Paladin Buch 2 von Devalis (Fortsetzung von Buch 1) ================================================================================ Kapitel 66: Die Nacht vor dem Morgen ------------------------------------ Kapitel 66 Die Nacht vor dem Morgen "Ist das Ihr ernst?", fragte Sosuke und sah sich kurz um. "Leider ja", bestätigte Friedrichsen. "Aber der ist doch in der NA. Und bisher hat die, glaube ich, nicht kapituliert... zumindest nicht nach außen. Aber von der ist eh schon länger nichts Offizielles mehr gekommen", stellte Sosuke fest. "Das ist es ja. Sie haben Occasus mit immensen Verlusten erobert. Nach abgefangenen Schätzungen haben Sie dabei über sechshunderttausend Leute verloren. Von seiner Armee sind nicht mal 35% Kampffähig. Und das wirklich absurde daran: all das um ein Geothermikraftwerk unter der Stadt zu sprengen. Und nun ziehen Sie sich wieder zurück. Es schien ihnen nur um dieses Kraftwerk zu gehen. Einige Berichte scheinen recht wirr zu sein. Berichte von Monstern und Ähnlichem. Der Geheimdienst weiß noch nicht, was man damit anfangen soll. Aber der offizielle Befehl ist, er soll zurück in die SK, dort seine Truppen auffrischen und dann zur Front ziehen. Wir vermuten, dass er in ca. 1 Monat an einer unserer Fronten sein wird", erklärte Jasch. "Einem Monat? Einer der Drachen scheint es gut mit mir zu meinen", brummte Sosuke. Darauf sahen die anderen ihn fragend an. "Wir haben gut einen Monat Zeit. Das ist mal richtig viel Zeit um uns vorzubereiten. Man muss nichts aus dem Ärmel schütteln und in drei Tagen oder so was parat haben. Also, immerhin etwas... Aber ja, wir müssen uns da zusammensetzen und was organisieren. Ich würde sagen, dass Sie sich da mit der Kommandostelle der Paladine in Verbindung setzen. Dann können wir alles geeignete koordinieren. Ich habe für die nächsten drei Tage Urlaub", sagte Sosuke entspannt mit einem Lächeln. Zumindest nach außen war er es. Innerlich wirbelte sein Verstand in höchsten Alarmfarben. Esteban war eine ganz neue Karte in diesem Krieg. Er war ein erfahrener Stratege und Sosuke hatte Hochachtung und Respekt vor ihm. Aber er brachte auch viel Kriegsgerät mit. Die Liga konnte sich nur deshalb so gut gegen die SK halten, weil diese einen zwei Fronten Krieg führte. Wenn dem nun nicht mehr so wäre, dann stünden sie vor gewaltigen Problemen. Und dabei wollte er sich eigentlich ausruhen und nicht an den Krieg denken. Zumindest konnte er noch nach außen seine Gemütslage verbergen. "Wir sprechen uns dann die nächsten Tage noch. Das Programm wird gleich weiter gehen. Wir sollten zumindest heute... an diesen Tag... für einige Stunden, den Schein von Sicherheit und Zuversicht wahren", sagte Sosuke trocken. Die anderen Generäle nickten. Auch sie wussten das Propaganda ein wichtiger Faktor war. Und eine Gruppe Generäle die auf so einem Ball in der Ecke tuscheln, würde sicher nicht selbstsicher wirken. Sosuke nickte ebenfalls und ging dann mit Bühler zum Tisch zurück. Dabei schob er mit Gewalt alle Gedanken bei Seite. Zumindest diese Nacht wollte er nur mit Ryo zusammen sein. Endlich war das Offizielle Programm mit den Reden und der Verleihung von Orden vorbei. Nun kam endlich das, worauf Ryo sich die ganze Zeit gefreut hatte: Der Tanz. Es war Üblich, dass auf solchen Veranstaltungen getanzt wurde. Und nun war sie hier, bei so einer großen Feier, in einem so schönen Kleid. Aber das Wichtigste saß neben ihr. Sie sah kurz zu Sosuke, der den Umbauarbeiten zusah. Seit er und Bühler vorhin am Buffet waren, war etwas in seinen Augen anders. Etwas belastete ihn. Auch wenn er lächelte und es sich mit aller Mühe nicht anmerken lassen wollte. Doch Ryo kannte ihren Kerl. Leider hatten sie zu viele Frauen umschwärmt, als dass sie hätte mitbekommen können, was Sosuke so bedrückte. Alle wollten mehr über sie und Sosuke wissen. Wo sie sich kennen gelernt hatten. Wie er so privat sei... Sie fühlte sich wie von Reportern umringt. Da schaute Sosuke sie an und riss sie aus ihren Gedanken. "Willst du wirklich tanzen?", fragte er kurz. "Miau", antwortete Ryo und nickte dabei. Hiervor könnte er sich nicht drücken. "Naaaa... Wenn es sein muss", brummte er, grinste sie an und stand auf, um ihr dann vornehm die Hand zu reichen. "Madam, würden sie mir die Ehre dieses Tanzes gewähren?" "Aber sicher", antwortete sie und stand auf. "Aus dir eine feine Dame der Gesellschaft zu machen ist wohl kaum möglich", stellte Sosuke fest. "Feine Damen der Gesellschaft reparieren auch nicht deine Maschine", konterte Ryo. "Das... ist ein sehr guter Einwand. Dann lass uns mal zusammen rumstolpern", scherzte er. Und da war etwas Wahres dran. Sie hatte einige Grundschritte mit ihm geübt. Aber ob es so elegant war wie gedacht? Ihr war das egal. Hauptsache sie hatten Spaß. So gingen dann bei zusammen zur Tanzfläche, wo sich schon viele Andere versammelt hatten. Sie stellten sich auf die Tanzfläche und gingen in die Ausgangsposition, wobei Sosuke seine Hand um sie legte. "Schlagzeile von Morgen: Ordensmeister kann nicht Tanzen", sagte Sosuke leise. "Zweite Zeile: Seine Begleitung aber auch nicht", kicherte Ryo, worauf auch Sosuke fies kicherte. Dann fing endlich das Orchester zu spielen an. Es war ein ruhiger, bekannter Walzer. Mit dem Einsetzen der Musik begannen alle zu Tanzen. Ryo sah in Sosukes Gesicht. In den Augen von Sosuke erkannte sie, dass er die Schrittfolge genau mitging. Für sie war es deutlich leichter. Zwar war sie auch keine Tänzerin, aber diese einfachen Tanzschritte konnte sie. "Nicht so kantig... Weicher", flüsterte sie ihm zu und übernahm die Führung. Dabei musste sie Schmunzeln. Er konnte einen 20 Meter großen Kampfkoloss virtuos über das Schlachtfeld steuern, geschmeidiger als viele Menschen sich bewegen konnten. Im Kampf Mann gegen Mann war er schnell und beweglich wie eine Schlange. Doch bei etwas so Einfachem wie Tanzen wirkte er steif und ungelenkig. Doch so langsam schien er in die Bewegungen zu kommen. Nach und nach entspannte sich auch sein Gesicht wieder. "Ist es nicht schön hier?", fragte Ryo. "Mag sein", antwortete Sosuke knapp. Dann begannen die Musiker einen anderen Walzer zu spielen. Dieser war etwas schneller und Sosuke hatte wieder sichtlich zu tun, schritt zu halten. Ryo in ihrem Kleid hingegen schwebte förmlich auf der Tanzfläche. Hier entfaltete sich die den Katzenmenschen nachgesagte Grazie und der Anmut. "Ach nun sei nicht so wortkarg. Das bist du sonst auch nicht. Schau dich doch mal um. Alles so festlich und schön. Es ist wie in einem Märchen. Und wir sind dabei... ich fühle mich... ich fühl mich wie eine Prinzessin", sagte Ryo. "Du bist keine Prinzessin... Du bist meine Königin", hauchte er kurz. Ryo sah in seine Augen und bemerkte wie seine Wangen leicht rot wurden. "Du wieder... kein Wunder, dass alle Welt hinter dir her ist." "Die Welt ist mir egal, solange du bei mir bist." "Miauuuu", schnurrte Ryo und ohne, dass sie es merkte, kräuselte sich kurz ihr Schwanz zusammen. So tanzten sie dann noch eine Weile weiter. Sie genossen einfach die Gegenwart des Anderen und die Bewegungen zur Melodie. Was auch immer Sosuke bedrückt hatte, es war aus seinen Augen gewichen. Hier in diesem Moment war alles egal. All die Welt um sie beide war für diesen Moment nicht mehr wichtig. Es gab nur Sie und Sosuke. Und zumindest für diesen Moment war das alles, was auch er brauchte. Langsam neigte sich der Ball dem Ende zu. Einige Gäste waren schon gegangen und der Saal leerte sich. "Siehst du, mit etwas Übung kannst auch du tanzen", erklärte Ryo etwas außer Atem, als sie sich hinsetzte. Sosuke goss sich ein Glas Wasser ein. "Bei der Tanzlehrerin ein Wunder", konterte er. "Wat soll dat denn nu heißen?", fragte Ryo übertrieben. "Dass ich in meinem Kopf nur wenig Platz fürs Tanzen hatte...", erklärte Sosuke und gab Ryo einen Kuss auf die Stirn. Diese Schnurrte verlegen und sah ihn mit verlegenen Grinsen an. "Probst du das eigentlich auch vorher wie deine Reden?", fragte Ryo schelmisch. "Was?" "Diese Komplimente." "Als ob man sowas bei dir kleinem Chaoskopf proben könnte." "Muss der mit den Hummeln im Kopf gerade sagen. Du bist genauso chaotisch." "Habe ich NIE bestritten", antwortete Sosuke und streckte ihr kurz die Zunge raus. "Wo ist eigentlich Georg hin?", fragte Ryo und sah sich um. Darauf sah sich nun auch Sosuke um. "Eventuell gegangen. Ist schon spät. Wir sollten wohl auch bald gehen", stellte Sosuke fest und trank einen Schluck. "Ach ich könnte noch weiter Tanzen." "Na ja. Wenn wir erst am Ende offiziell gehen, dann hängen uns die Reporter an den Hacken", gab Sosuke zu bedenken. "Heißt?" "Wenn wir uns jetzt davon schleichen, haben wir die Nacht wohl noch unsere Ruhe", schlug Sosuke vor. "Im raus Schleichen bist du ja geübter als ich." "Na ja... Man kennt seine Hinterausgänge um zu verschwinden. Also, wollen wir?", fragte Sosuke mit eine breiten Grinsen. "Und was hast du vor?" "Einfach noch die Nacht genießen." "Na gut. Dann lass uns flüchten", stimmte Ryo zu. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Mitarbeiter und einem kleinen Marsch durch die Versorgungsgänge der Oper schafften es die Beiden dann auch unbemerkt aus einem Hinterausgang eines Nebenhaus zu flüchten. Von der Oper wurde es als Lagerhaus für Requisiten verwendet. "Danke", sagte Ryo zu dem Kellner, der sie hier her geführt hatte. "Kein Problem", antwortete dieser und schloss die Tür hinter den Beiden. Die Nacht war warm und klar. "Und wo willst du nu hin?", fragte Ryo. "Weiß ich noch nicht. hast du eine Idee?" "Lass uns was essen." "Essen? wir kommen gerade von einer Veranstaltung mit Buffet", stellte Sosuke überrascht fest. "Ach... das ist alles so etepetete Zeug gewesen. Das ist immer nur ein Minihappen, und schmecken tut es auch nicht", erklärte Ryo. "Du hast vergessen, dass es auch viel zu teuer ist", scherzte Sosuke. "Hast aber recht. Was willst denn haben?", fragte er dann, auch wenn er sich die Antwort fast schon denken konnte. "Fischbrötchen?", fragte Ryo. "Du und dein Fisch... das ist ja schon fast zwanghaft." "Fischbrötchen", quengelte Ryo übertrieben. "Na gut. Wenn es dich glücklich macht", gab sich Sosuke geschlagen. Er konnte den Dingern zwar nichts abgewinnen, doch sie liebte es. "FICHBRÖTCHEN! FISCHBRÖTCHEN!", freute sich Ryo und lief los, auf der Suche nach einem Laden, der Fischbrötchen verkaufte. Dabei zog sie Sosuke am Ärmel hinter sich her. Sie fanden auch recht schnell einen Imbiss, der ihre Fischbrötchen verkaufte. Zum Glück hatte Sosuke immer eine Kreditkarte bei sich. So gingen sie dann Arm in Arm die Straße entlang. Ryo passte dabei sehr auf, das sie nicht ihr Kleid bekleckerte. Einige Passanten sahen ihnen hinterher. "Was machen wir nun? Ich bin so voller Energie. Ich muss was machen", sagte Ryo hibbelig. "Sag mal, hast du was schlechtes gegessen? Du bist ja wie überdreht", fragte Sosuke. "Ne, ich genieße einfach den Tag... Die Nacht. Ich mag was erleben. Was hältst du von Kino? So ein schön romantischer Film... Action hast du ja täglich genug", schlug Ryo vor. "Eh ich mir eine Schnulze ansehe, geh ich unbewaffnet zu Fuß an die Front." "Also kein Kino... Miau..." "Warum ins Kino gehen... unser Leben ist viel spannender als jeder Film. Action, Liebe... Alles in erster Reihe mit bester Grafik... Und in Stereo." "Aber ohne Popcorn", stellte Ryo spitz fest. "Aber mit echten Granaten." "Die kann man nicht essen... gut: du eventuell, du isst ja auch alles. Aber ich kann die nicht essen", konterte Ryo grinsend. "Die sind nicht zum Essen da." "Wozu dann?" "Zum Kegeln!", lachte Sosuke. "Ah... Moment mal", sagte Ryo und sah Sosuke schief an. "Dann benutzt ihr die Dinger aber falsch. "Wir sind nur schlecht im Kegeln." "Das erklärt einiges... Sehr viel so gar. In Wirklichkeit ist dieser Krieg nur ein großes Kegelturnier... Jedoch habt weder ihr noch die SK eine Ahnung vom Kegeln. Endlich wird es mir klar", erkannte Ryo und tippte sich wie bei einer großen Erkenntnis an die Stirn. "Dieser Krieg ist eine Reihe von vielen Missverständnissen. Das muss ich dringend den Anderen sagen", stellte Sosuke fest, worauf beide auf der Straße anfingen laut zu lachen. Einige der Passanten sahen sie zwar skeptisch an, doch sagte keiner was. So gingen dann beide wieder Hand in Hand weiter. Am Horizont begann langsam der nächste Morgen zu dämmern. "Komm, lass uns mit der S Bahn eine Stadtrundfahrt machen", schlug Ryo vor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)