Fanfic-Adventskalender 2012 von Red-Blooded_Angel ================================================================================ Kapitel 1: Letzte Nacht ----------------------- Das Erste, was sie hörte, als sie aus ihrem langen Schlaf erwachte, waren schwerfällige Schritte auf steinigem Boden. Zunächst überraschte es sie, dass ihr nicht sofort klar war, wo genau sie sich befand. Aus einem ihr unbekannten Grund schmerzte ihr Kopf, als hätte jemand mit einem Knüppel darauf eingeschlagen, und ihre Erinnerung an den gestrigen Tag schwand mit der Anstrengung, sie wiederzufinden. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen einen Spalt breit, um ihre Lage genauer bestimmen zu können. Man hatte ihr in der Akademie eingebläut, in solchen Fällen stets auf der Hut zu sein; schließlich könnte man sie auf ihrer letzten Mission betäubt und gefangen genommen haben. Das gleißende Licht zwang sie, ihre Lider wieder zusammenzukneifen. Leider eine von außen nur allzu auffällige Reaktion. „Sakura. Du bist also wach“, tönte eine ihr wohlbekannte, tiefe Stimme durch den Raum. Weitere Schritte, dann spürte sie ein Nachgeben ihrer Matratze zu ihrer Rechten. Sie beschloss, dass sie sich in Sicherheit befinden musste, zumal sie glaubte, ihre einzigartig mintgrün und sonnengelb karierte Tapete entdeckt zu haben, bevor sie geblendet worden war. Langsam richtete sie sich auf und bemerkte dabei, dass ihre Schulterblätter seltsam brannten. Leise stöhnte sie auf, als der Schmerz durch ihren Rücken fuhr. Als sie die Augen öffnete, sah sie in das Gesicht ihres schwarzhaarigen Teamkollegen, der ohne Ausdruck in den dunklen Augen zurückblickte. „Was war gestern los?“, wollte sie verwirrt wissen. Ihr fiel auf, dass ihre Haare schrecklich aussehen mussten. Ihr Gegenüber zog die Mundwinkel ein wenig nach oben. Als ein Lächeln konnte man es noch nicht bezeichnen. „Sag bloß, du erinnerst dich nicht mehr daran. Hast wohl ein bisschen zu viel im Tee gehabt, was?“, erwiderte er und warf ihr einen Packen Kleidung aufs Bett. „Zieh dich an. Wir haben nicht ewig Zeit, auf dich zu warten. Schlimm genug, dass Kakashi dir erlaubt hat, so lange zu schlafen. Wir sind schwer im Verzug. Außerdem ist Naruto ebenfalls noch in den Federn. Ich dachte, du kannst ihn wohl besser zum Aufstehen bewegen als ich“, berichtete er dann monoton. Sie fasste sich an den Kopf, in dem sich alles drehte, und schlug dann ihre Decke zurück, gedankenlos wie meistens. Doch ihr wurde schlagartig bewusst, dass ihre Klamotten nicht unbegründet zusammengelegt auf ihrem Schoß lagen. Die Röte schoß ihr augenblicklich in den immer noch dröhnenden Kopf und das seltene Schmunzeln legte sich nun doch auf die Lippen ihres Teamkollegen, der nicht genug Anstand hatte, um wegzusehen. Verärgert und fluchend schob sie ihn aus ihrem Zimmer, die Decke um den unbekleideten Körper geschlungen. „Verdammt!“, zischte sie, während sie in ihre Klamotten schlüpfte. Ein kurzer prüfender Blick in den manngroßen Spiegel verriet ihr, dass ihre rosafarbenen Haare tatsächlich aussahen, als wären sie schon mehrere Wochen nicht mehr gekämmt oder gewaschen worden, was sie insbesondere wegen des vorangegangenen Vorfalls ärgerte. Eigentlich hätte sie ihn durch diese Aktion mit ihrem durch das zahlreiche und harte Training der letzten Monate durchtrainierten Körper beeindrucken können, aber mit diesen Haaren musste sie aussehen wie eine Vogelscheuche. Nach einem schnellen Durchkämmen steckte sie ihre widerspenstigsten Strähnen mit Klammern nach oben und beeilte sich dann, nach draußen zu kommen, wo Kakashi und Sasuke, der Kerl, der sie geweckt hatte, bereits ungeduldig warteten. „Was ist mit Naruto?“, erkundigte sie sich in der Hoffnung, die gestrigen Eskapaden, die sie offensichtlich durchlebt haben musste, obgleich sie sich derer nicht mehr entsinnen konnte, würden keine weitere Erwähnung finden. Kakashi rückte sein Stirnband etwas weiter nach unten, so dass sein linkes Auge, wie so oft, von diesem bedeckt wurde, und sah sie mit dem freien Auge gelangweilt an. „Wir, also Sasuke und ich, haben uns dazu entschlossen, ihn für diese Mission schlafen zu lassen. Er hat gestern bereits genug Schaden angerichtet.“, erwiderte er dann und schulterte seinen Rucksack. Sakura verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran, was sie wohl durch ihren Blackout alles verpasst hatte. Es war ihr noch nie passiert, dass sie durch zu viel Alkohol ihre Erinnerungen vollständig verloren hatte, weswegen ihr das Ganze auch ein wenig unheimlich vorkam. Schließlich hätte sie in dieser Zeit alles gemacht haben können. „Sie erinnert sich nicht mehr an gestern“, klärte Sasuke seinen Teamleiter ihrer Meinung nach überflüssigerweise auf. Dieser wandte sich leicht genervt an Sakura: „Ninjas sollten allzeit kampfbereit bleiben. Sich so zu betrinken, wie du und Naruto es gestern getan haben, darf einfach nicht vorkommen! Naja, ich denke, du wirst deine Lektion gelernt haben.“ Sie nickte etwas zerknirscht. „Mein Schädel wummert und mein Rücken brennt wie Hölle“, gab sie zu. Sasuke umrundete sie einmal langsam und fragte dann: „An wie viel erinnerst du dich denn noch?“ Verwundert zuckte sie mit den Schultern. Was hatte sie gestern getan? Und weshalb schmerzten ihre Schulterblätter so sehr? Mit einem Anflug von Neugierde antwortete sie ihm, dass sie sich noch kaum auf etwas jenseits des Mittagessens, das sie gemeinsam eingenommen hatten, besinnen konnte. Das war es, was sie am Meisten beunruhigte. Der Zeitraum, von dem sie nicht wusste, was sie getan oder gesagt hatte, war zu lang, als dass sie sich hätte einreden können, dass nichts Gravierendes hätte passiert sein können. „Dann wirst du dich über dein … Andenken an gestern sicher freuen“, bemerkte Kakashi mit einem hörbaren Grinsen, das er hinter seiner schwarzen Maske verbarg. Sakura fuhr zusammen. Das Brennen auf ihrem Rücken war sicher eine Wunde, die sich zu einer Narbe entwickeln würde. Das war es, was er meinte! Jetzt würde Sasuke sie wohl nie hübsch finden, da der einzige Bereich ihres Körpers, mit dem sie zufrieden war, nun verunstaltet und unweiblich wirkte. Wie so häufig, wenn sie etwas Schlechtes über sich erfuhr, mündete ihr zunächst stiller Zorn auf sich selbst in einem Wutausbruch, in dem sie jeder nur erdenklichen Person in ihrem Umfeld die Schuld an ihrem Fehler gab. „Warum hat mich keiner von euch Flaschen gerettet?! Mein Rücken sieht jetzt garantiert genauso scheiße aus wie Narutos Gesicht! Und ihr alle seid Schuld, ihr Ärsche! Einer Minderjährigen Alkohol geben, boah, ich hasse euch alle! ALLE!“, brüllte sie hauptsächlich Kakashi an, wobei sie eine ähnlich elegante Erscheinung wie Rumpelstilzchen war. Als ihr auffiel, dass Sasuke sich ebenfalls angesprochen fühlen könnte, räumte sie ein: „Du nicht. Du hattest ganz bestimmt Besseres zu tun gehabt, Sasuke.“ Dieser stimmte ihr mit einem Nicken zu. Ihr gemeinsamer Lehrer zeigte sich reichlich unbeeindruckt und verpasste ihr einen leichten Klaps auf den schmerzenden Rücken. „Kann ich ja nicht viel für, dass Naruto den Tätowierer niedergeschlagen und ihm diese Nadel gestohlen hat“, kommentierte er dann trocken. Ihr schwante Übles. Keine Narbe. Ein Tattoo. Das war definitiv noch schlimmer als das, was sie zuvor befürchtet hatte. „WAAAAAS?!“, brüllte sie heraus wie eine Verrückte. „OH MEIN GOTT! Was zur Hölle hat dieser Vollidiot in meinen Rücken gestochen? WAS?!“ Mit zunehmender Verzweiflung entwickelte sie erstaunliche Ähnlichkeit mit Hulk. Sasuke ließ ein entnervtes Stöhnen hören und erbarmte sich ihrer. „Wenn du es genau wissen willst…“, murmelte er, während er unverfroren ihr Oberteil nach oben schob. Diese Aktion trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht, obgleich sie seine warmen Hände auf ihrer Haut nicht als allzu unangenehm befand. Während sie sich noch Gedanken darüber machte, ob Sasukes Reaktion ein Ausdruck von Zuneigung war, fuhr der fort: „Hier steht was in schwarz. Ich glaube, es soll N+ S bedeuten. Und außenrum ist so ein… Ding.“ „Das ist ein Herz, du Gefühlskrüppel!“, rief eine durchdringende Stimme aus dem Hintergrund. Es war Naruto, der sich von seinem Lager bequemt hatte und nun sein Werk auf Sakuras Rücken zufrieden begutachtete. In diesem Moment platzte dieser metaphorisch der Schädel. Amüsiert beobachtete Kakashi, wie seine Schülerin Naruto quer über den Platz jagte und ihm dabei verbal und wortwörtlich Dinge an den Kopf warf. „Ich bezweifle, dass wir mit diesen beiden Chaoten hier weiterkommen. Solange sie nicht ein wenig ernsthafter zur Sache gehen, werden wir die Aufträge wohl ohne sie erledigen müssen. Ist auch irgendwie angenehmer so, nicht wahr?“, sagte er dann mit gedämpfter Stimme zu Sasuke. Dieser nickte und erwiderte ebenso leise: „Machen wir es wie gestern Abend?“ „Nicht ganz. Ich werde den Vodka diesmal verdünnen, damit sie sich noch daran erinnern kann. Vielleicht versteht sie ja dann, dass Naruto und sie sich eigentlich ganz gut vertragen. Zumindest, wenn sie betrunken sind.“ „Was für ein Kinderkram. Gehen wir.“ Dieselbe Situation. Sakura kam es wie ein Déjà-vu vor. Mit einem blöden Grinsen im Gesicht stellte Naruto die Flaschen mit der kristallklaren Flüssigkeit auf den Tisch. Die Gläser, halb mit Orangensaft gefüllt, standen bereits vorbereitet dort. Seit ihre beiden anderen Team-Mitglieder ohne sie weitergezogen waren, hatte sie volle fünf Stunden versucht sich davon abzulenken, dass sie offensichtlich genauso nutzlos war wie ihr beschränkter, aber wie sie sich im Laufe dieser Zeit hatte eingestehen müssen ganz unterhaltsamer Teamkollege. Letztendlich war sein Vorschlag, sie könnten doch die letzten Reserven aus dem Getränkeregal nutzen, um sich einen „geilen Abend“ zu machen. So sehr es sie auch frustrierte, hatte sie tatsächlich keinen besseren Gegenvorschlag gehabt und ihm deshalb zugestimmt. „Echt cool, dass du das machst!“, sagte Naruto in gewohnt fröhlichem Ton und drückte ihr das mittlerweile ganz befüllte Glas in die Hand. Sie seufzte laut und trank. „Weshalb hast du mich eigentlich tätowiert?“ Diese Frage brannte ihr schon seit ihrem unsanften Erwachen auf der Zunge. Mittlerweile war ihre Wut längst abgeklungen und sie versuchte langsam, sich zumindest vorübergehend mit der Situation zu arrangieren. Natürlich hoffte sie inständig, das Tattoo könne narbenfrei von ihrer Haut entfernt werden. Naruto sah von seinem Getränk auf und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Na ja… Du hast halt gesagt, dass du eins willst… Ganz romantisch und so…“, erwiderte er dann stotternd. Sakura musste sich stark beherrschen ihm nicht den Inhalt ihres Gaumens ins Gesicht zu spucken. „Das willst du doch jetzt nicht ernsthaft behaupten?! ICH?! Was für ein Blödsinn!!! Warum sollte ich so einen Müll für immer auf meinem Rücken stehen haben?“ „…Weiß nicht“, lautete Narutos hilfreicher Kommentar. Erneutes Seufzen. Sie hob das Glas an und trank es in einem Zug aus. „Nachschub!“, forderte sie dann, in einer Welle der Frustration und des Selbstmitleids schwimmend. Eigentlich war es ihr egal, ob es ihre eigene Schuld war oder nicht, dass „N+S“ jetzt auf ihrem Rücken stand. So schlimm war das vielleicht überhaupt nicht. Wer weiß denn schon, ob Naruto nicht doch zu ihrem Traummann werden würde. Einige Drinks später lagen sie beide gemeinsam auf der Couch. „Hey, Sakura!“, lallte er. Sie drehte sich zu ihm. „Lass uns heiraten, noch heute Nacht!“, schlug er vor und setzte sich auf. Sie hob eine Augenbraue an. Dann umarmte sie ihn von hinten. „Okay. Machen wir’s!“, erwiderte sie volltrunken. Es war ganz bestimmt kein Fehler. Sie würde es ganz bestimmt nicht bereuen. Niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)