Bleeding Hearts von RubyRose (Bis(s) dass der Tod uns nie mehr scheidet) ================================================================================ Kapitel 6: Typveränderung ------------------------- Mittlerweile war es schon beinahe Winter geworden, und ich war immer noch glücklich mit Victor zusammen. Wir hatten viel gemeinsam unternommen, waren in das Kino in der nächsten Stadt gegangen, denn Moores Mill war so klein, dass es hier kein eigenes Kino gab. Wir waren spazieren gegangen. Er nahm mich mit auf Touren mit seinem Motorrad. Manchmal lud er mich auch auf eine Pizza ein, obwohl er selbst nie etwas aß, was mir manchmal komisch vorkam. „Nicht, dass du mir noch vom Fleisch fällst“, neckte ich ihn dann immer, und dann kniff sich Victor immer in den Bauchspeck, den er natürlich gar nicht hatte. Alles lief wunderbar, es hätte gar nicht besser sein können. Ich war überglücklich mit ihm. Nur mit seinem Bruder wurde ich nie richtig warm, und das konnte manchmal schon ziemlich anstrengend sein, denn immerhin waren die beiden Zwillinge wie Pech und Schwefel und untrennbar. Ständig waren sie zusammen. Bei mir Zuhause war Victor noch nie gewesen, ich wollte das nicht wegen meinem Dad. Und auch Victor hatte ich noch nie Zuhause besucht. Ich fand das ziemlich schade, denn ich hätte nur zu gerne gesehen wie er so lebte und wie seine Familie war. Manchmal fragte ich ihn danach, aber dann antwortete er mir immer, dass er es noch nicht für an der Zeit hielt, dass ich seine Familie kennenlernte. Das machte mich dann jedes mal traurig, weil ich dachte, dass er mich vielleicht doch nicht genug mochte um mich seinen Eltern vorzustellen, oder dass ich ihm vielleicht peinlich sei. Trotzdem änderte das absolut nichts an meiner Liebe zu ihm. Nur mein Aussehen gefiel ihm nie so richtig. „Optisch passt du ja gar nicht zu mir.“ er meinte es nie böse, aber diese Aussage nagte trotzdem an mir. Ich wollte doch, dass er mich hübsch fand. Und so fasste ich einen Plan, den ich eines Tages in die Tat umsetzte. Ich hatte ja während der Sommerferien gearbeitet und mir ein wenig Geld zusammen gespart. Davon würde ich mir eine Runderneuerung gönnen. Und Lilly half mir natürlich dabei. Eine neue Frisur, neue Klamotten, neue Schminke, und neues Selbstbewusstsein. Eines Montags also spazierte ich hoch erhobenen Hauptes in die Schule. Victor hatte mich an diesem Tag nicht abgeholt, weil ich ihn darum gebeten hatte. Diesen Gang am ersten Tag meines neuen selbstbewussten Lebens wollte ich mit Lilly gehen. Als ich das Schulgebäude betrat wandten sich mir die Köpfer aller anwesenden Schüler zu. Im Gegensatz zu früher, als ich dann automatisch immer angenommen hatte, dass etwas an mir nicht stimmte, gefiel es mir heute so angestarrt zu werden. Das war auch kein Wunder, denn immerhin hatte ich über das Wochenende eine sehr große Wandlung durchgemacht. Letzte Woche noch war ich ein langweiliges Mädchen mit schulterlangen Haaren und schlabberingen unstylischen Klamotten gewesen. Und heute... Ich war beim Frisör gewesen. Ich hatte mir die Haare schwarz färben und Extenions reinmachen lassen. Außerdem waren dazwischen nun lila farbene Strähnchen. Ich trug ein schwarzes Tank Top mit dem Aufdruck einer Band, die Victor so gerne mochte. Darunter trug ich eine schwarze Lederhose und hochhackige Schuhe. Ich hatte mit ihnen Zuhause extra laufen üben müssen, damit ich auf der Straße nicht umknickte. Und weil es draußen schon recht kalt war hatte ich noch eine lässige dünne Jacke übergezogen. An meinen Ohrläppchen hingen silberne Ohrringe mit Totenköpfen dran. Die Ohrlöcher hatte ich mir extra stechen lassen. Und natürlich war ich geschminkt, genau so wie alle anderen hippen Mädchen an meiner Schule. Jetzt hätte ich mir gerne einen coolen Rocksong als Hintergrundmusik gewünscht, und ich stellte mir vor wie ich in Slow Motion den Gang entlanglief, während sich alle Köpfe zu mir umdrehten. Das hier war MEIN Moment, mein großer Auftritt. Hier und da vernahm ich einen beeindruckten Kommentar, und irgend jemand pfiff mir sogar nach. Aber ich blieb völlig cool und ging meinen Weg, ohne so auszusehen als kümmerten mich die Reaktionen der anderen. Am Ende des Ganges erblickte ich Victor. Sein Bruder Jason stand wie immer neben ihm, und die beiden waren umringt von ein paar anderen Jugendlichen. Nie waren die beiden Blackraven-Brüder alleine anzutreffen. „Hey“, sagte ich, als ich die Gruppe erreicht hatte, lehnte mein Gewicht auf das rechte Bein und hoffte, dass das eine gute Pose war. „Hey“, antwortete Victor und blickte mich anerkennend an. „Du siehst verdammt gut aus, Stella.“ „Was ist denn mit dir passiert“, wollte ein anderer Junge, den ich nicht so genau kannte, von mir wissen. „Ach“, antwortete ich, „ich hab mir ein bisschen die Haare machen lassen.“ „Ein bisschen? Du siehst aus wie völlig ausgewechselt.“ „Ich finde, dass du sehr gut aussiehst“, sagte Victor, zog mich in seine Arme und küsste mich. Ich war froh, dass mein Umstyling etwas gebracht hatte. Es schien allen zu gefallen, nur Crystal nicht, die sich gerade durch die Menge schob um zu sehen, was es denn da so Interessantes zu sehen gab. Erst starrte sie mich erstaunt an, dann wechselte ihr Gesichtsausdruck zu Abneigung. Angewidert sagte sie: „Wie siehst du denn aus? Wie ein Freak. Ich würde ja sterben, wenn ich mich in solche Klamotten quetschen müsste.“ Diese blöde Kuh. Aber was sie konnte, konnte ich schon lange! „Na ja, dich würde auch niemand in solchen Sachen sehen wollen. Wurstpellen kann man sich in jedem Supermarkt anschauen, da braucht man nicht noch eine in der Schule.“ Empört blies Crystal die Backen auf und funkelte mich wutentbrannt an, sagte aber erst mal nichts weiter, sondern stapfte wütend davon, um bei ihren Freundinnen über mich zu lästern. Und wenn schon, auf so eine Tusse musste ich nun wirklich nichts geben. Mir reichte Victors anerkennender Blick voll und ganz aus um mich selbstbewusst zu fühlen. Ab diesem Tag wurde in der Schule alles anders. Ich hatte einen Freund, ich hatte Selbstbewusstsein, und ich sah endlich gut aus. Ich fing an Freundschaften zu schließen, und alles war gut. Für Lilly hatte ich nun nicht mehr ganz so viel Zeit, aber wir hingen immer noch aneinander wie die Kletten, wenn ich nicht gerade bei meinem Schatz rum hing. 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