Das Phantom der Hochschule von Redfire (Das Erbe des Phantoms der Oper) ================================================================================ Kapitel 5: Die Stimme aus der Dunkelheit ---------------------------------------- Kapitel 05: Die Stimme aus der Dunkelheit „Geh nicht weiter!“ Bewölkt, trüb und regnerisch zeigte sich dieser Mittwoch in der Hansestadt Rostock. Mit gemischten Gefühlen betrat Sarah die Hochschule, wissend, dass ihre gestrige Aktion nicht einfach hingenommen werden würde. Tatsächlich richtete ihr Herr Dewers, der Theorielehrer aus, dass sie sich in der Pause beim Direktor melden sollte. Mit gesenktem Kopf setzte sie sich an ihren Platz. Maora und Takuto sahen sie an. „Was hast du denn verbockt?“ „… Na ja. Da ist gestern noch was passiert. …“ sagte Sarah zögernd, als sie ihr Schreibzeug auspackte. „Na los, raus mit der Sprache. Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!“ fuhr Maora sie nun an und Sarah erzählte ihnen schließlich von dem Vorfall. Die beiden waren angetan von der Geschichte und stink sauer auf Jenny. Am liebsten wären sie in der Pause auch direkt auf Konfrontationskurs gegangen, doch Sarah konnte sie glücklicherweise überreden, dies nicht zu tun. Nach viel Theorie und einem kleinen Test, der unangekündigt nicht gut bei den Studenten ankam, ging es endlich in die Pause. Während sich Takuto und Maora wie gewohnt in die Cafeteria setzten, stand Sarah ein unangenehmes Gespräch bevor. Widerwillig und mit Magenschmerzen ging sie in den zweiten Stock des Gebäudes zu den Verwaltungsräumen und klopfte dort an die Zimmertür des Direktors. Dieser rief sie herein und Sarah setzte sich auf den Stuhl, auf dem sie zuletzt bei ihrem Bewerbungsgespräch gesessen hatte. „Ehrlich gesagt hätte ich so etwas nicht von ihnen erwartet. Diese Nachricht erreichte mich heute früh. Entspricht es der Wahrheit, dass sie eine Studentin ihres Kurses attackiert haben?“ fragte der Direktor mit ernster Stimme. „… Ja das ist richtig.“ Antwortete Sarah etwas zögernd. „Das überrascht mich sehr. Ich hatte sie als ruhigen Menschen eingeschätzt, der Konfrontationen dieser Art meidet.“ „Für gewöhnlich bin ich das ja auch. Allerdings hat sie einen Satz gesagt, woraufhin ich mich nicht beherrschen konnte.“ Erklärte Sarah, fand aber wenig Gehör bei dem Direktor. „Die Gründe sind mir egal. Derartige Ausschreitungen werden hier nicht geduldet.“ Sagte er nun mit strenger Stimme. „Ja, aber wissen sie, was sie gesagt hat?“ versuchte Sarah zu erklären, doch sie wurde unterbrochen. „Das ist mir ganz egal.“ Das kam lauter und bedrohlicher raus, als er es beabsichtigt hatte und Sarah zuckte zusammen. Etwas gedämpfter erklärte er weiter: „Wenn ich jedem Studenten eine solche Handlungsweise gestatte, dann würde ich sehr schnell meine Sachen packen müssen. Ganz zu schweigen von dem guten Ruf, den diese Schule zu verlieren hat. Ich denke, dass sie einer vernünftige Person sind. Entschuldigen sie sich bei ihrer Kameradin, dann sehe ich von einer Abmahnung ab.“ Sarah hielt inne und sah ihn an. Sie musste kurz darüber nachdenken und schließlich antwortete sie: „Nein, ich werde mich nicht bei ihr entschuldigen.“ Der Direktor glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Ebenso verdutzt war Erik, der mal wieder mithörte. „Wie bitte? Sie wollen sich nicht entschuldigen?“ „Nur, wenn Jenny sich für ihre Aussage bei Takuto und Maora entschuldigt.“ Antwortete Sarah mit entschlossenem Blick, was den Direktor jedoch nur verwirrte. „Seien sie nicht dumm.“ Versuchte er sie nun zu bekehren, doch es war sinnlos. „Dann bin ich eben dumm, aber wenn ich mich jetzt bei ihr entschuldige, verrate ich Japan und sein Volk. Ich stehe zu dem, was ich getan habe und trage die Folgen. Aber meinem Herzen und meiner Überzeugung bleibe ich treu!“ Der Direktor war von ihren Worten wohl beeindruckt, trotzdem hatte er eine Verantwortung gegenüber den Studenten und der Schule. Er schloss die Augen und dachte noch mal nach. Doch die Situation war unumkehrbar. „Dann spreche ich ihnen hiermit eine mündliche Verwarnung aus. Zu ihrer Information. Sollten sie eine weitere erhalten, werden sie unverzüglich vom Studium ausgeschlossen.“ Sarah holte noch einmal tief Luft, schloss dabei die Augen und öffnete sie beim Ausatmen wieder. „In Ordnung. Kann ich wieder gehen?“ „Ja, das wär alles.“ Sagte der Direktor und trug die Verwarnung in das System über seinen Computer ein. Sarah schloss die Tür hinter sich und ging zurück in die Cafeteria, während Erik sich dem Direktor zeigte. „Du bist wirklich neugierig in der letzten Zeit.“ Erkannte der Direktor. „… Du kannst über sie sagen, was du willst, aber sie hat einen starken Charakter.“ „… und das findest du interessant, hm?“ fragte er und wendete sich Erik zu. Dieser schwieg auf diese Frage. Stille kehrte in den beleuchteten Raum und der Direktor beendete seine Eintragung im System. Sarah hatte sich gerade wieder zu ihren Freunden gesetzt, als Maora ihr einen Schoko-Muffin vor die Nase stellte. „Hm? Wofür ist das denn?“ fragte Sarah lächelnd. „Für deinen Einsatz für Japan natürlich. Wie war’s beim Rektor?“ fragte Maora, die sich gerade einen saftigen Hamburger genehmigte. „Ja, hab ne Verwarnung bekommen. Muss aber keine Strafarbeiten oder so was leisten.“ „Na ja, das geht ja noch. Du bist ja nur ein halbes Jahr hier. Da passt das schon.“ Versuchte Takuto sie zu ermutigen und lächelte sie an. Doch wirklich beruhigend oder ermutigend war das nicht. Sarah schüttelte den Kopf. „Noch eine Verwarnung und ich fliege. Also haltet mich bitte davor ab, etwas Dummes zu tun.“ Takuto und Maora machten große Augen und waren erstmal erschrocken. Doch die beiden würden schon dafür Sorge tragen, dass Sarah sich fortan beherrscht. Genau wie den Tag zuvor, ging es im Anschluss an diese Pause in die Aula und wieder durfte sich jeder profilieren. Heute durften die Studenten jedoch nur Solo auftreten und auch nur musizieren. Frau Hampel betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. Zielgerichtet ging sie auf ihren Platz, auf dem sie gestern schon gesessen hatte. Bevor sie sich hinsetzte, rief sie laut: „Einen schönen guten Tag. Heute will ich was hören von euch. Zeigt mir was ihr drauf habt. Heute wird bewertet!“ Sofort ertönte lautes Gestöhne von den Studenten und Sarah sah ihre Freunde an. „Wir werden heute zensiert?“ „So was passiert schon mal.“ Antwortete Maora lächelnd und setzte sich neben ihre Freundin auf den mit Schaumstoff bezogenen Stuhl. Dann ging es auch schon los und die Studenten kamen einer nach dem anderen nach vorne auf die Bühne und trugen etwas vor. Entweder auf einem Instrument oder sie sangen. Der ein oder andere machte sogar beides, was allerdings nicht immer die bessere Wahl war. Dann drehte sich die Lehrerin zu den hinteren Reihen um und rief weitere Studenten auf die Bühne. Es kam wirklich keiner unbeschadet davon. Da jeder seine Lorbeeren persönlich abholen musste, dauerte das natürlich entsprechend lange. Doch schließlich und endlich war Takuto an der Reihe, der sich die Gitarre schnappte und seine Akustikversion von Away from the sun präsentierte. Was niemanden auffiel, da keiner mehr die Konzentrationsfähigkeit dazu hatte, war, das Takuto oft zu Sarah und Maora hinüber sah. Maora dachte sich nichts weiter dabei und Sarah schien ziemlich müde zu sein und nickte fast ein. Dann ging es an die Bewertung und Maora löste ihn ab. Auch sie präsentierte einen Song auf der Gitarre, allerdings ohne dazu zu singen. Es war ein ziemlich lauter und schneller Song, der die Zuhörer wach kriegen sollte, was ganz offensichtlich funktionierte. Sarah schreckte auf und sah etwas verschlafen auf die Bühne. „Du bist gleich dran.“ Sagte Takuto dann zu ihr und man sah ihr die Freude regelrecht an. „Oh ja. Ganz klasse. Ich bin das Schlusslicht, oder? Na es hört jetzt sowie so keiner mehr zu, dann kann ich wohl spielen, was ich will.“ Maora kam gerade mit positiver Bewertung wieder an ihren Platz, als Sarah das sagte. „Nichts da. Probier mal zu spielen und zu singen.“ „Ich singen?“ fragte Sarah erschrocken, als sie aufstand und sich an ihren Freunden vorbei drängte. „Ja, du musst ja keinen super schweren Song auswählen. Was einfaches mit Tönen, die du triffst.“ Schlug Maora ihr vor und obwohl Sarah dazu keine Lust hatte, beschloss sie das einfach mal auszuprobieren. Tatsächlich gab es einen Song, zu dem sie relativ gut singen konnte und zwar aus dem Grund, weil sie den Song selbst geschrieben hat. Sarah betrat also die Bühne, schnappte sich eine Konzertgitarre und setzte sich auf den Hocker. Das Mikro auf die richtige Höhe stellend sagte sie dann; „Also, den Song habe ich selbst geschrieben. Er heißt Ich vermisse euch.“ Die Lehrerin und ihre Freunde schienen sehr interessiert zu sein, ebenso wie der sich hinterm Vorhand versteckende Erik. Der Rest schien aber nur noch auf den Schluss zu warten und saßen gelangweilt und mit ihrem Handy spielend auf ihren Plätzen. Dann ging es los. Sarah fing an zu singen und setzte nach der ersten Strophe mit der Gitarre ein. Sehr gefühlvoll sang sie diesen Song und vertiefte sich richtig in ihn, das sah man ihr an. Verträumt und ganz offensichtlich an jemanden denkend, sah sie in den hinteren Teil der Aula. Ich vermisse euch sehr. Ich fühl mich ziemlich allein. Ich hoffe bald kommt der Tag, an dem wir uns wiedersehn. Dann bin ich wieder daheim. Das Lied endete mit einer Gitarrenpassage und mit einer Träne, die Sarahs Wange hinunterlief. Dieser Song hatte sie offenbar mitgenommen. Die Lehrerin lobte sie für ihre Gefühle, die sie absolut perfekt in den Song unter gebracht hat. Kritik gab es jedoch an dem nicht ganz perfekten Gesang und der eher unspektakulären Spielweise. Doch damit konnte Sarah umgehen. Während die Lehrerin noch zu den anderen Studenten die letzten Worte des Tages sprach, packte Sarah die Gitarre zurück. Als sie sich wieder umdrehte, um von der Bühne runter zu gehen, fiel ihr auf, dass sich der Vorhang wieder bewegte. Doch nicht nur das. Sie war sich ganz sicher, für einen winzigen Augenblick eine Person gesehen zu haben. Das kam ihr reichlich spanisch vor und dieses mal, sah sie sofort nach. Sie zog den Vorhang bei Seite und… [Nichts… Ich war mir ganz sicher, dass hier gerade jemand stand.] „Alles klar. Das war’s für heute. Einen schönen Abend noch!“ schrie Frau Hampel und verabschiedete sich damit von den Studenten, die teilweise ihre Sachen schon gepackt hatten und in Windeseile verschwunden waren. Nur Sarah ließ sich Zeit. Während sich Maora und Takuto verabschieden und auch der Rest der Studenten sehr schnell die Aula verlassen hatten, hatte Sarah die Absicht, noch mal hinter die Bühne zu gehen. Frau Hampel ging an ihr vorbei und blieb kurz stehen. „Jetzt aber schnell.“ Sagte sie lächelnd. „Ja, ich bin gleich soweit. Sie können ruhig schon vorgehen. Oder müssen sie hier abschließen?“ fragte Sarah nun. „Nein, heute wird hier sauber gemacht. Die Aula bleibt am Mittwoch offen. Also dann. Bis morgen.“ Sagte Frau Hampel dann und verabschiedete sich. Endlich war die Studentin allein in der Aula und sie fackelte nicht lange. Sofort nahm sie sich ihre Sachen und rannte auf die Bühne. Sie zog den Vorhang bei Seite und ging in den Backstagebereich, der nur dürftig von einigen Kunststoffröhren an der Decke beleuchtet war. Sie sah sich um und wagte sich weiter in die Stille vor. Absolute Ruhe und keine Menschenseele. Es war niemand dort. Sie hielt inne und überlegte. Doch gerade als sie dachte, sie würde Gespenster sehen, konnte sie etwas hinter sich hören. Ruckartig drehte sie sich um. Sie ging an der Stelle vorbei, wo sie durch den Vorhang gekommen war. Dem gegenüber war eine Wand und die widerum war ebenfalls teilweise mit dem roten Vorhang verdeckt. Irgendwas sagte ihr, dass sie in der Ecke nachsehen sollte, die gänzlich durch den Vorhang verdeckt war. Sie zog den roten Stoff bei Seite und sah eine Wand. Da war einfach nur eine Wand. Sie war schon kurz davor aufzugeben, doch als letzte Handlung machte sie den typischen Klopftest und plötzlich bewegte sich die Wand um einige Zentimeter. [Ich bin also doch nicht bescheuert. Die Wand bewegt sich!] Dann drückte sie dagegen. Die gewöhnlich aussehende Wand ließ sich in der Ecke wie eine kleine Tür öffnen und Sarah sah plötzlich nur Dunkelheit vor sich. Kalte Luft kam ihr entgegen und sie sah absolut nichts. Vorsichtig streckte sie eine Hand aus. Erst zaghaft und dann bestimmt. Als sich daraus nichts ergab, versuchte sie eine Wand an ihrer rechten Seite zu ertasten. Diese fühlte sich normal an und daran orientierte sie sich. Vorsichtig setzte sie den ersten Schritt in die komplette Dunkelheit. Dann den zweiten, ihr Herz klopfte vor Aufregung. Als sie den dritten Schritt getan hatte, zuckte sie zusammen, denn eine männliche Stimme sagte: „Geh nicht weiter!“ Sarah hielt inne. Ihr Herz raste und sie atmete etwas schneller. Durch den Schall der entstand, konnte sie schließen, dass es sich um einen kleinen, schmalen Gang handeln musste, in dem sie sich befand. Dann fasste sie sich ein Herz und mit leicht zitternder Stimme fragte sie: „… Wer bist du?“ Zunächst kam keine Antwort und Sarah ging weiter hinein. „Ich bin das Phantom.“ Wieder hielt die junge Frau inne. Sie musste schmunzeln. „Das Phantom der Oper, oder wie? Komm schon. Zeig dich!“ Wieder erhielt sie keine Antwort, doch auf einmal konnte sie hören, dass jemand die Aula betrat. „Ah, dann woll’n wir mal.“ Es war der Hausmeister, der die Aula sauber machen wollte. Sarah sah sich zur Türöffnung um und als sie sich wieder der Dunkelheit zuwandte, stand ein großer Mann vor ihr. Sie schrak auf. Aufgrund des mangelnden Lichteinfalls konnte sie nicht erkennen, wer vor ihr stand. Sie konnte nicht einmal sein ganzes Gesicht sehen. „Geh jetzt.“ Flüsterte er ihr zu. „… Na gut. Ist wohl besser.“ Antwortete sie leise und wandte sich zögernd der Tür zu. Vorsichtig ging sie einige Schritte darauf zu. Doch bevor sie durch diese hindurch gehen konnte, packte sie das Phantom am Oberarm und flüsterte ihr zu: „Und erzähle niemanden von diesem Geheimgang. Bitte.“ Sarah sah ihn mit ihren blauen Augen an und konnte nun erkennen, dass der dunkelhaarige Mann auf seiner rechten Gesichtshälfte eine weiße Maske trug. Sie lächelte als sie ihm antwortete. „Versprochen. Sonst wäre es ja kein Geheimgang mehr. …Bis bald.“ Dann verschwand sie und er schloss schnell die Tür hinter ihr. Den letzten Teil, das >Bis bald <, hatte er nicht erwartet. Etwas verdutzt blieb er einen Moment hinter der Tür stehen, während Sarah an den Hausmeister vorbei rannte und die Hochschule verließ. Als sie in der Straßenbahn saß, resümierte sie für sich noch einmal das eben Geschehene. [Das Phantom der Hochschule. So, so.] Ihre Neugier war nun unhaltbar und sie beschloss einige Nachforschungen anzustellen, sobald sie zuhause war. Jedoch war über ein Phantom an der HMT nicht das Geringste zu finden. Nur ein wages Gerücht geisterte in einem Forun herum. Sie kam nicht drum herum, das Phantom noch mal aufzusuchen. Diese Art von Mystik liebte sie und wie ein Detektiv würde sie der Lösung auf die Spur kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)