Fire von Earu (... in a world of Black Hearts & Dollar Signs) ================================================================================ Prolog: Toy Boy --------------- „Kriegt man hier auch nochmal was zu trinken?“, rief ich dem Barkeeper zu und trommelte genervt mit den Fingern auf dem Tresen herum. Ich hatte mich zwar erst vor einer Minute auf den Hocker gesetzt, aber das war mir im Moment egal – ich brauchte jetzt unbedingt etwas Hochprozentiges. „Immer mit der Ruhe“, kam es jedoch nur von dem Kerl zurück, während er mit einer Engelsgeduld einen Drink fertig machte und ihn mit einem seiner Meinung nach wohl verführerischen Lächeln der Dame direkt vor sich servierte. Na ja, er war nicht von schlechten Eltern, das musste man ihm lassen: hohe Wangenknochen, volle Lippen, dunkle, kurz und fransig geschnittene Haare, ein (soweit ich es von hier erkennen konnte) ziemlich netter Hintern und muskulöse Arme, die durch die kurzen Ärmel seines engen Shirts gut zu sehen waren. Auch sonst musste er ziemlich durchtrainiert sein, denn die Weste mit der eingestickten 24/7 (Twenty-Four Seven – der Name der Bar) lag bei ihm ebenfalls eng an und offenbarte eine schlanke Taille. Wenn er nicht hinter der Bar arbeiten würde, sondern ich ihn auf irgendeiner Party im gehobenen Kreise getroffen hätte (a.k.a. er gut betucht wäre), würde ich vielleicht sogar versuchen, ihn an Land zu ziehen. Aber so war er eben nur ein überdurchschnittlich gutaussehender Japaner, mehr nicht. Meine Begeisterung für sein Äußeres war so schnell verflogen wie es gekommen war. Die Dame an der Bar jedenfalls lachte amüsiert auf und erntete noch ein Zwinkern von ihm, ehe der Kerl seinen Arsch endlich zu mir hinüber schwang. Und mit sich brachte er eine Wolke aus Parfum. „Hallo!“, begrüßte er mich überschwänglich und sah mich aus seinen hellblauen Augen (er trug offensichtlich Kontaktlinsen) an. „Was darf's denn sein?“ „Wird ja auch Zeit“, grummelte ich zurück, nichts von seiner Art haltend – zumindest im Moment nicht, „Wodka, doppelt.“ „Da scheint jemandem aber eine Laus über die Leber gelaufen zu sein“, meinte er und verzog kurz die Lippen, tat währenddessen aber wenigstens seine Arbeit. Ich antwortete ihm auch nicht, sondern wartete darauf, dass er mir meinen doppelten Wodka brachte, den ich direkt mit einem Zug lehrte. „Wow!“, kommentierte der Kerl dazu. „Wer oder was oder ob mir da überhaupt was über die Leber gelaufen ist, geht dich einen feuchten Dreck an. Noch einen.“ Allerdings schien ihn mein Ton immer noch nicht zu stören, er blieb jedenfalls die Ruhe in Person: „Dir ist schon klar, dass es nicht besser wird, wenn du den Kerl beleidigst, der dir die Drinks servieren soll? Ich kann dich auch vor die Tür setzen lassen.“ „Das will ich sehen!“, entgegnete ich darauf, „die schmeißen mich nicht raus, ich zahle zu gut.“ „Ah, ein Neureicher also.“ „Nein, einfach nur gute Connections. Und jetzt gib mir meinen Wodka!“ „Ist ja gut, ist ja gut“, versuchte er mich zu beschwichtigen, die Hände abwehrend vor sich haltend, ehe er sich abermals meiner Bestellung widmete. So sollte das sein! Und hoffentlich hatte er es jetzt kapiert und gab Ruhe. Das jedoch wurde mir nicht vergönnt: „Ich hab dich hier noch nie gesehen. Wie heißt du?“ „Herrgott nochmal. Wozu interessiert dich das?“ „Weil ich das mit meinen Gästen so mache. Ich bin Gackt.“ Dann hielt er mir die offene Hand hin, wie bei einer Begrüßung oder einem Handschlag. An seinem hing ein ziemlich billig aussehendes Lederarmband, an dem eine Art Münze mit einem Loch in der Mitte hing. Es war keine japanische Münze, das konnte ich aufgrund der Musterung erkennen. Nicht, dass es wichtig gewesen wäre – es zeigte nur, dass er genau das war, wofür ich ihn hielt: ein Niemand, der nichts hatte. „Ohhh~ na, wenn das so ist! Freut mich, dich kennenzulernen, Gackt.“ Ich nahm seine Hand und schüttelte sie heftig. „Ich bin der Kaiser von China!“ Sein Gesichtsausdruck war schon fast irgendwie niedlich: Wie er sich erst gefreut hatte, dass ich mich scheinbar endlich auf ein Gespräch mit ihm einließ, nur um dann bitter enttäuscht zu werden, als ich den Jux auflöste und seine Hand sofort wieder losließ. Doch er fing sich schnell wieder. „Ich möchte wirklich wissen, was dir passiert ist, dass du so schlechte Laune hast.“ „Und ich möchte wirklich wissen, was bei dir nicht ganz rund läuft, dass du mir so auf den Sack gehst.“ Gackt überging diese Bemerkung jedoch einfach. Der Kerl schien echt gegen alles immun zu sein! Er begann doch tatsächlich, selbst Vermutungen anzustellen: „Geldprobleme können es nicht sein, sonst wärst du erst gar nicht hier. Es ist kurz nach zehn, also kannst weder müde, noch gerade mit dem falschen Fuß aufgestanden sein. Vielleicht Stress in der Beziehung?“ Wohl etwas zu hart knallte ich das eben gelehrte Wodkaglas auf den Tresen. Scheiße, Volltreffer. „Volltreffer!“, triumphierte mein Gegenüber und stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tresen ab. „Falls du jemanden zum Reden brauchst: Ich bin ein guter Zuhörer, du kannst mir also dein Herz ausschütten.“ „Sag mal, kannst oder willst du es nicht kapieren? Ich will nicht mit dir reden. Keinen Smalltalk und erst recht keinen privaten Kram. Verzieh dich einfach und bedien jemand anderen, du armseliger Saftmischer! Ist mir scheißegal, aber lass mich verdammt nochmal in-“ „Hyde, da bist du ja!“ Oh nein, nicht doch! Ich zuckte kurz zusammen und dann drehte langsam den Kopf in die Richtung, aus man mich gerufen hatte. „Ta-taishin, was machst du denn schon hier?“, fragte ich sofort gespielt freudig, „ich dachte, wir sehen uns erst gegen elf?“ „Nein, wir hatten zehn ausgemacht“, erwiderte der ältere Herr, als er sich neben mich an die Bar gesetzt hatte, „ich warte schon seit einer Weile in unserem Privatzimmer auf dich. Aber da du jetzt hier bist, können wir ja keine Zeit verlieren und gehen.“ „Hm, also …“ Gott, das passte mir jetzt so gar nicht. Ich hatte gedacht, dass ich noch fast eine Stunde Ruhe vor ihm hätte. Ich setzte daher meine beste Unschuldsmiene auf und versuchte mich, aus dem Dilemma herauszumanövrieren. Und meine Ausrede stand direkt vor mir: „Also, das ist gerade sehr schlecht, Taishin. Darf ich dir Gackt vorstellen? Er ist ein Freund von mir und ich hatte ihm versprochen, dass ich ihn heute besuchen komme, weil wir uns schon lange nicht mehr gesehen haben. Ich bin auch gerade erst hier angekommen. Du verstehst du doch, dass ich hier noch nicht weg kann, oder?“ „Nur ein Freund?“, war das Erste, was Taishin wissen wollte. „Ja, wir sind zusammen zur Schule gegangen. Nicht wahr … Gacchan?“ Ich sah meinen Gegenüber so unauffällig wie möglich und dabei doch eindringlich an. Bitte, bitte versau mir das nicht!, sollte mein Blick sagen. Und Gott sei Dank stieg der Kerl darauf ein, nickte und bestätigte meine Lüge lächelnd. „Also, wenn das so ist“, meinte Taishin glücklicherweise darauf, ebenfalls nickend, „lass dir nur Zeit, Hyde. Ich kann auch noch etwas länger warten, schließlich bin ich erst gestern in den Genuss deiner Gegenwart gekommen. Aber es wäre schön, wenn du dich später doch noch bei mir blicken lässt. Ruf einfach vorher an, okay?“ „Uhm, ja … Du bist wirklich ein Schatz, Taishin“, säuselte ich zuckersüß und fiel ihm gespielt überschwänglich um den Hals. Als mein Gesicht jedoch aus seinem Blickfeld verschwunden war, verzog ich die Miene merklich, bis er Anstalten machte, sich wieder von mir zu lösen. Schnell setzte ich wieder eine strahlende Miene auf. „Für dich würde ich doch alles tun, mein Süßer“, sagte er und streichelte mir kurz über die Wange. „Oh, das brauchst du aber gar nicht! Du weißt doch, dass ich das gar nicht mag.“ „Sei nicht albern, ich kenne dich schließlich! Also, amüsiert euch noch gut und bis später“, verabschiedete er sich, griff nach seiner Geldbörse und legte ein paar Scheine vor mir auf den Tresen. „das sollte reichen.“ „Danke dir!“ Danach verzog er sich zum Glück, verließ die Bar und machte sich in Richtung der Privaträume auf. Ich sah ihm noch etwas nach, ehe ich mich wieder umdrehte, die Augen schloss und mir die Fingerspitzen gegen die Schläfen drückte. Gott, wie ich dieses Theater manchmal hasste! Und es wurde nicht besser, als sich Gackt wieder zu Wort meldete: „So so, Hyde heißt du also.“ Ich grummelte abermals. Wenigstens konnte es nach dieser Szene nicht mehr schlimmer werden. Ich ließ mich sogar zu einer halbwegs vernünftigen Antwort herab: „Ja und nein. Ist ein Spitzname für Leute wie Taishin, dich und fast den ganzen Rest der Welt.“ „Und wie ist dein richtiger Name?“ „Hab ich nicht eben gesagt, dass der Name für dich ausreichen muss? Frag einfach nicht weiter nach. Bitte!“ So weit war es schon gekommen, ich flehte einen völlig Fremden an, etwas für mich zu tun. Ich verlangte so etwas für gewöhnlich nicht von anderen, ich würde so etwas für andere ja auch nicht tun. Aber heute … befand ich mich in einer Zwickmühle. Schließlich war dieser Gackt hier der Barkeeper, er war Teil meiner kleinen Lüge gewesen und darüber hinaus konnte er jederzeit einen Abstecher in die Privaträume machen und mich vor Taishin auffliegen lassen. Wenn ich Glück hatte, war der Kerl ein Gutmensch der Sorte, die nicht die geringsten Unanständigkeiten machten. Hatte ich diesmal jedoch nicht. „Schuldig bist du mir trotzdem was, das weißt du doch, oder?“, fragte er in einem herausfordernden Tonfall, während er mir noch einen dritten Wodka vor die Nase stellte. „Ja, weiß ich“, entgegnete ich, mich nicht gerade über diese Tatsache freuend. „Also, was willst du? „Wenn du mir schon so kommst-“ „Aber lass dir bloß nicht einfallen, persönlich zu werden“, warnte ich. „Keine Sorge, das hatte ich nicht vor“, beruhigte Gackt mich, „was ich wissen will, ist gerade im Hinterzimmer verschwunden.“ Ich schnaubte. War mir ja klar gewesen, dass er gleich damit anfangen würde. Aber er hatte Recht: Es war absolut nichts allzu Persönliches. „Schieß los.“ „Dieser Herr scheint zu denken, dass ihr zusammen seid, aber du siehst das – deiner schlechten Laune nach zu urteilen – offensichtlich anders. Was steckt dahinter?“ „Nichts weiter als das, was du gesehen hast. Er denkt, dass ich ihn liebe, und liegt damit kräftig daneben. Ich hatte bisher nur keine Lust, ihn abzuschießen, auch wenn er von Zeit zu Zeit gehörig nervt. 'Hyde, Süßer, wann hast du wieder Zeit für mich? Ich sehne mich so nach dir und deinem süßen Gesichtchen.' Blah blah blah, bis es einem hochkommt.“ „Und er macht es einfach so mit, wenn du ihn … ausnimmst“, sein Blick wanderte kurz hinunter zu dem wahren Haufen an Geld, das noch immer zwischen uns lag, und dann wieder zu meinem Gesicht hinauf, „und ihn sonst abschiebst?“ Ich lachte auf. „Natürlich nicht. Er liebt es, sich mit mir zu schmücken, und Bedürfnisse hat er schließlich auch. Genau wie ich – nur dass meine Interessen da ein wenig anders liegen“, stellte ich klar und nahm einen Schluck meines Drinks. „Also prostituierst du dich?“ Ich spuckte den Wodka, den ich gerade im Mund hatte, sofort in den Kübel der Zimmerpalme neben mir. „Hast du sie nicht mehr alle?!“, rief ich ehrlich empört. „Ich bin 28 und sehe verdammt gut aus; nach einem Kerlchen wie mir lecken sich Männer wie Frauen die Finger! Ich kann mir die Leute, mit denen ich schlafe, aussuchen. Wenn schon, denn schon!“ „Hast du wenigstens Spaß dran?“ „Es geht. Ohne Fleiß kein Preis.“ „Also prostituierst du dich doch“, schloss er wohl aus meinen Worten. „Ich krieg langsam das Gefühl, dass du heute Abend unbedingt noch eins aufs Maul haben willst, du armseliger Saftmischer.“ „Das traust du dich sowieso nicht.“ „Ach?“ Ich stand ein Stück auf, lehnte mich über den Tresen und lächelte ihn an. Gackt würde schon sehen, was er davon hatte. Der Kerl würde mich noch kennenlernen! Und das würde er wirklich … ~~~ ++ * ++ ~~~ Was soll ich sagen. Das hier ist also mein neuestes Unikum, an dem ich jetzt über ein Jahr lang rumgeschrieben und -korrigiert hab. In der Zwischenzeit hat sich so viel an dem ursprünglichen Konzept geändert, dass ich gar nicht mehr weiß, wie die Fic eigentlich mal aussehen sollte. Angefangen hat es auf alle Fälle mit einem Ashton Kutscher-Film namens Toy Boy, dem "Also prostituierst du dich?"-Dialog aus dem Prolog und einer langen Nacht im August 2011, in der sich bestimmt 5 Seiten wie von allein zusammenschrieben. Und dann wurde es immer länger und länger x3 Ich hoffe, dass es euch gefällt - wenn ja, dann sagt es mir; wenn nicht, dann natürlich auch ;3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)