Xenoblade Chronicles von bettsy_illustration (Eine Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Kapitel 2: Eine Haarige Sache ----------------------------- Etwas erschöpft von der Reise lehnte sich Dickson an den Zaun der Hoffnungsfelder und zündete sich eine Zigarre an. Genüsslich sog er den Rauch in seine Lunge und pustete diesen wie Kringel in die Luft. Aus den Augenwinkeln bemerkte er eine näher kommende Gestalt. Er erkannte seinen alten Bekannten sofort und winkte ihn zu sich heran. Otharon hatte ein kleines Mädchen an der Hand und führte sie spazieren, während ein weiteres kleines Kind in eine Tragetasche auf seinem Rücken schlummerte. Dickson konnte sich ein Lachen nicht verkneifen: „Was hab ich denn verpasst? Du und Familie? Wann hast du geworfen?“ Er schlug freundschaftlich in die Hand ein, die Otharon ihm reichte. „Sei nicht albern Zottelbart!“ er strubbelte dem Mädchen durch das schwarze Haar und erlaubte es zusammen mit dem Jungen, der bei Dickson rumstromerte spielen zu dürfen. Der dunkelgebräunte Mann hatte das blonde Kind noch nie hier gesehen gehabt und vermutete, das Dickson es mitgebracht hatte. Aber seit wann ließ der alte Sack sich auf das Niveau eines Babysitters herab? „Ich hab die Patenschaft der beiden übernommen und kümmere mich solange um sie, bis ihre Eltern von ihrem Dienst in den äußeren Grenzgebieten zurückgekehrt sind.“ Otharon machte eine lange, bedächtige Pause. Darauf achtend, das der Zigarrenrauch nicht in seine Richtung wehte, lehnte er sich ebenfalls wie Dickson an den Zaun und kickte ein Paar Steine den flachen Abhang hinunter. „Du kümmerst dich um die zwei Kinder? Dann werden sie von klein auf an verdorben. Die Armen.“ Dickson fing sich eine recht schmerzhafte Ellenbogenramme ein und versuchte, sich nicht weiter darüber lustig zu machen, das er Otharon für ein Vaterersatz völlig ungeeignet hielt. „Ich weiß nicht, ob die Eltern zurückkehren werden. Der Kontakt zu den obrigen Kolonien ist schon lange abgebrochen und seit her habe ich nichts mehr von ihnen gehört.“ Die nette Dame Olga half ihm zwar beim Großziehen, doch diese ware genug beschäftigt mit den anderen verwaisten Kindern, so das der Truppenchef so gut wie alleine auf die Kinder achten musste. „Das ist schlecht. Die Verteidigungslinien brechen nach und nach alle zusammen. Wir müssen uns so schnell wie möglich zusammenraufen und zusehen, wie wir den Mechons ein für alle mal die Schaltkreise durchpusten können.“ Otharon nickte. „Eine Allianz? Das könnte schwierig werden. Ich weiß nicht, ob jeder bereit wäre, seine Führungsposition in der Armee einem höheren Befehlshaber zu überlassen. Das wird nur Streiterein geben.“ „Es ist aber unsere einzige Chance.“ Dickson atmete den letzten Rauch aus und zerdrückte das glimmende Ende seiner Zigarre mit den bloßen Fingern, ehe er sie in das Gras hinabschnippte. „Wie kommt es, das du eigentlich an ein Krapp geraten bist?“ Otharon schaute über die Schulter und sah, das die beiden Kinder im goldenen Getreide herumstromerten und einem prächtig aussehenden Dobercorgi nachjagten. „Eine Expedition von Wissenschaftlern ist völlig in die Hose gegangen. Ich bin nur durch Zufall in der Nähe gewesen- du weißt ja, immer das Übliche halt- dubiose Geschäfte und so weiter. Du tätest Gut daran es nicht zu wissen.“ Dickson zwinkerte vielsagend und zwickte dem Baby auf Otharon in die kleinen Wangen, bis es murrend aufwachte und zu quengeln anfing. „Sie waren auf dem Weg zum Siegelturm auf Berg Vallak. Das liegt weit jenseits vom Erythmeer und noch weiter vom Maknawald. Da verirren sich eigentlich kaum Homs hin. Aber sie wollten unbedingt das Land erforschen und alles kartographieren, obwohl es in dieser Umgebung nichts zu holen gibt. Valak ist ein sehr unwirtliches Land. Das ganze Jahr über gibt es Schneestürme und es ist immer so kalt, das der Schnee nicht wegschmilzt.“ Dickson zündete sich eine zweite Zigarre an und blaffte den Jungen an, als er den gefangen Dobercorgi nicht mehr dem Mädchen geben und nur für sich behalten wollte. „Im Siegelturm lagen sie dann. Alle tot. Jede Hilfe kam zu spät. Einzig der Junge da hat überlebt.“ Dabei zeigte der blonde Mann mit dem Daumen in die Richtung, in der er zuvor geschimpft hatte. „Ich werde ihn zu Kolonie 9 bringen und bei Vangarre unterbringen. Neuerdings nimmt er ja öfters kleine Kinder in den Quartieren auf. Scheint sich wohl so auf diesem Wege die Herzen der Kleinen erobern zu wollen und sie so bald es geht zu Soldaten auszubilden. Er nennt das immer ‚Investition in die Zukunft’.“ Otharon seufzte schwer. Das sah dem egozentrischen Choleriker ähnlich. „Die armen Kinder. Werden in ihrer Blüte des Lebens zu Supersoldaten hochgedrillt. Versprich mir, Dickson, das du dich um den Jungen kümmerst und ihm nicht ganz so sehr der Willkür vom Quadratbart aussetzt.“ Dickson bellte laut beim Lachen und hob schwörerisch die Hand ans Herz. „Na gut, du alter Fussel. Du hast mich. Ich werd auf den Kleinen ein Auge werfen.“ Er ging um den Zaun herum und rief den blonden Jüngling zu sich heran, damit sie ihren Weg zur Kolonie 9 fortsetzen können. Nach einer kurzen Diskussion zwang der alte Mann den Kleinen, seinem frischgefangen Freund die Freiheit zurück zu geben, sonst sähe er sich gezwungen, den Dobercorgi zum Abendbrot über ein Lagerfeuer zu rösten. „Weißt, du, wenn du nicht jetzt schon so überfordert wärst, würde ich ihn bei dir lassen.“ Otharon schaute sichtlich verwirrt und wusste nicht so recht, wie er Dicksons Worte zu deuten hatte. „Was meinst du?“ „Na komm, tu nicht so, als kämest du mit den zwei Kindern zurecht. Sie bereiten dir so viel Stress und Kummer, das dein Haar langsam lichter wird.“ „Willst du mich veräppeln? Mein Haar ist noch so kräftig, wie vor zwanzig Jahren. Das wird noch Jahre so bleiben.“ Zur Demonstration griff sich Otharon in seinen Afro und zog ein wenig an den Locken. „Na wenn du meinst.“ „Sie zu, das du dich vom Acker machst, sonst schieß ich dir in den Allerwertesten!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)