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Life as a Pokemon

von

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Viviana wurde schlagartig von einem lauten Motorengeräusch und dem immer näher kommenden Rascheln des Laubes geweckt. Augenblicklich sprang sie auf, verlor dann jedoch den Halt und kullerte von Shinyas Schlafsack, in dem dieser friedlich weiterschlief. Ihre Füße schmerzten nach wie vor - wenn auch nicht mehr so stark. So wie ihr Rücken und geradezu jeder Muskel, den sie gestern irgendwie hatte nutzen müssen. Verärgert darüber, dass der Morgen schon so schlecht begann, richtete sie sich wieder auf und bemerkte erst jetzt den verachtenden Blick auf sich.

„Du bist eine Schande für alle Pokémon.“ Tora saß vor Anzus leerem Schlafsack. Das Mädchen war gerade dabei sich ihre Jacke überzuziehen. Die Dämmerung schien gerade erst angebrochen und die Luft noch kälter als während der vergangenen Tage zu sein. Das Feuer brannte nicht mehr, sodass es nichts gab an dem man sich hätte wärmen können. Viviana war froh, dass sie ihr dichtes Fell hatte, welches sie nun warm hielt.

Sie versuchte Toras Kommentar und den Blick ihrer stechend gelben Augen, der nach wie vor auf das Evoli gerichtet war, zu ignorieren so gut es ging. Hinter Viviana bewegte sich nun auch Shinya, der ebenfalls von den Geräuschen des näher kommenden Wagens wach geworden war. Freudig drehte sich das Evoli um und musste für einen Moment den Drang unterdrücken, dem Jungen zur Begrüßung übers Gesicht zu schlecken, was war nur los mit ihr?

Stattdessen stupste sie einfach mit ihrer Nase gegen die des Jungen, woraufhin dieser Viviana gut gelaunt begrüßte, aufstand und sich ebenfalls eine Jacke überzog.
 

Als der weiße Van vorfuhr, ging Shinya zu diesem und Viviana folgte ihm auf den Schritt. Die Tür öffnete sich und eine junge Frau mit schulterlangem, blauem Haar stieg aus. Ehe sie ein Wort sagte öffnete sie die Hecktür des Autos aus der Augenblicklich ein Arkani sprang. Viviana kannte dieses Pokémon, da es oft von der Polizei eingesetzt wurde. Es war so wunderschön und stark zugleich, dass sich etwas Ehrfurcht in Viviana ausbreitete. Erst dann wandte sich die Frau der kleinen Gruppe zu.

„Hallo, ich bin Officer Rocky, habt ihr gestern Abend die Polizei gerufen?“ Sie ließ ihren Blick kurz von Anzu über Sheinux zu Shinya und dem Evoli, das dicht an dessen Bein stand, wieder zurück zu dem Mädchen schweifen.

„Ja genau, ich bin Anzu Kirai. Wir haben die Drei in ihrem Laster da eingesperrt.“ Sie deutete auf den schwarzen Wagen, der nur einige Meter weiter stand. Die Polizistin nickte kurz und ging dann zu dem Kleinlaster, dicht gefolgt von ihrem anmutigen Pokémon. Als die Beiden die noch schlafenden Gauner aus dem Wagen zerrten, verspürte Viviana ein Gefühl der Genugtuung. Zugleich war sie aber auch glücklich darüber, dass sie den Pokémon im Wald hatte helfen können.

„Ich danke euch, diese drei werden schon seit einiger Zeit von uns gesucht“, bedankte Rocky sich. „Kann ich euch noch irgendwohin mitnehmen?“ Sie hatte gerade die Hecktür verschlossen, die Diebe so mit dem Arkani eingesperrt und stand nun vor Anzu und Shinya.

„Danke für das Angebot, aber wir gehen lieber zu Fuß weiter.“ Der Junge lächelte breit. Rocky nickte nur und verabschiedete sich dann freundlich von der kleinen Gruppe.
 

Mit viel Lärm verschwand der weiße Van genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Viviana schaute ihm nach, bis er nur noch zu hören war und blickte dann noch mal zu dem alten Haus. Es stand in Nebel gehüllt da, doch wirkte es kein bisschen bedrohlich. Ihr Blick wanderte weiter zu dem schwarzen Kleinlaster, ob ihn jemand abholen würde?

„Hey Langohr, bist du da angewachsen oder was?“ Als Viviana sich umdrehte stand Tora vor ihr. Ihre gelben, stechenden Augen schienen das Evoli förmlich zu durchbohren.

„Tora, warum bist du so gemein zu mir?“ Vivianas Stimme klang leise. Hatte sie irgendetwas falsch gemacht? Gestern hatten sie sich doch noch einigermaßen verstanden, aber seit heute Morgen war sie nur noch fies.

„Ich mag einfach nur keine Schwächlinge!“ Hatte sie das Evoli gestern nicht noch für ihren Einsatz gelobt? Und was war aus dem 'Wir sind jetzt ein Team' geworden? Diese Gedanken schossen Viviana augenblicklich durch den Kopf, doch sie sagte nichts. „Außerdem magst du Anzu nicht“, fuhr es nach einer Pause, in der es zu überlegen schien, fort. Das Evoli fühlte sich ertappt. „Ich mag es gar nicht, wenn man was gegen meine Freunde sagt.“
 

Tora hatte Recht. Viviana war es gar nicht aufgefallen, aber sie mochte Anzu nicht, weil sie ihr unsympathisch war. Genauso konnte es auch bei Tora der Fall sein. Sie konnte keine Freundlichkeit von dem Pokémon erwarten, wenn sie selbst mit schlechtem Beispiel voran ging. Verunsichert schaute sie an dem Sheinux vorbei, das sie noch immer anschaute, und lief dann einfach zu Shinya, der gerade seinen Rucksack schloss.

„Na du?“ Er lächelte das Pokémon an und zog dann seinen Rucksack auf. Auch Anzu war bereits fertig, so dass sie langsam losgingen. Das Mädchen rief ihr Sheinux zurück, wofür Viviana ihr sehr dankbar war. Sie wusste nicht, wie sie nun mit dem Pokémon umgehen sollte.

„Evoli scheint ja wieder bei Kräften zu sein“, merkte Anzu mit einem Blick auf das kleine Pokémon an.

„Scheint so, zum Glück.“ Shinya schien wirklich erleichtert. Wenn die Beiden nur wüssten, was ihr alles schmerzte. Aber sie war wohl auf, da hatten sie Recht und darüber war sie auch froh. Es wäre schrecklich, wenn sie eine noch größere Last für ihren Freund darstellen würde.

Und auch wenn ihr jeder einzelne Muskel schmerzte, heute würde sie den Weg alleine schaffen, ohne getragen werden zu müssen. Irgendwo hatte Sheinux ja recht, sie war schwach. Aber für Shinya würde sie stärker werden, schließlich wollte sie den Jungen beschützen.
 

Sie waren seit gut einer Stunde in einem gemütlichen Tempo unterwegs und folgten dem Weg, den Officer Rocky mit ihrem Wagen gekommen war. Viviana hatte sich mittlerweile an die Schmerzen gewöhnt. Vielleicht waren sie auch einfach nur nicht mehr so schlimm wie noch am Morgen. Auf jeden Fall konnte sie ohne Probleme neben Shinya her laufen. Dieser schaute jedoch nur selten zu dem kleinen Pokémon herunter, da er sich mit Anzu unterhielt. Viviana hörte nur mit halbem Ohr zu, da es nur um das Trainerdasein ging. Sie hatte mitbekommen, dass der Junge sich gerne noch ein Pokémon fangen würde, bevor sie in Ewigenau ankamen. Das Evoli machte sich allerdings keine weiteren Gedanken darüber. Sie tapste munter neben ihrem Freund her und schaute sich aufmerksam um.

Der Wald wirkte nach wie vor unbewohnt und es befanden sich immer weniger Blätter an den hohen Bäumen. Am Himmel zogen sich dichte Wolken zusammen, die ein Unwetter ankündigten. Im Augenblick stand die Luft still, aber Vivianas Vorahnung verstärkte sich, je weiter sie gingen und wie näher die fast schwarzen Wolken kamen. Sie hatte die Hoffnung, dass sie die Stadt oder zumindest einen Unterschlupf erreichten, ehe was auch immer sich da zusammenbraute losging. Regen war nur dann schön, wenn man ihm zuschauen konnte, ohne selbst nass zu werden.
 

Viviana wurde von ihren Gedanken abgelenkt, als sie auf einmal ein leises Rascheln hörte. Es kam aus einem Gebüsch vor ihnen und sie glaubte kurz etwas orangefarbenes gesehen zu haben. Ihre Neugierde war geweckt. Kurz schaute sie zu den beiden Menschen auf, die sich noch immer unterhielten und nichts gehört zu haben schienen. Als sie an dem Busch vorbeigingen, blieb das Evoli einfach stehen - sie wollte nur kurz nachschauen. Die Beiden würden ihr Verschwinden sicher nicht bemerken, so schnell würde sie wieder bei ihnen sein.

Nachdem die beiden Menschen ein Stück weiter gegangen waren, steckte Viviana neugierig ihren Kopf durch die dünnen Zweige und Blätter des Gestrüpps. Bevor sie irgendetwas erkennen konnte, bekam sie einen Stoß ab und purzelte rückwärts auf den Weg zurück.

„Aua!“ Das Evoli richtete sich wieder auf und schaute verdutzt den Busch an. „Hallo? Ich tu dir nichts.“ Vorsichtig näherte sie sich erneut. Was mochte sich nur darin verstecken? Plötzlich sprang etwas goldenes aus dem Busch hervor und auf Viviana zu. Erneut fiel sie zu Boden, über ihr stand ein Vulpix. Genauso wie Arkani kannte sie auch dieses Pokémon sehr gut. Es war so hübsch und seine Entwicklung war wunderschön. Doch dieses Vulpix sah anders aus, es hatte nicht die übliche Färbung. Sein Fell glänzte in einem bezaubernden Goldton. Die Pfoten, die sechs Schwänze, wie auch die Tolle auf seinem Kopf waren orange-braun und seine Augen waren hellbraun. Nur der Bauch hatte die normale Weißfärbung.
 

„Ein Evoli?“ Kurz schien das größere Pokémon verwirrt, doch dann sprang es zurück und ließ Viviana sich erneut aufrichten. „Tut mir leid, ich dachte du gehörst zu dieser Diebesbande.“ Es setzte sich hin und schleckte sich die rechte Vorderpfote. „Mein Name ist Pixi.“ Ihre hellen Augen ruhten auf dem Evoli.

„Ich heiße Viviana“, stellte auch sie sich vor, „und vor diesen Dieben brauchst du keine Angst mehr zu haben, die wurden festgenommen.“ Sie lächelte und war fast ein bisschen stolz über ihre Worte.

„Festgenommen?“ Pixi unterbrach ihre Körperpflege und schaute das Evoli aufmerksam und fragend zugleich an.

„Genau, mein Freund und ich haben sie besiegt und die Polizei hat sie mitgenommen.“ Kurz zögerte sie - hatte sie jetzt zu viel gesagt? Pixi kniff die Augen zusammen. „Also ich bin mit zwei Menschen unterwegs“, ergänzte sie schnell aber unsicher. Dies dürfte Erklärung genug sein.
 

„Dann waren das die Beiden, die ich eben gesehen hatte.“ Es war viel mehr eine Feststellung, als eine Frage. „Und du? Ein Evoli ist eher untypisch für diese Gegend. Kommt ihr von weit her?“ Obwohl sie so viele Fragen stellte, wirkte Pixi eher desinteressiert.

„Nein, wir kommen aus Flori, also...“ Das Vulpix hob eine Braue. „Ich meine Shinya ist dort gestartet und ich habe mich ihm angeschlossen.“ Das Evoli hasste sich für sein Gestotter.

„Bist du ein Pokémon?“ Was sollte diese Frage denn? Das war doch offensichtlich. Viviana schaute das Pokémon einfach nur an. „Haha, entschuldige die Frage.“ Es kicherte kurz und stand dann auf. „Vergiss es einfach.“

Die beiden Pokémon schauten sich einfach nur an, als es Viviana auffiel. Vulpix war ebenfalls kein Pokémon, das üblich für diese Region war. Das hatte sie als kleines Kind immer sehr schade gefunden, da sie Vulpix so schön fand.

„Und du?“ Stellte Viviana die Gegenfrage. Hatte hinter dieser Frage mehr als nur ein Scherz gesteckt? Sie waren beide Pokémon aus einer anderen Region, die eine ungewöhnliche Fellfärbung hatten. Bei sich selbst war sie sich zwar unsicher gewesen, da sie schon lange keine Bilder mehr von einem Evoli gesehen hatte, aber bei dem Vulpix war sie sich sicher. Erneut schauten sie sich nur an, ohne dass einer etwas sagte. Konnte sie sich Pixi anvertrauen? Irgendwie fühlte sie sich sicher bei ihr.
 

„Ich habe gehört, dass es Menschen gibt, die sich plötzlich in Pokémon verwandeln, deswegen meine Frage... Ist mir so rausgerutscht“, fügte sie kleinlaut hinzu. Viviana fühlte sich mit einem Mal sehr aufgeregt.

„Kennst du solche Menschen?“ Platzte es aus dem Evoli heraus. Vielleicht konnte dieses Pokémon ihr helfen, wenn es mehr darüber wusste. Pixi musterte sie eine Weile und schien zu überlegen.

„Aber verrate es niemandem“, das Vulpix setzte sich wieder und sprach nach einem zögerlichen Nicken Vivianas weiter. „Ich suche nach solchen Pokémon, nun ja, weil mir selbst dieses Schicksal widerfahren ist.“ Pixi hatte kaum ihren Satz beendet, da sprang Viviana bereits in die Luft. Sie war so glücklich. Das erste Mal, seitdem sie in diesem Körper steckte, fühlte sie sich nicht völlig verloren. Da war jemand, der das Gleiche durchmachte wie sie, der sie verstehen konnte, dem sie alles problemlos anvertrauen konnte, ohne sich Gedanken machen zu müssen. Das Vulpix sah so aus, als ob es etwas sagen wollte, doch da es nur schweigend Viviana anschaute, ergriff diese schließlich das Wort.

„Ich bin so glücklich. Also eigentlich ist das nichts, weswegen man sich freuen sollte.“ Sie nahm sich schnell zurück, da sie Pixis Gefühle nicht mit ihren Äußerungen verletzen wollte. „Sorry, ich bin nur froh, dass ich nicht die Einzige bin.“ Konnte man so großes Glück haben? Oder waren viele Pokémon einmal Menschen gewesen?
 

„Willst du mich auf den Arm nehmen?“ Pixi schaute das Evoli ernst an und ließ es dadurch innerlich zusammenzucken. War das etwa so rübergekommen?

„Nein! Ich... es tut mir-“

„Ich mach doch nur Spaß“, unterbrach das Vulpix ihr Gestotter lachend - wurde dann aber wieder ernst. „Wie kommst du zurecht? Wie lange bist du schon so?“ Ihre braunen Augen ruhten auf dem Evoli, das etwas über Pixis Scherz schmollte.

„Seit vier Tagen, glaube ich“, sie war froh, dass sie nun mit jemandem reden konnte, auch wenn das eigentlich nicht ihre Art war. „Es ist ätzend, aber ich versuche das Beste draus zu machen.“ Ganz so schlimm war es vielleicht nicht, trotzdem wäre sie lieber ein Mensch geblieben. Ihre Gedanken wanderten zu Shinya und sie musste die Tränen unterdrücken. Es war sehr wohl schlimm, die meiste Zeit unterdrückte Viviana einfach nur diese Gedanken.

„Hey“, wollte Pixi sie mit sanfter Stimme beruhigen und tapste langsam auf das kleinere Evoli zu. Nachdem sie diesem kurz über die Stirn geschleckt hatte, setzte sie sich neben das überrascht schauende Pokémon. „Was ist dein sehnlichster Wunsch?“ Viviana dachte daran wieder ein Mensch zu sein, gab aber dennoch eine andere Antwort.

„Ich möchte, dass Shinya glücklich wird und sein Ziel erreicht“, erwiderte sie ohne aufzusehen.

„War Shinya dein Freund? Weiß er, was mit dir passiert ist?“ Pixi stellte viele Fragen, was Viviana aber nicht störte. Vielleicht würde es ihr besser gehen, wenn sie über alles sprach. Immerhin trug sie das ganze schon ein paar Tage mit sich herum und es belastete sie nicht gerade wenig. Leise begann das Evoli zu erzählen.
 

„Wir sind seit Kindergartenzeiten miteinander befreundet. Shinya wollte schon immer Pokémontrainer werden. Vor kurzem hat er dann ein Pokémon geschenkt bekommen und wollte gleich am nächsten Tag los. Das kam alles sehr schnell. Hätte ich mitgewollt, hätte ich mich am nächsten Morgen mit ihm treffen können - er mag Abschiede nicht so. Natürlich wollte ich mit ihm gehen, doch als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich... so.“ Sie hob eine Pfote hoch und ließ die Ohren hängen. „Tut mir leid, dass ich dich damit vollquatsche“, ein leises Schniefen war zu hören.

„Sei nicht traurig.“ Das weiche Pokémon schmiegte sich an Viviana. Wäre sie noch ein Mensch gewesen, hätte sie das Vulpix vermutlich fest in die Arme geschlossen, doch jetzt genoss sie einfach nur die Nähe. „Wenn du magst kann ich bei dir bleiben und dir ein paar Tipps geben.“ Pixi lächelte das Evoli aufmunternd an.

„Danke. Aber warum bist du so nett zu mir?“, fragte Viviana nach einer kurzen Pause. Ob sie auch einfach nur nach Gleichgesinnten suchte?

„Weißt du was ich mir wünsche? Dass ich all den zu Pokémon gewordenen Menschen helfen kann, wieder ihre Ursprungsform zu bekommen.“ Pixis Lächeln wirkte traurig.

„Dann weißt du wie ma-“ Vivianas Euphorie wurde von einem lauten Donnern unterbrochen. Das Geräusch kam so unerwartet, dass die beiden Pokémon zusammenzuckten. Aus einem Baum in der Nähe flog ein Schwarm Staralili los.
 

Die leichte Brise, die bisher die wenigen verbliebenen Blätter an den Bäumen bewegt hatte, war während ihres Gesprächs immer stärker geworden. Nun wehte den beiden Pokémon ein nicht zu unterschätzender Wind entgegen, der nicht nur die kahlen Zweige, sondern auch größere Äste in Bewegung setzte.

Ein greller Blitz erleuchtete den mit schwarzen Wolken zugezogenen Himmel. Dafür, dass es fast Mittagszeit war, war es erstaunlich dunkel geworden. Vivianas Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Sie waren genau in das Unwetter gelaufen. Sie sprang auf und lief los. Wie sie Shinya kannte, hatte er so eben ihre Abwesenheit bemerkt, sie hatte doch länger gebraucht, als eingeplant. Hinter sich spürte sie Pixi. Sie war froh, dass das Pokémon bei ihr blieb.

Die beiden Pokémon schienen eine unsichtbare Grenze überschritten zu haben, denn von einem Augenblick auf den Nächsten begann es wie aus Kübeln zu schütten. In nur wenigen Sekunden war Vivianas dichtes Fell bis auf die Haut durchnässt. Man konnte kaum mehr zwei Meter schauen, dennoch verringerte Viviana ihre Geschwindigkeit nicht. Durch das Rauschen des Regens, der beim Rennen in ihr Gesicht peitschte, hörte sie noch, wie Pixi ihren Namen rief, doch es war schon zu spät.

Plötzlich verschwand der Boden unter den Vorderpfoten des Evolis, so dass sie den Halt verlor und einen Abhang hinunter kullerte. In einer schlammigen Pfütze kam sie endlich zum liegen. Nun war ihr Fell nicht nur nass, sondern auch von Schlamm verklebt. In ihrem Schweif und dem flauschigen Fell am Hals hatten sich zudem kleine Zweige und Blätter verfangen, die sie zwickten. Sie schüttelte sich, doch das brachte kaum etwas.
 

Viviana blickte den Hang hinauf, doch sie konnte weder dessen Ende, noch Pixi erkennen. Der starke Regen ließ eine vernünftige Sicht nicht zu. Zudem schien es immer dunkler zu werden. Ein starker Windstoß ließ das Evoli frieren.

Vivianas Körper schmerzte, ihr nasses Fell hing schwer an ihr und die mit Wasser und Schlamm durchweichten Verbände machten das Ganze auch nicht angenehmer. Sie brauchte eine Pause.

Die Bäume hatten spätestens jetzt all ihre Blätter verloren, doch hier unten wuchsen Tannen. Viviana war dies erst aufgefallen, als sie endlich das Schlammloch verlassen hatte, um zu einem Baumstamm in der Nähe zu gehen. Auf einmal stand sie nahezu im Trockenen. Mit einem Blick nach oben erkannte sie die dicht benadelten Äste des Baumes, die die meisten Tropfen abfingen. Das Evoli schüttelte sich erneut um die gröbste Nässe aus ihrem Fell zu bekommen, dann ging sie etwas um den dicken Stamm, so dass sie sich im Windschatten befand.

Auf dem weichen, mit vertrockneten Nadeln bedeckten Boden ließ sich das Pokémon, dicht an den Baumstamm gepresst, nieder und lauschte dem Prasseln der Regentropfen. Was Pixi wohl gerade machte? Ob sie nach ihr suchte? Hoffentlich würde sie das Vulpix wiederfinden. Hoffentlich würde sie Shinya wiederfinden, schoss es ihr durch den Kopf. Bedrückt rollte sich Viviana ein, den nassen Schweif über ihr Gesicht gelegt, und versuchte sich irgendwie ein wenig zu wärmen. Nach einer Weile schloss sie die Augen und wartete darauf, dass der Regen nachließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lenny-kun
2014-11-15T21:07:38+00:00 15.11.2014 22:07
Schönes kapi freue mich wenns weiter geht


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