Xenoblade Chronicles von bettsy_illustration (Eine Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Gedankenloses Geplapper ------------------------------------- Reyn war schon immer der Typ gewesen, der das aussprach, was er gerade dachte. Ohne großes Zögern und Überlegen. Manchmal brachte er Sachen auf den Punkt, die sonst sich keiner traute auszusprechen. Und dann gab es auch wieder Fälle, wo die Sätze einfach keinen Sinn ergaben. Einmal hatte er sich ganz plötzlich zu Sharla umgedreht und ihr ernst und etwas bedrückt in die Augen gesehen. „Du erinnerst mich an ein Märchen. Du und Gadolt. Das Mädchen, das auszog, ihren Freund aus Kindertagen zu finden, aus den Klauen der bösen Königin zu befreien- der durch ein vereistes Herz und geblendete Augen freiwillig für sie schuftet- und um ihn wieder nach Hause zu bringen.“ Und ohne weitere Erklärung hatte sich der junge Mann auch schon wieder von ihr abgewandt. Sharla ging in ihrem Kopf sämtliche Märchen durch, die sie in ihrem bisherigen Leben gehört oder gelesen hatte, wusste aber nicht, auf welches Reyn hinauswollte. Welches Märchen verband der Rotschopf bloß mit ihr und ihrem Verlobten? Hoffentlich war es eines mit einem guten Ende. Kapitel 2: Eine Haarige Sache ----------------------------- Etwas erschöpft von der Reise lehnte sich Dickson an den Zaun der Hoffnungsfelder und zündete sich eine Zigarre an. Genüsslich sog er den Rauch in seine Lunge und pustete diesen wie Kringel in die Luft. Aus den Augenwinkeln bemerkte er eine näher kommende Gestalt. Er erkannte seinen alten Bekannten sofort und winkte ihn zu sich heran. Otharon hatte ein kleines Mädchen an der Hand und führte sie spazieren, während ein weiteres kleines Kind in eine Tragetasche auf seinem Rücken schlummerte. Dickson konnte sich ein Lachen nicht verkneifen: „Was hab ich denn verpasst? Du und Familie? Wann hast du geworfen?“ Er schlug freundschaftlich in die Hand ein, die Otharon ihm reichte. „Sei nicht albern Zottelbart!“ er strubbelte dem Mädchen durch das schwarze Haar und erlaubte es zusammen mit dem Jungen, der bei Dickson rumstromerte spielen zu dürfen. Der dunkelgebräunte Mann hatte das blonde Kind noch nie hier gesehen gehabt und vermutete, das Dickson es mitgebracht hatte. Aber seit wann ließ der alte Sack sich auf das Niveau eines Babysitters herab? „Ich hab die Patenschaft der beiden übernommen und kümmere mich solange um sie, bis ihre Eltern von ihrem Dienst in den äußeren Grenzgebieten zurückgekehrt sind.“ Otharon machte eine lange, bedächtige Pause. Darauf achtend, das der Zigarrenrauch nicht in seine Richtung wehte, lehnte er sich ebenfalls wie Dickson an den Zaun und kickte ein Paar Steine den flachen Abhang hinunter. „Du kümmerst dich um die zwei Kinder? Dann werden sie von klein auf an verdorben. Die Armen.“ Dickson fing sich eine recht schmerzhafte Ellenbogenramme ein und versuchte, sich nicht weiter darüber lustig zu machen, das er Otharon für ein Vaterersatz völlig ungeeignet hielt. „Ich weiß nicht, ob die Eltern zurückkehren werden. Der Kontakt zu den obrigen Kolonien ist schon lange abgebrochen und seit her habe ich nichts mehr von ihnen gehört.“ Die nette Dame Olga half ihm zwar beim Großziehen, doch diese ware genug beschäftigt mit den anderen verwaisten Kindern, so das der Truppenchef so gut wie alleine auf die Kinder achten musste. „Das ist schlecht. Die Verteidigungslinien brechen nach und nach alle zusammen. Wir müssen uns so schnell wie möglich zusammenraufen und zusehen, wie wir den Mechons ein für alle mal die Schaltkreise durchpusten können.“ Otharon nickte. „Eine Allianz? Das könnte schwierig werden. Ich weiß nicht, ob jeder bereit wäre, seine Führungsposition in der Armee einem höheren Befehlshaber zu überlassen. Das wird nur Streiterein geben.“ „Es ist aber unsere einzige Chance.“ Dickson atmete den letzten Rauch aus und zerdrückte das glimmende Ende seiner Zigarre mit den bloßen Fingern, ehe er sie in das Gras hinabschnippte. „Wie kommt es, das du eigentlich an ein Krapp geraten bist?“ Otharon schaute über die Schulter und sah, das die beiden Kinder im goldenen Getreide herumstromerten und einem prächtig aussehenden Dobercorgi nachjagten. „Eine Expedition von Wissenschaftlern ist völlig in die Hose gegangen. Ich bin nur durch Zufall in der Nähe gewesen- du weißt ja, immer das Übliche halt- dubiose Geschäfte und so weiter. Du tätest Gut daran es nicht zu wissen.“ Dickson zwinkerte vielsagend und zwickte dem Baby auf Otharon in die kleinen Wangen, bis es murrend aufwachte und zu quengeln anfing. „Sie waren auf dem Weg zum Siegelturm auf Berg Vallak. Das liegt weit jenseits vom Erythmeer und noch weiter vom Maknawald. Da verirren sich eigentlich kaum Homs hin. Aber sie wollten unbedingt das Land erforschen und alles kartographieren, obwohl es in dieser Umgebung nichts zu holen gibt. Valak ist ein sehr unwirtliches Land. Das ganze Jahr über gibt es Schneestürme und es ist immer so kalt, das der Schnee nicht wegschmilzt.“ Dickson zündete sich eine zweite Zigarre an und blaffte den Jungen an, als er den gefangen Dobercorgi nicht mehr dem Mädchen geben und nur für sich behalten wollte. „Im Siegelturm lagen sie dann. Alle tot. Jede Hilfe kam zu spät. Einzig der Junge da hat überlebt.“ Dabei zeigte der blonde Mann mit dem Daumen in die Richtung, in der er zuvor geschimpft hatte. „Ich werde ihn zu Kolonie 9 bringen und bei Vangarre unterbringen. Neuerdings nimmt er ja öfters kleine Kinder in den Quartieren auf. Scheint sich wohl so auf diesem Wege die Herzen der Kleinen erobern zu wollen und sie so bald es geht zu Soldaten auszubilden. Er nennt das immer ‚Investition in die Zukunft’.“ Otharon seufzte schwer. Das sah dem egozentrischen Choleriker ähnlich. „Die armen Kinder. Werden in ihrer Blüte des Lebens zu Supersoldaten hochgedrillt. Versprich mir, Dickson, das du dich um den Jungen kümmerst und ihm nicht ganz so sehr der Willkür vom Quadratbart aussetzt.“ Dickson bellte laut beim Lachen und hob schwörerisch die Hand ans Herz. „Na gut, du alter Fussel. Du hast mich. Ich werd auf den Kleinen ein Auge werfen.“ Er ging um den Zaun herum und rief den blonden Jüngling zu sich heran, damit sie ihren Weg zur Kolonie 9 fortsetzen können. Nach einer kurzen Diskussion zwang der alte Mann den Kleinen, seinem frischgefangen Freund die Freiheit zurück zu geben, sonst sähe er sich gezwungen, den Dobercorgi zum Abendbrot über ein Lagerfeuer zu rösten. „Weißt, du, wenn du nicht jetzt schon so überfordert wärst, würde ich ihn bei dir lassen.“ Otharon schaute sichtlich verwirrt und wusste nicht so recht, wie er Dicksons Worte zu deuten hatte. „Was meinst du?“ „Na komm, tu nicht so, als kämest du mit den zwei Kindern zurecht. Sie bereiten dir so viel Stress und Kummer, das dein Haar langsam lichter wird.“ „Willst du mich veräppeln? Mein Haar ist noch so kräftig, wie vor zwanzig Jahren. Das wird noch Jahre so bleiben.“ Zur Demonstration griff sich Otharon in seinen Afro und zog ein wenig an den Locken. „Na wenn du meinst.“ „Sie zu, das du dich vom Acker machst, sonst schieß ich dir in den Allerwertesten!“ Kapitel 3: Selbstversorgung für Anfänger ---------------------------------------- Dunban war nicht der Mann, der sich wohl jemals auf eine Beziehung einlassen würde und bisher war es immer Fiora gewesen, die ihn im Sinne von Haushalt und Verpflegung versorgt hatte. Nun sollte der Held der Homs lernen auf eigenen Beinen zu stehen und etwas selbstständiger werden. Fiora würde bald nicht mehr die Zeit dazu haben, ihn jeden Tag zu besuchen und zu bekochen. Immerhin lag es offensichtlich auf der Hand, das sie endlich mit Shulk eine Familie gründete und sich dann um die Kinder kümmern musste. Bei dem Gedanken an die kleinen Wesen, die aussahen wie Mini- Shulks errötete Fiora und musste leicht kichern. „Habe ich etwas falsch gemacht?“ Dunban hob eine Augenbraue und schaute sie etwas verwirrt an, während er den Kochlöffel im Gulasch rührte. Die blonde Dame schüttelte nur mit dem Kopf und forderte ihren Bruder auf, genau so weiter zu machen, wie bisher. „Das sieht wirklich sehr gut aus, so wie es ist. Diesmal dürftest du nicht allzu viel falsch gemacht haben.“ Fiora klatschte zu Frieden in die Hände und stellte ihm Teller auf die Arbeitsfläche, damit er diese gleich befüllen konnte, wenn das Gericht endlich fertig war. „Du musst es nur noch einmal abschmecken und dann bist du auch schon fertig. Mach aber den Herd nach dem Aufkochen aus, damit es dir nicht ansetzt!“ „Okay.“ Noch enthusiastischer rührte Dunban in dem Kochtopf herum, ganz motiviert von dem nahendem Ziel. Mit den Augen wanderte er das Gewürzregal entlang und überlegte, welche Sachen wohl noch in den Gulasch hinein konnten, um der ganzen Sache den letzten Pfiff zu verleihen. „Ich geh derweil die anderen holen,“ Fiora hatte Bedenken, das ihr Bruder überhaupt wahrgenommen hatte, das sie kurz weggegangen war. Nun ja, er konnte nicht mehr viel falsch machen, denn das Gericht war so gut wie fertig und ehe es anbrennen könnte, war sie auch schon wieder zurück. Zumindest hatte sie das so geglaubt. Es gehörte wohl zu den unergründlichen Geheimnissen des Kriegers, wie man ein komplett fertiges Gericht noch einmal so umwandeln konnte und dass in binnen weniger Minuten. Da saß die komplette Meute am Tisch in Dunbans Haus und starte angewidert auf die Teller vor ihrer Nase. Darauf enthalten schwamm etwas Undefinierbares, was nicht mehr als Gulasch zu bezeichnen war. Eine dickflüssige, schwarze Pampe, die merkwürdige Blubberblasen erzeugte und giftig aussehenden, lilafarbenen Dunst abgab. Es roch auch alles andere als appetitanregend. Fiora rührte vorsichtig in der Plörre herum und prüfte, ob darin etwas enthalten war, das nach Nahrung aussah, aber sie fand nichts mehr wieder, was Fleisch oder Gemüse ähnlich war. Es war alles zerfallen. Was musste man für Zutaten hinzufügen, damit sich ein Gericht so sehr in der Konsistenz veränderte? „Es tut mir wirklich sehr Leid. Ich habe wohl bei den Gewürzen übertrieben.“ Beschämt kratzte sich Dunban am Hinterkopf. Neben Scharm mischte sich auch Enttäuschung in seine Augen. „Auch wenn es etwas merkwürdig aussieht, schmeckt es ganz okay.“ Mitleidig fasste sich Fiora ein Herz und nahm sich eine klitzekleine Prise des verdorbenen Gerichtes auf den Löffel. Immerhin hatte er sich so viel Mühe gegeben, da musste sie es zumindest probieren, ehe sie es wegwarf. Auch wenn sie eine kleine Stimme in ihrem Kopf nicht ganz abstellen konnte, das ihr lieber Bruder das mit Absicht versaubeutelt hatte, um sich selber als hoffnungsloser Fall abstempeln zu lassen. Ob er das wirklich provozieren wollte, das Fiora auch weiterhin für ihn kochte? Nein, solche Hintergedanken sollte sie Dunban nicht zutrauen! Nach kräftigem Ein- und Ausatmen schaufelte sie sich den Löffel in den Mund. Ganz Vorsichtig schob sie die Brühe von einer Seite des Mundes zur anderen und ließ sie sich ganz gewissenhaft über die Zunge zergehen. Dunban hatte Unrecht. Es schmeckte nicht „Okay“. Überrascht starrte sie ihren Bruder an. „Das ist ja köstlich. Ach was! Der Oberhammer!“ sie schob sich schnell noch einen zweiten Happen in den Mund und vergaß dabei das Abpusten und verbrühte sich die Zunge. Nachdem der Schmerz verflogen war, aß sie den Rest ihres vollen Tellers mit mehr Genuss und gönnte sich sogar zwei Nachschläge und hätte sogar einen Dritten verlangt, wenn zum einen ihr Bäuchlein nicht zum Bersten gefüllt gewesen wäre und zum anderen wenn Reyn und Riki nicht alles lehr gegessen hätten. Auch Melia und Shulk schienen hin und weg von Dunbans Kochkunst zu sein. Einzig Sharla hatte den Gulasch noch mit ein wenig Scharfbeeren nachgewürzt, aber sie mochte es eh lieber feuriger, so das es kein anderer mehr vertragen konnte. Alle waren sie satt und zufrieden und niemand schien irgendwelche Leiden davonzutragen, weil das Essen irgendwie verdorben hätte sein können. Ja, Dunban war ein ordentlicher Koch, wenn er denn wollte. Fiora brauchte also nicht mehr für ihn das Essen zuzubereiten- im Gegenteil. Sie wird sich ab jetzt sogar eins öfters von ihm bekochen lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)