Green Eyes von Kajia ================================================================================ Kapitel 31: Visionen -------------------- Thor´s POV: Schmerz hat viele Fassetten. Er kann lähmen, dich ich den Wahnsinn treiben, oder auch töten. Als Loki fiel, starb ein Teil meiner Seele. Doch ich spürte es nicht, denn die ersten Stunden nach seinem Tod war ich wie gelähmt. Ich hörte die Leute mit mir reden, doch verstehen konnte ich ihre Worte nicht und als meine Mutter mich berührte, mit Tränen in ihren Augen, fing ich an zu schreien und um mich zu schlagen, denn ihre Berührung machte mir meinen Schmerz erst bewusst. Die ganze Nacht und den nächsten Tag saß ich in meinem Zimmer und starrte an die Wand und ein kleiner Teil von mir wurde in dieser Zeit wahnsinnig, denn immer wieder hörte ich Loki´s Stimme. Diese Stimme, die ich so sehr liebte. Und ich sah ihn vor mir, wie er mich aus diesen unglaublichen Augen ansah. Irgendwann kam Odin in mein Zimmer. Eine ganze Weile saß er schweigend da und wartete darauf, dass ich ihn ansehen würde und als ich meinen Blick auf ihn richtete, sah ich, dass sein gesundes Auge rot unterlaufen war. Er hatte geweint. Und dieser Anblick ließ auch meinen Damm brechen. Seit ich ein Kind gewesen und von ihm nach Midgard geschickt worden war, hatte ich nicht mehr geweint, doch nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Leise schluchzend brach ich auf meinem Bett zusammen und ich spürte wie Odin sich neben mich setzte und mein Haar streichelte, so wie er es vor so vielen Jahrhunderten schon getan hatte. Er redete leise und beruhigend auf mich ein, doch als ich die Fassung wiedergewann, fühlte ich mich trotzdem immer noch leer. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ich bereit war meinem Vater zuzuhören und dann begann er mir die Geschichte des Jotunenkrieges noch einmal zu erzählen. Er erzählte von ruhmreichen Schlachten, tiefster Verzweiflung und dem Moment, als der Sieg der Asen beschlossene Sache war. Ausführlich schilderte er mir, wie er sich einen Weg zu dem Tempel der Eisriesen bahnte, um ihnen die Quelle ihrer Macht zu rauben, und wie er in diesem, auf einem steinernen Altar ein Neugeborenes fand. Nicht größer, als ein Asenkind, mit blauer Haut, welche von schwarzen Linien durchzogen war und tiefroten Augen. Und dann erzählte Odin, wie das Kind sich plötzlich veränderte, seine Haut weiß und rosig wurde und die Augen eine Farbe annahmen, welche die schönsten Smaragden in Asgards Schatzkammern in den Schatten stellten. Mit jedem Wort, dass er aussprach wurden meine Augen größer, denn er berichtete, wie er heim kehrte, mit der Urne und dem Kind, und wie er es zu seiner Frau brachte, die Mitleid mit dem armen Säugling hatte, der einfach ausgesetzt worden war. Und Odin erzählte, wie sein ältester Sohn in ihre Gemächer kam und sich auf den ersten Blick in das Baby verliebte, welches seine Mutter so liebevoll auf dem Arm hielt, sodass Odin beschloss, mit diesem Kind den ersten Stein in eine friedliche Zukunft zu legen. „Loki.“, flüsterte ich entsetzt und meine Stimme klang rau und heiser: „Er ist nicht mein Bruder.“ „Er ist mit dir aufgewachsen, Thor. Stand stets an deiner Seite, egal ob im Spiel oder im Kampf, aber nein: Er ist nicht dein Bruder.“, antwortete Odin und ich sah aufrichtiges Bedauern in seinem Auge. „Wie konntet ihr es so lange verstecken?“, fragte ich und brennende Wut machte sich in mir breit: „Wie konntet ihr uns beide so anlügen? Wir hätten ein Recht darauf gehabt, es zu erfahren!“ Odin seufzte „Loki hat es gewusst. Nach eurem Kampf in Jotunheim, hat er die Waffenkammer aufgesucht und die Urne benutzt. Das Artefakt kann nur von einem Eisriesen verwendet werden und durchbricht jedweden Illusionszauber, selbst wenn der Benutzer diesen selbst gewoben hat. Loki konnte schon immer jede Form annehmen, die ihm beliebte, doch die Asenform hatte er bis dahin noch nie wirklich abgelegt.“ „Es muss schrecklich für ihn gewesen sein!“, murmelte ich: „Zu erfahren, dass er eines der Monster ist, vor denen du und alle anderen uns immer gewarnt haben. Er muss völlig am Ende gewesen sein und niemand war für ihn da. Ich hätte da sein müssen!“ Meine Stimme überschlug sich fast: „Wie konntest du ihn so verraten? Er ist doch dein Sohn.“ Wieder rollten mir Tränen über die Wangen, als ich mir Loki´s Einsamkeit vorstellte und ich erinnerte mich an seinen Besuch, als die Menschen mich gefangen hatten. Seine Augen waren leer gewesen! Sie waren der Grund dafür, dass ich mich nicht gegen die Küsse und Berührungen wehrte, denn ich wusste in diesem Moment, dass er mich brauchte. „Ich weiß, dass ich euch beide enttäuscht habe, Thor!“, sagte Odin: „Doch du musst mich verstehen. Ich wollte, dass Loki ein normales und glückliches Leben führen konnte, ohne Angst haben zu müssen, von den Asen verspottet und ausgegrenzt zu werden.“ Ich schnaubte und erhob mich vom Bett, um im Raum auf und ab zu gehen. „Dafür war es in dem Moment zu spät, als du mich nach Midgard schicktest!“, sagte ich: „Loki war schon immer anders, als alle anderen und das wusste er. Er wusste, dass du mich bevorzugst und deswegen trainierte er wie ein Besessener. Er übte sich in Magie und spielte allen Leuten Streiche, damit sie sahen zu was er fähig war. Sie sollten sich in Zeiten des Kampfes auf ihn verlassen. Aber um jemanden zu vertrauen, müssen die Leute erst einmal sehen, dass schon jemand demjenigen vertraut. Und du hast ihn doch immer nur weggesperrt!“ Odin sagte nichts. Kein Wort der Erwiderung fand den Weg über seine Lippen, denn wir beide wussten, dass ich Recht hatte. Er mochte Loki als einen Sohn angesehen haben, doch gleichzeitig hatte er immer Angst gehabt. Angst vor der Macht, die Loki inne wohnte. Nachdem das Gespräch beendet war, machte ich mich daran meine Freunde zu finden. Sie waren bei dem Angriff des Destroyers arg in Mitleidenschaft gezogen worden, und ich wollte mich vergewissern, dass es ihnen gut ging. Ich fand Sif und die anderen in einem der kleineren Salons. Sie saßen auf den Sofas, doch als ich den Raum betrat, wurden sie still. „Thor.“, sagte Sif und ich sah tiefes Bedauern in ihren Augen: „Wie geht es dir?“ Ihre Frage brachte mich ein wenig aus dem Konzept, denn eigentlich wollte ich doch ihren Zustand erfahren. Auch konnte ich nicht gleich antworten, denn ich wusste, würde ich sagen es ginge mir gut wäre das eine Lüge und ich konnte noch nie besonders gut lügen. Deshalb sagte ich nur: „Den Umständen entsprechend. Wie geht es euch?“ Sif´s Blick huschte zu den andren und Volstagg sagte: „Alles Bestens! So schnell wirst du uns nicht los.“ Sein breites Grinsen wirkte unecht und ich wusste, dass er mich nur trösten wollte, doch es hatte nicht den gewünschten Effekt. „Bitte entschuldigt mich.“, murmelte ich, bevor ich aus dem Zimmer stürzte. Keine Sekunde länger konnte ich bei ihnen bleiben, denn ich wusste, irgendwann würden sie auf Loki zu sprechen kommen und es würde nicht positiv für meinen Bruder ausgehen. „Bitte warte, Thor!“, rief Sif, die mir gefolgt war und sie packte mich am Arm. Wir standen in einem leeren Gang und ich blickte starr auf den Boden. Ich wollte ihr nicht in die Augen sehen. „Ich weiß, es ist hart für dich. Aber willst du denn nie wieder mit uns reden?“, fragte sie und ich hob den Kopf um sie anzusehen. „Ich habe doch mit euch geredet.“, erwiderte ich und sie gab ein freudloses Lachen von sich. „Du fragtest wie es uns geht, dabei haben wir nur ein paar Kratzer und du eine Wunde, die schon Menschen getötet hat. Also sei ehrlich. Wie geht es dir?“ Es blieb eine Weile still zwischen uns, bevor ich den Kopf senkte und ein bitteres Lächeln um meine Lippen spielte. „Ich habe das Wichtigste in meinem Leben verloren. Was glaubst du wie es mir geht?“, antwortete ich: „Mein Herz ist herausgerissen. Ich kann nicht schlafen, denn wenn ich die Augen schließe sehe ich ihn vor mir. Wie er über dem Abgrund hängt und eine Träne über seine Wange rollt, weil er weiß, dass er nicht überleben wird. Ich kann nicht essen, denn jeder Bissen verwandelt sich in Asche, bei dem Gedanken, dass ich nie wieder mit ihm am Tisch streiten oder lachen werde. Und ich hab das Gefühl langsam wahnsinnig zu werden. Kurz gesagt, es geht mir einfach beschissen, wie die Menschen sagen würden.“ Sif sah mich entsetzt an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ich sah Tränen in ihnen schimmern, doch sie behielt die Fassung und zog mich stattdessen an sich. Die Umarmung war nicht die, die ich begehrte, doch sie war seltsam tröstend und ein warmer Balsam legte sich über meine zerschundene Seele. Lange standen wir so da, in einem leeren Gang eng aneinander geschmiegt und als wir uns lösten, lächelte mich meine langjährige Freundin an. „Komm!“, sagte sie: „Es wird Zeit zu den anderen zu gehen.“ Es vergingen zwei Monate. Zwei Monate in denen sich der Alltag in Asgard langsam wieder normalisierte. Der Bifröst wurde von den besten Handwerkern unter der strengen Aufsicht eines genesenen Heimdalls wieder aufgebaut und alles ging seinen gewohnten Gang. Ich verbrachte viel Zeit damit, mit meinen Freunden durch die Wälder zu streifen, oder zu trainieren, denn trotz der vergangenen Zeit, konnte ich immer noch keine Ruhe finden. Jedes Mal, wenn ich allein war, hörte ich Loki´s Stimme in meinem Kopf. Ich spürte seine Anwesenheit und immer wieder hatte ich das Gefühl, etwas zu sehen, dass gar nicht existierte. Dunkle Felsen, Ketten und widerliche Kreaturen, die sich über eine zusammengesunkene Gestalt beugten, lachten und immer wieder ihre Peitschen schwangen. Oftmals erwachte ich schweißgebadet aus einem dieser Albträume und spürte noch den heißen Schmerz der Peitsche auf meiner Haut. Und jedes Mal wurden die Träume schärfer und realer. Ich sah immer mehr Einzelheiten, Konturen und dann eines Tages, sah ich auch das Gesicht des Gefolterten und aus dem blassen und eingefallenen Antlitz blickten mir leeren, smaragdgrüne Augen entgegen. „Loki!“, schrie ich, als ich aus dem Traum hochfuhr. Mein Atem ging keuchend und ich hatte die Hand ausgestreckt, wie um jemanden zu ergreifen. Die Tür meiner Gemächer schlug krachend gegen die Wand und zwei Wachen stürmten in den Raum. Scheinbar hatte sie meinen Schrei gehört und einer der Wächter fragte: „Was ist los, Hoheit?“ Ich starrte ihn entsetzt an, bevor ich aus dem Bett sprang, nackt wie ich immer schlief und mir in Windeseile eine Hose und eine Tunika überstreifte. „Weckt meinen Vater und bringt ihn in den Versammlungsraum. Und sattelt mir ein Pferd.“ Völlig verwirrt befolgten die Beiden meine Befehle und ich schlüpfte schnell in meine Stiefel, um mich dann zu dem Versammlungsraum zu begeben. Odin und Frigga standen beide in dem großen Saal, Odin in einer langen Robe und Mutter noch in ihrem Nachthemd, doch beide waren hellwach und Vater fragte: „Was ist los, Thor? Warum hast du uns wecken lassen.“ Mit schnellen Schritten war ich bei ihm und legte ihm meine Hände auf die Schultern. „Loki lebt. Ich habe ihn gesehen!“, sagte ich und Odin runzelte die Stirn. „Du wirst geträumt haben, Thor. Loki ist-“ „Nein!“, unterbrach ich ihn energisch: „Ich habe ihn gesehen. Seit einiger Zeit habe ich seltsame Träume von einem Mann, der gefoltert wird und heute Nacht konnte ich sein Gesicht erkennen. Es ist Loki! Ich weiß nicht wie, aber vielleicht schickt er mir diese Visionen und ruft mich so um Hilfe. Bitte glaube mir. Er wird gefangen gehalten.“ Ernst sah Odin mir in die Augen, suchte nach einem Anzeichen dafür, dass ich langsam den Verstand verlor, doch da war nichts außer aufrichtiger Sorge und dass erkannte der Allvater. „Nun gut! Was hast du vor?“, fragte er ernst und ich seufzte erleichtert. „Ich will zum Tempel. Ich muss in die Halle der Weissagung und dort das Orakel befragen.“, gab ich zurück. Odin wurde blass. Er wusste, was es bedeutete, dass Orakel zu befragen, außer es ging um die Volljährigkeitsprüfung, denn das Orakel erzählte einem alles. Von den guten, als auch den schlechten Dingen und schon ein ums andere Mal, waren Asen, die das Orakel befragten, nicht wiedergekommen. „Bist du sicher, dass das die einzige Möglichkeit ist?“, fragte Odin mich und ich hörte tiefe Sorge in seiner Stimme. „Ja!“, sagte ich trotzdem: „Die Welt die ich sah, war keine der uns bekannten, doch wenn Loki wirklich gefoltert wird, muss ich alles riskieren. Ich werde ihn kein zweites Mal im Stich lassen.“ Odin nickte nach einem Moment des Nachdenkens und gab mir so seinen Segen. Sofort drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte nach draußen. Vor dem Palasttor wartete ein Pferd auf mich und so schnell ich konnte, ritt ich zu dem imposanten Gebäude, welches der Tempel darstellte. Die Priester waren allesamt völlig überrascht mich zu sehen, doch als ich ihnen mein Anliegen vortrug, brauchte es alle drei Hohepriester, um sie zu überzeugen, mich in die Halle der Weissagung zu lassen. In dem schwarzen Raum war es seltsam dunkel, als wären die Sterne der Ahnen erloschen, doch die Macht, die in der Kammer wohnte, war immer noch spürbar. „Ich brauche eine Antwort, Orakel.“, sagte ich und meine Stimme hallte bedrohlich wieder: „Bitte! Ich muss wissen, wo mein Bruder ist.“ Lange blieb es still in dem Saal und ich spürte bereits die Wut in mir hoch kochen, doch dann hörte ich die tiefe Stimme des Orakels. „Dein Bruder ist in der Hand der fürchterlichsten Kreaturen des Alls. Der Chitauri. Sie wollen ihn benutzen und sie werden ihn brechen, doch du kannst ihn retten. Bald schon wird er zu dir kommen und dann musst du eine Entscheidung treffen. Sei also bereit!“ Als die Stimme verstummte, sah ich Bilder von den grässlichen Kreaturen und ich musste mit ansehen, was sie Loki antaten und ich wusste, ich würde jedes einzelne dieser Ungeheuer umbringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)