Green Eyes von Kajia ================================================================================ Kapitel 17: Risiko ------------------ Thor´s POV: Es war zum Haare raufen. Seit Stunden lief ich nervös auf und ab, und meine Freunde waren mittlerweile mehr als genervt von mir, aber was sollte ich schon dagegen tun? Mein Bruder war in dem unwirtlichsten aller neun Reiche, hatte eine Aufgabe bekommen, die selbst hartgesottene Krieger in die Knie zwingen würde und war auch noch völlig allein. Die letzten Vorbereitungen für Loki´s Fest waren in vollem Gange, doch statt der fröhlichen Stimmung, die ein Geburtstag sonst immer hervorrief, glich die Stimmung im Schloss eher einer bevorstehenden Trauerfeier. Ich war mittlerweile sogar so weit, jedem, der glaubte Loki würde nicht lebend heimkehren, mit Peitschenhieben zu drohen, sollte er oder sie noch einmal so etwas behaupten. Odin schien weit weniger besorgt zu sein, doch wenn ich genau hinsah, sah ich die Anspannung, die von seinem Kiefer, bis zu seinen Händen ging. Er sprach auch nicht mit Frigga, gab nur kurze Anweisungen und schien sonst völlig in Gedanken versunken zu sein. Ich selbst konnte diesen Anblick nicht länger ertragen und ging, ohne auf Sif zu achten, die mir folgen wollte und von Fandral aufgehalten wurde, in den Schlossgarten. Mein Weg führte mich zu einem kleinen Teich, in dem Fische schwammen, die uns einst von einem asiatischen Gott zum Geschenk gemacht worden waren. Die Fische waren wunderschön, in prächtigem Rot und Gold, Blau und weiß. Doch es gab einen Fisch, der sich von den anderen abhob. Er war der kleinste in dem Teich und seine Schuppen waren tiefschwarz, mit einem irritierend grünem Muster. Als ich den Fisch das erste Mal erblickte, hatte ich Loki damit aufgezogen und gesagt: „Schau genau hin, kleiner Bruder. Das dort ist dein Fischgewordenes Ich!“ Loki, der damals gerade zwölf geworden war, hatte den Fisch kühl gemustert und gemeint: „Er hebt sich wenigsten von den anderen Fischen ab. Wenn ich dir einen Fisch nennen würde, könntest du ihn gar nicht finden.“ Mit diesen Worten hatte er sich umgedreht und war von dannen gezogen. Ich hatte noch Tage später über seine Worte nachgegrübelt, denn oftmals verbarg Loki einen tieferen Sinn hinter seinen Worten. Irgendwann allerdings, war mir die Geduld ausgegangen und ich war frustriert zu Odin gegangen. Vater hatte schon immer ein Händchen dafür bewiesen, Loki´s Aussagen zu deuten und auch diesmal enttäuschte er mich nicht, auch wenn seine erste Reaktion schallendes Gelächter war. Einen Moment hatten seine Gemächer von seinem Lachen gedröhnt, bis er sich wieder beruhigt hatte und mir, immer noch mit einem Schmunzeln in seinem verbliebenen, blauen Auge, sagte: „Thor, Loki´s Ausspruch ist sehr einfach zu deuten. Er bezieht sich auf Asgard und die Menschen die hier leben.“ Verwundert blickte ich meinen Vater an und dieser seufzte, bevor er mir einen Platz, in einem der Sessel vor dem Kamin zuwies, Tee und Früchte auf dem Tisch zwischen uns platzierte und dann fortfuhr: „Mein Sohn, dir ist doch sicher einmal aufgefallen, dass Loki anders aussieht, als alle anderen Asen?“ Ich nickte, während ich mir eine Blaubeere in den Mund schob. „Alle Asen,“, sagte Odin: „Haben meist blonde oder braune Haare und blaue oder braune Augen. Sie sehen zwar alle anders aus, und niemand würde dich mit, sagen wir, unserem blonden, blauäugigen Waffenschmied verwechseln, aber im großen und ganzen ist deine Haar- und Augenfarbe nichts besonderes.“ Einen Moment dachte ich über seine Worte nach und beobachtete meinen Vater dabei, wie er bedächtig jedes Glied einer Brombeere abtrennte, um sie sich dann einzeln in den Mund zu stecken. Nachdem er alles verspeist hatte, wischte er sich die Hände ab und fuhr fort: „Loki hingegen ist der einzige Ase den ich kenne, und damit meine ich auch unter den Asen, die lange vor eurer Geburt gelebt haben, der schwarze Haare und grüne Augen hat. Diese Farben gab es niemals in Asgard und das macht ihn zu etwas besonderem. Deinen Spruch hat er also damit abgetan, dass sein Fisch etwas besonderes ist, im Gegensatz zu den anderen Fischen.“ Erstaunt hatte ich Odin damals betrachtet und als Loki und ich zwei Tage später auf die Jagd gingen, erklärte er mir, dass er dem Fisch einen Namen gegeben hätte. „Und? Wie hast du ihn genannt?“, fragte ich neugierig, nachdem er eine Weile schweigend neben mir hergeritten war. Er sah mich aus seinen strahlenden Augen an, lächelte und antwortete: „Donar!“, bevor er seinem Pferd die Sporen gab und davon preschte. Nun saß ich an dem klaren Teich und beobachtete Donar, der ruhig seine Runden schwamm und dabei von allen anderen Fischen umkreist wurde. Er sah aus wie der Mittelpunkt eines Universums und schien gleichzeitig so allein zu sein, dass mir wieder einmal bewusst wurde, wie treffend Loki den Namen gewählt hatte. Donar war nämlich die Verkörperung unser beider Individuen. Der Außenseiter, der in seiner Einzigartigkeit die Besonderheit definierte und der Mittelpunkt, den die Massen umschwärmen, um sich in seinem Glanz zu sonnen. „Ich hoffe es geht dir gut, Loki!“, flüsterte ich in die Leere und wünschte mir, dass genau in diesem Moment ein Diener um die Ecke geeilt kommen sollte, der mir berichtete, dass Loki wohlbehalten seine Prüfung überstanden hatte. Als plötzlich wirklich ein Diener auf mich zugeeilt kam, sah ich hoffnungsvoll zu ihm, um kurz darauf Herzrasen zu bekommen, als ich seinen panischen Blick sah. „Eure Majestät, Ihr sollt sofort mit Eurer Familie beim Tempel erscheinen.!“, keuchte er, als er mich erreicht hatte und ohne ein Wort ließ ich ihn stehen und eilte zu den Ställen. Schon von weitem sah ich Vater und Mutter bei drei gesattelten Pferden stehen und ich versuchte Mutters besorgten Blick zu ignorieren. Ich grüßte mit einem Nicken um keine Zeit zu verlieren und schwang mich auf mein Pferd. Odin und Frigga taten das selbe und so schnell es uns möglich war, ritten wir zum Tempel. Die Asen, die sich zu diesem Zeitpunkt auf den Straßen befanden, hechteten schnell beiseite und aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich sofort kleine Grüppchen bildeten. Wahrscheinlich um zu debattieren, ob Loki schon tot war. Dieser Gedanke erfüllte mich mit solchem Grauen, dass ich das Pferd noch schneller antrieb. Odin und Frigga hatten bereits Probleme, mir zu folgen, aber da Vater nichts zu meinem halsbrecherischem Tempo sagte, dachte ich auch gar nicht daran langsamer zu werden. Sobald ich den Tempel erreicht hatte, sprang ich vom Ross und hechtete die Stufen zu dem Gebäude empor. In der Eingangshalle hatte ich keinen Blick für die Pracht der Kunstwerke und entlockte stattdessen einem zutiefst erschrockenen Tempeldiener den Grund für unser Rufen. Odin und Frigga gesellten sich zu mir, als der, mittlerweile völlig verängstigte, Diener mir sagte, dass die Hohepriester uns im Kristallraum erwarteten. Der Kristallraum war ein großer Saal, der aussah, als wäre er aus einem Regenbogenfarbenen Stein geschnitzt worden. In der Mitte stand eine etwa kopfgroße, schwarze Kugel, die in etwa dieselben Funktionen hatte, wie Heimdalls Augen. Allerdings konnten nur die Hohepriester sie verwenden und diese taten es äußerst selten, denn es hieß die Kugel würde die Lebenszeit verkürzen. Ich persönlich hielt das für Schwachsinn, denn schließlich sah Heimdall seit vielen hundert Jahren mit seinen Augen in die verschiedenen Welten und hatte sich bis jetzt über kein Problem beklagt. Nun allerdings standen die drei, wirklich alten, Männer über die Kugel gebeugt da und sahen alles andere als glücklich aus. Der erste, der uns bemerkte war auch gleichzeitig der kleinste der Drei. Seine Haut war runzelig, sein Bart lang und seine Augen gleichsam trüb und so durchdringend, dass es mir sofort Gänsehaut bereitete. „Odin Allvater, Frigga Allmutter und Thor Odinson. Gut, dass Ihr so schnell erschienen seit. Es gibt ein Problem!“ Seine Worte jagten mir kalte Schauer über den Rücken und am liebsten hätte ich den kleinen Mann am Kragen gepackt und geschüttelt, doch sowohl die Hand meines Vaters, als auch die beruhigende Stimme des größten Hohepriesters, ließen mich, mich zusammenreißen und stattdessen fragen: „Was für ein Problem?“ Meine Stimme zitterte vor Sorge und ich ignorierte den mitfühlenden Blick des mittleren Priesters. „Nun ja,“, begann der Kleinste wieder: „Bis jetzt ist die Prüfung erstaunlich gut verlaufen. Prinz Loki macht seiner Familie alle Ehre und auch die drei Schuppen konnte er problemlos stehlen.“ Erleichtert seufzte ich auf. Das hörte sich schon mal so an, dass Loki nicht verletzt war, doch die ernste Miene der drei Alten, nahm mir meine gute Laune wieder. „Eure Erleichterung über Loki´s körperliche Unversehrtheit ist gerechtfertigt, denn noch geht es ihm gut. Doch Nidhöggr ist erwacht und macht nun Jagd auf Euren Bruder. Er flieht vor ihm, denn gegen Nidhöggr zu kämpfen wäre Wahnsinn, doch wir können ihn nicht zurückholen.“ „Wieso nicht?“, brüllte ich und hätte Odin´s Hand am liebsten abgeschüttelt: „Er hat die Prüfung doch erfüllt. Heimdall muss ihn nur mit dem Bifröst zurückholen.“ „Nein Thor.“, sagte da plötzlich Odin und entgeistert drehte ich mich zu ihm um: „Solange Nidhöggr ihn verfolgt, können wir ihn nicht zurückholen. Das Risiko, dass wir versehentlich den Drachen mit transportieren ist einfach zu groß. Loki ist auf sich allein gestellt.“ Hosted by Animexx e.V. 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