Deep footprints ... von Maulbeere (... will be washed away.) ================================================================================ Kapitel 2: Old footprints ------------------------- Sie blickte in den Spiegel und drehte sich einmal nach links, dann nach rechts. Sie selbst sah sich selten in etwas anderem als Hosen. Seit damals war sie die starke junge Frau. Jetzt hier, in diesem Kleid wirkte sie schwach und zerbrechlich. Das dunkelgrüne Kleid betonte ihre vollkommene Blässe. Schlank lief es an ihr hinab bis zum Boden und wurde nur durch eine Korsage mit schwarzer Spitze gehalten. Ihre Haare hatte sie eilig streng hochgesteckt. So wirkten ihre Züge noch feiner. Noch einmal drehte sie sich vor dem Spiegel. Dann zog sie sich die flachen schwarzen Ballerinas an und ging nach unten. Yael wartete bereits auf sie. Die Blondhaarige hatte sich das kleine schwarze angezogen, das die Tattoos die sie besaß stark betonte. Ihre Augen waren wie immer stark geschminkt. Kasimir strich ihr schnurrend um die Beine und ließ sich kraulen. „Du musst zu Hause bleiben, Prinzchen,“ murmelte Yael liebevoll. „Wir werden über den Kamin im Bahnhof reisen,“ erklärte Agnes kühl und schritt voran. Der Kamin im Bahnhof war der einzige öffentliche in Helsinki, normalerweise reiste man nur über den Hauseigenen. Die beiden Frauen verließen das Haus und eilten halb Richtung Auto. „Ah Ruova Sturm, sie haben sich ja rausgeputzt. Darf man fragen wo es hingeht?“ fragte die Nachbarin. Agnes zwang sich ein Lächeln auf. „Auf einen Ball, meine Arbeitskollegen und ich feiern zwanzigjähriges bestehen,“ erklärte sie, „Ich muss dann mal los, nicht das wir zu spät kommen.“ Die beiden huschten zum Auto und hielten gespannt den Atem an, bis sie das Wohngebiet verließen. Am Bahnhof angekommen, schlichen die beiden in eine Telefonzelle. Agnes tippte eine Nummer ein und sie beide verschwanden. „Ich hasse es, hier unten ist es wirklich widerlich,“ murmelte Yael und betrachtete angewidert die verschmutzten Wände, wenigstens war der Boden trocken. Agnes schmunzelte leicht und betrat den Kamin, Yael quetschte sich zu ihr. „Britisches Ministerium,“ zischte sie und die beiden lösten sich in grünen Flammen auf. Dort angekommen war es still. „Sind wir zu spät?“ fragte Yael und sah sich um. Agnes nickte nur leicht und huschte weiter. „Wahrscheinlich hat Chief mal wieder nicht aufgepasst,“ erklärte sie und begann sich bereits zu hassen, zugesagt zu haben. „Oh, dann geben wir jetzt gleich den großen Auftritt oder?“ Yaels Stimme klang trocken und auch das Lächeln war gekünstelt. Agnes nickte nur leicht, atmete tief durch und öffnete die Tür. Großes Gewimmel herrschte in dem Saal. Bis jetzt hatte noch keiner gemerkt, dass sich die Tür geöffnet hatte. Agnes sah sich um, suchte nach den Köpfen die einmal so wichtig für sie gewesen waren. Dann wurde es still, man hatte sie entdeckt und starrte sie nun mit unverhohlener Neugier an. Agnes riss sich zusammen und reckte den Kopf. Langsam schritt sie die drei Stufen hinab. „Miss Sturm, schön sie hier zu sehen,“ erklärte Hermine Granger und lächelte freundlich. „Oder muss ich inzwischen Mrs. sagen?“ Hackte sie verwundert nach, da Agnes erst nur mit einem verhaltenen Blick reagiert, doch jetzt lächelte sie. „Immer noch Miss, Mrs. Granger. Es freut mich hier zu sein,“ erklärte Agnes mehr kühl als freundlich. Wieder wurde es für einen Moment still, dann hörte man schnelle Schritte auf hohen Schuhen und Arme legten sich um Agnes’ Hals. Verwundert blickte sie auf einen Rotschopf, der nun ein wenig heller war, so dass das Rot sich mit Blond vermischte. „Ist das schön das du wieder hier bist,“ erklärte Rose und blickte auf. „Nimm deine Pfoten von ihr!“ Ein dunkles knurren, sorgte dafür, dass Rose zurück fuhr. Yael hatte sich neben Agnes begeben und die Arme vor der Brust verschränkt. „Was fällt dir ein?!“ zischte Rose empört. „Was fällt dir ein?! Das könnte ich genauso gut dich fragen.“ Automatisch war Yael vor Agnes getreten und beugte sich leicht vor. „Lass es gut sein, Kleines,“ erklärte Agnes und griff nach Yaels Arm um diese ein Stück zurück zu ziehen, „Du hast also Malfoy geheiratet.“ Leichtes Murmeln ging durch die versammelten Menschen. „Woher weist du das?“ fragte Rose, nun lag Unglauben in ihrer Stimme, obwohl sie noch immer empört zu Yael blickte. „Deine Haare, dein Verhalten, dein Auftreten. Durch und durch Malfoy,“ es klang wie eine Beleidigung aus ihrem Mund. Rose Malfoy wurde blass, das Glitzern in ihren Augen erlosch. „Du scheinst es nicht verlernt zu haben, Menschen schmerz zu zufügen.“ Scorpius Malfoy legte zärtlich den Arm um seine Frau und blickte Agnes mit eisiger Kälte an. Deren Mundwinkel hoben sich nun ein Stück. „Noch immer der Gefrierschrank, von damals, aber ich dachte du wärst über die Kinderein hinaus?“ stellte sie die Frage, wandte sich aber im selben Atemzug Mrs. Granger zu. „Ich habe nicht viel Zeit, eigentlich sollte ich Mr. Goyle hier treffen,“ erklärte Agnes und genoss es den wütenden Blick zu spüren, den der Malfoy aussandte, weil man ihn ignorierte. „So so, du bist also zurück.“ Sie starrte Vincent an, unfähig etwas zu erwidern und er blickte sie an. Spannung lag in der Luft. Es fühlte sich an, als könnte man mit bloßen Händen die Luft zerteilen. Sekunden wurden zu Minuten, doch der Saal blieb still. Stattdessen wartete man gespannt, was nun passieren würde. Die Spannung wurde durch klirrende Kälte durchbrochen. Endlich wandte Agnes den Blick ab und sah in ein weiteres Augenpaar. Augen die den ihren so ähnlich waren. „Bruder.“ Die Geschwister blickten einander fremd an. Es war als wären sie nie Verwandt gewesen, als wären sie Unbekannte oder sogar Feinde. Agnes senkte den Kopf in einer stummen Geste der Demut. Ihr Bruder hingegen reagierte nicht. „Wer?“ fragte eine zarte kindliche Stimme. Agnes blickte wieder auf. Ein kleines Mädchen stand da wacklig auf den kurzen Beinchen und blickte sie fasziniert an. „Das ist deine Tante Agnes, Luise.“ Agnes erkannte die junge Frau. Martha, die Verlobte, oder mittlerweile wohl die Frau, ihres Bruders. Das kleine Mädchen gluckste leicht und tapste dann näher. Wie von selbst ging Agnes in die Hocke und breitete die Arme aus. Luise stolperte hinein und krallte sich kichernd in das Kleid. Agnes hob sie hoch und strich ihr über die blonden Löckchen. Wie alle geborenen Mitglieder der Familie Sturm hatte sie die charakteristischen grauen Augen. Doch sie strahlte so viel Licht aus, das sie all die Kälte und Spannung die im Raum herrschte, einfach weg wischte. Agnes strich ihr sanft über die Wange um dann zu Martha zu gehen und ihr sanft Luise zurück zu geben. „Eine wundervolle Tochter die du da hast,“ erklärte sie und strich erneut über die blonden Haare. Martha lächelte leicht. „Ja, sie ist wirklich bezaubernd … Und es ist schön, das du wieder zurück bist, oder zumindest mal vorbeischaust.“ Martha lächelte und Agnes küsste die junge Mutter auf die Wange. „Ich glaube kaum, dass es jemanden gütigeren gibt als dich.“ Die Dunkelhaarige wandte sich wieder ihrem Bruder zu. „Ich hoffe ich habe euch nicht allzu viel Schmerz bereitet. Das war nicht meine Absicht.“ Sie machte einen Schritt zurück, sah sich nach Yael um und schnappte Vincent Goyle am Arm. „Ich denke wir besprechen das besser an einem anderen Ort.“ Zu Dritt verließen sie den Raum. Im Eingang war es noch immer leer. Sie ließ den Goyle los und wies Yael an, sich zu setzten. „Ich soll dir also helfen,“ warf Vincent ein und sah wie Agnes sich versteifte. Sie hasste es also immer noch um Hilfe zu bitten. Lächelnd lehnte er sich an die Wand. „So kann man das sagen. Bei meiner letzten Mission habe ich festgestellt, dass sich die gesuchten Personen, in einem Gebirge befinden, indem sich auch drei Drachen herum treiben, darunter einer mit Gelege,“ erklärte sie kühl und blickte ihn voller Stolz und Arroganz an. Der Goyle hob eine Augenbraue. „Und ich soll die drei Drachen jetzt zähmen?! Nah ihr seid ja lustig. Ich wusste doch das der WZN nichts taugt. Ihr denkt immer alles ginge so schwup die wup.“ Agnes verdrehte die Augen. „Nun übertreib es mal nicht. Du sollst lediglich die Drachen von mir fern halten, während ich meiner Aufgabe der Überwachung nachgehe.“ Vincent seufzte leicht. „Das ist jetzt aber kein Versuch mich zu verführen oder?“ fragte er lässig und grinste leicht. Agnes verlor das Gefühl nicht, das er vom Charakter her jünger war, einfacher, hirnloser. Anderseits auch körperlich schien er jünger auszusehen. Das lag jedoch nur daran, dass er an Muskelmasse verloren hatte und nun drahtiger wirkte. Agnes zog ihren Zauberstab und setzte ihn an Vincents Hals. „Jetzt hör mir mal zu Goyle. Ich bin nicht umsonst gegangen. Das einzige was ich von dir, Vollpfosten, erwarte ist das du deinen Auftrag erfüllst und was das verführen angeht. Wenn du nicht aufpasst ist dein Gesicht möglicherweise Brei.“ Vincent wunderte sich, dass noch kein Eis seine Beine hinauf kroch, denn er fröstelte bereits, nicht nur von ihren Worten, die er eigentlich lächerlich fand, nein, sondern von dem Ausdruck in ihren Augen. Verloren. Das stand da ganz dick geschrieben und dahinter trieben Gefühle, Bedauern, Einsamkeit, Schmerz. Er war nicht mehr fähig weiter hinein zu blicken. Er schob sie grob von sich. „Deine Drohungen sind lächerlich. Natürlich werde ich meinen Auftrag erfüllen, aber ich werde dabei nicht sämtlichen Menschen auf die Füße treten, im Gegensatz zu dir.“ Ruckartig wandte er sich ab und verließ das Ministerium eiligen Schrittes. Zurück blieb Agnes, die ihm hinterher starrte während sich ganz langsam Tränen in ihren Augen sammelten. Noch immer war sie also nicht fähig, gegen ihn anzukommen. Sie spürte wie sich ein Arm um sie legte. „Komm Nes, wir sollten nach Hause gehen,“ sprach Yael und zog die Hexe langsam zu dem Kamin. „Ja du hast recht.“ Mit jedem Schritt wurde seine Atmung schneller, er musste weg von hier und vor allem weg von ihr. Dieser vermaledeite Hexe. Niemals hätte er zustimmen dürfen. Nein, er hätte dort bleiben sollen, wo er seinen Frieden gefunden hatte. Doch mit jedem weiteren Atemzug schien der Frieden aus ihm zu verschwinden, machte feuriger Wut und kaltem Hass platz und ließ ihn immer schneller werden. Er rannte durch die Straßen Londons, ignorierte die erstaunten Blicke. Schon seit damals, als sie ihn verlassen hatte, war Laufen ein Mittel gegen den Schmerz gewesen und gegen die Rachegedanken, die sich in seinen Kopf eingenistet hatten und sich gegen jeden gerichtet hatten. Seine Beine schienen regelrecht über den Asphalt zu fliegen. Schneller. Er genoss das Gefühl, wenn er den Wind im Gesicht spürte, es fühlte sich an als würde der Wind diese schändlichen Gedanken weg tragen. Er genoss das ziehen in seinen Beinen, wenn die Muskeln an ihre Grenzen gerieten. Und noch viel mehr genoss er das bersten seiner Lunge, weil sie nicht mehr Luft aufnehmen konnte. Er wusch sich rein von diesen dummen Gedanken. Bald verließ er Londons Innenstadt geriet in die verbauten anderen Bezirke und rannte weiter. Wenn er langsamer wurde, stellte er sich vor wie ein Drache, größer als alles was er je gesehen hatte, ihn jagte. Adrenalin fraß sich durch seine Adern, er wurde noch schneller. Seine Beine beschleunigten ihren Rhythmus. Sein Herz raste und schließlich musste er stehen bleiben, es ging nicht mehr weiter, sein Körper war an seine Grenzen gelangt. Er keuchte und sah sich um, es war eines jener Londoner Viertel die man abends besser nicht betrat. Besoffene Jugendliche randalierten, Obdachlose saßen in ihren Ecken und murmelten vor sich hin. Von irgend woher hörte er die Sirene eines Polizeiautos. Das Auto neben ihm war völlig ausgeräumt worden, man hatte nur die Karosserie zurück gelassen. Er lehnte sich dagegen und Müdigkeit überfiel ihn und ließ ihn langsam wieder zu seinen Gedanken zurück kehren. Er hatte sie vermisst, dieses makellose Gesicht, mit den grauen Augen, die so eisig sein konnten, aber das schlimme war, er wusste auch wie diese Augen aussehen konnten, wenn sie frei war. Seine Gedanken kehrten zurück zu jenem Moment wo sie sich geküsst hatten, wie Ertrinkende hatten sie sich aneinander gedrängt und versucht für wenigstens diese Stunde nicht über altes nachdenken zu müssen. Und genau in jenem Moment, da hatten ihre Augen geleuchtet, sie waren zu Kometen geworden, die ihn und sein Herz ein für alle mal verschlungen hatten. Er hatte ihr Haar gefühlt, das so weich wie Seide gewesen war. Gequält schloss er die Augen. Der Schmerz zog sich durch ihn, wie das Adrenalin. Es fühlte sich an als würde er brennen. Er drehte sich um und erbrach sich, holte alles aus sich heraus um vielleicht damit auch den Schmerz loszuwerden, doch während er seinen Kopf noch gebeugt hielt, wusste er, dass er verloren hatte. Sie würde ihn verspeisen, so wie Jahre zuvor und er hatte keine Chance es zu verhindern. Tränen benetzten den Boden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)