Ziras unerzählte Geschichte von HellmotherEva ================================================================================ Kapitel 56: Kovu ---------------- Unruhig wälzte Zira sich, inzwischen bereits die gesamte Nacht, ruhelos umher. Sie konnte einfach nicht schlafen. Nicht so lange sie wusste, dass dieses Junge lebte. Aber es umbringen… Sie wollte es doch. Sie wollte es töten, irgendwie, sie wollte einfach dass es starb und aufhörte zu atmen, sie wollte dass es einfach nur verrecken würde. Und sie war doch auch kurz davon gewesen… Sie war kurz davon gewesen ihm das Genick zu brechen, aber irgendwie… Es… Es hatte gemauzt und klang dabei so kläglich, dass… Sie konnte das einfach nicht. Sie hätte einfach nicht gedacht dass sie das nicht schaffen würde. Sie dachte sie würde überhaupt nichts dabei fühlen und es einfach so durchziehen, aber da hatte sie falsch gedacht. Sie brachte es einfach nicht übers Herz. Und das schlimmste war dass sie nicht mal wusste warum. Es war nicht Scars Junges. Dieses Junge war ein Bastard, ein Unfall, ein Nebenprodukt ihrer Dummheit, etwas was gar nicht existieren sollte. Etwas was nicht hier her gehörte. Etwas was sie nie gewollt hatte. Und je mehr Stunden verstrichen, umso mehr schwand die Hoffnung, dass das Junge sterben würde. Viele Jungen überlebten die ersten Stunden nach der Geburt nicht. Doch dieses Junge war… stark. Zäh. Kräftig. Es hatte eine Überlebenschance… und es würde auch überleben. Und die Stunden verstrichen… Die Dämmerung ließ die trockene Savanne in einem unwirklichen Licht erscheinen, was Zira einige Momente das Gefühl gab sich in einer Art Traumwelt zu befinden. Sollte sie nicht langsam zum Königsfelsen und Scar sein Kuckucksjunges unterschieben? Oder? Doch Zira stand nicht auf. Sie traute sich einfach nicht. Sie… ja, sie gab es zu, sie hatte richtige Angst. Angst vor… vor was denn? Scar? Vielleicht weniger vor ihm, mehr vor dem was er tun würde. Sie wusste, dass Scar nicht oft zu Gewalt griff, er setzte auf Köpfchen, aber… Sie traute es ihm zu. Sie traute ihm zu, ihr weh zu tun. Wahrscheinlich würde Zira nicht mal zurückschlagen… Sie würde Scar nie wehtun, nie. Nicht mal als er sie fast mit Nala betrogen hatte. Nicht mal da hatte sie es geschafft ihm einfach die Krallen in die Nase zu rammen. „Was mach ich nur mit dir?“, wimmerte Zira und sah auf das kleine Junge an ihrer Seite. Sie blieb einfach liegen. Sie würde nicht zu Scar gehen… Sollte er doch kommen. Und dann vergingen wieder Stunden. Stunden in denen Zira wie in Trance Löcher in die Luft starrte, ehe sie ein ihr wohlbekanntes Stimmchen hörte. Falsch, Korrektur: Zwei wohlbekannte Stimmchen. „Mutter, Mutter!“, schrien Nuka und Vitani durcheinander und stürzten auf Zira zu. Vitani stolperte dabei über ihre eigenen Pfoten, rappelte sich schnell wieder auf und drängte sich mit aller Kraft an Nuka vorbei. „Mutter, ist es da?“, rief Vitani neugierig. Doch noch bevor Zira auch nur Luft holen konnte um zu antworten, meinte Nuka: „Hey Tani, schau mal! Da ist es… Ich finde es sieht aus wie eine Termite… Du sahst ganz anders aus.“ Vitani drängte sich zu Nuka und starrte mit großen Augen und voller Begeisterung zu ihrem neuen, kleinen Bruder. „Haha, Termite… Ach Nuka, die sind doch viel kleiner“, lachte sie „Aber schau mal! Ich bin sogar größer als er, das hat was zu bedeuten!“ „Hm… Irgendwie sieht es gar nicht aus wie ein würdiger Thronfolger.“, setzte Nuka jedoch unbeirrt nach. Er wollte unter keinen Umständen seine Nachfolge, die er, als einziger Sohn automatisch bekommen würde, aufs Spiel setzen. Und Vitani war ein Weibchen… Das schloss sie sofort aus. Und natürlich war es Nuka auch ganz und gar nicht r echt, das er ausgerechnet einen Bruder bekam. Eine zweite, kleine Schwester wäre auch völlig in Ordnung gewesen. „Ich finde er sieht Vater nicht mal ähnlich!“, provozierte Nuka weiter, ohne dabei auch nur zu ahnen, wie richtig er lag. Zira schluckte und versuchte das alles überhört zu haben. Es klang verrückt, aber in diesem Moment hätte sie Nuka am liebsten geschlagen, einfach damit er aufhörte so was zu sagen. „Erzählen wir Vater davon!“, schlug Vitani sofort vor und rannte los. Sie rannte eigentlich nur um Nuka zu ärgern, denn wenn dieser sie immer überall schlagen musste, dann wollte sie nun zumindest mit unfairen Mitteln ein kleines Wettrennen gewinnen. „Au ja!“, stimmte Nuka begeistert ein und folgte seiner Schwester unbeirrt. Zira wollte ‚Nein‘ schreien, ganz laut, doch kein Ton entwich ihrer Kehle… Sie konnte nur hilflos zusehen, wie Nuka und Vitani Richtung Königsfelsen verschwanden. Selbst wenn sie sie aufgehalten hätte, sie wären nicht zu stoppen gewesen. Und jetzt war es doch sowieso zu spät. „Vater, Vater! Rate mal, rate, los, los!“, quiekten die beiden Jungen durcheinander, als sie völlig außer Puste am Königsfelsen ankamen. Scar schlief noch, als er plötzlich spürte, wie Nuka und Vitani auf ihm rumhüpften. Vitani sprang wie eine Gazelle auf Scars Gesicht herum, während Nuka seinem Vater mit aller Kraft auf dem Rücken umher klatschte. „Ja, ja, ja… Ist gut!“, knurrte er im Halbschlaf und schubste Vitani von seinem Kopf. Nur sehr langsam und unwillig stand er auf, schüttelte die Mähne auf und sah verschlafen zu Nuka und Vitani, die ihn mit ihrem unwiderstehlichsten Blicken ansahen. „Vater, ich glaube du wirst sehr zufrieden mit mir sein, weil I-HICH was ganz tolles entdeckt habe!“, begann Nuka großspurig. „Gar nicht wahr, ich hab‘s auch gefunden!“, unterbrach Vitani ihn sauer. „Stimmt nicht, ich war zuerst da!“, widersprach Nuka ihr. „Ja, aber ich bin auf die Idee gekommen!“ „Aber ich hab die Termite zuerst gesehen!“ „Nein, ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ich!“ „Nein ICH!“, keifte Nuka ein letztes Mal überdeutlich, während Scar genervt mit den Augen rollte, ehe er sich wieder hinlegte und versuchte, das nervige Gestreite der beiden zu ignorieren „ICH hab ihn zuerst gesehen! Ich hab unseren Bruder zuerst gesehen! MANN! Kannst du nicht hören?“, knurrte Nuka ein letztes Mal. Vitani saß trotzig vor ihm und schlug ihm mit der Tatze über die Schulter, was jedoch keine wirkliche Wirkung zeigte, da Nuka sowieso fast drei Mal so groß war wie Vitani und ihre Krallen noch nicht wirklich gefährlich oder gar schmerzhaft waren. Doch da hörte Scar auf und war plötzlich hellwach. „Ihr habt einen Bruder?“, fragte er stutzig. Sofort nickten beide wie wild. „Ja, aber er sieht eher aus wie eine Termite und ist ganz klein!“, fügte Nuka sofort hinzu, um in seinem Vater jegliche Hoffnungen zu ersticken. Doch Scar war das egal. Er sprang augenblicklich auf und lief mit großen, schnellen Schritten, grade so, dass Nuka und Vitani noch hinterher kamen, in die Richtung, die sie ihm beschrieben hatten. Als Scar endlich Ziras Geruch aufnahm, huschte ein Ausdruck von ungebremster Vorfreude über sein Gesicht. Er fand sie recht schnell zwischen einigen Büschen, neben einem Baum, im hohem Gras liegen. „Na, dann zeig ihn mir mal…“, begrüßte Scar Zira ohne weitere Umschweife. Für einen Moment glaubte Zira ihr Herz blieb stehen. So schnell hatte sie nicht damit gerechnet, dass Nuka und Vitani ihren Vater wach kriegen. Wenn Scar schlief, dann lies er sich nicht so schnell dabei stören. Zittrig stand Zira auf, drehte sich nach dem Jungen um und legte es vor sich… Vielleicht würde der Unterschied gar nicht auffallen… Tofauti war bei ihrer Geburt schließlich auch bullig gewesen! Na gut, das zählte nicht… Tofauti kam aus einem Wurf, in dem ihre Geschwister Scar und Zira wiederrum sehr ähnlich sahen. Oh Gott, das würde alles total in die Hose gehen. Anfangs, das sah Zira, da war seine Freude über dieses Junge wirklich merkbar. Er freute sich wirklich darüber einen derartig gesunden und kräftigen Sohn bekommen zu haben. Zu kräftig. Denn ab einem Punkt da ging diese Freude zurück und Scar runzelte nachdenklich die Stirn. Und je länger und genauer Scar sich das Junge ansah, desto mehr verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Er sah eigentlich ziemlich misstrauisch aus. Es war dunkel, ja, es schein nach ihm zu kommen, aber andererseits war es doch ZU dunkel. Und Scar begann darüber nachzudenken. Woher könnte dieses Fell stammen? Alle die er aus seiner Familie kannte, waren heller als er gewesen. Generell musste Scar zugeben, dass er noch nie einen dunkleren Löwen als sich selbst gesehen hatte, woher also dieser seltsame Pelz? Und irgendwie… Jetzt im Nachhinein betrachtet, war dieses Junge ganz und gar nicht so, wie seine anderen Jungen waren. Dieses hier war irgendwie anders, irgendwas stimmte nicht. Er wusste nicht was, ob es nun dieser erstaunlich kräftige Körperbau war oder dieses außergewöhnlich dunkle Fell, aber irgendetwas störte ihn. Nuka und Vitani hingegen waren von ihrem neuen Geschwisterchen mehr oder weniger hingerissen: Es war neu und es war der perfekte Spielkamerad: Er war nämlich total hilflos. Zira hingegen hatte jede von Scars Rührungen im Auge behalten und ihr drehte sich grade alles in ihrem Magen um. „Scar, stimmt was nicht?“, fragte sie schließlich beunruhigt. „Findest du nicht auch, dass er seltsam aussieht?“, fragte Scar vorsichtig. Wenn man genau hinhörte, dann erkannte man, das Scar grade ziemlich damit zu kämpfen hatte, diesen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen. „Wie meinst du das? Es ist doch gesund und stark, was ist daran auszusetzten?“, fragte sie verunsichert. Scar durfte einfach noch nicht so weit denken! „Ich weiß nicht, aber schau es dir an… Es sieht uns nicht mal ähnlich… Es ist ziemlich dunkel, findest du nicht?“ Zira spürte wie diese unbändige Panik von vorhin in ihr aufstieg und irgendwie hatte sie in diesem Moment schon das Gefühl in dieser Sache völlig zu scheitern. Wenn Scars erst mal den Braten roch war es so gut wie unmöglich etwas noch länger geheim zu halten. „Ähm… ja… Vielleicht kommt das von meinem… Vater.“, log Zira. Oh… OH! Das war eine miese Lüge. Eine ganz, ganz billige, über die sie hätte nachdenken sollen, bevor sie sie ausgesprochen hatte. „Sagtest du mir nicht mal, du kanntest deinen Vater nicht?“, fuhr Scar sie plötzlich heftig an. Zira legte erschrocken die Ohren an und zog den Hals ein bisschen ein. Scar schüchterte sie grade ziemlich ein… Und das sah man auch. Man konnte die Schuld regelrecht von ihrem Gesicht ablesen. Warum konnte sie nur so schlecht vor ihm lügen? Sie schwieg. Nur kurz, aber es war schon viel zu lange. „Ähm… schon, aber…“ Doch sie kam nicht dazu zu Ende zu reden, da Scar sie wütend anfunkelte und einen Schritt vortrat. Er konnte doch ziemlich bedrohlich und angsteinflößend wirken, wenn er nur wollte, denn was er nicht an Körpermasse hatte, machte er durch sein Charisma wieder wett. „Sag mal, willst du mich für dumm verkaufen?“, knurrte er gefährlich leise. „Ich… Ich hab nichts getan!“, fauchte sie zurück, auch wenn ihre Stimme so brüchig klang, als ob sie gleich weinen würde. Doch nun gab es nichts mehr was sie hätte versuchen können. Scar hatte doch schon begriffen was sie so krampfhaft zu verleugnen versuchte und alles an ihr, einfach jede ihrer Handlungen, verstärkte seinen Verdacht nur noch. „Oh KOMM SCHON! Ich bitte dich, schau ihn dir doch an, wie soll DAS mein Sohn sein?!“, fuhr Scar sie nun merklich lauter an. Zira schwieg, ehe sie plötzlich den Blick von Scar löste und besorgt zu Nuka und Vitani sah, die fast schon verängstigt neben ihr saßen und besorgt zu ihren Eltern sahen. Bisher hatten sie die beiden nie Streiten sehen… Das hier war neu. Um ehrlich zu sein… Ihr Vater machte ihnen Angst. Er war angespannt, kämpfte mit sich, nicht gleich irgendwas Dummes zu tun, denn seine Krallen waren ausgefahren. „Nuka, nimm Vitani und geh nach Hause… Wir kommen später nach, machst du das, mein Liebling?“, bat Zira so ruhig und liebevoll wie es ihr im Moment möglich war. „O-okay…“, meinte Nuka und nahm vorsichtig Vitani zwischen die Zähne. Sie war grade so noch leicht genug, dass er sie hochbekam. Er verließ zwar nur äußerst ungern seine Eltern, doch andererseits machten sie ihm grade solche Angst, dass er froh war gehen zu dürfen. Scar und Zira sahen ihren beiden Jungen noch so lange, die ganze Zeit mit dieser unerträglichen Anspannung zwischen ihnen, hinterher bis sie sicher waren dass sie außer Hörweite waren. „Also, was soll mit ihm sein?!“, knurrte Zira leise in die Stille. „Zira, du weißt genau was ich meine, du hast dich doch schon verraten! Gib es doch zu, das ist nicht mein Junges, jetzt kannst du nicht mehr leugnen!“, brüllte Scar Zira derartig aggressiv an, dass sie immer mehr zurück wich und langsam glaubte auch noch den Kampf gegen ihre Tränen zu verlieren. Sie hatte absolut keine Ahnung wann sie sich das letzte Mal gestritten hatten und besser gesagt wann sie sich je so sehr gestritten hatten. Sie konnte sich nicht erinnern. Sie hatten bisher nie einen Grund dazu gehabt sich derartig in die Haare zu kriegen, vor allem deswegen weil Zira einfach zu unterwürfig ihm gegenüber war, um einen Streitgrund zuliefern. Sie hatte sich bisher immer ihm untergeordnet und versucht immer alles nach seinen Wünschen zu erfüllen und sie tat es gern, sie tat es weil sie ihn liebte und es sie mit einer solchen Freude erfüllte wenn er glücklich war. Und jetzt? Wenn Zira es nicht besser wüsste, hätte sie gesagt er stand kurz davor ihr den Kopf abzureisen. Er hasste sie regelrecht. Aber so durfte es doch nicht zu Ende gehen, wegen so einem dummen, kleinen Jungen! „Wenn du wirklich so denkst dann töte ihn doch! Dann muss ich es nämlich nicht mehr tun!“, brach es plötzlich aus Zira heraus, sie stieß das Junge mit aller Unvorsicht vor Scars Pfoten, stand ruckartig auf und machte einfach kehrt. Sie wusste nicht genau wohin sie jetzt ging, doch es war ihr egal, Hauptsache sie war allein. Sie spürte augenblicklich wie die Tränen aus ihr herausbrachen, also wurde sie noch schneller. Sie rannte. Egal wohin, aber jetzt erst mal weg. Scar sah ihr wütend nach und plötzlich verspürte er nur noch den Drang ihr weh zu tun. Er hatte das bisher noch nie gewollt, geschweige denn gar daran gedacht, doch in diesem Augenblick war das grade alles was ihm durch den Kopf ging. Doch gleichzeitig tat es ihm weh, Zira so zu sehen. Und jetzt machte sich eine andere Frage in ihm breit: Warum? Warum hatte sie das getan? Die Vorstellung dass sie etwas mit einem anderen Löwen hatte, machte ihn krank, es widerte ihn regelrecht an und am allerliebsten hätte er beiden, Zira als auch dem Vater dieses Jungens, die Augen ausgekratzt. Wie konnte das überhaupt passieren? Wann sollte das passiert sein? Und vor allem: Wie war der Löwe, der der Vater des Jungens war, unbemerkt ins Geweihte Land eingedrungen? Wozu waren die Hyänen überhaupt gut, wenn sie nicht mal diese eine einzige Aufgabe, die sie eben hatten, ausführen konnten. Und nun saß er hier, vor seinen Pfoten dieser erbärmlich mauzende Bastard, der suchend den Kopf in die Luft streckte und irgendwie versuchte Zira zu finden. Instinktiv war er an Scars warme Pfoten gekrochen, was ihm sichtliche Anstrengungen abverlangte. Töten. Ja, er wollte es wirklich töten… Scar wollte es tatsächlich umbringen, aber er stockte. Da war was an diesem Jungen, was ihn davon abhielt es zu töten. Es hatte… Potenzial. Scar sah jede Menge Potential in diesem Balg. Vielleicht weil er eben auch nicht ein Herz aus Eis hatte oder, was tatsächlich realistischer erschien, weil ihn die Ausdauer und Stärke, die dieses Junge für sein geringes Alter hervorbrachte, ihn beeindruckte. Und dann schwieg er, eine ganze Weile. Er sah einfach nur auf das Junge hinab. „Vielleicht wirst du mir noch ganz nützlich sein…“, murmelte Scar plötzlich und nahm es vorsichtig, wenn auch zögernd, ins Maul. Wohl niemand weiß, was da in Scar abging, aber aus irgendeinem Grund wollte er trotz allem das Junge am Leben lassen. Es war nicht sein Junges, aber es war immer noch Ziras. Diese lag währenddessen noch immer völlig fertig am vertrockneten Flussbett und starrte auf das andere Flussufer. Einfach abhauen? Es wäre ihre Chance. Aber… Nein… Allein schon wegen Nuka und Vitani… und Scar… Er konnte so bösartig sein wie er wollte, sie liebte ihn… Immer noch. „Zira?“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Scar. Die Löwin schreckte auf und spürte ihr Herz schneller schlagen. Nein, geh weg, geh, schoss es ihr durch den Kopf und sie glaube jeden Moment wieder in Tränen auszubrechen, doch Scar setzte sich völlig ruhig neben sie. Er schwieg einige Sekunden, sah sie sich einfach nur an und blieb still. Sie selbst schaffte es nicht ihm in die Augen zu sehen. „Zira“, begann Scar endlich in die unangenehme Stille zwischen ihnen zu reden „Sag mir einfach… Warum?“ Zira schossen Tränen in die Augen. Warum eigentlich? Sie holte Luft um zu antworten. Sie wollte ihm die Antwort regelrecht ins Gesicht klatschen, sie wollte ihn einfach nur anfauchen, einfach um all ihrer angestauten Wut und Verzweiflung Luft zu machen, doch dann hielt sie in ihrem Atemzug inne. Scar hatte sie ganz ruhig angesprochen…Vielleicht sollte sie das selbe tun. Sie wollte nämlich nicht mehr streiten. Also begann sie, wenn auch zittrig zu erklären: „Ich… ich war so wütend und traurig und verzweifelt und… Ich war enttäuscht“ Sie schluckte und blinzelte wie wild die Tränen weg „Ich war so unglaublich enttäuscht wegen Nala, ich… Was weiß ich!?“, schluchzte sie und sah in eine andere Richtung. Bloß kein Augenkontakt. Und dann war es wieder Still zwischen ihnen, auch wenn Zira Scars Blick spüren konnte. „Wer ist der Vater?“, wollte er nun wissen. Er sprach noch immer sehr ruhig und leise und Zira wusste nicht wirklich ob das nun gut war oder nicht. „Er sagte er hieße Fisadi… Keine Ahnung ob das stimmte oder wo er jetzt ist. Er weiß auch nichts von dem Jungen. Er ging noch in derselben Nacht in der ich ihn kennengelernt habe. Ich… Er hat mich einfach getröstet, weil…“ Zira wischte sich hastig die Nase an der Pfote ab und wich noch immer Scars Blick aus. Sie schämte sich für all das so unendlich. Sie fühlte sich so dreckig, so minderwertig. Sie wusste gar nicht wie dieses Gefühl zu beschreiben war. „Komm mal mit…“, meinte Scar plötzlich und stand auf. Nur sehr zögerlich folgte Zira ihm. Sie hatte keine Ahnung was Scar ihr zeigen wollte. Wortlos führte er sie an die Stelle, wo sie noch bis vor ein paar Stunden das Junge zur Welt gebracht hatte. „Was ist hier?“, fragte sie und ein schrecklicher Verdacht beschlich sie. Nein, er konnte ihr das doch nicht antun! Er konnte ihr doch nicht… Zira wollte das doch gar nicht sehen. Sie wollte kein totgebissenes, blutüberströmtes Jungtier sehen, vor allem nicht ihr eigenes. Ihr stellte sich bereits das Fell auf, als Scar unter einen Busch griff und etwas herauszog… Nämlich das Junge. Doch zu Ziras Überraschung war es völlig unversehrt. „Er heißt ab jetzt Kovu…“, war alles was Scar dazu sagte, ehe er es Zira vor die Pfoten legte. Sie konnte es einfach nicht fassen. War das hier alles nur ein Traum? Nein, es war echt, er lebte! Das Junge lebte noch… Kovu. Zira konnte es noch immer gar nicht fassen, dass Scar diesen Bastard wirklich verschont hatte, vor allem verstand sie nicht warum er das getan hatte. Sie konnte einfach nicht anders als zu lächeln. „Danke Scar… Danke.“ Sie wusste nicht was sie sonst hätte sagen sollen, doch der Drang sich ihm um den Hals zu werfen, übermannte sie und so kam es dass sie einfach nur zufrieden schnurrend ihren Kopf an Scars rieb. Dieser lächelte einen Moment lang, dann löste er sich jedoch von Zira und schob Kovu noch ein Stück näher an sie heran. „Kümmer‘ dich jetzt um ihn… Wir treffen uns später, ich schau nach Nuka und Vitani.“, meinte er, wobei dieser Unterton in seiner Stimme noch immer hörbar war. Er hatte noch daran zu schlucken was Zira getan hatte, aber er wollte das nicht zeigen. Und so waren Nuka und Vitani die wohl beste Ausrede die es hätte geben können. Doch Zira hörte doch deutlich dass es ihn belastete, nur tat sie nichts. Was sollte sie denn noch tun? Scar saß bereits einige Zeit am Königsfelsen und starrte einfach nur ins verdorrte Gras vor ihm. Zumindest so lange bis dort etwas raschelte. Nuka kam zum Vorschein, mit verheulten Augen und einem Ausdruck auf dem Gesicht, als hätte Vitani ihn in irgendein Dreckloch geschubst. „Nuka? Was ist los?“, fragte Scar besorgt, machte jedoch keine Anstalten aufzustehen. „Stimmt das was du da gesagt hast?“ „Was hab ich denn gesagt?“, fragte er mit einer solchen Ruhe in der Stimme, dass sogar Nuka sich langsam sammelte. „Na das was du vorhin zu Mutter gesagt hast, über unseren Bruder“, erklärte Nuka zittrig „D-dass er nicht dein Sohn ist.“ Scar seufze langezogen und setzte sich schließlich auf um Nuka näher an sich heranzuziehen. „Nuka… Wir haben das geregelt. Mach dir keine Sorgen um unsere Angelegenheiten, das Problem wurde gelöst.“, versicherte Scar seinem Sohn. „H-hast du ihn…“ Nuka wagte es nicht den Satz zu Ende zu bringen. „Getötet? Nein Nuka, habe ich nicht. Er lebt und dabei bleibt es nun.“, war Scars knappe Antwort. So sehr er Nuka auch lieb hatte, so schwer fiel es ihm jetzt ihm in die Augen zu sehen. „A-aber ich bleibe doch der erste in der Thronfolge nach dir, oder?“ Nuka sah seinen Vater so erwartungsvoll und flehend an, dass es Scar das Herz brach ihm nur in die Augen zu sehen. „Ich weiß es nicht… Meine Entscheidung ist noch nicht gefällt… Wir werden sehen, nicht?“ „Aber warum? Er ist doch nicht sein Sohn…“, meinte Nuka und machte so einen eher kläglichen Versuch seinen Vater klar zu machen dass Nuka unbedingt sein Thronfolger werden musste. „Nuka, das weiß ich doch…“, antwortete Scar und seufzte schwerfällig „Aber in ihm steckt Potenzial. Warum soll ich ihn nicht am Leben lassen um zumindest zuzusehen wie er sich entwickelt?“ „Du sagtest mal, das fremde Löwen nur ein Maul mehr zu stopfen sind.“ Scar seufzte nochmals auf. „Nuka, hatten wir das Thema nicht schon?“ „Aber ich bin gewachsen! Und du hast nicht auf meine Frage geantwortet!“, widersprach er trotzig. „Ganz einfach: Kovu ist zwar ‚nur‘ der Sohn deiner Mutter, aber… er wird jetzt auch gleichermaßen mein Sohn werden… Und dein Bruder. Verstanden?“ „Aber warum?“, wollte Nuka ein letztes Mal wissen. Für ihn erschien das alles so unfair, denn ER, Nuka, war doch Scars Sohn. Er und niemand sonst! „Nuka…“ Scar hielt inne „Das ist so schwer zu erklären… Vielleicht verstehst du es von selber mal, wenn du größer bist. Und jetzt komm… Lass in die Höhle gehen.“ Geknickt folgte Nuka seinem Vater, doch regte sich innerlich wie ein wilder über Kovu auf! Er war nicht mal Scars Sohn, warum dann dieser Name? Warum konnte Kovu nicht einfach eine Löwin werden? Warum musste Nuka auch einen Bruder bekommen? „Shenzi, schau mal was Ed gefunden hat!“, schrie Banzai durch die Gegend und rannte aufgeregt auf seine Freundin zu. Shenzi sah auf. Sie hatte gefährlich abgenommen in letzter Zeit und fraß was sie nur finden konnte… Wie jede Hyäne hier. Wie generell jedes Tier, welches noch hier geblieben war. Doch was Banzai ihr da erzählte, machte ihr Hoffnungen, vielleicht hatte sich ja ein Gnu in die Gegend verirrt. Doch was Ed da im Maul hatte war leider kein Gnu, sondern ein Schakal, der sich noch wild zappelnd wehrte. „Lasst mich raus!“, kreischte sie in Todesangst. „FUTTER! Wo habt ihr das aufgegabelt?“, fragte Shenzi beeindruckt. Ed grinste voller Stolz und riss den Schakal freudig hin und her, wobei dieser von Schmerzen geschüttelt aufjaulte. „Ach, Ed hat sie an dem ausgetrockneten Fluss spielen sehen, nur weiter südlich von hier. Schau nur wie fett die ist! Und so groß!“, sabberte Banzai gefäßig. „Ich darf ja wohl bitten! Ich bin normalgewichtig, nicht fett“, bellte der Schakal weiter „Und sagt nichts gegen meine Größe!“ „Wie du meinst Süße, wird dir eh nix bringen, wir werden dich schon fressen.“, erwiderte Shenzi gierig. Ed gab ein hysterisches Lachen von sich, was in den Ohren seiner Beute das wohl unheimlichste und angsteinflößendste aller Zeiten war. Ja, Ed hatte selbst für eine Hyäne ein wirklich schauerliches Lachen. „Was? Ed, red deutlicher!“, verlangte Shenzi. Ed schmiss den Schakal mit aller Wucht auf den Boden und wiederholte sich. „Ne, ich finde das eine miese Idee! Warten wir einfach bis es wieder regnet.“, meinte Shenzi. Und damit begann der ganze Streit, darum, ob die Hyänen nicht einfach abhauen sollten, und Scar mit seinen Problemen allein lassen sollten. Und die liebe Beute, die jetzt zwischen den Hyänen saß, uns auch bekannt als Tumaini, sah nur völlig verwirrt zwischen Shenzi, Banzai und Ed umher. Bitte… wie? Häh? Hallo, sie existierte auch noch! … Sekunde mal… Egal! Nein, das war perfekt! Tumaini nutze ihre Chance natürlich und schlich sich leise und unbemerkt zwischen den Dreien hindurch. Eigentlich konnte sie kaum glauben wie einfach ihre Flucht gewesen war. Und die Hyänen? Die bemerkten es nicht mal! Tumaini atmete überglücklich auf und rannte los! Nur weg! Doch plötzlich sah Ed auf und begann wütend aufzujaulen. „WAS Ed, WAS?!“, schrien Shenzi und Banzai ihn an, ehe auch sie bemerkten das ihr potenzielles Mittagsessen weg war. „Hinter dem Schakal her!“, befahl Shenzi und in einem Mordstempo rasten die drei hinter Tumaini her, welche inzwischen panisch durch das trockene Flussbett kletterte. Eigentlich glaubte sie schon in Sicherheit zu sein, als sie plötzlich die Hyänen auf der anderen Seite sah, wie sie ebenfalls durch das Flussbett schlugen. „Ohoh…“, schnaufte Tumaini. Verdammt, diese Viecher waren ziemlich hartnäckig! Konnten die sie nicht einfach in Ruhe lassen? Panisch und flach atmend, rannte Tumaini um ihr Leben, wobei sie glaubte ihre Lunge würde zerbersten, bis… „KWANZA“, schrie sie, als sie den Löwen in einiger Entfernung in dem Akazienwald, in dem sie sich befand, stehen sah „ Schatz, hilf mir!“ Einige Sekunden später stürzte sie auf den Löwen zu und schaffte es sich unter ihm zu verstecken. Kwanza sah verwirrt und gleichzeitig besorgt zu Tumaini hinab, dann sah er auf und erkannte die drei Hyänen, welche ihr wohl nach dem Leben trachteten. Und Kwanza tat das, was er, wie Samangi es immer sagte, als einziges richtig gut konnte: Er plusterte sich so sehr er nur konnte auf. Und man musste ja sagen, dass er schon respekteinflößend aussah, wenn er mit hoch erhobenem Kopf dastand und auf jemanden mit seinen stechend grünen Augen starrte. Eigentlich waren sie alle, also auch er und Tumaini, nicht so oft im Norden, hier war es immer so heiß, aber momentan wollten sie aus Langweile einfach ein paar Tage die Gegend durchforschen. Die drei Hyänen stockten, als sie den großen Löwinnen vor ihnen stehen sahen. „Scar?“, murmelte Banzai halblaut, doch wusste im nächsten Moment das es Blödsinn war, vor allem deshalb, weil der Löwe vor ihnen ganz einfach nicht Scar war. „Verschwindet, lasst sie ich Ruhe!“, knurrte Kwanza nun drohend, als sie noch immer nicht kehrt machten. Natürlich befolgten die Hyänen Kwanzas Befehl, sie waren ja nicht verrückt, doch irgendwas an diesem Löwen hatte sie an Scar erinnert… Und genau das war angsteinflößend. „Oh Zazu… Rafiki… Wo seid ihr?“ Zuzu saß traurig auf einem Ast von Rafikis Baum. Der alte Mandrill war vor zwei Monaten gegangen, ohne ihr zu sagen, wohin. Zuzu tat die Einsamkeit nicht allzu gut. Früher gab es wenigstens noch Rafiki, mit dem sie inzwischen eine wirklich gute Freundschaft führte, die wahrscheinlich Beste die sie je gehabt hatte und Zazu kam sie auch besuchen, aber jetzt… Sie waren weg! Sie waren alle weg! Niemand konnte ihr genau sagen was mit Zazu passiert war, ehe Sarabi eines Abends vorbei kam und ihr sagte, Scar habe Zazu in einem Art Käfig aus dem Brustkorb eines Zebras gefangen gehalten. Zuzu war in Tränen ausgebrochen. Ihr geliebter Sohn konnte sie nicht mehr besuchen kommen, lebte jeden Tag mit dem Risiko getötet zu werden… Und Zuzu konnte nichts dagegen tun. Sie konnte auch nicht zu Zazu… Es wäre zu gefährlich für sie. Eine stille Träne lief ihr über den Schnabel. Sie hasse es wirklich loszufliegen. Zu wissen, das ihr Sohn nicht bei ihr war… Und Rafiki? Vor etwa zwei Monaten war er eines Tages völlig aus dem Häuschen gewesen, als Zuzu von einem ihrer kleinen Insektenfang-Flüge zurückgekommen war. Er war an diesem Abend ganz aufgeregt durch seinen Baum geklettert, hatte ein paar Sachen zusammengepackt und sich hektisch, aber voller Enthusiasmus von ihr verabschiedet. Er sagte, er würde bald wieder kommen, alles würde wieder gut werden. Zuerst hatte Zuzu wirklich ziemlich große Hoffnungen in ihn gehabt, doch inzwischen… Sie hatte kein Lebenszeichen von Rafiki gehört… Sie hoffte nur er lebte noch, denn sie wollte nicht noch eine geliebte Person verlieren. „Oh Ahadi, Uru…“, weinte der Rotschnabeltoko in den Nachmittagshimmel „Gebt mir meinen Jungen wieder! Bringt Rafiki zurück, bitte, ich brauche ihn, wir alle brauchen ihn… Schickt uns den Regen… Schickt uns Erlösung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)