die Beruf von Berufung kam und die folglich nicht eher heimgingen, bis nicht auch der letzte Vorgang des Tages sorgfältig abgeschlossen war (selbst wenn das bedeutete, bis nach elf Uhr abends im Büro zu sitzen, wie mir ein Blick auf meine Armbanduhr verriet), oder aber die notorischen Speichellecker, die hofften mit ein paar abgesessenen, unproduktiven Überstunden ihren Vorgesetzten beeindrucken und so eine Beförderung erlangen zu können. Früher hätte ich ohne zu zögern meinen älteren Bruder Percy in die letztgenannte Kategorie gesteckt, auch wenn er schon damals mit übermäßiger Sorgfalt Kesselwandstärken verglichen hat, aber seit der Schlacht um Hogwarts war er wieder deutlich menschlicher geworden. Gut, das änderte nichts daran, dass er nach wie vor notorisch lange abends im Ministerium war, allerdings aus anderem Grund. Einem Grund, von dem Mum noch nichts ahnte, machte er doch sämtliche Enkelkinderwünsche, die sie vielleicht für Percy hätte heben können, zunichte. Aber man konnte nicht in der Klatschzentrale des Ministeriums, aka der Kantine mit all ihren klatschsüchtigen Hauselfen, beschäftigt sein, ohne nicht mitzubekommen, dass Percy dem Minister wohl bei mehr assistierte als bei dem täglichen Schreibkram. Nämlich etwa bei der Abendgestaltung im privaten Umfeld... Ich vermute ja stark, dass Dad, der ja ebenfalls im Ministerium arbeitet und somit auch etwas von dem Klatsch mitbekommen müsste, einfach nur wissentlich die Augen vor der Wahrheit verschließt, denn solange er es nicht weiß, muss er es Mum auch nicht erzählen. Denn Dad ist furchtbar schlecht darin, Dinge vor Mum geheim zu halten, oder gar sie zu belügen. Aber solange er etwas nicht wirklich weiß... Ich persönlich finde ja, dass die beiden, also Percy und Kingsley, sich gut ergänzen, und ich bezweifle auch nicht, dass Kingsley gut in die illustre Runde passen würde, die sich stets zum allsonntäglichen Mittagessen einfindet. Wenn Percy denn mal den Mut findet, Mum reinen Wein einzuschenken. Aber das wird er früher oder später, schließlich war auch er ein Gryffindor und Kingsley ist auch nicht gerade duckmäuserisch veranlagt. Überhaupt ist unser Minister in etwa so weit von einer Maus entfernt, wie ein Minimuff von einem Drachen. Apropos Minimuff... Auch bei diesem Stockwerk, das glücklicherweise im Gegensatz zu den vorigen Stockwerken einmal tatsächlich wie ausgestorben war, schüttelte Atlas seinen Minimuffkopf. Hier war er auch nicht mit dem Hauselfen Tamso gewesen. Entschlossen marschierte ich zu den Treppen und begab mich in das nächst tiefer gelegene Stockwerk. Es war wirklich angenehm, dass das Ministerium unterirdisch gebaut war. Denn die Sorgfalt meiner Suche schloss die Benutzung des Fahrstuhls verständlicherweise aus. Allerdings hoffte ich, dass meine Suche letztlich in einem Stockwerk enden würde, das noch in Fahrstuhlreichweite war. Denn der Gedanke am Ende eine nicht abzuschätzende Anzahl Treppen wieder emporklimmen zu müssen, stimmte mich selbst nach sieben Jahren Treppentrainings in Hogwarts nicht gerade froh. Und doch führte mich meine Suche immer tiefer in die Gewölbe des Ministeriums. Soeben hatte ich die harmlos wirkenden Tore der Mysteriumsabteilung hinter mir gelassen, was gleichzeitig auch einen Abschied von den Fahrstühlen bedeutete. Aber, so schöpfte ich Mut, jetzt gab es nur noch die Ebene mit den Gerichtssälen, dann hätte ich das ganze Ministerium durchsucht. Es musste einfach das nächste Stockwerk sein! Oder auch nicht. Denn Atlas ließ sich selbst nach gutem Zureden nicht dazu überreden, zu nicken. Es war also immer noch nicht das richtige Stockwerk. War mein kluger Minimuff am Ende in irgendeinem obskuren Trakt der Mysteriumsabteilung, zu dem ich selbstredend keinen Zugang hatte, gewesen? Aber nein, die zauberhafte Bausubstanz des Ministeriums beruhte auf einem Schichtzauber, wie mir Hermione einmal erklärt hatte, und dieser Schichtzauber war für magische Wesen, einschließlich Hexen, Zauberer und auch Minimuffs deutlich spürbar. Oder anders ausgedrückt: Jedes Stockwerk hatte seine eigene magische Grundsignatur, die sich über das ganze Stockwerk erstreckte. Und die Mysteriumsabteilung bildete da keine Ausnahme. In diesem Moment krabbelte eine Spinne an der gegenüberliegenden Wand, gerade noch im schwachen Schein meines Zauberstabes sichtbar, hastig um die Ecke. Und augenblicklich erwachte in Atlas der Jagdtrieb. Hatte ich schon erwähnt, dass mein lieber Minimuff nichts lieber fraß als Spinnen? Nein? Jetzt jedenfalls wurde ich wieder mit aller Gewalt daran erinnert. Und ein jagender Minimuff kann verdammt schnell sein, weshalb ich mich beeilen musste, meinem kleinen Suchkumpanen hinterher zu eilen, während dieser die Spinne verfolgte. Leider sind wir Menschen längst nicht so trittsicher wie die meisten Tiere, egal ob magisch oder nicht, wenn wir etwas im Dunkeln verfolgen – von unserer mangelnden Nachtsicht einmal gänzlich abgesehen. Was in meinem Fall im wahrsten Sinne zu einem Fall führte, nämlich direkt eine Treppe hinab, von deren Existenz ich bis zu diesem Moment keinen blassen Schimmer gehabt hatte. Die gute Nachricht: Es gab noch mehr als zehn Stockwerke! Die schlechte Nachricht: Morgen würde ich überall grün und blau sein! Soviel zu den Gedanken, die mir während meines schier unendlichen Sturzes durch den Kopf gingen. Denn wohin auch immer die steile Treppe führte, es war bestimmt höhenmäßig mehr als ein Stockwerk, dass ich gerade auf so unelegante Weise überwand. Die Steilheit verhinderte mehr als effektiv, dass ich irgendwo Halt finden konnte und die ständigen Stöße sorgten dafür, dass ich mich nicht genug konzentrieren konnte, um einen Polsterungszauber heraufzubeschwören. Dann allerdings schien es mir doch gelungen zu sein! Jedenfalls hörten die unangenehmen Stöße abrupt auf. Bis ich unter mir ein leises Stöhnen und grummeliges Knurren vernahm. Ups! Schien ganz so als hätte ich doch keinen Polsterungszauber geschafft, sondern als wäre ich stattdessen auf einem Lebewesen, den Tönen nach zu urteilen einem Menschen gelandet... Hastig machte ich mich daran, von meinem unfreiwilligen Kissen herunterzukrabbeln, was natürlich nicht ohne weiteres Stöhnen und Knurren von sich ging. Und dann blickte ich im Schein meines immer noch schwach leuchtenden Zauberstabes, der wie durch ein Wunder den Sturz unversehrt überstanden hatte, in ein durchaus bekanntes Gesicht: „Zabini!“, keuchte ich erschrocken. „Weasley?“, klang es ungläubig und ein wenig schmerzverzerrt aus dem Mund meines ehemaligen Schulkameraden. „„Was machst du hier?““, richteten wir beide gleichzeitig die offensichtlichste Frage aneinander. Doch keiner von uns kam dazu, auch nur zu einer Antwort anzusetzen, denn plötzlich flammte am anderen Ende des Korridors, in den die Treppe mündete, ein grelles Licht auf. „Shit!“, fluchte Zabini und zog mich unsanft auf die Füße und zurück in die Treppenöffnung, als gleich darauf neben uns in der Wand ein Fluch einschlug. Unglaublicherweise aber hatte ich keinen Menschen einen Fluch ausrufen hören. Natürlich gab es ungesagte Flüche – Harry, Ron und Hermione hatten seinerzeit unter Snapes VdK-Regime häufig genug darüber gestöhnt – aber es waren auch keine Schritte von Zauberern zu hören gewesen, die in den Gang gelaufen kamen. Selbstverständlich bestand auch hier die Möglichkeit die Geräusche zu unterdrücken und ich war schließlich in dem Moment mehr auf Zabini denn auf mögliche Angreifer konzentriert gewesen und es war auch nicht auszuschließen, dass sich, wer auch immer der oder die Angreifer waren, bereits im Flur aufgehalten hatte, aber selbst als ich jetzt vorsichtig um die Ecke lugte, konnte ich niemanden ausmachen, der den Fluch auf uns gehetzt haben könnte. „Lass uns abhauen!“, zischte mir da Zabinis ins Ohr und zog mich bereits mit sich die Treppenstufen hinauf. Eine Aktion, bei der meine Beine nur höchst widerwillig gehorchten, aber schließlich wäre es sonst wieder schmerzhaft geworden und nach dem Weg die Treppe hinunter konnte ich gut auf eine Wiederholung die Treppe hinauf verzichten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)