Blonder Kater von Gepo (Kleine Auszüge aus Glorfindels Alltag) ================================================================================ Kapitel 4: Thranduil -------------------- Elrond massierte sich mit einer Hand seine linke Schläfe. Er hatte bereits seinen Kalender befragt, ob heute vielleicht der jährliche Tag der Scherze war. Er hatte das Siegel des Briefes in seiner Hand auf das Genaueste geprüft. Er hatte das Papier nahe ans Feuer gehalten in der Hoffnung, eine versteckte Nachricht zu entdecken. Er hatte die Schrift mit der in alten Briefen verglichen. Aber nein. Der Brief schien genuin. Und zu viel Ärger, zu viel Entsetzen sprach aus den Zeilen als dass es sich wirklich um einen Scherz handeln könnte. Dennoch wollte Elrond den Inhalt dieses Briefes nicht wahrhaben. Er wollte nicht einmal im entferntesten darüber nachdenken, dass der Inhalt der Wahrheit entsprechen könnte. Er traute Glorfindel eine Menge zu, besonders wenn es um nächtliche Aktivitäten ging, doch dies sprengte den Rahmen jeder Sittlichkeit. „Elrond?“ Mit einem minimalen Klopfen war die Tür geöffnet worden und der viel zu gut gelaunte Blondschopf stand in all seiner Glorie im Büro des Lords von Imladris. „Du hast gerufen?“ Dieser ließ seinen Blick langsam von dem Brief in seiner Hand zu seinem Gegenüber und zurück wandern. Im Endeffekt legte er ihn auf den Tisch, drehte ihn Glorfindel zu und sprach nach einem tiefen Seufzen: „Hast du irgendetwas zu deiner Verteidigung zu sagen?“ Glorfindel hob nur überrascht die Augenbrauen, bevor er sich über den Brief beugte. Er hatte vielleicht die ersten drei oder vier Zeilen gelesen, bevor er ausstieß: „Das sind infame Lügen!“ Er hob den Brief auf und las ihn weiter, während er im Zimmer auf und ab ging. Seine zusammen gezogenen Augenbrauen und seine tief liegenden Mundwinkel wichen schon wenige Zeilen später in Ekel auseinander gezogenen Lippen und vor Entsetzen geweiteten Lidern. Gegen Ende des Briefes wandte er sich an Elrond und fragte: „Das kannst du doch nicht glauben, oder?“ „Ehrlich gesagt hoffte ich, dass es sich um einen schlechten Scherz handelt. Doch dein Ausdruck sagt mir, dass irgendetwas vorgefallen ist, was den Inhalt dieses Briefes zumindest im Ansatz rechtfertigt.“ „Nicht einmal ansatzweise!“ Mit der Wucht jahrhundertelangen Schwerttrainings schlug Glorfindel die offene Hand auf den Schreibtisch und drückte so den Brief ins Holz, als könne er ihn damit zu Pulver zerstampfen. „Was ist vorgefallen, Glorfindel?“ Elrond verzog seine Züge in einem Ausdruck verhaltener Wut. „Ich habe nicht mit diesem blöden Hirsch geschlafen. Ich habe dieser Ziege von einem König nur gesagt, dass ich eher mit seinem Hirsch schlafen würde als mit ihm“ Glorfindel verschränkte die Arme. Elrond schloss die Lider, atmete tief ein und zählte bis zehn, bevor er wieder ausatmete. Mit aller Geduld, die er aufbringen konnte, erklärte er langsam: „Glorfindel, ich habe dich auf eine diplomatische Mission in den Düsterwald geschickt. Du solltest meinen Vorschlag eines Handelsabkommens überbringen. Wie bist du in die Situation gekommen, solcherlei Worte mit dem König eines anderen Reiches zu wechseln?“ „Indem er sich wie der letzte Ork verhalten hat! Er hat mich eine Hure genannt und einen feigen Eidbrecher“ Glorfindel hatte noch immer die Arme verschränkt. In seinen Augen brannte das Feuer der Wut, kaum weniger schlimm anzusehen als die Flamme des Balrogs, den er einst getötet hatte. Elrond war erneut dazu übergegangen, seine Schläfe zu massieren. Er mochte Glorfindel aus einem ihm noch immer unerfindlichen Grund und der Elb war ein genialer Heerführer und Ausbilder. Allerdings hatte er dafür auch Schwächen, mit denen Elrond sich bisweilen zutiefst überfordert fühlte. Dies war exakt so ein Moment. Nach sicherlich zehn Sekunden des Überlegens bat er: „Fange doch bitte vorne an. Wie ist es zu solch einem Streit gekommen?“ Glorfindel ließ sich mit einem Schnauben in einen der zwei Sessel vor Elronds Schreibtisch fallen und begann zu erzählen: „Du hattest mich ja mit einem Brief dorthin geschickt. Warum auch immer ich Brieftaube spielen muss.“ „Weil König Thranduil eitel ist“, erwiderte Elrond nur. „Ja, danke, das habe ich schnell bemerkt. Diese Ziege von einem König hat mich also von oben bis unten gemustert und meinte, er habe gehört, ich sei ein guter Schwertkämpfer. Also hat er mich zum Kampf heraus gefordert. Ich habe einfach nur gefragt, was der Einsatz ist. Und er meinte, der Gewinner habe einen Wunsch frei. Okay, dachte ich mir, ein Wunsch bei einem reichen König mit einem hübschen Sohn sollte nicht verschmäht werden. Also habe ich angenommen.“ Er fürchtete, er wusste, wie das hier ausging. Glorfindel hatte bestimmt gewonnen und Legolas für eine Nacht gefordert. Warum hatte er vermutet, sein Heerführer könne sich auch nur für die Spanne einer einzigen Mission beherrschen? „Aber diese Schlange von einem hinterweltlerischen Barbaren hat geschummelt! Er hat mit einem Zauber meine Kleidung angezündet! Und mich dann noch mit der Breitseite seiner Schwerter verdroschen. Das war jenseits jeder Fairness.“ Hm … nun, König Thranduil war auch nicht unbedingt für Fairness bekannt. Eher für Arroganz und Eitelkeit. Das und einer schier unendlichen Gier, bei der er kein Mittel als zu abwegig sah, um das zu bekommen, was er wollte. Glorfindel hätte das wissen sollen. Wenn er irgendetwas hatte, was Thranduil wollte, hätte er sich vorsehen sollen. „Du hast also verloren“, fasste Elrond zusammen, „was hat er gefordert?“ „Dass ich eine Nacht lang im Bett alles tue, was er will.“ Elrond hob eine Augenbraue. Das … war unerwartet. Thranduil war an Glorfindel interessiert? Hm, das war eine äußerst nützliche Information... „Ich habe natürlich nein gesagt. Ich habe noch nie in meinem Leben mit irgendwem gegen meinen Willen geschlafen und ich werde ganz bestimmt nicht damit anfangen. Und … dann begann unser Wortwechsel“ Glorfindel machte eine ausschweifende Handbewegung, die wohl sagen sollte, dass danach die bereits genannten und im Brief angedeuteten Sätze fielen. „Und wie endete dieses Wortgefecht?“ „Er sagte, ich solle seinen Hirsch schänden, damit er mich ins Gefängnis werfen lassen kann und ich meinte, dass ich das tun würde und verließ den Raum“ Glorfindel sank etwas tiefer in den Sessel. „Und was hast du getan?“ Elrond legte vorsorglich schonmal die Finger an seine Schläfe. „Ich habe mit Beerensaft die Worte „notgeiler Sack“ auf den Hirsch geschrieben und bin nach Imladris zurück geritten“ Glorfindel biss sich auf die Unterlippe. „Nun … das ist wohl auch eine Art Schändung des Hirsches“ Elrond hob den Brief auf und überflog die Zeilen. „Thranduil lügt kein einziges mal. Die Zusammenstellung seiner Worte gibt nur den Eindruck, dass etwas völlig anderes vorgefallen sei. Raffiniert.“ „Er ist eine Schlange!“ Glorfindel setzte sich auf. „Ich gebe ja zu, die Sache mit dem Hirsch war kindisch, aber er hat sich wirklich abartig benommen.“ „Bist du nur wegen eines verlorenen Duells so sauer?“ Elrond legte den Brief zur Seite. „Ich ...“ Glorfindel stand auf und schritt zur einen Wand, nur um im fast selben Moment zur anderen zu streben. „Er hat … Elrond, du weißt … das mit dem Feuer war wirklich nicht fair.“ Elrond zog die Augenbrauen zusammen. Trotz aller Eskapaden war Glorfindel normalerweise ein sehr ausgeglichener Elb. Auch ein verlorener Kampf – selten wie diese waren – störten ihn wenig. Er hasste Hinterhalte und Fallen, aber er lernte gerne daraus. Warum hier nicht? Was war- oh. Feuer. Natürlich, Glorfindel reagierte nicht gerade gut auf Feuer auf seiner Haut. Er war von einem Balrog verbrannt worden. „Ich werde sehen, wie ich deine Fehler ausbügle“ Elrond seufzte. „Ich erkenne an, dass du provoziert wurdest, aber das gab dir kein Recht, dich so verhalten zu haben. Zur Strafe wirst du ab jetzt jeden Tag eine Stunde Kampfunterricht für Elbinnen geben.“ „Was?“ Horror verzog Glorfindels Züge. „Für Weiber? Elrond ...“ „Wenn ich dich noch einmal auf eine diplomatische Mission schicke, darf dir so ein Kontrollverlust nie wieder passieren. Hast du das verstanden?“ Elrond erhob sich. „Ja, mein Lord“ Glorfindel ließ nur niedergeschlagen den Kopf hängen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)