Drachenbrut von Gepo (Wenn Kinder schwierig werden) ================================================================================ Kapitel 1: Das Familienfest --------------------------- Willkommen, willkommen ^.^ Ich hoffe, Harry Potter ist noch nicht zum aussterbenden Genre geworden. Auch Final Fantasy VII ist alt, aber bei weitem nicht tot. Es finden sich immer ein paar treue Fans. Also: Ist da draußen noch wer? Wenn ja, viel Spaß beim Lesen ^v^ _________________________________________________________________________________ „Harry, mein Sohn!“ Molly breitete die Arme aus und zog ihn an sich, als wäre er noch ein Kind und nicht bereits dreifacher Vater – vierfacher, wenn man Teddy mitzählte. „Wie schön, dass ihr kommen konntet. Und ihr habt meine geliebten Enkel mitgebracht“ Nach einem Kuss auf Ginnys Stirn zog sie Albus in eine ähnliche Umarmung wie Harry zuvor und gab Lily ebenfalls einen Kuss. „Ihr seht euren Eltern jeden Tag ähnlicher, ihr zwei Hübschen.“ „Danke, Oma“ Albus lächelte zaghaft. „Hast du Apfelkuchen gebacken?“, fragte Lily statt einer Begrüßung. „Lily, jetzt sag doch erstmal hallo, bevor du das Buffet stürmst“, wies Ginny ihre Tochter zurecht. „Sie ist ein wachsendes Mädchen. Genau wie Albus. Lass sie doch“, bat Harry. „Ich bin kein Mädchen!“, zischte sein Sohn etwas erbost. Das war eine seiner sensiblen Stellen – James hatte ihn immer damit aufgezogen, ein Mädchen zu sein. „Ich meinte, dass du noch wächst, Spatz“ Er strich über Albus schwarzes Haar. „Geht euch ruhig schonmal etwas Kuchen holen.“ „Juchuu!“ Lily grinste von einem Ohr zum anderen. „Oma, zeigst du uns die Kuchen?“ „Aber sicher, mein Schatz“ Sie legte einen Arm um Lilys und einen um Albus Schulter und zog die beiden mit sich. „Du bist viel zu lieb mit den Kindern, Harry“, meinte Ginny, als beide außer Hörreichweite waren, „wie sollen sie denn je Benehmen lernen, wenn du sie so verhätschelst? Wir wissen doch beide, was da raus kommt.“ „Ach, Ginny“ Er küsste ihre Schläfe. „Sieh sie dir doch an. Albus ist ein äußerst wohlerzogenes, höfliches Kind. Kein Verhätscheln könnte ihm auch nur ansatzweise schaden. Und Lily ist unsere kleine Prinzessin. Sie darf verhätschelt werden. Sonst wird aus ihr doch nicht so ein Engel wie aus dir geworden ist.“ Ginny seufzte tief, aber errötete und das sicher nicht aus Wut. Sie lehnte sich gegen ihren Ehemann und murmelte leise: „Du hast ja Recht. Ich habe nur Angst, aus ihnen könnte dasselbe werden wie aus James. Ich will nicht noch ein Kind verlieren.“ „Sag so etwas nicht“ Seine Stirn legte sich in Falten. „Wir haben James doch nicht verloren. Nun gut, er ist gerade etwas schwer, aber …“ - Ginny unterbrach seine Denkpause mit einem Schnauben - „Ich will die Hoffnung nicht aufgeben. Er ist unser Sohn. Du bist eine wundervolle Frau und mir wird nachgesagt, dass ich zumindest kein Komplettversager bin. Was kann unser Sohn denn anderes sein als ein wundervoller Mensch? Wir müssen ihm nur etwas Zeit geben. Er wird sich bestimmt wieder fangen.“ „Wenn das nur so einfach wäre“ Sie seufzte tief, diesmal wenig zufrieden. „Hast du es mit diesem Optimismus damals durch den Krieg geschafft?“ „Man darf die Hoffnung niemals aufgeben“ Er drehte sich zu sich und lächelte sie an. „Wir haben Voldemort besiegt. Wie schwer kann da ein Achtzehnjähriger sein?“ „Redet ihr über James?“, fragte Hermine, die mit Ron im Schlepptau zu ihnen trat. „Wen sonst?“ Ginny sah sich um. „Ich vermute mal nicht, dass er erschienen ist?“ „Bisher nicht“, gab Hermine zu, „aber was nicht ist, kann noch werden. Was macht er denn eigentlich gerade?“ „Wenn wir das wüssten“ Die Rothaarige verdrehte die Augen. „Seit seinem Auszug vor einem halben Jahr hat er sich nicht mehr gemeldet. Er hat jetzt eine Wohnung in London, aber womit er sein Geld verdient, wissen wir nicht. Harry schaut einmal die Woche bei ihm vorbei, aber entweder ist er einfach nicht da oder beantwortet keine Fragen.“ „Allerdings schmeißt er mich auch nicht raus. Ich sehe das als ein gutes Zeichen“, meinte Harry lächelnd. „Harry, du wäschst, räumst auf und kochst Essen vor. Selbst James ist nicht dumm genug, eine kostenlose Magd rauszuwerfen“ Sie hob eine Hand, als er antworten wollte. „Ich weiß, du willst nicht, dass ich so über ihn spreche. Aber das geht jetzt seit fünf Jahren so. Ich kann nicht mehr daran glauben, dass das eine Phase ist, die irgendwann vorbei gehen wird.“ „Ach Ginny“ Hermine legte eine Hand auf ihre Schulter. „Ich weiß nicht, was ich an deiner Stelle machen würde.“ „Ihm eine gute Tracht Prügel verpassen“, warf Ron ein, „ich stimme meiner Schwester zu, der Junge ist hoffnungslos. Ich weiß wirklich nicht, womit ihr euch so einen Sohn verdient habt.“ „Ron!“, fuhr Hermine ihn an. „Ich denke auch, dass das nicht richtig ist, so zu denken. Natürlich ist James schwer. Aber wenn es ihm schlecht geht, denke ich, dass ich als Vater einen Fehler gemacht haben muss. Also muss ich das auch irgendwie wieder lösen.“ „Du bist zu gut für diese Welt, Kumpel“ Ron schüttelte den Kopf. „Du hast zwei andere Kinder, die wunderbar geworden sind. Du kannst kein schlechter Vater sein. James ist einfach … ich weiß nicht. Von Natur aus böse oder so. Welches halbwegs vernünftige Kind schlägt seine jüngeren Geschwister und macht sie fertig, bis sie heulen? Ich sollte das wissen, ich habe fünf ältere Brüder. Und auch wenn Percy ein zugeknöpfter Sack ist, hat er sich nie so dermaßen daneben benommen.“ „Ron“ Harry versuchte gar nicht mehr ein Lächeln auf seine Lippen zu bringen. „Ich weiß, dass James schwer ist. Aber ich will trotzdem nicht, dass so von ihm gesprochen wird. Er ist immer noch mein Sohn.“ „Ja, aber du hast noch zwei andere Kinder, die dich brauchen. Ich muss ehrlich sagen, ich bin froh, dass der Mistkerl ausgezogen ist“ - Harrys Miene verdunkelte sich - „Harry, es hat Ginny fertig gemacht. Und vor allen Dingen hat es Albus und Lily fertig gemacht. Albus ist verstört, hast du ihn mal mit Fremden gesehen? Er erwartet, von jedem zusammen geschissen zu werden, weil er das non-stop von seinem Bruder kannte. Wenn deine Kinder dich brauchen, dann sind es die zwei“ Er nickte zu den beiden, die noch immer am Kuchenbuffet standen. „Nicht dieser kleine Bastard, der deine Fürsorge weder will noch verdient.“ „Ich denke, wir sollten das Gespräch hier beenden“ Harry nickte seinem Schwager zu und ging an diesem vorbei. Wenn er eins durch James gelernt hatte, dann war das, nie die Nerven zu verlieren. Wer los schrie, der hatte bereits verloren. Und er wusste, er war auf verlorenem Posten. Hermine stimmte ihm mehr zu, was James anging, als Ginny es tat. Sie hatte sich geweigert, sich um James zu kümmern, seit er vorletzten Sommer nach Hause gekommen war. Es hatte nichts geholfen – kein Therapeut, keine Elternberatung, kein Aufenthalt bei Charlie. Alles, was sie gewünscht hatte, war, James so weit wie möglich von ihr fern zu halten. Also hatte der Junge die kompletten Sommerferien in Rumänien verbracht – Harry hielt es noch immer für die schlechteste Entscheidung ihres Lebens. Egal, was James tat. Er war ihr Sohn. Sie waren für ihn verantwortlich. „Harry, danke, dass du gekommen bist“ Parcy trat lächelnd auf ihn zu. „Ich hoffe, du nimmst mir damals nicht mehr übel?“ „Nur, wenn du gelobst, dich nun besser zu benehmen“ Harry schüttelte ihm die Hand und versuchte, die negativen Gedanken zu verbannen. „Herzlichen Glückwunsch zur Ernennung.“ „Auf dass Lucius Malfoy nie Minister der Magie werden möge!“ „Da trinke ich drauf“, stimmte Harry mit vollem Herzen zu, „Selbst, wenn ich dich nicht mögen würde, Percy – du bist fraglos besser als dieser Idiot. Und ich hoffe, du versetzt ihm einen guten Tritt.“ „Tja, das wird schwer“ Percy nahm George die Flasche Butterbier ab, das dieser ihm rüber reichte, um sie Harry zu geben. „Wenn ich beweisen könnte, dass er ebenfalls korrupt war, wäre das kein Thema. Aber du weißt ja, wie Malfoys sind.“ „Eine einzige Pest.“ „Das kannst du laut sagen“ Der neue Minister der Magie lächelte. „Aber dank der Skandale habe ich nun mein neues Amt. Und ich gedenke, die vier Jahre vollends auszukosten.“ „Wenn du dich gut anstellst, könnten es sogar mehr als vier werden“ Harry prostete ihm zu. „Und steht dein Kabinett schon?“ „Hermine, Malfoy und Bell sind die einzigen Festbesetzungen, die fraglos den ein oder anderen Posten haben werden.“ „Kannst du Mine zur Ministerin für Muggelbeziehungen machen? Zum einen kann sie das besser als jeder andere, zum anderen würde das Malfoy unglaublich ans Bein pissen.“ „Harry“, zischte Percy ein wenig konsterniert. „Sorry, ich habe ein paar Ausdrucksweisen von meinen Kindern übernommen. Passiert dir das mit deinen auch?“ „Nicht, dass ich wüsste“ Eine rote Augenbraue hob sich. „Selbst wenn, meine Kinder pflegen keinen … unerwünschten Umgang.“ „Hm“ Harry nickte nur. „Nun, ich werde besser mal die anderen begrüßen. Man sieht sich, Percy.“ Oder auch nicht. Er tauschte ein paar freundliche Hallos mit verschiedenen Schwagern, Schwägerinnen, Neffen und Nichten aus, bevor er schließlich mit seinem Schwiegervater in eine Diskussion über die Verwendung von Teslaspulen als Detektoren verfiel. Mal eine überraschend sinnvolle Diskussion, er könnte glatt über so eine Verwendung in seiner Abteilung nachdenken. Hermine fing ihn schließlich ein, um ihm über ein Stück Kuchen eine Entschuldigung für Rons Worte zu geben. Er versicherte sie, dass es keiner bedurfte – Ron meinte das schließlich vollkommen ernst. Genau so ernst, wie er es meinte, dass er keine Beleidigungen über seine Kinder hören wollte und erst recht keine Kritik, wenn die hieß, dass er sich zu sehr um sie kümmere. Mitten in dieser Diskussion flammte der Kamin auf. Keine Ungewöhnlichkeit bei dieser großen Familie, daher fiel James Ankunft zuerst gar nicht so sehr auf. Harry drückte Hermine seinen Teller in die Hand mit den Worten: „Ich gehe ihn begrüßen.“ James war zu einem Mann heran gewachsen. Einen halben Kopf größer als Harry, auch einen schwarzen Mob auf den Kopf – obwohl James seinen kontrollieren konnte – und einer guten Portion Muskeln unter der Haut. Er war halt ein genauso passionierter Quidditchspieler wie sein Vater, auch wenn er ebenso nie etwas daraus gemacht hatte. So weit Harry wusste zumindest. „Schön, dass du gekommen bist“ Harry zog seinen Sohn in eine Umarmung, gegen die sich dieser zumindest nicht wehrte. „Percy ist Minister für Magie geworden. Du solltest ihm später gratulieren.“ „Hm“, murmelte James nur unbestimmt. „Hat dir das Kaninchen geschmeckt? Das war das erste Mal, dass ich das Rezept ausprobiert habe.“ „War okay“ James trat etwas von ihm weg und versenkte die Hände in seinen Jeanstaschen. „Ich war nicht sicher, ob ich wirklich kommen sollte ...“ „Du bist immer willkommen, das hier ist deine Familie“ Trotz seiner Worte brachte Harry nur ein halbherziges Lächeln zustande. „Onkel Ron ist noch immer sauer und dein Onkel Percy scheint wenig von dir zu halten, aber er hält von uns allen nicht viel, also ist das wohl kein Wunder.“ „Von dir hält er viel“ Eines von James recht selten gewordenen Grinsern zeigte sich kurz. „Das liegt daran, dass er weiß, dass ich jederzeit seinen Job haben könnte, wenn er mich interessieren würde“ Harry zwinkerte. „Tante Hermine hat nach dir gefragt. Sie will auch jeden Fall herausfinden, was du gerade eigentlich arbeitest.“ „Tja“ James zuckte mit den Schultern. „So dies und das. Ich helf' beim Gemüsehändler um die Ecke aus. Und in der Bibliothek. Und Post mache ich auch. So kleinere Jobs halt.“ „Macht dir das Spaß?“ „Es zahlt die Miete, oder?“ „Tauchst du auch mal auf, du alte Nudel?“, meldete Lily sich dazwischen. „Wenn das nicht meine kleine Nervensäge ist“ James legte eine Hand auf ihren Kopf und streichelte sie wie einen haarigen Hund. „Lass das! Du machst meine Frisur kaputt!“ Sie schlug nach seinem Arm und wich zurück. „Was für 'ne Frisur?“, neckte er sie. „Mama hatte ihr die Haare gemacht“ Albus, der plötzlich bei ihnen aufgetaucht war, versuchte seiner Schwester dabei zu helfen, ihre Haare wieder zu richten. „Das war gemein.“ „Nicht gemeiner als du kleine Ratte – pardon, Schlange.“ „James, wenn du gekommen bist, um Leute zu beleidigen, wirst du wenig Sympathien ernten“, warnte Harry seinen Sohn. „Ich versuch's ja, okay?“, blaffte James ihn dafür an, „es ist nur scheiße schwer mit einem Bruder wie ihm.“ Albus senkte seinen traurigen Blick zu Boden. Immer noch ein unglaublich sensibles Kind. „Ich liebe euch beide, also bitte keine Streitereien“ Harry legte seine Hände auf Albus Schultern. „Lily, magst du deinem Bruder die Kuchen zeigen?“ „Klar“ Sie schnappte sich James Hand und zog den etwas widerwilligen ins nächste Zimmer. „Alles okay?“, flüsterte Harry und beugte sich dabei vor, um Albus in die Augen zu sehen. „Geht schon“ Dessen Stimme war kaum zu verstehen, so leise war er. „Ich … ich verstehe ihn nur nicht. Was habe ich denn jetzt wieder getan?“ „Gar nichts, Spatz“ Harry zog den Jungen in seine Arme – trotz seiner sechzehn ließ er das immer noch mit sich machen und Harry hatte vollends vor, das auszukosten. „Das liegt nicht an dir. James hat irgendetwas gegen alle Slytherins und nichts dringt da zu ihm durch. Früher, als du noch nicht nach Hogwarts gingst, habt ihr euch doch wunderbar verstanden, nicht? Also kann es nicht an dir liegen“ Zumindest erzählte er das seinem Sohn immer und immer wieder. „Aber er sagt doch immer, dass ich so ein Mädchen bin. Vielleicht liegt es daran. Wenn ich Quidditch spielen und mit Mädchen ausgehen würde, dann … das wäre besser, oder? Dann wäre ich ein echter Mann, so wie James.“ „James ist kein echter Mann“, erwiderte Harry anstatt seiner sonstigen Standardantwort, dass Albus genau so gut war, wie er nunmal war, „Jemanden wegen Kleinigkeiten zu hassen, ist kindisch. Wenn James nicht darüber hinweg sehen kann, dass du in Slytherin bist, ist er kaum mehr als ein eingeschnapptes Kind.“ „Aber die Mädchen stehen auf ihn! Nicht auf mich“ Albus schob die Unterlippe vor. „Mich sehen die gar nicht. Ich will auch mit Mädchen ausgehen, aber … na ja, die interessieren sich halt für die Quidditchspieler und die großen Jungs und nicht für so … so Leute wie mich.“ „Tja, das … das ändert sich mit der Zeit“ Harry kratzte sich am Hinterkopf. „Schau dir doch deine Onkel an. Percy ist auch so ein Bücherwurm, aber er hat auch eine Frau gefunden. Und Charlie mit seinen vielen Muskeln hat keine“ Hah, die Idee! „Und dein Bruder hat auch keine, auch wenn die Mädels in der Schule scharenweise auf ihn geflogen sind.“ „Ja, aber er hat sie abblitzen lassen, nicht sie ihn. Er ist mit ein paar gegangen, aber dann meinte er, sie seien langweilig. Er“ Albus biss sich auf die Lippen. „Weißt du, was es damals für ein Gerücht gab? Die haben gesagt, dass James mit jedem Mädchen in seiner Stufe geschlafen hat, außer denen aus Slytherin.“ „Was nur beweist, dass er einfach etwas gegen Slytherin hat und nicht gegen dich“, flüsterte Harry zurück und lächelte, „es gibt auch Mädels, die mögen Bücherwürmer. Die sind nur genau so schüchtern wie du.“ „Echt?“ In Albus Stimme schwang Hoffnung mit. „Ja, echt“ Er legte eine Hand auf dessen Schulter. „Sprich sie mal an, dann weißt du es auch“ Er lehnte sich sogar noch ein Stück näher. „Und ich verrate dir jetzt ein Geheimnis, ja?“ Albus nickte mit großen Augen. „Als ich so alt war wie du, da habe ich zwar Quidditch gespielt und hatte viele Muskeln, aber … ich war noch viel schüchterner als du damals.“ „Echt?“ „Hm-hm“ Harry nickte langsam. „Deine Mutter hat damals mich gewonnen, nicht ich sie. Sie war nämlich wie James damals. Hat einen Mann nach dem anderen um den Finger gewickelt.“ Albus grinste, wie man ihn selten hatte grinsen sehen. Eigentlich kannte man nie mehr als ein schüchternes Lächeln von ihm. Er atmete tief ein und meinte: „Nächstes Schuljahr kriege ich eine Freundin, du wirst sehen.“ „Ich bin gespannt“ Auch Harry lächelte wieder ehrlich. Albus war echt ein Goldstück. Hoffentlich würde seine Pubertät das nicht ändern, wenn sie denn je einsetzte. Harry wusste ehrlich nicht, ob er sie nicht vielleicht schon gehabt hatte oder gerade hatte, er war einfach zu lieb, als dass man so etwas merken würde. Albus war wirklich das krasse Gegenteil von James. Während sein Sohn davon trabte, um mit den anderen Jugendlichen zu spielen, machte sich Harry in Richtung Küche, um nach seinem anderen Sorgenkind zu sehen. Schon auf dem Weg kam ihm allerdings eine wenig begeistert aussehende Fleur entgegen, die direkt auf ihn zusteuerte. Das versprach wenig Gutes. Schon zwei Schritte entfernt begann ihre Tirade: „Dein Sohn 'at kein Benehmen, 'Arry. Isch wollte ihn nur begriesen und er 'at misch weggedriekt, als wiere isch eine Insekt. Und er 'at beleidigt meine 'Aare. Isch siehe aus wie eine Geist mit diese 'elle 'Aare.“ „Nun ja, er weiß nicht gerade, sich höflich auszudrücken, aber hast du mal über dunkle Strähnen nachgedacht? Diese Idee ist gar nicht so schlecht“, schlug Harry vor. „'Arry! Ihr seid alle unmieglich!“ Sie warf die Hände in die Luft und stapfte davon. Seufzend ging er weiter. Mal sehen, wie viele Fehler seines Sohnes er heute noch ausbaden durfte. Das war sicher nur der Anfang gewesen. Er schüttelte leicht den Kopf und ging weiter. Die Stimmen aus der Küche hörte er allerdings schon ein paar Meter entfernt, was wenig Gutes verhieß. „... nicht schon genug angestellt?“, hörte er gerade noch den Rest eines Satzes, den er Ron zuordnen würde. Na wunderbar. Mit einem Seufzen trat Harry durch die Tür. „Ron, mein Enkel ist mir immer willkommen. Ich will keinen Stunk von dir hören“, wies Molly ihren Sohn zurecht. „Dann lad' ihn ein, wenn du allein bist. Jedes Mal, wenn der Kerl auftaucht, beleidigt er mindestens eine Person und früher oder später weint eins der Kinder. Ich weiß nicht, was ich dem Kerl noch erzählen soll, bis er mal merkt, dass er nicht willkommen ist.“ „Er ist willkommen. Der einzige, der hier rum schreit, bist du, Ron“, mischte sich auch Harry ein, „ich habe dir vorhin schon gesagt, dass ich keine Beleidigungen aus deinem Mund über meine Kinder hören will.“ „Lily und Albus würde ich auch sicher nie anfahren, er dort ist die einzige verdorbene Brut hier. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber Albus als Slytherin ist mir zehnmal lieber als dieser Mistkerl.“ „Ron! Ich verbiete dir, dich so zu benehmen!“ Molly stemmte die Hände in die Hüfte. „Was? Er kann rum rennen und Leute beleidigen, aber ich darf ihn dafür nicht zurechtweisen? Der Junge will doch erwachsen sein, oder? Also warum gelten nicht dieselben Rechte für ihn wie für mich?“ Ron hatte sich seiner Mutter zugewandt. „Ganz ehrlich, was würdest du mir sagen, wenn ich mich wie er benehmen würde? Der Junge ist lange aus der Pubertät, er ist nicht einmal mehr in der Schule. Es gibt schon lange keine Ausrede mehr dafür, dass er einfach Spaß daran zu haben scheint, anderen weh zu tun.“ Molly seufzte und verschränkte die Arme. Mit einem Kopfschütteln wandte sie sich ab. Harrys Herz sank praktisch zwischen seine Füße – Molly und Hermine waren praktisch die einzigen, die bisher noch auf seiner Seite gestanden hatten. Und Hermine bröckelte dabei schon länger als ihrer beider Schwiegermutter. „Ich denke, das lässt sich ganz einfach lösen“ Und selbst, wenn er der einzige war, der noch für seinen Sohn einstand, er würde sicher nicht aufgeben. „James, wenn du heute noch einmal jemanden beleidigst oder zum Weinen bringst, fliegst du hier raus“ Für einen kurzen Moment sah er Falten zwischen den Augenbrauen seines Sohnes auftauchen. Harry wandte sich zu seinem eigentlich besten Freund. „Und Ron? Dasselbe gilt für dich. Wenn ich noch eine Beleidigung aus deinem Mund in James Richtung höre, schmeiße ich dich ebenso hochkant raus. Gleiches Recht für alle, so wie du es wolltest. Alle einverstanden?“ Er sah nicht alle nicken, da Molly in an sich zog und freudig ausrief: „Das ist mein Sohn! Komm, nimm dir ein dickes Stück Kuchen!“ „Danke, ich hatte schon eins … ich denke, ich sollte besser auf meine Linie achten. Sonst setzt Ginny mich wieder auf Diät“ Ganz wie gewünscht brachte das alle zum Lachen und lenkte so wunderbar von vorher ab. Mit einem Seufzen zog Harry sich etwas zurück und nahm ein weiteres Bier. Kaum eine Stunde rum und schon wünschte er sich etwas Stärkeres. „Dad?“, flüsterte James und lehnte sich neben ihm an die Theke. „Hm-hm?“ Er ließ die Augen einfach geschlossen. Es half dabei, sich vorzustellen, er wäre irgendwo anders. Er liebte sie ja alle, aber im Pack konnten sie einem echt auf die Nerven gehen. „Ich … tut mir Leid“ James seufzte und nahm sich ebenfalls ein Bier. „Danke.“ „Passt schon“ Harry öffnete doch noch die Lider und schielte zu seinem Sohn rüber. Warum musste bloß alles so kompliziert sein? Er legte dem Jungen einen Arm um die Schultern. „Das mit Fleur habe ich auch geklärt. Tu mir einfach nur den Gefallen und beleidige heute niemanden mehr. Wenn nicht für mich, dann zumindest, um Onkel Ron eine rein zu würgen, ja?“ James schnaubte und ein schiefes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er nahm einen Schluck Bier, fuhr mit dem Handrücken über seinen Mund und meinte: „Geht klar, Dad.“ „Gut“ Er verunstaltete James Haare, so wie dieser es bei seiner Schwester getan hatte und stieß sich von der Theke ab. „Dann bis später.“ „Dad?“ Er drehte sich noch einmal um. Auf James Zügen lag ein Ausdruck, den er das letzte Mal gesehen hatte, als James in der zweiten Klasse seinen Besen geschrottet hatte. „Es tut mir wirklich Leid.“ Harry drehte sich zur Seite und legte eine Hand auf James Schulter. Die Lederjacke, die verwaschene Jeans, die Devil-may-care-Attitüde … der Junge entsprach seinem Zweitnamen mehr als seinem ersten. Andererseits war auch James Potter erst sozial akzeptabel geworden, als er hinter Lily Evans her war. Und wer wusste, was aus Harry geworden wäre, wenn er nicht Ginny gehabt hätte. Idiotie lag möglicherweise in der Familie. Und es war das erste Mal, dass James sich dafür entschuldigt hatte. Vielleicht gab es wirklich Hoffnung. „Ich würde dich ja bitten, es einfach nie wieder zu tun, aber ich glaube ehrlich nicht, dass du es schaffen würdest“, gab Harry offen zu, „aber ich würde mich sehr freuen, wenn du versuchen würdest, daran zu arbeiten.“ „Ich versuch' es doch schon!“ James wollte die Flasche wahrscheinlich nur abstellen, aber er haute sie beinahe zu Scherben. Er schluckte kurz und stellte sie etwas vorsichtiger ab. „Ich meine … ich versuche es wirklich. Aber jedes Mal, wenn ich einen Slytherin sehe, werde ich unglaublich wütend. Ich weiß, dass Albus das nicht verdient, aber seine Existenz regt mich unglaublich auf. So viele Dinge regen mich auf“ Er hatte die Hände gehoben und gestikulierte wild, während er sprach. „Alles regt mich auf. Ich bin immer nur wütend. Ich will das nicht, aber dann fahre ich Leute an und … ach, scheiße“ Er schlug mit einer Faust gegen den Schrank hinter sich. „Hey“ Harry festigte die Hand auf seiner Schulter – sowohl als Unterstützung als auch in Warnung. Molly wäre sicherlich nicht erfreut, wenn ihr Enkel ihre Einrichtung zerstörte. „Ruhig. Tief durchatmen.“ James funkelte ihn einen Moment böse an, tat es dann aber wirklich. Die Muskeln unter Harrys Hand entspannten sich fühlbar. „Gut“ Er nickte. „Glaub' es oder nicht, aber ich weiß, wie das ist. Nachdem ich von den Toten zurückgekehrt war und Voldemort umgebracht hatte, war ich einfach nur taub. Überall Tote, Verwundete, Feinde und Freunde nebeneinander. Ich sah mir das alles wie aus einer anderen Welt an – und dann kam die Wut. Alle hier wissen, ich war echt nicht einfach. Ich habe alles und jeden abgeblafft, geschubst, fertig gemacht … mit Ron habe ich mich sogar geprügelt“ James schien wie erstarrt, während Harry erzählte. Seine Augen waren so weit, wie Harry sie praktisch noch nie gesehen hatte. Heute war wohl der Tag des Aufwärmens alter Geschichten. „Ich weiß bis heute nicht, was das eigentlich war. Der Schock, wieder lebendig zu sein, nachdem man den Frieden des Todes erfahren hatte oder das Wissen, jemanden getötet zu haben … vielleicht war es auch diese unglaubliche Hilflosigkeit. Leichen zu zählen und Freunde zu Nummern werden lassen … Tonks und Remus, Teddys Eltern, waren Nummer achtunddreißig und neununddreißig. Fred, Georges Zwillingsbruder, dein Onkel … der war Nummer vierzehn. Und Bellatrix Lestrange, die meinen Patenonkel Sirius getötet hatte, wurde Nummer siebenundfünfzig. Molly hat sie umgebracht.“ Harry atmete tief ein, bevor er sich in den Erinnerungen verlor. Sie waren wie ein tiefes, schwarzes Loch. Er lebte mit ihnen, aber sie waren nicht leicht als Lebensbegleiter. Aber damit wollte er seinen Sohn nicht belasten. „Ich weiß nicht, was dich so wütend macht. Aber ich werde sicher nicht Ron glauben, dass du irgendwie von Geburt an verdorben und böse warst, denn das warst du nicht. Das alles hat mit dreizehn oder vierzehn erst angefangen. Irgendwo da muss der Grund für deine Wut liegen. Und ich hoffe, du findest ihn“ Harry legte seine zweite Hand James andere Schulter und ging etwas in die Hocke, um in das zu Boden gesenkte Gesicht zu schauen. „Allein schon für dich selbst. Okay?“ James nickte. Es war kaum mehr als ein Bruchteil einer Bewegung, aber es war ganz klar ein Nicken. Stockend und zögerlich arbeitete sich James Blick nach oben, bis er seinen Vater ansah. Er nickte noch einmal, diesmal fester und klarer. Ohne ein weiteres Wort griff er sein Bier und ging an seinem Vater vorbei. Harry lies den Atem los, den er angehalten hatte. Uff … es hatte fünf Jahre gedauert, aber zumindest wusste er jetzt ansatzweise, was James Problem war. Sturheit zahlte sich halt doch aus. Hoffentlich war er irgendwie zu ihm durchgedrungen – und wenn nur so weit, dass James heute niemanden mehr beleidigte. Einfach um zu beweisen, dass er es konnte. Ansonsten wusste Harry ehrlich nicht, wie er Ron weiter kontern sollte. Apropos, vielleicht sollte er auf den besser aufpassen. Außerdem war er nicht auf dem neuesten Stand, was die Quidditch-Spielergebnisse anging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)