Ein Bild, tausend Worte von GodOfMischief ================================================================================ Kapitel 30: Wahrheit -------------------- Draußen war es noch helligster Tag, doch in dem stickigen Museumsgebäude war das Licht so stark gedimmt, dass er kaum fünf Meter weit hätte gucken können, wären da nicht die riesigen Lichtbilder und die schwächlich beleuchteten Figuren gewesen. Menschen, zu viele Menschen und allen voran kleine Kinder ergötzten sich an den Bildern und himmelten ihn an. Den einzig wahren Captain America. Wie er dort auf den Bildern posierte, mit vor Stolz geschwollener Brust und dem bösen mit erhobenem Haupt entgegen blickend. Natürlich kamen die Besucher dieser Ausstellung nur hier her, um den blonden Schönling zu bewundern, der sie damals gerettet, der New York vor einer Invasion bewahrt und nun ein weiteres Mal unzählige Menschen vor dem Tode gerettet hatte. Und vor ihm gerettet. Sicherlich wussten viele nicht ein mal, wer die anderen Personen in ihrer Einheit gewesen waren. So würden sie ihn auch nicht erkennen und trotzdem trug er Klamotten, die ihn normaler aussehen ließen, als er eigentlich war. Keiner bemerkte ihn. Warum auch? Über Jahrzehnte hinweg war er mehr Geist als Mann. Und doch hatte er sich bewusst dafür entschieden, diese Ausstellung zu besuchen und doch hatte er keine Ahnung, was genau ihn dort erwarten würde. Bis er vor der Front stehen blieb, die sein Gesicht zeigte. Damals, während des zweiten Weltkrieges. James Buchanan Barnes. Auch Bucky genannt. Gefallen 1945. Es war, als würde er eine andere Person anstarren und doch veranlasste das Bild und die kurze Biographie sein Herz dazu schneller zu schlagen. Nicht auf eine gute Art und Weise. Er versuchte es zu unterdrücken. In einem schmerzhaften Versuch, verdrängte er die Worte sofort wieder aus seinem Kopf, die er soeben aufgenommen hatte und fixierte sich auf einen Punkt des Bildes seines jüngeren Ichs. Letztendlich, egal, wie sehr er sich anstrengte, es spukte noch immer in seinem Kopf herum. Vielleicht würde er irgendwann glauben können, dass der Captain die Wahrheit gesagt hatte. Doch noch während er diese Überlegung vollenden wollte, tauchten diese Bilder in seinem Kopf auf. Er und Steve. Schneidender Wind. Kälte. Eis. Schnee. Der Zug. Sein Name. Steve. Fallen. Angst. Herzschlag. Panik. Schmerzen. Schwarz. Kälte kroch über seinen Rücken bei diesen Erinnerungen, seine schwitzigen Hände waren zu Fäusten geballt. Jetzt schlug sein Herz erst recht panischer als zuvor. Sein Magen drehte sich zusammen und er konnte spüren, wie seine Beine zu zittern begannen. Selbst die wenigen Leute, die neben ihm kurz zu stehen kamen und seine Geschichte betrachteten, nahm er kaum war, hörte ihre Gespräche wie aus weiter Ferne. Das Zittern wurde stärker und er versuchte sich zu beherrschen. Mit einem leichten schütteln seines Kopfes, das er einem Zucken glich, versuchte er die Gedanken abzuschütteln. Vergeblich. Die Kälte umklammerte sein Herz, machte es beinahe unmöglich vernünftig zu atmen. Natürlich war es die Wahrheit gewesen. Der Captain hatte doch immer die Wahrheit gesagt. Sich so sehr daran geklammert. Ohne das Bucky es gemerkt hatte, lief die erste Träne über seine Wange. Cap hatte die Wahrheit gesagt. Die Wahrheit. Wahrheit. WahrheitWahrheitWahrheitWahrheit. Ruckartig stoppte das Zittern. Er stand stocksteif vor der gläsernen Wand. Abermals alleine. Es gab nur eine Wahrheit für ihn. Sein Kopf dröhnte, gewaltsam schlichen sich andere Bilder, andere Erinnerungen in sein Unterbewusstsein. Der unverkennbare Schmerz. Der blutige Stummel seines Armes. Das kalte Metall der Bank unter seinem Rücken. Die Menschen um ihn herum. Die summenden Geräte. Langsam schlug sein Herz nicht mehr so panisch vor Angst, sondern vor Hass. Stetig stieg dieses dröhnende Pochen an, ein Summen wie von tausenden von Bienen in seinem Schädel, die schmerzend versuchten ihn in zwei zu spalten. Seine Sicht verschwamm. Wegen den Bildern, oder auch den Tränen. Die kalte Metallhand an seinem Kopf, verschaffte ein wenig Kühlung. Manches Mal konnte er noch immer die Schmerzen spüren. Phantomschmerz nannten sie es. Aber das alles war zu real, übermannte ihn und brachte ihn langsam um den Verstand. Der Druck seiner Hände an seinem Kopf wurde immer stärker, als wolle er versuchen selbst seinen Schädel zu zerquetschen. Es war viel, viel zu viel auf ein mal. Zu viel. Erstaunt, erschrocken drehten sich die Menschen nach dem Mann in den unscheinbaren Klamotten um, Mütter hielten ihre Kinder nahe bei sich, in der Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, als der markerschütternde Schrei von dem Mann losbrach und er mit seiner eisernen Faust ausholte. Sein Ich zersprang vor den Augen aller in tausende, funkelnde Scherben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)