After Crisis von Miceyla (Final Fantasy 7) ================================================================================ Kapitel 20: Ein eiserner Wille ------------------------------ Mit großen Sprüngen setzte Miceyla über die Pfützen hinweg, dessen Wasseroberfläche im Zwielicht der Nacht schimmerte. Unangenehm klebte die Uniform an ihrer Haut, während sie nur noch wenige Straßen vom World Soldier- Gebäude trennten. Viel zu lange hatte sie sich bei Vincent aufgehalten, als Buße dafür wurde ihre Nachtruhe um einige Stunden verkürzt. Morgen erwartete sie bestimmt eine neue Mission. Doch das kümmerte sie überhaupt nicht, dass harte Training der letzten Wochen zahlte sich aus, denn ihre Ausdauer war um ein Vielfaches angestiegen. Auf einmal bemerkte Miceyla, wie der Regen aus einer engen Seitenstraße, Blut über die Bordsteinkante schwemmte. Kurz anhaltend, warf sie einen Blick dort hinein. Da nichts zu erkennen war, folgte sie dem Blutstrom tiefer in die Gasse, mit vor Anspannung geballten Fäusten. Sie war gefasst auf jedes Übel und sah plötzlich die Umrisse, einer am Boden liegenden Gestalt. Vor Entsetzen bekam sie einen Kloß im Hals. Nein, mit allem hatte sie gerechnet, jedoch nicht einen gnadenlos hingerichteten Ayko, in der verstecktesten Straße von Kalm anzutreffen. „Ayko!“, schrie Miceyla panisch und schlitterte über den mit seichtem Regenwasser bedeckten Boden zu ihm. „Was ist nur passiert?“, fragte sie ahnungslos. Es war fraglich, ob er sie hören konnte. Zum einen war er nämlich unverkennbar bewusstlos, zum anderen fühlte sie einen nur sehr schwachen Puls bei ihm. 'Wir hätten gemeinsam zurückgehen müssen! Ich und meine Alleingänge!', gab sie sich die Schuld hierfür. Jede Nachsicht half aber nichts, mit Situationen wie diesen, musste sie in ihrem Soldatenleben tagtäglich rechnen. 'Tief durchatmen! Versuche Ruhe zu bewahren! Du musst schnellstmöglich handeln und eine Lösung finden!' In sich gehend, machte sie der Panik erst gar keine Chance und untersuchte vorsichtig Ayko’s Wunden. Trieben Hulax jetzt etwa schon nachts, in kleinen Gassen der Städte ihr Unwesen? Ihr Amulett verriet nichts, außerdem sahen die Verletzungen ganz anders aus. Viel eher war hier jemand mit einem Schwert am Werk gewesen. „Ich werde dich retten Ayko! Dir verdankte ich an jenem Tag mein Leben, dass gleiche bin ich nun bereit für dich zu tun! Das schwöre ich dir!“, kündigte sie aufrichtig an. Und als Besiegelung für ihren Schwur, tippte sie mit Zeige- und Mittelfinger in Ayko’s Blut und strich sich damit über ihre Stirn. Doch wie lautete der logischste Handlungsweg? Es war keine gute Idee, sich mit Ayko den Rest des Weges, bis zum Lazarett von World Soldier zu schleppen. Er durfte unter gar keinen Umständen viel bewegt werden, zuerst einmal musste man seine Blutung stillen. Sie hatte damals einfach nur Glück gehabt, aber bei ihm fand sie das Risiko zu hoch, falsche Unternehmungen anzuwenden. Mit ihren Heilkräften versuchte sie, seinen körperlichen Verfassungszustand stabil zu halten. Damit verschaffte Miceyla sich Zeit zum Nachdenken. „Natürlich, dass ist es!“ Nach ihrem grandiosen Gedankenblitz, zückte sie ihr Handy und ratterte alle Nummern durch bis sie die von Reno fand und wählte diese. Von Sekunde auf Sekunde schlug ihr das Herz schneller und betete, dass er endlich dranging. Reno wäre mit seinem Helikopter der Schlüssel dafür, Ayko ohne jegliche Anstrengungen und ohne kostbare Zeit zu verlieren, in ärztliche Behandlung bringen zu können. Die einzige Hoffnung blieb, dass er auch in der Nähe war. „Äh, was? Miceyla? Ich halte wirklich immer gerne ein Schwätzchen mit dir, aber haste mal auf die Uhr geguckt? Mein Handy ist nachts nur…“, brummte Reno schläfrig. Rasch schnitt sie ihm das Wort ab, um gleich zur Sache zu kommen. „Reno! Du musst mir helfen, ein Kamerad von mir liegt im Sterben, er braucht einen Arzt! Ich bin in Kalm, komm und…“ Während ihren ganzen Informationen, vergaß sie völlig das Atmen. „Reno, hast du mich gehört?“, rief Miceyla nach ihm, als nicht direkt eine Antwort folgte. „Das ist kein Scherz, oder? So eine zitternde, ernste Stimme habe ich bei dir noch nie gehört. Ein Rettungseinsatz um Leben und Tod also… Ich bin schon unterwegs. Sag mir, wo genau ihr euch befindet, Kalm ist recht groß geworden. Je mehr ich weiß, umso besser finde ich euch auch mit dem Helikopter!“ Reno klang jetzt hellwach, die Schläfrigkeit war wie weggeweht Sie bemühte sich darum, ihm eine exakte Analyse ihres Standpunktes kundzugeben, wobei sie im Hintergrund eine Tür zufallen hörte. Er eilte wahrhaftig hinaus und nahm ihre Lage ernst. Miceyla legte auf und konnte guten Gewissens warten. In solch einer Situation erkannte man Reno nicht wieder, er verwandelte sich. Seine herumalbernden Charakterzüge legte er ab und war mit Leib und Seele bei jedem brenzligen Einsatz dabei. Es gehörte ja auch irgendwie zu seinem Job. Und den machte er grandios. „Halte durch Ayko! Hilfe ist unterwegs!“ 'Auf Reno ist Verlass, ganz sicher!' Ihr innerlicher Wirbelsturm beruhigte sich allmählich wieder und bot die Möglichkeit, mal zu grübeln, wer diese Tat eigentlich begangen haben könnte. Kein Hinweis, keine hilfreiche Vermutung fiel ihr ein. 'Wem hast du dich nur entgegengestellt, Ayko?' Eine Frage, dessen Antwort noch im undurchsichtigen Nebel verborgen lag. Langsam aber sicher, nahm der Regen ab und das Unwetter zog weiter. Die unerschütterlichen Donner verklungen nach und nach in der Ferne. Dicke Wassertropfen fielen von ihren Haaren hinab, die ebenso durchnässt waren, wie ihr gesamter Körper. Still neben Ayko kniend, hielt Miceyla seine Hand. Es wäre ein schieres Wunder, wenn sie sich keine Erkältung einfangen würde. Doch jemand mit Ehre, stellt das Leben seiner Kameraden und Freunde, übers seine eigene Gesundheit. Nie hätte sie vorgehabt einen Helden zu spielen, sie wollte einfach nur auf ihr Herz hören und für Ayko da sein. Laute ratternde Geräusche, schüttelten sie wieder von der Gedankenwelt fern. Reno war nicht mehr weit entfernt! Hinauf schauend kniff sie die Augen zusammen, als helles Scheinwerferlicht die Umgebung erstrahlte. Blind wedelte sie mit dem Arm. „Hier! Hier unten sind wir Reno!“, rief Miceyla sich zu erkennen. Der Helikopter landete auf dem nächstgelegenen flachen Hausdach. Anschließend kam Reno mit einem Seil, an der Hauswand hinab gesprungen. Jedoch rutschte er durch die Nässe ab und landete unbeholfen, mit einem großen Platschen in einer Pfütze. Welch ein typisches Auftreten für ihn. Fast wäre in ihr ein Lachen hervorgerollt. 'Die Lage ist zu ernst! Wie kannst du dich da nur aufheitern lassen?' , ermahnte sie sich streng. Ärgerlich schnaubend stand Reno auf. „Du bist jetzt beinahe so nass wie ich… Aber du hast es geschafft herzukommen, mein Dank für dich ist gewaltig!“, sprach sie ehrlich. „Na was denkst du denn! Auch wenn ihr Soldaten mir manchmal echt auf die Nerven geht, wir werden uns immer gegenseitig helfen. Sonst stehen wir uns selbst und der Zukunft in dem Weg. Sogar ich habe das begriffen. Und…ahhh!“ Reno brach ab, er sah nämlich den bewusstlosen Ayko. „Meine Güte! Hat der Junge da etwa sein gesamtes Blut verloren? Noch nie habe ich einen solch blutgetränkten Boden gesehen. Miceyla…ich bezweifle ob wir…“ „Nein! Sprich es nicht aus!“, hielt sie seine darauf folgenden Worte zurück, sie wollte dies gar nicht erst hören. Durch das sonnenhelle Licht des Helikopters, musste es hier wohl nun nach einer Foltertat aussehen. Deshalb sah sie nur in Renos zweifelnde Miene, die ihr verriet, dass er nicht an Aykos Rettung glaubte. „Genau wie ich, ist er ein Soldat von World Soldier. Keiner kann sich vorstellen, was er schon für einen psychischen Schmerz durchleben musste. Das kommt mir sehr nahe… Und deshalb hat er ein unglaubliches Durchhaltevermögen. Ayko wird es schaffen, ich glaube fest daran! Er wird seinen Traum leben, ich werde nicht zulassen, dass ein Schicksal einem alles kaputt macht!“, beharrte sie mit der vollen Kraft ihres Willens. Das erschreckte Reno beinahe. Im Augenblick kannte Miceyla keine Gnade. Jeder den er fragte, würde bestätigen, dass der junge Soldat sein Leben gelebt hatte. Dennoch blickte sie über das Unmögliche hinaus. Beeindruckt ließ Reno, zumindest teilweise an ihrer Entschlossenheit teilhaben. „Ich stelle mich dem nicht entgegen! Ihr Soldatenvolk seid echt eine hartgesottene Legende für sich… Und es gibt da einen ehemaligen `Helden`, dessen unermesslich, ehrenhaften Tatendrang ich in dir wieder erkenne. Genug der herzergreifenden Reden! Ich trage ihn jetzt zum Helikopter, World Soldier ist einen Katzensprung von hier entfernt. Sei dir bewusst, dass dort die ärztliche Macht über sein Leben entscheidet. Brechen wir auf! ...Und ich hoffe, dass du von selbst aufstehen kannst." Reno wartete auf keine von ihrer Seite aus kommende Reaktion und hob Ayko sachte mit zusammenbeißenden Zähnen hoch. Er schluckte, bei der Berührung von kaltem Blut. Schlotternd trennte Miceyla sich von dem blutübergossenem Boden und sah Reno nach, wie er Richtung Helikopter eilte. Einfach nur dastehend. „Eines musst du wissen, Freunde wie du sind es, die meinen Optimismus aufrechterhalten. Sonst wäre ich längst in Trauer untergegangen…“ Er war bereits am Helikopter angekommen und hörte sie nicht mehr. Letztendlich musterten ihre Augen doch mal, den hell beleuchteten Straßenboden. Da sah sie etwas auf einer Pfütze schwimmen, lang und pechschwarz war es. Das Blut vollkommen ignorierend, fixierte sie wie gebannt das schwarze Etwas. Miceyla streckte eine Hand danach aus, eine Feder also… Ein Zeichen war gekommen, welches die Tat auflöste. Frustriert wollte sie aber einfach nur darüber hinwegsehen. 'Bestimmt ist es nur eine Vogelfeder… Es gibt doch auch Vögel hier…' Ein sinnloser Gedanke. Obwohl die nasse Feder leicht war, schien die Last der Wahrheit ihre Hand zu zerdrücken. 'Nein…warum…ist jetzt erneut der Verräter in dir erwacht?' Ihre Tränen trafen mit Blut und Regen zusammen. Die Feder fest in der Hand gepresst, sah sie hinauf in den Himmel. „Genesis! Sag, warum hast du das getan?“ Ihr Schrei glitt durch die Nacht, dessen Morgen bald hereinbrechen würde. Der turbulente Wirbelsturm kehrte in Miceyla zurück, angesammelt von allerlei Emotionen. Es gesellte sich nun das Gefühl des Zornes, hintergangen worden zu sein hinzu. „Hey Miceyla! Willst du hier übernachten? Wenn du nicht gleich kommst, musst du eben zu Fuß gehen! Ich fliege jetzt los…“, drängte Reno energisch. Sie ließ die Feder ohne weitere Beachtung hinabschweben und sauste mit wenigen Sprüngen die Hauswand hinauf. Dort oben begangen sich schon die Propeller des Helikopters zu drehen. 'Traurig, dass es so weit gekommen ist. Du hast mir deinen rebellischen Willen gezeigt, nun werde ich dir `meinen` demonstrieren…' Mit diesem Gedanken konnte sie gerade noch rechtzeitig den Helikopter betreten, bevor Reno abhob. Ayko lag auf einer Notfallstrage. Nach der Vergewisserung, dass seine Atmung noch aktiv war, setzte sie sich in das Cockpit neben Reno. „Es gibt eine Planänderung, Ayko darf unter gar keinen Umständen nach World Soldier zurück. Flieg nach Edge, in das Krankenhaus“, gab sie trocken ihren Befehl kund. „Hä? Muss ich das jetzt verstehen? Was soll’s, ich will mal so sentimental sein und auf dich hören. Der Weg ist weiter, hoffen wir mal, dass der Junge so stark ist, wie du ihn beschrieben hast. Verspreche dir aber keine Wunder!“ Normalerweise setzte Reno immer seinen eigenen Willen durch, nun handelte er ungewohnt rücksichtsvoll. Während des Fluges schwieg Miceyla. Mit trüben Augen sah sie hinaus in die Ferne, wie erstarrt. 'Was geht bloß in dir vor? Wo sind die Zeiten hin, in denen wir noch herumscherzen konnten? Ok, die Lage ist gerade nicht passend dafür. Trotzdem, diese Miceyla erkenne ich nicht wieder. Diese Veränderung ist eingetreten, seit sie ihr Soldatenleben begonnen hatte. Und Tag für Tag nimmt es zu…', dachte Reno über die junge Soldatin nach. Unbewusst fing er schleichend ein Gespräch mit ihr an. „Weißt du, ich will ja wirklich nicht unverschämt nachhaken… Interessieren würde es mich dennoch, wer so eine Prügeltat begeht. Wenn du mich fragst, derjenige hat doch selber eine ordentliche Abreibung verdient! Hach… Ausnahmsweise werden sich da mal nicht die Turks einmischen. Ich habe das merkwürdige Gefühl, ich sollte das besser dir überlassen. Hab ich da nicht Recht?“, stellte er für sie sicher. Von Miceyla kam keine Antwort, nur ihr Blick verfinsterte sich zu einem düsteren Funkeln. Er versuchte weiterhin ihre momentane Verschlossenheit zu durchdringen. „Ein Soldat hat es nicht gerade leicht, oder? Ich meine immer diese Kämpferei, eine riskante Mission nach der nächsten. Da haben sogar wir Turks ein niedrigeres Niveau. Würdest du für Rufus arbeiten, könntest du privilegierter leben. Ich sehe es vor mir: Du, die zukünftige Vizepräsidentin! Aber nein, lieber mit Schwert und Uniform, auf dem Schlachtfeld seine Hände mit Blut beschmutzen! Ts, ts!“ Sein Gerede hatte etwas Neckendes und obwohl es nicht die Absicht war, sie damit zu provozieren, geschah genau das. „Kannst du endlich mal mit dem nervigen Geplapper aufhören? Wie soll ich da in Ruhe nachdenken können? Ja, es ist nicht einfach den Weg einer Kriegerin zu folgen. Man wird unermesslich mit Schmerz und Tod konfrontiert, jedoch beschert das einem viel Widerstandskraft. Das heißt aber nicht, dass man dadurch zu einem blutsüchtigen Mörder mutieren muss. Wir müssen uns die Ehre freikämpfen. Die Ehre und den Respekt, beides hegen wir auch dem Gegner gegenüber. Nichts bereue ich. Dies ist das Leben, in dem ich am besten aufgehe. Ich lasse das Schicksal nicht über mein Leben entscheiden, ich bestimme es selbst! Außerdem sehe ich es als meine Pflicht an, die `SOLDAT- Ehre` aufrecht zu erhalten und mich von meinen Träumen leiten zu lassen. Genau wie `er` es getan hatte. Ein Vermächtnis vergeht niemals, es besteht über etliche Generationen. Das wirst `du` nie verstehen. Und ich höre mir nicht mit an, wie du uns Soldaten so lächerlich machst! Sei also still!“, trieb Miceyla ihn zur Reue seiner Worte. „Yo, yo! Beruhige dich mal wieder, ich will hier niemanden fertig machen!“ So eine Reizbarkeit hatte Reno nicht von ihr erwartet und verlor vor Schreck kurz die Kontrolle über die Steuerung. Der Helikopter machte einen kleinen Schwenker und sie hielten sich fest, um nicht nach hinten geschleudert zu werden. Als Reno die Lage in den Griff bekam, sah sie bange nach Ayko. Glücklicherweise war die Trage gut am Boden befestigt und er blieb unversehrt liegen wo er war. Nun bemerkte sie ihre krampfhafte Verzweiflung und wie besessen sie doch geklungen haben musste. Ehe sie alles noch schlimmer machte, kühlte sich die Flamme ihres stählernen Willens wieder ab. „Bitte verzeih Reno. Ich weiß gerade einfach nicht…was ich tun soll“, entschuldigte sie ruhig ihr Verhalten, wobei Tränen auf ihre Hände tropften. „He, ist doch schon vergessen! Du bist eine großartige Soldatin, dass musst du nicht unter Beweis stellen. Weiterhin wirst du auch immer richtig handeln, mache dir darüber keine Gedanken! Jetzt retten wir aber erst einmal deinen Freund hier. Er braucht dich, also Kopf hoch!“, munterte Reno sie wieder einigermaßen auf. „Recht hast du. Danke!“ Miceyla sah bereits in der Ferne die große Stadt Edge. Die Morgendämmerung legte einen rötlichen Schleier über die vielen Häuser, im Hintergrund Midgar’s Ruinen. Sie nahmen den Landeplatz vor dem Krankenhaus in Anspruch. Sobald sie dort abgesetzt hatten, sprang sie auf und postierte sich am vorderen Teil der Trage. „Los geht’s, bringen wir Ayko direkt in die Notfallsaufnahme!“ Noch bevor sie diese Bereitschaft fertig aussprach, fand sie Reno ihr gegenüber, am Ende der Trage stehend. „Yo. Seine Zeit ist rar…“ Beide hoben ihn an, trugen ihn aus dem Helikopter hinaus und eilten mehr oder weniger schnell, zum hell bestrahlten Haupteingang des Krankenhauses. So weit es ihr `zerbrechlicher Transport` erlaubte… An der Rezeption war niemand vorzufinden, bei dem sie sich melden konnten. „Klasse organisiert ist der Laden hier!“, spottete sie. Ihr Geduldsfaden war dem Zerreißen nahe. „Nur keine Aufregung, wir finden schon jemanden!“, meinte er daraufhin wie die Ruhe selbst. Sie schlugen das Abteil mit der Intensivstation ein und hätten beinahe eine Krankenschwester über den Haufen gerannt. „Oh! Ein neuer Patient! Folgen Sie mir bitte!“ Miceyla und Reno sahen sich an, beide nickten. Wenigstens eine Person die zu gebrauchen war, ohne viel Gefrage. Die weiß gekleidete junge Frau stürmte voraus und hielt den Aufzug auf, dann fuhren sie hinauf. In einem der oberen Stockwerke hielten sie an, wo die Arzthelferin an einer riesigen, schweren Eisentür klopfte. Miceylas Arme bekamen langsam einen Krampf, wegen der Last. Aber nun fühlte sie sich erleichtert, ihr Ziel war nämlich hiermit erreicht. „Doktor, Doktor! Wir haben einen neu eingetroffenen Patienten! Bewusstlos und sehr wahrscheinlich mit schweren innerlichen Blutungen!“, schilderte die Frau sachlich. Gut erkannt, dachte Miceyla während sie sprach. An ihrer ruhigen Ausstrahlung merkte man, wie sich das auch für ärztliches Personal gehörte, dass sie schon häufig mit allerlei Schicksalsschlägen konfrontiert worden war. „Bereits so früh?... Das sieht nicht gut aus…“ Einen Spalt weit wurde die Tür geöffnet und ein älterer Mann mit grauem Haar lugte hervor. Dunkle Augenringe verrieten, dass er hart arbeitete. Dies musste der `Doktor` sein. „Los ihr beiden, tragt ihn herein!“, forderte er und machte dabei schon eine Diagnose. „Der junge Soldat hier hat einen angeschlagenen Herzmuskel. Wir werden ein hohes Risiko eingehen, um sein Herz wieder funktionstüchtig zu bekommen… Sie wissen was zu tun ist?“ Er meinte damit seine Helferin, die ohne zu zögern einige Gerätschaften um Ayko stellte. „Und ihr zwei geht bitte hinaus. Ich melde mich, sobald ich etwas Genaueres über sein Wohlbefinden kundgeben kann“. Damit waren Reno und sie gezwungen, den Behandlungsraum zu verlassen. Miceyla blieb aber an Ort und Stelle stehen. „Nein…ich will ihn nicht alleine lassen. Ich bleibe bei Ayko“, verweigerte sie. Bevor der Arzt Anstalten machte handgreiflich zu werden, packte Reno sie leicht energisch beim Arm, wobei sie etwas zuckte. „Du weißt doch was ich dir gesagt hatte. Komm also mit raus." 'Ja ich erinnere mich. Die ärztliche Macht entscheidet nun über sein Leben. Das einzige was mir übrig bleibt zu tun ist, die Hoffnung nicht aufzugeben', gestand sie sich ein. Die Tür wurde hinter ihnen verschlossen, aber weiterhin stand sie davor und sah durch das dort eingebaute Fenster. Ihre Sicht versperrte ihr dann jedoch ein Vorhang. „Jetzt kann ich ja auch noch bleiben und mit dir darauf warten, dass Ergebnis anzuhören. Schließlich muss einer `n Auge auf dich haben. Nur eine rein positive Absicht!“, sagte Reno bereitwillig und machte es sich auf einer Bank im Flur bequem. Nach knapp einer Stunde saß auch Miceyla, als sie fand, dass das Herumstehen keinen Sinn machte. Nochmals eine Stunde später ging endlich die Tür auf. Der Doktor kam heraus geschritten und nahm seinen Mundschutz ab, um wie versprochen einen Erfolg oder Misserfolg anzukündigen. Sofort war sie wieder auf den Beinen und faltete betend die Hände zusammen. Ein beruhigendes Lächeln fand sie in dem Gesicht des Doktors. „Alles ist gut verlaufen, seit unbesorgt. Zwar hat es gedauert und er liegt nun im Koma, doch die Lebensgefahr ist bei ihm überwunden." Sie glaubte, diese erfreuliche Nachricht würde für sie die ganze Welt retten. „Die restlichen Wunden wird die Zeit heilen“, fügte er noch hinzu. „Na dann ist ja alles glatt verlaufen!“, kommentierte Reno so gelassen, als wäre er kein bisschen überrascht. „Darf ich ihn kurz sehen?“, wollte sie sich selbst davon überzeugen. Um ihr Einlass zu gewähren, trat der Arzt beiseite. Friedlich lag Ayko in dem Krankenbett, am CTG konnte man seinen gleichmäßigen Herzschlagrhythmus beobachten. Die Soldatenkleidung hatte man ihm abgenommen, doch Leviathans Amulett trug er noch immer um den Hals. Der ältliche Doktor trat neben sie und flüsterte leise zu ihr. „Schon merkwürdig, ich wollte ihm auch seine Kette abnehmen. Aber aus irgendeinem, für mich unerklärlichen Grund, hat das nicht funktioniert… Mmm…“ Die Lippen zu einem Lächeln geformt, stand sie bei ihrem im Koma liegenden Kamerad und strich über dessen Anhänger. 'Leviathan wacht über dich. Keiner kann ihn von dir trennen, er ist ein Teil von dir', dies sprach sie nur in Gedanken zu ihm. Miceyla nahm sanft seine Hand. 'Bitte werde schnell wieder richtig gesund. Bald sehen wir uns dann, mein Freund.' Mit diesem stillen Abschied, verließ sie nach einem herzlichen Dankeschön, an Arzt und Krankenschwester das Zimmer und lief zu dem wartenden Reno. Der zeigte ein nicht zu unterdrückendes Gähnen. „Also wenn ich daheim bin, hau ich mich erstmal aufs Ohr, um den verlorenen Schlaf nachzuholen. Vorher werde ich mir bestimmt jedoch `ne Standpauke, vom `verehrten Direktor Tseng` anhören müssen. Aber das ist mir die Sache wert, Hauptsache meine Hilfe war für dich erfolgreich!“, meinte er mit vor Müdigkeit halb geöffneten Augen. „Könntest du mir vielleicht noch einen allerletzten Gefallen tun und mich zurück nach World Soldier fliegen?“, bat sie ihn. „Na klar mach ich…“ Dabei streckte er seine Hand zu ihr aus, die etwas forderte. „…Wenn du mich dafür bezahlst!“, stellte er unablässig klar. „Was? Das kann doch jetzt echt nicht dein Ernst sein!“, platzte es empört aus ihr heraus. Reno beugte sich vor Lachen. „Ha, ha, ha! War nur ein Witz! Du hast mir das tatsächlich abgekauft!“ „Hab ich gar nicht!“ Protestierend verschränkte Miceyla die Arme ineinander. Durch ihre innerliche Beruhigung, war sie wieder offen für Scherze. Leider blieb sie letzten Endes vor der Erinnerung nicht verschont, dass sie Genesis zur Rede stellen musste. So unangenehm wie es auch sein mochte, sie kam nicht drumherum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)