Loving the Pain von AlenaChen (u.a. [Marco X Ace] / [Shanks X Ace] / [Law X Ruffy]) ================================================================================ Prolog: Feuer ------------- Feuer, um ihn herum war überall nichts als Feuer.  Er blickte ausdruckslos in die Flammen. Es war ok so, er würde es nicht bereuen.   Das Feuer breitet sich ungehindert in dem kleinen Raum aus, verbrennt alles, was ihm in den Weg kommt. Der schwarzhaarige Junge jedoch sitzt noch immer stumm von innen gegen die Wohnungstür gelehnt und beobachtet die Flammen dabei, wie sie sich langsam in seine Richtung bewegen. Er atmet tief ein. Seine Lunge füllt sich unweigerlich mit Rauch. Sein Blick wird trüb, ihm steigen Tränen in die Augen. Nicht weil er traurig ist, nein, der Rauch trägt die Schuld daran. Er wischt sich angestrengt mit seinem Arm über sein Gesicht. Die Hitze fühlt sich auf seiner Haut unangenehm heiß an. Er wünscht sich, dass er schnell sein Bewusstsein verlieren würde, damit er nicht spüren müsste, wie es ist zu verbrennen.   Sein Kopf fühlt sich seltsam schwer an und fällt ihm in den Schoss. Nur noch einen Moment länger… nur noch einen kurzen Augenblick warten. Doch dieser Moment sollte nie kommen.   Er verspürte einen seltsamen, stechenden Schmerz in seinem Rücken, als die Tür hinter ihm aufgerissen wurde und er zur Seite fiel. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er eine ihm vertraute Gestalt an ihm vorbei laufen. In die Flammen… die Flammen!   Der Moment spielt sich in Zeitlupe ab. Kurze schwarze Haare, ein rotes Hemd. Er sieht in an sich vorbei laufen, versucht seine Hand nach ihm auszustrecken. Doch es ist bereits zu spät. Sein Blick ist getrübt, er schließt unweigerlich seine Augen.   Jedoch zu wissen, dass er hier ist... Zu wissen, dass er ihn in Gefahr gebracht hat… dabei hätte niemand hier sein dürfen. Er hätte alleine sein müssen. Und dann hört er ihn. Seinen Namen, wie er immer und immer wieder gerufen wird. „Ace! Ace!!“ Immer wieder, bis er seine Augen erneut öffnet. Durch den Rauch hindurch kann er die Gestalt des anderen Jungen ausmachen. Mühsam richtet er sich auf, läuft auf ihn zu und packt ihn an der Schulter. Du darfst nicht hier sein. Weg von dem Feuer. Raus. Raus.   Der Andere dreht sich um und grinst ihn breit an. „Ace!“ sagt er noch, mit diesem vor Freude strahlendem Gesichtsausdruck. Dann entfernt er sich von ihm. Nach hinten. In die Flammen, bis er von ihnen verschluckt wird. Er versucht ihm hinterher zu eilen, doch das Feuer lässt ihn nicht durch.   Und dann hört er einen Schrei. Nein! Das hatte er nicht gewollt. Das hätte nie passieren dürfen…     Mit einer ruckartigen Bewegung saß er auf einmal kerzengerade in seinem Bett. Er atmete schwer, fuhr sich mit seiner Hand durch sein schwarzes, schweißnasses Haar, versuchte zu verarbeiten, was soeben passiert war. Der Raum in dem er sich befand war dunkel, neben ihm leuchteten lediglich schwach die Ziffern seines Digitalweckers und zeigten ihm an, dass es gerade einmal drei Uhr war.   Ein Traum. Es war nur ein Traum gewesen. Er versuchte sich zu beruhigen. Er war nicht wieder in diesem Raum von vor fünf Jahren. Das lag alles längst hinter ihm. Es war nur ein Traum gewesen.   Schüchtern klopfte es an seine Tür, bevor diese kurz darauf einen Spalt weit geöffnet wurde. „Ace…?“ erklang sogleich eine unsichere Stimme „Alles in Ordnung? Du hast… geschrien… und…“.   „Keine Sorge, Ruffy.“ Brachte er heißer hervor „War nur ein Traum, geh wieder schlafen.“ Es war alles in Ordnung. Sein Bruder war hier. Niemand war damals in dem Feuer verschwunden, es war nichts passiert.   Nachdem Ruffy sich wieder leise aus seinem Zimmer begeben hatte, lies er sich, angestrengt ausatmend, nach hinten fallen und vergrub sein Gesicht in sein Kissen.   Es war nichts passiert. Kapitel 1: Singst du mir ein Schlaflied? ---------------------------------------- 3:46 Uhr. Er hatte sich auf die Seite gedreht und starrte nun schon seit einer guten dreiviertel Stunde seinen Digitalwecker an, welcher weiterhin munter in roten Leuchtziffern die derzeitige Uhrzeit anzeigte. Konzentriert beobachtete er das Display, als ob es auf der Welt nichts Spannenderes gäbe und wartete darauf, dass die Minutenanzeige umspringen würde um anzuzeigen, dass weitere sechzig Sekunden vergangen waren. Obwohl er gänzlich darauf vorbereitet war, erschrak er innerlich dennoch jedes Mal ein bisschen, wenn es wieder so weit war. Ganz so als ob etwas Unerwartetes geschehen wäre, dabei gab es an seinem Digitalwecker bestimmt nichts Außergewöhnliches.   Seltsam wäre es vielleicht gewesen, wenn sich das Radio eingeschalten hätte. Aber das würde es nicht, da Ace die Weckfunktion am Abend ausgeschalten hatte. Schließlich war Heute Samstag und er wollte ausschlafen. Außerdem funktionierte der Wecker schon seit er ihn besaß ohne Probleme. Resignierend ertappte er sich dabei, wie er sich selbst daraufhin mit seinem Wecker verglich und sich wünschte, ebenso problemlos wie dieser funktionieren zu können. 3:47 Uhr war für ihn definitiv keine Zeit für gedankliche Höchstleistungen. Wobei er sich auch fragte, warum er seinen Kopf dann nicht einfach endlich abschalten konnte.   Leise seufzend beschloss er schließlich, nach einigem Nachdenken, dass es ihm vielleicht helfen würde, wenn er die Sekunden mitzählen würde. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass dies eine gute Einschlaftechnik war. Das war so ähnlich wie Schafe zählen, dabei konnte man doch gar nicht wach bleiben! Er versuchte sich auf seinen Atem zu konzentrieren und begann leise murmelnd vor sich hin zu zählen. „Eins… zwei… drei…“ Bloß an nichts Anderes denken, dass war das wichtigste. „Vier… fünf… sechs…“ Er durfte nur nicht mit seinen Gedanken abschweifen…   Die Anzeige des Digitalweckers sprang um auf 3:48 Uhr. Er hatte es kaum bemerkt. Seine Augenlider waren schwerer geworden, bis er sie schließlich gänzlich geschlossen hatte. In eben diesem Moment breitete sich jedoch ein seltsames Leuchten vor seinem inneren Auge aus. Seltsam. Er könnte schwören, dass das aussah wie… Woran sollte er noch gleich auf keinen Fall denken? Feuer. Sein Herzschlag beschleunigte sich und sein zufriedener Gesichtsausdruck wich einer gequälten Grimasse. Das Feuer war immer noch hier. In seinem Zimmer. Genau in diesem Raum.   Er gab einen undefinierbaren, verärgerten Laut von sich und setzte sich mit einer ruckartigen Bewegung in seinem Bett auf. Es half nichts. Er schaffte es einfach nicht sich abzulenken. Mit einer genervten Geste zog er seine Decke von sich und sie landete unordentlich in der Lücke zwischen seinem Bett und der Wand.   Letztlich setzte er sich an seine Bettkante und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Es machte ohnehin keinen Sinn weiter in seinem Bett liegen zu bleiben, wenn er nicht mehr einschlafen können würde. Aber er musste sich definitiv irgendwie ablenken. Angestrengt nachdenkend legte er seinen Kopf in den Nacken und streifte sich mit seiner Hand über die Stirn, wo sich diese angenehm kühl anfühlte. Dieser verdammte Alptraum raubte ihm immer alle Ruhe und vor allem seinen wohlverdienten Schlaf. Naja, vielleicht war dieser auch nicht ganz so wohlverdient, wie er sich das gerne einredete, aber darum ging es ja auch gar nicht. An einem Samstagmorgen schon um vier Uhr nicht mehr schlafen zu können war einfach nicht gerecht, für niemanden.   Am liebsten hätte er einmal kalt geduscht, aber das Badezimmer lag direkt an dem Zimmer seines Bruders an und er wollte diesen auf keinen Fall noch einmal wecken.   Letztlich stand er langsam auf und tastete sich durch sein noch immer dunkles Zimmer, bis er den Lichtschalter gefunden hatte. Das plötzliche Licht schmerzte seine müden Augen und er brauchte einen Moment um sich daran zu gewöhnen.   Leise grummelnd überlegte er sich, was er machen sollte. Sein Blick fiel auf seinen Computer. Videospiele…? Lernen…? Sich sinnlos durchs Internet klicken…? Irgendwie hatte er auf nichts davon Lust, also verwarf er diesen Gedanken wieder.   Dann fiel ihm ein, was er machen könnte. Gestern war er spät nach Hause gekommen und hatte die Post von unten nicht mit hoch gebracht und sein Bruder kümmerte sich um solche Sachen so oder so nicht. Genau. Post holen war um vier Uhr morgens genau die richtige Beschäftigung, dann könnte er sich wenigstens für zwei Minuten die Beine vertreten.   Allerdings war er nur in Boxershorts gekleidet und seine Kleider vom Vortag hatte er, bevor er schlafen gegangen war, in den Wäschekorb gelegt und von dort würde er sie ganz bestimmt nicht wieder rausholen. Etwas anderes zum Anziehen konnte er sich auch nicht besorgen, da seine gesamten Klamotten derzeit in Ruffys Schrank lagen, weil sein eigener vor einigen Wochen zusammengebrochen war. Der Schrank war wirklich schon alt gewesen und bis jetzt hatte er nicht die Motivation gefunden seinen neuen aufzubauen, der Karton mit den Teilen lag noch immer unberührt in der Ecke seines Zimmers wo er ihn vor einiger Zeit hingebracht hatte.   Wie dem auch sei, so kalt würde es im Hausflur auch nicht sein und er brauchte ja auch nur zwei Minuten, mehr nicht. Außerdem würde er um diese Uhrzeit auch bestimmt niemandem über den Weg laufen. Also zog er sich seine Hausschuhe an und beschloss so zu gehen.   Leise bewegte er sich durch die Wohnung, ohne Licht an zu machen und darauf bedacht, keinen Lärm zu veranstalten. Obwohl sein jüngerer Bruder ohnehin einen relativ tiefen Schlaf hatte, aber er wollte auf keinen Fall riskieren ihn zu wecken. Als er die Wohnungstür erreicht hatte, drehte er so langsam wie möglich den Schlüssel im Schloss und schob die Tür einen Spalt weit auf um hindurch zu schlüpfen, dann schloss er sie wieder mit genau der gleichen Vorsicht.   Und jetzt: die Post. Er wollte sich gerade daran machen die Treppe nach unten zu gehen, als ihm gegenüber seiner eigenen Wohnung etwas auffiel. Die Wohnungen lagen sich in diesem Haus mit den Eingangstüren gegenüber und unter der Tür seines Nachbarn konnte er definitiv einen leichten Lichtschimmer erkennen.   Er war also noch wach? Für einen Moment betrachtete er die Tür und blinzelte überrascht. Ob er wohl Besuch hatte? Bestimmt arbeitete er noch, dass sähe ihm ähnlich. Der Typ war ein eindeutiger Nachtmensch. Ob er ihn wohl stören dürfte? Marco, der Mann, der ihm gegenüber wohnte, wusste von seinen Schlafstörungen und hatte ihm schon öfter angeboten, dass er zu ihm kommen konnte, wenn etwas war. Schließlich kannten sie sich schon seit fast fünf Jahren. Ace hatte den Anderen kennengelernt, als er damals mit 17 auf das Internat gekommen war, wo der Andere zu jener Zeit ebenfalls gelebt hatte. Zuerst hatte er ihn nicht gemocht und Marco hatte ihn weitestgehend ignoriert, aber irgendwie waren sie dann doch Freunde geworden. Und wie der Zufall so wollte wohnten sie jetzt im selben Gebäude.   Im Grunde konnte es ja nicht schaden, wenn er nachsah, was Marco machte. Wenn er an der Tür klopfen würde, dann würde der Andere außerdem wissen, dass es Ace war, der vor seiner Tür stand. Das war ihr Zeichen. Ace klingelte nicht, er klopfte. Außer ihm klopfte eigentlich niemand, vor Allem nicht nachts. Und als ob der Ältere Besuch haben würde. Er hatte um solche Uhrzeiten nie Besuch. Zumindest wäre es Ace wenn noch nie aufgefallen. Aber dann wiederrum hatte er um vier Uhr morgens auch besseres zu tun, als auf dem Hausflur zu stehen und zu beobachten, wer bei seinem Nachbarn ein und aus ging.   Jedenfalls hatte er es somit beschlossen. Wenn der Ältere keine Lust auf seine Anwesenheit hatte, könnte er ihm das ja sagen, oder ihn einfach ignorieren. Zaghaft klopfte er an die Tür. Sofort war in der Wohnung vor ihm ein schepperndes Geräusch zu hören. Dann ein gedämpftes Fluchen auf welches ein Moment der Stille folgte.   Ace trat einen Schritt zurück und überlegte sich bereits, ob er lieber wieder in seine eigene Wohnung verschwinden sollte, als die Tür vor ihm einen Spalt breit geöffnet wurde und er unweigerlich in die genervt aussehenden Augen des Älteren blickte. Seine blonden Haare hingen ihm zerzaust ins Gesicht. Er trug eine lilafarbene Jacke, die vorne geöffnet war und das Blickfeld auf seinen muskulösen Oberkörper und das blaue Tattoo, welches seine Brust zierte, freigab. Auf seiner Nase trug er eine schwarze Lesebrille, was Ace darauf schließen ließ, dass er ihn definitiv nur beim Arbeiten gestört hatte. Immerhin etwas.   Der Ältere musterte ihn mit einem kühlen Blick von Oben bis Unten und nahm dann seine Brille ab und rieb sich angestrengt über die Augen. „Morgen Ace.“ Sagte er letztlich. „Du siehst beschissen aus.“ Stellte er sogleich noch schlicht fest und fing sich dafür einen leisen, unverständlichen Protest des Jüngeren ein. „Komm rein.“ Mit diesen Worten ging er ein Stück zur Seite und hielt die Tür auf, sodass der Schwarzhaarige seine Wohnung betreten konnte, eine Aufforderung, welcher dieser sogleich nachkam. Schweigend gingen sie hintereinander in das Wohnzimmer des Älteren und Ace ließ sich sogleich seufzend auf dessen Sofa fallen. Marco musterte ihn noch immer nachdenklich. „Wieder dieser Alptraum?“ Fragte er den Jüngeren schließlich, welcher darauf nur stumm nickte. „Du kannst hier bleiben, aber ich muss noch arbeiten.“ Der schwarzhaarige lächelte ihn als Antwort auf diese Frage freudig an. „Du bist der Beste, Marco!“ Verlegen kratzte dieser sich an seinem Hinterkopf und sah zur Seite „Schon ok.“ Nuschelte er mehr zu sich selbst als das er es zu Ace sagte.   Die Situation war ihm definitiv unangenehm. Zwar hatte er kein Problem damit, wenn der Jüngere bei ihm aufkreuzte, doch musste er dies gerade nur in Unterwäsche bekleidet tun? Er sah erneut zu dem Schwarzhaarigen und ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Wangen, was der Andere jedoch nicht zu bemerken schien. Was auch eindeutig besser für ihn war, dachte Marco bei sich. Schließlich wollte er um keinen Preis das gute Verhältnis das er zu Ace hatte wegen so etwas zerstören.   Leider konnte er dieses ‚so etwas‘ nicht ändern. Er hatte eben Interesse an dem Jüngeren. Er hatte schon immer mehr auf Männer gestanden, was grundsätzlich kein Problem war und ihn auch definitiv nicht störte. Aber das er gerade an Ace Gefallen finden musste störte ihn dann doch wieder. Letztlich waren sie eher so etwas wie Brüder und er hatte es sich zu seiner Aufgabe gemacht auf ihn aufzupassen, seit dieser damals zu ihnen gekommen war. Außerdem war er ganze zehn Jahre jünger als er. Zehn Jahre jünger und ein Mann. Und als ob Ace auf Männer stehen würde und dann auch noch gerade auf ihn, lächerlich. Das konnte er definitiv vergessen.   „Warte kurz.“ Sagte er schließlich knapp zu dem Schwarzhaarigen und verlies dann für einige Minuten den Raum. Als er wieder zurück kam trug er in seiner einen Hand ein T-Shirt, welches er dem Jüngeren sogleich zuwarf und in seiner anderen Hand hielt er eine Tasse Tee, die er vorsichtig auf dem Wohnzimmertisch abstellte. „Ah, Danke.“ Sagte der Schwarzhaarige und zog sich sogleich das Shirt über.   So ist’s gut. Marco musste unweigerlich grinsen. Dann konnte er wenigstens nicht mehr so schnell auf falsche Gedanken kommen und sich ein wenig beruhigen. Eindeutig besser, als wenn der Andere hier halbnackt auf seinem Sofa saß und er… naja, genau. Darüber wollte er lieber nicht weiter nachdenken, also ließ er es bleiben.   Seufzend setzte er sich schließlich neben den Jüngeren und sah ihn besorgt an. „Alles in Ordnung?“ Ace schüttelte seinen Kopf, nahm die mit Tee gefüllte Tasse in seine Hand und pustete vorsichtig, damit die Flüssigkeit ein wenig abkühlte, bevor er einige Schlucke davon trank und die Tasse wieder zurück auf den Tisch stellte. „Willst du darüber reden?“ Versuchte Marco weiter den Jüngeren dazu zu bringen etwas zu sagen, doch dieser schüttelte nur erneut seinen Kopf und sah betrübt zu Boden. Er hatte seine Hände in seinem Schoss gefaltet und spielte nervös mit seinen Fingern. „Hey. Ist schon ok. Es ist deine Sache. Aber wenn du darüber reden willst, bin ich für dich da.“ Sagte Marco in einem Versuch den Anderen ein bisschen aufzumuntern. Ace hob seinen Kopf und sah dem Blonden nun direkt in die Augen, sein Blick drückte Schuldbewusstsein aus. Durch den plötzlichen Augenkontakt beschleunigte sich Marcos Herzschlag und er verfluchte sich innerlich dafür, dass er sich so schlecht unter Kontrolle hatte. Letztlich entschuldigte Ace sich dafür, dass er ihn um solch eine Uhrzeit noch störte, doch Marco winkte ab. „Wie gesagt, bleib hier solange du willst.“ „Danke.“ Sagte der Jüngere leise, dann lehnte er vorsichtig seinen Kopf an Marcos Schulter an und schloss seine Augen.   Von dieser plötzlichen Berührung überrascht zuckte der Ältere unweigerlich zusammen, doch er fing sich sogleich wieder. Für einige Zeit saßen sie nur so dort. Marcos Gedanken schlugen Purzelbäume, aber er ermahnte sich innerlich, dass er sich zusammenreißen musste. „Hey Ace.“ Sagte er schließlich „Schlaf ja nicht auf mir ein.“ Der Schwarzhaarige jedoch ignorierte diese Aussage gekonnt und rückte noch ein Stück näher an den Blonden heran. Er legte seinen Arm auf dessen Bein ab und grinste zufrieden. Er war bereits halb eingeschlafen und murmelte nur noch „Kannst mir ja ein Schlaflied singen…“ „Ich denke selbst du weißt, dass das ein ziemlicher Fehler wäre.“ Gab der Blonde trocken zurück und musste unweigerlich Lächeln. Im Grunde war es ihm ganz Recht wenn der Jüngere an ihn gelehnt einschlief, dann konnte er wenigstens dessen Nähe für einige Zeit genießen ohne sich verdächtig zu machen. Letztlich murmelte Ace noch etwas vor sich hin, doch er sprach so leise, dass Marco nicht ausmachen konnte, was er genau gesagt hatte.   Die Minuten verstrichen und der Atem des Jüngeren ging immer gleichmäßiger und tiefer, bis Marco sich sicher war, dass er eingeschlafen war. Er sah den Jüngeren sehnsüchtig an. Er musste sich zurück halten. Er durfte jetzt bloß keinen Fehler machen. Aber eine kleine Berührung konnte doch nicht schaden, oder? Er biss sich nachdenklich auf seine Unterlippe. Der Jüngere würde so schnell bestimmt nicht mehr aufwachen, redete er sich ein. Langsam hob er seine Hand und strich Ace behutsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er seine Hand auf dessen Wange legte. Der Jüngere fühlte sich ungewöhnlich warm an und seine Handfläche kribbelte dank dieser Berührung angenehm. Vorsichtig strich er Ace mit einem seiner Finger federleicht über die Lippen. Diese warmen, weichen Lippen die er nur zu gerne küssen würde. Seine Hand fuhr unter das Kinn des Jüngeren und er hob dessen Kopf leicht an. Es war nur ein Kuss, es war nichts dabei. Er schlief, er würde es nicht merken.   Er spürte den Atem des Schwarzhaarigen auf seiner Haut, als er sich langsam zu ihm herunterbeugte und…   Nein. Nein. Verdammt nochmal, nein! Das durfte er nicht machen! Er zog seinen Kopf blitzartig zurück und spürte wie er rot wurde. Er deckte sein Gesicht mit seiner freien Hand ab und grummelte etwas Unverständliches, dass sich ziemlich frustriert anhörte, in seine Handfläche. Er war viel zu aufgeregt. Er sollte den Jüngeren jetzt lieber in Ruhe lassen, bevor er seine Beherrschung noch gänzlich verlor. Vorsichtig stand er schließlich auf und legte Aces Körper behutsam auf das Sofa und deckte ihn mit einer dünnen Decke zu.   Egal was er sich wünschte, er musste geduldig sein. Er konnte sich nicht einfach nehmen was er wollte. Definitiv nicht. So war er nicht. So wollte er nicht sein.   Der Jüngere hatte ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. „Träum süß.“ Flüsterte Marco ihm zu, dann ging er zurück in sein Arbeitszimmer um sich wieder an seine Arbeit zu setzen. Leider machte diese sich auch nicht von alleine und es war bereits kurz vor fünf. Kapitel 2: Erinnerung an den ersten Tag --------------------------------------- Angestrengt nachdenkend saß Marco noch immer in seinem Arbeitszimmer vor seinem Computerbildschirm. Seine Hände bewegten sich unsicher über der Tastatur. Irgendwie lief es heute einfach nicht gut, er wusste absolut nicht, was er schreiben sollte. Resignierend schob er seine Tastatur ein Stück von sich. Ihm fehlte im Moment einfach die nötige Konzentration, außerdem hatte er noch ein paar Tage Zeit um diese Reportage zu Ende zu schreiben. Vielleicht sollte er einfach ins Bett gehen. Schließlich war Ace noch immer hier und wenn er Glück hatte, würde der Jüngere vielleicht den ganzen Tag bei ihm verbringen. Bei diesem Gedanken musste er unweigerlich lächeln. Es wäre wirklich ein gelungenes Wochenende, wenn er den Tag mit Ace verbringen könnte. Außerdem könnte er dann versuchen diesen auf andere Gedanken zu bringen. Er hatte wirklich fertig ausgesehen. Marco fragte sich, worunter der Jüngere so litt. Aber leider hatte er ihm nie genaueres erzählt. Das einzige was er wusste war, dass Ace oft Alpträume hatte. Er wusste nicht mal um was es in diesen Träumen ging, sonst hätte er sich vielleicht einen Reim daraus machen können. Er hatte nur einmal mitbekommen, als Ace bei ihm übernachtet hatte, wie er im Schlaf geredet hatte. Irgendwas über ein Feuer. Aber er hatte ihn nicht darauf angesprochen. Wenn der Jüngere sich ihm anvertrauen wollte, dann sollte er dies von sich aus tun.   Wenn er jedoch genauer darüber nachdachte, dann war ihm, als ob er schon einmal etwas über ein Feuer in Verbindung mit Ace gehört hatte. Gesprächsfetzen eines Telefonats seines Vaters. Aber irgendwie hatte ihm Damals auch keiner etwas Genaueres gesagt und das obwohl er sonst über alles Bescheid wusste, was in dem Internat seines Vaters vor sich ging.   Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. Es war bereits fünf Jahre her, dass er Ace zum ersten Mal getroffen hatte. Er war damals 27 gewesen und hatte noch immer in der Nähe des Internats seines Vaters gelebt. Eigentlich hatte er schon länger vor gehabt in eine Wohnung weiter weg von dem Ort zu ziehen, aber dann war sein Vater krank geworden. Aus Sorge war er bei ihm geblieben, schließlich hatte er dem Mann sein Leben zu verdanken.   Er erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem Ace bei ihnen angekommen war und es mit der Ruhe für ihn erst einmal vorbei gewesen war. Jemand der so schlimm war hatten sie schon lange nicht mehr bei sich aufgenommen.     Rückblende   Marco stand, mit vor seiner Brust verschränkten Armen, neben dem Schreibtisch seines Vaters und betrachtete mit gelangweiltem Blick die beiden Personen, die soeben das Zimmer betreten hatten. Ein alter Mann, mit kurzen, grauen Haaren und Bart, in einem weißen Anzug gekleidet, der sich kurz darauf als ‚Monkey D. Garp‘ vorstellt und ein Junge mit pechschwarzen Haaren, eigensinnig wirkenden, dunklen Augen, aus welchen heraus er Edward, Marcos Vater, herausfordernd anblickte. Zudem hatte er auffällig wirkende Sommersprossen im Gesicht und trug eine ebenso auffällige Halskette mit großen, roten Perlen über einem gelben Hemd. Weiter trug er eine schwarze, ausgewaschene Hose, die ihm bis knapp über die Knie ging und schwer wirkende, ebenso schwarze Stiefel. Alles in allem war es ein seltsames Auftreten für diesen Anlass dachte Marco bei sich.   „Stell dich vor.“ Forderte der alte Mann neben dem Jungen diesen auf, aber er schwieg mit einem frechen Grinsen auf den Lippen, also übernahm der Andere es genervt seufzend für ihn. „Das hier ist mein Enkel, Portgas D. Ace.“ Marco wunderte sich über ihre unterschiedlichen Namen, aber vermutlich waren sie nicht wirklich direkt verwandt. So etwas kam hier oft vor, wenn jemand, warum auch immer, Kinder abbekamen und dann mit ihnen überfordert war. Schließlich war ihr Internat dafür bekannt sich auch um spezielle ‚Sonderfälle‘ zu kümmern. Was so viel hieß wie: Kinder die unkontrollierbar erschienen. Und dabei machten sie nicht einmal einen ganz so schlechten Job, schließlich schien sein Vater immer zu wissen, was solche Kinder brauchten. Und das war etwas, was Marco aus erster Hand erfahren hatte, als er hier her gekommen war.   „Hmm. Es gibt da noch ein paar Dinge zu bereden, aber dafür muss der Junge nicht hier bleiben.“ Sagte Edward schließlich. „Marco?“ Der Angesprochene schreckte aus seinen Gedanken auf und sah seinen Vater fragend an. „Ja?“ „Zeig unserem Neuankömmling doch bitte sein Zimmer.“ „Natürlich.“ Mit diesen Worten schritt er auf den Jungen zu und bat ihm mit einem freundlichen Lächeln ihm zu folgen. Der Schwarzhaarige kam dieser Aufforderung nach. Als er sich bereits in der Tür befand, drehte er sich noch einmal um und winkte seinem Großvater kurz zu „Bis dann, Opa.“   Stumm liefen die beiden, nachdem sie das Zimmer verlassen hatten, hintereinander einen langen Gang entlang. Zu ihrer Linken waren Fenster angebracht, die den Blick auf den Innenhof freigaben. Marco überlegte, ob er versuchen sollte den Jüngeren in ein Gespräch zu verwickeln, aber irgendwie wirkte der Andere nicht gerade so, als ob er sich überhaupt mit ihm unterhalten wollte. Er sah über seine Schulter nach hinten, der Schwarzhaarige hatte seine Lippen zusammengepresst und sah ihn mit einem finsteren Blick an. In diesem Moment war Marco sich sicher, dass der Kleine ihm in Zukunft bestimmt so einige Probleme bereiten würde. Letztlich überwand er sich doch noch und fragte den Jüngeren knapp: „Wie alt bist du eigentlich?“ Der Schwarzhaarige gab einen genervt klingenden Laut von sich und antwortete dann in einem unfreundlichen Tonfall „Was geht dich das an, Ananas-Kopf?“ Marco drehte seinen Kopf wieder zurück und lief stumm weiter. Das war ja mal nicht so gut gelaufen. „Musst es mir ja nicht sagen.“ Gab er genervt zurück. „Aber du könntest mich wenigstens bei meinem Namen nennen. Der wäre übrigens Marco und nicht Ananas-Kopf.“ Fügte er noch herausfordernd hinzu. „Lass mich einfach in Ruhe.“ Sagte Ace darauf und steckte, mit einem schmollenden Gesichtsausdruck, seine Hände in seine Taschen. „Kein Problem.“ Sie näherten sich einem Gang zu ihrer Rechten und bogen ab, am Ende des Ganges lag eine Treppe. „Nur noch hier hoch.“ Merkte Marco knapp an. Am Ende der Treppe befand sich auf der linken Seite eine Tür mit der Aufschrift ‚301‘, es war die erste einer Reihe von Türen, die sich in diesem Gang befanden. Marco blieb davor stehen und Ace tat es ihm gleich. „Das hier ist dein Zimmer.“ Sagte der Blonde schließlich, während er in seiner Tasche nach dem Zimmerschlüssel suchte, den ihm sein Vater zuvor anvertraut hatte. Als er ihn schließlich gefunden hatte, streckte er ihn dem Schwarzhaarigen entgegen und sagte knapp „Nimm.“. Der Schwarzhaarige nahm den Schlüssel stumm entgegen und für einen Moment standen sie sich schweigend gegenüber, letztlich sagte Ace jedoch gereizt „Ist noch was?“. Der Blonde zuckte mit seinen Schultern. Anscheinend wollte der Jüngere sich keine langatmigen Erklärungen über irgendwelche Sachen anhören und im Grunde hatte er auf die ganze Situation mittlerweile auch nicht mehr wirklich viel Lust. Bitte, wenn der Junge es komplizierter machen wollte als es sein müsste, sollte er eben. Er hatte ihm gegenüber keine Verpflichtung. Außerdem half er seinem Vater hier nur aus, wenn sich der Kleine so anstellen musste, sollte sich eben einer der Angestellten um ihn kümmern. Das war ihm ganz recht, dann könnte er sich wenigstens wieder seinen wichtigen Aufgaben widmen.   „Wenn du nicht willst, dass ich dir irgendetwas erzähle, dann war es das.“ Er sah den Jüngeren weiterhin genervt an und fügte dann noch hinzu „Ah. Abendessen gibt’s um 6, Unten.“ Er überlegte für einen Moment ob es wirklich ok war sich nicht mehr Mühe zu geben. Aber der Junge vor ihm nervte ihn irgendwie mit seiner unfreundlichen Art. Jedoch wusste er ja noch nicht einmal wieso er hier war. Vielleicht ließ sein Großvater ihn wirklich hier, weil er nicht mit ihm zurechtkam. Wenn es etwas in dieser Richtung war, dann wäre es irgendwie verständlich, dass der Junge sich so benahm.   Er sah ihn skeptisch an. Der Blick des Jüngeren war noch immer fest und trotzig. Da er nichts mehr sagte, nahm Marco an, dass er sich tatsächlich nichts von ihm anhören wollte und machte sich darauf an ihm vorbei zu gehen, um ihn alleine zu lassen. Doch als er gerade neben dem Jungen war, schlug dieser mit seiner Hand gegen die Wand neben sich. Erschrocken über diese plötzliche Reaktion blieb Marco stehen und hob verwirrt eine Augenbraue an. Er sah den Jüngeren irritiert an. Dieser hatte seine Hände zu Fäusten geballt und sah zu Boden. Marco wollte gerade seinen Mund öffnen um etwas zu sagen, als der Schwarzhaarige ihm zuvorkam. „Du…“ begann er. „Behandle mich nicht, als ob es eine Last wäre!“ Er war laut geworden und hatte seinen Kopf in Marcos Richtung gedreht. Seine Augen funkelten ihn böse an.   „Ah.“ War alles was dem Blonden dazu einfiel. Er blinzelte ein, zwei Mal verwirrt über den plötzlichen Ausbruch des Jüngeren. So etwas hätte er jetzt am wenigsten erwartet. Er hatte doch nichts dergleichen getan, oder etwa doch? Er hatte ihn gefragt, wie alt er war, der Jüngere hatte ihn beleidigt… und dann… war er vielleicht ein bisschen zu genervt gewesen, stellte er beschämt fest. Und er hatte sich überlegt gehabt, dass er sich nicht um ihn kümmern wollte. Er hatte es tatsächlich übertrieben. Eindeutig.   Er hob seine Hand und Ace zuckte bei dieser Bewegung unweigerlich zusammen. Vorsichtig legte er sie auf die schwarzen Haare des Jüngeren, welcher seine Augen zusammenkniff, und lies sie dort nur eben so lange, um ihm für einen Moment die Haare zu zerzausen. Er lächelte den Jüngeren an. „Wie alt warst du noch gleich?“ Startete er seinen Versuch von vorher erneut. Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen wieder und sah ihn verwirrt an, sagte dann aber leise „17“. Marcos Lächeln wurde breiter „Du bist also 17.“ Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu „Wenn du Hilfe brauchst, dann sag mir Bescheid. In deinem Zimmer ist ein Telefon mit einer Liste über die wichtigsten Nummern, wie Meiner, zum Beispiel. Und einen Lageplan solltest du auch vorfinden, damit du heute auch zum Abendessen findest.“ Verwirrt über den plötzlichen Wandel des Älteren drehte Ace sich zu seiner Tür um und machte sich daran, diese aufzuschließen. Bevor er sie öffnete sagte er schließlich „Ich mag dich immer noch nicht.“ Marco sah ihn darauf beleidigt an. Kurz bevor der Schwarzhaarige durch die Tür verschwunden war, fügte er noch grinsend ein „Trotzdem danke“ hinzu.   Rückblende Ende     Marco ertappte sich dabei wie er auf Grund dieser Erinnerung zufrieden lächelte. Zugegeben, ihr erstes Treffen war nicht wirklich gut verlaufen. Aber das Ace ein Sturkopf war wusste er mittlerweile ja und das sich das mit seinem eigenen Charakter nicht immer gut vertrug war ihm inzwischen auch bewusst. Ace hatte ihm in den fünf Jahren, die er ihn jetzt kannte, wirklich einiges an Kopfschmerzen bereitet, aber irgendwie war es auch wieder zum Teil dieser komplizierte Teil des Jüngeren, der ihn so reizte.   Letztlich stellte er mit einem Blick auf die Uhr fest, dass er genug Zeit damit verbracht hatte in Erinnerungen zu schwelgen. Wenn er nicht langsam schlafen ging, dann würde er nicht rechtzeitig aus dem Bett kommen. Seufzend schloss Marco die noch immer geöffneten Programme auf seinem Computer und schaltete diesen aus. Zwar wusste er, dass Ace selbst auch gerne ziemlich lange schlief, dass hieß allerdings nicht, dass sie den ganzen Tag verschlafen sollten. Schließlich würde er dann nichts mehr von dem Besuch des Anderen haben und er hatte sich so darauf gefreut die Situation ein bisschen aus zu nutzen.   Schmunzelnd klappe er seine Bücher zu und stellte sie an ihren Platz zurück. Bevor er ins Badezimmer ging um seine Zähne zu putzen brachte er noch schnell seine Kaffeetasse in die Küche. Ordnung musste in jedem Falle sein.   Als er es letztlich in sein Zimmer geschafft hatte und in seinem Bett lag, war es bereits sechs Uhr. Naja, immerhin würde er noch ein paar Stunden schlafen können, besser als nichts. Er zog seine Decke bis zu seinem Kinn hoch und drehte sich auf seine Seite.  Nach einem Moment der inneren Ruhe griff er mit seiner Hand nach der freien Fläche des Bettes neben sich und krallte seine Finger in den weichen Stoff des Lackens. Sein Gesichtsausdruck war traurig geworden. Er wünschte sich, dass Ace hier neben ihm lag... Kapitel 3: Tränen ----------------- Der durchdringende Ton seines Weckers lag ihm unangenehm in den Ohren. Er hatte Probleme dabei sich zu orientieren und Mühe seinen Verstand in das Hier und Jetzt zu befördern. Wo war nur dieser verdammte Wecker? Er tastete mit seiner Hand neben sich, bis er das Objekt, welches den ganzen Krach verursachte, mit seinen Fingern berührte. Leider war seine Hand in ihrer Bewegung noch immer unsicher und so flog der Wecker auf den Boden einen Meter neben seinem Bett und klingelte munter weiter. Super. Perfekter Start in den Tag. Oh Mann. Er fühlte sich beschissen. Er hätte am Vortag eindeutig früher ins Bett gehen sollen, stellte er resignierend fest. Und dieser verdammte Wecker hörte einfach nicht auf zu nerven. Mittlerweile war der Weckton zu einem einzigen, langen Piepen geworden, dass von Sekunde zu Sekunde lauter wurde.   Genervt setzte er sich auf und schwang seine Beine über die Bettkante. Mit einer schnellen Bewegung trat er nach dem Wecker und diesmal traf er zum Glück den richtigen Knopf. Stille trat ein. Er ließ sich nach hinten auf sein Bett fallen und schirmte seine Augen mit seiner Hand ab. Warum war es überhaupt so hell? Hatte er vergessen, den Rollladen herunter zu lassen? Kein Wunder, wenn er dann nicht ordentlich schlafen konnte. Und warum musste er eigentlich so früh aufstehen? Er würde viel lieber bis zum Mittag durchschlafen. Er dachte für einen Moment darüber nach, dann weiteten sich seine Augen über eine Sache, die ihm soeben wieder eingefallen war. Er setzte sich rückartig auf. Stimmt ja, Ace war hier.   Er grinste zufrieden. Jetzt war er eindeutig wach. Ob der Schwarzhaarige wohl schon aufgestanden war? Wenn er Pech hatte, dann war Ace bereits gegangen, während er geschlafen hatte. Aber das hoffte er nicht, der Jüngere könnte wenigstens mit ihm zusammen frühstücken. Und kostenloses Essen hatte Ace eigentlich noch nie abgelehnt. Eine freudige Melodie summend verließ er sein Zimmer um nachzusehen, ob Ace noch immer da war. Als er jedoch das Wohnzimmer betrat blieb er abrupt stehen. Seine Augen weiteten sich und die Melodie, die ihm auf den Lippen lag, verstummte.   Das Zimmer lag im halbdunkeln, dass einzige vorhandene Licht schien durch den Spalt zwischen den zugezogenen Vorhängen vor den Fenstern hindurch. Ace schlief nicht mehr, stellte Marco fest. Anstelle dessen saß er auf dem Sofa, mit seinem Kopf auf seine Hände gestützt und… weinte? Marco war sich nicht sicher. Wegen der schlechten Lichtverhältnisse konnte er den Jüngeren nicht genau erkennen. Aber er war sich sicher, dass er ein leises Schluchzen aus dessen Richtung vernahm.   Er wollte etwas sagen. Irgendetwas machen. Aber er stand noch immer wie angewurzelt in der Tür und starrte den Schwarzhaarigen an. Marcos Körper hörte nicht mehr auf seine Befehle. Der unerwartete Anblick der sich ihm bot hatte ihn geradezu paralysiert.   Letztlich nahm er sich zusammen und ging, nach einem Moment der Starre, auf Ace zu. Durch die plötzliche Bewegung in dem Raum aufgeschreckt sah dieser auf. „Marco…“ War das Einzige was er sagte. Seine Stimme hörte sich unerträglich traurig an. Der Angesprochene senkte seinen Blick. Dämlich. Er war so dämlich. Er hatte sich einen tollen Tag vorgestellt gehabt, dabei wusste er, wie es Ace ging. Oder zumindest hätte er es erahnen sollen, schließlich war dies nicht das erste Mal, dass Ace nachts bei ihm aufgetaucht war. Und wenn es dem Schwarzhaarigen gut ging, dann würde er so etwas doch nicht machen, oder? Marco wusste zwar nicht, was es mit diesen Alpträumen genau auf sich hatte, aber er wusste wie lange Ace schon darunter litt. Er schämte sich. Er hätte den Jüngeren nicht alleine lassen sollen. Wer weiß, wie lange er mittlerweile schon wach war und hier alleine saß. Er hatte mal wieder nur an sich selbst gedacht. Er verfluchte sich innerlich dafür, dass er so unsensibel gewesen war. Da er nicht wusste, was er sagen sollte, setzte er sich neben Ace auf das Sofa und zog den Jüngeren mit einem Arm zu sich.   Dieser schien durch diese plötzliche Reaktion des Älteren für einen Moment verwirrt zu sein und schob seine Hände schützend zwischen ihre Körper. Marco hatte obenrum nichts an und seine Haut fühlte sich unter Aces Fingern angenehm warm an. Letztlich gab er seinen Widerstand jedoch auf und lies seinen Kopf auf die Schulter des Blonden sinken. Er konnte nicht aufhören zu weinen. Es war so erbärmlich. Er verfluchte sich für seine Schwäche und dafür, dass er Marco immer damit belasten musste, nur weil er selbst nicht mit seinen Problemen klar kam. Er schloss seine Augen. Unter seiner rechten Hand konnte er Marcos Herzschlag spüren. Ein angenehmer, gleichmäßiger Ton, der ihn irgendwie beruhigte. Der Ältere machte sich bestimmt Sorgen um ihn. Ace war ihm von Anfang an eine Last gewesen und trotzdem hatte Marco sich nie beklagt. Selbst jetzt versuchte er ihn zu trösten und fragte ihn nicht einmal, was los war. Er nahm immer noch Rücksicht auf ihn, dabei musste er sich mittlerweile wirklich fragen was überhaupt Aces Problem war.   In diesem Moment fasste der Schwarzhaarige einen Entschluss. Er musste Marco sagen, was los war. Es war dem Älteren gegenüber nicht fair diesen die ganze Zeit in Unwissenheit zu lassen und dann trotzdem immer wieder zu ihm zu gehen, wenn er Trost brauchte. Er fühlte sich, als ob er ihn ausnutzte und das schmerzte ihn selbst. Und wenn es ihm selbst schon so ging, wie musste sich Marco dann erst fühlen? Er entfernte sich ein Stück von dem Anderen und wischte sich mit seinem Arm die Tränen fort. Sogleich griff Marco neben sich auf dem Wohnzimmertisch nach einer Schachtel mit Taschentüchern und reichte sie dem Schwarzhaarigen. Ein „Danke“ nuschelnd griff dieser sich eines der Taschentücher und putze sich damit seine Nase, dann sah er den Blonden schweigend an. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Marco versuchte den Blick des Anderen zu deuten, aber er konnte dessen Augen kaum sehen, weil es zu dunkel war. Letztlich fragte er das einzige, was ihm in dieser Situation sinnvoll erschien. „Geht es wieder?“ Seine Stimme hörte sich unsicher an. Und das war er auch. Er wusste nicht, wie er mit der Situation umgehen sollte. Er wusste, dass er irgendetwas machen sollte, aber, egal wie lange er hin und her überlegte, nichts erschien ihm sinnvoll. Und dann schlich sich da noch so ein seltsames Gefühl bei ihm ein. Alles nur wegen Aces Berührung. Das konnte er jetzt am wenigsten gebrauchen. So etwas war im Moment einfach völlig unpassend, wies er sich selbst zurecht. Trotzdem kämpfte er einen Moment mit sich selbst, um den Drang seine Hand auf Aces Wange zu legen, zu unterdrücken. Wenigstens würde Ace seinen Gesichtsausdruck genauso wenig sehen können wie er dessen. Das beruhigte ihn für einen Moment.   Ace antworte nicht auf die ihm gestellte Frage. Stattdessen sah er Marco mit einem festen Blick an. Er versuchte sich Mut zu machen. Er musste es ihm erzählen. Marco war, seit er ihn kannte, immer für ihn da gewesen. Er würde ihn verstehen und dann würde er vielleicht endlich einen Teil seiner Last loswerden können. Er öffnete seinen Mund ein, zwei Mal in dem Versuch etwas zu sagen, aber er scheiterte. Seine Gedanken rasten. Er konnte es nicht. Marco hatte ihm immer gesagt, dass es ok war, wenn er nicht darüber reden wollte. Er hatte gesagt, dass er es verstehen würde. Aber Ace fühlte sich, als ob er die Freundlichkeit des Älteren nur ausnutzte und wenn er sich ihm nicht anvertraute, dann würde sich das niemals ändern können.   Schließlich gab er sich einen Ruck und fragte den Anderen mit leiser Stimme: „Marco, kann ich dir etwas anvertrauen?“. Der Angesprochene schien durch diese plötzliche Frage überrascht zu sein. Er hätte alles erwartet, nur nicht, dass Ace ihm erzählen würde, was los war. „Natürlich kannst du.“ Gab er schnell zurück und versuchte den Anderen verständnisvoll anzublicken, auch wenn er sich nicht sicher war, ob dieser es sehen konnte. Nach einer weiteren Pause, in welcher Marco bereits dachte, dass Ace es sich anders überlegt hatte, sagte dieser schließlich: „Weißt du, warum ich damals zu euch gekommen bin?“ Der Blonde schüttelte verwirrt seinen Kopf „Nein.“. Ace musste unweigerlich lächeln. Natürlich wusste Marco es nicht. Obwohl er seinen Vater hätte fragen können, hatte er es ihm zu liebe nicht getan. Er hatte die Entscheidung, ob er es wissen sollte oder nicht, ihm überlassen. Irgendwie machte ihn das ein bisschen glücklich. Aber wenn er dann wieder darüber nach dachte, wie lange er Marco nichts erzählt hatte, war dieses glückliche Gefühl sogleich wieder verschwunden und von einer weiteren Welle Schuldgefühlen ersetzt worden.   „Damals, vor fünf Jahren…“ Begann er schließlich zu erzählen, doch weiter kam er nicht, denn er wurde von einem schrillen Klingelton unterbrochen. Für einige Sekunden sahen sich die Beiden verwirrt und mit großen Augen an. Dann schien Marco einzufallen, woher der Ton kam. Er schlug sich mit der flachen Hand gegen seine Stirn. „Da ist jemand an der Tür.“ Sagte er schließlich, während der Ton erneut erklang. Ace sah ihn geschockt an. „Das ist bestimmt Ruffy.“ Stellte er fest. Der Blonde erhob sich langsam „Er macht sich bestimmt Sorgen. Lass uns gleich weiter reden.“ Als er sich gerade auf den Weg zur Haustür machen wollte, hielt Ace ihn für einen Moment zurück „Wenn es Ruffy ist, dann sag ihm, dass ich noch schlafe!“ sagte er mit einem panischen Unterton. Er wollte definitiv nicht, dass sein kleiner Bruder ihn so sah. Dann würde er sich wirklich sorgen um ihn machen und das wollte er nicht. Es war schlimm genug, dass er ihn letzte Nacht geweckt hatte.   Marco gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er verstand, dann ging er zu seiner Haustür und öffnete diese so weit, wie es die Türkette zu lies. Er kannte Aces Bruder. Wenn er ihm die Möglichkeit geben würde, dann würde er einfach ungefragt in die Wohnung eindringen. Aber diese Chance würde er ihm nicht bieten.   Die Person vor seiner Tür war tatsächlich Aces kleiner Bruder. „Hey Marco. Ist Ace bei dir?“ Der Kleine sah in fragend an. „Ja, er ist heute Nacht hier her gekommen.“ Antworte der Angesprochene. „Wie geht es ihm? Kann ich rein kommen?“ Fragte der Schwarzhaarige weiter und trat nervös  von einem Fuß auf den Anderen. Marco musterte ihn für einen Moment. Der Kleine schien sich wirklich Sorgen um seinen großen Bruder zu machen. Aber er wusste auch, dass Ace ihn nicht unnötig belasten wollen würde, also hielt er sich an das, um was Ace ihn gebeten hatte und log: „Er schläft noch.“ „Aha.“ Antworte Ruffy darauf nur und kratzte sich verlegen an seinem Hinterkopf. „Wenn er aufwacht, sag ihm, dass ich mich mit ein paar Freunden treffe.“ Dann grinste er „Ace kann ja bei dir bleiben.“ Marco fragte sich, warum der Kleine so grinsen musste, wenn er so etwas sagte. „Ich sag‘s ihm.“ „Gut, Danke!“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Ruffy von ihm und Marco schloss mit einem Seufzen die Tür.   Auf seinem Weg zurück in sein Wohnzimmer überlegte er sich, was er zu Ace sagen sollte. Was vor fünf Jahren passiert war und der Auslöser dafür gewesen ist, dass Ace zu ihnen gekommen war… Natürlich hatte er sich immer gefragt, was es war. Aber er hatte Ace immer respektiert. Er hatte nie versucht irgendetwas heraus zu finden, obwohl das eine leichte Aufgabe gewesen wäre. Schließlich hatte er Zugriff auf alle Unterlagen seines Vaters. Aber, wenn Ace wollte, dass Marco etwas über ihn erfuhr, dann musste er es ihm selbst sagen. Marco wollte sein Vertrauen zu dem Jüngeren auf keinen Fall zerstören, für nichts auf der Welt.   Er musste unweigerlich schlucken als er die Tür zu seinem Wohnzimmer öffnete. Hoffentlich hatte die unerwartete Unterbrechung Ace nicht seine Entschlossenheit genommen ihm das zu erzählen, was er erzählen wollte. Doch als er die Tür gänzlich geöffnet hatte, wusste er, dass der Moment definitiv vorbei gezogen war. Die Vorhänge waren mittlerweile aufgezogen und eines der Fenster war geöffnet worden. Frische Luft wehte ihm entgegen. Ace saß im Schneidersitz auf seinem Sofa und hielt einen Spielekontroller in seinen Händen. Seine Finger bewegten sich flink über die Knöpfe. Im Fernseher bewegte sich eine Figur nach seinen Befehlen.   Marco musste einen resignierenden Seufzer unterdrücken. Ace hatte die Situation perfekt genutzt um seine Fassung wiederzuerlangen. „Du sollst nicht immer meine Konsole rausholen.“ Sagte er mit einem gespielt beleidigtem Ton. „Sorry, sorry.“ Sagte der Jüngere nur abwesend, seine Augen starr auf den Bildschirm gerichtet.   Im Grunde war es ok. Solange es für Ace in Ordnung war, würde er sich nicht beschweren. Der Schwarzhaarige würde Marco sein Geheimnis früher oder später anvertrauen und wenn es so weit war, dann würde er für ihn da sein. Kapitel 4: Bruchstücke ---------------------- Um seine Enttäuschung vor Ace zu verbergen, hatte Marco sich vorerst in sein Badezimmer zurückgezogen. Er wusste, dass er sauer sein sollte. Er wusste, dass er den Jüngeren auf sein seltsames Verhalten hätte ansprechen sollen, aber irgendwie konnte er nicht. Es kam ihm nicht richtig vor. Er sollte Ace zu nichts drängen. Dazu hatte er kein Recht. Aber er wurde dieses seltsame Gefühl in sich nicht mehr los. Das er in Wirklichkeit ziemlich genervt war von dem Verhalten des Jüngeren. Er seufzte. Erst einmal würde er duschen gehen, dann könnte er weiter überlegen, was er in Bezug auf Ace machen sollte. Langsam entledigter er sich seiner restlichen Kleidung und stieg in die schmale Duschkabine. Während das Wasser lauwarm auf seinen Körper niederprasselte und er sich sichtlich wohler und entspannter fühlte, ertappte er sich dabei, wie er bereits zum wiederholten Male an diesem Tag dachte, dass Ace ihm nichts als Sorgen bereitete. Er musste lächeln. Irgendwie würde er es schon noch schaffen, an den Jüngeren heran zu kommen.   Ace saß noch immer in dem Wohnzimmer des Älteren. Er hielt den Spielekontroller in seinen Händen umklammert, aber, schon seit Marco den Raum ohne ein weiteres Wort verlassen hatte, drückte er keinen der Knöpfe mehr. Er ließ den Kontroller neben sich auf das Sofa fallen, zog seine Beine nah an seinen Körper und hielt sie dort umklammert. Marco war sauer auf ihn, dessen war er sich sicher. Aber so, wie er sich aufführte, war das kein Wunder. Er war fest entschlossen gewesen, Marco alles zu erzählen. Der Ältere hatte es verdient, dass er ihm gegenüber ehrlich war, aber dann… hatte er seine Entschlossenheit verloren. Zweifel hatten sich in seine Gedanken geschlichen. Marco würde es nicht verstehen, er würde ihn, für das was er getan hat, verachten. Er schloss angestrengt seine Augen. Das Feuer… Er konnte die Flammen vor sich sehen, wann immer er seine Augen schloss. Die Gedanken daran waren allgegenwertig. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Er hatte Angst.   Langsam öffnete er seine Augen wieder und legte resignierend seinen Kopf in den Nacken. Er starrte die Decke über sich an. Vor seinem inneren Auge sah er das Gesicht seines Bruders, wie er ihn breit angrinste. „Und dann verschwindet er in den Flammen…“ murmelte er leise zu sich selbst. Aber das stimmte nicht. Ruffy war doch noch hier. Ruffy hatte ihn gerettet. Oder etwa nicht? Es fiel ihm so unsagbar schwer sich daran zu erinnern. Alles was ihm blieb waren seine Träume. Träume die keinen Sinn machten, aber ihn unsagbar verängstigten. Er erinnerte sich an die ersten Worte seines Bruders, als er damals in den weißen Räumen des Krankenhauses aufgewacht war: „Dir ist nichts passiert, aber…“ Und dann wurde die Stimme unklar. Was aber? Was war passiert? Als nächstes sah er Dadans Gesicht vor sich. Es war das letzte Mal gewesen, dass er sie gesehen hatte „Das Alles ist deine schuld!“ Das waren ihre Worte gewesen, sie hatte geweint und dann war alles um ihn herum schwarz geworden. Als er das nächste Mal aufgewacht war, hatte er die Stimmen von Ärzten gehört, die seinem Großvater erklärten, dass sein Enkel eventuell einen Teil seines Gedächtnisses verloren haben könnte. Und dann der Blick seines Großvaters. So ein anschuldigender Blick. Er hatte weinen wollen. Er hatte sagen wollen, wie leid es ihm tat. Ich lebe doch noch. Hatte er rufen wollen, aber die Worte waren ihm im Hals stecken geblieben. Da waren nur dieser Blick und diese bedrückende Stille gewesen. Sein Großvater hatte kein Wort gesagt. Und obwohl er sich nicht mehr an viel erinnern konnte, wusste er, dass er etwas getan hatte. Etwas Schlimmes.   Als er das Quietschen der Tür hinter sich hörte, zuckte er erschrocken zusammen. Er legte seinen Kopf auf der Sofakante ab und spähte hinter sich. Dort stand Marco, mittlerweile angezogen, mit noch immer nassen Haaren und einem Tablett in der Hand. „Ah!“ Aces  Stimmung erhellte sich. Marco musste grinsen „Dachte du hast vielleicht Hunger.“ Er setzte sich neben Ace auf das Sofa und stellte das Tablett vor sie auf dem Wohnzimmertisch ab. Sogleich schnappte Ace sich eines der belegten Brote, die Marco mitgebracht hatte. „Hast du keine Lust mehr?“ Fragte Marco den Jüngeren mit einem Kopfnicken zum Fernseher, wo das Spiel, das dieser zuvor noch gespielt hatte, nicht mehr zu sehen war. „Eh.“ Ace schluckte einen Bissen herunter „Du hast nur doofe Spiele.“ Stellte er schließlich knapp fest. „Wie kann man nur so vernarrt in Rollenspiele sein? Kauf dir mal ein anständiges Kampfspiel oder irgendwas, dass Spaß macht.“ Sagte er noch, während er bereits die nächsten Bissen verschlang. Marco verzog sein Gesicht gespielt beleidigt und lehnte sich zurück. Auf die Sticheleien des Jüngeren ging er mal lieber nicht ein. Das Thema hatten sie schon oft genug gehabt. Ihre Geschmäcker waren eben verschieden.   Im nächsten Moment jedoch fiel ihm wieder ein, dass er ja vorhin mit Aces Bruder geredet hatte. „Achja.“ Sagte er schließlich „Dein Bruder hat sich Sorgen um dich gemacht.“ Er sah Ace ernst an, aber dieser ignorierte seine Bemerkung gekonnt. „Und er hat gesagt, dass er heute nicht Zuhause ist, weil er sich mit Freunden trifft.“ „Hmm.“ Überlegte der Schwarzhaarige darauf und unterbrach das Essen für einen Moment „Solang er morgen Früh da ist. Keine Lust mich mit diesem Idioten rumzuschlagen.“ Marco sah ihn verwundert an „diesem Idioten…?“. Ace lachte auf „Ja. Du weißt schon.“ Er machte eine abfällige Handbewegung „Dieser rothaarige Idiot will vorbei kommen.“. „Shanks? Dein Professor?“ Fragte Marco erneut nach und Ace nickte darauf „Genau der. Nicht genug, dass ich dieses Semester zwei Kurse bei dem hab. Jetzt kommt er auch noch zu uns nach Hause. Als ob Ruffy und ich nicht auf uns selbst aufpassen können.“ Er seufzte genervt „Wie Ruffy nur dazu gekommen ist, so jemanden kennenzulernen.“. Marco musste über diese Bemerkung lachen „Dein Bruder zieht die komischsten Vögel an.“ „Das stimmt.“ Pflichtete Ace ihm, erneut seufzend, bei.   „Ach, sag mal Ace.“ Marco sah den Anderen fragend an, ihm war soeben noch etwas eingefallen, was er den Anderen schon die ganze Zeit hatte fragen wollte. Ace drehte sich zu dem Blonden um und sah ihn ebenso fragend an, wie dieser ihn „Was denn?“. „Es geht um Paps.“ Begann er schließlich langsam. Er wollte den Jüngeren nicht schon wieder mit etwas belasten, aber dass hier war wichtig. Schließlich ging es seinem Vater schon seit längerer Zeit nicht mehr wirklich gut. Er machte sich ernsthaft Sorgen um ihn. „Er fragt, ob du ihn nicht mal wieder besuchen willst.“ Marco sah den Anderen hoffnungsvoll an „Weil es ihm doch nicht so…“ wollte er gerade weiter sprechen, doch Ace unterbrach ihn mit einem knappen „Ich weiß.“. Edward Newgate. Ace hatte ihm mindestens genauso viel zu verdanken, wie er Marco zu verdanken hatte. Und er war sich dessen bewusst, dass es dem alten Mann nicht mehr allzu gut ging. Sein Blick fiel auf Marcos Oberkörper. Der Ältere trug seine Jacke wie immer offen und so konnte er das Tattoo auf dessen Brust erkennen. Das war das Zeichen des Mannes, den auch er als Vater akzeptiert hatte. So seltsam es klingen mochte. Aber er verdankte ihm so viel… und jemanden als seinen Vater bezeichnen zu dürfen, war für ihn einfach… unbeschreiblich gewesen. „Klar komm ich mal wieder vorbei.“ Er lächelte den Älteren an, der sich bei dieser Aussage merklich entspannte.   Ohne weitere Worte zu wechseln, aßen die Beiden ihr Frühstück, bis das Tablett leer war. Ace tätschelte seinen Bauch und seufzte zufrieden „Und, was machen wir jetzt?“ Marco schwieg für einen Moment, doch dann antworte er „Was du willst.“. Ace sah den Anderen an. Sein Blick war ernst geworden. Verwirrt über den plötzlichen Wandel in Aces Augen, hob der Blonde eine Augenbraue. „Alles okay?“ Fragte er den Jüngeren. „Wegen eben.“ Sagte Ace letztlich. „Tut mir leid, dass ich… naja, du weißt schon.“ Marco öffnete und schloss seinen Mund überrascht, ohne etwas zu sagen. Hatte Ace sich gerade ernsthaft bei ihm entschuldigt? Und wenn der Jüngere jetzt wieder von diesem Thema anfing, wäre das dann vielleicht seine Gelegenheit, näher darauf einzugehen? Sollte er es wagen? Er dachte fieberhaft nach und letztlich kam er zu dem Entschluss, dass er mit einer kleinen Nachfrage nichts falsch machen konnte. „Du kannst es mir immer noch erzählen.“ Sagte er schließlich vorsichtig.   Sofort wechselte Aces Blick. Jetzt drückte er Angst aus. Er wollte nicht. Er wollte definitiv nicht. Wenn Marco das erfuhr, würde er ihn hassen, da war er sich sicher. Er würde nicht mehr für ihn da sein wollen. Marco schien den Gedankengang des Jüngeren erkannt zu haben. Er hob seine Hand und zerzauste damit für einen Moment die Haare des Jüngeren. „Ich werde dich nicht verurteilen.“ Sagte er so sanft wie möglich. Ace kniff seine Augen zusammen und schüttelte energisch seinen Kopf. Die Erinnerungen und Bilder aus seinen Träumen prasselten auf ihn ein. Diese Gedanken waren zu viel. Es war überwältigend. Er könnte nicht länger alleine damit klar kommen, dass wusste er. Er musste es Marco erzählen. In ihm schrie es förmlich danach, dass er sich jemandem anvertraute.   „Da war dieses Feuer…“ Sagte er schließlich. Sein Atem ging schwerer, angestrengter. „In Dadans alter Wohnung…“ Er schluckte. „Ich weiß nicht genau…“ Er brach hab, doch Marco legte beruhigend seine Hand auf die Schulter des Jüngeren „Ist schon okay…“ flüsterte er sanft. Durch diese Geste ermutigt lies Ace weitere Bilder auf sich einwirken „Ich träume ständig davon…“ Brachte er schließlich hervor „Wie ich einfach nur da sitze… und ich denke, dass ich sterben werde… und, und… dass es okay ist…“ Er blickte den Älteren verzweifelt an. „Und dann…“ Seine Stimme drohte zu versagen, doch er schaffte es dennoch es zu sagen „ist da Ruffy und er verschwindet in den Flammen… und…“ Marco streichelte ihm beruhigend über die Wange. „Marco…“ Sagte Ace nach einer Pause „Ich erinnere mich nicht mehr… aber irgendwie weiß ich, dass ich…“ Er legte eine weitere Pause ein „…ich hatte das Feuer gelegt.“ Ace schloss seine Augen. Einige Tränen rannen ihm über seine Wangen, doch Marco strich sie behutsam fort. Er zog den Schwarzhaarigen vorsichtig zu sich „Darum bist du zu uns gekommen?“ Fragte er ihn leise flüsternd. Ace schluckte hörbar „Dadan hasst mich. Alle sind so seltsam gewesen seitdem. Ich erinnere mich kaum daran, ich weiß überhaupt nicht, was passiert war und diese verdammten Träume machen einfach keinen Sinn.“ Er vergrub sein Gesicht in der Jacke des Älteren „Ruffy ist doch nichts passiert…!“ Sagte er schließlich. Kapitel 5: Ein Weg zurück in die Normalität ------------------------------------------- Marco wusste nicht, was er Ace als Antwort geben sollte. Der Schwarzhaarige hatte wirklich so etwas gemacht? Irgendwie konnte er es nicht glauben.Zwar war ihm bewusst gewesen, dass in der Vergangenheit des Jüngeren irgendetwas Schlimmes passiert sein musste, aber dass er versucht haben sollte sich das Leben zu nehmen... ?  Irgendwie klang das so gar nicht nach dem Ace, den er kannte. Aber vielleicht kannte er ihn ja doch nicht so gut, wie er immer gedacht hatte. Außerdem hatte der Schwarzhaarige sich in letzter Zeit wirklich seltsam verhalten. Aber wenn Ace das, was er ihm gerade erzählt hatte, die ganzen Jahre lang bedrückt hatte, dann… „Marco?“ Vernahm er plötzlich die zögernde Stimme des Jüngeren „… hasst du mich jetzt?“ Marco antwortete auf diese Frage nicht direkt, er schob Ace ein Stück von sich und sah ihm tief in die Augen.   Der Blick des Älteren war undeutbar. Bestimmt verurteile er Ace jetzt. Warum auch nicht? Alle hatten ihn verurteilt. Sie hatten nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Sie hatten ihn weggegeben. Bestimmt würde Marco genauso reagieren… Mit der Situation überfordert senkte Ace schuldbewusst seinen Blick.   „Du bist so ein Idiot.“ Sagte Marco schließlich und der Schwarzhaarige zuckte bei diesen Worten unweigerlich zusammen. Marco hasste ihn. Warum nur hatte er sich eingebildet, dass es anders sein könnte…?  Im nächsten Moment spürte er jedoch, wie ihm eine Hand sanft über seine Wange streifte. Er wollte sie mit seiner eigenen Hand abwehren. Er wollte kein Mitleid. Der Ältere jedoch war schneller und ergriff seine Hand. Er wollte nicht, dass Marco sich dazu zwang nett zu ihm zu sein. Er versuchte seine Hand los zu reißen, aber der Ältere ließ nicht locker. Marco verachtete ihn, es gab keine andere Möglichkeit! Resignierend ließ er seine Hand sinken. Der Druck den Marco auf sie ausübte wurde schwächer, doch Ace versuchte nicht mehr sich dem Griff des Älteren zu entziehen. Eine unangenehme Stille trat ein. Letztlich nahm Ace all seinen Mut zusammen und hob seinen Kopf, um den Älteren erneut anzusehen. Er musste es wissen. Er musste wissen, was Marco über ihn dachte. Jetzt. Sofort.    Der Ältere lächelte. Unweigerlich zuckte Ace zusammen. Er hätte alles erwartet. Alles. Aber nicht so eine Reaktion.     „Ich könnte dich nie hassen.“ Sagte Marco schließlich vorsichtig. Er wusste, was er Ace sagen wollte. Die Worte brannten ihm förmlich auf der Zunge. Flehten ihn an, ausgesprochen zu werden. Diese Situation wäre perfekt. Er könnte es ihm sagen, jetzt und hier. Er kämpfte mit sich selbst. Er wusste, dass er die Umstände nicht für sich selbst ausnutzen dürfte. Aber er wollte es. Unbedingt. Doch dann vergifteten Zweifel seine Gedanken und auch seine Vernunft schaltete sich wieder ein. Ace würde es nicht verstehen. Er würde denken, dass er mit ihm spielen wollte. So etwas in dieser Situation zu sagen war einfach nur unangebracht. Er würde den Jüngeren nur verschrecken und dann würde dieser bestimmt nie mehr mit ihm reden.  Der einzige Idiot hier war er selbst stellte er schließlich resignierend fest. Wie konnte er auch nur für eine Sekunde darüber nachdenken diese Situation für sich selbst auszunutzen? Er war so ein Narr. Er hatte sich geschworen, dass er sich zurückhalten würde. Warum nur musste er dann ständig in jeder x-beliebigen Situation über solche selbstsüchtigen Dinge nachdenken?!   Er beschloss, dass er es nicht sagen würde, definitiv nicht jetzt. Er würde sich noch eine Weile lang beherrschen und auf den wirklich richtigen Zeitpunkt warten.   Doch der Blick des Jüngeren verzauberte ihn. Zudem hielt er noch immer dessen Hand in der seinen. Und er war ihm so nah… Am liebsten hätte er ihn einfach wieder umarmt. Aber er wusste, dass er dann noch eher auf falsche Gedanken kommen würde. „Ich hatte gesagt, ich würde dich nicht verurteilen.“ So war es gut, sagte er zu sich selbst. Eine viel bessere Wortwahl, als das, was er eigentlich geplant hatte zu sagen.   Ace nickte langsam. Wirklich überzeugt sah er nicht aus. Nur weil Marco so etwas gesagt hatte, hieß das ja nicht, dass er es noch immer dachte, jetzt wo er die Wahrheit wusste.   „Danke, dass du es mir erzählt hast.“ Sagte der Ältere schließlich. Eigentlich würde er Ace gerne mehr darüber fragen. Aber er wusste, dass der Schwarzhaarige es ihm in seinem eigenen Tempo erzählen würde. Wenn nicht jetzt, dann ein anderes Mal. Außerdem war das ‚Warum‘ auch nicht unbedingt so wichtig. Schließlich war Ace jetzt hier. Also musste sich für ihn etwas ins Gute geändert haben, oder nicht? „Ich glaube nicht, dass sie dich verurteilen.“ „Was?“ Fragte der Jüngere irritiert. „Dein Bruder wohnt doch mit dir zusammen. Und dein Großvater kümmert sich immer noch um dich. Und Dadan fällt es nach all der Zeit bestimmt einfach nur schwer, den ersten Schritt zu machen.“ Er machte eine kurze Pause und sprach dann weiter „Du meintest, sie hätten sich dir gegenüber seither seltsam verhalten. Aber für sie war es bestimmt auch nicht leicht mit einer solchen Situation umzugehen.“   Ace nickte erneut. Was Marco da sagte ergab Sinn. Vielleicht hatte er die ganze Sache einfach falsch eingeschätzt. „Und meine Träume?“ Fragte er schließlich leise. Marco zuckte kurz mit den Schultern „Rede doch mal mit Ruffy. Oder deinem Großvater. Vielleicht hören die Träume auf, wenn du dich an die Wahrheit erinnerst.“ Ace sah ihn zweifelnd an „Ich will Ruffy damit aber nicht wieder belasten.“. „Ich weiß. Aber es ist wichtig für dich, oder? Außerdem sollte keiner von euch so etwas einfach verdrängen müssen.“ Versuchte Marco dem Schwarzhaarigen Mut zu machen. „Vielleicht hast du Recht.“ Antwortete dieser und  brachte ein schwaches Lächeln zu Stande.   Mittlerweile war er froh, dass er sich dem Älteren anvertraut hatte. Er wünschte sich, dies schon viel früher getan zu haben. Aber woher hätte er wissen sollen, dass dieser ihn verstehen würde? Woher hätte er wissen sollen, dass seine Zweifel unbegründet gewesen waren? Er hoffte, dass es ihm von jetzt an besser gehen würde. Jetzt wo er mit Marco über seine größte Angst reden konnte… Wenigstens würde er mit einem Teil seiner Last jetzt besser umgehen können.   Er war froh darüber. Vor allem, da er in der nächsten Woche wieder zur Universität gehen müsste. Die Semesterferien waren wie im Flug vergangen und er hatte die Zeit kaum genutzt. Jetzt bereute er das. Aber irgendwie hatte ihm die Motivation, nein, der Antrieb gefehlt. Er hoffte, dass sich jetzt etwas ändern könnte.   Jetzt müssten sie nur noch irgendwie aus dieser, ihm mittlerweile peinlichen, Situation herauskommen. Als er bemerkte, dass Marco noch immer seine Hand hielt, grinste er verlegen. Der Ältere schien dies im gleichen Moment zu realisieren, denn er zog seine Hand schnell weg und murmelte ein „Sorry“. Irgendwie war ihm die Situation auf einmal ziemlich unangenehm. Er wusste nicht warum. Er sah verlegen zur Seite. Seine Wange fühlte sich seltsam an, als ob sie ihn an etwas erinnern wollte. Hatte Marco ihn nicht genau dort berührt, als er ihn getröstet hatte? Er rieb sich die Stelle nachdenklich. Der Ältere sah ihn verwirrt an. Er wurde aus dem plötzlich seltsamen Verhalten des Jüngeren nicht schlau. Hatte er es übertrieben? War sein Verhalten komisch gewesen? Oh ja, er hatte es bestimmt übertrieben. Definitiv. Er hatte Ace eindeutig zu oft berührt. Aber der Jüngere war einfach so verdammt anziehend. Außerdem hatte er ihn nur getröstet. Er hatte sich doch nicht etwa verraten… oder etwa doch?!   Er wurde von einem leisen Lachen aus seinen Gedanken gerissen. Verärgert sah er den Jüngeren an. Dieser hielt sich eine Hand vor den Mund und versuchte sein Lachen zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht „Tut mir echt leid…“ brachte er zwischen seinem Gelächter mühsam hervor. Marco stöhnte genervt. „Was?!“ Fragte er schließlich. Ace verstummte augenblicklich. „Du hättest dein Gesicht gerade sehen müssen. Dein Gesichtsausdruck hat im Sekundentackt gewechselt. Das sah einfach zu… komisch aus. Woran hast du bloß gedacht?!“ Er fing wieder an zu lachen. Marco wurde rot. Hatte er seinen Ausdruck wirklich so schlecht unter Kontrolle gehabt? Das Gelächter des Jüngeren bestätigte ihm, dass es genauso war. Oh Mann. Naja, wenigstens lachte Ace jetzt. Wenigstens etwas.  „Dein Ausdruck war auch nicht besser.“ Gab er schließlich trotzig zurück. „Ich hab dich nur festgehalten, weil du meine Hand wegschlagen wolltest, falls es dir entfallen ist.“   „Oh.“ Ace hörte erneut aprupt auf zu lachen „Stimmt. Sorry.“.   „Kein Problem.“ Gab der Blonde zurück und lies sich in das Sofa zurück fallen. Nachdenklich betrachtete er Aces Hinterkopf. „Und, was machen wir jetzt?“ Fragte er schließlich. Er wusste worauf er Lust hätte. Aber… Verdammt nochmal! Schon wieder abwegige Gedanken. Er musste damit aufhören, tadelte er sich selbst zum gefühlten hundertsten Mal an diesem Tag.    „Marco? Hast du mir überhaupt zugehört?!“ Ace sah ihn genervt an. Tatsächlich hatte Marco nicht mitbekommen, was der Jüngere als Antwort auf seine Frage gegeben hatte. Tatsächlich war er gedanklich in diesem Moment mehr als ein bisschen abgelenkt gewesen. Er schüttelte stumm seinen Kopf und sah den Jüngeren fragend an. „Ich will Pizza.“ Sagte Ace es ihm noch einmal und sah ihn ernst an. „Spinnst du? Wir hatten eben erst gegessen…“ Er wollte noch etwas anhängen, aber der Jüngere unterbrach ihn und sagte noch einmal mit Nachdruck „Verdammt, Marco. Ich. Will. Pizza.“. Ace war eindeutig wieder normal und genau in seinem Element. Marco grinste, er freute sich, dass es dem Jüngeren wieder besser ging. Ace zog einen Schmollmund und sagte schließlich in seiner bezauberndsten Stimme „Bitte?“. „Wenn du aufhörst mich so affig anzuschauen.“ Gab Marco gespielt murrend zurück. Ace verzog seinen Mund zu einem breiten Grinsen. „Okay. Ich geh eben rüber und mach mich fertig. Dann gehen wir. Pizzeria um die Ecke, ja?“ Noch ehe Marco widersprechen konnte, nicht das es irgendetwas gebracht hätte, war Ace bereits von dem Sofa aufgesprungen und hatte den Raum verlassen. Sekunden später hörte Marco das Geräusch seiner Haustür, die sich öffnete und kurz darauf geräuschvoll zurück ins Schloss fiel.    Er seufzte. Anstrengend, dachte er bei sich. Aber irgendwie war er auch froh. Er war Ace näher gekommen, oder etwa nicht? Wenigstens hatte er etwas mehr über die Vergangenheit des Jüngeren erfahren. Wenn er ihn besser verstehen würde, mehr über ihn erfahren könnte, dann würde er dem Jüngeren vielleicht irgendwann auch das anvertrauen können, dass er im Moment noch so gut wie möglich vor diesem zu verstecken versuchte.    Er lehnte seinen Kopf zurück und lächelte zufrieden. Solange er die Möglichkeit hatte irgendwie Zeit mit Ace zu verbringen war es für ihn ok. Zumindest noch im Moment. Kapitel 6: Aufgehalten ---------------------- Es klopfte energisch an seiner Haustür. Wenn Ace etwas wollte, dann konnte er ganz schön nerven, dachte Marco bei sich und musste dabei unweigerlich lächeln. Irgendwie war er glücklich. Er würde den Tag letztlich doch noch mit Ace zusammen verbringen können. Besser konnte das Wochenende für ihn gar nicht mehr werden. Er lief zu seiner Haustür, öffnete diese mit einer schnellen Handbewegung und sah, weiterhin lächelnd, in das überraschte Gesicht des Schwarzhaarigen, welcher seine Hand noch immer von der Klopfaktion erhoben hielt und abrupt in seiner Bewegung inne gehalten hatte. Im nächsten Moment jedoch sah der Jüngere ihn tadelnd an. „Warum lässt du mich immer so lange warten?“ Fragte er genervt. Marco lehnte sich an den Türrahmen an und blickte auf den Schwarzhaarigen herab „Weil du keine Geduld hast.“ Gab er vorwurfsvoll zurück. „Mann, Marco. Ich hab eben Hunger!“ Kam die Antwort des Jüngeren prompt. „Ich weiß.“ Sagte der Blonde kühl „Du hast auch nur einmal Hunger: und das ist immer.“ Ace, der sich durch diese Aussage sichtlich beleidigt fühlte, wollte nach dem Älteren ausschlagen, doch dieser wich der Attacke gekonnt aus und trat auf den Flur hinaus. Die Haustür fiel hinter ihm ins Schloss. Er drehte sich zu dem Jüngeren um und sah ihn fragend an „Können wir gehen?“ Der Angesprochene sah gespielt beleidigt zur Seite und antwortete leise „Du bist immer so gemein zu mir.“ Diese kleinen Streitereien gehörten mittlerweile einfach zu ihren Gesprächen dazu. Auch wenn Marco nicht wusste warum, da ihn so ein Verhalten eigentlich nerven sollte. Und das tat es in Wirklichkeit auch, aber eben nicht bei Ace. Irgendwie durfte Ace so oder so alles machen was er wollte. Ace bildete für ihn die einzige, große Ausnahme in Allem. Irgendwie hatte sich das so ergeben. Er hatte sich den Schwarzhaarigen als seinen persönlichen Schützling auserkoren. Und dann, mit der Zeit, war er für ihn zu etwas Besonderem geworden. Richtig. Das war es. Er wollte alles an Ace mögen. Egal ob er albern, glücklich, traurig oder sauer war. Er wollte es alles. Er wollte, dass Ace ihm jede Seite seines Charakters zeigte und er wollte ihn mit allem was er war akzeptieren. Wie sollte er sonst von sich behaupten können, dass er mehr für den Jüngeren empfand, als er eigentlich sollte?   „Ich lad dich als Entschuldigung ein.“ Sagte er schließlich mit einem Lächeln auf den Lippen zu dem Jüngeren. „Hmm?“ Dieser sah ihn zuerst zweifelnd an, doch dann grinste er breit und sagte schließlich „Danke!“. Marco liebte diesen Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen. Und er liebte es, dass er ihn mit solchen Kleinigkeiten glücklich machen konnte. Außerdem dachte er, das Ace ohnehin am besten aussah, wenn er glücklich war. Das breite Grinsen des Jüngeren. Die Sommersprossen, die ihn irgendwie frech erscheinen ließen und seine schwarzen Haare, die sein Gesicht sanft umrandeten.   Marco wollte, dass es ihm gehörte. Er wollte das Ace ihm gehörte. Er wollte, dass er ihn umarmen und küssen konnte, wann immer ihm danach war. Er wollte ihn berühren können, wie und wann er es wollte. Sein Gesicht, seine Lippen, seine Haare. Geistesabwesend streckte er seine Hand aus und strich dem Jüngeren in einer kurzen Bewegung über dessen Haare. Er wollte es alles und er hasste, dass er Ace nicht näher sein konnte. „Eh? Hab ich da was?“ Wurde er je von den Worten des Schwarzhaarigen, der ihn wegen der Berührung verdutzt ansah, aus seinen Gedanken gerissen. Er sah ihn verwirrt an und zog sogleich seine Hand zurück „E-ein Fussel...!“ Brachte er schließlich leicht panisch hervor, ein Rotschimmer legte sich über seine Wangen. „Echt? Danke.“ Antwortete der Jüngere mit einer unschuldigen Mine und lächelte dabei.   Abrupt drehte der Blonde sich um und ging auf die Treppe zu. „Komm schon, wir sollten los.“ Sagte er schließlich, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ace sollte sein Gesicht nicht sehen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Die Nähe des Jüngeren machte ihn verrückt, aber er durfte nicht einfach so unüberlegt handeln, er musste seine Gedanken endlich in den Griff kriegen, dann würde so etwas auch nicht mehr passieren. Er hatte Glück, dass Ace sein seltsames Verhalten nicht aufzufallen schien. Jeder andere hätte es mittlerweile bestimmt schon gemerkt, oder nicht? Aber Ace war anders… An Ace heran zu kommen war bestimmt nicht einfach. Unweigerlich fragte er sich, ob der Jüngere wohl schon mal eine Freundin gehabt hatte. Irgendwie hatte er ihn so etwas nie gefragt und mitbekommen hatte er in diese Richtung eigentlich auch nie etwas. Aber ausschließen würde er es nicht. Schließlich war Ace bestimmt ziemlich beliebt bei den Frauen.   Er seufzte. Das waren ja jetzt genau die richtigen Gedanken um seine eigentlich gute Laune wieder in den Keller zu drücken. Irgendwie kamen ihm in letzter Zeit nur dämliche Sachen in den Kopf. Er sollte aufhören sich über Dinge, die er ohnehin nicht beeinflussen konnte, Gedanken zu machen. Aber so einfach war es nicht seine Zweifel und Ängste auszublenden. Er wusste, dass es nicht gut war. Diese Gedanken taten ihm weh. Das er Ace mochte war unsagbar schmerzhaft für ihn. Dennoch würde er es schaffen so weiter zu machen. Denn, der Gedanke Ace gänzlich zu verlieren, war noch immer der schmerzhafteste von Allen.   Als er die Haustür nach Draußen öffnete, schlug ihm eine unerträglich schwüle Luft entgegen. Es war bewölkt und sah fast so aus, als ob es bald anfangen würde zu regnen. Aber dann wiederrum war die Luft ziemlich warm und bedrückend. Er hasste diese Art von Wetter. Es war unangenehm draußen zu sein, wenn die Luft so erstickend war. Er hörte Ace hinter sich seufzend ausatmen „Was für ne Luft.“ Bemerkte der Schwarzhaarige knapp. Marco nickte zustimmend.   Die Pizzeria zu der sie gehen wollten, lag nur fünf Minuten von ihren Wohnungen entfernt. Sie mussten lediglich die Straße runter laufen und um die nächste Ecke biegen. Und da war sie dann. Die beste Pizzeria der Gegend und zudem auch die günstigste. Sie legten die Strecke schweigend nebeneinander laufend zurück. Ace freute sich, dass er für diesen Tag schon zwei Mal kostenloses Essen abstauben könnte, vor allem, da er im Moment ein bisschen knapp bei Kasse war. Etwas, dass er vor Marco natürlich niemals zugegeben hätte. Umso erleichterter war er, als dieser in spontan zum Essen eingeladen hatte. Wobei, wenn er recht darüber nachdachte, dann war der Ältere schon immer so gewesen. Er hatte sich seit damals um ihn gekümmert, war für ihn da gewesen. Ohne je nach einer Gegenleistung zu fragen. Irgendwie war Marco ihm gegenüber wirklich immer ein guter Mensch gewesen, dabei war Marco nicht unbedingt der Typ Mensch, der einfach so nett zu anderen war.   Während er lief, war Marcos Blick starr auf den Boden gerichtet. Irgendwie schaffte er es heute einfach nicht, seinen Kopf davon abzuhalten ihn mit langwierigen Denkprozessen zu beschäftigen. Dadurch, dass er jedoch abgelenkt war, bemerkte er nicht die Gruppe von Menschen, welche vor ihnen und kurz vor ihrem Ziel, die Straße blockierten. Ace jedoch hatte diese bemerkt und blieb abrupt stehen. „Marco…“ versuchte er so ruhig wie möglich zu sagen. Der Angesprochene blieb ebenfalls stehen, drehte sich verwundert um und sah Ace fragend an, dieser jedoch starrte nur stur an ihm vorbei. Sein Gesicht sah aus, als ob ihm unwohl war. Marco folgte leicht irritiert dem Blick des Jüngeren und konnte nicht verhindern, dass ihm ein überraschtes „Oh“ herausrutschte. Die Mitglieder der Gruppe vor ihnen hatten sie derweil ebenfalls bemerkt und warfen ihnen feindselige Blicke zu. Für einen Moment herrschte Stille zwischen den beiden Parteien, doch dann löste sich eine Person aus der Gruppe heraus und trat auf Marco und Ace zu. „Sieh an, sieh an. Wen haben wir denn da.“ Sagte der Mann mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen. Er hatte rote Haare, welche ihm wirr von seinem Kopf abstanden. Außerdem trug er eine, mit Nieten verzierte, Fliegerbrille und seine Lippen waren in einer dunklen Farbe geschminkt. Alles in allem gab er ein bedrohlich wirkendes Bild ab. „Lange nicht mehr gesehen.“ Fügte er in einem Ton, der nichts Gutes zu bedeuten hatte, hinzu. „Nicht lange genug, Kid.“ Gab Marco trocken zurück. „Ah, Marco.“ Der Rothaarige verzog seinen Mund zu einer Grimasse. „Und wen haben wir da?“ Sagte er mit einem flüchtigen Blick auf Ace. „Den kenn ich ja noch gar nicht. Einer deiner Schützlinge? Oder dein neustes Spielzeug?“ Ace zuckte bei diesen Worten unweigerlich zusammen und auch Marco schien von einem auf den anderen Moment Mühe zu haben, sich zurückzuhalten hier auf öffentlicher Straße etwas Dummes zu machen. Für den Moment schwiegen sie jedoch Beide. Kid schien eindeutig ein Unruhestifter zu sein. Ace hatte bis jetzt noch nicht das Vergnügen gehabt, ihm zu begegnen, aber er wusste, dass Marco sich öfter mit Typen wie ihm herumschlagen musste. Der Grund war das Internat ihres Vaters. Weil sie dort viele Kinder mit zweifelhaftem Hintergrund und Verhalten aufnahmen, kam es oft zu feindseligen Auseinandersetzungen, vor allem mit anderen Gruppen. Ace konnte nicht behaupten, dass er selbst früher besser gewesen wäre, aber die Zeit, in welcher er solche Probleme verursacht hatte, lag bereits lange zurück. Die Aufgabe, die Marco jedenfalls eigentlich für das Internat seines Vaters meistens übernahm, war es auf diese sogenannten ‚problematischen Kinder‘ aufzupassen. Ace hatte sich lange Zeit über den widersprüchlichen Charakter des Älteren gewundert. Warum er zu ihm und anderen Kindern, die zu ihnen gehörten, trotz der Fehler, die sie begangen hatten, so gut sein konnte und gleichzeitig dann solche Dinge tun konnte, auch wenn es für sie und seinen Vater war.   Ace schluckte. Wenn es hier zu einer Auseinandersetzung kam, dann würde das unangenehme Folgen mit sich bringen. Er hoffte nur, dass dies hier allen bewusst war, aber mit einem Blick auf Marco und Kid war er sich dessen nicht mehr unbedingt so sicher. Außerdem, was hatte der komische Typ gemeint, als er fragte ob er Marcos ‚Spielzeug‘ wäre? Was für ein dämlicher Begriff. Marco würde andere Menschen niemals benutzen. Da er keine Antwort erhielt sprach Kid unbeirrt weiter „Vor ein paar Wochen hab ich dich noch mit diesem anderen Kerl gesehen…“ Wieder dieses hämische Grinsen. Marco ballte seine Hände zu Fäusten. Was wollte der Rothaarige damit erreichen, hier solche Dinge zu sagen? Wollte er, dass er vor Ace wie ein Idiot dastand? Oder das er ausrasten würde? Ja, dass wäre definitiv schlecht. Er musste sich beherrschen. Er schluckte hart. Er durfte sich nicht beeinflussen lassen. Um nicht in die Versuchung zu geraten einen Streit anzufangen, schwieg Marco weiterhin eisern. Aber das, was Kid da sagte, waren definitiv keine Sachen, von denen er wollte, dass Ace sie hörte. Schließlich würde der Schwarzhaarige so etwas nur missverstehen, oder nicht? Außerdem, woher wusste dieser Unruhestifter überhaupt von diesen Dingen? Kid hatte seinerseits lange nachgeforscht um etwas zu finden, mit dem er Marco in die Enge treiben und bloßstellen konnte. Dann war er letztlich vor einigen Wochen fündig geworden und jetzt würde er diesen Moment in vollen Zügen auskosten. Er würde dem Blonden heimzahlen, dass er sich immer in seine Angelegenheiten einmischte. „Wie hieß der noch gleich… hm… er hatte so eine seltsame Frisur, braune Haare…“ Reizte er den Blonden weiter, dass Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter. „Sah aus, als ob ihr euch sehr nahe gestanden hättet… Aber darauf hast du wohl keine Lust mehr gehabt, hm?“ Er machte einen Schritt auf Marco zu und verschränkte seine Arme vor seiner Brust „Aber ich muss zugeben, der Kleine da würde mir auch besser gefallen.“ Fügte er noch mit einem Kopfnicken in Aces Richtung hinzu und leckte sich dabei mit der Zunge über die Lippen.   Aces Augen weiteten sich. Wie bitte? Dachte er im Stillen bei sich und sah Marco verwirrt und zugleich geschockt an. Bei dem Blonden jedoch schienen in eben diesem Moment die letzten Geduldsfäden gerissen zu sein. Er machte einen schnellen Schritt auf Kid zu und packte diesen am Kragen „Noch ein Wort…“ Sagte er ruhig obwohl seine Augen blanke Wut ausdrückten. „Noch ein weiteres Wort und ich sorg dafür, dass du für eine lange Zeit nicht mehr sprechen können wirst. Verstanden?!“ Kapitel 7: Aufgedeckt --------------------- Kid war über die Reaktion Marcos kaum überrascht. Er konnte sich ein hämisches Lachen nicht verkneifen. Herausfordernd blickte er den blonden Mann, der ihn noch immer am Kragen festhielt und böse anfunkelte, an. „Ich hab kein Problem damit, wenn du dich prügeln willst, Marco. Aber…“ Er hob seine Arme und zuckte leicht mit den Schultern „Ist es eine gute Idee das hier zu machen? Ist dir aufgefallen, wie viele Leute hier unterwegs sind?“ Marco sah zähneknirschend zur Seite und sah sich für einen Moment um. Kid hatte Recht, hier waren wirklich zu viele Leute. Wenn er jetzt ausrastete, dann würde er damit lediglich sich und Ace schaden und obwohl er damit für sich selbst kein Problem hätte, wollte er Ace ganz bestimmt nicht in eine solche Lage bringen. Langsam ließ er den Rothaarigen los und zischte ein wütendes „Verschwinde.“. Der Angesprochene zuckte leicht mit den Schultern und setzte erneut ein hämisches Grinsen auf „Gut so, Marco. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut du dich unter Kontrolle hast.“ Er klopfte dem Blonden auf die Schulter, was bei diesem jedoch nur ein leichtes Zusammenzucken auslöste. Marcos Blick war starr an Kid vorbei gerichtet, er versuchte angestrengt seine Wut zu unterdrücken. Er hatte bereits beschlossen, dass der Rothaarige hierfür bezahlen würde. Aber nicht jetzt, Nicht während Ace dabei war.   Im nächsten Moment merkte Marco, wie eine Gestalt an ihm vorbei huschte, dann hörte er einen dumpfen Aufschlag und ein verschlucktes Röcheln. Kid wurde von der Wucht des Schlages, der ihn soeben in der Magengrube getroffen hatte, ein Stück nach hinten geworfen. Geschockt sah Marco den Schwarzhaarigen an, der an soeben an ihm vorbei getreten war und noch bevor er etwas sagen konnte, tat Ace dies bereits. „Du solltest mal lernen dich zu benehmen, hör auf hier Probleme verursachen zu wollen!“ Knurrte er gefährlich und wollte schon erneut auf den Rothaarigen losgehen, als er an seinem Arm ruckartig zurückgezogen wurde. „Ace!“ Hörte er die wütende Stimme Marcos und der Schwarzhaarige drehte sich irritiert um. “Was denn, Marco?! Er hat dich beleidigt! Willst du das etwa so einfach auf dir sitzen lassen?!“ Der Blonde schüttelte daraufhin langsam seinen Kopf. „Nein, aber wir haben keine Wahl. Wenn es hier zu einer Auseinandersetzung kommt…“ er sah sich vielsagend um und bemerkte, dass bereits einige Leute stehen geblieben waren und ihre Gruppe neugierig beobachteten.   „Der Kleine hat ganz schön Mumm.“ Stellte Kid mit einem bösen Knurren fest und rieb sich angestrengt die schmerzende Stelle seines Bauches. „Aber das wird er bereuen.“ Er machte einen Schritt auf Ace zu, wurde jedoch in seiner Bewegung von einer Hand aufgehalten, die ihn fest an der Schulter packte und wieder ein Stück von dem Schwarzhaarigen weg zog. „Es reicht. Verschwinde, Kid, oder ich vergesse mich.“ Sagte Marco zu ihm in einem Tonfall, der eindeutig aussagte, dass er diese Drohung absolut ernst meinte. Kid entriss sich daraufhin mit einer ruckartigen Bewegung von dem Griff des Blondhaarigen. „Das wird noch Konsequenzen haben für dich und deinen kleinen Freund.“ Zischte er gefährlich, sah Marco abschätzend an und entschied dann jedoch, dass es keine gute Idee wäre diesen weiter zu reizen. Er drehte sich um ohne noch ein weiteres Wort zu sagen und stolzierte stolz davon, seine Kollegen mitnehmend. Auch die Schaulustigen, die stehen geblieben waren und sie beobachtet hatten, lösten sich langsam auf, als das Spektakel vorbei war.   Ace atmete hörbar aus. „Wir hätten ihm zeigen sollen, dass man sich mit uns nicht anlegt.“ Sagte er schließlich kampflustig. „Vergiss es.“ Gab Marco gereizt zurück. „Wir hätten nichts davon uns hier und jetzt mit ihm anzulegen…“ „Er hat dich beleidigt…“ Wiederholte Ace seine Worte von vorher leise, aber Marco reagierte nicht darauf, sondern packte den Schwarzhaarigen nur an dessen Arm und zog ihn hinter sich her in Richtung der Pizzeria. Ace sah den Älteren irritiert an. „Bist du sauer?“ Fragte er vorsichtig. „Ja.“ Gab dieser schlicht zurück. „Auf mich?“ Fragte er weiter. Vorstellen konnte er es sich. Schließlich hatte er sich eingemischt, obwohl er gewusst hatte, dass Marco die Sache ohne großes Aufsehen zu erregen klären wollte. Aber dieser Rothaarige Typ hatte ihn wirklich aufgeregt. Und die Sachen, die er über Marco gesagt hatte… Ein „Ah“ entwich Aces Mund als er sich an Kids Worte erinnerte. Er blieb abrupt stehen. Marco drehte sich um und sah ihn fragend an. „Können wir einfach weiter gehen? Ich bin nicht auf dich sauer. Ich bin einfach nur schlecht drauf nach der ganzen Sache.“ „Sag mal Marco.“ Begann er, dass was Marco gesagt hatte ignorierend. „Was hatte der Typ eigentlich gemeint? Von wem hat er geredet…?“ Marco ließ den Arm des Jüngeren los. „Verdammt nochmal, ist doch egal! Kid ist nicht mehr ganz richtig im Kopf, der wollte mich nur ärgern.“ Gab er wütend zurück. Ace senkte verlegen seinen Blick. „Tut mir leid.“ Sagte er leise. Jetzt hatte Marco es geschafft. Ace war sauer auf ihn. Aber er konnte nichts dafür, diese ganze Situation regte ihn einfach auf. Und wem würde es nicht so gehen? Nach allem was Kid gesagt hatte… er hasste den Rothaarigen dafür, er hatte ihn wie einen Idioten dastehen lassen und das Ganze dann auch noch gerade vor Ace… Wenn der Schwarzhaarige herausfand, dass das was Kid gesagte hatte, der Wahrheit entsprach… und vor allem, wenn er herausfand, von wem Kid geredet hatte, dann würde Ace ihm ab sofort bestimmt aus dem Weg gehen. Ace durfte nicht erfahren, dass Marco auf Männer stand und er durfte in jedem Fall nicht erfahren, dass mal etwas mit ihrem gemeinsamen Freund gehabt hatte. Und vor allem durfte Ace nicht erfahren, was er vor einiger Zeit noch getan hatte, denn dann würde er alle Glaubwürdigkeit, die er hatte, verlieren… und dann wären seine Chancen bei Ace, so inexistent diese im Moment auch waren, für alle Zeit verloren.   „Nein. Mir tut’s leid. Ich bin einfach wütend. Ich wollte das nicht an dir aus lassen, sorry.“ Er sah Ace entschuldigend an und der Schwarzhaarige nickte zustimmend. „Mich hat es auch aufgeregt. Der kann noch was erleben.“ Marco lächelte den Jüngeren freundlich an. „Lass uns weiter gehen, außer du möchtest keine Pizza mehr haben.“ „Doch!“ Gab der Schwarzhaarige freudig zurück und seine Aussage wurde noch von einem lautstarken Magenknurren unterstrichen.   Wenige Minuten später hatten sie die Pizzeria erreicht, sich an ihren Stammplatz gesetzt und ihr Essen bestellt, aber irgendwie kam zwischen ihnen kein Gespräch mehr zustande. Die Situation war peinlich. Marco sah verlegen zur Seite. Das war alles Kids Schuld. Wie er ihn hasste! Er war sich sicher, dass Ace ihm nicht glaubte, dass das, was Kid gesagt hatte, gelogen gewesen war und er war sich sicher, dass der Schwarzhaarige die Sache bestimmt nicht so einfach auf sich beruhen lassen würde. Der Jüngere sah ihn fragend an und kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. „Wer war der Typ eben überhaupt?“ Fragte er schließlich. Marco wand seinen Blick wieder dem Schwarzhaarigen zu. Solang Ace nur diese Sachen wissen wollte, war es ok. „Eustass Kid. Der Kerl ist die Pest, nervt uns schon seit einiger Zeit, hat irgendwas gegen die Kinder bei uns.“ Er machte eine kurze Pause und fügte dann hinzu „Und gegen mich scheinbar auch…“. „Du hast mir nie erzählt, dass es immer noch so schlimm ist.“ Marco hob überrascht eine seiner Augenbrauen. „Natürlich nicht, dass hat ja auch nichts mehr mit dir zu tun.“ „Ich könnte dir helfen!“ Protestierte der Jüngere gereizt. „Und dafür von der Uni fliegen oder so was. Lass mal lieber.“ Gab Marco darauf mit einer abfälligen Handbewegung zurück, was Ace dazu veranlasste ihn mit einem schmollenden Gesichtsausdruck anzuschauen.   „Aber was mich wirklich interessieren würde…“ begann der Schwarzhaarige erneut und lies von seinen Schmollversuchen ab. „Der braunhaarige Typ mit der seltsamen Frisur von dem dieser Kid gesprochen hat…“ Er sah den Blonden herausfordernd an. „damit meinte er doch Thatch, oder?“ Marcos Augen weiteten sich. Er hatte gehofft, dass Ace die Sache auf sich beruhen lassen würde. Was sollte er jetzt machen? Er wollte nicht, dass Ace das erfuhr, aber er wollte ihn auch definitiv nicht anlügen. Für einen Moment schwieg er. „Ah… naja… bestimmt, aber…“ Ace unterbrach Marcos halbherzige Erklärungsversuche „Ich wusste nicht, dass ihr immer noch zusammen seid.“ Er stützte sich mit seinen Ellenbogen am Tisch ab, legte seinen Kopf auf seine Hände und sah Marco mit großen, fragenden Augen an. Ein perplexes „Was?“ war jedoch alles, was dieser herausbrachte. Der Blonde fiel in diesem Moment aus allen Wolken. Wie bitte? Woher wusste Ace das? Das konnte nicht sein, niemals.   „Ich weiß davon.“ Sagte Ace schließlich und fügte dann erklärend hinzu „Ich hab euch gesehen, vor ein paar Jahren.“ „Du hast… uns gesehen?!“ Es war ein Alptraum, diese ganze Situation war nur ein böser Traum versuchte Marco sich einzureden. „Bei nichts schlimmen.“ Versuchte Ace den Blonden zu beruhigen und musste unweigerlich kichern. „Warum hast du nie was gesagt?!“ „Wir sind doch Freunde, oder? Ich dachte mir, dass ihr nicht wolltet, dass ich es weiß und selbst wenn, dann wäre es eure Entscheidung gewesen es mir zu sagen und nicht meine. Also hab ich nie was gesagt.“ „Ah… und das…“ Marco versuchte seine Fassung zurück zu gewinnen. „…hat dich nie gestört?“ Ace sah ihn verwundert an. „Nein, warum sollte es?“ Marco antwortete nichts darauf. Er wusste nicht mehr was er sagen oder denken sollte. Ace wusste von ihm und Thatch. Ace wusste das er auf Männer stand. Er wusste es seit Jahren und es hatte ihn nie gestört!? „Aber ich wusste nicht, dass ihr immer noch zusammen seid. Ich hab Thatch noch nie bei uns im Haus gesehen.“   Marco spiele nervös mit seinen Fingern und sah zur Seite. Er würde Ace die Wahrheit sagen müssen. Wenn er das alles bereits wusste, dann war es nicht fair ihm den Rest zu verschweigen. Aber wie sollte er das machen? Würde Ace es verstehen, oder würde er ihn dafür verurteilen? Er atmete angestrengt aus sah dem Schwarzhaarigen dann direkt in die Augen. „Es stimmt. Thatch und ich waren wirklich mal zusammen, aber das ist schon lange vorbei.“ „Warum?“ Fragte Ace weiter. „Warum…?“ Marco zögerte für einen Augenblick. Warum interessierte Ace das alles? Es konnte doch nicht sein, dass er…? „Weil ich…“ begann er zögernd und sah erneut verlegen zur Seite „…jemand anderen mag.“ Vervollständigte er seinen Satz und schluckte nervös.   Ace legte seinen Kopf schief und beobachtete Marco mit einem neugierigen Blick „Und was meinte dieser Kid dann damit, dass er euch gesehen hat?“ „Naja.“ Marco kratzte sich verlegen am Kopf. „Ich hatte mich vor einiger Zeit mit Thatch getroffen… vielleicht ist eine Kleinigkeit passiert, aber das war nur, weil…“ er brach seinen Satz ab und fügte dann hinzu: „… Kid muss uns beobachtet haben…“ Ace seufzte hörbar. „Immerhin weiß ich jetzt, warum Thatch nicht mehr zu Besuch kommt.“ Marco war überrascht. Würde Ace die Sache nicht kommentieren? Das er sich mit Thatch getroffen hatte und was passiert war, war wirklich bescheuert gewesen. Er bereute es, ebenso wie er bereute, dass Thatch nun nicht mehr mit ihm sprach. Außerdem war er sich sicher, dass Ace so etwas ebenso wenig als Gut befinden würde, warum sagte er also nichts dazu?   „Naja, ich bin wirklich überrascht.“ Ace grinste ihn breit an und ein leichter Rotschimmer legte sich auf Marcos Wangen. „Was meinst du?“ Fragte er vorsichtig. „Das du mir das die ganzen Jahre lang verschwiegen hast.“ Der Schwarzhaarige zog einen gespielten Schmollmund. Marco musste lachen. „Tut mir leid.“ Diese Situation war unglaublich. Hatte Ace diese ganzen Sachen gerade wirklich einfach so hingenommen? Warum hatte er sich dann die ganzen Jahre Sorgen gemacht gehabt? Aber wenn Ace es einfach so hinnehmen konnte, bedeutete das dann nicht, dass der Schwarzhaarige kein Interesse an ihm hatte? Würde er dann nicht anders reagieren? Im nächsten Moment wunderte Marco sich über sich selbst. Er sollte froh sein, dass Ace auf diese Art reagiert hatte und nicht anders. Das er sich jetzt Gedanken darüber machte, ob Ace ihn mögen könnte, oder nicht, war unglaublich. Er sollte nicht über solche Dinge nachdenken, nicht ohne irgendeinen Beweis darüber, ob die Möglichkeit wirklich bestehen konnte.   Als Marco sich aus seinen Gedanken riss bemerkte er, dass Aces Augen noch immer neugierig auf ihn gerichtet waren und der Jüngere ein seltsames Grinsen auf den Lippen trug. „Eins würde mich allerdings noch interessieren.“ Sagte Ace schließlich. „Was denn?“ Fragte Marco vorsichtig. „Wer ist es, den du magst?“ Kapitel 8: Auseinandersetzung ----------------------------- Ace sah Marco mit einem unschuldigen Blick an. Die Frage stand noch immer im Raum. „Wer ist es, den du magst?“ Marcos Mund war leicht geöffnet, seine Haltung angespannt. Er dachte fieberhaft nach. Warum fragte Ace ihn das? Hatte diese Frage einen tieferen Sinn? Konnte es sein, dass der Schwarzhaarige ihn das fragte, weil er selbst Interesse an ihm hatte? Aber das war unmöglich, oder nicht? Dann wiederrum hatte Ace sich schon die ganze Zeit über so seltsam verhalten. Es war seltsam. Egal wie er es drehte und wendete, es machte keinen Sinn. Aber er wollte es ihm sagen. Definitiv. Aber ob jetzt wirklich der richtige Moment war?   Er schluckte. Er würde es ihm sagen. Er wollte endlich wissen, welche Chancen er bei Ace hatte. Er hielt es nicht mehr aus, schon lange nicht mehr und das hier war definitiv eine gute Gelegenheit.   Er öffnete gerade seinen Mund um dem Schwarzhaarigen zu antworten, als ein Teller mit Pizza vor ihm abgestellt wurde. „Ihr seht ja Heute ernst aus.“ Bemerkte der blonde Mann, der ihnen ihre Pizzen gebracht hatte. Seine Haare verdeckten seine rechte Gesichtshälfte und er trug einen Anzug. Ace grinste. „Wir sind auf dem Weg hier her auf einen echt miesen Typen getroffen.“ Der Kellner sah ihn abschätzend an „Schleppt hier bloß keinen Ärger an, darauf können wir verzichten.“ „Keine Sorge Sanji, wir werden uns hüten.“ Gabe Ace zurück. Durch diese Antwort zufrieden gestellt verschwand Sanji mit einem ‚Guten Appetit‘.   Marco sah den Schwarzhaarigen vor sich nervös an, doch dieser kaute bereits genüsslich an einem Stück Pizza. Der Moment war vorbei, er hatte seine Chance vertan. Resignierend ließ er seinen Kopf sinken und machte sich daran seine eigene Pizza zu essen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er es dem Jüngeren gesagt hätte. Er hätte gerne dessen Reaktion gesehen. Vielleicht… wäre Ace darauf eingegangen, vielleicht hätte er sich wirklich darauf eingelassen. Aber wenn nicht, dann hätte er nie mehr mit ihm reden können und wenn er die Sache von diesem Gesichtspunkt aus betrachtete, dann war er froh darüber, es nicht gesagt zu haben. Er konnte nicht einfach so… nein, definitiv nicht…   Marco wurde von einen Räuspern aus seinen Gedanken gerissen. „Du hörst mir schon wieder nicht zu.“ Beschwerte sich der Jüngere. „Sorry… was hast du gesagt?“ Er warf Ace einen vorsichtigen Blick zu. „Ich hab dich gefragt, ob du wusstest, dass Sanji hier aufhören will.“ Wiederholte Ace seine Worte. „Will in irgend‘ so einem schicken Restaurant anfangen, keine Ahnung. Scheinbar ist ihm das hier nicht mehr gut genug.“ Der Schwarzhaarige seufzte. „Ohne Sanji wird der Laden hier nur noch halb so gut sein.“ Marco nickte zustimmend. „Ja, irgendwie schon…“ Seine Stimme klang unsicher. Wie konnte Ace nur einfach das Thema wechseln? Interessierte ihn die Sache wirklich nicht?   „Irgendwie bist du Heute komisch.“ „Was?“ Marcos Augen weiteten sich erstaunt über Aces plötzliche Bemerkung. „Ja. Ich weiß nicht. Irgendwie komisch. Heute Morgen schon. Und dann unser Gespräch eben. Ich meine, ich verstehe ja, wenn dir das Thema unangenehm ist, aber wir kennen uns schon seit 5 Jahren, du brauchst wirklich nicht denken, dass ich dich verurteilen würde, nur weil du auf Männer stehst oder so was. Ist doch vollkommen egal. Betrifft mich ja schließlich nicht wirklich.“ Der letzte Satz des Jüngeren versetzte Marco einen unangenehmen Stich. Es betraf ihn nicht. Damit hatte er seine Antwort. Die Hoffnung, die sich in ihm geregt hatte, war von einen auf den anderen Moment zerschlagen. „Außerdem…“ sprach Ace weiter „…die Sache mit Kid. Eigentlich hättest du so was nie auf dir sitzen lassen, oder? Du bist wirklich komisch in letzter Zeit.“ Marco grummelte genervt. „Das bildest du dir ein.“ „Ja?“ Ace sah ihn verwundert an. „Aber früher…“ er kam nicht dazu seinen Satz zu beenden, da er von Marco unterbrochen wurde. „Früher war früher. Werd endlich erwachsen Ace, man kann nicht alles auf diese Art regeln ohne auf die Konsequenzen zu achten, die es mit sich ziehen könnte.“ Zur Unterstreichung seiner Aussage schlug Marco mit seiner rechten Hand auf den Tisch. Er wusste nicht warum, aber irgendwie war er wütend. Ace reizte ihn absichtlich und im Moment hatte er einfach keine Lust darauf. Vielleicht war der Jüngere sich dessen nicht bewusst, aber dieses ganze Gespräch brachte ihn tierisch auf die Palme. Er wollte nicht sauer sein. Vor allem nicht auf Ace. Vor allem nicht, weil der Jüngere sich bestimmt nicht bewusst war, wie sehr ihn die ganze Sache aufregte. Aber er konnte nicht anders.   Der Schwarzhaarige hatte nach diesem kleinen Ausbruch seines Gegenübers verlegen seinen Kopf gesenkt und schweigend seine Pizza weiter gegessen. „Ich wollte nur…“ begann er nach einem Moment murmelnd, doch wurde sogleich erneut von Marco unterbrochen. „Mir egal was du wolltest. Es nervt einfach. Diese ganze Sache nervt.“ Er sah den Jüngeren wütend an. Erst die Sache mit Kid, dann dieses dämliche Gespräch über Thatch und jetzt das hier. Es reichte. Er hatte genug Demütigungen ertragen müssen für einen Tag.   Ace sagte nichts mehr dazu, sondern aß einfach nur stumm seine Pizza. Als er fertig war, stand er, noch immer schweigend, auf. Er warf einen nervösen Blick auf Marco, doch dieser ignorierte ihn. „Ich geh nach Hause… tut mir leid wegen…“ Marco hob seinen Kopf und sah dem Schwarzhaarigen direkt in die Augen und der Blick der in diesen lag… er hatte Ace verletzt. Er wollte sich entschuldigen, irgendetwas sagen um die Situation zu entschärfen, aber er war noch immer wütend. Er konnte nicht. „Lass mich einfach.“ Sagte er trocken und senkte seinen Blick wieder. Ace merkte, dass es nichts mehr gab, was er sagen könnte. Er hatte es vermasselt. Er hatte Marco nicht ärgern wollen, aber irgendwie hatte er nicht anders gekonnt. Er bereute es, aber… im Moment konnte er nichts machen. Dies erkennend verließ er schweigend die Pizzeria, Marco zurücklassend.   Der Blondhaarige sank in seinen Stuhl zurück, verdeckte seine Augen mit seinen Händen und atmete hörbar frustriert aus. Eine Weile lang blieb er so sitzen und versuchte nicht daran zu denken, was er gerade angestellt hatte. Erst als er hörte, wie sich der Stuhl vor sich bewegte, sah er auf. Für einen Moment dachte er, dass Ace zurückgekommen war, doch stattdessen blickte er in das verwunderte Gesicht Sanjis. „Ich hab noch nie gesehen, dass ihr beiden euch gestritten habt. Alles okay?“ Fragte der Kellner vorsichtig. „Klar.“ Gab Marco knapp zurück, er hatte absolut keine Lust sich jetzt auch noch vor Sanji rechtfertigen zu müssen. „Bist du sicher?“ Hackte dieser nach. „Mir kannst du’s sagen. Ich erzähl es Ace bestimmt nicht. Und außerdem irritiert dein deprimiertes Verhalten die anderen Gäste.“ Er sah Marco entschuldigend an. „Nicht böse gemeint.“ Marco sah seinen gegenüber abschätzend an. Im Grunde hatte er nicht viel mit Sanji zu tun, bis auf, dass er hier arbeitete und sie sich gelegentlich unterhielten. Aber Sanji war mit Aces Bruder befreundet und daher war auch sein Verhältnis zu Ace besser. Bestimmt war ihm egal was mit Marco war und er wollte einfach nur wissen, was mit Ace los war. „Wir hatten nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.“ Sagte er schließlich und fügte noch hinzu: „Ich wollte deine Gäste nicht irritieren.“ „Kein Problem, Mann. Sind eh keine Frauen hier, also ist es mir eigentlich egal. Hier sind immer nur komische Typen wie zum Beispiel du.“ Er grinste, versuchte Marco mit diesen Worten aufzuheitern, was allerdings nur wenig Erfolg hatte. Als der Ältere nicht reagierte fügte Sanji gekränkt hinzu „Man, bist du ein Griesgram. Kein Wunder das Ace…“ Er kam nicht mehr dazu seinen Satz zu vervollständigen, weil Marco sich in diesem Moment über den Tisch gebeugt hatte und Sanji mit beiden Händen an dessen Kragen packte. „Halt endlich die Klappe, verdammt. Ich hab echt die Schnauze voll!“ Sanji hob seine Arme in Verteidigung. „Schon gut. Reg dich ab, Mann. Ich hab’s nur gut gemeint.“ Er umfasste Marcos Handgelenkte mit seinen Händen und versuchte ihn von sich los zu reißen. „Brauchst dich nicht gleich so aufregen.“   Marco ließ langsam von dem Mann vor sich ab und setzt sich auf seinen Stuhl zurück. „Was für ein mieser Tag.“ Grummelte er wütend und legte seinen Kopf erneut in seine Hand. Sanji schüttelte verwirrt seinen Kopf. „Lass uns raus gehen.“ Marco sah ihn ungläubig an, dann zuckte er mit den Schultern, stand auf und ging auf den Ausgang zu, Sanji im Schlepptau. Draußen angekommen wühlte der Jüngere in seiner Hosentasche, bis er eine Zigarettenschachtel gefunden hatte und hielt sie Marco entgegen. Wortlos nahm dieser sich eine der Zigaretten aus der Schachtel. „Ich wusste nicht, dass du rauchst. Macht wohl der Stress, hm?“ Fragte Sanji, während er sich selbst eine Zigarette anzündete und Marco dann Feuer gab. Marco nahm einen tiefen Zug und pustete Qualm in die Luft. „Sorry wegen eben. Ich weiß echt nicht, was heute mit mir los ist.“ „Das hab ich gemerkt.“ Stellte der Jüngere schlicht fest und fügte dann noch hinzu: „Also, Marco. Warum haben du und Ace sich gestritten?“ „Ah, naja. Wir waren auf Kid gestoßen.“ „Hmm?“ Sanji sah ihn fragend an. „Der hängt hier immer noch rum?“ Marco zuckte leicht mit seinen Schultern. „Scheinbar. Jedenfalls hat er ein paar dumme Sachen gesagt und das hat mich ziemlich aufgeregt. Und dann hat Ace nicht aufgehört mich über das was Kid gesagt hatte auszufragen.“ Er seufzte hörbar und nahm noch einen Zug von seiner Zigarette. „Ich war einfach wütend, genervt. Ace hat nichts gemacht.“ Gab er schließlich kleinlaut zu. „Verstehe.“ Sagte Sanji nach einem Moment der Stille. „Dann solltest du dich bei ihm entschuldigen und die Sache klären. Ich glaube nicht, dass Ace Spaß daran hat sich mit dir zu streiten, schließlich seid ihr doch so gute Freunde.“ Ja, Freunde. Dachte Marco bitter und versuchte dann, nicht weiter auf seine Gedanken darüber einzugehen. Wenn er nicht mehr in Ace sehen würde, dann wären diese ganzen Probleme nie entstanden. Er lächelte Sanji dankbar an. „Werde ich machen.“ „Gut. Und jetzt hau ab, bevor mein Chef raus kommt und dich fertig macht, weil du hier Ärger anzetteln wolltest. Ich schreib eure Pizzen auf, bezahl nächstes Mal.“ Nächstes Mal, hm? Also war Sanji wirklich nicht sauer wegen seines kleinen Ausrasters. Auch gut.   Nachdem er sich von Sanji verabschiedet hatte, machte Marco sich auf den Weg nach Hause, fest entschlossen sich bei Ace zu entschuldigen. Kapitel 9: Hilflos ------------------ Auf seinem Weg nach Hause nahm Marco einen kleinen Umweg um Zeit zum Nachdenken zu haben. Er hatte beschlossen sich direkt bei Ace zu entschuldigen wenn er zurückkam, aber irgendwie wusste er nicht wie. Die ganze Situation kam ihm ziemlich dumm vor. Aber er war selbst schuld, schließlich hatte er sich grundlos aufgeregt gehabt und den Schwarzhaarigen vertrieben und vor allem… verletzt. Bei dem Gedanken daran ballte er seine Hände zu Fäusten. Hatte er nicht gesagt, dass Ace ihm wichtig war? Das er ihn beschützen wollte? Das er alles dafür tun würde, damit es ihm gut ging? Er war so ein verdammter Idiot. Seine Selbstbeherrschung war an einem neuen, gewaltigen Tiefpunkt angelangt und er schämte sich dafür.   Er blieb für einen Moment stehen und blickte Gedankenversunken auf den Boden. Außerdem… lastete er mit seinem Verhalten Ace nur noch weitere Probleme auf. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Der Schwarzhaarige war zu ihm gekommen, weil er Probleme hatte. Er hatte ihm sogar erzählt, was ihn am meisten bedrückte und was hatte Marco mit Aces Vertrauen gemacht? Es in den Dreck getreten. Dem Jüngeren noch mehr Probleme aufgehalst. Und das alles, weil er mal wieder nur an sich selbst gedacht hatte. Er fühlte sich erbärmlich.   Als er seinen Kopf wieder hob, sah er vor sich für den Bruchteil einer Sekunde jemanden um die nächste Häuserecke huschen. Das war doch…? Konnte das wirklich sein? Er folgte der Person unauffällig. An der Hausecke drückte er seinen Körper gegen die Wand und spähte vorsichtig in die Gasse in welche er die Person hatte gehen sehen. Er war sich sicher. Die Person, die mit dem Rücken zu ihm in der Gasse stand und sich mit einer weiteren Person unterhielt war definitiv jemand, der zu Kid gehörte. Der Mann hatte wildes, langes, blondes Haar und trug große Kopfhörer. Außerdem trug er ein schwarzes Hemd mit weißen Punkten und eine hellblaue Jeanshose. Diese Haare… Marco war sich sicher, der Typ vor ihm musste Killer sein, einer der engsten Freunde… oder was-auch-immer von Kid. Was hatte er hier zu suchen? Mit wem traf er sich? Was… plante Kid? Er schmiegte sich enger an die Wand hinter sich und beruhigte seine Atmung. Es war ok. Es schienen nur zwei Männer hier zu sein, selbst wenn sie ihn entdecken würden, würde er ohne Probleme mit ihnen fertig werden. Es gab also keinen Grund aufgeregt zu sein. Und dennoch schlug sein Herz in der Situation in welcher er sich nun befand schneller. Er versuchte zu verstehen, über was sich die beiden Männer unterhielten.   „… Kid hat gesagt wir sollen den Typen finden.“ Das war Killers Stimme. „Wie sieht er aus? Wie sollen wir ihn finden? Der könnte überall sein und was wenn die Beiden noch zusammen sind? Wir haben keine Chance…“ Der andere Typ wirkte gestresst, doch Killer unterbrach ihn mit einem Lachen und beugte sich leicht nach vorne zu seinem Kollegen. „Schwarze Haare, dämliches Gesicht mit Sommersprossen und er trägt eine auffällige Halskette… außerdem hat Kid gesagt das die beiden sich getrennt haben, er wird also alleine sein…“   Marco schluckte. Ace. Die beiden unterhielten sich über Ace. Was hatten sie vor? Wollte Kid seine Drohung wahr machen? Würde er das wagen? Woher wusste er überhaupt, das Ace nicht mehr bei ihm war? Verdammt. Verdammt! Wenn er sich nicht wie ein Idiot verhalten hätte, dann würde dieses Problem gar nicht erst existieren, dann wäre Ace jetzt nicht in… Gefahr. War er das? In Gefahr? Er dachte fieberhaft nach. Ace war weder dumm noch schwach, selbst wenn Kid ihn ausfindig machen würde könnte er sich wehren, oder? Aber gegen wie viele? Er musste etwas machen. Diese Leute wagten es Ace bedrohen zu wollen. Er musste etwas machen.   Marco stieß sich von der Wand ab und trat in die Mitte der Gasse. Mit verschränkten Armen sah er die beiden Männer vor sich grimmig an. Killer hatte ihm noch immer den Rücken zugewandt und so bemerkte der Typ dessen Namen er nicht kannte ihn zuerst. Ihre Blickte kreuzten sich, der Unbekannte wich einen Schritt zurück und hob zitternd seinen Arm um auf Marco zu deuten. „D… da!“ War alles was er hervorbrachte. „Was ist los?“ Killer drehte sich verwundert um. Als er Marco erblickte schien er für einen Moment ebenso erschrocken wie sein Kollege, doch er fing sich sofort wieder. „Was für ein glücklicher Zufall.“ Er grinste.   „Sehe ich auch so.“ Marco erwiderte Killers Grinsen. „Jetzt, wo ich weiß was ihr vor habt kann ich euch fertig machen bevor ihr Ace mit eurem Schwachsinn belästigen könnt… und hier…“ er deutete mit einer Bewegung seiner Arme auf die Umgebung und grinste „… wird keiner etwas bemerken.“ „Wie glücklich… für uns.“ Ohne weiteres Zögern zog Killer ein Messer aus seiner Tasche und stürmte auf Marco zu um diesen zu attackieren, doch der Ältere wich dem Angriff mit Leichtigkeit aus. Im selben Moment brachte Marco den Jüngeren mit einem gezielten, kräftigen Tritt gegen dessen Kniekehlen zu Fall. Er ging um den Gestürzten herum und trat ihm dessen Messer aus der Hand, kurz bevor er sich nach unten beugte und den Jüngeren mit seiner Hand an dessen Haaransatz packte und dessen Kopf ein Stück weit anhob. Er beugte sich zu ihm hinunter und fragte in einem gefährlichem Tonfall: „Wo ist Kid? Was habt ihr vor?“ Killer blieb ruhig. Er sagte kein Wort, bewegte sich nicht. Im nächsten Moment begann der Kerl, der bei ihm gewesen war zu Lachen. Marco blickte auf, merkte noch, dass der Blick des Anderen an Marco vorbei gerichtet war. Er wollte sich aufrichten, doch Killer packte ihn im nächsten Moment an seinen Armen und zog ihn nach unten. Er konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren. Und dann spürte er etwas Kaltes, Eisiges in sich eindringen. Seine Augen weiteten sich. Er versuchte sich umzudrehen, für eine Sekunde sah er den Ansatz von roten Haaren und er hörte ein ihm bekanntes, bösartiges Lachen, dann verschwamm das Bild vor seinen Augen. Er sackte in sich zusammen, spürte noch, wie der Gegenstand in ihm sich bewegte und schließlich aus ihm herausgezogen wurde. Zitternd hob er seine Hand. Es war seltsam… feucht, warm… der Geruch von Blut lag ihm in der Nase. Ace. Ace. Sein letzter Gedanke. „Einen hätten wir.“ Er hörte die Worte aus weiter Ferne. Dann wurde es still. Dunkel.     Er kickte wütend einen Stein vor sich her. Sein Gesicht war zu einer genervten Grimasse verzogen. Verdammter Marco. Was für ein beschissener Tag. Dabei hatte alles so gut angefangen. Und dann waren sie auf Kid getroffen. Er hatte alles kaputt gemacht. Dabei hatte er sich gerade besser gefühlt. Und Marco. Warum musste Marco so übertrieben reagieren? War es nicht gerechtfertigt gewesen,  dass Ace ihn diese Sachen gefragt hatte? Schließlich kannte er Marco und Thatch schon seit fünf Jahren. Es war Marcos Schuld, dass er solche Geheimnisse vor ihm hatte. Dabei gab es überhaupt keinen Grund dafür. Keinen. Es war ja schließlich nicht so, dass Marco etwas von ihm wollte, oder? Niemals, schließlich hatte er mit Thatch… und zwischen ihm und Thatch lag ein himmelweiter Unterschied. Und selbst wenn, hieß das noch lange nicht, dass Ace an Männern Interesse hatte. Und vor allem nicht an… Er spürte wie er rot wurde. Marco hatte ihm nicht geantwortet als er ihn gefragt hatte, wen er mochte. Ob er ihm nicht vertraute? Schließlich hatte er ihm die Sache mit Thatch auch verschwiegen, obwohl er ja eigentlich von Anfang an davon gewusst hatte. Vielleicht war es ihm einfach unangenehm. Aber wieso? Dafür gab es keinen Grund.   Er hatte der ganzen Sache nie große Beachtung geschenkt. Die Interessen seiner Freunde in dieser Hinsicht hatten ihn definitiv nicht interessiert. Oder? Vielleicht war es ihm auch einfach peinlich gewesen sie darüber auszufragen. Bis heute jedenfalls. Aber das Marco immer gleich so überreagieren musste! Es machte ihn wütend.   Er seufzte. Vielleicht war Marco auch einfach allgemein genervt von ihm. Weil er sich zu sehr auf den Älteren verließ. Vielleicht… fühlte er sich ausgenutzt. Vielleicht sollte er sich bei Marco entschuldigen und ihn nicht mehr so sehr belästigen. Er senkte resignierend seinen Kopf.   Erst die Sache mit seinen Alpträumen, dann die Sache mit Marco. Gerade als er sich beruhigt hatte. Und jetzt? Es war die reinste Hölle. Ihm stiegen Tränen in die Augen, aber er wischte sie mit seinem Arm fort. Nicht hier, ermahnte er sich selbst.   Er erreichte seine Wohnung wenig später. Es war still, Ruffy war noch immer außer Haus. Morgen würde Shanks zu Besuch kommen und am Montag musste er zurück zum Unterricht. Er ballte seine Hand zu einer Faust und schlug damit gegen die Wand neben sich. Schmerz durchzuckte ihn für einen Moment. Er schluckte. Er wollte nicht. Er hatte keine Lust. Auf nichts davon. Mit schnellen Schritten begab er sich in sein Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Er vergrub sein Gesicht mit seinen Händen und unterdrückte ein Schluchzen.   Flammen zuckten vor seinem inneren Auge. Er versuchte sich einzureden, dass es lediglich das Tageslicht war, das durch sein Fenster in sein Zimmer eindrang, aber es half nichts. Flammen. Flammen. Überall. Er drehte sich zur Seite, ein gequälter Laut entwich ihm. Was war das? Feuer? Dort war jemand. Jemand war dort. Ruffy? War es Ruffy? Er versuchte angestrengt etwas zu erkennen. Wer war dort? Wer war dort?   Im nächsten Moment setzte er sich blitzartig in seinem Bett auf. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Er fühlte sich, als ob er sich übergeben musste. Was war das gewesen? Erinnerungen? Er schluckte. Strich sich mit seiner Hand über seine nasse Stirn, dann sackte er in sein Bett zurück.   Es war wie in seinen Träumen. Es hörte einfach nicht auf. Es würde nie aufhören ihn zu verfolgen. Dieser Tag… er würde diese Last für immer mit sicher herumtragen. Tränen rannen ihm über die Wangen. Warum nur konnte er sich nicht mehr daran erinnern? Wenn er sich nur daran erinnern könnte, würde es dann aufhören? Wenn er wüsste, was passiert war? Wenn er wüsste, wer diese Person in den Flammen war? Wenn es nicht Ruffy war? Es war nicht Ruffy. Ruffy war in seinen Träumen, nur in seinen Träumen. Aber in seinen Erinnerungen… wer war dort? Kapitel 10: Unliebsamer Gast ---------------------------- Er wurde von einem Klingeln aus dem Schlaf gerissen. Was war das? Der Wecker? Sein Handy? Er drehte sich auf die Seite und vergrub seinen Kopf in seinem Kissen. Wann war er ins Bett gegangen? Wie lange hatte er geschlafen? Im nächsten Moment saß er kerzengerade in seinem Bett auf. Er sah zur Seite. Sein Wecker zeigte an, dass es acht Uhr morgens war. Wie war das möglich? Hatte er etwa den ganzen Tag verschlafen? Er musste eingeschlafen sein als er sich den Tag zuvor ins Bett gelegt hatte nach der Sache mit Marco... Verdammt, so lange schlief er im Moment eigentlich eher selten. Normalerweise wachte er in letzter Zeit spätestens auf wenn er einen seiner Alpträume hatte. Aber irgendwie... hatte er nicht einmal geträumt diese Nacht. Er ließ sich in sein Kissen zurück fallen und stieß ein erleichtertes Seufzen aus.   Dann klingelte es erneut. Die Haustür. Wer zum Teufel klingelte bei ihnen um acht Uhr morgens?! Und wo war Ruffy, konnte er nicht die Tür aufmachen? Mittlerweile klingelte es durchgehend. Verdammt. Wenn das ein Vertreter war, dann könnte der was erleben. Letztlich stand er auf und machte sich auf den Weg zur Wohnungstür. Er hatte noch immer seine Kleidung vom Vortag an und sah ziemlich verschlafen aus. Im Vorbeigehen klopfte er genervt an Ruffys Zimmertür, aber er hörte dahinter keine Regung. Nicht das er durch das Dauerklingeln überhaupt viel hören konnte.   Vielleicht war es Marco. Vielleicht machte der Ältere sich nach dem was Gestern passiert war Sorgen um ihn. Er zögerte die Tür auf zu machen. Wollte er mit Marco reden, nach dem, was Gestern passiert war? Ihm war mulmig zu mute. Vielleicht war Marco wegen dem was er gesagt hatte noch immer sauer. Was dann? Aber er wollte sich ohnehin entschuldigen. Würde es ok sein? Er schluckte. Letztlich öffnete er die Tür und blickte in das überraschte Gesicht von... er blinzelte. Was wollte der denn hier und wer hatte ihn bitte in das Treppenhaus gelassen? Im nächsten Moment schlug er sich mit der Hand gegen seine Stirn. Das hatte er völlig vergessen, Ruffy hatte doch gesagt, dass er sie diesen Sonntag besuchen wollte... Ruffy, wo war Ruffy?!   „Ich hol Ruffy.“ Sagte er schnell und noch bevor der Besucher irgendetwas dazu sagen konnte war er bereits wieder in der Wohnung verschwunden. Er klopfte erneut an Ruffys Zimmertür und wartete dann für einen Moment. Nichts passierte. Genervt riss er die Tür auf und wollte gerade etwas sagen, als er merkte, dass der Raum leer war. Das durfte doch nicht wahr sein. Ruffy konnte ihn doch nicht alleine lassen. Der Typ war wegen Ruffy hier und nicht wegen ihm! Er fischte sein Handy aus seiner Hosentasche um zu schauen, ob Ruffy ihn vielleicht angerufen hatte oder eine Nachricht hinterlassen hatte, aber als er auf den Display blickte stellte er fest, dass sein Handy aus war. Akku leer. Und das Ladekabel lag seit einigen Tagen bei... Marco. Das würde er im Moment eher nicht holen können. Super. Resignierend steckte er sein Handy wieder ein und ging zurück zu seiner Wohnungstür. Vor dieser stand der ungebetene Besucher noch immer und begrüßte ihn mit einem breiten Grinsen. „Tut mir leid, Shanks.“ Sagte Ace schließlich. „Aber Ruffy ist nicht da. Was machst du hier überhaupt so früh? Könnt ihr euch nicht mittags treffen?“ Ein Anflug von Enttäuschung machte sich auf Shanks Gesicht breit. Seine roten Haare hingen ihm im Gesicht und sein linkes Auge zierten drei Narben. Er trug eine schwarze Jacke über einem weißen Hemd und eine kurze, braune Hose. Die Jacke versteckte die Tatsache, dass der Mann vor Ace nur einen Arm hatte. Seinen linken Arm hatte er in einem Umfall verloren und Ruffy dadurch das Leben gerettet. Aber Ace wusste nicht viel darüber, da sein kleiner Bruder ihm nie Details darüber erzählt hatte und die Sache passiert war noch bevor er Ruffy gekannt hatte.   „Dann warte ich auf ihn. Wir wollten zusammen frühstücken und deinen Schrank aufbauen. Ruffy hat mich darum gebeten. Er hat gesagt, du wirst es sonst ohnehin nie machen.“ Mit einem Grinsen betrat der Rothaarige die Wohnung und schob sich an Ace vorbei, der ihm genervt hinterher blickte. Er hatte gehofft, dass Shanks gehen würde, wenn er ihm sagte, dass Ruffy nicht Zuhause war. Aber da hatte er wohl zu viel gehofft und die Aufdringlichkeit des Mannes außer Acht gelassen. Der Ältere fuhr unbeirrt fort während er sich seinen Weg in die Küche suchte und Ace genervt hinter ihm her trottete. „Du siehst aus, als ob ich dich aus dem Bett geklingelt hab.“ „So ist es.“ Gab der Jüngere knapp zurück. „Naja, macht ja nichts. Wenn Ruffy nicht da ist, können wir beide ja zusammen frühstücken.“   Der Ältere hatte die Küche erreicht und machte sich sogleich daran den Inhalt des Kühlschranks zu begutachten. Ace hatte sich derweil an den Küchentisch gesetzt und rieb angestrengt seine Augen. Er überlegte, wie er den Älteren wieder loswerden könnte, aber ihm fiel nichts ein. Wo war Ruffy nur? Das würde noch Ärger bedeuten für den Kleinen wenn er zurückkam. Ihn hier mit Shanks alleine zu lassen. War es nicht schlimm genug, dass er den Rothaarigen ab Morgen wieder jede Woche in der Universität sehen musste?   „Habt ihr nichts zu essen im Haus? Der Kühlschrank ist ja so gut wie leer. Hat Ruffy etwa erwartet, dass ich alles mitbringe? Das sähe ihm ähnlich.“ Ace musste über diese Aussage schmunzeln. Damit zumindest hatte der Ältere Recht. „Kümmerst du dich auch richtig um alles? Nicht das Ruffy hier verhungern muss...“ Ace gab einen verärgerten Ton von sich. War ja klar, dass so etwas früher oder später kommen musste. „Keine Sorge, hier verhungert keiner. Ich hab Gestern nur vergessen einzukaufen, außerdem hatte ich ja auch erwartet, dass Ruffy abends nach Hause kommt und mich damit so lange nerven würde, bis ich es nicht mehr vergessen könnte...“ Shanks drehte sich um und grinste den Jüngeren an. „Ich hatte das nicht ernst gemeint, entspann dich.“ Er schloss den Kühlschrank wieder. Mittlerweile hatte er es aufgegeben hier noch etwas zum Frühstücken zu finden. „Aber Kaffee habt ihr noch, hm? Du siehst auch so aus, als ob du einen vertragen könntest.“ Nach so einem ungebetenen Besuch am frühen Morgen könnte Ace mehr als nur einen Kaffee vertragen, dachte er bei sich, entschloss sich allerdings dazu diesen Gedanken lieber für sich zu behalten. „Klar haben wir noch Kaffee...“ Der Rothaarige hatte sich allerdings bereits an der Kaffeemaschine zu schaffen gemacht. Ace seufzte genervt und stand schließlich auf. Er schob den Älteren zur Seite und bemerkte in einem gereizten Tonfall „Du musst das nicht machen, ist schließlich meine Wohnung. Kaffee kochen kann ich selber.“ Shanks zog sich einen halben Schritt zurück. „Ok~ dann mach du das, ich wollte dich nicht beleidigen oder so was.“   Während Ace sich daran machte Wasser auf zu füllen und im Schrank über sich nach einem Kaffeefilter und Kaffeepulver suchte, spürte er auf einmal wie Shanks sich ihm von hinten unangenehm nah näherte um ihm über die Schulter zu blicken. Genervt wirbelte er herum. „Kannst du mal ein bisschen Abstand halten?!“ Doch der Rothaarige bewegte sich nicht von der Stelle. Er legte seine Hand auf der Arbeitsfläche neben Ace ab und sah den Jüngeren mit einem erwartungsvollen Blick an. Ihre Körper trennten nur wenige Zentimeter. Der Schwarzhaarige versuchte zurück zu weichen, aber er konnte nicht weiter zurück. Letztlich bog er seinen Oberkörper ein Stück nach hinten und brachte seine Hände, die den Kaffeefilter umklammerten in versuchter Verteidigung zwischen sich und Shanks. Was wollte der Ältere? Ihn ärgern? Warum war er so nah? Warum sagte er nichts mehr? Er merkte wie er rot wurde und versuchte dem Blick des Rothaarigen auszuweichen. Er musste sich unweigerlich an die Gerüchte erinnern, die er letztes Semester in der Universität aufgeschnappt hatte. Shanks war schwul. Aber das waren nur Gerüchte gewesen, oder? Solche Gerüchte entsprachen nur selten der Wahrheit...   „Was ist los?“ Die unschuldig klingende Frage des Älteren riss ihn aus seinen Gedanken. „N-... nichts...“ Er schluckte. „Ich meine... kannst du mal ein bisschen Abstand halten?! Ich versuche hier den Kaffee zu kochen, den du unbedingt haben wolltest. Ist das so interessant oder warum bedrängst du mich so?!“ Platze er schließlich hervor und schob den Rothaarigen energisch von sich. „Oh.“ Sagte dieser nur und fügte dann hinzu. „Keine Ahnung, dass kam so über mich.“ Er grinste wieder. Ace versuchte ihn so gut wie möglich zu ignorieren, aber er fühlte sich komisch. Seine Hände zitterten als er das Kaffeepulver in die Kaffeemaschine gab. „Alles ok?“ Fragte der Rothaarige schelmisch als er die Hände des Jüngeren sah. „Ja, verdammt! Setz dich einfach hin und lass mich machen!“   Shanks sagte dazu nichts mehr und tat stattdessen wie ihm geheißen. Als Ace seine Arbeit erledigt hatte setzte er sich zu dem Älteren, er sah allerdings weiterhin provokativ zur Seite, damit er dem Rothaarigen ja nicht mehr in dessen Augen blicken musste. Er hatte das Gefühl, dass dieser sofort erkennen würde, was für bescheuerte Gedanken ihm durch den Kopf gingen wenn er ihn ansehen würde. „Naja, weißt du wo Ruffy steckt? Wäre ja schade wenn ich ihn heute gar nicht treffen könnte, dabei bin ich doch extra vorbei gekommen.“ Der Rothaarige machte ein gespielt beleidigtes Gesicht. „Keine Ahnung. Er war bei Freunden. Vielleicht hat er versucht mich anzurufen, aber mein Handy ist leer und du weißt ja, dass wir kein Telefon haben.“ „Ja, solltet ihr euch wirklich mal anschaffen.“ Antwortete der Rothaarige mit einem Seufzen. „Ich hab vergessen meins einzustecken, also kann ich ihn nicht mal anrufen.“ Ace zuckte mit den Schultern. „Bestimmt hat er dort übernachtet und dann vergessen, dass du heute kommen wolltest. Ich hab jedenfalls keine Zeit mich den ganzen Tag mit dir zu unterhalten...“ Sagte er in einem trotzigen Tonfall. „Wie gemein von dir.“ Antwortete der Ältere beleidigt.   Eine unangenehme Stille entstand. Lediglich die Kaffeemaschine war zu hören wie sie leise vor sich hin arbeitete. Ace hatte keine Lust das Gespräch weiter zu führen und die Redseligkeit des Älteren hatte durch Aces vorherige Aussage wohl ebenfalls einen Dämpfer erhalten. „Nächste Woche fängt das neue Semester an.“ Begann der Rothaarige nach einiger Zeit erneut. Scheinbar hatte sein Schweigen, zu Aces Bedauern, nicht sehr lange angehalten. „Hast du Kurse bei mir?“ „Montags und donnerstags.“ Lies sich kaum vermeiden, fügte er in Gedanken hinzu. „Ich freu mich drauf.“ Antwortete der Rothaarige darauf und er hörte sich wirklich so an, als ob er gerade ein super Neuigkeit gehört hatte. Warum der sich wohl so darüber freute? Ace jedenfalls freute sich ganz und gar nicht. Ihm wäre lieber, er hätte in der Universität nichts mit dem Älteren zu tun. Das sie sich privat kannten würde nur dumme Gerüchte entstehen lassen und darauf konnte er wirklich verzichten.   Mit einem Blick zur Seite stellte Ace fest, dass der Kaffee fertig war. Zum Glück. Jetzt müsste er dem Rothaarigen nur noch seinen Kaffee vorsetzen und dann wäre er hoffentlich bald erlöst. Ohne ein weiteres Wort zu sagen stand Ace auf um die Kaffeekanne zu holen, doch noch bevor er die Maschine erreichte hörte er wie Shanks ebenfalls aufstand. Was war denn nun schon wieder? „Tassen?“ Fragte der Rothaarige knapp. „Ah. Nimm den Kaffee, ich hol Tassen.“ Ace wand sich zu einem der Küchenschränke und öffnete diesen um zwei Tassen heraus zu nehmen. Als er gefunden hatte, was er suchte und sich, mit den Tassen in der Hand, umdrehte um diese zum Tisch zu bringen stellte er fest, dass Shanks keineswegs den Kaffee geholt hatte, sondern mittlerweile vor ihm stand und ihn interessiert anschaute. Er wollte seinem Blick ausweichen und fragen, was nun schon wieder los war, doch dazu kam er nicht mehr, denn im nächsten Moment hatte der Rothaarige bereits seine Hand in Aces Nacken gelegt und ihn zu sich gezogen. Dem Schwarzhaarigen blieb keine Möglichkeit sich zu verteidigen oder auszuweichen, als der Rothaarige dessen rauen Lippen auf die seinen presste… Kapitel 11: Verwirrung ---------------------- Küsste Shanks ihn gerade wirklich? Ace war sich nicht sicher, wie die Situation auf einmal auf diese Art und Weise eskalieren konnte. Er hatte doch nichts gemacht,… oder? Und trotzdem stand er jetzt in seiner Küche und wurde von einem anderen Mann geküsst… Wie lächerlich das klang. Vor einem Tag hatte Marco ihm, gezwungenermaßen, gestanden, dass er schwul war und Ace war sich sicher gewesen, dass ihn das nicht auf diese Art und Weise interessiert hatte und jetzt stand er hier und küsste einen Mann und war unfähig sich von dieser Situation los zu reißen?! Dabei hätte er sich sofort wehren müssen. Nein, er hätte es gar nicht erst so weit kommen lassen dürfen!   Ace erlangte seine Besinnung erst wieder, als Shanks dazu überging, vermutlich in dem Versuch ihn dazu zu bringen, irgendetwas zu machen, leicht an seiner Unterlippe zu saugen. Im nächsten Moment stieß Ace den Älteren von sich und wischte sich mit seinem Handrücken über die Lippen. Er hatte vor Schock die ganze Zeit seine Luft angehalten gehabt und dementsprechend schneller ging sein Atem jetzt. Er machte einen wackeligen Schritt zurück und stützte sich an der Küchenzeile ab, den Rothaarigen dabei nicht aus den Augen lassend. Dieser jedoch grinste ihn nur schelmisch an und machte für den Moment keinerlei Anstalt noch irgendetwas anderes zu tun.   Warum nur musste gerade ihm so etwas passieren? Womit hatte er das verdient? „Was sollte das?!“ Brachte er schließlich wütend hervor. Der Rothaarige zuckte mit seinen Schultern. „Kam so über mich.“ Ace öffnete seinen Mund um darauf zu antworten, doch er schloss ihn sogleich wieder. Die Aussage des Älteren machte ihn sprachlos. „Es… es kam so über dich?! Findest du das lustig?!“ Der Ältere machte einen Schritt auf Ace zu und nahm dessen Kinn in seine Hand. „Was würdest du denn gerne hören, hm?“ Wieder sah Ace sich unfähig sich aus dem Griff des Älteren zu befreien. Er war viel zu sehr von der Situation eingenommen, konnte nicht entscheiden, wie er darüber denken sollte. „‘Ich mag dich wirklich sehr, darum hab ich dich geküsst~‘?“ Säuselte der Rothaarige. Ace spürte wie er rot wurde und drehte seinen Kopf mit einem ‚tz‘ zur Seite, doch der Ältere drehte Aces Kopf mit seiner Hand sofort zurück und zwang ihn dadurch dazu ihn weiterhin anzusehen. „Tut mir leid, Kleiner. Aber ich bin kein Schulmädchen oder so was.“ Er schnaubte verächtlich. „Ich hab’s gemacht, weil ich Lust dazu hatte.“ Gab er schließlich zu, dann beugte er sich zu Aces Ohr hinunter und säuselte wieder „Soll ich weiter machen~?“ Ohne eine Antwort abzuwarten hob er Aces Gesicht ein Stück weit an und leckte ihm mit seiner Zungenspitze leicht über dessen nun frei liegenden Hals.   Ace, der das, was gerade passierte, absolut nicht erwartet hatte, lies vor Schreck die Tassen fallen, die er noch immer in den Händen gehalten hatte. Scheppernd fielen sie zu Boden, die Scherben flogen durch die gesamte Küche. Shanks ließ, durch den plötzlichen Krach gestört, von dem Jüngeren ab und sah ihn verwundert an. Der Schwarzhaarige jedoch nutzte diese Gelegenheit um den Älteren erneut von sich zu stoßen. „Lass den Scheiß!“ Er wollte an dem Rothaarigen vorbei stürmen und den Raum verlassen, doch er kam nicht sehr weit, da Shanks blitzschnell reagierte, ihn am Arm packte und zurückzog. „Ich mag dich wirklich.“ Sagte er schließlich, doch Ace entriss sich dem Griff des Älteren im nächsten Moment. „Verarsch mich nicht!“ War alles was er hervorbrachte, dann wand er sich erneut der Tür zu um den Raum zu verlassen, doch er hatte die Rechnung nicht mit den Scherben gemacht, die sich zuvor in der ganzen Küche verteilt hatten. Noch bevor er die Tür erreichen konnte trat er auf eben eine dieser Scherben. Fluchend geriet er ins Taumeln und schaffte es letztlich halb humpelnd sich auf einem der Stühle hin zu setzen.   Shanks eilte sofort zu ihm, um ihm zu helfen, aber Ace schlug die Hand, die sich ihm näherte gereizt fort, bevor der Ältere wieder versuchen konnte irgendetwas Komisches zu machen. „Verdammt nochmal…“ Warum nur musste immer ihm so etwas passieren? Jetzt konnte er nicht einmal mehr schnell in seinem Zimmer verschwinden um dem Älteren aus dem Weg zu gehen. Warum hatte er auch keine Schuhe angezogen, als er aufgestanden war? Er hob seinen Fuß an und begutachtete dessen Unterseite. In seiner Ferse steckte tatsächlich ein Splitter von den Tassen. Außerdem blutete die Stelle bereits. Mit zitternden Fingern versuchte er die Scherbe aus seinem Fuß zu ziehen, aber er bekam sie nicht richtig zu greifen. Hilfesuchend sah er sich um. Sein Blick kreuzte schließlich den des Älteren. Dieser sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und wirkte irgendwie sogar ein bisschen belustigt. War ja klar, dass Shanks es amüsant fand, dass er sich hier gerade zum Idioten machte.   „Soll ich dir helfen?“ Fragte der Rothaarige schließlich vorsichtig. Eigentlich hätte Ace gerne nein gesagt, oder den Älteren einfach ignoriert. Er hatte wirklich keine Lust darauf sich jetzt auch noch von ihm helfen zu lassen, nachher erwartete er noch eine Gegenleistung und Ace konnte sich, nach Allem was zuvor passiert war, genau vorstellen, was Shanks‘ Gedanken dazu sein würden. Allerdings konnte er den Raum im Moment unmöglich verlassen, sonst würde er bestimmt auf noch mehr Scherben treten und darauf konnte er wirklich verzichten. „Im Wohnzimmerschrank ist ein Erste-Hilfe-Kasten…“ sagte der Schwarzhaarige schließlich leise. Shanks machte sich sofort auf den Weg und war schon nach wenigen Minuten mit dem Kasten in der Hand zurück in der Küche. Er stellte ihn auf dem Küchentisch ab und zog den zweiten Stuhl näher zu Ace, bevor er sich darauf setzte. Er griff nach Aces Bein, was diesen leicht zusammen zucken lies und Shanks ein belustigtes Glucksen entlockte, aber er riss sich zusammen und sagte nichts dazu. Etwas, worüber Ace im Moment wirklich dankbar war. Der Rothaarige begutachtete für einen Moment die Wunde, dann holte er eine Pinzette aus dem Erste-Hilfe-Kasten und entfernte damit vorsichtig die Scherbe. Nachdem er die Stelle gereinigt hatte verband er den Fuß des Jüngeren schließlich.   „Ein Pflaster hätte es auch getan.“ Beschwerte sich der Schwarzhaarige leise. Nachdenklich strich der Ältere mit seinen Fingern über den Verband des Jüngeren, was diesem sichtlich missfiel, aber er traute sich nicht etwas dagegen zu sagen. „Tut mir leid.“ Sagte Shanks schließlich. „Was? Das mit dem Pflaster?“ Ace sah den Älteren verwundert an. „Natürlich nicht.“ Der Ältere schüttelte leicht seinen Kopf. „Was ich vorhin gemacht hab. Ich weiß echt nicht was mich geritten hat…“ „Aber es kam eben einfach so über dich? Weil du grad Lust darauf hattest?“ Fragte der Schwarzhaarige ihn sarkastisch. „Hmm.“ Der Ältere ließ schließlich von Aces Fuß ab und stand auf. Er schien für einen Moment nachzudenken, doch dann beugte er sich zu dem Jüngeren hinunter und strich mit seiner Hand sanft über dessen Wange. „Ich mag dich wirklich.“ Sagte er schließlich mit einem Lächeln auf den Lippen. Ace drehte seinen Kopf zur Seite um dem Blick des Älteren auszuweichen. „Das hast du bereits erwähnt.“ Murmelte er, sichtlich verlegen.   Er wusste wirklich nicht, wie er über die ganze Sache denken sollte. Aber Eins wusste er. Shanks meinte das, was er im Moment sagte bestimmt nicht ernst. Obwohl er sich auch nicht vorstellen konnte, warum er so etwas dann sagte. Nichts daran war lustig. Außer natürlich das war die Vorstellung die der Ältere von Scherzen hatte. Aber selbst wenn er es ernst meinte. Hatte er mal an ihren Altersunterschied gedacht? Und das war noch nicht einmal das  Schlimmste. Shanks war sein Professor. Wie konnte er so etwas nur machen? Selbst als Scherz war das hier einfach zu viel. Und dann war da ja auch noch Ruffy. Was würde Ruffy davon halten, wenn er hiervon erfuhr? Er hielt so viel von Shanks. Oder hatte Ruffy etwa…? Geschockt sprang Ace von seinem Stuhl auf und packte den Älteren am Kragen von dessen Jacke als ihm dieser Gedanke kam. „Hast du Ruffy etwa…?!“ Fragte er wütend, wagte es aber nicht seine Vermutung auszusprechen. Trotzdem war er sich sicher, dass Shanks ganz genau wusste, was er von ihm wissen wollte. Der Ältere jedoch blinzelte ihn nur verwirrt an. „Was hab ich Ruffy etwa?“ Fragte er unschuldig. Das Shanks so tat, als ob er nicht wüsste, wovon Ace sprach, regte diesen nur umso mehr auf. „Das hier.“ Sagte er betont. „Ob du so etwas mit Ruffy gemacht hast will ich wissen!“ Sein Griff wurde stärker, Wut stieg in ihm auf. „Ich bring dich um wenn du ihn angefasst hast!“ Der Ältere antwortete nicht sofort, stattdessen legte er seine Hände in einer beruhigenden Geste auf die des Jüngeren. „Ruffy ist doch noch ein halbes Kind. Mein Gott, Ace, der Kleine ist fast wie ein Sohn für mich. Warum sollte ich denn so etwas tun? Ich bin doch kein Perverser.“ Ihm entfuhr ein leichtes Lachen. „Du musst da was falsch verstanden haben. Ich hatte keine komischen Sachen mit dir vor, oder was auch immer du dir gedacht hast. Ich hab wirklich Interesse an dir. Ich hab einfach die Situation genutzt. Wenn wir schon mal alleine sind.“ Er sah den Jüngeren entschuldigend an.   „Du spinnst ja.“ War alles was Ace dazu sagte, doch er senkte seine Hände dennoch und ließ sich zurück auf seinen Stuhl fallen. „Findest du?“ Fragte der Ältere neugierig. „Wie soll das gehen? Hast du mal an deine Position gedacht? Du bist mein Professor! Und außerdem gute 15 Jahre älter als ich. Und außerdem bist du… bist du…“ Er sah erneut verlegen zur Seite. „‘Außerdem bist du ein Mann?‘“ Vervollständigte Shanks den Satz des Jüngeren. „Stört dich das? Wie kann einen etwas stören, was man noch nie ausprobiert hat, hm?“ Der Ältere grinste überlegen und tatsächlich wusste Ace nicht mehr, was er darauf antworten sollte. Stattdessen fragte er sich selbst, ob dieser Faktor ihn tatsächlich störte. In Wirklichkeit fragte er sich das schon seit er das erste Mal von Thatch und Marco erfahren hatte. Er seufzte. Versuchte genervt den Gedanken wieder los zu werden, aber so richtig gelingen wollte es ihm nicht.   „Willst du noch einen Kuss um dir die Entscheidung zu erleichtern?“ Ace funkelte den Älteren wütend an. „Da gibt es nichts zu entscheiden.“ Der Ältere hob seine Hände ein Stück weit und sah den Schwarzhaarigen entschuldigend an. „Okay, okay. Ich lass es.“ Dann sah er sich in dem Raum um. „Hmm. Aber wir sollten das hier mal aufräumen.“ Stellte er schließlich fest. Ace nickte zustimmend, sichtlich erleichtert darüber, dass Shanks das Thema wechselte. „Unter der Spüle ist ein Kehrblech.“ Shanks ging vor dem Schrank in die Knie und seufzte gespielt theatralisch. „Du lässt mich Heute schuften… dabei war ich eigentlich nur zum Essen hier~“ „Selber schuld.“ Antworte Ace gereizt, was dem Älteren ein Lachen entlockte.   Noch während Shanks dabei war die Scherben zusammen zu fegen, klingelte es auf einmal an der Haustür. Überrascht sahen die Beiden sich an. „Wer könnte das denn sein?“ Fragte Ace mehr sich selbst als den Anderen. Dieser zuckte mit den Schultern. „Soll ich auf machen?“ Fragte er schließlich, woraufhin Ace zustimmend nickte. Shanks legte das Kehrblech zur Seite. Doch kurz bevor er die Küche verlies drehte er sich noch einmal zu dem Jüngeren um und sagte mit einem Grinsen auf den Lippen: „Wenn du die Sache von eben doch fortführen willst, kannst du nach meiner Vorlesung übrigens gerne in mein Büro kommen.“ Ace quittierte dies mit einem bösen Blick, welchen Shanks gekonnt ignorierte bevor er dann noch mit einem Zwinkern hinzufügte: „Du kannst mich natürlich auch Zuhause besuchen.“ Er machte eine kurze Pause und sagte dann noch: „Oh und du solltest vielleicht niemandem etwas davon erzählen.“ Dann verließ er die Küche. Kapitel 12: Schlechte Nachrichten --------------------------------- Ace saß noch immer an dem Küchentisch und blickte geistesabwesend in die Richtung in welcher Shanks soeben den Raum verlassen hatte. Er ließ das, was in den letzten Minuten passiert war noch einmal in Gedanken Revue passieren. Seine Hand fand unweigerlich ihren Weg zu seinen Lippen. Shanks hatte ihn geküsst. Der Gedanke ließ ihn vor Verlegenheit unweigerlich rot werden und er wandte sein Gesicht ab. Shanks mochte ihn. Aber das war nur eine Lüge gewesen. So etwas konnte niemals die Wahrheit gewesen sein. Warum sollte der Ältere auch gerade ihn mögen und warum sagte er so etwas dann gerade jetzt, nach so langer Zeit die sie sich schon kannten? Außerdem war Shanks gut aussehend, beliebt… warum sollte er sich gerade für ihn interessieren? Er hatte anderweitig bestimmt genug Auswahl. Seien es Frauen oder Männer, es gab bestimmt genug, die an Shanks Interesse hatten, oder etwa nicht?   Ace seufzte und verengte wütend seine Augen. Es war nur ein Scherz gewesen. Hatte Shanks nicht selbst gesagt, dass es einfach eine gute Gelegenheit war? Zwar hätte Ace nie gedacht, dass der Ältere so etwas tun würde, aber man lernte wohl nie aus. Jedenfalls hatte er jetzt noch weniger Lust auf das neue Semester. Bestimmt war diese Sache noch lange nicht vorbei. Vor allem bei dem was Shanks zuletzt noch gesagt hatte. Aber solch einem Angebot würde er bestimmt nicht nachgehen. Für wen hielt der Rothaarige ihn eigentlich?!   Der Schwarzhaarige wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als eine Gestalt in die Küche gerannt kam und freudig seinen Namen rief „Aceee!!“ Er sah auf und blickte verwundert in das breit grinsende Gesicht seines jüngeren Bruders. Der Jüngere ging auf den Tisch, an welchem Ace saß, zu und lud dort seinen Rucksack ab. Bei jedem seiner Schritte knirschte es von den Scherben die noch immer auf dem Boden verteilt lagen. Verwundert sah Ruffy sich um. „Was ist denn hier passiert?“ Shanks, welcher ebenfalls zurückgekommen war beantwortete ihm die Frage mit einem Seufzen „Uns sind die Tassen runter gefallen.“ Ruffys Gesicht verdunkelte sich und er sah den Rothaarigen enttäuscht an „… meine Lieblingstasse…“. Der Angesprochene machte einen Schritt auf den Jüngeren zu, sah ihn entschuldigend an und zerzauste ihm das Haar. „Tut mir leid, ich hol dir irgendwann eine neue, versprochen.“ Dann drehte er sich zu Ace um und sah ihn grinsend an. Der Schwarzhaarige jedoch wandte seinen Blick sofort ab. „Ruffy.“ Sagte er schließlich. „Ja?“ „Warum lädst du jemanden ein und bist dann nicht Zuhause?“ In seiner Stimme schwankte ein gereizter Unterton mit. Der Jüngere zog einen Schmollmund und antwortete beleidigt „Ich hab dir Gestern geschrieben, dass ich meinen Schlüssel vergessen hab, aber du hast ja nicht geantwortet, also dachte ich du bist sowieso nicht Zuhause.“ Ace seufzte genervt. Wenn sein Handy einmal einen halben Tag lang aus war. „Ja dann… könnt ihr ja hier sauber machen und was weiß ich was ihr noch machen wolltet. Ich geh duschen.“ Mit diesen Worten stand er auf und, diesmal darauf bedacht bloß auf keine Scherbe mehr zu treten, verließ den Raum.   Ruffy sah ihm verwundert hinterher. „Was ist denn mit Ace los?“ Shanks jedoch zuckte nur mit den Schultern.   Im Badezimmer angekommen warf Ace genervt die Tür hinter sich zu, sodass sie sich mit einem lauten Knall schloss. Er seufzte genervt und ließ sich dann auf dem Rand der Badewanne nieder. Das durfte alles nicht wahr sein, beschloss er in Gedanken. Das immer ihm so etwas passieren musste. Erst dieser sinnlose Streit mit Marco und jetzt diese Sache mit Shanks. Er hatte genug davon. Warum konnte man ihn nicht einfach mal in Ruhe lassen? Er hatte auch so schon genug Probleme.   Mit einer schnellen Handbewegung riss er den Verband von seinem Fuß und warf ihn in eine Ecke des Raumes. Dann entledigte er sich noch schnell seiner restlichen Kleidung und trat schließlich unter die Dusche. Als das warme Wasser auf seinen Körper prasselte fühlte er sich von einem auf den anderen Moment um einiges besser.   Er beschloss Marco später auf jeden Fall noch zu besuchen um sich bei diesem zu entschuldigen. Denn umso länger er dies hinauszögerte, umso schwerer würde es ihm letztlich fallen und Marco war ihm eindeutig zu wichtig um über solch eine Sache eine längere Funkstille zwischen ihnen zu riskieren.   Wenige Minuten später beendete er seine Dusche und ging dann, mit einem Handtuch um die Hüften und wohl darauf bedacht weder Shanks noch Ruffy zu begegnen, in das Zimmer seines Bruders nebenan um sich endlich frische Klamotten anzuziehen. Gerade als er dies erledigt hatte und das Zimmer verlassen wollte, klingelte es, an diesem Tag schon zum dritten Mal, an der Tür. Er hielt in seiner Bewegung inne. Was, wenn es diesmal wirklich Marco war? Auf einmal war er sich nicht mehr sicher, ob er tatsächlich mit ihm reden wollte. Dabei konnte er sich selbst nicht erklären, woher auf einmal diese Zweifel kamen. Gerade als er eine Entscheidung treffen wollte hörte er Schritte an seiner Tür vorbeikommen und wie kurz darauf die Wohnungstür geöffnet wurde. Gedämpfte Stimmen drangen zu ihm durch, doch er konnte nicht ausmachen, wer dort redete. Dann jedoch hörte er Ruffys Stimme wie dieser nach ihm rief. Er atmete einmal tief aus und verlies dann das Zimmer seines Bruders. Als er auf die Wohnungstür zuging war er fest davon entschlossen, dort Marco vor zu finden, doch als er die Person schließlich sehen konnte, konnte er diese für einen Moment lang nur verwundert anstarren.   Der Mann vor ihm war in etwa so groß wie er selbst und hatte kurze, schwarze Haare. Er schenkte Ace einen vorwurfsvollen Blick. Nachdem Ruffy sich wieder verzogen hatte sagte Ace schließlich: „Law?! Was machst du denn hier?!“ Die Überraschung war ihm sichtlich ins Gesicht geschrieben. Ace und Law gingen an die selbe Universität, jedoch studierten sie unterschiedliche Fächer. Außerdem war Law ein Jahr jünger als Ace. „Was wohl.“ Gab der Andere ruhig zurück. „Du gehst ja nicht an dein Handy, also wollte ich nach dir sehen. Wegen Morgen und so.“ Er machte eine kurze Pause. „Kann ich rein kommen?“ Ace warf einen zweifelnden Blick über seine Schulter. „Ehm, naja… im Moment eher nicht. Können wir nicht raus gehen?“ Der Jüngere zuckte verständnislos mit den Schultern, sagte dann jedoch „Gut, ok.“   Auf dem Weg nach Unten sprachen sie kein Wort. Ace jedoch dachte fieberhaft nach. Law war neben Marco die Person, mit der er am meisten redete. Und mal davon abgesehen, dass er sich mit Marco gestritten hatte, konnte er sich nicht vorstellen, diesem von der Sache mit Shanks zu erzählen. Irgendwie befürchtete er, dass dieser darüber ziemlich überreagieren würde und das wollte er nicht. Aber Law könnte er es erzählen und vielleicht hätte der Jüngere einen guten Rat für ihn. Außerdem wäre es bestimmt von Vorteil, wenn er mit jemandem darüber sprach, anstatt die Sache für sich zu behalten.   Nachdem sie das Haus verlassen hatten, liefen sie wahllos die Straße entlang. „Freust du dich schon?“ Versuchte der Jüngere Ace zu necken, doch dieser zuckte nur mit den Schultern. „Hör mal Law. Kann ich dir was erzählen?“ Der Angesprochene sah den Älteren beunruhigt an, über den Tonfall dieser Frage alarmiert. „Klar, immer.“ Und dann erzählte Ace ihm Alles, was passiert war. Dass Shanks diesen Morgen bei ihnen aufgekreuzt war. Das er ihn geküsst hatte und jedes einzelne Wort, dass er gesagt hatte. Law hörte die ganze Zeit schweigend zu. Als Ace seine Erzählung beendet hatte schwieg er noch für einen Moment, sagte dann jedoch: „Das dein Professor so etwas machen würde und vor allem wo er dich und deinen Bruder doch privat kennt.“ Ace nickte stumm zustimmend. „Du solltest nicht darauf eingehen wenn du das nicht willst und wenn er irgendetwas Komisches versuchen sollte, dann wehr dich, hörst du Ace? Lass dich ja nicht ausnutzen, egal von wem.“ „Ja, ich weiß…“ Der Ältere ließ seinen Kopf sinken. „Aber was soll ich machen? Ich hab Vorlesungen bei ihm! Das wird die reinste Hölle…“ Law sah ihn nachdenklich an. „Soll ich mitkommen? Wenn es mit meinem Stundenplan vereinbar ist… zumindest bis sich die Sache beruhigt hat.“ Ace blickte, über diesen Vorschlag sichtlich verwundert, auf. „Wirklich, dass würdest du machen?!“ „Jepp. Schick mir später einfach die Termine.“ „Puh.“ Der Ältere atmete erleichtert auf. „Danke, echt.“   Sie unterhielten sich noch einige Zeit über dieses und jenes und vereinbarten außerdem sich am nächsten Morgen vor der Universität zu treffen. Irgendwann jedoch wurden sie von Aces Magen unterbrochen, der sich lautstark darüber beschwerte, dass an diesem Tag das Frühstück ausgefallen war. Der Schwarzhaarige kommentierte dies mit einem verlegenen Lachen. „Naja, ich denke ich sollte mal nach Hause gehen. Kann Ruffy ja auch nicht die ganze Zeit alleine lassen, vor allem nicht mit Shanks. Irgendwie ist mir dabei im Moment nicht sehr wohl zumute. Außerdem könnte ich etwas zu Essen gut vertragen.“ Law stimmte ihm zu und so verabschiedeten die Beiden sich.   Auf seinem Weg nach Hause war Ace wirklich froh darüber mit Law über die Sache geredet zu haben und das er Shanks in der Universität nicht mehr alleine gegenüber treten musste. Immerhin hatte er damit eine Sache fürs erste mehr oder weniger geregelt.   Zuhause angekommen fand er Ruffy in ihrem Wohnzimmer vor, wie dieser sich im Fernsehen irgendeine Sendung ansah. „Ist Shanks nicht mehr da?“ Der Angesprochene schüttelte stumm seinen Kopf und starrte wie gebannt auf den Bildschirm. „Hat er noch irgendwas… gesagt?“ Hackte der Ältere nach. Sein jüngerer Bruder sah ihn daraufhin verwundert an. „Nein, warum sollte er?“ „Ach nichts, nur so.“ Ace versuchte ein Lachen zustande zu bringen. Wenigstens hatte Shanks seinerseits ebenfalls kein Wort über die Sache verloren. „Aber wir haben deinen Schrank aufgebaut!“ Sagte Ruffy schließlich mit einem stolzen Grinsen, als er es für einen Moment schaffte sich von dem Fernseher los zu reißen. „Wirklich? Danke, Ruffy.“ Ace überlegte sich gerade, ob er den Jüngeren fragen sollte, ob sie sich etwas zu Essen bestellen sollte, als es erneut an der Tür läutete. Verwundert sahen die beiden Brüder sich an. Was war Heute nur los, dass ständig jemand etwas von ihnen wollte? „Vielleicht hat Shanks was vergessen.“ Scherzte der Jüngere. „Soll ich auf machen?“ Ace schüttelte verneinend seinen Kopf. „Schon gut, schau deine Serie weiter, ich mach das.“ Er ging mit einem mulmigen Gefühl zur Wohnungstür und hoffte nur, dass es unter keinen Umständen der Rothaarige war der davor auf ihn wartete.   Als er die Tür öffnete blickte er in das angespannte Gesicht eines sichtlich aus der Puste geratenen Thatchs. „Thatch? Was ist passiert!?“ Fragte er sichtlich erschrocken über den Anblick der sich ihm bot. „Ace…!“ Der braunhaarige Mann packte Aces Kragen und zog ihn auf den Flur hinaus, dann knallte er die Wohnungstür hinter dem Schwarzhaarigen zu. „Warum zum Teufel erreicht man dich nicht auf deinem verdammten Handy?!“ Fragte er ihn aufgebracht. Der Jüngere hob seine Hände ihn Verteidigung und sah den Anderen verwirrt an. „Sorry, Akku leer. Was ist denn überhaupt los?“ Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Wenn Thatch hier war, obwohl er eigentlich nicht mehr hier her kam, konnte das nur bedeuten, dass etwas wirklich Schlimmes passiert war. Der Braunhaarige ließ von dem Jüngeren ab und murmelte eine knappe Entschuldigung für sein Verhalten, dann begann er zu erzählen. „Es ist Marco. Er wurde angegriffen und…“ Ace unterbrach den Älteren jäh. „Was?! Von wem?! Wo ist er?!“ Thatch antwortete nicht sofort, sichtlich darum bemüht die richtigen Worte zu finden. „Bring mich zu ihm, Thatch!“ Der Jüngere wollte bereits an dem Braunhaarigen vorbeistürmen, als er von dessen Hand zurückgehalten wurde. Er drehte sich um, nur um zu sehen, dass er Ältere seinen Kopf schüttelte und diesen dann senkte, nur um kaum verständlich zu murmeln „Kann ich nicht machen…“ Aces Augen weiteten sich. Er ließ seine Arme sinken. „Was ist passiert?“ Wiederholte er seine Frage von vorher und sah den Älteren flehend an. Es durfte nicht sein. Marco durfte nichts zugestoßen sein. Kapitel 13: Die Wahrheit ------------------------ In genau diesem Moment öffnete die Tür hinter Ace sich wieder und Ruffy steckte seinen Kopf durch den Türspalt. Neugierig blickte er in den Flur um zu sehen, wer sie besuchte. Als er den Braunhaarigen erblickte schlich sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. „Thatch, lange nicht gesehen! Wie geht's dir?“ Der Angesprochene sah den Jüngeren nervös an. „Ganz gut, ich wollte gerade mit Ace zu Marcos Wohnung gehen…“ deutete er wage an und warf Ace dabei einen vielsagenden Blick zu. Dieser verstand sofort und drehte sich mit einem falschen Lachen zu seinem Bruder um. „Ja! Ehm… wir wollten noch wo hin gehen.“ Der Jüngere verzog sein Gesicht zu einer missbilligenden Grimasse. „Ich dachte wir könnten zusammen fernsehen.“ „Sorry, Ruffy.“ Ace schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Später vielleicht?“ Der Jüngere nickte zustimmend und ging dann zurück in die Wohnung. Nachdem Ace sich sicher war, dass die Tür geschlossen war wandte er sich erneut Thatch zu und sah ihn fragend an. Dieser jedoch zuckte nur mit seinen Schultern und sagte dann: „Ist besser wenn er es nicht weiß.“ Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: „Wir sollten rüber gehen, dann erzähl ich dir alles.“ „Rüber? Du meinst Marcos Wohnung?“ Ace sah den Älteren verwirrt an. „Ja.“ Antworte dieser knapp und drehte sich dann um und auf Marcos Wohnungstür zu. Er kramte einen Moment lang in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel und schloss dann die Tür auf. Mit einer Handbewegung deutete er Ace an ihm zu folgen. Auf dem Weg zu Marcos Wohnzimmer fragte Ace den Älteren: „Warum hast du den Schüssel zu seiner Wohnung?“ Thatch zuckte mit den Schultern. „Er hat ihn mir gegeben um ein paar Sachen zu holen.“ „Also geht es ihm gut?!“ In Aces Stimme schwankte Erleichterung. Der Braunhaarige seufzte. „Mehr oder weniger.“ Gab er wage an. Als sie das Wohnzimmer erreicht hatten und sich auf dem Sofa niedergelassen hatten schwiegen sie sich für einen Moment an. Letztlich jedoch fragte Ace: „Was ist denn nun passiert?“ „Naja. So ganz genau weiß ich das auch nicht.“ Antwortete der Ältere wahrheitsgemäß. „Marco ist gestern jedenfalls bei mir aufgetaucht, was an für sich im Moment schon ein bisschen seltsam ist, wie du vielleicht weißt. Aber er war… verletzt.“ Aces Augen weiteten sich bei dieser Aussage. „Verletzt?“ Thatch nickte. „Sah ziemlich mitgenommen aus und er hatte eine Stichwunde. Es war nichts schlimmes, aber das wusste ich ja nicht und er hat sich geweigert in ein Krankenhaus oder so zu gehen. Also hab ich letztlich jemanden angerufen der sich das anschauen sollte.“ „Was ist passiert?“ Fragte Ace zum wiederholten Male. Wenn das alles Gestern passiert war, dann muss es gewesen sein, nachdem sie sich in der Pizzeria getrennt hatten. Das hieß, was auch Marco zugestoßen war, war seine Schuld. Wenn er sich nicht mit ihm gestritten hätte… Thatch sah den Jüngeren traurig an. „Weiß ich nicht. Er sagt es mir nicht. Darum dachte ich vielleicht wüsstest du ja etwas…“ Ace senkte seinen Blick. „Wir waren gestern zusammen Pizza essen. Naja, davor waren wir auf diesen Kid gestoßen, der wohl irgendwie Ärger verursachen wollte, aber es war nicht wirklich was passiert. Naja…“ Der Schwarzhaarige sah verlegen zur Seite, er wollte Thatch eigentlich nicht vom dem Streit erzählen, aber er wusste, dass er nicht lügen sollte. „Wir hatten uns über dich und Marco unterhalten und irgendwie… ist er sauer geworden und dann… bin ich gegangen.“ Ace schluckte, er sah seinen Gegenüber hilfesuchend an. „Es ist meine Schuld, oder? Ich hätte diese ganzen Sachen nicht sagen sollen…“ Thatchs wirkte über diesen Bericht jedoch irgendwie erschrocken. „Warte, warte. Hab ich das richtig gehört? Ihr habt über Marco und mich geredet?!“ Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Jetzt wird mir einiges klar.“ Der Blick des Schwarzhaarigen wechselte zu Neugierde. „Ich denke ich muss dir da einiges erzählen, Ace. Und zwar so ziemlich von Anfang an.“ Der Ältere lehnte sich in dem Sofa zurück. „Im Gegensatz zu Marco wusste ich, dass du über uns Bescheid wusstest. Aber um ehrlich zu sein hatte ich es nicht für Nötig gehalten mit dir darüber zu reden. Es erschien mir nicht als Wichtig. Jedenfalls weißt du dann wohl auch, dass wir uns vor einiger Zeit getrennt haben. Aber ich hatte mich trotzdem nochmal mit ihm getroffen. Ich meine, das Ganze ging von ihm aus und ich bin irgendwie nicht so leicht darüber hinweg gekommen und… oh, man.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich hatte ihn angerufen und gefragt ob wir uns treffen können. Er wirkte irgendwie ziemlich niedergeschlagen. Ich hab die Situation ausgenutzt. Das war echt mies von mir.“ Stellte er schließlich resignierend fest. „Aber das ihn das so sehr beschäftigt hat, dass er mit dir darüber geredet hat…“ „Naja. Dieser Kid muss jedenfalls irgendetwas zwischen euch beobachtet haben, jedenfalls hatte er das gesagt.“ Sagte Ace darauf. „Darum hat Marco sich die ganze Zeit bei mir entschuldigt. Ich wusste doch nicht… ich meine, ich hatte ihn nur geküsst.“ „Okay, okay. Jetzt mal langsam. Was hat das mit der ganzen Sache zu tun?!“ Fragte Ace den Älteren mittlerweile leicht genervt. Thatch seufzte. „Ich hatte doch gesagt, dass du nicht zu Marco kannst.“ „Ja.“ „Weil Marco nicht erzählen wollte was passiert war, hatte ich irgendwann vorgeschlagen, dich anzurufen, weil er mit dir vielleicht eher reden würde…“ Ace stutzt. „Warum sollte er mit mir eher reden wollen? Er ist doch zu dir gegangen…“ Thatch dachte für einen Moment nach. „Ich sag doch, irgendwas muss passiert sein. Ich weiß es doch auch nicht. Jedenfalls hatte er sich auf einmal ziemlich aufgeregt und meinte, dass er dich auf keinen Fall sehen will…“ Ace Augen weiteten sich. Das konnte nicht wahr sein. Warum sollte Marco ihn nicht sehen wollen? Natürlich, sie hatten sich gestritten, aber war das wirklich ein Grund dafür ihn gar nicht mehr sehen zu wollen? Vor allem wenn so etwas Schlimmes passiert war? Er senkte seinen Blick. Was Thatch gesagt hatte bestätigte die Vermutung, die er schon die ganze Zeit hegte. Obwohl Marco immer für ihn da gewesen war, wenn er ihn gebraucht hatte, wollte Marco sich nicht auf ihn verlassen, wenn es darauf ankam. Sonst… hätte er ihn sehen wollen, oder nicht? Sonst wäre er doch zu ihm und nicht zu Thatch gegangen… „Ace, du darfst das jetzt nicht falsch verstehen… du musst auf jeden Fall mit ihm reden. Das ist ein weiterer Grund, warum ich her gekommen bin. Ich bin nicht gut genug. Wenn irgendjemand zu ihm durchdringen kann, dann bist das du. Auch wenn er sagt, dass er dich nicht sehen will. Das stimmt nicht. Ich weiß nicht warum er so etwas sagt, aber es gibt bestimmt einen Grund dafür.“ Ace sah noch immer betrübt zu Boden. Die aufmunternd gemeinten Worte des Älteren hatten kaum eine Wirkung auf ihn. „Warum?“ Fragte er schwach. Thatch schien für einen Moment mit sich selbst zu kämpfen, doch dann fragte er schließlich: „Weißt du den Grund dafür, dass Marco und ich uns getrennt hatten?“ Ace nickte leicht. „Er hat gesagt, dass er jemand anderen mag.“ „Ace.“ Der Ältere sah den Jüngeren mit einem bitteren Blick an, dass was er nun sagen würde fiel ihm nicht leicht. „Derjenige, den er mag, bist du.“ Ace Augen weiteten sich und er hob seinen Kopf. „Wie bitte?“ Thatch jedoch sagte darauf nichts mehr. Doch der Schmerz, welchen Ace in den Augen des Älteren lesen konnte bestätigte ihm, dass das, was er soeben gesagt hatte auf irgendeine Art und Weise stimmen musste. Rückblende Sie saßen sich in dem relativ kleinen Raum, welcher Marcos Büro darstellte gegenüber und sprachen kein Wort. Die Stimmung war gedrückt und Thatch war sich sicher, dass seinem Gegenüber etwas Wichtiges auf dem Herzen lag und er vermutlich gerade die richtigen Worte suchte um es ihm mitzuteilen. Nur sicher, ob er es hören wollte, war er sich nicht, denn ihm war bewusst, dass die nächsten Minuten über das fortbestehen ihrer Beziehung entscheiden würden und er wusste nicht, ob er es schaffen würde darum zu kämpfen, oder richtig damit umzugehen. Eins jedoch wusste er: er wollte Marco nicht aufgeben. Jedoch hatte er selbst die Veränderung bemerkt, die der Ältere in der letzten Zeit durchlebt hatte und er wusste auch, dass er nicht das Recht hatte ihn aufzuhalten, wenn seine Entscheidung gegen ihn gefallen war. Die Worte 'ich muss mit dir reden' hatten für ihn noch nie eine schlimmere Bedeutung angenommen gehabt, als an dem heutigen Tag. Denn auch wenn ihn dieses nagende, zweifelnde Gefühl schon seit einiger Zeit begleitet hatte, hatte er sich bis heute nicht eingestehen wollen, dass sich zwischen ihnen etwas verändert hatte. Doch eben diese Veränderung war jetzt unverkennbar. Sie machte sich bemerkbar in der Art, in welcher der Blondhaarige vor ihm saß. Mit diesem zweifelndem Blick, der weit in die Ferne zu blicken schien. Sie machte sich bemerkbar in dieser Eigenart die er hatte, die Hände vor seinen Mund zu halten wenn er nervös war und über etwas nachdachte. Aber vor allem machte sie sich bemerkbar in der Distanz die auf einmal zwischen ihnen lag. Das formale Ambiente des Büros. Der Schreibtisch, welcher wie eine unüberbrückbare Barriere zwischen ihnen stand und das bedrückende Gefühl, welches sie unsichtbar umgab. Ja, Thatch wusste es bereits, bevor der Blondhaarige es ausgesprochen hatte. Es war vorbei. Es war vorbei zwischen ihnen. Trotz all seiner Bemühungen hatte er es nicht geschafft ihn zu halten. Diese Erkenntnis schien ihm seine ganze Kraft zu rauben. Wie betäubt lies er seine Arme sinken und sie kamen mit einem gedämpften Ton auf dem Tisch aus. Das Geräusch schien Marco aus seinen Gedanken gerissen zu haben. „Thatch, ich...“ Der Braunhaarige wollte seinen Freund unterbrechen, sagen, dass er bereits wusste, was los sei, doch dann wurde ihm bewusst, dass er diese Worte hören musste. Er wollte die Erklärung, die Entschuldigung, den Grund. Wenn er ihn schon nicht festhalten konnte, dann wollte er es ihm wenigstens nicht einfacher machen. Diese eine Sache war Marco ihm schuldig. Der Blondhaarige stand auf und ging einige wenige Schritte auf und ab, bevor er schließlich vor Thatch stehen blieb. Der Braunhaarige drehte sich leicht zur Seite um, um dem Anderen direkt in die Augen blicken zu können. Er wollte, dass ihm nichts entging. Kein Detail von dem was kam. Diesen letzten Moment wollte er komplett in seinem Gedächtnis abspeichern und nie mehr vergessen. „Das mit uns...“ begann Marco schließlich. „Ich... kann das nicht mehr, ich...“ er atmete einmal tief ein und aus in einem Versuch seine Gedanken zu ordnen. „Es gibt da jemanden...“ Der zweifelnde Blick des Braunhaarigen lies ihn hastig hinzufügen: „Ich bin dir nicht fremdgegangen oder so, so etwas würde ich nie tun, dass weißt du,... aber ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein.“ Er machte eine kurze Pause, sprach dann jedoch weiter. „Was ich für dich empfunden habe... es tut mir leid, Thatch, aber ich will dich nicht anlügen, oder mehr verletzten, als es nötig ist...“ Der Braunhaarige lächelte schwach. „Es ist wegen dem Jungen, oder? Wegen Ace?“ Er hätte sich selbst dafür ohrfeigen können, dass dies das erste war, was er als Reaktion sagte. Marco sah verlegen zur Seite und fuhr sich mit seiner Hand durch seinen blonden Haarschopf. „Schon ok.“ Es war nicht ok. „Du musst es mir nicht sagen.“ Er hatte ein Recht darauf es zu wissen.“Ich, ehm...“ Er wollte so viel sagen, aber ihm fehlten die Worte und in diesem Moment wurde Thatch bewusst, dass er verloren hatte. Er hatte von Anfang an keine Chance gehabt, aber die Realisation tat ihm dennoch unbeschreiblich schmerzen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen stand Thatch schließlich auf und verließ den Raum. Es würde nicht ihr letztes Gespräch gewesen sein, aber für den Moment war er nicht fähig weiterhin in diesem Raum zu verweilen. Nicht solange Marco dort war. Marco, der keine Gefühle mehr für ihn hatte. Rückblende Ende Kapitel 14: Verloren -------------------- Rückblende   Ein stechender Schmerz in seiner Magengrube riss ihn zurück in das Hier und Jetzt. Er stöhnte auf und sein Gesichtsausdruck wandelte sich zu einer schmerzverzogenen Grimasse. Im nächsten Moment jedoch bereute er dieses Eingeständnis von Schwäche wieder als er feststellte, in wessen Gesellschaft er sich noch immer befand.   Er kniete während seine Arme hinter seinem Rücken verschränkt waren, wo sie von jemandem in einem groben Griff fest gehalten wurden. Vor ihm stand Kid mit seinen feuerroten Haaren und einem selbstgefälligem Grinsen auf den Lippen. Dieser Mistkerl hatte ihn getreten. Als ob es noch nicht schlimm genug war, dass sie seinen Körper mit einem verdammten Messer perforiert hatten, jetzt musste er ihm auch noch gegen genau diese Stelle treten.   Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Die Schmerzen waren intensiv, aber für den Moment erträglich genug. Eher fürchtete er das, was noch kommen würde. Er war leichtsinnig gewesen. Hatte weder erwartet, noch bemerkt, dass Kid zu ihnen gestoßen war. Bis es zu spät gewesen war. Er hatte sich ablenken, überlisten lassen und er könnte sich selbst dafür ohrfeigen, wenn es ihm denn möglich wäre in seiner derzeitigen Position. Aber der Griff um seine Handgelenke war unnachgiebig und wenn er ehrlich war, hatte er im Moment weit wichtigere Sorgen, als sich für seine eigene Dummheit zu bestrafen. Vor allem, da er für diese Dummheit wohl in den nächsten Minuten ohnehin noch genug bestraft werden würde.   Kid lachte auf. Scheinbar gefiel ihm der Anblick der sich ihm bot. Marco hätte ihm das Grinsen am liebsten höchstpersönlich aus dem Gesicht geschlagen, allerdings befand er sich im Moment auch für solch eine Handlung nicht in der Lage, so sehr er diese Tatsache auch bereute.   „Mit was für einem Schwächling haben wir es denn hier zu tun, der wegen so einem bisschen gleich die Besinnung verliert, hm? Wir sind es wohl nicht gewohnt in der Position des Verlierers zu stecken, was?“ Der Rothaarige verzog sein Gesicht erneut zu einer hämischen Grimasse, während er triumphierend auf Marco hinabblickte.   Dieses verdammte Großmaul. Marco würde ihm gerne zeigen, wer hier in der Position des Verlierers steckte. Wenn er sich doch nur befreien könnte. Er presste seine Lippen fest aufeinander um das Entweichen jeglicher weiterer Töne, die darauf schließen lassen würden, dass er Schmerzen hatte, zu verhindern. Doch schon im nächsten Moment wurden diese Bemühungen erneut gebrochen, als ihn ein harter Faustschlag frontal im Gesicht traf und er schmerzerfüllt aufstöhnte.   Er hatte keine Zeit sich wieder zu fangen, als ein weiterer Schlag folgte und er nur Sekunden später zusätzlich erneut Kid's Fuß in seiner Magengrube spürte. Er biss seine Zähne fest zusammen in einem Versuch den Schmerz möglichst zu ignorieren.   Scheinbar hatte sich bei dem Rothaarige einiges an Aggressionen angestaut, die er nun mit Freuden an Marco auslassen konnte und dieser dachte mittlerweile bereits leicht verzweifelt darüber nach, ob er dieser Situation überhaupt lebend entkommen können würde.   Über sich konnte er hören, wie Kid amüsiert kicherte, seine Fingergelenke knacken lies und dann erneut zuschlug. Dann jedoch beugte er sich zu Marco hinunter, packte diesen an dessen Haaren und zog seinen Kopf ruckartig nach hinten. Eine Bewegung die Marco ein überraschtes und schmerzliches Wimmern entlockte.   „Jetzt hör mir mal gut zu, Blondschopf.“ Kids Stimme war lediglich ein gefährliches Zischen, nur wenige Millimeter von Marco's Ohr entfernt. „Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten für dich: entweder ich mache dich hier und jetzt kalt und das war es dann mit dir. Game Over. Oder aber...“ er machte eine kurze, theatralische Pause und sprach dann weiter. „Du lässt dich auf einen hübschen, kleinen Deal mit uns ein.“ Er grinste. „Na, wie wär's?“   Der Blondhaarige presste seine Zähne fest aufeinander und sah auf. Er blickte sogleich direkt in die kalten Augen von Kid, dessen Gesicht dem seinen gefährlich nahe war. Was für eine Wahl hatte er denn schon? Er war diesem Idioten derzeit vollkommen ausgeliefert und er zweifelte nicht daran, dass dieser seine Drohung ohne jegliches Zögern wahr machen würde. Er musste sich darauf einlassen. Aber er wusste, dass er dies eigentlich um keinen Preis der Welt machen wollte. Er würde sich wie ein Verräter fühlen und sein Stolz sagte ihm, dass es nichts Schlimmeres gäbe. Wie könnte er auch so selbstsüchtig sein und quasi alles verraten für das er stand? Alles verraten, dass ihm je wichtig war? Er wusste, dass Kids Gruppe irgendetwas gegen seinen Vater geplant hatte und er war so kurz davor gewesen heraus zu finden, was dies war. Wenn er sich jetzt auf diesen Deal einließ, würde dann nicht alles vorbei sein? Dann wiederrum, wenn er sich nicht darauf einließ, wäre dann nicht erst recht alles vorbei?   Er musste unweigerlich an Ace denken, den er noch immer beschützen wollte. Er musste hier weg kommen. Für Ace. Sonst würde dieser ohne Zweifel das nächste Opfer von Kid werden...   Der Griff um seine Haare wurde fester. Kid's Geduld schien sich so langsam zu erschöpfen. Er musste jetzt eine Entscheidung fällen, oder es würde zu spät sein.   Noch einmal sah er Ace's Gesicht vor seinem inneren Auge, dann sagte er schließlich: „Also gut. Was willst du?“ Seine Stimme klang unsicherer und schwächer, als er es sich eigentlich erhofft hatte und der wütende Unterton in ihr klang schon fast lächerlich.   Kid lachte hämisch auf. „Wie schön, dass du ausnahmsweise mal vernünftig bist. Ich habe ja wirklich nur selten mit Menschen zu tun, die erkennen können, wenn sie verloren haben, oder dies akzeptieren können.“   Marco biss seine Zähne zusammen um sich einen Kommentar zu dieser Aussage zu verkneifen. Wenn er sich jetzt nicht vorsichtig verhielt, dann würde seine ganze Mühe umsonst gewesen sein und darauf konnte er gut und gerne verzichten, schließlich wollte er sich ja aus dieser Situation befreien und sich nicht noch weiterer Gefahr aussetzen. Er musste an Ace denken. Er musste das hier durchziehen.   „Na dann pass mal auf, Blondschopf.“ Das Grinsen Kids wurde breiter. Er zumindest schien die derzeitige Situation ausgiebig zu genießen. „Erstens wirst du dich ab sofort nicht mehr in unsere Angelegenheiten einmischen und deinem werten Vater dies ebenso nahelegen, wir haben nämlich keine Lust uns ständig um eure Schnüffeleien kümmern zu müssen... und versuch gar nicht erst das Ganze zu leugnen. Ich weiß genau Bescheid.“   Marco schluckte, hielt aber noch immer seine Zähne fest auf einander gepresst. Tatsächlich war er an einer ziemlich interessanten Sache in Bezug auf Kid dran gewesen und er hatte gehofft die Probleme, die dieser ihnen bereitete bald unterbinden zu können. Allerdings war er bisher davon ausgegangen, dass dieser nichts davon wusste, nur leider schien der Rothaarige nicht ganz so dumm zu sein, wie er gedacht hatte.   „Und da ich ohnehin weiß, dass du dich auf einen Loyalitätsbruch deiner tollen Familie gegenüber niemals einlassen würdest, verzichte ich mal darauf nach irgendwelchen Insiderinformationen zu fragen. Aber wie wäre es hiermit: halte dich ab sofort von diesem Kleine  fern, der heute Mittag bei dir gewesen ist.“   Marco's Augen weiteten sich. „Wie bitte?“ Die Worte waren über seinen Lippen ehe er sie aufhalten konnte und entlockten Kid ein weiteres amüsiertes Auflachen.   „Ja, ja, du hast schon richtig gehört. Ich will dich nicht mehr in der Nähe deines kleinen Lieblings sehen.“ Er grinste selbstgefällig. „Nichts für ungut. Aber ich weiß doch, wie sehr du auf den Kleinen stehst, also sieh es als ein persönliches Geschenk meinerseits an. Ich helfe dir nur eine Entscheidung über diese Unmoralischen Wünsche zu fällen.“   Marco knirschte mit den Zähnen. „Was für einen Vorteil solltest du davon bitte haben, dass ist totaler Irrsinn!“   „Ja, vielleicht.“ Kid ließ bei diesen Worten endlich Marco's Haare los. „Aber es regt dich so wunderbar auf. Das allein sorgt schon dafür, dass es die Sache wert ist.“   Mit einer lässigen Bewegung drehte er das Messer, welches er noch immer fest umgriffen hielt, zwischen seinen Fingern. „Ich denke du hast mich deutlich verstanden. Halt dich nicht daran und ich werde dich kalt machen. Und deinen kleine  Schützling ebenfalls.“ Er leckte sich bei den Gedanken, die ihm kamen, mit seiner Zunge genüsslich über seine Lippe. „Wobei ich mit dem Kleinen vorher noch ganz andere Dinge anstelle werde.“   Bei diesen Worten seines derzeitigen Peinigers brannte eine Sicherung in Marco's Kopf durch und er versucht sich ruckartig und mit aller Kraft von Killer‘s Griff loszureißen um sich auf Kid zu stürzen um diesen für seine Worte und Anspielungen bezahlen zu lassen.   Seltsamerweise lies Killer ihn tatsächlich los, doch da Marco durch diese Unerwartete Handlung in seiner Bewegung plötzlich zu viel Schwung hatte, fiel er nach vorne, wo er sogleich von einem erneuten harten Schlag in den Magen begrüßt wurde.   „Ich denke, du hast verstanden.“ Erklang sogleich erneut die hämische Stimme Kids.   Und Marco hatte verstanden. Er sackte zurück auf seine Knie und hielt sich mit einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck die Hände vor den Bauch. An der Stelle, an welcher er von dem Messer getroffen worden war, drang Blut aus seinem Körper, welches nun langsam und warm über seine Finger ran und nahezu geräuschlos auf dem Boden aufkam.   Er hatte verstanden. Er hatte in seiner derzeitigen Situation keine Chance gegen die Beiden.   Ihm war schwarz vor Augen. Er musste hier weg. Schnell. Bevor er erneut die Besinnung verlor. Kid's Stimme drang aus seltsamer Ferne zu ihm und er verstand kaum, was dieser noch sagte.   „Gehen wir, Killer. Er hat verstanden, schließlich würde er niemals seinen Freund in Gefahr bringen wollen.“ Er lachte erneut amüsiert und boshaft auf. „Der Boss würde nicht gerade erfreut sein, wenn wir ihn hier umbringen. Leider.“   Marco blinzelte angestrengt und biss sich fest auf seine Unterlippe um im Hier und Jetzt zu bleiben. Hatte Kid gerade etwas über einen Boss gesagt? Gab es tatsächlich jemanden der diese Gruppe von Idioten anleitete und über Kid stand? War diese Sache in Wirklichkeit viel größer, als er erwartet hatte...?   Als Marco endlich vernahm, wie sich Schritte von ihm fort bewegten, konnte er nicht anders als erleichtert zu sein. Er hatte es geschafft. Kid lies in tatsächlich in Ruhe.   Für den Moment war er sicher.   Aber dennoch wusste er, dass er sich beeilen musste. Wenn er hier und jetzt zusammenbrach, würde das nur noch mehr Probleme verursachen und darauf konnte er derzeit wirklich verzichten.   Während er sich langsam und mühsam aufrappelte, überlegte er mittlerweile fieberhaft, wohin er gehen sollte. Nach Hause in seine Wohnung war vollkommen ausgeschlossen. Zu groß das Risiko, dass er Ace über den Weg lief. Außerdem war die Gegend generell zu dicht bewohnt und er konnte nicht riskieren irgendwelches Aufsehen zu erregen.   Er sah sich für einen Moment um, kniff seine Augen dabei mehrmals zusammen da seine Sicht leicht verschwommen war. Als er diesen Weg gewählt hatte, war es ihm nicht wirklich bewusst gewesen. Aber tatsächlich wohnte Thatch hier in der Nähe.   Er schluckte hart. Zu Thatch zu gehen war wohl ebenfalls keine gute Wahl, aber dennoch um einiges besser als die anderen Optionen, die sich ihm derzeit boten. Er war sich sicher, dass Thatch die Unstimmigkeiten, die zwischen ihnen bestanden, beiseitelegen könnte angesichts der derzeitigen Situation.   Außerdem war er sich sicher, dass er Thatch vertrauen könnte das dieser Ace nichts über das, was passiert war erzählte. Denn wenn es etwas gab, das er ganz bestimmt nicht wollte, dann war es, dass Ace sich um ihn sorgte. Zudem musste er an Kids Worte denken. Was wenn dieser seine Drohung tatsächlich wahr machte und Ace etwas antat? Was wenn es wirklich besser wäre, wenn er sich von dem Jüngeren vorerst fernhielt?   Er lachte schmerzlich auf bei dem Gedanken. Natürlich. Er wollte selbst nicht unbedingt mit Ace reden. Nicht nach dem was passiert war. Nicht nach ihrem Streit und nicht nachdem er sich hier wie ein Idiot von jemandem wie Kid hatte fertig machen lassen.   Vielleicht wäre es tatsächlich ganz gut, wenn er einfach ein wenig Zeit für sich hatte um über Alles nachzudenken. Vielleicht könnte er dann endlich wieder klarer über die ganze Sache denken und urteilen.   Fürs erste jedoch musste er zu Thatch kommen. Also machte er sich langsam und mühselig auf den Weg. Jeder Schritt schmerzte und er wünschte, dass der Weg nicht so verdammt weit wäre.   Rückblende Ende Kapitel 15: Erkenntnis ---------------------- Ace lies sich fast geräuschlos neben seinem Bruder auf dem Sofa nieder. Sein Blick wirkte leer und war starr auf den Fernseher vor ihnen gerichtet.   „Was ist los, Ace?“ Ruffy sah seinen Bruder fragend an. „Ich dachte, dass ihr noch wo hinwolltet.“   Ace antwortet nur langsam, seine Stimme klang monoton. „Hat sich erledigt.“   „Geht es Thatch gut? Ich hab ihn schon ewig nicht mehr gesehen.“   Ace drehte seinen Kopf zu seinem Bruder, die Bewegung wirkte fast schon mechanisch. „Geht ihm super.“ Antwortete er knapp. Er versuchte seine Aussage mit einem Lächeln zu untermauern, doch die Bewegung seiner Mundwinkel wirkte stockend.   Ruffy sah seinen Bruder skeptisch an. „Ist irgendwas passiert?“ Fragte er schließlich. Selbst ihm entging nicht, dass Ace sich gerade wirklich komisch verhielt.   Ace sah ihn einen Moment lang schweigend an. Er öffnete seinen Mund und schloss ihn dann wieder, nur um ihn im nächsten Moment erneut zu öffnen. Die Worte entwichen ihm noch bevor er selbst genau wusste, was er da sagte. „Das Feuer damals, Ruffy. War ich das gewesen?“ Er machte eine kurze Pause, schluckte schwer, doch dann fragte er weiter. „Ist bei dem Feuer jemand umgekommen?“   Ruffy riss seine Augen erschrocken auf und starrte seinen Bruder lediglich an. Er wusste nicht was er sagen sollte. Das Ace auf einmal davon anfing hätte er niemals erwartet.   Die Stille, welche sie umgab war so unangenehm und seltsam, dass Ace nicht anders konnte als aufzulachen. Er sah seinen Bruder mit einem undeutbaren Blick an. „Tut mir leid, dass ich gefragt habe.“ Sagte er trocken. „Ich gehe jetzt ins Bett.“ Fügte er letztlich hinzu während er vom Sofa aufstand und in Richtung seines Zimmers verschwinden wollte.   Ruffy starrte ihm für einen Moment hinterher. „Ace!“ Rief er ihm letztlich nach, fast so, als ob er aus einer Schockstarre erwacht war.   Ace drehte sich um und sah seinen Bruder fragend an.   „Erinnerst du dich etwa?“ Fragte Ruffy vorsichtig.   „Nein.“ Antwortete Ace knapp, bevor er sich wieder in die andere Richtung drehte und mit schnellen Schritten in seinem Zimmer verschwand. Dort angekommen schloss er die Tür hinter sich geräuschlos und lehnte sich dann von innen an diese an.   Ace konnte spüren, wie sein Herz im bis zum Hals schlug. Ihm war schlecht und seine Hände zitterten fast unkontrollierbar. Er wollte weinen, schreien und am liebsten die Einrichtung seines Zimmers auseinandernehmen. In seinem Kopf hallte ein dumpfes Dröhnen und am liebsten hätte er seinen Kopf gegen die Wand geschlagen, so unangenehm war das Gefühl.   Er presste seine Zähne fest aufeinander und die Faust seiner linken Hand so stark er konnte auf seinen Mund nur um zu verhindern, dass ihm auch nur ein einziger Laut entfuhr. Seine Augen waren fast krampfhaft verschlossen und das Dröhnen in seinem Kopf war nun fast unerträglich.   Warum – Warum – Warum, warum, warum –   Warum nur hatte er das getan?   Thatch hatte äußerst vehement darauf bestanden, dass Ace mit ihm mitkommen sollte. Er hatte fast schon verlangt, dass Ace mit Marco reden würde. Aber Ace hatte sich geweigert. Er wollte nicht mehr mit Marco sprechen. Das es Marco gut ging genügte ihm. Der Rest… war ihm egal. Es sollte ihm egal sein. Er wollte nicht darüber nachdenken, dass Marco… er wollte nicht wissen, dass Marco… wenn Marco ihn wirklich mochte, wenn Marco ihn wirklich so sehr mochte, dass er wegen ihm seine Beziehung mit Thatch beendet hatte, was sollte er dann machen? Wie sollte er Marco gegenübertreten? Was sollte er ihm sagen? Wie sollte er sich verhalten? Wieso hatte Marco all die Jahre nie etwas gesagt gehabt? Hatte er nur deswegen immer seine Nähe gesucht gehabt, sein Gejammer und seine Launen ertragen?   Marco war für ihn ein Teil seiner Familie gewesen. Ein Freund. Jemand auf den er sich immer verlassen konnte. Marco war immer für ihn da gewesen. Immer. Immer.   Und letztlich war es alles eine große Lüge gewesen. Jedes Wort nur gesprochen, um ihn zu beeinflussen. Jedes Mal, dass er sich von ihm trösten lies, hatte Marco ausgenutzt, um ihm näher zu kommen.   Er musste an Shanks denken und an das, was der Professor am Morgen gemacht hatte. War Marco genauso? All die Male, die er bei ihm übernachtet hatte. All die Male, die er halbnackt bei ihm aufgekreuzt war. Hatte Marco ihre Freundschaft ausnutzen wollen? Er hatte sich bei Marco sicher und geborgen gefühlt. Jetzt fühlte er sich, als ob diese Gefühle nichts als lächerlich waren.   Und als Marco ihn dazu ermutigt hatte, die Wahrheit über seine Träume zu ergründen, hatte er das nur aus eigennützigen Gedanken herausgetan?   Egal, dachte er sich. Es war doch vollkommen egal. Letztlich war er ja doch selbst an allem schuld. Das alles war doch nur passiert, weil er sich vor seinen Verantwortungen verstecken wollte. Weil er seine Vergangenheit verdrängen musste. Hätte er sich von Anfang an der Wahrheit gestellt, anstatt sich immer bei Marco ausheulen zu gehen, dann wäre alles anders gekommen. Dann wäre seine Beziehung zu Marco jetzt normal. Dann würde er seinen Bruder weniger belasten und dann könnte er mit Dadan und seinem Opa noch immer reden, ohne sich Schuldig und fehl am Platz zu fühlen.   Er bekam selbst kaum mit wie, aber irgendwie schaffte er es sich aufzuraffen und sich in sein Bett zu legen. Er zog die Decke über seinen Kopf und schloss die Augen so fest er konnte. Für einen Moment dachte er, dass es gar nicht so schlimm wäre, wenn er einfach schlafen könnte, schlafen und schlafen und erst wieder aufwachen, wenn sich alles von selbst geklärt hatte. Das erste Mal musste er an das Feuer denken und an den Rauch, der seine Lunge füllte und wie tröstlich es wäre, wenn er einfach gar nicht mehr aufwachen würde, wie es damals fast passiert wäre.   Das Feuer um ihn brannte heiß und unbarmherzig. Er sah den Flammen zu: fasziniert, beängstigt und zufrieden zugleich. Er wusste, dass er es geschafft hatte. Vergiftet durch den Rauch wurden seine Gedanken ungenauer. Er verlor sich in ihnen, verlor sich in den Flammen. Das Feuer, welches immer näherkam, … er fürchtete es und doch beruhigte es ihn auch auf eine seltsame, vertraute Art. Er fühlte sich den Flammen verbunden und er wusste, dass er sich ihnen hingeben würde und dann endlich wäre alles endlich so, wie es sein sollte.   Ein Unfall. Er wusste, dass sie das denken würde. Tragisch. Unabwendbar. Das Feuer gelegt in der Küche, niemand würde denken, dass er es gewesen war. Der Herd, Backofen… ihm war es gleich. Er würde hier sterben, nahe des Ausgangs. Fast in Sicherheit und doch verloren. Wäre ihm nicht so heiß und wäre er nicht kurz davor das Bewusstsein zu verlieren, er hätte über dieses jämmerliche Bild seiner selbst gelacht.   Doch dann kam es anders als geplant. Ein stechender Schmerz in seinem Rücken erweckte ihn unweigerlich aus seiner Trance. Hinter ihm hatte jemand die Tür aufgerissen und ihn dadurch zur Seite geworfen.   Er sah eine ihm vertraute Gestalt an ihm vorbei hasten. Er stand auf, griff fast schon panisch nach der Schulter des Eindringlings, doch dieser entglitt ihm und verschwand einen Raum weiter im Feuer.   „Ace! Aaace!“ Er hörte die panische Stimme des anderen nach ihm rufen. Er wollte antworten. Hinterherlaufen. Irgendetwas machen. Doch er konnte nicht. Er war bereits zu geschwächt. Seine Glieder gehorchten ihm nicht länger und er sackte auf den Boden zusammen.   Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an ehe er erneut Schritte wahrnahm, die ihm näher zu kommen schienen. In Wirklichkeit konnten es sich nur um Minuten, wenn nicht sogar nur Sekunden gehandelt haben.   Es fiel ihm nicht leicht seine Augen zu öffnen. Die Hitze war nun kaum mehr ertragbar und er fühlte eine schwere Last auf seinem gesamten Körper drücken. Er würde hier sterben, dachte er. Er wusste es. Es war längst zu spät, um ihn noch zu retten.   Auf einmal packte ihn jemand unter den Armen und zog ruckartig an ihm. Er blickte auf, so schwer es ihm auch viel. Und durch seinen verschleierten Blick hindurch konnte er ein ihm bekanntes Gesicht ausmachen.   „Ich hab dich gefunden.“   Es war ihm, als ob die Person lächelte.   Doch im nächsten Augenblick gingen die Hände, die ihn umklammert hielten in Flammen auf und von einer auf die nächste Sekunde, war der Körper der Person gänzlich vom Feuer verschlungen worden.   Ein gequälter Laut entwich seinen Lippen, während er mit seinem gesamten Körper panisch versuchte sich von dem Schauspiel was sich ihm bot fort zu bewegen. Er trat mit seinen Beinen aus und schob sich mit seinen Händen am Boden abgestützt ein paar Zentimeter weit fort, doch dann hielt er inne.   Seine Augen waren weit aufgerissen, er wollte etwas sagen, einen Namen rufen, Hilfe rufen. Doch die Hitze in seiner Lunge verhinderte dies, sodass er keinen Ton heraus brachte.   Die Person, welche gerade noch vor ihm gestanden hatte und in Flammen aufgegangen war, war verschwunden. An ihrer Stelle war lediglich ein Haufen Asche zurückgeblieben.   Er hatte ihn umgebracht, dachte er noch. Er war schuld daran, dass dieser Mensch gestorben war.   Dann wachte er auf. Aces Blick war starr an die Decke über ihm gerichtet. Sein Herz schlug vor Aufregung wie verrückt in seiner Brust. Und dennoch… dennoch fühlte er sich irgendwie anders als sonst nach seinen Träumen.   Diesmal war es anders gewesen.   „Ich hab dich gefunden.“   Er versuchte sich an die Stimme dieses Menschen zu erinnern. Sein Gesicht. Seine Züge. Sein Ausdruck. Haare, Augenfarbe, irgendetwas. Doch es war wie verhext. Er hatte das Gefühl, dass er ganz nah dran war sich zu erinnern, doch jedes Mal, wenn er das Gefühl hatte einen klaren Gedanken daran greifen zu können, entglitt er ihm wieder.   Und dennoch war sein Traum diesmal so anders gewesen. Denn er wusste, war sich fast zu einhundert Prozent sicher, dass er diesmal nicht von Ruffy geträumt hatte. Und diesmal war sein Traum irgendwie… ruhiger gewesen. Er hatte sich weniger angstvoll und verzweifelt angefühlt und mehr so wie etwas, was er gewollt hatte.   Er schluckte hörbar. Er hatte versucht sich das Leben zu nehmen. Jemand hatte ihn gerettet. Aber diese Person starb dann an seiner Stelle. Und er… hatte es einfach alles vergessen. Verdrängt in den hintersten Bereich seines Bewusstseins. Und alle um ihn herum hatten geschwiegen. Dadan. Sein Opa. Und selbst Ruffy. Ruffy, welcher die ganze Zeit über zu ihm gehalten hatte. Ja, der sogar freiwillig bei ihm eingezogen war, damit er nicht allein wohnen musste. Hatte er das getan, um ihn zu beschützen? Oder wollte er ihn überwachen?   Er merkte wie er begann an dem was er dachte zu wissen zu zweifeln. Er wollte nicht, dass es so war. Er wollte nicht, dass gerade Ruffy ihn die ganze Zeit nur bemitleidet hatte. Und insgeheim verachtete er ihn bestimmt genauso sehr, wie es die anderen taten. Dadan, welche es nicht einmal vermochte ihm in die Augen zu sehen, wenn sie mit ihm sprach. Sein Opa, der ihn einfach auf ein Internat abgeschoben hatte. Er war für sie alle nur eine Last. Und dieser Gedanke allein quälte ihn so unbeschreiblich. Er hatte immer versucht es zu verdrängen, war fast schon verzweifelt an der Aufgabe, die Dinge eben nicht so zu sehen, wie sie wirklich waren. Aber letztlich war es nun damit vorbei. Er konnte es sich nicht mehr schönreden.   Er war daran schuld, dass jemand gestorben war. Und die anderen hassten ihn dafür.   Und selbst auf dem Internat, so war er sich sicher, wussten es bestimmt alle. Natürlich hatte sein Opa erzählen müssen, wieso er dorthin gegeben wurde, was bedeutete, dass Edward Newgate wusste, was er getan hatte. Und selbst der alte Mann hatte nie auch nur ein Wort darüber verloren, sondern ihn vermutlich lieber schweigend verurteilt. Vater. Er hatte in Vater nennen dürfen. Jetzt war ihm klar, dass er dessen niemals würdig gewesen war.   Wenn er so darüber nachdachte, dann war er sich fast sicher, dass auch Marco es bestimmt bereits gewusst hatte. War es so? Hatte er nur so getan, als ob er von nichts wusste, um Aces Gefühle besser ausnutzen zu können?   Von einer auf die nächste Sekunde stieg eine unglaubliche Wut in ihm auf. Er wollte und konnte und würde sie alle hassen. Sie hatten sich hinter seinem Rücken vermutlich schön alle über ihn ausgelassen. Er wollte sich so unglaublich gerne einfach dieser Wut hingeben, sie akzeptieren und stärken, doch irgendwie… konnte er nicht.   „Ich hab dich gefunden.“   Er musste an die Erleichterung in der Stimme dieser Person denken. Dieser Mensch hatte alles für ihn geopfert und er… verdiente jeden Hass, jedes böse Wort und jeden bösen Gedanken. Und er verdiente es ausgenutzt zu werden.   Eigentlich verdiente er noch viel mehr. Er spürte es tief in seinem Inneren. Ein Gefühl, welches schon so lange nicht mehr in ihm aufgekeimt war. Zweifel an sich selbst. Hass auf sich selbst und diese eine, klitzekleine Frage, die ihn schon einmal in den Wahnsinn getrieben hatte.   Hatte er es überhaupt verdient zu leben? Kapitel 16: Vorboten -------------------- Ace sah seufzend aus dem Fenster. Draußen war es hell geworden. Ein Blick auf den Wecker verriet ihm, dass es bereits sieben Uhr war. Er schnappte sich sein Handy von Nachttisch. Eine Nachricht von Law. Er wollte gegen acht vorbeikommen, damit sie zusammen zur Universität gehen konnten.   Ace wollte nicht daran denken, dass die Uni wieder anfing und das er wieder zu Vorlesungen gehen musste. Und dann auch noch ausgerechnet die erste Vorlesung der Woche direkt bei Shanks. Er war zwar froh darüber, dass Law sich dazu bereit erklärt hatte ihn zu begleiten, aber auch das war ihm letztlich nur ein sehr schwacher Trost.   Er hatte auch darüber nachgedacht einfach überhaupt nicht zu Shanks Vorlesungen zu gehen. Für einen Moment hatte er sogar darüber nachgedacht, einfach gar nicht zur Uni zu gehen. Aufzugeben. Sich unter seiner Decke verkriechen und darauf hoffen, dass es niemandem auffallen würde. Oh ja, wie gerne hätte er sich seiner Verantwortungen wirklich komplett entzogen, aber er wusste, dass dies keine Option war. Er wollte nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn er von jetzt auf gleich einfach komplett aufgeben würde. Außerdem hatte er keine Lust irgendjemandem erklären zu müssen, wieso er seine Veranstaltungen Heute nicht besuchte. Er hatte keine Lust eine Ausrede für Law zu finden, oder seinem Bruder zu erklären, weshalb er Zuhause blieb. Resigniert stellte er also fest, dass trotz allem der einfachste Weg noch immer der war, der ihn dazu zwingen würde, sich Shanks zu stellen. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass Shanks es nicht wagen würde, während seiner eigenen Vorlesung irgendetwas zu machen. Schließlich waren dort viel zu viele Studenten. In so einer Situation würde wohl selbst jemand wie Shanks nichts Komisches versuchen. Außer Ace würde…   Er musste Schlucken als ihn der Gedanke überraschte. Würde er wie von Shanks vorgeschlagen nach dessen Vorlesung… in sein Büro…   Nein, nein, nein! Ermahnte Ace sich in Gedanken. War er denn von allen guten Geistern verlassen, dass er überhaupt auch nur im Ansatz daran dachte, auf Shanks einzugehen?!   Dann wiederrum war dies vielleicht genau die Gelegenheit, die er benötigte. Vielleicht sollte er in den Angriff übergehen und anstatt sich von diesen Idioten weiter ausnutzen zu lassen… sollte er diese vielleicht mal zur Abwechslung ausnutzen und ihnen zeigen, wie sich das anfühlte, wenn mit einem gespielt wurde?!   Ace brauchte nicht sehr lange, um sich fertig zu machen. Sie hatten noch immer nichts eingekauft und so würde er wohl Heute hungrig seinen ersten Vorlesungstag antreten müssen. Für ihn war das im Moment irgendwie ja doch egal, aber für seinen Bruder tat es ihm leid und er machte eine mentale Notiz, dass er heute Nachmittag definitiv einkaufen gehen würde. Immerhin hatte Ruffy sich bisher noch nicht blicken lassen. Bestimmt verkroch er sich, nach dem was Ace am Abend zuvor gesagt hatte, nun in seinem Zimmer. Im Moment war Ace darüber ganz froh, er hoffte nur, dass sein Bruder darüber nicht die Schule schwänzen würde.   Um Punkt acht Uhr klingelte es an der Tür. Ace schwang lässig seinen Rucksack über die Schultern und begab sich aus der Wohnung und nach unten, wo er bereits von Law erwartet wurde. Der Anblick von Marcos Wohnungstür, welche gegenüber der ihren lag, hatte ihm zwar einen kleinen Stich versetzt, aber er schaffte es dem Drang zu widerstehen zu überprüfen, ob Marco vielleicht doch mittlerweile nach Hause gekommen war. Um die Sache mit Marco… würde er sich später kümmern müssen.   „Wie geht’s dir?“ Begrüßte Law ihn, doch Ace zuckte nur mit den Schultern. „Bist du nervös?“ Fragte Law ruhig weiter. „Keine Sorge, wenn dein Professor irgendetwas komisches macht, hau ich ihm eine rein.“ Er grinste bei diesen Worten und boxte mit seiner Hand einmal spielerisch die Luft vor ihnen. Doch Ace, welcher dies sonst sicherlich amüsant gefunden hätte, reagierte kaum darauf.   „Was ist los, Ace?“ Law sah ihn nun sichtlich besorgt an, mittlerweile hatte er festgestellt, dass Ace nicht bei bester Laune zu sein schien.   Ace seufze resigniert. Er blickte auf den Boden. Seine Füße setzten fast schon automatisch einen Schritt vor den anderen. „Ich hab mich mit Marco gestritten.“ Sagte er schließlich.   Law entwich nur ein erstauntes „Oh man.“ Das Ace sich je nochmal mit Marco streiten würde, hatte er nun wirklich für vollkommen unmöglich gehalten.   „Weil wir uns gestritten hatten, sind wir nicht zusammen nach Hause gegangen.“ Sprudelte es plötzlich aus ihm heraus. „Und weil wir nicht zusammen nach Hause gegangen sind, ist Marco auf irgendwelche zwielichtigen Leute getroffen, die ihn angegriffen hatten.“ Er hielt für einen Moment inne. Er fühlte sich schuldig, wirklich unbeschreiblich schuldig. „Die haben ihn mit einem Messer attackiert.“ Beendete er schließlich.   „Geht es ihm gut?“ Fragte Law sofort besorgt.   „Ja…“ Brachte Ace leise hervor. „Er ist bei Thatch, es geht ihm so weit wohl gut.“   „Bei Thatch? Seinem Ex mit dem er kaum noch Kontakt hatte?“ Fragte Law nach und sah Ace, der neben ihm lief, besorgt an.   „Thatch hat gesagt…“ Er unterbrach, irgendwie viel es ihm schwer, das zu sagen. Aber er musste. Denn wenn er es Law nicht erzählte, wem sollte er es dann erzählen? Und wenn er es niemandem erzählte, wie sollte er dann je verstehen, wie absurd die ganze Sache eigentlich wirklich war?! „Thatch hat gesagt…, dass Marco mich nicht sehen will.“ Er seufzte resigniert. „Aber, dass Marco mich mag.“ Fügte er noch schnell hinzu, in der Hoffnung, dass er es nun ausgesprochen hatte, aber Law ihn vielleicht nicht richtig verstanden hatte. Aber, er hatte es gesagt, die Wahrheit stand nun im Raum. Und sie klang genau so absurd, wie es sich für ihn anfühlte.   „Klar mag er dich.“ Antwortete Law trocken, nicht wissend, was er aus der ganzen Erzählung machen sollte.   „Nicht so.“ Erwiderte Ace. „Richtig mögen.“ Versuchte er es zu erklären. „Thatch hat gesagt… naja…, dass Marco damals… Marco hatte mit Thatch Schluss gemacht…. Wegen mir. Aber jetzt auf einmal soll das wichtig sein, weil er verletzt wurde und mich nicht mal sehen will!“ Er konnte einfach nicht anders, als wütend zu werden. Es war einfach. Komplett. Absurd. „Verstehst du das?! Denn ich verstehe es nämlich nicht! Wieso sollte Marco mich mögen und das jetzt auf einmal?! Ich dachte wir wären Freunde. Ich dachte, ich könnte ihm vertrauen…“   Law sah den anderen für einen Moment schockiert an. Mit einem solchen Ausbruch hatte er nun wirklich nicht gerechnet. „Tut mir leid, Ace.“ Sagte er schließlich. „Du… naja, ich vermute mal, du empfindest nicht so für Marco.“   Ace sah in verdutzt an. „Nein, verdammt!“ Antwortete er aufgebracht, nur um dann vorsichtig hinzuzufügen: „Denke ich jedenfalls…“.   „Hör mal, Ace.“ Begann Law vorsichtig. „Stehst du denn auf Männer?“   Ace sah betreten zu Boden. Woher sollte er das wissen? Er hatte noch nie auch nur eine Freundin gehabt. Er hatte nie überhaupt wirklich über das Thema nachgedacht, in seinem Leben hatte das einfach keinen Platz. Und jetzt stand er hier und fühlte sich auf einmal von allen Seiten bedrängt.   „Die Männer scheinen jedenfalls auf mich zu stehen.“ Antwortete er trocken, ohne die Frage wirklich zu beantworten und im nächsten Moment musste er über die Absurdität seiner Aussage laut anfangen zu lachen.   Law konnte nicht anders als mitzulachen. „Oh… man…“ Brachte er gerade noch so hervor.   „Solang du jetzt nicht auch noch ankommst und mir sagst, wie sehr du in mich verliebt bist.“ Scherzte Ace, doch es lag ein bedrohlicher Unterton in seiner Stimme.   „Keine Sorge.“ Versicherte Law ihm. „Ich stehe auf deinen Bruder.“   Ace machte drei Schritte, bevor er realisierte, was der andere gerade gesagt hatte. Er blieb abrupt stehen, dass Lachen war von seinem Gesicht verschwunden. „Wie bitte?“ Platzte es aus ihm heraus.   „Er ist süß. Ruffy.“ Sagte Law knapp. „Dein Bruder.“ Wiederholte er, ganz so als ob Ace ihn nicht verstanden hatte. Sein Blick war unschuldig und seine Lippen umspielte ein leichtes Lächeln.   „Du bist schwul…?“ Er machte zwei Schritte auf den anderen zu und sah ihn entgeistert an.   „Ist das bei mir jetzt ein Problem?“ Fragte Law in trocken. Ace ging einen weiteren Schritt auf den anderen zu. „Mein Bruder…?“   Law zuckte mit den Schultern. „Immerhin bin ich keine 10 Jahre älter als er…?“ Entgegnete er vorsichtig.   Ace schüttelte entgeistert den Kopf. „Nicht. Lustig.“   „Sorry.“ Entgegnete Law knapp. „Aber wir wären ein schönes Paar, oder?“ Neckte er ihn dann schließlich weiter, nur um sich im nächsten Moment einen leichten Faustschlag von Ace gegen seine Brust einzufangen. „Aua.“ Quittierte er dies trocken.   Doch Ace konnte nicht anders als zu grinsen. „Er würde dich in den Wahnsinn treiben. Kann ich mir gar nicht vorstellen. Du bist immer so ruhig und er ist immer so verdammt aufgedreht.“   „Gegensätze ziehen sich an, Ace.“ Antwortete Law darauf mit einem Grinsen. „Oder aus.“ Fügte er noch hinzu und schaffte es damit irgendwie, dass Ace erneut lachen musste. „Du bist also nicht sauer? Ich war mir nicht sicher, ob ich dir das sagen kann. Aber du weißt ja: ich Lüge nicht gerne.“   „Du bist verrückt.“ Antworte Ace und musste darüber nachdenken, dass Law ja auch einfach gar nichts hätte sagen müssen, dann hätte er auch nicht gelogen. „Aber du bist in Ordnung. Und wenn du es schaffen solltest in für dich zu gewinnen, dann ziehe ich wahrlich meinen Hut vor dir.“   Den restlichen Weg bis zur Universität liefen sie stillschweigend nebeneinander her. Law mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen und Ace mit einem immer besorgter werdenden Gesichtsausdruck. Mental versuchte er sich darauf vorzubereiten, was kommen würde.   Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto unsicherer wurde er. Er wünschte gerade wirklich, dass sein einziges Problem Biologie wäre und nicht der Professor, welcher es unterrichtete. Aber er hatte beschlossen sich dieser Sache zu stellen und genau das würde er auch tun.    Im Vorlesungssaal angekommen, ließen Law und Ace sich in der letzten Reihe nieder.   „Weißt du, ich hab mal nachgeforscht.“ Sagte Law schließlich. „Vor ein paar Jahren wäre Shanks fast von der Universität geflogen, weil er angeblich etwas mit einer Studentin hatte. Aber die Anschuldigungen konnten nicht bewiesen werden.“ Er sah Ace vielsagend an. „Aber er ist bei den weiblichen Studenten wirklich extrem beliebt. Du müsstest mal sehen, wie die auf Facebook abgehen, sobald irgendwo ein Foto oder so von ihm auftaucht.“   Ace zuckte nur mit den Schultern. Er wusste wie beliebt Shanks war. Aber ob er wirklich was mit Studenten anfangen würde? Ob er sie wohl ausnutzte? Er stellte sich vor, dass Studenten zu Shanks gingen, um ihn zu überzeugen ihnen gute Noten zu geben. Der Gedanke lies in erschauern. Er wollte nicht so schlecht von Shanks denken, aber nach dem was dieser getan hatte, war es wirklich nicht abwegig.   „Vielleicht sollte ich mich darauf einlassen.“ Sagte er schließlich leise zu Law. Die Vorlesung hatte bereits begonnen, doch es viel Ace schwer sich darauf zu konzentrieren.   „Wie bitte?“ Fragte Law erschrocken.   „Vielleicht sollte ich es ausprobieren.“ Wiederholte Ace seine vorherige Aussage.   „Spinnst du jetzt?“ Konterte Law.   Ace zuckte mit den Schultern. „Damit ich weiß, was ich will.“   „Kannst du das nicht so wissen?“   Ace zuckte erneut mit den Schultern. „Marco wäre bestimmt eifersüchtig.“ Sagte er schließlich.   Law fiel dazu nichts ein. Er sah seinen Sitznachbar lediglich entgeistert an.   Ace drehte seinen Kopf in Laws Richtung und lächelte. Und in diesem Moment verstand Law es. Wie verletzt Ace wirklich war, durch das was Marco getan hatte. Er presste seine Lippen fest aufeinander. Er wusste nicht was er sagen sollte und ob es überhaupt etwas gab, was er sagen könnte, um Ace von seinem Vorhaben abzuhalten.   In Ace’s Kopf spielte sich bereits ein bittersüßes Szenario ab, dass sein Herz schneller schlagen lies vor Aufregung. Er würde es Marco heimzahlen, dass er mit ihm gespielt hatte. Er würde Shanks Verhalten gegen ihn einsetzen. Und er würde sich selbst für alles bestrafen, was er getan hatte.   Er spürte eine unbändige selbstzerstörerische Wut in sich, sie breitete sich in seinem Körper aus wie ein Waldbrand. Ihm gefiel der Vergleich. Er und das Feuer, sie waren verbunden. Und er würde sich von den Flammen zerstören lassen. Kapitel 17: Fehler ------------------   Der Rest der Vorlesung verlief ruhig. Law hatte es noch ein paar Mal versucht auf Ace einzureden, aber selbst sein fast schon flehendes „Ace, bitte…!“ wurde von diesem nur mit Schweigen kommentiert. Und so hatte er seine Versuche irgendwann aufgegeben.   Wie für einen ersten Tag nicht unüblich, beendete Shanks die Vorlesung eine halbe Stunde früher. Durch den Saal ging ein Raunen und es wurde schnell laut, als die Studenten damit begangen ihre Sachen einzupacken. Hier und da unterhielten sich einige über die gerade beendete Vorlesung, oder waren schon in voller Vorfreude auf die Folgende und auf die großzügige Pause dazwischen. Vor Shanks Pult hatte sich schnell eine Traube von überwiegend Studentinnen gebildet, welche scheinbar alle sehr wichtige Fragen zu seinem Unterricht hatten.   Ace hatte nichts aus seiner Tasche geräumt gehabt, da er es nicht für notwendig gehalten hatte in dieser Stunde mitzuschreiben und so sprang er sofort von seinem Platz auf, warf seine Tasche über die Schultern und machte sich auf nach vorne, um mit Shanks zu sprechen.   Law hechtete ihm sogleich panisch hinterher und rempelte dabei einen anderen Studenten an, der sein Gleichgewicht verlor und auf seinen Hintern knallte. Law entschuldigte sich leicht verlegen und half dem Studenten wieder auf die Beine. Dieser Schritt mit einem genervten Ausdruck in die andere Richtung davon, lies die Sache aber sonst unkommentiert.   Der kleine Zwischenfall hatte einen zu großen Abstand und zu viele Menschen zwischen ihn und Ace gebracht. Er wollte Ace aufhalten, oder zumindest nach ihm rufen, aber er wollte auch kein unnötiges Aufsehen erregen, also ließ er es bleiben und stand stattdessen wie angewurzelt dort stehen, wo er gerade stand. Seine Augen auf Ace fixiert, welcher mittlerweile bei Shanks angekommen war. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Er konnte einfach nicht verstehen, woher dieser plötzliche Sinneswandel des anderen herrührte. Marco eifersüchtig machen? Das konnte ja nun kaum sein Plan sein.   Mist. Mist. Mist! Dachte er genervt bei sich. Klar war Ace eigentlich alt genug, um selbst zu wissen, was er tat. Doch gerade war Law sich nicht sicher, ob Ace wirklich wusste, was er machte. Wenn er doch nur verstehen könnte, was im Kopf des anderen vor sich ging, dann hätte er vielleicht etwas anderes sagen oder machen können. Er überlegte ob ihm heute Morgen vielleicht etwas entgangen war. Ace hatte auf ihn zwar angespannt gewirkt, aber auch irgendwie locker, sodass es nicht den Anschein gemacht hatte, dass er irgendwelche Dummheiten geplant hatte. Law musste sich etwas anderes überlegen. Jetzt dort vorne hin zu stürmen und eine Szene zu machen war definitiv nicht der richtige Weg. Er musste darauf vertrauen, dass Ace nicht vollkommen den Verstand verloren hatte und das Shanks zumindest so viel Hirn besaß, dass er seinerseits auch keine Dummheiten machen würde. Resigniert seufzend drehte er sich schließlich um und verschwand aus dem Hörsaal, um sich auf den Weg zu seiner eigenen Veranstaltung zu machen. Er wollte einfach nicht beobachten, was dort vorne passieren würde. Aber er wusste, dass er einen Plan brauchte, um sein weiteres Vorgehen zu klären. Er würde Ace definitiv nicht einfach so im Stich lassen.   Ace hatte indessen Shanks Pult erreicht. Die Traube von Studentinnen die sich darum versammelt hatte irritierte ihn, aber auch das würde er zu seinem Vorteil nutzen können. Er dachte in diesem Moment nicht mehr darüber nach, ob das, was er gerade tat richtig oder falsch war. Es war ihm egal. Das ganze Nachdenken hatte ihm bisher schließlich auch nichts gebracht gehabt. Wie glücklich er wäre, wenn er seine Gedanken einfach abschalten könnte. Er brauchte Ablenkung. Ablenkung und irgendetwas… oder irgendjemanden, den er verletzen könnte. Nur um endlich dieser ganzen Wut in ihm etwas zu geben, worauf sie sich konzentrieren konnte. Ihm war egal wer es war. Und wenn er es selbst war. Verdient hatte er es so oder so.   Ace setzte ein freudiges Lächeln auf, als er schließlich näher an Shanks herantrat und diesem eine Hand auf die Schulter legte. Die Studentinnen um sie herum verstummten abrupt und sahen ihn leicht schockiert ab, doch Ace ignorierte sie.   „Shanks!“ sagte er schließlich mit einem Grinsen auf den Lippen. „Großartige Vorlesung.“ Lobte er ihn knapp und fügte dann mit einer schnellen Kopfbewegung in Richtung des Ausgangs hinzu: „hast du vielleicht einen Moment Zeit für mich?“ Er beugte sich näher an Shanks heran und flüsterte schon fast: „alleine…?“   Er konnte leichtes Protestieren und verwunderte Ausrufe um ihn herum vernehmen. Er meinte zu hören wie jemand fragte „Wer ist das? Was er erlaubt der sich?“ Doch als Shanks ihn ansah wirkte dieser weder sauer, noch verlegen. Stattdessen sah er Ace fast schon übertrieben freudig an.   „Ace! Wie schön, dass du es geschafft hast!“ Rief er aus und legte seinen Arm um Aces Schultern. „Ich hatte ja ein wenig Zweifel, aber es ist gut, dass du hier bist…“ Fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu.   Ace sah seinen Professor verdutzt an. Er hatte geglaubt ihn in Verlegenheit bringen zu können, aber da hatte er mit seiner Vermutung wohl falsch gelegen. Ganz so einfach würde Shanks es ihm augenscheinlich nicht machen.   „Ich hoffe, ihr könnt uns entschuldigen.“ Sagte Shanks mit einem Augenzwinkern zu den Studentinnen, die noch immer um sie herum standen.   Ace merkte, wie ihm eine unangenehme Hitze ins Gesicht stieg, als er die erschrockenen Gesichtsausdrücke der jungen Frauen sah. Eine von ihnen hob ihre Hand vor den Mund und begann verlegen zu Kichern, während zwei andere ihre Köpfe zusammensteckten und damit begannen aufgeregt zu tuscheln. Er wollte etwas sagen, aber er kam nicht dazu, da er sogleich von Shanks förmlich aus dem Raum gezogen wurde.   Sie schwiegen Beide, bis sie Shanks Büro erreichten und dieser Ace mit sich hineinzog, nur um dann die Tür hinter ihnen zu schließen.   Erst dann lies Shanks von Ace ab. Er begab sich zu seinem Schreibtisch, schritt darum herum und lies sich fast schon unelegant in seinen Stuhl fallen. Sein Arm hing lässig über der Stuhllehne, während der dünne, schwarze Mantel, den er trug die Tatsache versteckte, dass er eben nur diesen einen Arm hatte. Er sah Ace erwartungsvoll an, sagte jedoch nichts.   Ace machte einen Schritt auf den Schreibtisch zu, blieb dann jedoch stehen und sah sich stattdessen für einen Moment lang nervös um. Das Büro war zwar spärlich, doch sehr ordentlich eingerichtet. Die Möbel waren rustikal und aus schwerem Holz gefertigt. An den Wänden hingen, als einzige Dekorationen, eine Urkunde. Der Raum wirkte auf ihn äußerst unpersönlich. Doch letztlich war ihm das vollkommen egal. Wegen einer solchen Bewertung war er schließlich nicht hierhergekommen.   Ace räusperte sich leise und sah seinen Gegenüber dann herausfordernd an. „Hast du keine Sorge wegen der Gerüchte, die sich jetzt verbreiten werden?“   Shanks hob auf diese Aussage hin eine Augenbraue an. Desinteressiert wandte er seinen Blick von Ace ab und betrachtete stattdessen seine eigene Hand, welche er langsam in der Luft hin und her dreht. Fast schon so, als ob er Ace damit aufregen wollte. „Ist mir eigentlich egal.“ Sagte er schließlich.   Ace entwich ein genervtes „tz“. Er musste sich unweigerlich fragen, warum er überhaupt hierhergekommen war. Um sich von Shanks demütigen zu lassen? Oh nein. Definitiv nicht. Warum aber war es dann so, dass Shanks in ihren Gesprächen grundsätzlich die Oberhand zu haben schien und es jedes Mal mit einer unbeschreiblichen Leichtigkeit schaffte, dass Ace sich aufregte oder gedemütigt fühlte?! Eine Geste, ein Wort reichten schon und in Ace flammte eine unglaubliche Wut auf den Mann ihm gegenüber auf.   „Ist dir eigentlich alles egal?!“ Platzte es wütend aus ihm heraus.   Shanks wandte dem anderen seinen Blick langsam wieder zu. „Schau dich um.“ Sagte er ruhig mit einem Wink seiner Hand auf den Raum, in dem sie sich befanden. „Sieht es hier so aus, als ob dieser Job mir etwas bedeutet?“ Fragte er trocken und stütze im gleichen Moment seinen Kopf auf seinem Handrücken ab. Seine Lippen umspielte ein undeutbares Lächeln. „Das Alles hier langweilt mich.“ Sagte er schließlich, als ob diese Tatsache nichts als eine unbedeutende Nebensache war.   „Und das hier?!“ Ace machte eine abfällige Handbewegung erst zu Shanks und dann zu sich selbst. „Ist das hier ein Spiel für dich? Damit du dich weniger langweilst?!“ Er sah Shanks fast schon hasserfüllt an. Warum nur war er hierhergekommen? Er hatte es so satt! So satt, dass jeder dachte man könnte alles mit ihm machen und er würde einfach stillschweigend und ohne Protest beipflichten.   „Du bist hergekommen.“ Antwortete Shanks trocken. „Ich habe dich nicht dazu gezwungen. Ich habe dir lediglich die Möglichkeit aufgezeigt.“ Er seufzte leise. „Was ist los, Ace?“ Fragte er schließlich und klang dabei wirklich besorgt.   Ace riss seine Augen auf und wich einen Schritt zurück. „W… was meinst du?“ Brachte er nur stockend heraus.   „Ich will dir nichts Böses.“ Antworte Shanks. „Ich werde nichts machen, was du nicht willst.“ Als er den skeptischen Blick des anderen sah fügte er noch hinzu: „Versprochen.“   Warum nur war er hier? Am liebsten wäre er auf der Stelle umgedreht, durch die Tür gestürmt und verschwunden. Aber etwas hielt ihn hier.   Warum war er hergekommen?   Er spürte sein Herz hart in seiner Brust schlagen. Seine Hände zitterten und er ballte sie unweigerlich zu Fäusten, drückte sie so fest zusammen, dass die Knöchel auf seinen Handrücken weiß wurden. Er wollte verletzten, zerstören. Irgendwas. Gott, er hatte es so satt. So, so satt.   Er hatte es so satt er selbst zu sein.   Er hatte es so satt unentwegt seine eigenen Gedanken ertragen zu müssen. Er hatte es satt hier zu sein. Er hatte es satt, dass sich nichts änderte. Er hatte es alles so satt. Nichts würde sie je ändern, oder? Er wollte das nicht länger ertragen.   Was er wollte… war… Ablenkung.   Ace hatte nicht bemerkt, dass Shanks in der Zwischenzeit aufgestanden war und ihm mittlerweile direkt gegenüberstand. Er merkte es erst, als Shanks seine Hand in die seine nahm und in einer beruhigenden Geste mit dem Daumen darüber streifte.   „Beruhige dich.“ Shanks Worte waren ein sanftes Flüstern. „Es wird alles gut.“   Doch Ace wusste, dass nie mehr alles gut werden würde. Dafür war es längst zu spät. Er würde seinen Bruder verlieren. Und er würde Marco verlieren. Seine Familie und selbst mit seinem besten Freund hatte er es sich mittlerweile verscherzt. Er hatte es gewusst von dem Moment an, als er in diesem Krankenhauszimmer aufgewacht war. Es würde nie wieder alles gut werden. Und auch die ganzen Jahre, die er sich selbst und alle um ihn herum belogen hatte, würden nichts daran ändern. Letztlich holte die Vergangenheit einen immer ein. Früher oder später würde er für alles, was er getan hatte, bezahlen müssen.   Im Bruchteil einer Sekunde hatte er die letzten Zentimeter, welche ihn noch von Shanks trennten, überwunden und diesem seine Arme um den Hals geschlungen. Er zog den Mann ruckartig zu sich herunter und presste ihre Lippen hart aufeinander.   Shanks küsste ihn augenblicklich, fast schon so, als ob er genau gewusst hatte, was passieren würde. Seine Hand fand ihren Weg zu Aces Rücken und er hielt ihn dort fest umschlungen.   Als sie ihren Kuss nach wenigen Augenblicken unterbrachen, ging Aces Atem schwerer. Ihm war, als ob die Luft in diesem Zimmer in Sekundenschnelle um einige Grad angestiegen war. Er hatte noch nie jemanden… er war noch nie von jemandem mit so viel rohem Verlangen geküsst worden. Es war in diesem Moment, dass ihm bewusstwurde, dass der Mann vor ihm gefährlich war und es war in diesem Moment, dass er wusste…   „Schlaf mit mir.“ Sagte er schließlich bestimmt. Seine Stimme klang rau und war ihm auf einmal völlig fremd. Fast so, als ob er auf Autopilot gestellt worden war.   Shanks entwich ein leises Glucksen, fast schon so, als ob er sich über die Aussage des anderen amüsierte. Seine Hand lies von Aces Rücken ab und streifte ihm stattdessen einmal über die Haare und die Wange, bevor sie an dessen Hals zum Stehen kam und ihn erneut für einen kurzen Kuss zu sich zog.   Er presste seinen Schritt an den des Jüngeren und lies diesen spüren, dass… oh ja, er könnte…   „Weißt du überhaupt, wie das geht?“ Sagte er ihm nächsten Moment und auf seinem Gesicht spiele ein amüsierter Gesichtsausdruck.   „Wa…?“ Ace wich erschrocken zurück. Es war, als ob die ganze Situation, in der sie sich befanden, geplatzt und ins Lächerliche gezogen worden war.   „Weißt du wie zwei Männer Sex haben.“ Führte Shanks seine Frage weiter aus, fast so, als ob er sich nicht der Absurdität ihrer Situation bewusst war. „Oder hast du gefragt, ob du bei mir übernachten kannst?“ Fügte er noch hinzu und lächelte Ace dabei unschuldig an.   Er. Lächelte. Ihn. An.   Es war, als ob in diesem Moment ein Knoten in Aces Kopf platzte. Er stürmte auf seinem Gegenüber zu mit dem bestimmten Ziel diesem das Lächeln aus dem Gesicht zu schlagen, doch seine herannahende Faust wurde von diesem mit einer schnellen Bewegung abgefangen.   „Ich weiß was ich will.“ Sagte Shanks schließlich kühl. „Ich frage mich nur, ob das bei dir auch so ist.“ Er lies Aces Hand vorsichtig los. Ace machte keine Anstalten erneut auf ihn los zu gehen.   „Wenn du darüber nachgedacht hast…“ Begann Shanks erneut, seine Stimme noch immer eiskalt. „Weißt du ja wo du mich findest.“   Ace sah ihn erschrocken an. Unfähig so schnell zu verarbeiten, was soeben passiert war.   „Und jetzt raus hier.“ Sagte Shanks knapp mit einem Wink seiner Hand zur Tür.   Ace leistete der Aufforderung schweigend folge. Zu schockiert, um irgendetwas zu sagen oder zu machen.   Als er den Raum verlassen hatte, blieb er vor diesem für eine gefühlte Ewigkeit wie erstarrt stehen. Dann jedoch, fast so als ob er eine Entscheidung gefällt hatte, holte er sein Handy aus der Hosentasche und schrieb eine Nachricht an Law.   Danke für deine Hilfe. Ich werde Heute Abend zu Shanks fahren.   Es war beschlossen. Sein Entschluss stand fest. Schwarz auf weiß sahen ihn die Worte von seinem Handy aus an, fast schon wie eine Herausforderung. Er würde keinen Rückzieher machen können.   Er ignorierte die Antwort, die er von Law prompt erhielt.   Ist alles in Ordnung?   Nichts war in Ordnung.   Alles war Bestens. Kapitel 18: Unerwarteter Besuch ------------------------------- Es klingelte an der Haustür und Marco schreckte augenblicklich aus seinen Tagträumen auf. Was er tun würde, wenn Ace nun in diesen Raum gestürmt kommen würde, wusste er nicht. Aber er vertraute Thatch so sehr, dass er hoffte dieser würde auf keinen Fall sein Versprechen diesbezüglich brechen. Und wenn doch, dann... würde er sich Wohl oder Übel mit der Sache wie der Erwachsene, der er auch eigentlich war, auseinandersetzen müssen. Egal wie angenehm, oder unangenehm ihm die Sache letztlich war. Tatsächlich war er selbst nicht mehr zu Hundertprozent von seinem Handeln überzeugt, doch was hätte er sonst tun können? Sich an Ace wenden? Ihn mit noch mehr Dingen belasten, obwohl er doch wusste, wie schwer Ace es derzeit auch ohne ihn schon hatte? Nein. Das hätte er nicht gekonnt. Zudem stand dann da ja auch immer noch dieser unsinnige Streit zwischen ihnen. Außerdem musste er Ace vor Kid beschützen, ohne ihn in weitere unnötige Gefahr zu bringen. Seine Wunde schmerzte bei dem Gedanken an Kid. Aber das war nichts gegen das, was er hätte ertragen müssen, wenn an seiner Stelle stattdessen Ace etwas zugestoßen wäre.Aus Richtung der Wohnung drangen gedämpfte Stimmen an sein Ohr und er versuchte angestrengt zu verstehen, wer dort gerade redete und vor allem worum es ging, doch er konnte nichts genaueres aus machen. Er hatte nicht gewollt gehabt, dass Thatch ihm dessen Zimmer für die Zeit seines Aufenthaltes überlies, aber im Moment war er wirklich froh darüber, da er so zumindest nicht direkt auf die Person, welche soeben die Wohnung betreten hatte, treffen musste. Ihm war unwohl bei dem Gedanken, dass ihn jemand hier sehen könnte, selbst wenn diese Person nicht Ace war. Schließlich hatte er nicht vor mehr Personen als nötig mit der Angelegenheit zu belasten. Nicht einmal sein Vater wusste bisher davon, dabei erzählte er ihm sonst auch immer direkt alles, was von Wichtigkeit war. Aber das hier war nicht wichtig. Es war eine dumme persönliche Angelegenheit, mit der er selbst zurechtkommen musste. Es reichte schon, dass er Thatch in die Sache mit hineingezogen hatte. Gerade die Person, die mit Allem am wenigsten zu tun hatte… Auf einmal verstummten die Stimmen nach, was sich wie eine aufgeregte Diskussion angehört hatte und Marco kam nicht darum herum zu denken, dass es in dem Gespräch einfach um ihn gegangen sein musste. Er würde mit seiner Vermutung recht behalten, wie er nur wenige Momente später gezwungenermaßen feststellte. In einer energischen Bewegung wurde die Tür zu seinem geliehenen Zimmer aufgerissen und zugleich betrat ein junger, schwarzhaariger Mann den Raum. Es beunruhigte ihn zugegebenermaßen, dass jemand, den er nicht kannte gerade dieses Zimmer betreten hatte. Marco wollte sogleich aus dem Bett in welchem er lag aufspringen, doch der Fremde bedeutete ihm liegen zu bleiben und in Marcos derzeitiger Verwirrung über die Situation kam er dieser Aufforderung nach. Marco wollte gerade seinen Mund öffnen, um etwas zu sagen, doch der Fremde kam ihm zuvor. "Mein Name ist Law. Ich bin ein Freund von Ace... vielleicht hat er ihnen bereits von mir erzählt?" Sagte Law in einem höfflichen Tonfall. Marco nickte stumm. Der Name kam ihm bekannt vor. Ace hatte ihn ein paar Mal in Verbindung mit der Universität erwähnt gehabt, aber Marco hatte ihn bisher nie persönlich kennen gelernt gehabt. Das dieser Law ein Freund von Ace war bezweifelte er nicht. Nur was wollte er dann hier bei ihm? Marco hatte seit dem Zwischenfall nicht mehr mit Ace gesprochen, aber Thatch war mit diesem in Kontakt gestanden, wenn Ace also etwas passiert wäre... oder Kid sein Wort nicht gehalten hätte, dann hätte er dies hoffentlich bereits erfahren. Er schluckte schwer. Oder etwa nicht? Er sah Law besorgt an. Doch dieser schloss zunächst einmal in aller Seelenruhe die Tür hinter sich und zog sich dann einen der Stühle, welche in dem Raum standen an das Bett heran und setzte sich darauf, die Arme verschränkt vor seinem Körper haltend. "Ich habe von Ace gehört was ihnen zugestoßen ist und die Sache tut mir wirklich leid." Sagte er förmlich. Marco konnte anhand von Laws Stimmlage heraushören, dass dies nur eine Höflichkeit war und der eigentliche Grund warum dieser hier war erst noch nach einem dicken, fetten ABER kommen würde. "Allerdings frage ich mich wirklich, warum sie sich hier verkrochen halten und in Selbstmitleid zerfließen." Law machte eine kurze Pause und Marco konnte vor Staunen über diese plötzlichen harten Worte des Fremden lediglich seinen Mund ein Stück weit öffnen, ohne ein Wort heraus zu bringen. Zu geschockt war er darüber, dass tatsächlich jemand die Frechheit besaß derart mit ihm zu reden. Vor allem, wenn es sich dabei um eine Person handelte, die ihn gar nicht kannte. Und was meinte Law überhaupt damit, dass er dabei war in Selbstmitleid zu zerfließen?! Nur weil er Ace für den Moment lieber aus dem Weg gehen wollte, hieß das noch lange nicht das es derart um ihn stand. Er brauchte lediglich ein wenig Zeit für sich, um seine Gedanken zu ordnen und zu planen, wie er weiter vor gehen sollte. Selbst er hatte hin und wieder das Recht sich eine solche Freiheit zu nehmen, wenn er sie denn benötigte! Es konnte in seinem Leben ja wohl nicht immer und grundsätzlich um andere Menschen gehen. Law jedoch schien damit noch nicht fertig zu sein, denn im nächsten Moment war er wieder aus seinem Stuhl aufgestanden und Marco gefährlich nahegetreten. Mit einer schnellen Bewegung packte er schließlich Marcos Kragen und zog ihn ein Stück weit näher zu sich. Laws Augen funkelten bedrohlich und seine nächsten Worte kamen in einem gefährlichen Zischen über seine Lippen. "Ace braucht sie, kapieren sie das eigentlich nicht?!" Marco musste über diese Worte auflachen, so absurd klangen sie für ihn in diesem Moment. Dann jedoch wurde seine Miene wieder ernster. Er hob seine Hand und umklammerte mit dieser sogleich einen der Arme Laws, um diesen dazu zu bringen ihn los zu lassen. "Ich denke du weißt nicht wovon du da sprichst. Was willst du überhaupt von mir?" Er sah Law wütend an und dieser lies letztlich von seinem Griff ab, nur um sich erneut auf den Stuhl zu setzen. "Oh." Sagte er schließlich deutlich amüsiert. "Sie sind mir grundsätzlich völlig egal. Mir geht es hierbei nur um Ace. Ich werde bestimmt nicht zu lassen, dass er wegen einem Vollidioten wie ihnen noch weitere Dummheiten begeht. Also entweder sie hören mir jetzt genau zu, oder ich werde ganz andere Seiten aufziehen. So freundlich wie ich gerade bin, bin ich nämlich nur Ace zu liebe, das hat mit ihnen nichts zu tun." Marco musste unweigerlich schlucken. Dummheiten? Was für Dummheiten meinte Law? Was sollte Ace wegen ihm getan haben? "Also gut." Sagte Marco schließlich. "Ich höre." In seinen Gedanken war er auf alles vorbereitet, auch darauf, dass das hier vielleicht alles nur ein dummer Scherz war, denn genauso absurd hörte sich die ganze Sache für ihn derzeit an. Wieso sollte auch ein Freund von Ace ihn aufsuchen, nur weil er derzeit nicht mit diesem sprechen wollte? Warum wollte sich überhaupt immer jeder in seine Angelegenheiten einmischen? Es reichte ihm bereits, dass Thatch mehr Fragen stellte als nötig waren und Dinge tat, die eigentlich auch nicht notwendig waren. Aber, dass nun auch schon Fremde ihm erklären wollten, wie er seine Angelegenheiten anzugehen hatte war ihm eigentlich zu viel. Dennoch ging es hier um Ace. Und wenn es um Ace ging konnte er einfach nicht anders als sich bei jeder Kleinigkeit Sorgen zu machen. Und so hörte er gebannt zu, was Law zu berichten hatte. "Ich weiß was Ace mir erzählt hat. Sie wurden angegriffen, verletzt und jetzt sitzen sie hier rum und verstecken sich vor der Welt, weil alles ja so verdammt tragisch ist." Sagte Law relativ nonchalant. Marco knirschte bei diesen Worten mit den Zähnen, verkniff sich allerdings jeglichen Kommentar. Dennoch war er der Meinung das eindeutig jemand daran gescheitert war diesem Law ordentliche Manieren beizubringen. "Und ich weiß das, was ihr Freund da draußen mir erzählt hat." Der junge Mann lehnte sich nach vorne und stütze seinen Kopf auf seinen Händen ab. "Wenn sie Gefühle für Ace haben, dann sollten sie ihm das vielleicht mal selber mitteilen." Sagte er schließlich, seine Stimme klang ruhig und bedrohlich zugleich. Marco schluckte hart. Thatch hatte das jemandem erzählt? Warum? War diese Sache nicht privat? Außer ihn selbst ging das niemanden etwas an. Er wollte gerade protestieren, aber Law lies es nicht dazu kommen. "Oh, ich weiß was sie gleich sagen werden: ‚das können sie ja nicht machen‘ und was weiß ich. Aber mal ganz ehrlich, was spricht denn bitte dagegen? Weil Ace so viel jünger als sie ist? Weil er ein Mann ist?" Law hielt für einen Moment inne und lies seine Worte ihre Arbeit tun. Sein Blick war starr und undeutbar auf Marco gerichtet, dem es in diesem Moment erneut die Sprache verschlagen hatte. "Wissen sie was? Das ist lächerlich und geht vor allem niemanden außer sie und Ace etwas an. Aber durch ihr idiotisches Verhalten nehmen sie Ace jede Möglichkeit diese Entscheidung selbst zu treffen. Und während sie sich hier vor der Wahrheit verstecken rennt er in die Arme von jemandem, der ihn vielleicht wirklich verletzen wird." Marco blickte bei diesen Worten überrascht und verwirrt auf. „Wie bitte?“, fragte er, ungläubig ob das, was er dachte was Law soeben gesagt hatte, wirklich gesagt worden war. "Ich wusste, dass sie das interessieren würde." Law schmunzelte amüsiert. "Sie kenne doch bestimmt diesen Professor von Ace, der so gut mit dessen Bruder befreundet ist." "Shanks?" Fragte Marco, noch immer irritiert nach, nicht verstehend, worauf dieses Gespräch gerade hinaus lief. "Genau." Bestätigte Law knapp. "Gestern hat er sich an ihren Schützling ran gemacht. Ace schien darüber nicht sehr erfreut gewesen zu sein, aber Heute dann auf einmal, nach seiner Vorlesung bei diesem Shanks ist er dann doch plötzlich zu diesem gegangen, obwohl er mir vorher versichert hatte, dass er das nicht wollte... und später wollte er ihn sogar Zuhause besuchen und ich möchte nicht unbedingt wissen, was da passieren wird... oder bereits passiert ist." Er hielt für einen Moment inne und sprach dann weiter, seine Stimme klang besorgt. "Irgendetwas ist jedenfalls passiert und ich zweifle nicht daran, dass das Ganze auch mit ihnen zusammenhängt. Also entweder sie kriegen ihren Arsch hoch und unternehmen endlich mal was, oder ich werde es tun." Drohte er Marco schließlich. Mit diesen Worten stand Law auf, um zu gehen. Marco wollte gerade aus dem Bett aufstehen und ihn aufhalten, damit er eine Möglichkeit hatte sich zu rechtfertigen, doch Law hatte bereits die Tür geöffnet, er sah jedoch noch einmal mit einem entschuldigenden Kopfnicken über seine Schulter hinweg zurück. "Nichts für ungut, aber was sie zu sagen haben interessiert mich eigentlich nicht wirklich. Wie bereits gesagt bin ich nur wegen Ace hier gewesen und ich denke, ich habe meine Nachricht klar und deutlich überbracht. Was sie daraus machen ist gänzlich ihre Sache." Dann hob er seine Hand in einer sich verabschiedenden Geste und war durch die Tür verschwunden, einen mittlerweile komplett verwirrten Marco zurücklassend. Kapitel 19: Resignation -----------------------   Marco saß noch immer wie angewurzelt auf dem Bett. Law hatte gerade erst das Zimmer verlassen gehabt und jetzt sah Marco sich unfähig aufzustehen, etwas zu machen, oder gar wenigstens etwas Sinnvolles zu denken. Es ging nicht einmal unbedingt um die Sache die Law über Shanks gesagt hatte, viel mehr kam er einfach nicht darüber hinweg, dass jemand den er nicht einmal wirklich kannte so ungeniert über die ganze Angelegenheit sprechen konnte und es so darstellte, als ob es eigentlich wirklich überhaupt kein Problem gab und die einzigen Probleme die bestanden lediglich von ihm selbst erschaffen worden waren.   Aber war es wirklich so einfach? Konnte er Ace wirklich so einfach seine Gefühle mitteilen, ohne an die Konsequenzen eins solchen Handelns zu denken? Natürlich stimmte es eigentlich, dass das Ganze außer ihn und Ace niemanden etwas anging, denn schließlich würde außer ihnen letztlich ja auch keiner sonst davon betroffen sein. Doch wenn er und Ace, selbstverständlich nur rein theoretisch gesehen, tatsächlich eine Beziehung führen würden, würde dies dann wirklich keinerlei Konsequenzen für Ace mit sich bringen? Würden sein Großvater und die anderen Menschen, mit denen Ace etwas zu tun hatte, nicht ein Problem mit ihrer Beziehung haben und würde Ace damit wirklich klarkommen können, wenn es so wäre?   Er schüttelte abwesend seinen Kopf und verkrampfte seine Hände, welche das Bettlacken fest umklammert hielten. Diese ganzen Überlegungen waren komplett unsinnig, denn schließlich würden sie zuerst einmal voraussetzen, dass Ace ebenso für ihn empfand, wie er für Ace und spätestens nach ihrem Streitgespräch in der Pizzeria hatte er dafür einfach keine Hoffnung mehr. Nicht, dass er es sich je hatte vorstellen können.   Aber warum sollte ihn dann einer von Aces Freunden aufsuchen? Bedeutete das nicht, dass dieser etwas wusste was ihn denken lies, dass Ace vielleicht doch Interesse an ihm haben könnte? Oder ging es ihm wirklich nur darum, Ace vor dem schlechten Einfluss seines Professors zu bewahren, egal auf wessen Kosten dies geschah? Vielleicht hatte er einfach nur vor Marcos Gefühle für seine eigene Vorhaben auszunutzen. Und tatsächlich..., wenn Shanks sich wirklich an Ace ran gemacht haben sollte, musste er dann nicht handeln und Ace davor bewahren?   Aber mit welchem Recht würde er das tun... wäre es nicht sogar so, dass Shanks in genau der gleichen Situation war, in welcher er sich selbst in Hinblick auf Ace befand? Würde er etwas dagegen unternehmen, würde er damit dann nicht zugeben, dass auch die Beziehung, die er sich selbst erhoffte eigentlich vollkommen unmoralisch war?   Im nächsten Moment öffnete sich zögerlich die Tür des Zimmers und zuerst konnte Marco nur einen braunen Haaransatz ausmachen, doch dann trat, noch immer zögernd, die Person ein, zu welcher dieser gehörte.   "Marco...?" Vernahm er sogleich die unsichere Stimme seines Freundes.   "Komm rein." Seine eigene Stimme klang unfreundlicher als er es geplant hatte und daran denkend, was Thatch für ihn getan hatte, tat ihm dies direkt wieder leid.   Thatch kam der Aufforderung mit leichtem Zögern nach und ging zu dem Stuhl hinüber auf welchen gerade eben noch Law gesessen hatte, um sich dort nun seinerseits hinzusetzen. Doch im letzten Moment schien er sich das Ganze dann noch einmal anders zu überlegen und er blieb unschlüssig vor dem Stuhl stehen, umklammerte lediglich mit einer nervösen Handbewegung die Lehne des Stuhles und hielt dann für einen Moment inne, ehe er schließlich etwas sagte. "Tut mir leid, dass ich Law hier rein gelassen habe. Aber er war wirklich aufdringlich gewesen... und er meinte er wolle Ace helfen und..." er machte eine kurze Pause. "Es schien wirklich wichtig zu sein weswegen er mit dir sprechen wollte."   Marco schenkte Thatch ein halbwegs legitimes Lächeln, um seinen harschen Tonfall von zuvor wieder gut zu machen und Thatch schien sich sichtlich ein Stückweit zu beruhigen als er dieses sah. "Schon ok. Es war wichtig, irgendwie." Dann fügte er mit einem leichten Auflache hinzu: "Augen öffnend."   „Warum erzählst du mir nicht was passiert ist?“ Fragte Thatch ihn schließlich zögerlich nach einer weiteren Pause. Er hatte es satt nicht zu wissen was los war. Er wollte wissen, warum Marco zu ihm gekommen war. Er wollte wissen, warum Marco Ace nicht mehr sehen wolle. Er wollte wissen, in welche Richtung diese ganze Situation gehen würde. Hatte Marco seine Meinung geändert? Hatten sich seine Gefühle geändert, sodass Thatch es sich erlauben konnte einen Funken Hoffnung in sein Herz zu lassen?   Nein. Dachte er schließlich. Niemals. Er wusste… selbst wenn Marcos Gefühle für Ace verschwinden würden, zwischen ihnen würde es nie mehr so wie früher werden können. Das was zwischen ihnen beiden gewesen war, war lange vorbei. Es würde nicht wiederkommen. Egal ob er es sich wünschte. Egal ob er es noch so sehr wollte.   „Kid hat mir gedroht.“ Sagte Marco schließlich, nachdem er für einen Moment darüber nachgedacht hatte einfach wieder abzublocken. Thatch hatte es einfach verdient, die Wahrheit zu erfahren nach allem, was er für ihn getan hatte. Er musste es ihm erzählen.   „Was hat er…?“ Fragte Thatch nach. Er konnte kaum glauben, dass Marco ihm wirklich sagen würde, was passiert war.   „Er hat damit gedroht, dass er Ace etwa antuen wird, wenn er mich nochmal mit Ace zusammen sieht.“ Sagte er schließlich leise.   Thatch schwieg für einen Moment. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Das ganze klang vollkommen absurd. Warum sollte Marco sich auf sowas einlassen? Warum sollte ihn so eine seltsame Drohung überhaupt interessieren?   „Das macht überhaupt keinen Sinn.“ Sagte Thatch schließlich. „Was hätte Kid denn davon?“   „Das ist es doch gerade!“ Platze es plötzlich aus Marco heraus. „Er hat nichts davon, außer, dass er meint mich damit zu demütigen. Aber letztlich ist auch das vollkommen egal! Denn er hat recht, verstehst du?! Ich sollte mich von Ace fernhalten. Ich habe kein Recht in seiner Nähe zu sein. Ich kann ihm nicht sagen, wie ich für ihn empfinde und selbst wenn doch, dann sollte ich mich erst recht von ihm fernhalten!“ Er atmete einmal schwer ein und aus. „Ich habe kein Recht dazu…“ Fügte er etwas leiser hinzu.   Thatch schluckte hart. Marco so vor ihm zu sehen, war nicht leicht für ihn. Marco, welcher immer der Starke gewesen war. Marco der immer für alle da war so am Boden zerstört, so verzweifelt vor sich zu sehen, war fast unerträglich. Und zu wissen, dass er die Situation für Marco noch schlimmer gemacht hatte versetzte ihm einen Stich.   „Tut mir leid, Marco.“ Sagte Thatch leise.   Marco sah langsam auf. „Was tut dir leid…?“ Fragte er vorsichtig.   „Ich hab es Ace gesagt.“ Gab Thatch kleinlaut zu, sein Blick auf den Boden gerichtet.   „Was hast du…?“ Marco verstand nicht sofort was Thatch meinen könnte, doch dann dämmerte es ihm. „Du hast Ace gesagt, dass ich ihn mag…?“ Fragte er fast schon ungläubig.   Thatch nickte stumm. Er traute sich nicht länger Marco anzusehen. Im diesem Moment schienen seine eigenen Füße wirklich sehr viel interessanter zu sein. „Ich dachte, dass du Ace deswegen nicht sehen wolltest…“ Sagte er schließlich.   Marco schwieg. Er sah Thatch mit weit aufgerissenen Augen an. Entsetzt über das, was dieser gerade zugegeben hatte. Entsetzt, dass ein Geheimnis auf diese Art und Weise aufgeflogen war. „Warum…?“ Fragte er schließlich knapp, unfähig seine Frage weiter auszuführen.   In diesem Moment hob Thatch seinen Kopf und sah Marco fast schon wütend an. „Findest du nicht…“ Begann er langsam. „Das diese komplette Situation mehr als unfair für mich gewesen ist? Du tauchst auf einmal hier auf – nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit kaum mehr Kontakt hatten – du sagst mir nicht was los ist, aber du willst meine Hilfe.“ Er hielt für einen Moment inne, atmete tief ein und spürte wie seine Stimme zu zittern begann. „Wusstest du, dass ich auch Gefühle habe?!“ Fragte er fast schon sarkastisch. „Wie sehr es mich verletzt hat, dass du mit mir wegen eines Jungen Schluss gemacht hast?!“   Marco wollte protestieren, doch Thatch winkte ihn ab und lies ihn nicht zu Wort kommen. Das hier musste gesagt werden. Hier und jetzt.   „Er ist 10 Jahre jünger als du!“ Er spie die Worte aus, als ob sie Gift auf seiner Zunge waren. Er wusste selbst, dass es unfair war, Marco so zu verurteilen. Und es stimmte, dass er ja grundsätzlich nichts gegen Ace hatte, er mochte ihn. Wirklich. Ace war auch für ihn ein guter Freund. Aber das hier… das hier…! Das hier hatte nichts damit zu tun. Hier ging es lediglich um ihn und Marco. Und er würde diesem jetzt alles sagen, was er so lange für sich behalten hatte. Damit er endlich, endlich damit abschließen könnte.   „Du denkst vielleicht, dass du ach so gefühlvoll gewesen bist! Wie nett von dir, unsere Beziehung zu beenden, bevor irgendetwas mit jemand anderem gelaufen war! Wow, ich glaube es echt nicht, Marco, dass du wirklich dachtest, dass du hier der Gute bist, ja das Opfer sogar. Vielleicht hättest du das ja gerne, aber damit ist jetzt Schluss. Ich habe genug von dir. Und ich werde mich nicht länger von dir ausnutzen lassen!“ Als er schließlich fertig war, konnte er Marco nur weiter böse anstarren. Sein Atem ging schneller und zu seinem eigenen Leid spürte er, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Wieso. Wieso konnte er nicht einfach mit dieser Sache abschließen?   Sie schwiegen für was sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Marco dachte darüber nach, was er sagen sollte und ob es überhaupt etwas gab, was er sagen konnte. Denn nichts was er sagen würde, würde Thatch dessen Schmerz nehmen. Nichts würde wieder gut machen können, was er getan hatte.   „Du hast recht.“ Sagte Marco schließlich. Genau wissend, wie erbärmlich und unzureichend sich das anhören musste. „Du hast vollkommen recht.“ Wiederholte er. „Ich bin ein Idiot. Ein Arschloch. Für das was ich getan habe, gibt es keine Entschuldigung.“ Gab er zu, seine Stimme klang ruhiger als er sich fühlte. „Was denkst du, wieso ich Ace nie gesagt habe, wie ich für ihn empfinde?“ Fragte er schließlich und sah Thatch dabei direkt an. „Ich weiß, wie jung er ist. 10 Jahre. Glaubst du, ich weiß nicht wie unnormal das ist? Glaubst du ich weiß nicht, wie das von außen aussehen muss? Ace ist fast noch ein Kind. Als ich ihn kennenlernte war er das sogar noch. Ich war für ihn eine Vertrauensperson. Ich sollte ihn schützen, nicht gefährden. Weißt du wie oft ich darüber nachgedacht habe? Wie oft jeden Tag alle meine Gedanken um diese Sache schwirrten? Wie ich mich Tag ein Tag aus deswegen fühle?“   Er hielt für einen Moment inne, um Luft zu holen. „Das soll keine Entschuldigung sein. Ich denke, dass es dir letztlich auch egal ist. Du hast Recht, mit allem was du gesagt hast, Thatch. Ich habe dich ausgenutzt. Komisch, oder? Ich dachte, ich kämpfe um mein Leben. Und der einzige sichere Zufluchtsort, der mir in den Sinn kam, war hier bei dir. Obwohl ich hätte wissen müssen, dass ich dich damit verletzen würde.“ Er atmete einmal tief und resigniert ein und aus.   „Bevor wir zusammen waren, waren wir uns so nah wie Brüder. Ich vermisse das. Ich bereue nichts von dem, was zwischen uns war, aber ich würde lügen, würde ich sagen, dass ich dich nicht vermissen würde. Als der Thatch, der immer zu mir stand, egal wie es mir ging. Egal, was ich getan habe. Und ich würde gerade alles dafür tun…“ Er stockte. Er konnte es einfach nicht aussprechen und schon wieder so selbstsüchtig sein. Er konnte einfach nicht.   Thatch wusste was Marco meinte. Und er wusste, dass es nicht fair war ihn so komplett zu verurteilen. Er wusste, dass seine Erwartungen nicht fair waren. Und dennoch konnte er Marco hier und jetzt einfach nicht verzeihen. Er konnte einfach nicht so tun, als ob alles in Ordnung war. Nicht mehr.   „Du solltest gehen.“ Sagte er schließlich. „Du solltest wieder nach Hause gehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)