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Life as a Pokemon

von

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Es war ruhig. In dem spärlichen Licht, das durch die zugenagelten Fenster fiel, waren die Umrisse der Käfige deutlich zu erkennen. Viviana hatte sich, an Haspirors Käfigstäbe gedrängt, eingerollt und wartete darauf, dass sich die Tür zu dem Raum öffnete. Sie hatten einen Plan und auch wenn sie bezweifelte, dass es funktionieren würde, so mussten sie es einfach versuchen. Die Gitterstäbe waren mit keiner Attacke zu durchbrechen und fingen gleichzeitig alle Attacken ab, die man hätte auf die Gauner richten können. Es würde auf jeden Fall schwierig werden.

Als sich die Tür nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete, presste das Evoli seinen Schweif so gut es ging auf seine Ohren. Die dunkle Gestalt trat in den Raum und brachte etwas mehr Licht mit sich. Gerade als sie sich einen der Käfige schnappen wollte, war ein lauter, schmerzender Schrei zu hören. Erschrocken wurde der Käfig fallen gelassen, riss einen Stapel Käfige mit sich, die mit viel Krach auf dem Boden zum Liegen kamen. Viviana taten die Pokémon in den Käfigen leid, doch dies war ihre einzige Chance.

Tora war aufgefallen, dass der Käfig zwar sehr stabil, das Schloss aber einfach zu knacken war. Nur kam man aus dem Käfig nicht an das eigene Schloss, zudem standen die Käfige so, dass man auch nicht das Schloss eines anderen Gefangenen erreichen konnte. Nun hatte sich die Situation aber geändert.
 

Der Mann, der sich fluchend den Fuß hielt, schien seinen Fehler jedoch nicht zu bemerken und verließ erst einmal wütend den Raum, nach Taylor schreiend. Das war die Chance. Man hörte, dass sich die Pokémon in den zu Boden gefallenen Käfigen, bereits an die Arbeit gemacht hatten. Auch wenn das Schloss einfach zu knacken war, war doch etwas Geschick und auch Stärke gefragt. Schließlich war ein leises Knacken zu hören und Freude breitete sich im Raum aus, jedoch nur für einen kurzen Moment.

Ein Staralili hüpfte aus dem Käfig, unbeholfen mit den Flügeln schlagend. Dieses Pokémon würde kaum ein Schloss knacken können. Viviana wollte es schon aufmunternd anfeuern, doch Sheinux kam ihr zuvor.

„Schnell, flieg los! Suche nach zwei Menschen, ein Mädchen mit blauem und ein Junge mit rotem Haar!“ Schon flatterte der Vogel los, und das keine Sekunde zu früh. Kaum war es durch die Tür geflattert, tauchten schon die zwei Männer auf.

„So eine Scheiße!“, fluchte Ken weiter, doch Taylor beruhigte ihn.

„Es war nur ein Staralili. Lass uns lieber nach den Anderen schauen.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, begannen die Beiden damit die Käfige zu überprüfen und trugen daraufhin einen Käfig nach dem anderen nach draußen. Viviana schaute beunruhigt zu. Wenn sie hier weggebracht würden, hätten sie ein Problem.
 

„Wo bringen die uns hin? Viviana?“ Beunruhigt hüpfte Haspiror in seinem Käfig herum und schaute fragend zum Evoli. Niemand hier drinnen konnte wissen, wo sie hingebracht wurden.

„Ich... Ich kann es dir nicht sagen. Aber hab keine Angst. Bis sie uns alle hier weggebracht haben, wird Staralili zurück sein.“ Viviana versuchte so beruhigend wie möglich zu klingen und schaute sanft das kleine Pokémon an.

„Sind diese Menschen eure Freunde? Deine und Toras?“ Haspiror hatte aufgehört herum zu hüpfen und klang nun mehr neugierig als sonst etwas. (als alles Andere)

„Ja, also Shinya ist mein Freund...“ Anzu konnte sie noch immer nicht leiden, aber sie wusste, dass sie nichts gegen ihre Anwesenheit unternehmen konnte. Wohl oder übel musste sich Viviana mit dem Mädchen abfinden und vor allem darauf achten, dass sie sich Shinya nicht weiter nähern konnte.

„Wow“, Haspiror schien wirklich beeindruckt. „Meine Mutter sagt mir immer, ich soll mich von Menschen fernhalten. Dann sind nicht alle so wie... diese Menschen?“ Die letzten zwei Worte waren nur ein leises Zischen.

„Nein. Solche Menschen sind sogar die Minderheit. Aber es ist gut, wenn du dich von Fremden fernhältst.“ Viviana dachte daran, wie Anzu sie hatte einfangen wollen. „Es gibt genügend Menschen, die wilde Pokémon einfangen. Nicht so wie hier, aber...“

„Ich verstehe schon“, unterbrach Haspiror ihre kurze Pause. „Du wurdest so gefangen, oder?“
 

Viviana schaute etwas verwirrt zu seinem kleinen Freund und musste dann leise kichern.

„Nein, Shinya würde mich niemals einfangen...“ Kurz überlegte Viviana noch, doch sie entschied sich, nichts weiter dazu zu sagen. Sie wusste nicht einmal, ob der Kleine das eben Gesagte verstanden hatte. Dass sie eigentlich ein Mensch war würde sie lieber für sich behalten. Wozu sinnlose Sorge verursachen? Haspiror blieb still, so dass Viviana weiter sprach. „Ich bin mir sicher, dass Shinya kommen und uns befreien wird.“ Bei dem Gedanken an den Jungen lächelte das kleine Pokémon leicht.

„Du hältst ja ziemlich viel von ihm, dafür dass du ihn erst seit zwei Tage kennst“, mischte sich Tora ein. Ohne nachzudenken antwortete Viviana.

„Wir kennen uns schon viel länger.“ Wie kam Tora auf zwei Tage? Sie kannte die beiden doch kaum.

„Letzte Nacht hat er aber etwas anderes erzählt. Er meinte, dass er kurz nach Antritt seiner Reise von dir verfolgt worden war. Der arme Junge war voller Sorge, weil du auf einmal weggelaufen bist.“ In ihrer Stimme lag ein herausfordernder Ton, der Viviana innerlich zusammenzucken ließ. Stimmt ja, als Pokémon kannte Shinya sie erst seit kurzem.

„Ähm, ich...“ Viviana wurde aus der Situation gerettet, als plötzlich wieder die beiden Männer durch die Tür kamen und die nächsten Käfige mitnahmen. Das Evoli beobachtete das Geschehen, während ihre Gedanken bei Shinya waren.
 

Die Zeit verging und es wurde langsam immer dunkler im Raum, so dass man noch weniger als ohnehin schon sah. Unter bedrückender Stille war Käfig für Käfig hinausgetragen worden, so dass sich nun nur noch wenige Pokémon im Raum befanden. Als es nun an ihren Käfig ging stand das Evoli, das sich bis eben an Haspirors Gitterstäbe gedrückt hatte, auf und platzierte sich in der Mitte ihres Käfigs.

„Vivi!“ Der Kleine wirkte verängstigt und es machte den Eindruck, als würde er jeden Moment losweinen.

„Mach dir keine Sorgen, wir werden hier schon rauskommen“, Viviana warf Haspiror ein Lächeln zu welches, kaum wurde sie durch die Tür nach draußen getragen, verblasste. Es dämmerte bereits. Wo blieb Shinya nur? Vor dem kaputten Tor, das auf das Grundstück führte, stand ein kleiner Laster. Neben ihm stand die rothaarige Frau und blickte auf das Evoli.

„Du bist ein wahrer Prachtfang.“ Sie grinste das kleine Pokémon an und schaute zu wie Taylor es zu den anderen Käfigen in den Anhänger stellte. „Wann sind wir denn endlich fertig? Es wird gleich dunkel?“ Sie klang genervt und zog ihre Jacke näher an sich. Heute war es wirklich kälter als die vergangenen Tage.

„Es sind nur noch ein paar, wenn...“ Er schien noch etwas sagen zu wollen, drehte sich dann aber einfach um und ging wieder rein.
 

Ihm entgegen kam Ken mit dem Käfig, in dem Sheinux saß und lauthals aber trotzdem noch mit einer gewissen Würde meckerte.

„Wartet nur bis Anzu hier ist. Ihr werdet es bereuen mich eingesperrt zu haben und um Gnade winseln ihr kleinen -“ Sie wurde unterbrochen, als plötzlich ein krächzen und fast zeitgleich ein metallisches knacken zu hören war.

„Tora! Ist dir was passiert?“ Zum ersten Mal war Viviana erleichtert Anzus Stimme zu hören. „Karasu, Staralili! Macht euch daran die anderen Pokémon zu befreien.“ Ein schwarzer Vogel kam in den Anhänger geflogen und begann damit Schloss um Schloss zu knacken. Auch Staralili tauchte auf, doch wirklich helfen konnte es mit seinem kleinen Schnabel nicht.

„Danke für deine Hilfe, das hast du wirklich toll gemacht.“ Das Evoli lächelte es dankend an und sprang dann aus dem Wagen.

„Was soll das? Hört sofort auf!“ Lizz rief verärgert ihr Honweisel. „Honey, mach sie fertig!“ Das Bienenpokémon begann sofort heftig mit seinen Flügeln zu schlagen.

„Tora!“ Mehr brauchte Anzu auch nicht zu sagen, damit ihr Pokémon in Position ging. Es begann sich aufzuladen.

„Mit dir habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen. Das ist für vorhin!“ Es entlud die gesamte Elektrizität auf dem Honweisel, das keine Chance zum Ausweichen hatte und sofort K.O. ging. Evoli stand einfach nur da und schaute, obwohl sie diese Kämpfe eigentlich nicht mochte, fasziniert zu.
 

„Vivi!“ Shinya lief auf das Evoli zu und hob es vorsichtig hoch. „Alles Okay? Ist dir was passiert?“ Sie war so froh, dass er endlich da war. Kurz rieb sie ihren Kopf an dem Jungen, dann sprang sie von dessen Armen. Sie musste zu Haspiror, denn er war noch immer im Haus. Sie lief an Ken, der erst jetzt zu verstehen schien, was hier vor sich ging, vorbei in das alte Gebäude, Shinya dicht hinter sich.

„Lizz, überlass die mir.“ Der schwarzhaarige schien auf einmal völlig in seinem Element zu sein. „Los Hippo!“ Ein wahrer Riese erschien vor Tora und ging sofort in den Angriff über, indem er nach dem kleinen Pokémon zu schnappen begann. Viviana bekam nur noch mit, wie Anzu ihr Pliprin rief, ehe sie wieder im Inneren des Hauses verschwand. Sie hatte vergessen, wie dunkel es hier drinnen war, so dass sie einen Augenblick blind weiter rannte - ein Fehler. Das Evoli konnte gerade noch den Käfig vor sich sehen, als es von der Seite einen Stoß abbekam und unter einem Keuchen gegen die hölzerne Wand des Hauses geschleudert wurde. Es blieb regungslos liegen.

„Evoli! Na warte, das wirst du bereuen. Bummelz, komm raus!“ Das kleine Faultier erschien und wirkte sogar einigermaßen munter. „Setz Kratzer ein!“

Ein verächtliches Geräusch war zu hören, es kam von Taylor, der hinter dem Käfig stand.

„Willst du mich verarschen? Bamelin, weich aus und greif es mit Aquaknarre an!“ Das Meereswiesel wich mit einer schnellen Bewegung aus und griff noch im Sprung an. Bummelz hatte keine Chance.
 

Langsam kam Viviana wieder zu sich, ihr Rücken schmerzte und sie zitterte, doch ansonsten schien ihr nichts passiert zu sein. Sie hörte Shinya nach seinem Bummelz rufen und sprang, die Schmerzen ignorierend, sofort auf und rannte zu ihrem Freund um sich vor ihn zu stellen.

„Wie kannst du es wagen, seinem Pokémon etwas zu tun?“ Ungeachtet der Tatsache, dass sie keinerlei Kampferfahrungen hatte, stürmte sie auf das Bamelin zu, versuchte es trotz seiner Ausweichmanöver zu beißen und wich selbst dessen Angriffen aus. Dies ging eine Weile so, bis es ihr tatsächlich gelang sich in einen von Bamelins Schwänzen zu verbeißen. Kurz wurde sie herumgeschleudert, ehe sie den Halt verlor und nach einem schnellen Flug durch die Luft vor Shinyas Füßen landete.

„Vivi!“ Ertönte es zeitgleich von Shinya und Haspiror. Der kleine Hase sprang gegen seine Gitterstäbe, konnte diese aber nicht durchbrechen.

„Junge, es wär besser wenn du von hier verschwindest, du hast hier nichts zu suchen.“ Taylor schien nicht kämpfen zu wollen, doch Shinya ließ sich, trotz der Tatsache, dass er dem Mann völlig schutzlos gegenüberstand, nicht einschüchtern.

„Ich lasse nicht zu, dass ihr einfach so diese Pokémon einsperrt!“ Er hob Evoli auf und nahm es schützend in den Arm, als Bamelin zum Angriff ansetzte.
 

„Tztz, alles muss man hier selbst machen.“ Viviana sah, wie Tora fast schon zu langsam zu ihnen stolzierte und dabei Elektrizität um sich sammelte. Noch bevor Bamelin seinen Angriff zu Ende führen konnte, wurde es von dem Stromschlag vernichtend besiegt.

„Fuck!“ Taylor rief sein Pokémon zurück und eilte völlig überstürzt nach draußen. Viviana hoffte, dass er nicht einfach so entkam.

„Danke Tora, das war wirklich in letzter Sekunde“, bedankte sich Shinya und machte sich daran, nachdem er Viviana abgesetzt und sein besiegtes Bummelz zurückgerufen hatte, die im Raum verbliebenen Käfige zu öffnen. Ein Pokémon nach dem anderen verließ fluchtartig den Raum. Evoli hatte sich hingesetzt und wartete darauf, dass die Schmerzen etwas nachließen. Zumindest hatten sich ihre Pfoten mittlerweile ein wenig erholt. Tora blieb neben ihr stehen und schaute sie abschätzend an.

„Nun, ich denke du hast dein Bestes gegeben.“ So wie sie es sagte, waren diese Worte sehr negativ belastet, trotzdem ging Viviana nicht weiter darauf ein. Sie stritt ohnehin schon sehr ungern, doch im Augenblick hatte sie nicht mal mehr wirklich Kraft dazu, sich zu ärgern.

„Danke für deine Hilfe“, murmelte sie fast schon und schaute nur vor sich auf den Boden.

„Kein Ding. Ich mag dich zwar nicht wirklich, aber wir sind jetzt in einem Team, und da hilft man sich gegenseitig.“ Als würde sie ihre Arroganz unterstreichen wollen, drehte sich Tora nach diesen Worten um und ging hinaus. Viviana wartete noch, bis Shinya fertig war und verließ dann mit diesem ebenfalls das Gebäude.
 

Als Viviana nach draußen trat, atmete sie tief ein. Die Dämmerung hatte sich bereits über den Wald gelegt, allerdings war es wärmer als am Morgen. Ihr Körper schmerzte bei jeder noch so kleinen Bewegung, doch sie war froh, dass es nun vorbei war. Anzu hatte den Grünhaarigen abgefangen und so wie seine beiden Kollegen ebenfalls K.O. geschlagen. Kurz verblieb Vivianas Blick auf dem Pokémon, das neben dem Mädchen stand. Dieses Pliprin musste ziemlich stark sein, immerhin hatte es nicht nur die drei Gauner, sondern auch das Hippoterus besiegt. Zum ersten Mal war Viviana froh darüber, dass sie Anzu bei sich hatten. Ohne sie hätten sie nichts ausrichten können. Trotzdem wäre es ihr lieber, wenn jemand anderes, den sie leiden konnte, bei ihnen wäre - oder Shinya alleine stark genug wäre.

Gemeinsam schleppten die beiden Menschen die Diebe zu deren Kleinlaster und fesselten sie mit einem Seil, das dort herumlag.

„Ich habe schon die Polizei in Ewigenau informiert, aber die werden erst morgen jemanden schicken können. Bis dahin wird das hier hoffentlich halten.“ Mit diesen Worten und einem kurzen Nicken zu den Gefesselten verschloss Anzu die Plane des Wagens.
 

Das Evoli hatte sich währenddessen im weichen Laub niedergelassen und dem Treiben der Beiden zugeschaut. Sie war froh, dass diese Mistkerle ihre gerechte Strafe bekommen würden.

„Vivi?“ Sie schaute auf und erblickte Haspiror, neben ihm ein elegant wirkendes Pokémon. „Danke, dass du mich und meine Mutter wieder zusammengebracht hast!“ Nun musste der Kleine doch weinen und Viviana lächelte ihn an. Sie war so glücklich, dass sie helfen konnte und dass der Kleine nun auch wieder in guten Händen war.

„Und hör ab sofort auf das, was deine Mutter dir sagt“, verabschiedete sie sich, als die Beiden im Unterholz verschwanden. Sie schienen den anwesenden Menschen nicht zu trauen, das war aber auch verständlich nach dem was geschehen war. Dennoch war sie ein wenig traurig darüber, dass sie Haspiror gerade vermutlich zum letzten Mal gesehen hatte.

Nachdem sie den Kleinen nicht mehr hören konnte, richtete Viviana ihre Aufmerksamkeit auf die beiden anderen Pokémon Anzus. Ob diese auch so arrogant waren? Zumindest waren sie ein eingespieltes Team. Auch wenn sie es nicht zugeben mochte, vielleicht war es ganz gut, dass Anzu bei Shinya war. Zumindest so lange bis dieser alleine zurecht kam. Sie seufzte und ihr Blick fiel auf Sheinux, welches das Evoli fixierte. Viviana fühlte sich unwohl und erwiderte den Blick daher nur sehr kurz. Glücklicherweise kam in dem Augenblick Shinya zu ihr und zum ersten Mal war sie wirklich froh darüber, dass er sie hochhob.
 

„Ist alles okay? Du hast ziemlich viel abbekommen.“ Er strich dem kleinen Pokémon sanft über den Kopf. „Danke dass du mir geholfen hast, das war wirklich mutig von dir.“ Der Junge lächelte und alleine dafür hatten sich die ganzen Strapazen gelohnt. Trotzdem tat ihr im Moment alles weh und sie wollte sich einfach nur ausruhen. Mittlerweile hatte sich der Himmel über ihnen verdunkelt und die ersten Sterne wurden sichtbar. Sie schlugen ihr Lager nicht weit vom Haus auf und entfachten ein Feuer um etwas zu essen zu kochen. Natürlich hätten sie auch in dem Haus schlafen können, aber nach den heutigen Vorkommnissen war niemandem so wirklich danach in diesem Gebäude zu übernachten. Viviana hatte sich auf Shinyas Schoß eingerollt und ließ sich streicheln. Je länger sie sich in diesem Körper befand, desto eigenartiger wurde ihr Verhalten. Hatte sie es anfangs gehasst so angefasst zu werden, so genoss sie nun die angenehmen Berührungen auf ihrem schmerzenden Körper.

Gegenüber des Jungen saß Anzu - auf ihrem Schoß Tora, die zu schlafen schien. Neben ihr hatte sich ihr Pliprin niedergelassen. Ihr Kramurx hüpfte etwas abseits durch das trockene Laub und schien nach etwas zu suchen.

Während Viviana regungslos dalag, ruhte ihr Blick auf dem alten Haus. Sicherlich galt es als Geisterhaus, doch das einzige Grauen, das sie mit diesem Gebäude verband, war das, welches sie selbst dort erlebt hatte.
 

„Du und deine Pokémon seid ein starkes Team“, diese Worte der Bewunderung holten Viviana wieder in die Gegenwart zurück und sie richtete ihren Blick auf das lodernde Feuer. Langsam aber sicher stieg der Duft des Essens in ihre Nase und ließ dem Evoli das Wasser im Mund zusammenlaufen.

„Danke“ Anzu grinste und strich sich eine ihrer blauen Strähnen aus dem Gesicht. „Du wirst sicher auch mal so stark sein.“ Ihre Worte klangen mehr ironisch als ernst gemeint, doch Shinya nickte nur freudig. Anzu hatte den Jungen gar nicht verdient. Hoffentlich würden sich ihre Wege in Ewigenau wieder trennen. Dann müsste Shinya eben sehr schnell stärker werden. Zur Not würde sie auch selbst kämpfen, wenn das hieß, dass sie wieder alleine sein könnten. Viviana schnaufte und vergrub ihr Gesicht in Shinyas Schoß.

„Wie geht es deinem Bummelz?“ Obwohl sie immer noch etwas stichelnd klang, war Anzu nun schon viel ernster.

„Ich glaube es hat nicht so viel abbekommen. Trotzdem sollte ich mit ihm und auch mit Vivi in ein Pokécenter gehen, wenn wir Ewigenau erreicht haben. Dann kann auch noch mal nach ihren Pfoten geschaut werden.“ Sanft strich er über die durchgelaufenen Verbände und seufzte kurz. „Du solltest dich doch schonen - und jetzt bist du doch so viel gelaufen.“ Sprach Shinya nun das Evoli an.
 

Er strich Viviana über den Rücken, wobei es leicht zusammenzuckte. Vermutlich würde sie morgen ein paar blaue Flecken haben. Dann begann der Junge die alten Verbände zu entfernen, ihre nicht mehr ganz so wunden Pfoten mit einer Salbe einzureiben und neue Verbände anzulegen. Mit einem leichten Seufzer schloss Viviana ihre Augen und genoss die angenehmen Berührungen, während sie auf ihre Mahlzeit wartete.

„Shinya, warum hast du deinem Bummelz eigentlich keinen Namen gegeben?“ Unterbrach Anzu schließlich die entstandene Stille.

„Wieso? Es heißt doch Bummelz.“ Fragend schaute Shinya das Mädchen an, er schien mit dem Namen völlig zufrieden zu sein.

„Aber jedes Bummelz heißt doch so. Ein Name stärkt das Band zwischen Trainer und Pokémon. Es wird es dir danken, glaub mir.“

„Ich weiß doch gar nicht wie ich es nennen sollte.“ Der Junge war nachdenklich geworden, jedoch war er nicht sehr kreativ veranlagt. Auch Anzu schien kurz zu überlegen.

„Es ist sicherlich ein sehr friedliches Pokémon“, überlegte das Mädchen laut, „dann nenn es doch Benjiro.“ Shinya schaute sie einen Moment nachdenklich an und lächelte dann.

„Ich werde es mir überlegen.“
 

Viviana hatte dieses Gespräch nur unbewusst mitbekommen. Nachdem sie ihre Augen geschlossen hatte, bemerkte sie, dass sie erschöpfter war, als sie gedacht hatte.

Das Murmeln der beiden Menschen und das Knistern des Feuers hörte das Evoli nur noch gedämpft, der leckere Geruch und die sanften Berührungen ließen das kleine Pokémon schließlich in die Welt der Träume sinken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lenny-kun
2014-11-02T10:04:27+00:00 02.11.2014 11:04
Süß....hoffentlich geht's schnell weiter ;) .... freue mich schon sehr


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