Keep my Secret von -melinda- (... and love me) ================================================================================ Kapitel 26: Nachtprogramm ------------------------- Es hatte bereits angefangen zu dämmern, als Inuyasha den Schlüssel im Schloss umdrehte und die Haustür öffnete. Im Flur zog er sich die Jacke aus und ließ sie vor der Garderobe auf den Boden fallen. Seine Schuhe streifte er sich von den Füßen und ließ sie mitten im Weg stehen. Er rümpfte kurz die Nase. Ein seltsamer, undefinierbarer Geruch kam aus der Küche. Die Hausangestellte schlich um die Ecke, begrüßte ihn höflich und kniete sich hin, um seine Jacke aufzuheben. "Lassen Sie das liegen!", rief Inuyasha laut. Die Frau zuckte zusammen und schaute mit weit aufgerissenen Augen zu ihm hoch. "Nein", befahl er, als sie erneut versuchen wollte, nach seiner Jacke zu greifen. "Nicht anfassen. Stehen Sie auf. Aufstehen." Verwirrt richtete sie sich wieder auf. "Ist Kagome schon da?" "Ja, sie ist vor einer Stunde eingetroffen", antwortete sie nickend. "Alles klar, Sie können dann gehen." "Was sagten Sie?" "Gehen Sie nach Hause, machen Sie sich ein paar schöne Tage. Ich gebe Ihnen die restliche Woche frei. Und wenn Sie sich nicht verquatschen, wird meine Mutter es nie erfahren." Unentschlossen stand sie da und überlegte ob er bloß scherzte. Nachdem er ihr versichert hatte, dass er es ernst meinte, packte sie langsam ihre Sachen zusammen und ging. Daraufhin betrat Inuyasha die Küche und runzelte irritiert die Stirn. Kagome stand am Herd und schenkte ihm ein Lächeln, als sie ihn bemerkte. "Da bist du ja. Hast du alles erledigen können?", fragte sie und hob den Deckel vom heißen Kochtopf. Eine Dampfwolke stieg empor und mit einem Kochlöffel rührte sie durch den Inhalt. "Ähm, ja. Was zur Hölle machst du da?" "Ich habe für dich gekocht." "Warum?" "Weil-", begann sie und stockte kurz. "-weil ich nunmal etwas Nettes für dich tun wollte. Ray und sein Vater haben mir im Restaurant ein paar Rezepte gezeigt und da war ich in Kochlaune." "Okay", murmelte Inuyasha und beäugte skeptisch die zähe Pampe, die Kagome sorgfältig auf zwei Tellern arrangierte und auf die Theke stellte. Sie setzten sich nebeneinander auf die Barhocker. Kagome lächelte in sich hinein, als sie daran dachte, wie sie hier nachts gemeinsam heißen Tee getrunken und sich unterhalten hatten. Gespannt beobachtete sie Inuyasha dabei, wie er den ersten Bissen nahm. "Und schmeckt es dir?" Er kaute langsam und ließ seinen Blick zwischen ihr und der Deckenleuchte wandern, als würde er angestrengt nachdenken. "Also", murmelte er noch leicht kauend und schluckte schließlich. "Es schmeckt interessant." "Interessant im Sinne von köstlich?", fragte sie verdutzt. Inuyasha griff schnell nach seinem Glas Wasser und trank es komplett aus, bevor er ihr gestand: "Interessant im Sinne von mies." "Wie bitte?" "Das ist das Widerlichste, was ich je gegessen habe", erklärte er und sie verzog beleidigt das Gesicht. "Du bist so gemein!" "Ich bin nur ehrlich! Aber bitte, ich sehe dir gerne dabei zu wie du dieses Zeug runterkriegst." "Das wirst du!" Sie griff nach ihrem Besteck und schaufelte sich eine große Menge in den Mund. "Und?", fragte Inuyasha grinsend. "Mhrhm." Sie kaute zweimal, und wirkte ziemlich entmutigt. Eifrig schnappte sie sich eine Serviette und spuckte den zerkauten Brei ins Papier. "Oh, Gott", hauchte sie und trank ebenfalls einen Schluck. Inuyasha lachte laut. "Ha! Du konntest es nicht einmal runterschlucken." Niedergeschlagen begann sie die Teller wieder abzuräumen. Die Röte stieg ihr ins Gesicht, das war ihr furchtbar peinlich. "So schlimm ist es nicht, Kagome", versuchte Inuyasha sie aufzumuntern und half ihr dabei, die wenigen Teile abzuspülen. "Ich wollte dir so gerne etwas Leckeres kochen. Was essen wir denn jetzt? Ich war so selbstsicher, dass ich die spanische Köchin weggeschickt habe." "Wir machen einfach das, was schon die Steinzeitmenschen in so einer Situation getan haben." "Und das wäre?", fragte Kagome. Er griff nach seinem Telefon und wählte eine Nummer. "Wir bestellen eine Pizza." Kagome lächelte erleichtert und erwähnte nicht die Tatsache, dass er die Nummer scheinbar auswendig konnte. Er hielt sich das Telefon ans Ohr und wartete kurz. "Hi Enzo, ich bin es", begrüßte er die Männerstimme. "Eine extra-große Pizza mit allem drauf, zwei Frühlingsrollen und pack ein paar von diesen kleinen Brötchen mit der widerlichen Butter ein. Bis gleich." Er legte auf und wandte sich wieder Kagome zu. "Wir können das Essen in einer halben Stunde abholen." "Abholen?" "Ja, Enzo hat keinen Lieferservice. Aber auf dem Weg liegt auch die Videothek, da können wir uns noch schnell einen Film ausleihen." "Machst du das immer so-" "-wenn meine Eltern weg sind?", beendete er ihre Frage. "Ja. Aber wenn dein Essen beim nächsten Mal besser schmeckt, könnte ich eine Änderung in Erwägung ziehen." "Das wird nicht nötig sein." "Wie meinst du das?" "Es wird kein nächstes Mal geben", antwortete sie zögerlich und Inuyasha starrte sie überrascht an. "Verstehe das bitte nicht falsch, aber ich würde lieber nicht mehr herkommen. Jetzt bin ich auch nur hier, weil ich bereits zugesagt hatte." "Oh." Er schluckte unauffällig. "Okay." "Deine Eltern wissen sowieso, dass ich nur eine Rolle spiele. Also wäre es doch ziemlich lächerlich damit weiterzumachen, findest du nicht auch?" Inuyasha nickte und wich ihrem Blick aus, sie schaute schuldbewusst drein. "Bist du wütend, deswegen?" "Was? Nein, quatsch. Es ist erstaunlich, dass du es überhaupt so lange ausgehalten hast. Mach dir keinen Kopf, alles okay." "Gut", seufzte sie erleichtert. "Ich ziehe mir schonmal die Jacke über." "Ja, ich komme gleich nach." Sobald Kagome die Küche verlassen hatte, holte Inuyasha sein Handy aus der Hosentasche und schrieb Ray eine knappe Nachricht. Das mit Kagome hat sich erledigt. Nach kurzer Zeit standen er und Kagome gemeinsam vor einem sorgfältig sortierten Regal in der Videothek und durchwühlten die vielen Filme. Es war schwer etwas zu finden, dass sie beide noch nicht kannten oder nicht zu langweilig erschien. Kagome fiel auf, dass Inuyasha seit ihrer Ansage vorhin irgendwie nachdenklich und deprimiert wirkte, darum suchte sie nach etwas was ihn aufmuntern könnte. Sie schlenderte etwas durch den Gang und hielt bei den neuen Filmen, frisch aus dem Kino. Einer stach ihr sofort ins Auge. "Was hältst du von dem?" "Sieht aus wie ein Horrorfilm", stellte Inuyasha stirnrunzelnd fest. "Liegt vielleicht daran, dass es ein Horrorfilm ist." "Du weißt, dass ich Horrorfilme hasse und schlägst dann so einen Dreck vor?" "Das ist kein Dreck. Sango hat ihn im Kino gesehen und sie fand den richtig gut." In Wahrheit, fand Sango ihn schlecht und vorhersehbar und hatte sich den Film nur angeschaut, weil Miroku ihn unbedingt sehen wollte. Kagome war auch kein großer Fan von Horrorfilmen. Aber seit sie miterlebt hatte, wie Inuyasha sich verhielt, wenn Yori ihn wieder einmal zwang sich einen anzusehen, fand sie es mehr als nur amüsant. Er hatte eine unglaublich komische Art, einen Horrorfilm zu parodieren und ins Lächerliche zu ziehen. So würde es immerhin für sie ein lustiger Abend werden. "Leidet deine Freundin unter Geschmacksverirrung?" "Der Film soll sehr gut sein." "Gut, na dann viel Spaß", sagte er und kramte weiter durch das Regal. "Ich will den Film mit dir sehen", beharrte sie und er verdrehte die Augen. "Wieso, habe ich dir irgendetwas getan?" "Kennst du den Film schon?" "Nein." "Dann kannst du doch gar nicht beurteilen, ob er gut oder schlecht ist." "Na schön", grummelte er. "Aber solche Filme stecken voller Klischees. Autos, zum Beispiel, starten erst nach ein paar Versuchen und der Handyempfang ist immer grottig schlecht." "Vielleicht werden wir überrascht", versuchte Kagome ihn positiv zu stimmen, obwohl sie selbst nicht daran glaubte. "Die Protagonisten schleichen rückwärts durch die Gegend, damit sie den Feind auch ja auf einmal hinter sich haben, nicht etwa vor sich, zum abknallen. Frauen werden immer dann angegriffen wenn sie fast nichts anhaben", setzte er seine Liste fort und sie nickte. "Ja, ich habe es verstanden." "Auf die Frage: Hallo? Ist da jemand? Gibt es nie eine Antwort. Wer Ich komme gleich wieder! sagt, stirbt. In-" Kagome drehte sich zu ihm um und wiederholte deutlich: "Ich habe es kapiert, okay?" "In Badezimmern passieren grundsätzlich schlimme Dinge", beendete er seinen Satz ernst, folgte ihr zur Kasse und wieder hinaus. Die Nachtluft war kühl und angenehm und die Sterne funkelten am klaren Himmel um die Wette. Es war sehr ruhig, man konnte hauptsächlich die Wellen hören, wie sie gegen die Bucht krachten und sich in vielen einzelnen Tropfen zerstreuten. Gelegentlich fuhr ein einzelnes Auto an ihnen vorbei, sie begegneten einigen Leuten die mit ihren Hunden unterwegs waren und als sie an einem großen weißen Familienhaus vorbeigingen, hörte man lautes Geschrei und Geschirr das zerbrach. Inuyasha und Kagome wechselten einen kurzen Blick und liefen weiter friedlich nebeneinander her. "Wir sind da", sagte er schließlich und sie blickte sich fragend um. Sie konnte nirgendwo ein Restaurant oder eine Pizzeria entdecken, das war ein reines Wohngebiet. Inuyasha klopfte gegen ein niedriges Fenster von einem Wohnhaus. Daraufhin wurden die Vorhänge beiseite geschoben und das Fenster wurde geöffnet. Ein braungebrannter, attraktiver Mann lächelte sie mit blitzenden Zähnen an. "Ciao, Bella", grüßte er Kagome und wandte sich breit grinsend an Inuyasha. "Du sagtest nicht, dass du in so reizender Begleitung kommst, compagno. Dann hätte ich mich mehr herausgeputzt." "Sie ist eh viel zu jung für dich, alter Mann. Ist die Bestellung fertig?", fragte Inuyasha mürrisch. "Sie ist nicht zu jung für dich, sì?", fragte er und hob auffordernd die Augenbrauen. Kagome wurde rot vor Verlegenheit. "Maria", rief er über die Schulter ins Haus hinein. "Ist die Pizza fertig?" "Sì, testa di cazzo!", schrie eine Frauenstimme zurück und Enzo lachte, bevor er ihnen im italienischen Akzent erklärte: "Sie nennt mich Arschloch, ist das zu fassen?" Als er kurz verschwand um die Bestellung einzupacken, warf sie Inuyasha einen verwunderten Blick zu. Er hob die Schultern und erklärte: "Seine Pizza ist echt gut." Enzo reichte ihm eine kleine weiße Tüte und einen großen Pizzakarton durchs Fenster und nahm den eingerollten Geldschein entgegen. "Behalt den Rest." "Bene, grazie!", sagte Enzo, küsste seine Faust, klopfte zweimal auf sein Herz und zeigte dann auf Kagome, bevor er das Fenster wieder schloss. "Er hat Käsestangen dazu gelegt, er scheint dich wirklich zu mögen", stellte Inuyasha nach einem Blick in die Tüte fest. "Danke, Kagome." "Ähm, gern geschehen." Zwei Stunden später, war der offene und fettige Pizzakarton leer, die Frühlingsrollen waren bereits verputzt und Kagome knabberte gerade an der letzten Käsestange. Die breite Couch war überaus bequem und einen so großen Fernseher hatte sie im Leben noch nicht gesehen. Sehr Heimkinomäßig. Das hatte Vor- aber auch Nachteile, denn auf dem großen Monitor konnte man auch den kleinsten Bluttropfen nicht übersehen. Laute, panische Schreie erfüllten den Raum und Inuyasha wippte unruhig mit dem Fuß. Das Popkorn in der Schüssel auf seinem Schoß, raschelte durch die Bewegung. "Deine Freundin hat geschrien und ist verschwunden. Richtig, da muss irgendwas im Keller sein", sagte er mit beiläufigem Sarkasmus. Schmunzelnd beobachtete Kagome die hübsche Schauspielerin, wie sie die Kellertür öffnete und den Lichtschalter umlegte. Die Glühbirne flackerte kurz auf und knallte durch. Man konnte einen Schatten am Ende der Stufen vorbeihuschen sehen. Die Schauspielerin ging trotzdem hinunter. "Was ist dein Problem?", rief Inuyasha empört und warf eine handvoll Popkorn gegen den Fernseherbildschirm. "Ruf die Polizei- Zu spät, sie wird schon ermordet." Die Schauspielerin wehrte den Mörder mit Händen und Füßen ab und konnte aus dem Keller flüchten. Schreiend lief sie in den ersten Stock und versteckte sich im Badezimmer. Inuyasha knallte seine Handfläche gegen die Stirn und murmelte: "Statt durch die Haustür zu entkommen, läuft sie die Treppe rauf. Ja, das ist clever." Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Mörder den Duschvorhang beiseite schob und mit einem irren Lachen sein Opfer zerstückelte. "Oh, sie wird äußerst detailreich in Stücke gesägt. Und wo passiert es? Im Badezimmer. Natürlich. In der Küche wäre das ja auch unappetitlich." Dramatische Musik untermalte, wie der Mörder mit seinen blutigen, schwarzen Handschuhen die Haustür hinter sich schloss und mit der Säge über der Schulter die dunkle Straße entlanglief. Schwarze Ausblendung und der Abspann lief an. "Er hat es geschafft", sagte Inuyasha aufgebracht. "Er hat fünf Studentinnen umgebracht und kein einziger Nachbar hat sich über den Lärm von der Kettensäge beschwert. Das ist ziemlich unrealistisch. Und wenn du sagst, dass du den Film gut findest, hole ich meine Axt und beende es hier und jetzt." Kagome lachte amüsiert auf und stoppte den Abspann mit der Fernbedienung. "Warum regen dich Horrorfilme so sehr auf?", fragte sie interessiert. "Weil- das ist doch scheiße!", beschwerte Inuyasha sich und stellte die Popkornschüssel auf den Tisch. "Am Ende des Films ist jeder tot und der Mörder kommt davon. Wer will sowas schon sehen? " "Du magst also Happy Endings", stellte Kagome lächelnd fest und begann damit den Müll einzusammeln. "Jeder mag Happy Endings", bestätigte er. "Lass es liegen." "Warum?" "Weil niemand hier ist, den es stört." "Aber es ist doch unnötig, das Zeug so liegen zu lassen." "Bitte, Kagome. Ich habe nur einmal im Jahr die Gelegenheit, so richtig Chaos anzurichten. Ich räume es später weg, lass es liegen." "Na, schön." Seufzend ließ sich Kagome wieder auf die Couch fallen und landete dicht neben Inuyasha. "Und was jetzt?" Er drückte kurz auf der Fernbedienung herum und die Spätnachrichten erschienen auf dem Bildschirm. "Durch die Kanäle zappen, bis wir was Gutes finden?" "Okay", nickte sie und kuschelte sich noch mehr in die Kissen hinein. Eine Weile ging Inuyasha die verschiedenen Sender durch. Gelegentlich hielt er bei einem witzigen Werbespot, einer spannenden Frage während einer Quizshow oder bei einer guten Szene eines Spielfilms, bis dort die Werbung anlief und er wieder von vorne anfing. Als er die erste pornografische Werbung sah, schaute er kurz auf die Uhr. Es war schon ziemlich spät. "Ruf jetzt an!", stöhnte eine Frauenstimme und eine grell leuchtende Telefonnummer erschien. "Ich kann nicht mehr warten. Ich brauche dich. Jetzt! Ah!" Plötzlich rutschte Kagomes Kopf auf seine Schulter. Er zuckte leicht zusammen. "Hey." Er hob die Schulter leicht an. "Bist du eingeschlafen?" Keine Antwort. Er wackelte noch ein paar mal, aber Kagome rührte sich nicht mehr. "Der Sandmann ist gut unterwegs. Hast wohl etwas zu viel erwischt", murmelte er. Dann griff er nach ihrer Schulter und versuchte noch einmal sie wach zu rütteln. "Das gibt es nicht. So fest kann doch niemand-" Er brach seinen Satz ab und erstarrte, als Kagome sich zu ihm drehte und an ihn klammerte. Ihr Kopf lag schließlich auf seiner Brust, ihr nacktes Bein hatte sie auf seinem Schoß abgelegt und so wie sie nun halb auf ihm lag, konnte er ihr direkt in den Ausschnitt glotzen. "Das machst du doch absichtlich", grummelte Inuyasha frustriert. Sie musste sich ja unbedingt schon ihre knappen Schlafsachen anziehen. "Ah! Geile Schlampen wollen, dass du es ihnen besorgst. Ruf jetzt an und erhalte fünf Gratisminuten. Ruf an! Sofort!" Inuyasha griff eilig nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Vorsichtig legte er den einen Arm unter ihre Beine und den anderen um ihre Schulter. Sie zeigte keinerlei Regung. Nur ihre Brust, hob und senkte sich beim atmen. Inuyasha zwang sich, nicht hinzusehen. Dann hob er sie hoch und trug sie die Stufen hinauf in den ersten Stock. Vor der geschlossenen Tür des Gästezimmers angekommen, stellte er sich so hin, dass Kagomes Fuß auf der Türklinke lag. Er ging etwas in die Knie und die Klinke wurde hinuntergedrückt, die Tür war offen. Im dunklen Zimmer beugte er sich soweit hinunter, bis ihr Kopf den Lichtschalter erreichte, die Wandleuchte ging an. Inuyasha grinste triumphierend. Erleichtert, dass Kagome nach alldem noch immer tief und fest zu schlafen schien, legte er sie ins Bett und deckte sie zu. "Falls ich herausfinden sollte, dass du gar nicht schläfst und nur so tust als ob, weil du zu faul warst die Treppe hochzulaufen, wirst du das bereuen", drohte er ihr im Flüsterton. Ihre Mimik ließ in keinster Weise andeuten, dass sie ihn verstanden hatte und er setzte sich neben das Bett auf den Fußboden. "Ich habe Besseres zu tun, als dich durch die Gegend zu tragen. Zum Beispiel einen Weg zu finden, dir etwas sehr Wichtiges zu sagen. Aber dieses Zeitfenster hat sich wohl geschlossen. Morgen früh bist du weg, dann beginnt das nächste Jahr in der Schule und nichts wird sich ändern. Du wirst mir weiter auf die Nerven gehen und ich werde weiterhin unseren Streit provozieren. Ich habe zu lange gewartet. Dabei brauche ich dringend einen Neuanfang." Er lauschte einige Minuten lang dem Klang ihrer ruhigen und gleichmäßigen Atmung und musste dabei an Kikyo denken. Sie tat in diesem Moment genau das Gleiche. Atmen und schlafen. Seine Augen wurden langsam immer schwerer und er stützte seinen Kopf mit der Hand ab. "Ich bin so weit", murmelte er schläfrig vor sich hin. "Sei mein Neuanfang, Kagome." Als Kagome am nächsten Morgen aufwachte und Inuyasha direkt vor ihrer Nase liegen sah, dachte sie einen Augenblick lang, ihr würde vor Schreck das Herz aus der Brust springen. Sie atmete ein paar Mal beruhigend ein und aus. "Inuyasha?", fragte sie schließlich leise und tippte mit dem Zeigefinger gegen seinen Rücken. Er saß auf dem Boden, sein Oberkörper lag auf der Matratzenkante. "Inuyasha!", rief sie lauter und er hob schnell den Kopf von den Armen. "Was? Ich schlafe nicht", sagte er schnell und blickte sich schlaftrunken um. "Warum schläfst du vor meinem Bett?" "Weil es so anstrengend war, deinen Körper vom Wohnzimmer hier hinauf zu kriegen, dass ich sofort eine Pause gebraucht habe", antwortete Inuyasha, rieb sich die Augen und gähnte und streckte sich. "Und da bist du sofort eingeschlafen, ja?", fragte sie ungläubig. "Warum hast du die vorherige Nacht auf meiner Couch übernachtet?", konterte er und sie erwiderte trotzig: "Weil ich müde war und du mich nicht gehen lassen wolltest!" Inuyasha stand ächzend auf. Das war eine unbequeme Schlafposition gewesen. Nicht zu empfehlen. "Vielleicht sind wir schon so daran gewöhnt, gemeinsam in einem Raum zu schlafen, dass es schon gar nicht mehr anders geht", überlegte er. Falls du heute Abend nicht einschlafen kannst, weißt du woran es liegt." "Ach ja, heute geht mein Flug", rief sie sich ins Gedächtnis und schaute auf den kleinen Radiowecker auf dem Nachttisch. Es war sieben Uhr morgens. "Und du verbringst die Weihnachtstage wirklich allein?" "Fängst du schon wieder damit an. Ich sagte doch, dass ich es toll finde wenn ich mal sturmfreie Bude habe. Warum willst du mir das mies reden?" "Das will ich doch gar nicht", protestierte Kagome, schlug die Decke zurück und stand ebenfalls auf. "Lass mich raten was du tun wirst, sobald ich weg bin. Ähm, faulenzen, essen, faulenzen und Heilig Abend nachher verbringst du allein vor dem Fernseher, richtig? Das ist furchtbar! Da solltest du lieber den Flug nehmen und Weihnachten gemeinsam mit mir und meiner Familie feiern, so wie es sich gehört." Inuyasha stutzte und überlegte kurz. Dann nickte er mit gerunzelter Stirn. "Ja." "Was, ja?" "Ja, warum nicht. Fliege ich eben mit dir zurück nach Japan." "Äh, also-", stotterte sie erstaunt. "Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass du jetzt ja sagst." "Also willst du nicht, dass ich mitkomme?" "Doch, ich- ich müsste nur meine Eltern anrufen und sie um Erlaubnis fragen. Und du musst innerhalb einer Stunde abreisefertig sein." "Kein Problem, das Packen geht schnell und ein Ferngespräch mehr oder weniger wird meinem Vater nicht auffallen." "Okay", hauchte sie und blickte ihn entgeistert an. "Okay, dann bis gleich." Inuyasha verließ das Gästezimmer und lief die Treppe hinauf. Er stürmte in sein Zimmer, zog seinen Koffer aus dem Schrank und warf ihn in die Mitte des Raumes. Dann kramte er sein Handy hervor und wählte schnell eine Nummer. "Hallo?", fragte eine verschlafene Stimme. "Das mit Kagome, hat sich doch noch nicht erledigt", sagte Inuyasha und warf eilig alles Nötige in den offenen Koffer. "Ich dachte, sie hätte vielleicht die Schnauze voll von mir, weil sie nicht mehr herkommen möchte, aber jetzt hat sie mir angeboten, Weihnachten bei ihr zu verbringen, also habe ich vielleicht doch noch eine Chance. Zumindest habe ich so mehr Zeit." "Wieso bietet sie dir an, Weihnachten bei ihr zu verbringen?", fragte Ray langsam. Er war offensichtlich noch nicht ganz wach. "Weil sie glaubt, ich würde den Abend sonst alleine verbringen." "Aber das tust du nicht. Du verbringst Heilig Abend jedes Jahr bei uns." "Ich glaube, das habe ich ihr gegenüber nicht erwähnt. Sag deinen Eltern Bescheid, dass ich nicht da sein werde." "Schon klar", murmelte er. "Und du glaubst das wird was? Schließlich verlierst du so deinen Heimvorteil." "Vielleicht war der Heimvorteil das Problem", meinte Inuyasha und schloss den Koffer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)