Paladin Buch 2 von Devalis (Fortsetzung von Buch 1) ================================================================================ Kapitel 89: Zur Mauer --------------------- Kapitel 89 Zur Mauer 19.7.2117 18:02 Uhr Stadtzentrum von Akede "Wir schalten nun zu unserem Außenreporter Rubens. Hallo Rubens, können Sie mich hören?", fragte die Moderatorin. Darauf wurde der Bildschirm geteilt, sodass man die Moderatorin und den Reporter sehen konnte. Man hörte das Heulen von Sirenen im Hintergrund. "Ja. Ja ich kann Sie hören. Wie Sie sehen ist vor wenigen Minuten Großalarm gegeben worden. Das bedeutet... der Feind ist hier", berichtete der Moderator. "Aber Rubens, sollten Sie nicht schon längst evakuiert worden sein?" "Das stimmt. Aber wir haben unsere Plätze an Flüchtlingskinder gegeben." "Das Bedeutet, dass Sie nun nicht mehr vor Beginn des Kampfes evakuiert werden können?" "Wir werden überhaupt nicht mehr hier weg kommen. Außerdem: wenn diese Stadt fällt, dann gibt es keinen Ort mehr, zu dem wir flüchten können. Und so kann der Rest der Zuschauer miterleben, was hier passiert. Wir hatten schon vorher die Genehmigung eingeholt, die militärische Sendeanlage nutzen zu dürfen. Wir können also...", erklärte der Moderator, als das Grollen von schweren Geschützen alles übertönte. "Das ist die Artillerie. Damit ist der Feind ca. 40km vor der Stadt. Also sollte er in spätestens einer Stunde hier sein. In der Stadt brach durch die Sirenen Hektik aus. Truppen werden an die Mauern gefahren. Wir stehen an einer wichtigen Versorgungsstraße und wir können sehen wie massive Truppenbewegungen erfolgen. Doch was besonders beeindruckend ist, dass die Zivilisten am Straßenrand den Soldaten zujubeln", Berichtete der Moderator. "Aber haben Sie keine Angst um ihre Sicherheit, Rubens?", fragte die Moderatorin. "Und ob wir das haben. Ich denke sicher wird hier keiner sein. Der Feind macht nachweislich keine Gefangenen. Aber es war dennoch die richtige Entscheidung." "Dann bekommt die Welt zumindest mit, wie sich die Verteidiger dem Feind entgegenstellen. Wir sind nun alle im Geiste bei den tapferen Verteidigern der Stadt", sagte die Moderatorin und sah besorgt in die Kamera. 19.7.2117 18:41 Uhr Flughafen von Akede Sosuke kam in den Hangar gerannt, in dem seine Maschine stand. In seinem Kopf kämpfte das Bild der ausgeschlachteten und nicht einsatzbereiten Maschine mit dem Vertrauen, dass Ryo ihr Wort hält, dass sie einsatzbereit ist. "Da bist du ja", rief Ryo, die auf der Schulter des LUBOKET saß und zu ihm runter sah. Die Einstiegsluke war schon geöffnet und der Pilotenanzug hing über dem Gerüst vor der Maschine. Neben Sosuke kamen auch andere Piloten in den Hangar gestürmt. Ohne Umschweife begannen sie ihre Maschinen zu bemannen. "Lasst sie uns in den Arsch treten!" rief Salmar zu Theresa, die nur den Kopf schüttelte. Sosuke erklomm voll Adrenalin das Gerüst und zog sich dann vor der Luke um. In diesen Moment störte ihn nicht mal die aufkommende Kälte, als er sich nur in der Unterhose seinen Pilotenanzug griff. Nachdem er sich seinen Anzug angezogen hatte, sprang Ryo auf den Laufsteg neben ihm. "Alles bereit?" "Alles geladen und bereit", antwortete Ryo. Darauf küsste er sie, wobei er Ryo an sich drückte. Er genoss es, ihre Wärme zu spüren. Er wollte noch ein Mal den Geruch ihres Felles riechen. "Ich liebe dich", flüsterte er ihr zu, als sich ihre Lippen trennten. "Ich liebe dich auch", antwortete Ryo. "Dann mach dich auf den Weg. Und verbeul mir ja nicht die Panzerung", scherzte Ryo. "Ich tu mein bestes. Und du pass auf dich auf." "Ich bin groß und hab mir die Krallen geschärft. Ich kann mich wehren", antwortete Ryo und lächelte ihn breit an. Darauf stieg Sosuke in seine Maschine. Er fuhr in die Halterungen und Aktivierte den Reaktor der Maschine. Er spürte die erwachende Macht die in der Maschine lauerte. Sie wartete darauf, entfesselt zu werden. Ryo hatte nicht gelogen. Als er in die Maschine eintauchte, spürte er keine Schmerzen. Keine Ermüdung. So hatte es sich beim ersten Mal angefühlt. Damals, als er sich das erste Mal mit der Maschine verband. Je weiter er in die Maschine eintauchte, desto weniger spürte er seinen eigenen schmerzenden und zerfallenden Körper. Dann überschritt er die finale Grenze. Er drang zu dem Dämon in der Maschine vor. "Endlich kommst du", sagte sie zu ihm. "Du weißt, was kommt?" "Ich kann es spüren. Ich kann es schon lange spüren. Heute werden wir viel Blut vergießen." "Das werden wir." "Und dein Körper? Wie lange wird er es wohl aushalten?" "Solange er muss", antwortete Sosuke und öffnete die Augen. Er war die Maschine, und die Maschine war er. Er öffnete die Funkfrequenz zu seinen Befehlsstab. "Schwarz 1 an Kommando! Wie ist der Status?", fragte er und schritt aus dem Hangar. "Der Feind überrennt alles an Perimeterverteidigung! Es sind Millionen. 20 bis 30 Minuten eh der Feind die grüne Linie erreicht. Wir bringen alles nach vorne, was wir aufbieten können." "Gut. Die erste Welle wird das Brutalste werden. Ich mach mich auf den Weg zur Front", sagte Sosuke und schloss den Kanal. Derweil hatten sich um ihn seine Kameraden versammelt. Es waren seine Brüder und Schwestern. Sie hatten zusammen gekämpft. Zusammen gefeiert. Zusammen getrauert um Jeden, der von ihnen gegangen war. In dem nun kommenden Kampf würde er keinen Anderen an seiner Seite haben wollen. Er schritt auf Salmars Maschine zu und hob die Hand. Salmar griff sie mit seiner und sagte "Denk jetzt nicht mal an eine deiner Reden!" "Ich wollte nur sagen, es hat bisher viel Spaß gemacht. Für diesen Kampf wurden wir geschaffen. Es wird Zeit, unsere Aufgabe zu erfüllen", sagte Sosuke ernst. "Ich mach mehr Abschüsse als du", unterbrach ihn Salmar. "Die Großen zählen aber auch nur als ein Abschuss!", konterte Sosuke. Darauf sah er sich kurz um. Auf dem gesamten Flugplatz sammelten sich Kampfgruppen aus KPA oder Luboket. "Jeder hat seine Befehle. Macht euch auf eure Posten!", befahl Sosuke und wandte sich zum gehen. Während er seine Maschine zur Mauer steuerte, öffnete er einen Funkkanal. "Schwarz 1 an Torkommando." "Torkommando hier. Wir werden mit Flüchtlingen überrannt." "Ich weiß. Schließen sie die Tore." "WAS? Bitte wiederholen sie das!" "Schließen sie die Tore. ALLE Tore. SOFORT!", befahl Sosuke kalt. "Aber die Flüchtlinge! Die werden da draußen abgeschlachtet!" "Ich weiß. Schließen sie dennoch die Tore. Wenn der Feind durch die Tore eindringt, ist alles verloren", erklärte Sosuke. Doch der Mann am anderen Ende schwieg. "Mögen uns die kommenden Generationen für das was wir heute tun vergeben. Aber schließen sie sofort die Tore", befahl Sosuke erneut. Seine Stimme war kalt und eindringlich. "Verstanden. Schließen die Tore. Mögen die Drachen uns vergeben." 19.7.2117 18:50 Uhr Nord-östlicher Kommandostand Blackwell stand in seiner Maschine auf einem Hochhaus und starrte in die Ferne. Er betrachtete den Horizont. Es sah aus, als würde sich ein buntes Tuch über das Land schieben. Alle vorstellbaren Farben. Doch es sah nur aus der Ferne schön aus. Das Tuch waren Millionen an Monstern, wie sie selbst schlimmste Alpträume nicht erschaffen könnten. Neben den Kleineren gab es auch immer wieder Teils gigantische Kreaturen. Blackwell zoomte auf eine der Kreaturen. Es war wie ein gewaltiges, zweibeiniges Monster. Es erinnerte an einen T-Rex, doch war seine Haut aus massiven Panzerplatten. Sein Kopf war nur ein gewaltiges Maul mit Fangarmen. Es war groß genug, dass es ganze Gebäude mit einemMal verschlingen konnte. Blackwell fühlte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Da stieß etwas seine Maschine an und riss ihn aus den Gedanken. Es war Togusa. "Was ist?", fragte er erschrocken. "Du hast dich nicht gemeldet", antwortete sie. "Ich war von dem Anblick gefangen." "Ich würde ja sagen, wir haben schon schlimmeres überstanden... aber das wäre gelogen", stellte Togusa fest. Er sah zu ihrer Maschine herüber und zögerte. Er hatte ihr nichts von den Atombomben erzählt. Er konnte es einfach nicht. Zumal sie so weit vorne postiert waren, das von ihnen wohl sowieso keiner in die Situation der Entscheidung kommen würde. "Die Truppen sind bereit?", fragte Blackwell und schaute wieder auf den ankommenden Sturm, welcher der feindlichen Legion hinterher zog. "Alle sind in Position. Wir werden sie zumindest ziemlich bluten lassen." "Das ist das Mindeste. Das Glück ist mit den Mutigen und den Narren. Wir haben hier genug von beidem versammelt", stellte Blackwell fest und wandte sich von dem Horizont ab, um von dem Gebäude zu springen. Dabei achtete er darauf, sanft auf dem Boden aufzusetzen. Er wusste, das würde die längste Nacht seines Lebens werden. "Lanze 1! Sammeln bei mir!", befahl Blackwell über Funk und machte sich dann mit seinen Trupp auf den Weg zur Mauer. Dabei fiel ihm auf, dass selbst hier, keinen Kilometer von der Mauer entfernt, immer noch Zivilisten herumliefen. "Bis 23 Uhr werden wir bis zu den Knien in Blut stehen," Brummte Angelika über Funk. "Gewiss. Ich will nur hoffen, dass es deren Blut ist", erwiderte Blackwell 19.7.2117 19:00 Äußere Verteidigungsmauer von Akede. Abschnitt 6 Sosuke stand mit seiner Maschine auf der Mauer und sah auf die anstürmenden Feinde. Es wurde langsam dunkel und von Norden zog ein Gewitter herein. Dies würde eine Lange Nacht werden. Dies war ein Scheidepunkt in der Geschichte. Neben so vielen, so sinnlosen, bedeutungslosen Schlachten würde dieser Kampf herausstechen. Dies war einer der Kämpfe, die wirklich Bedeutung hatten. Und Sosuke verspürte ein Gefühl, das er noch nie gespürt hatte. Er hatte Angst. Er hatte Verteidigungen gestürmt, und hatte keine Angst gehabt. Sorgen, ob er überleben würde, waren nichts Neues. Aber in diesem Fall hatte er einfach Angst. Es lief ihm kalt den Rücken runter und schnürte ihm den Hals zu. Über das Grollen des Gewitters begann er ein dumpfes Wummern zu hören. Er konnte sich denken was es war. Die anderen Soldaten um ihn herum hörten es auch. Er sah wie einige aufstanden und sich ängstlich umsahen. "STELLUNG HALTEN!", brüllte Sosuke laut. Die aufkommende Panik der Kämpfer um ihn, zwang Sosuke, seine eigene Angst beiseite zu schieben. Er konnte sich jetzt in diesem Moment keine Fehler leisten. Und schon gar nicht konnte er sich erlauben, jetzt Angst zu zeigen. "Ich hab Parlamentssitzungen überstanden, die waren Schlimmer als das was da kommt! HALTET ALSO SIE STELLUNG!", bellte Sosuke. Auch wenn er es mehr zu sich selbst als zu den anderen sagte. Es schien auch den Soldaten zu helfen. "Erst schießen wenn ich es sage! Lasst sie heran kommen!", befahl Sosuke und hob beide Arme. Seine Maschine war bis oben hin voll gepackt. In jeder Hand hielt er ein Sturmgewehr. Dazu waren die Sturmgeschütze auf seinem Rücken nach vorne geklappt. Sosuke drehte sich nach hinten. Dort stand ein ramponierter Arbeits-KPA der neben diversen Sturmgewehren und Magazinen stand. "Wie heißt du?" fragte er den Piloten. "Miller. Miller Brown", antwortete der Pilot, durch die Offene Kanzel konnte Sosuke sehen, dass er kaum 18 Jahre alt war. "Okay Miller. Du hörst nicht auf zu laden, und wir hören nicht auf zu schießen." "Ver... verstanden. Sir", stotterte der Pilot. "SIE KOMMEN!" rief einer der Soldaten. Und tatsächlich sah Sosuke, dass sich der Feind wie eine Flutwelle durch die Straßen bewegte. Alles an Zivilisten, was nicht innerhalb der Mauer war, wurde einfach überrannt. Sosuke hob seinen Arm und starrte auf die Flut. Kleine und große Kreaturen. Jede alleine schon unbeschreiblich. Dazu fauchten und zischten sie grotesk. Als die Ersten sich auf die freigeräumte Fläche ergossen reagierte Sosuke. "FEUER FREI!", brüllte er und begann zu schießen. Auf diesen Befehl erhob sich am 19.7.2117 um 19:06 der Zorn und der Widerstand der Lebenden mit einem lauten Brüllen. Ein Brüllen von Millionen Gewehrmündungen. Ein Schreien von zahllosen Raketenwerfern. Ein Donnern von tausenden Geschützen. Dieses vereinte sich zu einem Aufschrei, den man noch in vielen Kilometern Entfernung hören konnte, und für einen Moment erschauderte selbst die Legion der Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)